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eine lieben Schwestern, wenn ich diese Geschichte vom Ende her aufrollen würde, würdet ihr wissen, dass mein Herz voller Liebe ist, auch wenn sich alle meine Pläne zerschlagen haben. Ich würde euch sagen, dass Gottes Wege nicht immer unsere sind, aber vermutlich wisst ihr das bereits. Und ich könnte euch sagen, dass seine Gnade manchmal Formen annimmt, die unser Verständnis übersteigen. Doch eigentlich könnt ihr gar nicht ermessen, welche Gnade ich empfangen habe, weil ihr nicht erlebt habt, was ich erlebt habe. Gott schenkt jedem von uns eine sehr persönliche Gnadengeschichte, und auch wenn sie manchmal mit der, die andere erleben, überlappt wie die sanften Wellen des Meeres an dem Strand, an dem ich gerade sitze, ist ihre Summe, die Zusammenstellung der verschiedenen Gnadengeschenke, im Großen und Ganzen genauso einzigartig, wie wir Menschen es sind. Darum erzähle ich meine Geschichte von Anfang an. Ich beginne mit der Nacht, in der meine Mutter mich in einem Augenblick der Finsternis empfangen hat, einem Augenblick, der ganz und gar nicht dem Willen Gottes entsprach, obwohl einige Leute da geteilter Meinung sind. Mir fehlt mittlerweile der dogmatische Eifer, um solche Diskussionen zu führen. Sei’s drum. Eure oder meine Meinung zu dieser Angelegenheit entscheidet nicht darüber, ob sie der Wahrheit entspricht oder nicht. Gott ist, wie er ist, und unsere Gedanken verändern ihn weder in die eine noch in die andere Richtung. Meine Mutter, „Mary Margaret die Erste“, wie meine Großmutter sie nannte, empfing mich, als ein junger Student am Priesterseminar sie gegen die Mauer von Fort McHenry drückte und mit Gewalt nahm. Abends, wenn ihr Unterricht in der zweiten Klasse einer Schule im Süden Baltimores vorbei war, spazierte meine Mutter gern zu dem fünfeckigen, sternförmigen Fort hinaus, von dem aus im Jahre 1814 die Schlacht von Baltimore ausgetragen wurde. 10