Thomas Joussen | Peter Karliczek
In der Krippe kein
Was es an Weihnachten wirklich zu feiern gibt
u z n e g h u c A d dur un
Diesen Selbstversuch kann jeder ganz einfach durchführen. Einfach die Augen schließen und an Weihnachten denken … und mal schauen, was passiert. Und? Welcher Film läuft da auf der inneren Leinwand ab? Kindheitserinnerungen vom Tannenbaum mit Lametta und romantisch-roten Kerzen? Unscharfe Polaroids, auf denen man selbst als 5-jähriger dicke Päckchen aus buntem Papier befreit? Der ewig junge Traum von weißen Weihnachten mit schneebedeckten Dächern und Schlittenfahrt? Oder Regale voller Schoko-Weihnachtsmänner, Zimtsternen, Spekulatius, stimmungsvoll beschallt mit „Last Christmas“ aus kratzigen Supermarktlautsprechern? Hektisches Treiben auf Weihnachtsmärkten, die nach Zimt, Glühwein, Bratwurst und Bienenwachskerzen „duften“? Oder was völlig anderes? Jeder hat ja so seinen eigenen Weihnachtsfilm, seine eigenen Erfahrungen und Erlebnisse. Und jedes Jahr bietet Weihnachten wieder eine Chance, noch mal zurückzublättern und zu schauen, wer oder was da eigentlich in der Krippe lag, wenn’s schon kein Lametta war.
Gelb, rot, blau, grün, pink, blink … Bunte Lichterketten sind in den USA zu Weihnachten der Hit. Schließlich soll das eigene Haus bunter, schöner und heller leuchten als das aller Nachbarn.
Ein Traum für jedes Kind: Ab dem 12. Dezember gibt es auf der konsumfreudigen Insel an jedem Tag ein Geschenk, da die 13 Weihnachtszwerge den Weihnachtsmann kräftig unterstützen.
Die Einwohner von Caracas fahren zu Weihnachten mit Rollschuhen in die Kirche. Damit die rollenden Kirchgänger nicht über den Haufen gefahren werden, sind zu dieser Zeit Autos in der Stadt verboten.
Auch Tiere gehen in England nicht leer aus: 7 von 10 Hunden bekommen zu Weihnachten ein hübsches Präsent.
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Hier ist Weihnachten nichts für Frühschläfer! Die Bescherung gibt es an Heilig Abend nämlich erst um Mitternacht, nachdem zuvor kräftig geknuddelt wurde.
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Als Dankeschön für die Geschenke bekommt „Santy“ in Irland ein Glas Whiskey. Für die Rentiere gibt es Möhren.
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Besen sind an Heilig Abend bei Hexen angeblich sehr beliebt. Deswegen verstecken alle Norweger ihre Besen gut im Haus. Falls eine Hexe trotzdem fündig wurde, wird sie durch Schrotflinten-Schüsse abgeschreckt.
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Nach dem Fest werden in IKEA-Land die Weihnachtbäume auf höchst pragmatischem Weg entsorgt: einfach ab durchs Fenster.
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Eine etwas ungewöhnliche Baumdekoration haben die Ukrainer: Eine künstliche Spinne und ihr Netz. Denn Spinnennetze an Weihnachten sollen Glück bringen.
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Von fliegenden Tannen und beschenkten Hunden Der Einzelhandel könnte einpacken, wenn es Weihnachten nicht gäbe: 25% des Umsatzes finden im Vorweihnachtsgeschäft statt. Dank dem Vorbild der „Heiligen Könige“, die die Tradition des Schenkens dereinst begründet haben, werden Jahr für Jahr die Nachfolger von Gold, Weihrauch und Myrrhe liebevoll in elegante Päckchen gepackt und unterm Baum verschenkt. Kaum zu glauben, dass erst im Jahr 336 am 25. Dezember zum ersten Mal offiziell Weihnachten gefeiert wurde. Damals noch ohne Einzelhandel und Zimtsterne. Seitdem haben sich einige Kuriositäten zum Fest etabliert; hier mal ein paar Highlights. .
Eine Figur darf in der spanischen Krippe auf keinen Fall fehlen: ein Männlein mit heruntergelassener Hose, das ganz entspannt sein Geschäft verrichtet. Das soll ein Zeichen für eine gute Ernte im kommenden Jahr sein … wenn’s hilft.
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Kenianische Hausfrauen können sich an Weihnachten entspannt zurücklehnen. Der Hausputz, das Weihnachtsmahl und alle weiteren Weihnachtsvorbereitungen liegen in den Händen der Kinder.
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Anstatt Weihnachtsmann oder Christkind bringen hier Väterchen Frost und seine Enkelin Schneeflöckchen die Geschenke; allerdings erst am 6. Januar.
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Am „großen Tag“ („bada din“) werden vor allem die Kinder reich beschenkt. Das Familienoberhaupt hingegen bekommt nur eine Zitrone als Zeichen der Verehrung und des Respekts.
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Der christliche Glaube spielt in China ja bekanntlich eine ambivalente Rolle. Rein zahlenmäßig finden wir in China eine große, stark wachsende christliche Bewegung. Im Vergleich zur chinesischen
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Gesamtbevölkerung ist das Christentum immer noch ein Randphänomen. Der Weihnachtsgottesdienst wird trotz allem von den meisten Chinesen besucht – aus reiner Neugierde, heißt es offiziell. Wie auch immer: Tatsache ist, dass Liebe und Frieden auch gut ins Reich der Mitte passen. Schnee an Weihnachten gibt es Down Under nie. Damit auch die Australier mal in den Genuss einer weißen Weihnacht kommen, wird inzwischen mancherorts „Christmas in July“ gefeiert. Nun gut.
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Uralte Knacker
Irgendwie muss die Nuss doch aufgehen. Manche harte Nüsse fallen einem zur Weihnachtszeit vor die Füße, andere entdeckt man im Sommer, die besonders harten drehen wir jahrelang in den Händen und fragen uns, wie wir die wohl knacken können … Ein Weg: einen Nussknacker einsetzen. Entweder einen im Erzgebirge kunstvoll aus Holz gedrechselten, handbemalten, vollbärtigen Helfer
im Soldatenkostüm. Den fand schon Herr Tschaikowski so entzückend, dass er ihm sein weltberühmtes Ballett auf den hölzernen Leib schrieb. Ab Walnuss-Größe geht diesen hübschen alten Knackern allerdings gerne mal die Puste aus. Die echten Nussknacker müssen aus anderem Holz geschnitzt sein. Ein alter Freund, ein offenes Ohr, ein guter Rat oder ein einfaches Gebet haben oft erstaunliche Hebelwirkung.
er 24. Dezember 1914 war ein klarer Tag – im ausgehenden ersten Jahr des ersten Weltkrieges. Der ständige Regen hatte aufgehört, vereinzelt waren noch Schüsse zu hören, an den meisten Stellen des Frontabschnitts jedoch war Stille eingekehrt. Und irgendwann, als gar nicht mehr geschossen wurde, brach der Bann: Soldaten unterschiedlicher Nation, zumeist Deutsche und Engländer, gingen im Wortsinn aufeinander zu und trafen sich im Niemandsland zwischen den Frontlinien. Zuerst sehr vorsichtig und mit spürbarer Anspannung begannen sie miteinander zu
sprechen; zumeist auf Englisch, was viele der deutschen Soldaten konnten, weil der deutsche Kaiser immer eine Nähe zu England propagiert hatte. Aber vor allem: friedlich. Einfache Soldaten, aber auch Offiziere waren dabei: Einige der Vorgesetzten befahlen den ihnen unterstehenden Soldaten sogar während des Weihnachtsfestes nicht auf den „Feind“ zu schießen. Dann kamen ein paar Soldaten auf die Idee, Tannenbäume zu schlagen und diese mit Kerzen zu schmücken. Das hat man dann gemeinsam getan; vereinzelt wurde gesungen und auf beiden Seiten wurden die Pakete geöffnet, die die Lieben
den Männern an die Front gesandt hatten. Tagebuchaufzeichnungen dieser Tage belegen diese Ereignisse und drücken mit den Worten „unvorstellbar“ und „unglaublich wunderbar“ aus, wie besonders das auch für alle Beteiligten war, diesen Weihnachtsfrieden mitzuerleben. Statt Waffen sprechen zu lassen, redete man jetzt von Mensch zu Mensch miteinander. Am Morgen danach, am ersten Weihnachtstag 1914, haben dann die Briten eine friedliche Kugel ins andere Lager geschossen: einen Fußball. Gemeinsam mit den deutschen Gegnern hat man gekickt, gelacht und die Schrecken des Krieges für ein paar Stunden vergessen.
Weihnachtsfrieden mitten im Krieg, Feiern mit denen, die gestern noch Feinde waren – ein paar Tage später war dann alles wieder vergessen, Feinde wieder Feinde und nie mehr sollte ein solches Ereignis stattfinden; bis zum heutigen Tage nicht. Trotzdem zeigt dieser Friede, welche Kraft von Weihnachten, welche Macht vom einfachen Gespräch zwischen Menschen und welcher Friede vom Kind in der Krippe ausgehen kann. PS: Und wer sich diese wahre Geschichte in einer 90-minütigen Fassung anschauen mag, dem sei der Film „Merry Christmas“ mit Benno Fürmann, Daniel Brühl und Diane Krüger empfohlen.
Jupiter und Saturn über Bethlehem Welches Bild entsteht im Kopf bei dem Begriff „Weihnachtsstern“? Die zumeist knallrote Zimmerpflanze mit den sternförmig angeordneten Blättern, die sich selbst bei liebloser Pflege bis weit nach Ostern hält? Oder der Stern über dem Stall in Bethlehem? Stimmt ja beides irgendwie ... und wer die unglaublichen Umsatzerfolge des Weihnachtssternes – also der Pflanze – in Deutschland und vor allem den USA kennt, ahnt, woran die meisten denken: Etwa 40 Millionen Exemplare gehen bei uns über die Theken der Floristen, etwa 100 Millionen in den Staaten, die diese Pflanze besonders ins Herz geschlossen haben, bevorzugt mit Glitzer bestäubt by the way. Zurück zum Stern über der Krippe, der auf jeden Fall für sich beanspruchen darf, zuerst da gewesen zu sein: Die meisten Astronomen* vertreten heute die Theorie, dass der helle Schein weder auf eine Supernova noch auf einen Kometen zurückzuführen ist. Vielmehr haben sich von der Perspektive
der drei Weisen aus dem Morgenland, denen das Licht ja zur Orientierung diente, die Planeten Jupiter und Saturn im Zeichen der Fische so angenähert, dass dieses ungewöhnliche Sternenbild entstanden ist. Und so haben das die Sterndeuter damals gedeutet: Der Königsstern (der Jupiter) und der Stern des jüdischen Volkes (der Saturn) treffen sich im Sternbild des Fisches (das unter anderem für Palästina steht). Fazit: Im Westen, in Palästina muss wohl der neue König der Juden geboren worden sein. Also, Jungs, lasst uns die Kamele satteln und losmarschieren. Das ist mal Gottvertrauen. Was hättest du damals getan? Wann ist dir zum letzten Mal ein Licht aufgegangen? Wann hast du zum letzten Mal den Blick zum Himmel gehoben und wusstest, jetzt geht’s los? Für wen gehst du meilenweit? * Begründer dieser Theorie ist der Österreicher Konradin Ferrari d’Occhieppo, um 1964.