Markenrisiken im Fokus Vol. 10 No.1 (2018)

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GfK M ARKETING I N T E L LIG E N C E R E V I EW

M A R K E T IN GF O R S C HUN G FÜR D IE P R A X IS

N E K I S I R N E K R MA

Vol. 10 / No. 1 / 2018

Fake News Negatives Markenwissen Personenmarken Markenkannibalisierung Sozio −okonomische Risiken Markenverwasserung Gefahrdete Markenbeziehungen Volatile Markenperformance


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Für Manager und Entscheider, die sich für aktuelle Marketingthemen und neue Forschungsergebnisse interessieren

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Editorial / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

Editorial

Jedes Licht wirft einen Schatten. Die meisten Menschen bevorzugen jedoch die helle und sonnige Seite gegenüber Schatten und Dunkelheit, und unseren Erfahrungen nach trifft das auch auf Markenmanager zu. Beim Thema Markenbildung denkt man typischerweise an große Chancen, sprudelnde Erträge und einen Mehrwert für Aktionäre – die Sonnenseite. Für diese Themen werden Marken­ manager ausgebildet, darüber wird diskutiert. Aber Chancen bergen auch Risiken, und die Marketingdisziplin tendiert dazu, den Blick darauf lieber dem Finanzmanagement oder dem Rechnungswesen zu überlassen. Wenn man jedoch markenbedingte Risiken ignoriert oder deren Ausräumen zu spät in Angriff nimmt, riskiert man Ertragseinbußen, weniger oder vola­ tilere Cashflows, die Erosion des Markenwertes oder einen geringeren Shareholder Value. Erst in jüngerer Zeit bringen sich Marketer verstärkt in Risikodiskussionen ein. Wir sind der Meinung, dass Marketingmanager nur dann die spezifischen Risiken ihrer markenbezogenen Entscheidungen proaktiv angehen können, wenn sie Wesen, Ursachen und Dynamiken dieser Risiken verstehen. Wir widmen die vorliegende Ausgabe den potenziellen Schattenseiten beim Aufbau star­ ker Marken und möchten so Markenmanager dazu ermutigen, sich bei ihren strategischen Markenüberlegungen aktiv dem Thema Risiko zu widmen. Wir leben in einer Social-Mediadominierten Welt, in der Fake News und viele andere neue Risiken mittlerweile alltäglich sind. Die populäre Strategie, reale Menschen und Celebrities als Namensgeber oder Testimonials für Marken einzuspannen, kann Erfolg versprechend sein, genauso aber deren Todesurteil. Nicht jede Erweiterung ist gut für die Ursprungsmarke, und Kannibalisierung und Markenver­ wässerung können echte Gefahren darstellen. Sogar die altbekannte Weisheit, dass nur keine Neuigkeiten schlechte Neuigkeiten sind, entpuppt sich als riskant, wenn sich Nachrichten unkontrolliert und in noch nie zuvor erreichten Geschwindigkeiten ausbreiten. Wir laden Sie ein, mehr über die jüngsten Erkenntnisse zum Thema Markenrisiko herauszu­ finden. Machen Sie sich bereit dafür, die dunklere Seite des Markenmanagements anzugehen und einen ausgewogeneren Zugang für das Markenmanagement des 21. Jahrhunderts zu implementieren. Viel Vergnügen beim Lesen!

Susan Fournier

Shuba Srinivasan Boston, Dezember 2017

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018

Inhalt

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Editorial

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Executive Summaries

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Wie Fake News Marken gefährden und wie man gegensteuern kann Pierre Berthon, Emily Treen und Leyland Pitt In manchen Fällen sind Marken Opfer, in anderen aber auch Botschafter von Fake News. Gegenüber beiden Fällen sollte das Management gewappnet sein.

NE W S

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Risikomanagement: Das Gebot der Stunde im Branding Susan Fournier und Shuba Srinivasan In unserer gesellschaftlich polarisierten Social-MediaWelt sollten Manager Marken als Instrumente des Risikomanagements nutzen.

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Markenbekanntheit birgt Risiken: Der Fluch negativen Markenwissens Chip Walker In der heutigen Welt kann Mehrwissen über eine Marke dazu führen, dass Menschen schlechter über sie denken.

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Human Brands: Worauf man achten sollte, wenn aus Menschen Marken werden Susan Fournier und Giana Eckhardt Marken, die sowohl Personen als auch produktifizierte Angebote sind, können äußerst wirksam und hochriskant zugleich sein.


Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

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Von den Frontlinien des Markenrisikos Interview

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Interview mit Patrick Marrinan, Mitbegründer und Partner von Marketing Scenario Analytica.

Charlotte Mason und Kaushik Jayaram

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Lass dich nicht fressen: Kannibalisierungsrisiken verstehen und vermeiden

Um Ertrags- und Marktanteilsverluste so gering wie möglich zu halten, sollte man die Treiber der Kannibalisierung verstehen.

Gefährdete Markenbeziehungen als Risiko für das Ertragspotenzial von Marken Oliver Hupp, David Robbins und Susan Fournier

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Kulturspezifische Techniken zur Vermeidung von Markenverwässerung

Unternehmen können durch ein Beziehungsende mit gefährdeten Kunden genauso viel verlieren, wie sie durch den Aufbau starker Kundenbindungen gewinnen können.

Alokparna Basu Monga und Liwu Hsu Wenn man die Denkweisen seiner Konsumenten versteht, kann man bessere Strategien gegen die Beschädigung von Marken entwickeln und positive Reaktionen bei Markenerweiterungen fördern.

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Schwankende Markenperformance durch volatile Marketingausgaben Marc Fischer, Hyun Shin und Dominique M. Hanssens Während Erfolge einzelner Marketingaktionen in den Erträgen nachweisbar sind, werden Auswirkungen auf Ertrags- und Cashflow-Schwankungen häufig ignoriert.

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Editor

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Wissenschaftlicher Beirat

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Impressum

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Vorschau nächste Ausgabe

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / Executive Summaries

Executive Summaries

Risikomanagement: Das Gebot der Stunde im Branding

Wie Fake News Marken gefährden und wie man gegensteuern kann

Susan Fournier und Shuba Srinivasan

Pierre Berthon, Emily Treen und Leyland Pitt

In unserer immer stärker gesellschaftlich polarisierten SocialMedia-Welt sollten Manager Markenrisiken proaktiv angehen. Um Marken als Instrumente des Risikomanagements nutzen zu können, sollte man vier Arten von Markenrisiken verstehen: Markenreputationsrisiko, Markenverwässerungsrisiko, Marken­ kannibalisierungsrisiko und Markendehnungsrisiko.

Immer wieder fallen Marken Fake News zum Opfer oder fungie­ ren als deren Botschafter. Marken können Fake News finanzie­ ren oder inhaltlich in deren Zentrum stehen. Es kommt dabei zu ungewünschten Imagetransfers, wenn einerseits Fake News eine Marke kontaminieren oder andererseits eine Marke den Fake News mehr Glaubwürdigkeit verleiht.

Risikomanagement geht typischen Markenmanagern nicht so leicht von der Hand. In ihrer Ausbildung werden sie mehr auf den gewieften Einsatz der 4Ps und auf Profitstreben getrimmt, als auf die Risikoabwägung, und das aktuelle Marktumfeld macht die Aufgabe nicht leichter. In einer immer stärker pola­ risierten Gesellschaft wird es laufend schwieriger, Marken aus ideologischen Debatten herauszuhalten. Zusätzlich sind Mar­ kenmanager bei digitaler Werbung immer weniger in der Lage, den Kontext von Werbeschaltungen zu kontrollieren, und die Forderung nach stetigem Wachstum bringt zusätzliche Imple­ mentierungsrisiken.

Um das Risiko des negativen Imagetransfers kontrollieren zu können, empfehlen die Autoren technische Lösungen, die Fake News aufspüren und umgehen helfen, und systemische Schritte, die das traditionelle Markenmanagement überden­ ken. Sie stellen einen neuen Zugang zu Marken dar, der diese gewissermaßen gegen Fake News immunisiert, indem sich eine bessere Vertrauensbasis mit den eigenen Stakeholdern entwickelt. Viel zu oft werden die Marken losgelöst von der Realität und ihren eigentlichen Leistungen betrachtet. Nicht die Marken an sich sollten das Maß aller Dinge sein, denn sie sind nur Ausdruck eines außergewöhnlichen Angebots. Sie können als Rahmen für interpretative Spielräume fungieren, aber sie schaffen keine einheitlichen Wirklichkeiten, wie viele zu glauben scheinen. Anstatt als Objekte sollte man Marken als Wahrnehmungsprozesse betrachten und managen.

Je exponierter eine Marke in puncto Risiko ist, desto mehr Auf­ merksamkeit sollten die Führungskräfte dem Thema widmen. Wenn man mehr Risikodenken in der Marketingphilosophie verankern will, sollte man Marketingkompetenzen breiter defi­ nieren, selbstkritisch sein und proaktiv handeln.

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Executive Summaries / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

Markenbekanntheit birgt Risiken: Der Fluch negativen Markenwissens Chip Walker

Human Brands: Worauf man achten sollte, wenn aus Menschen Marken werden Susan Fournier und Giana Eckhardt

In der heutigen Welt kann Mehrwissen über eine Marke dazu führen, dass Menschen schlechter über sie denken. Anstatt die Marke zu unterstützen, kann höhere Vertrautheit zusätzliche Risiken bergen. Dieses Phänomen wird als „negatives Wissen“ bezeichnet. Es entsteht, wenn Marken als peinlich empfunden werden, man negative persönliche Erfahrungen oder schlechte Nachrichten und Neuigkeiten aus dem Freundeskreis mit ihnen verbindet oder wenn Geschäftspraktiken abgelehnt werden. Was Konsumenten einmal über eine Marke gelernt haben, ist kaum zu „ent-lernen“. In Zeiten medialer Fragmentierung, in der alle nach Aufmerksamkeit für ihre Marken heischen, soll­ ten Managern auch die möglichen Schattenseiten des Ruhms bewusst sein. Unklare Markenbilder gilt es zwar zu vermeiden, aber das, was Kunden über eine Marke wissen, kann ihr auch mehr schaden als nützen.

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Physische und gesellschaftliche Realitäten, mentale Einschrän­ kungen und weitere menschliche Unzulänglichkeiten unter­ scheiden menschliche Marken von anderen. Diese bedeuten Risiko, eröffnen aber gleichzeitig große Chancen. Vier mensch­ liche Eigenschaften können die Balance zwischen Person und Marke besonders stören oder zu Problemen führen: Sterblich­ keit, Hybris, Unberechenbarkeit und soziale Verankerung. Keine dieser Eigenschaften betrifft traditionelle Marken, und alle vier bergen Risiken, die bei Personenmarken aktiv gemanagt wer­ den müssen. Unser Ansatz empfiehlt die Konzentration auf diese zutiefst menschlichen Eigenschaften von personifizierten Marken. Anstatt Menschen als Marke zu betrachten oder Men­ schen zu käuflichen Marken zu machen, sollte man die Balance zwischen der Person und dem personifizierten Objekt fördern.

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / Executive Summaries

Lass dich nicht fressen: Kannibalisierungsrisiken verstehen und vermeiden

Kulturspezifische Techniken zur Vermeidung von Markenverwässerung Alokparna Basu Monga und Liwu Hsu

Charlotte Mason und Kaushik Jayaram

Um Ertrags- und Marktanteilsverluste so gering wie möglich zu halten, sollte man die Treiber der Markenkannibalisierung verstehen. Für dieses Risiko kritische Markenfaktoren betref­ fen den Preis und die Qualität im Vergleich mit bestehenden Produkten. Zusätzlich beeinflussen die Kategorie, die Art des Produkts und das Distributionssystem das Ausmaß des Risikos. Auch, ob neue Produkte die alten ersetzen oder mit ihnen am Markt koexistieren sollen, muss überlegt werden. Bei der Abschätzung des Kannibalisierungsrisikos sollten die Kosten der gesamten Leistungserstellung berücksichtigt werden. Sorgfältig planen und kommunizieren sollte man die Positionierung neuer Marken. Produkte ohne ausreichende Differenzierung könnten Konsumenten verwirren. Die Beson­ derheiten einer Kategorie sowie Konsumgewohnheiten liefern Ansatzpunkte, um das Ausmaß einer unvermeidlichen Kanni­ balisierung möglichst gering zu halten. Das wichtigste Beurtei­ lungskriterium ist der Ertrag. Wenn ein Neuprodukt mit einer kleineren Marge zulasten eines ertragreicheren Produkts geht, werden Erträge vernichtet. Ein ertragreiches Produkt, das ein ertragsschwaches verdrängt, rechtfertigt hingegen meist das Kannibalisierungsrisiko.

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Wenn man die Denkweisen seiner Konsumenten versteht, kann man bessere Strategien gegen die Beschädigung von Marken entwickeln und positive Reaktionen von enttäuschten Konsu­ menten fördern. Während negative Schlagzeilen oder gewagte Markenerweiterungen bei analytischen Denkern eine schlech­ tere Meinung über die Marke bewirken, gibt es bei ganzheit­ lichen Denkern keinen Imageeffekt. Interessanterweise sehen zwar beide Gruppen die Marke in der Verantwortung, aber ganzheitliche Denker geben Kontextfaktoren eine Mitschuld. Diese Fähigkeit ganzheitlicher Denker, externe Faktoren wahr­ zunehmen, ist der Grund dafür, dass ihr Vertrauen in die Marke nicht erschüttert wird. State-of-the-Art-Krisenmanagement sollte möglichst proaktiv in Bezug auf mögliche negative Anlassfälle betrieben werden. In der Krisenkommunikation ist es zielführend, Kontextfaktoren negativer Vorfälle hervorzuheben. Außerdem können detailrei­ che Botschaften mit Ausführungen zur Art der Markenerwei­ terung negative Gedanken reduzieren und positive Reaktionen fördern.

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Executive Summaries / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

Schwankende Markenperformance durch volatile Marketingausgaben Marc Fischer, Hyun Shin und Dominique M. Hanssens

Gefährdete Markenbeziehungen als Risiko für das Ertragspotenzial von Marken Oliver Hupp, David Robbins und Susan Fournier

Wenn Unternehmenserträge schwanken, dann erschwert die daraus resultierende Volatilität die Prognose der zukünftigen Erträge und Einkünfte und es wird schwieriger, einen konstan­ ten Cashflow sicherzustellen. Das wiederum führt zu vermin­ dertem Vertrauen der Investoren und kann so das finanzielle Fundament einer Marke schädigen. Effektives Marketing kann in dieser Hinsicht also unerwünschte finanzielle Zusatzeffekte auslösen.

Ein Markenbeziehungsportfolio enthält gleich einem Aktien­ portfolio mehr oder weniger chancen- und risikoreiche Ele­ mente, und vor allem in Krisensituationen ist die Art der Markenbeziehung relevant. Im Krisenfall sollte man sich nicht nur auf das Absichern der positiven Beziehungen fokussie­ ren. Schon vorab gefährdete Beziehungen sind meist stärker negativ betroffen und können einen massiven Rückgang des Markenwerts auslösen.

Je nachdem, ob man Volatilitätsüberlegungen in die Erfolgs­ beurteilung mit einbezieht oder nicht, können optimale Mar­ ketingstrategien unterschiedlich ausfallen. Unternehmen, die gute analytische Fähigkeiten besitzen, können sich Wett­ bewerbsvorteile verschaffen, indem sie alle Varianten durch­ kalkulieren und entsprechend vorteilhafte Varianten realisieren.

Unsere Fallstudien haben gezeigt, dass gefährdete Marken­ beziehungen eine wesentliche, aber oft nicht ausreichend beachtete Rolle im Beziehungsportfolio einer Marke spielen. Die Risiken reichen von negativer Mundpropaganda, die potenzielle Neukunden abschrecken könnte, bis zum drohenden Verlust der Kunden. Manager sollten diesen Risiken proaktiv begeg­ nen, indem sie diese identifizieren und sich mit ihnen ausein­ andersetzen und in Krisen glaubwürdig mit ihren Stakeholdern kommunizieren.

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Branding und Risiko / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

Risikomanagement: Das Gebot der Stunde im Branding Susan Fournier und Shuba Srinivasan

keywords

Markenrisiko, Reputationsrisiko, Markenverwässerungsrisiko, Markendehnungsrisiko, Markenkannibalisierungsrisiko, Sozioökonomisches Risiko • autorinnen

Susan Fournier Senior Associate Dean, Questrom Professor in Management, and Professor of Marketing, Boston University, Questrom School of Business, Boston, MA, USA fournism@bu.edu Shuba Srinivasan Adele and Norman Barron Professor in Management, Professor of Marketing, Boston University, Questrom School of Business, Boston, MA, USA ssrini@bu.edu

Jedes Licht hat seinen Schatten     Von allen Trümpfen, die das Marketing kontrolliert, sind Marken wohl die wertvollsten. Eine starke Marke zieht neue Kunden an, bindet bestehende an sich und bietet eine Plattform für weitere Produkteinführun­ gen. Eine starke Marke reduziert Risiken, indem sie breiteres Aktionärsinteresse auslöst und so Konjunkturdellen abmildert, mehr Wohlwollen im Falle eines Fehlers sicherstellt oder die Variabilität und Volatilität künftiger Cashflows reduziert. Eine richtungsweisende Studie von Madden und Kollegen bestätigt, dass der Aufbau starker Marken den Unternehmen nicht nur höhere Erträge sichert, sondern auch die Unternehmensrisi­ ken reduziert. Gleichzeitig können Markenstrategien die Risi­ kosituation eines Unternehmens aber auch verschärfen und Erträge, Cashflows, Markenkapital und Aktienkurse gefährden. Die Geschichte der Martha-Stewart-Living-Omni-Media-Marke (Box 1) zeigt das sehr deutlich: Marken sorgen nicht nur für gute Verkaufszahlen, sie stellen auch ein massives Risiko dar. Da Investoren gleichzeitig ihre Erträge maximieren und ihr Risiko minimieren wollen, muss sich das Management von Unternehmen dieser markeninduzierten Risikokomponente proaktiv stellen. Marketingmanager bringen sich allerdings erst in jüngerer Zeit nach und nach in Risikodiskussionen ein. Wer Marken auch als Instrument des Risikomanagements nutzen möchte, muss vier Arten von Markenrisiko verstehen (Abb. 2). Vier markenbezogene Risiken Das Markenreputationsrisiko     betrifft den möglichen Imageschaden für eine Marke, der durch negative Marken­ signale entstehen kann. Wenn Einnahmen durch negative PR oder kostspielige Rechtsstreitigkeiten zurückgehen oder Kun­ den wegbrechen, wird Shareholder Value zerstört. Durch die Auswahl entsprechender Markenstrategien kann man dieses Risiko steuern. Wenn man Marken beispielsweise nach unten dehnt, gefährdet man das Standing einer Marke oder beeinträchtigt die wahr­ genommene Qualität oder Exklusivität. Ein umfangreiches

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / Branding und Risiko

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DER AUFSTIEG UND NIEDERGANG DER MARTHA STEWART LIVING OMNIMEDIA, INC. (MSLO) Martha Stewart betrat die soziale Bühne in den spä­ ten 1970er-Jahren zunächst als Caterer. Kontinuierlich erarbeitete sie sich einen Ruf als Haushaltsguru, und 1987 lancierte sie eine eigene Produktlinie von Haus­ haltsgeräten, die über die K-Mart-Kette als Massenware vertrieben wurden. 1990 wurde Time Warner auf sie aufmerksam und lancierte das Monatsmagazin Martha Stewart Living. Schnell entwickelte sich daraus ein gan­ zes Medienimperium und eine neue Lifestyle-Expertin war geboren. Die Martha Stewart Living Omnimedia (MSLO) ging 1999 mit $ 36,88 pro Aktie an die Börse. 2001 hatte sich Martha Stewart als gesellschaftliche Ikone etabliert,

und die Marke gleichen Namens war eine der stärksten Lifestylemarken weltweit. Nur ein Jahr später wurde die Aktie zu Tiefstkursen von $ 1,75 gehandelt, als der Skandal seinen Höhepunkt erreichte, der ihre Pro­ ponentin schließlich ins Gefängnis bringen sollte. Die MSLO erholte sich nie mehr von diesem Tiefschlag. Im Jahr 2015 wurde das Unternehmen von der auf Marken und Lizenzen spezialisierten Sequential Brands Group für $ 353 Millionen bzw. $ 6,15 pro Aktie erworben. Aktienanalysten betonen gern, dass die Personenmarke Martha Stewart eine hohe Authentizität und Intimität als große Stärke hatte. Sie erkannten allerdings auch die immanenten Risiken, die entstehen, wenn man lebende Personen als Kern einer Marke nutzt.

abbildung 1:

MSLO-Aktienkursentwicklung vom Börsengang bis zum Verkauf an die Sequential Brands Group 40$ 35$ 30$ 25$ 20$ 15$ 10$ 5$ 0$ 1999 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Quelle: https://finance.google.com/finance/historical?q=NYSE:MSO https://finance.yahoo.com/

­ roduktportfolio unter einem einzigen Markennamen und -logo P kann Marken durch Ausstrahlungseffekte anfällig machen. Fournier und Eckhardt (S. 30) zeigen, dass Personenmarken­ strategien wie bei Calvin Klein oder Martha Stewart besonders hohen Reputationsrisiken ausgesetzt sind. Sie argumentieren damit, dass man bei solchen Strategien auf Konsistenz und Balance zwischen Person und Marke achten muss.

Fehlverhalten stellt aber auch für andere Marken ein Risiko dar. Denken Sie an Uber, das Unternehmen mit der höchsten Pre-IPO-Bewertung aller Zeiten. Es musste finanzielle Verluste hinnehmen und wurde von Investmentfonds um 16 % niedriger bewertet, nachdem CEO Kalanik und die gesamte Uber-Organi­ sationskultur eine Reihe rufschädigender Krisen durchstehen mussten. Celebrity- Werbestrategien bringen ähnliche Repu­


Branding und Risiko / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

tationsrisiken mit sich. Untersuchungen zu den Tiger-WoodsSkandalen zeigen, dass bei Krisen nicht nur die Aktienmärkte reagieren, sondern dass der Schaden Auswirkungen auf das gesamte Sponsor-Unternehmen hat. Die heutige, durch Co-Kreation, Social-Media-Vernetzung und Fake News charakterisierte Marketinglandschaft verstärkt das Reputationsrisiko zusätzlich. Der Artikel von Berthon, Treen und Pitt (S. 18) beschreibt, wie Scheinwahrheiten und eine „post-faktische“ Kultur Marken gefährden und zeigt Lösungen für das Management von Markenrisiken auf.

Das Markenverwässerungsrisiko    bezieht sich auf den Verlust von Bedeutung, die eine Marke von anderen unterschei­ det. Differenzierung ist wesentlich für den Aufbau von Marktan­ teilen und die Marktdurchdringung. Verlust an Differenzierung hingegen ist der erste Schritt zur Korrosion von Markenwert. Der Verlust an Einzigartigkeit schadet dem Cashflow, lässt Kunden leichter zu anderen Marken wechseln und reduziert die Bereit­ schaft, Preisaufschläge zu bezahlen. Häufigkeit, Tiefe, Breite und Qualität von Erweiterungen stellen Verwässerungsrisiken für Marken dar. Denken Sie an die Entscheidung von Harley Davidson, mit eigenem „Beef Jerky“ in den Genussmittelmarkt einzusteigen, oder an Nabiscos Einführung von Oreos mit Was­ sermelonengeschmack. Erweiterungen in fremde Kategorien, aber auch die Verlängerung von Produktlinien innerhalb der gleichen Kategorie durch neue Varianten können die Marken von dem entfernen, was sie für Konsumenten einzigartig macht. Die zentralen Bedeutungen der Marke Oreo werden verwässert, da durch den Wassermelonengeschmack neue Assoziationen entstehen, die sich in den Bedeutungsmix der Marke einfü­ gen müssen. Auch Burger Kings Einführung von „gesunden” Satisfries ist riskant, weil diese die positiven und dominanten Markenassoziationen verdecken könnten, die Burger King als Marke stärken. Viele Angebote in derselben Kategorie bringen unweigerlich Überlappungen und führen aus Sicht der Konsumenten zu unklaren Positionierungen. Ein gutes Beispiel dafür liefert die C-Klasse von Mercedes. Chip Walkers Artikel (S. 24) zeigt, dass Markenerweiterungen zwar die Bekanntheit von Marken erhö­ hen, aber auch das Risiko steigern, wenn die Bekanntheit mit negativen Assoziationen einhergeht. Monga und Hsu (S. 40) weisen darauf hin, dass für die Beurteilung von Markenerwei­ terungen auch Kulturen und die mit ihnen verbundenen Denk­ zugänge relevant sind. Wenn man weiß, wie Menschen denken, kann man Reaktionen auf Erweiterungen besser abschätzen. Deshalb sollten sich Manager auch mit typischen Denkweisen verschiedener Kulturkreise auseinandersetzen, um Marken gezielt zu positionieren und zu schützen.

Das Markenkannibalisierungsrisiko    führt zu geringeren Verkäufen oder Erträgen, wenn Kunden neue Produkte zulasten bestehender Produkte derselben Marke kaufen. Kannibalisierung oder Intra-Marken-Substitution ist eine Art Ausstrahlungsrisiko, und normalerweise versucht man, den Wettbewerb innerhalb der eigenen Produktlinien zu minimieren. Viele Erweiterungen in derselben Kategorie bringen Überschneidungen im Leistungs­ versprechen einer Marke, und schlecht ausdifferenzierte Marken sind stärker von Kannibalisierung betroffen. Auf S. 34 erklären Mason und Jayaram die Dynamiken des Kannibalisierungsrisikos und empfehlen, sich intensiv mit dessen Treibern auseinander­ zusetzen sowie die Auswirkungen auf bestehende Produkte und die gesamte Organisation abzuschätzen und zu messen. Kampfmarken wie Kodaks FunTime-Film, der für „weniger wichtige“ Fotoanlässe und als Kampfansage an preisgünstige Mitbewerber gedacht war, sind riskant, wenn sie die eigenen Produkte ersetzen. Vertikale Erweiterungen in hochpreisigen Märkten, wie beispielsweise die Einführung des Cayenne bei Porsche, bergen das gleiche Risiko. Aus Margensicht werden Kampfmarken dann kontraproduktiv, wenn Kunden, die auch ein teureres Produkt gekauft hätten, auf die billigere Variante ausweichen. Teslas Model-3-Einführung könnte solch einen Fall

» Marketingmanager bringen sich erst in jüngerer Zeit nach und nach in Risikodiskussionen ein. «

darstellen, und Investoren befürchten bereits, dass die Marke leiden wird und Erträge wegbrechen werden. Auch Luxusmo­ demarken, die minderwertigere Billigmarken einführen, bege­ ben sich in gefährliche Gefilde. Experten sind sich einig, dass es dabei negative Ausstrahlungseffekte auf die Hauptmarke gibt, auch wenn man neue Kundenschichten erschließen kann. Outlet-Verkäufe stellen ein ähnliches Dilemma dar: Louis Vuitton hält sich von Outlets fern, aber Burberry und Armani sind in die­ sen Kanälen verfügbar. Die Chance auf zusätzliche Kunden muss gegenüber den Markenwerten sorgfältig ausbalanciert werden. Auch ein Eintritt ins Nobelsegment, wie es VW mit dem Phaeton

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / Branding und Risiko

abbildung 2:

Unterschiedliche Markenrisiken: Auslöser und Auswirkungen im gegenwärtigen Marktumfeld Wachstumsgebot

Politisches/Soziales/ Kulturelles Umfeld

MARKENREPUTATIONSRISIKO MARKENVERWÄSSERUNGSRISIKO MARKENKANNIBALISIERUNGSRISIKO MARKENDEHNUNGSRISIKO

Werbekontext

Verkaufsrückgänge Cash Flow Volatilität Geringerer Cash Flow Erosion des Markenwerts Reduzierter Shareholder Value

versucht hat, ist eine hochriskante Strategie, da sie Marken oft aus ihren natürlichen Grenzen herauskatapultiert.

Das Markendehnungsrisiko    limitiert die Möglichkeiten, auf neue Marktchancen, Technologien oder veränderte Vorlieben der Konsumenten mit neuen, maßgeschneiderten Angeboten zur reagieren. Starke Marken baut man zwar auch deshalb auf, um sie zu erweitern, aber bestimmte Bedeutungsinhalte bringen Risiken für die Dehnung von Marken. Sehr konkrete Bedeutungen geben weniger Raum für Wachstum und erhöhen das Dehnungsrisiko. So hat sich Coach vor Kurzem neu gebran­ det und firmiert nun unter Tapestry. Das Management sieht mit dem neuen Markennamen mehr Wachstumsmöglichkeiten außerhalb der bedienten Kategorien von Lederhandtaschen und Accessoires, für die Coach steht. Dominante Bedeutungen, die eng mit einer Kategorie verknüpft sind – wie Tempo und Taschentücher oder Levis und Jeans –, limitieren die Möglichkeiten zusätzlich und machen Dehnungen riskanter. Einschränkungen für Wachstum können auch durch Bedeutungen entstehen, die die Glaubwürdigkeit eines Ange­ bots untergraben. Die Gründung einer eigenen Fluglinie durch die amerikanische Restaurantkette Hooters stand unter keinem guten Stern, weil dominante Assoziationen wie Leichtfertigkeit oder Frivolität im Widerspruch zum Sicherheitsbedürfnis beim Fliegen standen.

Neue Realitäten verstärken die Notwendigkeit, Markenrisiken zu managen    Risikomanagement geht traditio­ nellen Markenmanagern nicht so leicht von der Hand. In ihrer Ausbildung werden sie mehr auf den gewieften Einsatz der 4 Ps und auf Profitstreben getrimmt als auf Risikoabwägung, und das aktuelle Marktumfeld macht die Aufgabe nicht leichter. Marken und Politik: Eine explosive Mischung    Wer in der Wirtschafts- und Finanzwelt mit Risikomanagement zu tun hat, versteht politisches Risiko als makroökonomischen Faktor, der Märkte als Ganzes betrifft: die geopolitische Instabilität des Mittleren Ostens, die Zensurpolitik Chinas, die Turbulenzen rund um den Brexit. All diese Dinge stellen systematische Risi­ ken für globale Marken dar. Durch das politisch aufgeladene Umfeld der Trump-Präsidentschaft bietet jeder Medienbericht eine Gelegenheit, eine Marke mit Werten aufzuladen. Egal, ob beabsichtigt oder nicht – durch die Verbindung mit politischen Inhalten drohen Konsequenzen für Image und Reputation von Marken. Bewegungen wie Grab Your Wallet, die als Antwort auf Trumps Umgang mit Frauen entstand, riefen zum Boykott von Trump-Marken und mit ihm verbundenen Unternehmen auf. Sogar lose persönliche Verbindungen erhöhten das Risiko und reduzierten den Wert betroffener Marken. L.L.Bean wurde zum Ziel eines Boykottaufrufs, nachdem Linda Bean, eines der 50 in das Unternehmen involvierten Familienmitglieder, für


Branding und Risiko / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

die Trump-Kampagne spendete. The Carrier und Ford gerieten im Zuge des angekündigten Mauerbaues an Mexikos Grenzen und der Rückholung von Produktionsstandorten ins öffentliche Kreuzfeuer. Aber nicht nur die aktuelle US-Präsidentschaft zieht Marken in einen Strudel, sondern die ganze immer stärker kulturell aufgeladene Welt ist ein Minenfeld. Adidas und Under Armour befanden sich plötzlich auf politischem Terrain, nachdem Trump öffentlich NFL-Spieler verurteilt hatte, die sich weigerten, beim Erklingen der US-Nationalhymne aufzustehen. Weinstein Pro­ ductions, New York Times, National Public Radio’s Prairie Home Companion und Charlie Rose, NBC’s Today Show ... Diese und andere Medienmarken sind in landesweite politische Debatten rund um “#meToo” und Skandale um sexuelle Belästigung ver­ wickelt. Interessant ist, dass sich manche Marken freiwillig in heikle gesellschaftspolitische Themen einbringen. Sie ignorieren den allgemein bekannten Sachverhalt, dass selbst verursachte ideo­ logische Verstrickungen Marken schaden. Politik polarisiert, und es ist sehr wahrscheinlich, dass man einen Teil der eigenen Kun­ den vor den Kopf stößt. Starbucks sah sich berufen, auf Trumps Immigrationsstopp zu reagieren und kündigte an, weltweit 10.000 Flüchtlinge anzustellen. Lyft stellte sich gegen den Immigrationsstopp und spendete der American Civil Liberties Union 1 Million $, während Mitbewerber Uber für seine schein­ bar opportunistische Reaktion geprügelt wurde. Manager sollten verstehen, in welcher Form ihre Marken von politischen Risiken betroffen sind und wie Social Media diese Risiken verstärken können, bevor sie sich in eine politische Arena begeben. In einer immer stärker polarisierten Gesell­ schaft wird es fortwährend schwieriger, Marken aus ideologi­ schen Debatten herauszuhalten. Unser Interviewpartner Patrick Marrinan erklärt, dass man zwar für die Hälfte der Menschen das Richtige tun mag, aber damit oft gleichzeitig für die andere Hälfte danebenliegt. Er liefert zahlreiche Tipps für den Umgang mit solchen immer relevanter werdenden Risiken (S. 52).

Weniger Kontrolle über das Werbeumfeld    Bei digitaler Werbung sind Markenmanager immer weniger in der Lage, den Kontext von Werbeschaltungen zu kontrollieren. In der klassi­ schen Markenwelt war es möglich, den Medieneinsatz genau zu planen, indem man nach demografischen Merkmalen segmen­ tierte und den Inhalt für die jeweiligen Zielgruppen optimierte. BMW platzierte den Z3 gezielt in James-Bond-Filmen, um die Wertewelt des Films für die Marke zu nutzen und gemeinsame Zielgruppen anzusprechen. In der digitalen Welt unserer Tage werden Platzierungsentscheidungen hingegen oft von Algorith­ men getroffen und aus Suchverläufen der Konsumenten abge­ leitet. Diese Form des Targetings macht Marken verletzlich. P&G

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10 SCHLÜSSELFRAGEN, DIE MANAGERN HELFEN, IHRE MARKENRISIKEN ABZUSCHÄTZEN 1. Ist Ihre Produktkategorie in hohem Maße politischen Risiken ausgesetzt? 2. Ist Ihre Marke Teil vieler soziokultureller Konversationen, wenn man Pressemeldungen und Erwähnungen in Social Media betrachtet? 3. Sind die zentralen Markenbedeutungen konkret und zugespitzt oder mit einer bestimmten Produktkategorie verbunden? 4. Ist Ihre Marke breit aufgestellt und umfasst zahl­ reiche Produktlinien, Preisniveaus und Kategorien? 5. Ist Ihre Marke mehr bekannt als beliebt? 6. Ist Ihre Marke stark mit einer Person verbunden, wie z. B. dem Gründer oder einer bekannten Person als Werbeträger? 7. Kommuniziert Ihr CEO oder Eigentümer viel mit der Öffentlichkeit oder mit Medien oder bloggt und twittert er regelmäßig? 8. Fehlt Ihrem Markenmanagement-Team professionelles Know-how in Krisenmanagement, PR oder rechtlichen Grundlagen? 9. Fließt ein hoher Anteil Ihres Werbebudgets in digitale Werbung, die auf den Surfverläufen der Konsumenten basiert? 10. Fahren Sie eine Dachmarkenstrategie, bei der viele Produkte unter demselben Markennamen angeboten werden? Je öfter Sie mit „ja“ antworten, desto stärker ist Ihre Marke Risiken ausgesetzt. Jedes einzelne „ja“ erfordert Aufmerksamkeit und sollte umsichtig gemanagt werden, um mögliche Schäden von der Marke fernzuhalten.

fand seine Marken plötzlich auf rechtsextremen YouTube-Seiten und reduzierte daraufhin die Ausgaben für digitale Werbung um 140 Millionen $. Markenmanager müssen sich entscheiden: Sie können dem digitalen Datenverkehr folgen und akzeptieren, dass sie bei höherem Risiko vielleicht mehr erreichen, oder sie können ver­ suchen, dem Unsicherheitsfaktor aktiv zu begegnen, indem

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / Branding und Risiko

abbildung 3:

Der richtige Mindset für erfolgreiches Markenrisikomanagement weit gefasste Marketing-Kompetenzen

proaktiv

sie wach­samer sind. Mit der Abgabe von Verantwortung an maschinelles Lernen sollte man gleichzeitig Systeme installie­ ren, die Platzierungen prüfen, um das Markenreputationsrisiko zu verringern. Eine andere Möglichkeit zur Eindämmung die­ ses Risikos ist ein ausbalanciertes Werbeportfolio, das leichter kontrollierbare, unternehmensgesteuerte und traditionelle Werbung mit digitaler und individuell zugeschnittener, aber weniger leicht steuerbarer Werbung kombiniert.

Das Wachstumsgebot     Aktionäre fordern Ertragswachs­ tum und deshalb sind viele Unternehmen nahezu süchtig nach dem Ausbau ihrer Portfolios – sei es durch Mergers und Acquisitions, durch Produkteinführungen oder Markenerwei­ terungen. Die Entscheidungen darüber, wie neue Marken in die bestehenden Ökosysteme bzw. Markenarchitekturen ein­ gebaut werden, fallen oft eher spontan als strategisch durch­ dacht. Solche Ad-hoc-Architekturen sind ein Risikofaktor, den Manager gerne unterschätzen. Anders als oft von der Marktforschung prognostiziert, stellt gemäß unserer Forschung eine Submarkenstrategie keine Risikolimitierung, sondern ein erhöhtes Risiko dar. Von allen Markenarchitekturen ist die Submarkenstrategie, wie sie bei­ spielsweise Apple mit seinen I-Produkten oder BMW mit seinen 7er-, 5er- und 3er-Serien fährt, die riskanteste. Manager, die diese Variante wählen, wiegen sich in falscher Sicherheit vor Kannibalisierung, Verwässerung oder Überdehnung. Tatsächlich sind es gerade die vermeintlichen Pluspunkte – Märkte breiter

selbstkritisch

bedienen zu können und in kategoriefremde Märkte einzu­ treten, die das Risiko steigern. Endorsed-Branding-Architekturen wie Post-it Notes von 3M schaffen mehr Distanz zur Unternehmensmarke. Zur Risiko­ kontrolle ist diese Markenstrategie besser geeignet, aber die Markenbildungskosten sind höher und die erwartbaren Rück­ flüsse niedriger. Wer die beste Risikosteuerung anstrebt, sollte eine House-ofBrands-Strategie forcieren, bei der mehrere unterschiedliche Markennamen eingeführt werden, auch wenn das zulasten möglicher Erträge geht. Wer meint, eine bessere Risikokontrolle durch eine diversifizierte Markenarchitekturstrategie zu errei­ chen, sollte lieber noch einmal darüber nachdenken: Ein hybrider Mix ermöglicht leider keine bessere Risikosteuerung.

Wie man erfolgreich eine Markenrisikoperspektive implementiert     Marken nach Risikogesichtspunkten zu mana­ gen, funktioniert anders als nach Ertragskriterien. Je exponierter die Marke in puncto Risiko ist (siehe Box 2 für eine Abschätzung des eigenen Markenrisikoprofils), desto mehr Aufmerksamkeit sollten die Führungskräfte dem Thema widmen. Vor allem drei grundsätzliche Einstellungen sind wichtig, wenn man Risikoden­ ken in die Marketingphilosophie integrieren will. > D efinieren Sie Marketingkompetenzen nicht zu eng     Risikobewusste Manager müssen die Fähigkeiten neu definieren, die Marketingkompetenz ausmachen. Krisen­


Branding und Risiko / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

management bildet das Rückgrat des Rüstzeugs und ist in den heutigen hypersensiblen Märkten weit mehr als ein Notfallplan. Fast täglich ist die Krisenfeuerwehr gefragt, um Markenbedeutungen mit Konsumenten auszuverhandeln und in trockene Tücher zu wickeln. Der Wert einer Marke kann heute durch einen einzigen Tweet, ein FacebookPosting oder einen populären Blog urplötzlich bedroht sein. Identifizieren Sie deshalb die spezifischen Risiken, die Ihre Marke betreffen. Beurteilen Sie deren Gefahrenpotenzial. Entwickeln Sie Aktionspläne für die entsprechenden Risiken. Holen Sie sich für die Ausbildung Ihrer Markenmanager PRund Medienspezialisten, die verstehen, wie man Marken am besten im Alltag verankert. Heuern Sie Rechtsexperten an, die Risikomanagement kennen und können. Verstärken Sie Ihr Team mit Soziologen, die das Wesen und die Dynamiken von co-kreierten Marken verstehen. > B leiben Sie selbstkritisch     Risikomanagement kon­ zentriert sich auf Gefahren, Schwächen und wunde Punkte anstatt darauf, Verkaufszahlen anzukurbeln. Das erfordert eine selbstkritische Denkweise und den Willen zu akzep­ tieren, dass konventionelles Wissen vielleicht nicht immer zum Ziel führt. In der Welt des Risikos kann Bekanntheit ein Nachteil sein und Markenerweiterungen können Markenwert zerstören. Eine durchmischte Portfolio-Strategie eignet sich nicht unbedingt zum Wegdiversifizieren von Risiken. Ein Risikomanager darf in einem Spiel, dessen Regeln sich lau­ fend ändern, keine vorschnellen Schlüsse ziehen. Jede Aktivi­ tät sollte im Nachhinein genau analysiert werden, um deren strategische Fehler zu erkennen. > Handeln Sie proaktiv     Für eine effektive Risikosteue­ rung im Branding müssen Manager die einzelnen Risiken sys­ tematisieren. Eine solche Risikoevaluierung zeigt nicht nur markenindividuelle Angriffspunkte, sondern auch kategorie­ spezifische Risikoprofile, die als Input für Marketingentschei­ dungen wesentlich sind. Luxusmarken und ihr exklusives Image sind am verwundbarsten gegenüber Verwässerung. Lifestyle-Marken hingegen sind Reputationsrisiken stärker ausgesetzt, weil sie eng mit kulturellen, oft heiß diskutierten Werten verknüpft sind. Personenmarken wie Martha Stewart stehen wiederum anderen Herausforderungen gegenüber als klassische Konsumprodukte: Menschen sterben, haben Freunde und Familie, und diese Faktoren beeinflussen die Bilanz aus Chancen und Risiken. Auch die Art der Beziehung, die Menschen mit Marken verbindet, ist für Risikoüberlegun­ gen wichtig. Hupp, Robbins und Fournier (S. 58) beschreiben „gefährdete“ Beziehungen, die vor allem in Krisen besondere Aufmerksamkeit benötigen, um negative Auswirkungen auf den Markenwert zu minimieren. Hanssens, Fischer und Shin (S. 46) zeigen, dass Marketingmanager auch die Wechsel­ wirkungen zwischen Marketingentscheidungen und Cash­

flow-Volatilität beachten sollten, und geben Empfehlungen für die Steuerung dieses Volatilitätsrisikos. Die Chancen und Risiken im Markenmanagement sind genauso untrennbar miteinander verbunden wie Licht und Schatten. Die Schattenseiten zu sehen – ihre möglichen Formen, Schattie­ rungen und die Winkel, aus denen sie kommen – hilft bei der Vorbereitung und verhindert, dass man im Dunkeln stolpert.

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LITERATURHINWEISE Fournier, Susan and Avery, Jill (2011): “The Uninvited Brand”, Business Horizons, Special Issue: Social Media, 54 (May/June), 193 – 207. Hsu, Liwu; Fournier, Susan and Srinivasan, Shuba (2016): “Brand Architecture Strategy and Firm Value: How Leveraging, Separating, and Distancing the Corporate Brand Affects Risk and Returns”, Journal of the Academy of Marketing Science, 44 (2), 261 – 280. Madden, Thomas J.; Fehle, Frank and Fournier, Susan (2006): “Brands Matter: An Empirical Demonstration of the Creation of Shareholder Value through Brands”, Journal of the Academy of Marketing Science, 34 (2), 224 – 235. Srinivasan, Shuba and Hanssens, Dominique M. (2009): “Marketing and Firm Value: Metrics, Methods, Findings and Future Directions”, Journal of Marketing Research, 46 (3), 293 – 312. Srinivasan, Shuba; Hsu, Liwu and Fournier, Susan (2012): “Branding and Firm Value”, The Handbook of Marketing and Finance, S. Ganesan and S. Bharadwaj (eds.), Northampton, MA: Edward Elgar Publishing, 155 – 203.

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NEWS


Marken und Fake News / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

Wie Fake News Marken gefährden und wie man gegensteuern kann Pierre Berthon, Emily Treen und Leyland Pitt

keywords

Postfaktisch, Fake News, Markenmanagement, Marke als Prozess • autor_innen

Pierre R. Berthon Professor of Information Design and Corporate Communication McCallum Graduate School of Business, Bentley University Waltham, MA.USA pberthon@bentley.edu Emily Treen Beedie School of Business, Simon Fraser University, Vancouver, BC, Kanada Leyland F. Pitt Dennis F. Culver EMBA Alumni Chair of Business, Beedie School of Business, Simon Fraser University, Vancouver, BC, Kanada lpitt@sfu.ca

Das postfaktische Zeitalter als Umfeld     In einer post­ faktischen Zeit wird der Wahrheitsgehalt einer Aussage primär gefühlsmäßig beurteilt. Jeder zimmert sich die Welt nach seinen eigenen Vorstellungen – oft, ohne besonderen Wert auf objek­ tiv getroffene und überprüfbare Aussagen zu legen. Oft spielen Marketingclaims und postfaktische Halbwahrheiten zusammen und finden sich in unterschiedlichen Kombinationen in Main­ stream- und sozialen Medien. Besonders Fake News können Marken nicht nur Probleme machen, sondern ein echtes Risiko darstellen. Fake News sind zwar kein neues Phänomen, aber ihr Ausmaß hat in der letzten Zeit massiv zugenommen. Ironi­ scherweise hat uns gerade das Informationszeitalter auch die Zeit der Missinformationen beschert. Wo Menschen sowohl ihre bevorzugten Inhalte als auch ihr soziales Umfeld auswählen, kommt es zu einer Festigung von Meinungen und Ansichten, die sich wie in einer Echo-Kammer selbst verstärken. SocialMedia- und Internet-Wahrheiten sind deshalb mehr populär als wahr. Wahrheit wird immer mehr zu „meiner“ Wahrheit. Sowohl die Entstehung als auch die Verbreitung von Fake News wird so gefördert. Marken und Fake News     Marken können direkt und indi­ rekt mit Fake News interagieren. In manchen Fällen sind Marken ihr Opfer, in anderen aber auch ihr Botschafter (siehe Abb.1). Ein direkter Zusammenhang besteht, wenn Marken Fake News finanzieren oder inhaltlich in deren Zentrum stehen. Indirekt kann es zu Imagetransfers kommen, wenn einerseits Fake News eine Marke kontaminieren oder andererseits eine Marke den Fake News mehr Glaubwürdigkeit verleiht. Marken als Opfer von Fake News     Manchmal werden Marken eher zufällig Opfer von Fake News. Kurz vor den US-Prä­ sidentschaftswahlen 2016 fiel zum Beispiel die Pepsi-Aktie um

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / Marken und Fake News

abbildung 1:

Wie Marken mit Fake News zusammenspielen ERMÖGLICHEN

legitimieren FAKE NEWS

MARKEN kontaminieren

direkter Einfluss indirekter Einfluss ZIELSCHEIBE

ca. 4 %, weil eine Falschmeldung im Internet kursierte, wonach Pepsis CEO Indra Nooyi gesagt hätte, dass Trump-Unterstützer „ihre Geschäfte mit jemand anderem machen sollten“. Wenn Marken in Zusammenhang mit Fake News aufscheinen, können sie beschädigt oder kontaminiert werden und dem gefakten Inhalt gleichzeitig mehr Glaubwürdigkeit verleihen. Jemand, der einen Bericht über eine angebliche Affäre zwischen Yoko Ono und Hillary Clinton las, könnte die Geschichte deshalb als glaubwürdig eingestuft haben, weil die Seite mit der Meldung klar erkenntlich von Fiat-Chryslers Ram-Trucks-Marke gespon­ sert war. Mit negativen Konsumentenreaktionen müssen auch Marken rechnen, die zweifelhafte oder irreführende Nachrich­ ten unterstützen. Kellogg’s z. B. sah sich gezwungen, sein Sponsoring der für „alternative Fakten“ bekannten BreitbartSeite einzustellen.

Marken als Botschafter von Fake News     Andererseits können Marken Fake News auch selbst propagieren. In ihrem Bestreben nach immer größeren Reichweiten setzen sie gerne auf die populärsten Themen und Storys – egal, ob diese richtig oder falsch sind. Ironischerweise fördern sie damit sogar deren explosionsartige Verbreitung: Fake News bringen Frequenz und Frequenz bringt weitere Werbeinteressenten.

Marken finanzieren Fake-News-Seiten, weil sie zu Werbezwe­ cken generell beliebte Seiten mit hoher Frequenz anvisieren. Auch über Search-basiertes Profiling können Marken auf zwei­ felhaften Seiten landen, wenn diese viele Besucher anziehen.

Markenmanagement in einer post-rationalen Welt     Durch die Vermittlung subjektiver Wirklichkeiten (siehe Box 1) setzen sich Marken selbst einem Risiko aus. Allerdings gefährden die Unmengen an sonstigen Fake News, die typisch für unsere postrationale Gesellschaft sind, Marken noch viel mehr. Um mit beiden Risikoquellen richtig umzugehen, schla­ gen wir zwei unterschiedliche Lösungswege vor: technische Lösungen, die Fake News aufspüren und umgehen helfen, und systemische Schritte, die das übliche Markenmanagement überdenken. Sie stellen einen neuen Zugang zu Marken dar, der sie gewissermaßen gegen Fake News immunisiert, indem er eine bessere Vertrauensbasis mit den eigenen Stakeholdern fördert. Technische Lösungen, um die Beschädigung von Marken zu verhindern     Durch technische Maßnahmen können alle vier Formen des Zusammenspiels von Marken und Fake News angegangen werden, die in Abbildung 1 dargestellt sind:


Marken und Fake News / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

ermöglichen, legitimieren, kontaminieren und Zielscheibe sein. Natürlich hängt das Ermöglichen durch entsprechende Finan­ zierung mit dem Legitimieren und Kontaminieren zusammen und sollte in doppelter Hinsicht angegangen werden. Erstens kann man versuchen, die Platzierung von Markenwerbung im Dunstkreis von Fake-News-Berichten zu minimieren, und zwei­ tens muss man sich Möglichkeiten der Schadensbegrenzung überlegen, wenn es doch zu Überlappungen kommt. Um möglichst selten Markenwerbung im Umfeld von Fake News zu platzieren, muss die Methodik der gezielten Kundenanspra­ che modifiziert werden. Von Logarithmen angesteuerte Seiten sollten von geschulten Beobachtern überprüft werden, ähnlich wie auch Wikipedia zweifelhafte Inhalte überprüft. Längerfristig könnten menschliche Beobachter durch Deep-Learning-AI-Pro­ gramme unterstützt werden, denen man die Identifikation von Fake News beigebracht hat. Zusätzlich könnte man auch Konsu­ menten dazu anhalten, Fake News zu identifizieren und zwei­ felhafte Inhalte und ihr Webumfeld entsprechend zu markieren.

Wenn eine unglückliche Platzierung von Markenwerbung im Dunstkreis von Falschmeldungen passiert, gibt es wiederum zwei Möglichkeiten der Abhilfe: Einerseits kann man Kon­ sumenten darüber informieren, dass die Platzierung durch automatisierte Algorithmen ausgelöst wurde. Das könnte auf ähnliche Art und Weise funktionieren, wie Firmen momentan vor Pishing-Attacken warnen. Andererseits könnte man Mar­ kenwächter einsetzen, die Manager alarmieren, sobald unpas­ send platzierte Markenwerbung aufscheint.

Systemische Zugänge, um Fake-News-Risiken zu reduzieren     Bei den systemischen Lösungen geht es um ein grundsätz­ liches Überdenken von Marken und deren Management. Wer so vorgehen will, sollte sich zunächst lange und schonungslos einen Spiegel vor Augen halten und sich ehrlich eingestehen, dass auch die Geschäftswelt ein wesentlicher Mittäter bei der Schaffung unserer post-rationalen Kultur war und ist (siehe Box 1). Viel zu oft wurden die Marken, losgelöst von der Rea­ lität und ihren eigentlichen Leistungen, selbst zum Maß aller

{ Box 1}

IST DAS MARKETING KOMPLIZE EINER POSTFAK TISCHEN KULTUR? Sind Marketingverantwortliche Teil des Problems oder deren Opfer? Ein rascher Blick auf die Ursprünge des modernen Marketings zeigt, dass die Entwicklung ihren Lauf nahm, als das Angebot an billigen Massen­ produkten langsam die Nachfrage übertraf. Die verwendeten Verkaufsargumente wandelten sich von rein funktionalen Eigenschaften zur Kreation und Vermarktung neuer Realitäten, von Gefühlen über Lifestyles bis zu ganzen Markenwelten: Seifen „retten die Welt“ und Getränke bringen „Glück und Frieden“. Marketing­ manager wurden so zu den wichtigsten kulturellen Trägern von postfaktischen, subjektiven Wirklichkeiten. Eine andere durchaus übliche Marketingpraktik wurde das, was man heute als Betteridges Gesetz kennt: Demnach kann jede Headline, die als Frage formuliert ist, guten Gewissens mit „Nein“ beantwortet werden. Das Gesetz geht auf den britischen Journalisten Ian Betteridge zurück. Es behauptet, dass Medien nur dann ihre Überschriften als Frage formulieren, wenn sie nicht genügend Fakten besitzen, um eine Aussage zu unter­ mauern. Ein ähnliches Phänomen können wir in der Werbung beobachten: „Have you driven a Ford lately?“ „Did someone say McDonalds?“ „Pardon me, do you have any Grey Poupon?“ Die meisten dieser Antwortmit-hoher-Wahrscheinlichkeit-nein-Fragen waren einmal bekannte Slogans berühmter Marken. Durch den Einsatz solcher Aufhänger versuchen Marken einen Eindruck zu erwecken, den sie nicht wirklich nachweisen können. Auch diese Praktik zeigt, dass Marken schon lange Botschafter von subjektiven Wirklichkeiten und postfaktischen Realitäten waren.

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / Marken und Fake News

{ Box 2 }

MARKEN ALS WAHRNEHMUNGSPROZESSE – EIN NEUES MARKENKONZEPT FÜR EINE POSTFAK TISCHE WELT Die American Marketing Association definiert eine Marke als Name, Begriff, Zeichen, Symbol oder als sonstiges Merkmal, das eine Organisation oder ein Produkt aus der Sicht der Konsumenten von Mitbewerbern unterscheidet. Wir schlagen hingegen vor, eine Marke eher als kognitives Konstrukt zu betrachten, das laufend aktualisiert wird und Kunden einlädt, entsprechende Angebote in spezifischer Weise zu erleben. Dieses Konstrukt ändert sich durch das, was Kunden erleben. Marken entwickeln sich deshalb weiter, weil Unternehmen und Kunden diese Entwicklung gemeinsam in Form einer Prozess-Partnerschaft vorantreiben. Der Psychologe Ulric Neisser zeigt einen Wahrnehmungskreislauf, der die Wahrnehmungsentwicklung bezüglich eines Objekts wie z. B. einer Marke beschreibt. Während traditionelle Theorien Wahrnehmung als passiven Akt betrachten, beschreibt Neisser Wahrnehmung als konstruktive Tätigkeit. Reize der Außenwelt werden gefiltert und dann entweder betrachtet, ignoriert oder weiterverarbeitet. Die Umwelt wird aktiv gescannt und nach spezifischen Informationen abgetastet. Dadurch kann sich das ursprünglich dominierende Schema ändern (siehe Abb. 2)

abbildung 2:

Markenwahrnehmung als aktive Konstruktion von Wirklichkeit

UMWELT

selektiert

verändert

MARKE KOGNITIVES SCHEMA

WAHRNEHMUNGS­ PROZESS

steuert

(adaptiert aus: U. Neisser, Cognitive Psychology: Classic Edition (Hove, UK: Psychology Press, 2014)

Marken kann man sich also als kognitive Konstrukte vorstellen, die Kontaktpunkterfahrungen lenken, selektieren oder fördern. BMWs „Freude am Fahren“ lenkt die Wahrnehmungen der Konsumenten auf das Fahrerlebnis. Ein Kunde, der einen BMW fährt, vergleicht dieses Schema mit der tatsächlichen Produkterfahrung. Eine Fluglinie, die wie United Airlines mit „Fly the friendly skies“ wirbt und dann, wie kürzlich, mit Gewalt einen Passagier aus einem Flugzeug zerrt, fällt im Realitätstest allerdings glatt durch.


Marken und Fake News / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

Dinge. Toyota wurde allerdings nicht durch die Vermittlung von Magie zum bedeutendsten Autoproduzenten, sondern durch das Fabrizieren zuverlässiger Autos. Tesla ist nicht durch sein Versprechen ökologischer Nachhaltigkeit aus dem Nichts zum größten Produzenten von Elektroautos aufgestiegen. Sie erreichten diese Position, weil die elektrischen Autos besser waren als die benzingetriebenen – auch wenn der ökologische Gedanke geholfen hat. Nicht die Marken an sich sind das Maß aller Dinge, sie sind nur ein Ausdruck außergewöhnlichen Angebots. Natürlich können sie als Rahmen für interpretative Spielräume fungieren, aber sie schaffen keine einheitlichen Wirklichkeiten, wie viele zu glau­ ben scheinen. Indem man Marken nicht als Objekte, sondern als Prozesse und insbesondere als Wahrnehmungsprozesse betrachtet, kann man einen anderen Managementzugang wählen (siehe Box 2).

Wie kann man in einer postfaktischen Welt Marken erfolgreich managen?      Um das Markenrisiko in einer postfaktischen Welt zu minimieren, schlagen wir Managern vor, Marken eben nicht als Objekte, sondern als Prozesse zu betrachten (siehe Box 2). Dabei sollten sie die folgenden Emp­ fehlungen beherzigen: > G estalten Sie alle Markeninteraktionen mit großer Sorgfalt     Marken lenken die Art und Weise, in der Kunden mit Angeboten interagieren. Sie streichen bestimmte Eigen­ schaften hervor, während sie andere nur streifen. Manager sollten sehr genau prüfen, was ihre Marken versprechen, vermitteln und auslösen. > B erücksichtigen Sie den Kontext, in dem sich Interaktionen abspielen      Wahrnehmung ist ein akti­ ver Prozess. Erlebnisse mit Marken werden durch die Markenschemata der Konsumenten und das jeweilige Umfeld beeinflusst. Apple versteht, wie wichtig es ist, den Interaktionsrahmen zu gestalten. Apple Stores sehen anders aus und vermitteln ein anderes Feeling, sie spiegeln „think different“ wider. Sie laden auch dazu ein, die Produkte in einem entspannten Umfeld auszuprobieren, in dem zugleich Rat und Hilfe angeboten werden. > Unterziehen Sie Markenversprechen einem Realitätscheck     Jede Markenerfahrung muss ins Markenschema passen. Wenn Unternehmen nicht halten, was sie verspre­ chen, sind die Konsequenzen negativ. BP versuchte, sich mit „Beyond Petroleum“ zu branden, um den Eindruck zu vermitteln, man wolle unterschiedliche neue Energiequellen

über das traditionelle Ölgeschäft hinaus forcieren. Tatsäch­ lich wurde nur ein minimaler Anteil der F&E-Mittel alternati­ ven Energiequellen zugeteilt. Der Deepwater-Horizon-Unfall hat die allgemeine Desillusionierung bezüglich BP noch ver­ stärkt, und so wurde „Beyond Petroleum“ nur mehr als eher lässige Art der Umweltverschmutzung interpretiert. > Rechnen Sie damit, dass sich Konsumenten an der Entwicklung der Markenbedeutung beteiligen     Zu guter Letzt sollten sich Markenmanager bewusst sein, dass es um den Wahrnehmungskreislauf des Konsumenten geht und nicht um den eigenen. Firmen können zwar ein Markenzei­ chen besitzen, nicht aber das Schema einer Marke im Kopf der Konsumenten. /.

LITERATURHINWEISE Andrews, T. (2016): “Kellogg, Citing ‘Values,’ Joins Growing List of Companies That Pledged to Stop Advertising in Breitbart New”, Washington Post, November 30, http://wapo.st/2gJ9cp5 Kirkpatrick, D. (2016): “Ad Placements on Fake News Sites Continue to Befuddle Brands”, Marketing Drive,(December, 9). Murtha, J. (2015): “Can You Really Tell an Entire Story in a Headline?” Columbia Journalism Review, (Sept – Oct, 6).

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PROBLEM

STARKE MaRKE


Negatives Markenwissen / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

Markenbekanntheit birgt Risiken: Der Fluch negativen Markenwissens Chip Walker

keywords

Markenwissen, Markenrisiko, Y&R Brand Asset Valuator • autor

Chip Walker Chip Walker Brand Strategy walker.chip@gmail.com

Kennen heißt nicht unbedingt mögen     Marketer haben oft gelernt, dass es immer eine gute Sache ist, wenn möglichst viele Menschen eine Marke kennen, und dass es so etwas wie schlechte Publicity gar nicht gibt. Der saloppe Ratschlag: „Hauptsache, der Name wird richtig buchstabiert!”, illustriert diese Denkweise. In der heutigen Welt kann Mehrwissen über eine Marke aber auch dazu führen, dass sie schlechter beurteilt wird. Anstatt die Marke zu unterstützen, kann größere Ver­ trautheit zusätzliche Risiken bergen. Dieses Phänomen wird als „negatives Wissen” bezeichnet. Vertrautheit bedeutet dabei nicht nur die Bekanntheit der Marke oder das Sicherinnern an den Markennamen. Sie bezieht sich auf alle Faktoren, die Men­ schen über eine Marke wissen oder zu wissen meinen. Die Quellen des Markenwissens reichen von persönlichen Erfahrungen über gelesene oder gehörte Nachrichten bis zu Online-Konversationen oder im Freundeskreis weitergetragene Neuigkeiten. Das Phäno­ men des negativen Markenwissens betrifft unterschiedlichste Branchen: private Fernsehsender, die polarisieren; Banken, deren versteckte Gebühren regelmäßig für Unmut sorgen, oder Flugli­ nien, deren Kabinenpersonal ungünstig agiert und viele Passa­ giere aufregt. Erschwerend kommt hinzu, dass man zunehmend mit einer rasanten Verbreitung negativer Erfahrungen rechnen muss, da Konsumenten ihre üblen Erlebnisse sofort online über Twitter, Facebook oder Beurteilungsportale wie Rotten Tomatoes oder Yelp teilen. Warum Markenvertrautheit problematisch sein kann     Im Sprachgebrauch des BAV spricht man von ,negativem Wissen’, wenn der Wert bei Vertrautheit über dem Wert für Wertschätzung liegt. Das bedeutet nämlich, je größer das Wis­ sen der Konsumenten über eine Marke ist, desto weniger mögen sie diese. Für solche Konstellationen gibt es zahlreiche Gründe.

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / Negatives Markenwissen

{ Box 1}

WIE SICH MARKENVERTR AUTHEIT GEMÄSS DEM Y&R BR AND ASSET ® VALUATOR AUSWIRK T Vor über 20 Jahren entwickelte Young&Rubicam seinen Brand Asset ®Valuator (BAV), der das weltweit meistge­ nutzte Instrument zur Beurteilung von Markenstärke ist. Der BAV ermöglicht es Managern, die Bedeutung von Markenvertrautheit und drei anderen Einflussfaktoren für die Stärke einer Marke zu verstehen: Wertschätzung, Relevanz und Differenzierung (siehe Abb. 1). Hunderte Studien mit Tausenden von Marken haben den BAV-Forschern gezeigt, dass diese Eckpfeiler je nach Konstellation die Stärken und Schwächen einer Marke aufzeigen. Die Risiken variieren entsprechend des Wertes pro Bereich und es bedarf unterschiedlicher Maßnahmen, damit eine Marke erfolgreich sein kann/ist/wird. Die stärksten Marken erreichen auf allen vier Dimensionen hohe Werte. Eine relevante, aber wenig differen­ zierte Marke muss an ihrer Einzigartigkeit arbeiten, um nicht zu einem Massenprodukt zu werden. Ein hoher Vertrautheitswert hat sich als Risikofaktor erwiesen, wenn auf den anderen Dimensionen niedrigere Werte erreicht werden.

abbildung 1:

Kernbereiche des Y&R Brand Asset Valuator

DIFFERENZIERUNG

Wie stark hebt sich die Marke ab?

RELEVANZ

Welche Bedeutung hat die Marke für den Einzelnen?

MARKENKRAFT

MARKEN­STÄRKE WERTSCHÄTZUNG

Wie sehr wird die Marke geschätzt?

MARKENSTATUR

VERTRAUTHEIT

Wie vertraut ist die Marke?

Abbildung aus http://www.valuebasedmanagement.net/methods_brand_asset_valuator.html


Negatives Markenwissen / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

Die Marke ist peinlich     Manche Marken mit dieser Kon­ stellation sind sogenannte „Embarrassment Brands“. Beim Kaufen oder Nutzen solcher Marken erwischt zu werden, ist Konsumenten ein wenig peinlich. Boulevardblätter wie die Bild-Zeitung oder zum Beispiel Restaurants wie Hooters können dieser Kategorie zugeordnet werden. Schlechte Erfahrungen als Kunde     Andere Marken mit diesem Muster sind nicht gesellschaftlich stigmatisiert, aber werden/sehen sich immer wieder mit als negativ empfundenen Kundenerlebnissen oder schlechtem Kundenservice konfron­ tiert. Im Dienstleistungsbereich sind Fluglinien oder Telekom­ munikationsanbieter gute Beispiele für dieses Phänomen, im Handelsbereich Baumärkte.

» In der heutigen Welt kann Mehrwissen über eine Marke auch dazu führen, dass sie schlechter beurteilt wird. «

Gesellschaftlich negativ besetzte Unternehmenspraktiken     Wiederum andere Marken mit einer negativen Wissens­ konstellation haben Reputationsprobleme – oft, weil sie „Sün­ den“ begehen. Ihnen werden unlautere Motive unterstellt, wie zum Beispiel vielfach den Banken. Auch Marken, die im Ölbusi­ ness oder der Tabakindustrie tätig sind, werden eher gesell­ schaftsschädigend als heilbringend wahrgenommen. Anders, aber schlechter     In manchen Fällen ist die Bekanntheit größer als die Wertschätzung, aber die Kunden/ Nutzer differenzieren auch stark. Das bedeutet, dass die Marke besonders ist, aber in unangenehmer Art und Weise. Aus irgendeinem Grund scheinen diese Marken Konsumenten auf dem falschen Fuß zu erwischen. Angry Birds, Hello Kitty oder Crocs sind Beispiele in dieser Kategorie. Andererseits gibt es vereinzelt auch Marken, die von negativem Wissen profitieren. Dazu zählen beispielsweise mit Sensationen arbeitende Marken wie die Jerry-Springer- oder die HowardStern-Show. Dass sie manche Menschen irritieren, ist Teil ihrer Attraktivität für andere. Solche Marken sind allerdings Ausnah­ men. Die meisten Marken, die mit negativem Wissen konfron­ tiert sind, müssen und wollen etwas dagegen unternehmen.

Was kann man gegen negatives Markenwissen unter­ nehmen?     Leider gibt es bei diesem Thema keinerlei Schnellreparaturen. Es existiert keine Liste mit fünf Schritten oder vier Punkten „Wie man …“, die das Problem in Luft auf­ lösen. Wir kennen Marken, die jahre- oder gar jahrzehntelang an diesem Negativimage leiden, und manche gehen unter der Last dieses Problems auch zugrunde. Oldsmobile war so ein Fall – allseits bekannt, aber nicht in der Lage, sein ältliches Image abzulegen. Andere Marken wiederum scheinen besser aufge­ stellt, um die negative Aura abzuschütteln – oder befinden sich zumindest auf einem guten Weg in die richtige Richtung. Box 2 zeigt drei Beispiele solcher Marken, die das Problem jeweils aus einer anderen Richtung heraus angehen. Überlegen Sie gut, was Sie sich wünschen     Vor ein paar Jahren war ich bei BAV für eine Analyse zuständig, bei der wir über einen Zeitraum von 15 Jahren Muster erforscht haben, um die Veränderung von Markenwert zu erklären. Unter den inter­ essantesten Erkenntnissen war, dass bei keinem der ­wichtigsten

» Was Konsumenten einmal über eine Marke gelernt haben, ist kaum zu „ent-lernen“. «

Marke

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / Negatives Markenwissen

{ Box 2}

WIE VERSCHIEDENE MARKEN IHRE PROBLEME MIT NEGATIVEM MARKENWISSEN BEK ÄMPFEN Burberry: Erfinde dich neu. Die frühere Vorstandsdirektorin von Burberry, Angela Ahrendts, schrieb in der Harvard Business Review: „Im Luxussegment bist du tot, wenn du überall verfügbar bist – es bedeutet, dass du kein Luxus mehr bist. Und wir waren dabei, überall erhältlich zu sein.“ Burberry hatte Lizenzen für alle Produkte von Kleidung bis zu Hunde­ halsbändern vergeben und warf seine klassischen Trench­ coats in Outlet-Centern zu Diskontpreisen auf den Markt. Burberry war zu einer faden, müden Marke mutiert, die vielleicht der eigene Vater oder Großvater tragen würde. Ahrendts heuerte einen „Markenzar” an, der fortan alles autorisieren musste, was der Kunde von der Marke zu sehen bekam. Ihre Strategie setzte auf eine Stärkung des historischen Markenkerns „Britishness“ und knüpfte unmittelbar am Ethos des ikonischen Trenchs an, indem sie diesen in stylischer Art und Weise für das Luxusseg­ ment weiterentwickelte. Die Neupositionierung dauerte mehrere Jahre, ging aber letztendlich auf. 2011 schien Burberry im Interbrand Ranking als die am viertschnells­ ten wachsende globale Marke auf (hinter Apple, Google und Amazon). Coca-Cola: Nutze Omnipräsenz als Plattform. Wie Burberry hatte auch Coca-Cola ein Problem mit seiner Allgegenwärtigkeit, aber ein anderes. Softdrinks wurden vielfach ob ihres hohen Zuckergehalts verteufelt. Als Klas­ siker und Category-Leader musste Coca-Cola besonders viel aushalten. Die globale Marke mit den meisten Konsu­ menten wurde plötzlich zum globalen Dickmacher. 2013 startete Coca-Cola in mehr als 200 Ländern eine Reihe von Gegeninitiativen: Überall gab es nun Null-Kalorien-

Muster rückläufige Markenvertrautheit das Grundproblem war. Das Wissen über Marken blieb ziemlich hartnäckig konstant, auch wenn Wertschätzung, Relevanz und Differenzierung zurückgingen. Das stützt die These, dass negatives Markenwissen eine Gefährdung darstellt: Was Konsumenten einmal über eine Marke gelernt haben, ist kaum zu „ent-lernen”. In Zeiten medialer Fragmentierung, in der alle nach Aufmerksamkeit

Getränke, Nährwertangaben wurden transparent kom­ muniziert, in vielen Ländern wurden Initiativen für mehr Bewegung unterstützt, und Werbung für Kinder unter 12 Jahren wurde durchgängig verboten. Coca-Colas globale Marketingpower wurde in den Dienst solcher Initiativen gestellt, und seither wird versucht, die Marke als Ursa­ che globaler Verfettung zu einem Vorreiter für gesunde Lebensweise zu machen.

Wal-Mart: Verfolge ein höheres Ziel. Durch seine Tiefpreispolitik entwickelte Wal-Mart das Image eines 500-Kilo-Gorillas, dem reihenweise kleine Familien­betriebe zum Opfer fielen. Aber nicht nur das. Viel Spott erntete die Kette auch auf Verulkungsportalen wie, People of Walmart.com’, die Wal-Mart als Laden für Minderbemittelte porträtierten, mit denen sich niemand identifizieren wollte. Ab Mitte der 2000er-Jahre begann Wal-Mart seine „Always Low Prices”-Positionierung zu überdenken und verknüpfte diese Kernleistung mit einem höheren Zweck: Es sollte nicht mehr nur um das Sparen von Geld gehen, sondern um die Unterstützung eines bes­ seren Lebens. Die Werbung wurde differenzierter und ver­ knüpfte die niedrigen Preise mit einem gesellschaftlichen Ziel. Gleichzeitig adaptierte man das Shop-Design und die Merchandisingstrategie und verhalf so der Wal-MartMarke zu einem Turnaround. Später begann die Marke, sich zusätzlich im Bereich Social Responsibility zu enga­ gieren. Wal-Mart startete beispielsweise Initiativen, die das Wohlergehen von Nutztieren in Zulieferbetrieben for­ cierten. Wal-Mart ist noch nicht über den Berg, aber man sieht eindeutige Fortschritte. Die Marke wird inzwischen mit mehr als nur kleinen/geringen Preisen assoziiert.

für ihre Marken heischen, sollten jedem auch die möglichen Schattenseiten des Ruhms bewusst sein. Es ist kaum möglich, einen Geist wieder in seine Flasche zurückzuverbannen oder Zahnpasta zurück in die Tube zu drücken. Unklare Markenbilder sollte man zwar vermeiden, aber das, was Kunden über eine Marke wissen, kann auch mehr schaden als nützen.

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / Human Brands

CHANEL

Human Brands: Worauf man achten sollte, wenn aus Menschen Marken werden Susan Fournier und Giana Eckhardt

keywords

Human Brands, Personenmarken, Risiko • autorinnen

Susan Fournier Senior Associate Dean, Questrom Professor in Management, and Professor of Marketing, Boston University, Questrom School of Business, Boston, MA, USA fournism@bu.edu Giana Eckhardt Professor of Marketing, Royal Holloway University of London, Egham, Surrey, England giana.eckhardt@rhul.ac.uk

Human Brands: Wirkungsvoll und riskant     Human Brands bzw. Personenmarken wie Calvin Klein und David Beckham – Marken, die gleichzeitig Personen und produktifizierte, im Handel befindliche Marken sind – können äußerst wirksam und hochriskant zugleich sein. Einerseits sind sie attraktiv, weil sie über ein hohes Maß an Authentizität verfügen und mit kultureller Bedeutung aufgeladen sind, die andere Marken nur schwer erlangen können. Sie erreichen die Resonanz, Differen­ zierung und persönliche Betroffenheit, die Marken benötigen, um in unserer heutigen Welt aufzufallen. Andererseits sind personifizierte Marken jedoch gefährlich, weil die menschliche Komponente auch unerwünschte Ereignisse wie Krankheiten oder Fehltritte wahrscheinlicher macht. Ihr Ruf ist stärker gefährdet und kann sich schnell negativ auf Markenerträge auswirken. Wie können nun Manager von der Kraft von Personenmarken pro­ fitieren und gleichzeitig deren immanentes Risiko reduzieren? Wir möchten diese Frage mithilfe einer mittelalterlichen Rechtstheorie beantworten. Der Geschichtsprofessor Kantorowicz hat mit dieser Theorie vor einigen Jahrzehnten zu erklären­


Human Brands / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

{ Box 1}

DIE ZWEI KÖRPER DES KÖNIGS: DASS PERSONENMARKEN EINEN „BODY NATURAL“ UND EINEN „BODY POLITIC“ HABEN, UNTERSCHEIDET SIE VON ANDEREN Wie kann ein König sterblich sein, aber als Rechts­ person („Body Politic“ oder „Public“, wenn wir über Marken sprechen) fortbestehen, wenn der menschliche König („Body Natural“) stirbt? Eine zentrale These dieser Theorie besagt, dass die beiden Körper untrennbar miteinander ver­ bunden sind. Beide Teile haben unterschiedliche Interessen, die sich nicht immer gut vertragen und deshalb gleichermaßen gemanagt werden müssen. Das Zwei-Körper-Gefüge macht klar, was mensch­ liche Marken von anderen unterscheidet: ihre Menschlichkeit – physische und gesellschaft­ liche Realitäten, mentale Einschränkungen und sonstige menschliche Unzulänglichkeiten –, die Risiko bedeuten, aber gleichzeitig große Chancen eröffnen kann. Vier Merkmale des Body Natural können die Balance stören oder zu Diskrepanzen zwischen den beiden Körpern führen: Sterb­ lichkeit, Hybris, Unberechenbarkeit und soziale Verankerung (siehe Abbildung 1). Keine dieser Eigenschaften trifft auf traditionelle Marken zu. Alle vier bergen jedoch Risiken, die aktiv gema­ nagt werden müssen. Unser Ansatz verlangt die Konzentration auf zutiefst menschliche Eigen­ schaften der personifizierten Marke, anstatt Menschen als Marke zu betrachten oder Men­ schen zu käuflichen Marken zu machen.

abbildung 1:

Body Natural und Body Public und ihre Rolle im Human Branding

BODY NATURAL

BODY POLITIC/PUBLIC

EIGENSCHAFTEN

GEFÄHRDEN

Sterblichkeit Hybris Unberechenbarkeit Soziale Verankerung

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / Human Brands

» Personifizierte Marken sind gefährlich, weil die menschliche Komponente auch unerwünschte Ereignisse wie Krankheiten oder Fehltritte wahrscheinlicher macht. «

N H U MA D B RA N

versucht, wie ein König sowohl menschlich als auch eine unsterbliche Rechtsperson sein kann (siehe Box 1).

Die Risiken des Body Natural für eine Marke Sterblichkeit     Diese erste Eigenschaft des Body Natural ist wohl die offensichtlichste: Der Körper eines Menschen ist sterblich, und eine Tages wird der Mensch zur Marke sterben. Unternehmen versuchen deshalb, den Body Natural und den Body Public zu trennen. Eine solche Strategie wird auch vom Aktienmarkt goutiert, da man dort ein Endspiel fordert, das unabhängig von der Vitalität der Person funktioniert. Auch im Fall der Marke „Martha Stewart“ versuchte das Management, die Person Stewart von der Marke Stewart zu distanzieren. Die Strategie schlug fehl: Der Body Natural liefert die primäre Quelle für die Markenbedeutung und kann nicht aus dem Gefüge von Personenmarken herausgelöst werden, ohne den Markenwert zu mindern.

Hybris     Vermeintliche Unfehlbarkeit ist ein weiterer Schlüsselfaktor, der das Risiko von Human Brands steigert. Manche Stimmen behaupten, Hillary Clinton hätte die Wahl ver­ loren, weil Hybris ihren Blick getrübt hätte, und sie nicht mehr klar sah, wie es um ihre Wählerschaft stand. Beinahe täglich kritisieren Medien Donald Trump für seine Hybris, die effektive Entscheidungsfindungen behindert. Hybris privilegiert den Body Natural gegenüber dem Body Public und führt zu einem riskanten Ungleichgewicht. Unberechenbarkeit     Auch die Unberechenbarkeit der menschlichen Natur steigert das Risiko von Human Brands. Manager traditioneller Marken sind darauf getrimmt, den Mar­ keting-Mix so zu planen, dass über Ort und Zeit hinweg kon­ sistente Botschaften ankommen. Beim Gesamtpaket Mensch ist allerdings damit zu rechnen, dass er nicht immer und über­ all „on brand“ ist. Jeder Schritt des Body Natural vermittelt Bedeutung, und die steht nicht nur im Einklang mit der Marken­ positionierung. Allerdings sorgt Unberechenbarkeit auch sehr wirkungsvoll für Authentizität, die traditionelle Marken niemals toppen können. Vom Spannungsfeld zwischen Authentizität und Inkonsistenz kann wohl die Pressesprecherin von Präsident Trump derzeit das beste Lied singen, da täglich auch die mögli­ chen Schattenseiten akut werden können. Soziale Verankerung     Human Brands sind in ein sozia­ les Umfeld eingebettet: Markenpersonen leben in komplexen Beziehungsgeflechten im Familien-, Freundes- und Kollegen­ kreis. Die vielfältigen Vernetzungen verursachen nicht vorher­ sehbare Risiken, denn ein Großteil der kulturellen Bedeutung einer personifizierten Marke resultiert aus dem, was andere über die Marke äußern. Die Beziehung zwischen Konsument und Marke wird intimer, da Konsumenten das Gefühl haben, die reale Person hinter der Marke zu kennen, und nicht nur das gepflegte Image. Was Menschen des sozialen Umfelds preisge­ ben, liegt aber außerhalb des Einflussbereichs eines Marken­ managers. In Martha Stewarts Fall zeichneten die Aussagen von Familienmitgliedern und Angestellten ein Bild, das im krassen Gegensatz zum gepflegten Image von Perfektion und Häuslichkeit stand. Oder Ivanka Trumps Modemarke: Sie leidet unter der Verbindung zu ihrem Vater.


Human Brands / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

Wie man die Risiken von Personenmarken begrenzt und ihre Kraft entfaltet     Um die Risikoursachen bei Perso­ nenmarken ordentlich zu managen, muss man vor allem zwei grundlegende Prinzipien beachten: Konsistenz und Ausgewo­ genheit zwischen den beiden Markenkörpern. > Finden Sie die richtige Balance     Sterblichkeit und Hyb­ ris können das Gleichgewicht stören, sodass einer der beiden Körper zu sehr im Vordergrund steht. Das damit verbundene Risiko kann man durch entsprechende Führungsstrukturen und Nachfolgeplanungen reduzieren. Durch umsichtige Public Relations sollte man vermeiden, dass im Todesfall der Body Public und im Fall von Hybris der Body Natural zu sehr dominiert. > Achten Sie auf Konsistenz     Unberechenbarkeit und soziale Verankerung können zu Diskrepanzen zwischen den beiden Körpern führen – wenn die Person Wein trinkt, wäh­ rend die Marke Wasser predigt. In solchen Fällen für einen Ausgleich zu sorgen, ist eine Kernaufgabe der Manager per­ sonifizierter Marken. Ein gewisses Maß an Inkonsistenz kann die Authentizität und die gefühlte Intimität mit der Marke günstig beeinflussen. Wenn jedoch die Distanz zwischen Body Natural und Body Public zu groß wird und die implizierten Werte den zentralen Positionen der Marke widersprechen, wird es gefährlich. Manager sollten deshalb Markenplattfor­ men vermeiden, die dem Naturell der Person widersprechen oder diese in unrealistischer Weise einschränken. > Ü berprüfen Sie laufend Balance und Konsistenz      Beim Management von Human Brands ist die aktive Führung des Body Natural ein laufender Prozess und nicht nur im Kri­ senfall notwendig. Das Markentracking sollte dafür gut ein­ gerichtet sein. Erhobene Kennzahlen sollten die Risiken von verdeckten oder besonders markanten Bedeutungen des Body Natural sowie Diskrepanzen zwischen kommunizierten und unabsichtlich preisgegebenen Werten der beiden Körper aufzeigen. Ein laufendes Monitoring von Presseberichten, gesellschaftlichen Verbindungen und öffentlichen Funktio­ nen des Body Natural ist hilfreich, um Personen­marken auf Schiene zu halten.

Die Zwei-Körper-Theorie ist ein passender neuer Ansatz, um die Risiken von Human Brands aufzuzeigen und Strategien zu entwickeln, die das Potenzial solcher Marken voll ausschöpfen.

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LITERATURHINWEISE Dion, Delphine and Arnould, Eric (2016): “Persona-fied Brands: Managing Branded Persons Through Persona”, Journal of Marketing Management, 32 (1/2), 121 – 148. Fournier, Susan and Eckhardt, Giana (2017): “Putting the Human Back in Human Brands: Understanding and Managing the Two-Bodied Brand”, working paper. Kantorowicz, Ernst H. (1957): “The King’s Two Bodies; A Study in Mediaeval Political Theology.” Princeton, NJ: Princeton University Press.

N CALVI I KLE N

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Kannibalisierungsrisiko / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

Lass dich nicht fressen: Kannibalisierungsrisiken verstehen und vermeiden Charlotte Mason und Kaushik Jayaram

keywords

Kannibalisierung, Neuprodukteinführungen, Kampfmarken • autor_innen

Charlotte Mason Professor and C. Herman and Mary Virginia Terry Chair of Business Administration University of Georgia, USA cmason@uga.edu Kaushik Jayaram University of Georgia, USA kaushik.jayaram@uga.edu

Markenkannibalisierung – ein notwendiges Übel?     Mit häufigen Neuprodukteinführungen versuchen viele Unter­ nehmen, den hohen Erwartungen an Verkaufszuwächse und Profitsteigerungen zu entsprechen. Die Marktforschungsfirma Mintel schätzt, dass in den USA im letzten Jahrzehnt jährlich 30.000 bis 40.000 neue Produkte allein im Konsumgüter­ bereich eingeführt wurden. Bei so vielen Markteinführungen steigt auch das Risiko, dass sie zulasten eigener Produkte gehen. Man spricht dann von Markenkannibalisierung, die Margen kosten und den Wert des Unternehmens mindern kann. Kannibalisierung stellt ein klassisches Risiko der Neupro­ dukteinführung dar und sollte im Normalfall vermieden wer­ den. Viele Unternehmer betrachten Kannibalisierung aber als notwendiges Übel und kalkulieren sie mit ein. Es gibt auch Befürworter der präventiven Kannibalisierung. Bekannt ist in diesem Zusammenhang der Spruch von Steve Jobs, der meinte: „Wenn du dich selbst nicht kannibalisierst, dann macht es ein anderer.“ Damals verzeichneten iPods stetige Verkaufszu­ wächse und generierten 50 % der Apple-Erträge. Jobs brachte das iPhone auf den Markt, obwohl ihm klar war, dass es das iPod-Geschäft massiv kannibalisieren und letztendlich völlig verdrängen würde. Entscheidend ist jedoch, wie sich die Kanni­ balisierung auf die Gesamterträge auswirkt. Neue Produkte werden eingeführt, um neue Kunden zu gewinnen, bestehenden Konsumenten eine Neuanschaffung schmackhaft zu machen, sie von einer besseren Variante mit höheren Margen zu überzeugen oder als defensive Antwort auf Mitbewerber. Die Abbildung 1 zeigt, dass der Ertrag neuer Produkte in einer Kategorie entweder zusätzlich generiert wird oder durch Umverteilung entsteht. Im zweiten Fall kann es zu einer Kannibalisierung der eigenen Produkte kommen.

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / Kannibalisierungsrisiko

abbildung 1:

Ertragsquellen neuer Produkte NEUE KUNDEN ZUSÄTZLICH HÖHERE NACHFRAGE BEI BESTEHENDEN KUNDEN NEUPRODUKTERTRAG WECHSEL VON EINEM KONKURRENZ­ PRODUKT UMVERTEILT KANNIBALISIERUNG EIGENER PRODUKTE

Am häufigsten kommt es zu Kannibalisierung, wenn Kunden zu neuen Produktvarianten der gleichen Marke wechseln. Kan­ nibalisierung kommt allerdings auch im Handel vor, wenn z. B. ein Händler wie Starbucks eine weitere Filiale in der Nähe eines bestehenden Standorts eröffnet und damit von dort Kunden abzieht. Auch Vertriebskanäle können sich gegenseitig kanni­ balisieren, wenn z. B. ein stationärer Händler zusätzlich einen Online-Vertrieb startet. Schließlich gibt aus auch noch die zeit­ liche Kannibalisierung, wenn Käufe z. B. durch Verkaufspromo­ tions nur vorgezogen werden. Um Ertrags- und Marktanteilsverluste so gering wie möglich halten zu können, sollte man die Treiber der Kannibalisierung verstehen. Zusätzlich wichtig ist es, die Auswirkungen abzu­ schätzen und bei Bedarf organisatorische Begleitmaßnahmen zu treffen.

Markeneigenschaften und Kannibalisierung     Für das Kannibalisierungsrisiko kritische Markenfaktoren betreffen den Preis und die Qualität im Vergleich zu bestehenden Produkten. Vor allem bei Alltagsprodukten sind viele Neueinführungen reine Produktlinienerweiterungen mit vergleichbaren Preisen und ähnlicher Qualität. Beispiele sind neue Geschmacksrichtun­ gen bei Getränken oder ein neuer Duft bei Deos. Aufgrund der Produktähnlichkeit ist das Kannibalisierungsrisiko hoch. Preis

und Qualität können aber auch zur Differenzierung genutzt werden. Preiswertere Varianten werden oft als Kampfmarken gegen Billiganbieter in Stellung gebracht, während man gleich­ zeitig versucht, die höhere Positionierung einer Marke zu hal­ ten. Am oberen Ende können Premiummarken höher bepreist und als hochqualitativ im Vergleich zur Basismarke positioniert werden.

Kampfmarken     Kampfmarken sollen als qualitativ min­ derwertiger wahrgenommen werden oder in der Anwendung oder Funktionalität abgespeckt sein, um den niedrigen Preis zu erklären und um Kannibalisierung möglichst gering zu halten. Ein klassisches Beispiel für geringen Erfolg lieferte Kodak. Der Filmhersteller wollte mit der Marke Funtime den japanischen Wettbewerber Fuji bekämpfen. Stattdessen schadete das neue Produkt aber mehr der eigenen Premiummarke. Der Qualitäts­ unterschied schien den Kunden unwesentlich, und sie griffen vermehrt zum Billigprodukt. Premiummarken     Konsumenten, die von einem Basispro­ dukt zu einem Premiumprodukt wechseln, kannibalisieren zwar auch das ursprüngliche Produkt, aber die höheren Preise führen zu zusätzlichen Erträgen. Als Beispiele dienen die Premiummar­ melade „Fruchtreich“ von Darbo oder das neue iPhone X.


Kannibalisierungsrisiko / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

Produktart, Kategorie sowie Distribution und Kanniba­ lisierungsrisiko     Für Kannibalisierungsrisiken sind noch weitere Faktoren relevant. Die Kategorie, die Art des Produkts und das Distributionssystem beeinflussen deren Ausmaß. Auch, ob neue Produkte die alten ersetzen oder mit ihnen am Markt koexistieren sollen, muss überlegt werden. Kann die Nachfrage gesteigert werden?     Produktkate­ gorien wie Windeln oder Zahnpasta bieten nur wenig Möglichkeiten zur Konsumsteigerung. Deshalb nimmt das Kannibalisierungsrisiko durch neue Produkte zu. Im Gegensatz dazu können Konsumenten ihren Konsum von Joghurt oder Mineralwasser leicht steigern. Auch bei Gebrauchsgütern gibt es Unterschiede. Während man eher selten mehrere Mixer besitzt, sind zusätzliche Fernsehgeräte oder Brillen für unter­ schiedliche Anlässe durchaus üblich. Ersatz oder Koexistenz?     In manchen Branchen wie dem Kfz-Bereich ersetzen neue Modelle normalerweise die alten. In anderen Branchen bleiben auch ältere Modelle am Markt und unterscheiden sich von den neuen in Preis und Qualität. Apple belässt beispielsweise nach der Einführung neuer iPhones seine älteren Modelle mit Preisabschlägen am Markt. Mit älteren

Modellen gelingt es, neue Käuferschichten anzusprechen, ohne sich einem besonderen Kannibalisierungsrisiko auszusetzen.

Ist das Produkt funktional oder erlebnisorientiert?     Pro­ dukte wie Designerlippenstifte oder Sportwagen dienen eher dem Vergnügen, während beispielsweise bei Mikrowellenöfen oder Küchenrollen Funktion und Nützlichkeit im Vordergrund stehen. Wenn das Vergnügen den Vorrang hat, können Konsu­ menten von niedrigeren Preisen für ältere Modelle profitieren wie bei TV-Geräten oder Mobiltelefonen. Das kann die Kanni­ balisierung verstärken. Neue Modelle mit neuen Funktionen können bei dieser Art von Produkten aber auch zu einem schnelleren Umstieg auf ein neueres Modell führen und deshalb positiv wirken, was bei funktionalen Produkten wie Kühlschrän­ ken oder Staubsaugern eher weniger der Fall sein dürfte. Wie wichtig ist Abwechslung?     In vielen Lebensmittelund Getränkekategorien schätzen Konsumenten Vielfalt. Eine differenzierte Produktlinie führt möglicherweise zu Kannibali­ sierung, kann aber auch sicherstellen, dass die Konsumenten einer Marke treu bleiben. Hier ist es wichtig, ein optimales Maß zu finden, das weder zu viele noch zu wenige Varianten umfasst.

abbildung 2:

Einflussfaktoren auf das Kannibalisierungsrisiko ART DES PRODUKTS ART DER MARKE

KONSUMENTENVERHALTEN

DISTRIBUTIONSSYSTEM

TIMING

PRODUKTKATEGORIE KOMMUNIKATION

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / Kannibalisierungsrisiko

{ Box 1 }

WIE MAN MIT TELS EINER FAIR-SHARE-DR AW-K ALKULATION K ANNIBALISIERUNGSEFFEK TE SCHÄTZ T Eine neue Marke wird in einer Kategorie mit einem Verkaufsvolumen von 1 Mio. € bei drei bestehenden Marken eingeführt. Für dieses Produkt (eine „Schwester“ der Marke A) werden bei gleichbleibendem Verkaufsvolu­ men Umsätze von 150.000 € erwartet. Der obere Teil der Tabelle zeigt, wie sich die Umsätze gemäß einer FairShare-Draw-Kalkulation entwickeln würden. Die tatsächliche Verteilung (unterer Teil) zeigt, dass die neue Marke überproportional zulasten von A und C geht. Da A demselben Unternehmen gehört wie die neue Marke, ist die Kannibalisierung vergleichsweise hoch und größer als nach dem Fair-Share-Prinzip erwartet. MARKE

VERKAUFSZAHLEN URSPRÜNGLICH

A

$ 500.000

50 %

$150.000 * .5 = $75.000

B

$ 300.000

30 %

$150.000 * .3 = $45.000

C

$ 200.000

20 %

$150.000 * .3 = $35.000

Total

$1.000.000

100 %

MARKE

VERKAUFSZAHLEN NEU

A

$ 400.000

40 %

$100.000

B

$ 300.000

30 %

$

C

$ 150.000

15 %

$ 50.000

Neu (As Schwestermarke)

$ 150.000

15 %

Total

$1.000.000

100 %

Ist das Produkt günstig und ohne Risiko?     Low-RiskProdukte sind anfällig für Kannibalisierung durch günstigere Varianten. Konsumenten haben hier wenig zu verlieren, wenn sie das billigere Produkt wählen. Wird das Produkt öffentlich oder privat konsumiert?    Konsumenten entscheiden anders, wenn sie bei Konsum oder Auswahl eines Produktes unbeobachtet sind oder nicht. Für das Kannibalisierungsrisiko ist dieses Thema wichtig. Eine neue Kampfmarke kann mehr Kannibalisierung bringen, wenn sie privat konsumiert wird und man sich keine Gedanken über ihr mögliches Image machen muss. Eine Kampfmarke bei Speise­ ölen wird folglich die Kernmarke stärker kannibalisieren als die günstigere Zweitmarke eines Weinguts, da Wein meist gemein­ sam mit Freunden, also öffentlich, konsumiert wird.

MARKTANTEIL URSPRÜNGLICH

MARKTANTEIL NEU

FAIR-SHARE-DRAW-PROGNOSE FÜR DIE NEUE MARKE

$150.000

TATSÄCHLICHE VERTEILUNG INKLUSIVE DER NEUEN MARKE

0

$150.000

Steuerbarkeit des Vertriebs?     Wenn der Vertrieb in eigener Hand liegt und ein Unternehmen in eigenen Filialen, Franchisebetrieben oder im Direktverkauf tätig ist, kann es sicherstellen, dass die gesamte Produktlinie angeboten wird. Üblicher sind allerdings ungebundene Kanäle, bei denen andere die Sortimentsentscheidungen treffen. In solchen Vertriebskon­ stellationen ist die Gefahr höher, dass neue Produkte beste­ hende kannibalisieren. Wie kann man Kannibalisierungseffekte abschätzen?     Um Kannibalisierungsrisiken zu managen, muss man sie zunächst einmal messen. Oft wird dazu die Fair-Share-DrawKalkulation herangezogen. Sie geht von der Annahme aus, dass ein neues Produkt von allen existierenden einer Kategorie den gleichen Anteil abziehen wird. Diese „gerechte“ Umverteilung


Kannibalisierungsrisiko / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

kann man dann mit der tatsächlichen vergleichen. Man sieht dann, wer über- oder unterdurchschnittlich betroffen war (siehe Beispiel in der Box). Alternativen dazu wären echte oder simulierte Testmärkte oder Source-of-Volume-Analysen (SOVA) aus einer Conjoint-basierten Marktsimulation.

Gesamtbetriebliche Überlegungen bei der Produkt­ linienexpansion     Für die Abschätzung des Kan­ nibalisierungsrisikos sollten die Kosten der gesamten Leistungserstellung berücksichtigt werden. Differenziertere Produktlinien bieten zwar Konsumenten mehr Wahlmöglich­ keiten, aber die Produktion könnte durch kleinere Stückzah­ len und häufigere Umrüstungen ineffizienter werden und die Erträge schmälern. Mehr Produkte erfordern eventuell mehr Ersatzteile und mehr Rohstoffe. Das könnte z. B. zu höheren Einkaufs- oder Lagerkosten führen. Eine realistische Kalkulation sollte also die gesamten Unternehmenskosten beinhalten. Marketingstrategien zur Limitierung des Kannibalisierungsrisikos > Planen und kommunizieren Sie die Positionierung neuer Marken sorg fältig      Abgesehen von den möglichen negativen Auswirkungen auf Verkaufszahlen sollte man noch weitere Risikofaktoren beachten. Produkte ohne aus­ reichende Differenzierung könnten Konsumenten verwir­ ren. Egal, ob Kleber, Shampoo oder Fernsehgerät – zu viele Optionen können verunsichern, wenn Unterschiede nicht ausreichend kommuniziert werden. Bei Billig- oder Kampf­ marken von Firmen, die traditionell für Premiumprodukte bekannt sind, steht das Markenimage auf dem Spiel. Die Position einer Marke muss klar und konsistent vermittelt werden, um Kannibalisierung und Imageschäden zu vermei­ den. Man kann beispielsweise klar kommunizieren, dass die Billigmarke bei seltener Verwendung ausreichend, für Dauer­ nutzer aber die Premiummarke empfehlenswerter ist, und so versuchen, Kannibalisierung und Imageverwässerung zu minimieren. > Timing ist wichtig     Wenn Kannibalisierung unvermeid­ lich ist, ist das Timing entscheidend. Betrachten wir hier den Buchmarkt mit der Veröffentlichung von gebundenen Ausgaben, denen Taschenbuchvarianten folgen. Die Mar­ gen der gebundenen Ausgaben sind normalerweise hoch, die Verkaufszahlen im Vergleich zum Potenzial der billige­ ren und weniger ertragreichen Paperbacks eher niedriger. Trotz des hohen Kannibalisierungsrisikos ist es optimal, die Taschenbuchvarianten relativ rasch nach dem Verkaufsstart anzubieten.

> Wählen Sie den Ertrag als Beurteilungskriterium      Besonderheiten einer Kategorie sowie Konsumgewohnheiten sollten genau analysiert werden. Sie liefern Ansatzpunkte, um das Ausmaß einer unvermeidlichen Kannibalisierung möglichst gering zu halten. Auch wenn man Kannibalisie­ rung zunächst anhand von Verkaufsrückgängen bei anderen Produkten der eigenen Marken beurteilt, geht es letztendlich um die Auswirkungen auf den Ertrag. Wenn ein Neuprodukt mit einer kleineren Marge zulasten eines ertragreicheren Produkts geht, werden Erträge vernichtet. Ein ertragreiches Produkt, das ein ertragsschwaches verdrängt, rechtfertigt hingegen meist das Kannibalisierungsrisiko. /.

LITERATURHINWEISE Yu, Howard and Malnight, Thomas (2016): “The Best Companies Aren’t Afraid to Replace Their Most Profitable Products”, Harvard Business Review, July, https://hbr.org/2016/07/the-best-companiesarent-afraid-to-replace-their-most-profitable-products Nijssen ,Edwin; Hillebrand, Bas and Vermeulen, Patrick (2005): “Unraveling Willingness to Cannibalize: A Closer Look at the Barrier to Radical Innovation”, Technovation¸ Vol. 25 (12), 1400 – 1409. Srinivasan, Sundara; Ramakrishnan, Sreeram and Grasman, Scott (2005): “Identifying the Effects of Cannibalization on the Product Portfolio”, Marketing Intelligence and Planning, Vol. 23(4/5), 470 – 485.

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IC H GANZHEITL

E DENKER

ANALYTISCHE DE NKER


Markenverwässerung/ Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

Kulturspezifische Techniken zur Vermeidung von Markenverwässerung Alokparna Basu Monga und Liwu Hsu

keywords

Markenverwässerung, Negative Publicity, Markendehnung, Funktionale Marken, Luxusmarken, Analytisches Denken, Ganzheitliches Denken • autor_innen

Alokparna (Sonia) Basu Monga Professor of Marketing, Rutgers Business School – Newark and New Brunswick, USA smonga@business.rutgers.edu Liwu Hsu Assistant Professor of Marketing, College of Business, University of Alabama in Huntsville, USA liwu.hsu@uah.edu

Negative Schlagzeilen und gefloppte Markenerweiterungen schaden dem Markenimage     Viele Unternehmen investieren Millionen in den Aufbau starker und großartiger Marken. Das schützt sie allerdings nicht vor negativer Publicity bei Krisen oder missglückten Markendehnungen. Beispiele der vergangenen Monate sind Toyotas Rückrufaktionen wegen fehlerhafter Airbags, Samsung Galaxys Probleme mit brennen­ den Akkus, VWs Manöver rund um manipulierte Abgaswerte oder Facebooks misslungener Versuch, Facebook Home als Startbildschirm auf Mobiltelefonen zu etablieren. Über Social Media verbreiten sich solche und ähnliche negative Neuigkeiten rasant auf der ganzen Welt und können Marken massiv schä­ digen. Ein zentraler Aspekt des Schadens ist ein verwässertes Markenimage, das zu Verkaufsrückgängen und schlechteren Zukunftsperspektiven für die Marken führt. VW musste Milli­ onen von Fahrzeugen zurückrufen, hohe Verluste deklarieren, mit einem bröckelnden Aktienkurs zurechtkommen und hat massiv an Vertrauen in die Marke eingebüßt. Doch es gibt Licht am Ende des Tunnels: Meist überlegen sich Manager sehr genau, mit welchen Marketingaktionen sie Imageprobleme in den Griff bekommen können. Dabei ist es durchaus sinnvoll, sich auch mit Konsumenteneigenschaften und deren Rolle bei diesem Thema auseinanderzusetzen, denn nicht alle Konsumenten sehen die Marke selbst als Verursacher von Problemen. Je nach primär ausgeprägter Art und Weise zu denken, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, mit schlechter Presse oder fehlgeschlagenen Markenerweiterungen umzugehen. Wenn man die Denkweisen seiner Konsumenten versteht, kann man bessere Strategien zur Schadensbegrenzung für die Marke entwickeln und positive Reaktionen von enttäuschten Konsu­ menten fördern.

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / Markenverwässerung

abbildung 1:

Analytische Denker im Vergleich zu ganzheitlichen Denkern

Analytisches Denken • Ein Objekt wird losgelöst von seinem Kontext betrachtet • Der Fokus liegt auf den Eigenschaften des Objekts (der Marke) • Westliche Gesellschaften (USA, Deutschland, Niederlande, Frankreich, usw.) • Europäischstämmige Amerikaner

Unterschiedliche Denkweisen und der Umgang mit schlechten Neuigkeiten     Forschungsarbeiten der Pro­ fessoren Monga und John zeigen, dass es unter Konsumenten unterschiedliche alltägliche Denk- und Argumentationsmuster gibt, die auch die Reaktionen auf Markenprobleme beeinflussen (siehe Abbildung 1). Einige Konsumenten denken eher analy­ tisch und konzentrieren sich mehr auf ein bestimmtes Objekt wie die Marke selbst. Andere wiederum denken eher ganzheit­ lich (holistisch) und sehen Objekte mehr in Zusammenhang mit ihrem Umfeld, also Marken mitsamt ihren Kontexten. Obwohl diese Denkweisen innerhalb einer Kultur variieren und auch Einzelpersonen entweder mehr analytisch oder holistisch veranlagt sind, gibt es in unterschiedlichen Kulturen dominante Muster. Westliche Kulturen tendieren zu mehr Analytik, wäh­ rend in östlichen Kulturen ein holistischer Ansatz vorherrscht. Auch ethnische Gruppen innerhalb einer Kultur unterschei­ den sich bezüglich ihrer Denkstile. Amerikaner europäischer Herkunft sind analytischer veranlagt, während Amerikaner asiatischen, hispanischen oder afrikanischen Ursprungs eher holistisch denken. Ein ganzheitlicher Zugang entsteht häufiger in Kulturen mit vielfältigen sozialen Beziehungen, während sich

Ganzheitliches Denken •O bjekt und Kontext werden gemeinsam und als Ganzes betrachtet (die Marke in ihrem Umfeld) •O stasiatische Gesellschaften (Indien, China, Japan, Korea, usw.) •H ispanische Amerikaner, Asiatische Amerikaner, usw.

analytisches Denken mehr in Kulturen mit einem weniger aus­ geprägten sozialen Umfeld entwickelt.

Ganzheitliche Denker machen eher den Kontext verantwortlich als die Marke selbst     Wenn eine Marke von negativer Publicity betroffen ist, überlegen Konsumenten auto­ matisch, wer für die Ursache verantwortlich sein könnte. Um festzustellen, ob analytische und holistische Denker tatsächlich unterschiedlich auf negative Markenereignisse reagieren, haben wir mehrere Untersuchungen durchgeführt. In einer Studie

» Die Gefahr einer Markenverwässerung ist bei analytischen Denkern größer. «


Markenverwässerung/ Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

zeigten wir den Teilnehmern einen fiktiven Zeitungsartikel über eine echte Marke, die mit Qualitäts- und Herstellungsproble­ men konfrontiert war. Während die negativen Informationen bei analytischen Denkern eine schlechtere Meinung über die Marke bewirkten, gab es bei ganzheitlichen Denkern keinen Imageeffekt. Interessanterweise sahen zwar beide Gruppen die Marke in der Verantwortung für die Probleme, aber ganz­ heitliche Denker sahen die Schuld auch bei Kontextfaktoren. Diese Fähigkeit ganzheitlicher Denker, auch externe Faktoren wahrzunehmen, ist der Grund dafür, dass ihr Vertrauen in die Marke nicht erschüttert wurde.

rungserscheinungen bei den analytisch Denkenden. Wenn hin­ gegen Kontextfaktoren mitgeliefert wurden, gab es bei beiden Gruppen keine Verwässerung des positiven Markeneindrucks. Wenn den Analytikern mögliche Faktoren bewusst wurden, zeigten auch sie mehr Bereitschaft, den Kontext anstatt die Marke in der Verantwortung zu sehen. Was bedeutet das nun konkret? Es gibt Möglichkeiten, analytische Denker auf Kon­ textfaktoren hinzuweisen, damit auch sie sich einen positiven Gesamteindruck von der Marke bewahren.

Die Rolle von Denkweisen bei der Markendehnung in neue Kategorien      Der Wunsch zu wachsen führt bei einigen Unternehmen zu Markenerweiterungen in neue, vom Ursprungsprodukt weit entfernte Kategorien. So bietet z. B. Ralph Lauren Hundeleinen an und Jeeps gibt es sogar als Kinder­wagen. Ähnlich wie negative Publicity kann eine Marken­ dehnung ein Verwässerungsrisiko darstellen, wenn die neuen Produkte als inkonsistent mit der aktuellen Positionierung oder als zu unterschiedlich wahrgenommen werden. Auch hier heg­ ten wir die Vermutung, dass analytisch und holistisch Denkende unterschiedlich reagieren würden und dass auch die Art der Marke eine Rolle spielen könnte. Unsere Annahme war, dass es ganzheitlichen Denkern auch bei entfernten Produktkategorien

Könnte man verhindern, dass schlechte Nachrichten bei analytischen Denkern das Markenimage verwässern?     Um diese Frage zu beantworten, haben wir die möglichen Kontextfaktoren unterschiedlich offenkundig präsentiert. In einem Szenario wurden die Teilnehmer auf einige Schlagzei­ len aufmerksam gemacht, die Kontextfaktoren beleuchten. Wir berichteten beispielsweise, dass ein Zulieferer der Marke Teile in schlechter Qualität geliefert hätte. Das zweite Szenario enthielt keine derartigen Informationen. Ohne Kontextfaktoren waren die Ergebnisse wie oben beschrieben: keine negativen Auswirkungen bei ganzheitlichen Denkern, aber Verwässe­

abbildung 2:

BEURTEILUNG DER MARKENERWEITERUNG

Beurteilung von Markenerweiterungen durch analytische und holistische Denker „Toyota ist eine gute Marke – die würden auch gute Geldbörsen machen.“

7 6 5 4

GANZHEITLICHE DENKER

4,46

4,14 ANALYTISCHE DENKER

3,75

3

2,66

„Mercedes Benz bedeutet Luxus – die können etwas Nobles und Hochwertiges zustande bringen“ „Die Geldbörsen würden nach Benzin und Auto riechen.“ „Toyota Geldbörsen sind eine schlechte Idee, weil Autos so ganz anders als Geldbörsen sind.“

2 1 FUNKTIONALE MARKEN

LUXUSMARKEN

* 7-stufige Skala: 1 = schlecht/ungünstig bis 7 = ausgezeichnet/günstig Adaptiert aus Monga/ohn (2010), Nachdruck mit Erlaubnis des Journal of Marketing, herausgegeben von der American Marketing Association

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / Markenverwässerung

Denkern leicht, Verbindungen zwischen den Marken und ihren Erweiterungen zu sehen, da sie gut in ihr Luxusschema passten (siehe Zitate der Teilnehmer in Abb. 2).

» In der Krisenkommunikation ist es zielführend, Kontextfaktoren negativer Vorfälle hervorzuheben. «

Auch hier fanden wir Möglichkeiten, um Markenverwässerungs­ tendenzen bei analytischen Denkern zu vermeiden und um bei funktionalen Markenerweiterungen positivere Assoziationen hervorzurufen. Unsere Untersuchungen zeigten, dass eine Sub­ markenstrategie – wie „Excer-Geldbörsen von Toyota” anstatt „Toyota-Geldbörsen” – die Reaktionen von analytischen Den­ kern deutlich verbesserte. Auch eine detailliertere Erläuterung der Markenexpansion reduzierte Bedenken und erhöhte die Akzeptanz. So könnten Konsumenten z. B. instinktiv meinen, dass Toyota-Geldbörsen stilmäßig wie die Polsterung eines Autos aussehen könnten. Solche Vorbehalte kann man über­ winden, indem man kommuniziert, dass es unterschiedliche Farben und Dessins geben wird. Das hilft analytischen Denkern, die Dehnung in einem besseren Licht zu sehen.

Wie man das Risiko einer Markenverwässerung reduziert     Unsere Ergebnisse führen zu klaren Empfehlungen, um die Verwässerungsgefahr für eine Marke zu reduzieren, deren Posi­ tionierung über Jahre und Jahrzehnte aufgebaut wurde.

leichter fallen würde, Zusammenhänge zwischen Marken und ihren Erweiterungen herzustellen. Um diese Annahme zu testen, zeigten wir unseren Studien­ teilnehmern solche Beispiele. Wir wählten Toyota und HP als funktionale Marken und präsentierten Toyota-Geldbörsen und HP-Uhren als Erweiterungen. Als Luxusmarken wählten wir Mercedes Benz und Mac und präsentierten ebenfalls MercedesBenz-Geldbörsen und Mac-Uhren. Diese Erweiterungen waren fiktiv und unser Ziel war es, spontane Konsumentenreaktionen zu erheben. Es zeigte sich, dass bei den funktionalen Marken die analytischen Denker negativer auf die Dehnung reagierten als die ganzheitlichen. Bei den Luxusmarken hingegen reagier­ ten beide Gruppen sehr ähnlich (siehe Abbildung 2). Bei Toyota-Geldbörsen erwähnten analytische Denker meist mögliche Eigenschaften der Erweiterungen oder kommentier­ ten die Unähnlichkeit der Produkte. Holistische Denker sprachen im Gegensatz dazu eher generelle Zusammenhänge an. Bei den Luxusmarken fiel es sowohl analytischen als auch holistischen

> B eachten Sie kulturelle Unterschiede.     Marken, die in unterschiedlichen Kulturen oder in Segmenten mit unter­ schiedlichem kulturellem Background tätig sind, sollten auf die Unterscheidung zwischen analytischen und holistischen Denkzugängen achten. Die Gefahr einer Markenverwässerung ist bei analytischen Denkern größer. Besonders bei diesen ist es wichtig, in starke, positive und einzigartige Marken­ assoziationen zu investieren, die gegen Verwässerung immu­nisieren. Erweiterungen funktioneller Marken in fremde Kategorien nehmen ganzheitliche Denker offener auf. Viel­ leicht sehen wir auch deshalb Marken wie Mitsubishi oder Tata, die die unterschiedlichsten Produktportfolios enthal­ ten, häufiger in holistischen Kulturen wie Japan und Indien. In diesen Kulturen haben Marken einen größeren Spielraum für Erweiterungen. Kennen Manager die unterschiedlichen Denkstile ihrer Kunden, können sie einzelne Gruppen geziel­ ter ansprechen. > Reagieren Sie bei negativen Vorfällen sehr sorgfältig.      Jede Ursache für negative Informationen muss aktiv gema­ nagt werden. Das gilt vor allem in analytischen Kulturen und bei analytisch denkenden Konsumenten, da diese primär die


Markenverwässerung/ Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

Marke selbst als Auslöser sehen und sich bei ihnen daher schnell ein schlechteres Markenimage bildet. State-of-theArt-Krisenmanagement sollte möglichst proaktiv in Bezug auf mögliche negative Anlassfälle sein. In der Krisenkom­ munikation ist es zielführend, Kontextfaktoren negativer Vorfälle hervorzuheben. Vor allem bei analytisch denkenden Konsumenten kann man so den Schaden begrenzen. Toyota hat diese Strategie beispielsweise im Zuge ­seiner AirbagKrise angewendet und den Zulieferer Takata für den Schaden verantwortlich gemacht. Solch eine Taktik ist allerdings nur zielführend, wenn die Behauptungen auch wirklich den Tat­ sachen entsprechen. > B eachten Sie die Produktkategorie und ihre unterschiedlichen Risikoprofile bezüglich Markenverwässerung.      Unsere Ergebnisse liefern Evidenz dafür, dass Luxusmarken in beiden Denkkulturen weiter gedehnt werden können und weniger gefährdet bezüglich einer Markenverwässerung sind als funktionale Marken. Sowohl analytisch als auch ganzheitlich denkende Konsumenten sind bei Luxusmarken aufgeschlossen gegenüber Dehnun­ gen in entfernte Kategorien – Ralph Laurens Hundenäpfe und Hundeleinen scheinen zu funktionieren. Wie man auch an den Zitaten aus den Experimenten in Abbildung 2 sieht, liefert das Luxuskonzept eine plausible Klammer, auch wenn sich die Kategorien nicht ähneln. Luxus schafft die Verbin­ dung zwischen Mercedes Benz und Geldbörsen. > Arbeiten Sie mit Sub-Marken und detaillierten Bot­ schaften.      Bei funktionalen Marken in analytischen Kul­ turen können Sub-Marken hilfreich sein, wenn man negative Reaktionen vermeiden will. Außerdem können detailreiche Botschaften mit Ausführungen zur Art der Markenerweite­ rung negative Gedanken reduzieren und positive Reaktionen fördern. Ein Beispiel für diese Vorgangsweise liefert Virgin mit Submarken für diverse funktionale Produktlinien wie Virgin Galactic, Virgin Oceanic und Virgin Connect. Kulturen und die mit ihnen verbundenen Denkstile sind gute Indikatoren für die Vorhersage von Konsumentenreaktionen auf negative Schlagzeilen und Markendehnungen in entfernte Kategorien. Markenmanager sollten diese Faktoren berück­ sichtigen, um ihre Marken zu schützen und deren Potenzial auszuschöpfen.

/.

LITERATURHINWEISE Monga, Alokparna Basu and Roedder John, Deborah (2010): “What Makes Brands Elastic? The Influence of Brand Concept and Styles of Thinking on Brand Extension Evaluation”, Journal of Marketing, 74 (3), 80 – 92. Monga, Alokparna Basu and Roedder John, Deborah (2007): “Cultural Differences in Brand Extension Evaluation: The Influence of Analytic versus Holistic Thinking”, Journal of Consumer Research, 33 (4), 529 – 536 Monga, Alokparna Basu and Roedder John, Deborah (2008): “When Does Negative Brand Publicity Hurt? The Moderating Influence of Analytic Versus Holistic Thinking”, Journal of Consumer Psychology, 18 (4), 320 – 332. Nisbett, Richard E.; Peng, Kaiping; Choi, Incheol and Norenzayan, Ara (2001): “Culture and Systems of Thought: Holistic versus Analytic cognition”, Psychological Review, 108 (2), 291 – 310.

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Volatile Markenperformance / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

Schwankende Markenperformance durch volatile Marketingausgaben Marc Fischer, Hyun Shin und Dominique M. Hanssens

keywords

Marketingausgaben, Ertragsvolatilität, Cashflow-Volatilität, Marketing-Kennzahlen, Markenrisiko • autoren

Marc Fischer Universität zu Köln, Deutschland und University of Technology, Sydney, Australien marc.fischer@wiso.uni-koeln.de Hyun Shin Hanyang University, Seoul, Korea hyunshin70@hanyang.ac.kr Dominique M. Hanssens University of California, Los Angeles, USA dominique.hanssens@anderson.ucla.edu

Konsumenten schätzen positive Überraschungen     Ein wichtiges Merkmal erfolgreicher Marketingstrategien ist ein gewisser Überraschungseffekt. Interessenten und Konsumen­ ten einer Marke schätzen immer wieder neue Leistungsver­ sprechen. Da Konsumenten bekanntlich „schnell lernen und langsam vergessen“, rechnet es sich zum Beispiel, Werbebud­ gets geblockt in einzelnen Kampagnen einzusetzen, anstatt sie gleichmäßig über ein ganzes Jahr zu verteilen. Auch Ver­ kaufsaktionen plant man besser „als Überraschungen“, da Konsumenten sie weniger gut berechnen und weniger strate­ gische Käufe unter dem normalen Preisniveau tätigen können. Ähnliches gilt auch bei der Einführung neuer Produkte. Ihr Launch sollte nicht lange vorhersehbar sein, damit Konsum­ entscheidungen nicht verschoben werden, um das neue Pro­ dukt abzuwarten. Wenn der Wettbewerb intensiv ist, ist diese Herangehensweise noch wichtiger, weil sie auch Mitbewerbern das Antizipieren von Marketingaktivitäten erschwert. Finanzmanager und Investoren bevorzugen Berechenbarkeit     Während die positiven Auswirkungen dieser Marketingprinzipien auf Verkaufszahlen und Erträge allgemein bekannt und anhand von Marketingkennzahlen nachgewiesen sind, werden die Auswirkungen auf Ertrags- und CashflowSchwankungen häufig ignoriert. Trotzdem sind solche Volatili­ tätsaspekte aus einer finanziellen Perspektive relevant. Wenn nämlich die Unternehmenserträge bedingt durch zwei unter­ schiedliche Subsysteme schwanken – sagen wir einmal durch ein Basissystem und einmal durch ein Marketing-induziertes System –, dann erschwert die resultierende Volatilität die Pro­ gnose der zukünftigen Erträge und Einkünfte. Es wird auch schwieriger, einen konstanten Cashflow sicherzustellen. Das wiederum führt zu vermindertem Vertrauen von Investoren­

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / Volatile Markenperformance

abbildung 1:

Auswirkungen von Marketingaktionen auf die Ertrags- und Cashflow-Volatilität Auswirkungen der Volatilität auf ...

Steigerung bei ...

ERTRÄGE

CASH-FLOWS

Volatilität der Marketingausgaben

Steigerung

Steigerung

Marketingeffekte

Steigerung

Steigerung

Höhe der Marketingausgaben

Rückgang

Zunächst Steigerung, dann Rückgang

seite und kann deshalb das finanzielle Fundament einer Marke schädigen. Effektives Marketing kann in dieser Hinsicht also auch unerwünschte finanzielle Zusatzeffekte auslösen. Der mögliche Konflikt zwischen dem typischen Marketingziel eines maximalen Verkaufserfolgs und den typischen Finanz­ managementzielen einer stabilen Einkommensstruktur sowie eines konstanten Cashflows hat uns zu einer genaueren Ana­ lyse der Wechselwirkungen in diesem Bereich motiviert. Wir haben mehrere von theoretischen Überlegungen abgeleitete Vermutungen anhand eines großen Datensatzes von 99 Pharmamarken aus vier europäischen Ländern untersucht und dabei mehrere Zielsetzungen verfolgt: Wir wollten feststellen, ob die marketingbedingten Volatilitätseffekte so stark sind, dass sich Führungskräfte damit auseinandersetzen sollten. Außerdem wollten wir Volatilitätstreiber identifizieren und herausfinden, ob es ein optimales Niveau für Marketingaus­ gaben gibt. Zuletzt untersuchten wir, ob Unternehmen bereits ein aktives Volatilitätsmanagement über das gesamte Marken­ portfolio hinweg betreiben, und liefern Empfehlungen für ein aktives Management von Volatilität.

Die Auswirkungen der Marketingvolatilität auf die finanzielle Unternehmensgebarung sind beachtlich     Die Auswirkungen der Marketingvolatilität waren so markant, dass sie das Interesse des Managements verdienen. Wenn die Reak­ tionsquote einer Marketingaktion um 50 % anstieg – beispiels­ weise als Ergebnisse von zielgenauerem Targeting –, dann hatte sich die Cashflow-Volatilität um ganze 55 % erhöht. Da eine höhere Cashflow-Volatilität das Management dazu zwingt, höhere Cash-Reserven zu halten, kann das einen beachtlichen Einfluss auf die finanzielle Gesundheit eines Unternehmens haben. Marketingmanager, die Medien- und Kampagnenpla­ nungen oder Produkteinführungen zeitlich verantworten, sollten wissen, dass ihre Marketingentscheidungen sowohl zu Schwankungen bei den unmittelbaren Marketing-Erfolgszahlen als auch unterm Strich bei den Gesamtunternehmensergeb­ nissen führen. Da Marketingkosten durch den abnehmenden Grenznutzen schneller als die Erträge zunehmen, ist ihre Aus­ wirkung auf die Cashflow-Volatilität größer als auf die Volati­ lität der Erträge.


Volatile Markenperformance / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

» Wenn die Unternehmenserträge schwanken, dann erschwert die resultierende Volatilität die Prognose der zukünftigen Erträge und Einkünfte. «

Treiber der marketingbedingten Performance-Volatilität      Unsere Daten haben mehrere Hypothesen zu den Auswirkungen von Volatilität bestätigt, die wir aus frü­ heren Erkenntnissen zur Wirkung von Marketingaktivitäten auf Verkaufszahlen entwickelt haben. Die Abbildung 1 fasst zusammen, unter welchen Bedingungen sich stärkere oder schwächere Volatilitätseffekte zeigten. Je höher die Volatilität bei den Marketingausgaben und der Effektivität der Maßnahmen, desto höher war die Volatilität bei den Verkaufszahlen und beim Cashflow. Einerseits ist das eine gute Nachricht für Marketingmanager, weil ihre Ausgaben zu besseren Verkaufsergebnissen führen. Andererseits haben die hohen Reaktionsquoten auch eine Schattenseite, da bei konstanter Ausgabenvolatilität die Ertrags- und die CashflowVolatilität steigen. Sogar ein gegenteiliger Effekt trat auf: Bei einem höheren Ausgabenniveau reduzierte sich die Ergebnis­ volatilität, wenn Ausgabenvolatilität und Marketingwirkung konstant blieben. In Bezug auf die Cashflow-Volatilität war der Einfluss der Ausgabenhöhe weniger eindeutig. Ein höheres Aus­ gabenniveau reduzierte die Cashflow-Volatilität bei typischen Cashflow-Verläufen nur bis zu einem bestimmten Niveau. Darü­

ber liegende Ausgaben bewirkten eine Erhöhung. Dieses mehr­ deutige Ergebnis macht es Marketingverantwortlichen nicht leicht, da ja letztendlich der Cashflow die wichtigere Kennzahl für die Beurteilung der finanziellen Solidität eines Unterneh­ mens darstellt.

Erkenntnisse zum optimalen Ausgabenniveau     Vom bekannten Dorfman-Steiner-Theorem wissen wir, dass das Marketingbudget für ein Produkt erhöht werden soll, wenn Effektivität und Profitabilität steigen. Wie groß aber ist das optimale Budget bei einem volatilen Ausgabenverlauf, der eher den Regelfall als die Ausnahme darstellt? Unter der Annahme, dass volatile Ausgaben, wie zum Beispiel pulsierende Werbung, die Verkaufszahlen steigern, sollte das optimale Budget höher ausfallen. Wird die marketinginduzierte Ergebnisvolatilität in Unternehmen aktiv gemanagt?     Ein professionell gemanagtes Multi-Produkt-Unternehmen könnte logischer­ weise die folgende Strategie verfolgen: die Volatilität der Marketingausgaben für eine einzelne Marke im Portfolio akzep­ tieren, aber sicherstellen, dass die Volatilität über das gesamte

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / Volatile Markenperformance

abbildung 2:

Strategien für den Umgang mit marketinginduzierter finanzieller Volatilität AUSWIRKUNGEN DER VOLATILITÄT DER MARKETINGAUSGABEN AUF CASH-FLOW-LEVELS (DIFFERENTIELLER STIMULUS EFFEKT)

niedrig

niedrig

hoch

Keine Änderung der Taktik

Prüfen, ob die Wirkung durch eine Steigerung der Ausgaben­volatilität verbessert werden kann!

Doppelte Gefahr

Prüfen, ob sich eine Steigerung der Ausgaben­volatilität rechnet!

VOLATILITÄT DER MARKETINGAUSGABEN

hoch

Portfolio ausgeglichener wird. In der Praxis ist dieser Zustand allerdings nicht so leicht herzustellen, da jeder Markenverant­ wortliche naturgemäß die Maximierung des eigenen Geschäfts vorantreiben möchte. Wahrscheinlich ist, dass niemand sich besonders für die Marketingpläne einer fremden Marke, z. B. in einer ganz anderen Kategorie, interessiert. Unsere empirische Untersuchung der quartalsweisen Marketingausgaben von 99 Pharmamarken hat diese Vermutung bestätigt: Stiegen die Marketingausgaben einer Marke in einem spezifischen Markt an, gab es entweder überhaupt keinen Zusammenhang mit den Ausgaben für eine Schwestermarke oder die Ausgaben stiegen ebenfalls. Das Argument, dass Volatilitätseffekte in Multi-Pro­ dukt-Firmen weggemanagt werden können, ist deshalb nicht so leicht umzusetzen.

Implikationen für das Management     Finanzvorstände müssen genau verfolgen, wie sich ihre Einnahmen im Zeitver­ lauf verändern, mit ihren Shareholdern darüber kommunizieren und deren Erwartungen managen. Idealerweise steigen die Ein­ nahmen kontinuierlich an und zeigen eine nur geringe Volati­ lität. Gleichzeitig arbeiten aber Marketingvorstände daran, ihr Marketing so effizient wie möglich zu gestalten, was oft mit mehr Volatilität der Marketingausgaben auf Markenebene ein­ hergeht. Damit können sie aber nicht nur für die Marke selbst schwankende Einkünfte und Erträge verursachen, sondern auch für das gesamte Unternehmen. Dieser negative Zusatzeffekt sollte beobachtet und durch die folgenden Maßnahmen aktiv gemanagt werden.


Volatile Markenperformance / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

> Managen Sie Volatilitätseffekte marken- und bereichs­ übergreifend      Der beschriebene Konflikt zwischen den unterschiedlichen Zielen der einzelnen Bereiche kann – zumindest bei Multi-Produkt-Firmen – gelöst werden, wenn Finanzverantwortliche die Marketingpläne ihrer Divisionen auf dem Radar haben. Die Idee ist einfach: Unterschiedliche Divisionen sollten ihre Marketingkampagnen zeitlich staffeln, damit sich die ausgelösten Volatilitätseffekte ausgleichen. > B eachten Sie mögliche Trade-Offs zwischen Marketing­ ausgaben und Volatilität der Erträge und handeln Sie entsprechend     Zusätzlich zum unternehmensinternen Ausbalancieren – das zugegebenermaßen leichter gesagt als getan ist – sollten Unternehmen auch bei der Zuteilung von Mitteln für das Marketing die volatilitätsfördernden Effekte berücksichtigen. Die Abbildung 2 fasst die Trade-Offs zwi­ schen Marketingwirkung und marketingbedingter Volatilität zusammen und liefert Empfehlungen. Diese orientieren sich am Einfluss der volatilen Ausgaben auf das Cashflow-Niveau, dem sogenannten differenziellen Stimulus-Effekt.

bei einem hohen differenziellen Stimulus-Effekt relativ nied­ rig ist, sollte man prüfen, ob eine Erhöhung der Volatilität die Vorteile durch Zusatzeffekte bei der finanziellen Gebarung insgesamt verstärkt. Keiner weiteren Maßnahmen bedarf es, wenn sowohl der differenzielle Stimulus-Effekt als auch die Ausgabenvolatilität niedrig sind. Wenn hingegen der diffe­ renzielle Stimulus-Effekt gering ist und die Ausgabenvola­ tilität hoch, besteht Handlungsbedarf, und entsprechende Korrekturmaßnahmen sollten eingeleitet werden. Zusammengefasst kann man feststellen, dass optimale Marke­ tingstrategien unterschiedlich ausfallen – je nachdem, ob man Volatilitätsüberlegungen mit einbezieht oder nicht. Unterneh­ men, die gute analytische Fähigkeiten besitzen, können sich Wettbewerbsvorteile verschaffen, indem sie alle Varianten durchkalkulieren und entsprechende Varianten realisieren.

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LITERATURHINWEISE » Unterschiedliche Divisionen sollten ihre Marketingkampagnen zeitlich staffeln, damit sich die ausgelösten Volatilitätseffekte ausgleichen. «

W enn ein Unternehmen beispielsweise mit einer hohen Vola­ tilität der Marketingausgaben konfrontiert ist, sollte es prü­ fen, ob der differenzielle Stimulus-Effekt ausreichend groß ist, um die allfälligen negativen Auswirkungen von volatilen Ausgaben zu rechtfertigen. Wenn die Ausgabenvolatilität

Fischer, Marc; Shin, Hyun S. and Hanssens, Dominique M. (2016): “Brand Performance Volatility from Marketing Spending”, Management Science, Vol. 62 (1), 197 – 215.

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / Interview

über marketing scenario analytica (msa)

über patrick marrinan

MSA unterstützt Unternehmen beim Navigieren durch Marketing- und Unternehmensrisiken, die laufend zunehmen, weil sich die sozio-ökonomischen ­Voraussetzungen drastisch wandeln. MSA unterstützt Manager dabei, ihre Risikowahrnehmung zu schärfen und besser in der Lage zu sein, Markenwerte zu erhalten und im Sinne ihrer Stakeholder zu managen.

Patrick Marrinan ist Mitbegründer und Partner von Marketing Scenario Analytica. Über 30 Jahre lang war er in leitenden Marketing- und Managementfunktionen im Bereich Markenkommunikation sowie in ­öffentlichen Organisationen und Finanzinstitutionen tätig. Patrick Marrinan hat mit einigen der bekanntesten und begehrtesten Marken der Welt wie Altria, ­Coca-Cola, General Electric, Hasbro Toys, JP Morgan/ Chase, Sony und vielen anderen gearbeitet. Im Mobilfunkmarkt war er bei Impact Mobile und als CEO bei Lime Cellular tätig und in leitender Position bei namhaften Werbeagenturen wie Young & Rubicam, ­McCann-Erickson und BBDO. Patrick Marrinan hat einen Bachelorabschluss am Boston College erworben und einen MBA der NYU – Stern School of Business.

Der Zugang von MSA basiert auf einem Analyseprozess, der die Marke und ihre täglichen Kontaktpunkte ins Zentrum stellt. Die Marketinglandschaft wird aus unterschiedlichen Blickwinkeln heraus untersucht: Die Risikoexposition wird gemessen und mit Benchmarks verglichen, der Markenmanagement-Prozess wird geprüft, und es gibt automatisiertes Textmonitoring zur Marke. Damit identifiziert MSA markenindividuelle Angriffspunkte und Chancen. Gemeinsam mit den Unternehmen werden in weiterer Folge vorausschauende Gegenmaßnahmen und Strategien gegen aufkeimende Risiken zum Schutz der Marke und ihres Wertes entwickelt. Der Sitz von Marketing Scenario Analytica ist New York City, USA www.msabrandrisk.com

interviewerinnen

Professor Susan Fournier und Professor Shuba Srinivasan führten das Interview im November 2017.


Interview / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

Von den Frontlinien des Markenrisikos GfK MIR Interview mit Patrick Marrinan, Managing Principal of Marketing Scenario Analytica, New York City, USA

Egal, ob VW, Dove, Wells Fargo, die Amerikanische National Football-League oder viele andere: Manager brauchen nur eine Zeitung aufzuschlagen, um zu sehen, dass es für einzelne Marken ziemlich mies laufen kann. Der Niedergang geht oft schnell, und die Landung kann empfindlich hart sein. Heutzutage regieren in vielen Märkten Ideologien, und Social Media sind ein Garant dafür, dass sich (Des-)Informationen rasant verbreiten. Vieles, das wir über Markenmanagement zu wissen meinen, sollten wir aus Risikogesichtspunkten heraus neu bewerten. „Für mich ist Markenrisiko jeder Anlass, Zustand und Schritt, der das Potenzial hat, eine Marke zu beschädigen, und dabei ihr Ertragspotenzial und ihren Markenwert reduziert”, meint Patrick Marrinan, geschäftsführender Partner von Marketing Scenario Analytica. In seinem Gespräch mit Susan Fournier und Shuba Srinivasan erläutert er die vielen Facetten eines lange unterschätzten Risikos. Wir sprechen über Themen, die auf den Schirm eines Markenradars gehören, und darüber, was zu tun ist, um Marken vor unnötigen Risiken zu bewahren. mir: Risiko ist nicht wirklich das Erste, was Managern beim

Thema Marke in den Sinn kommt. Trotzdem führt AON, eine der weltweit größten Versicherungsgesellschaften, „Ruf- und Mar­ kenschaden“ als das Top-Risiko an, das gemäß ihrem kürzlich veröffentlichten, alle zwei Jahre erstellten globalen Risikobe­ urteilungsbericht Unternehmen am stärksten bedroht. Ist Mar­ kenmanagement heute risikoreicher als vor 10 oder 20 Jahren? patrick marrinan: Ja, das Risiko ist exponentiell angestiegen.

Neue Medienkanäle sind aus dem Boden geschossen, und die Medienlandschaft wird immer fragmentierter. Für Marken ist es viel schwieriger, über Massenmedien effektiv und unverwech­ selbar zu kommunizieren. Außerdem sind Konsumenten und Gruppierungen viel aktiver, selbstbewusster und fordernder. Die Ausgangssituation ist eine ganz andere als in einem OneWay-Kommunikationsumfeld mit weitgehend passiven Kon­ sumenten und Organisationen. Viele Unternehmen laborieren daran, die oft sehr spezifischen Konsumentenerwartungen am besten aufgreifen zu können. mir: Sie haben den aktiven Konsumenten angesprochen. Die

Vorstellung von Co-Kreation wurde vor einem Jahrzehnt als das

Nirwana für Marken betrachtet: Ein Umfeld, in dem Co-Kreation möglich ist und in dem sich Konsumenten aktiv einbringen wür­ den. Sie klingen da weniger enthusiastisch? patrick marrinan: Viele Marketingdirektoren waren damals

davon überzeugt, dass die Konsumenten ihnen nun den rech­ ten Weg weisen würden. Ich kann mich erinnern, dass ich schon damals eher skeptisch war. Und seither gab es laufend Social-Media-Innovationen und immer mehr Partizipation der Konsumenten. Außerdem ist der sozio-ökonomische Druck angestiegen, und viele Menschen haben finanzielle Ängste, die Aktivismus anstacheln und Widerstände schüren. Das Umfeld hat sich stark gewandelt, und wir haben heute viel mehr Gegenwind. mir: Warum hat sich die Situation so krass gewandelt? Wie

wurde aus geringem Markenrisiko ein richtiges Minenfeld? patrick marrinan: In sozio-ökonomischer Hinsicht spielt sicher

die zunehmende „Monetisierung“ der westlichen Gesellschaf­ ten eine Rolle. Immer mehr Konsumenten leben unter finanziell angespannten Bedingungen. Das ist ein großes Problem und führt dazu, dass viele enttäuscht und wütend sind. Daraus

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / Interview

entstehen auch gegen Marken und ihre Botschaften Rundum­ schläge, Proteste und Boykotts, die sehr geschäftsschädigend sein können. Auch unsere Konsumgesellschaft an sich kommt immer mehr unter Beschuss: Wir sind an einem Punkt ange­ langt, an dem die Legitimität unseres westlichen Materialismus infrage gestellt wird. mir: Welche Rolle spielen die sozialen Medien in diesem kont­

roversen Umfeld? patrick marrinan: Social Media bieten Konsumenten eine

Bühne, auf der sie Marken und Marketingaktionen oder Aus­ sagen von Unternehmern kritisieren und attackieren können, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Außerdem eignen sie sich dazu, markenschädigende Aktionen zu organisieren und zu fördern. Boykotte und Protestaktionen stellen jedenfalls in Nordamerika enorme Risiken dar. Durch die neuen Technologien der sozialen Medien kann jeder kundtun, was er sich denkt und was er befürchtet, ohne dafür zur Verantwortung gezogen zu werden. Die Kommunikation auf Facebook, Twitter und ande­ ren Plattformen ist roh und unmittelbar und das persönliche Risiko dabei ist gering. Die Unmittelbarkeit solcher Plattformen erleichtert es Konsumenten, sich gegen Marken zu verbünden oder Diversität und Integration einzufordern. mir: Wir haben also eher die Büchse der Pandora geöffnet als

ins Nirwana einzutreten? Können Sie uns einige Beispiele nen­ nen, die diese Art von Risiko illustrieren und zeigen, wie Konsu­ menten ihren Zorn über Social Media ausleben? patrick marrinan: Betrachten wir zum Beispiel die National

Football League (NFL), die erfolgreichste professionelle Sport­ liga in den USA: Die NFL hat Spielern zugestanden, beim Abspie­ len der Nationalhymne nicht aufzustehen und damit gegen Rassismus zu protestieren. Als Gegenreaktion darauf konnten darüber erboste Fans über Social Media massive Proteste orga­ nisieren wie Besucherstreiks in großen Stadien und Boykotte von Fernsehübertragungen. Außerdem wurden Tickets und Merchandisingartikel öffentlichkeitswirksam verbrannt. Die Zuschauerzahlen bei NFL-Spielen sind gegenüber vergangenen Jahren drastisch gesunken. Das wirkt sich natürlich direkt auf das Geschäftsgebaren, die Werbeeinahmen und das gesamte Geschäftsmodell der Marke NFL aus. mir: Glauben Sie, dass die Beziehungen, die Konsumenten mit

Marken verbinden, heute konfliktträchtiger sind? patrick marrinan: Manche sicherlich. In vielerlei Hinsicht

befinden wir uns in einer Art „Interregnum“. Viele Marken und besonders Markenikonen wie Coca-Cola werden massiv hinter­ fragt. Millennials und Generation-Z-Konsumenten wünschen

sich Marken mit Werten, die im Vermächtnis der Markenikonen oft fehlen, und ganze Produktkategorien werden kritisch hin­ terfragt. Viele junge Konsumenten erachten es zum Beispiel als prinzipiell unfair, dass gar nicht so wenige Menschen kein Bank­ konto eröffnen können und keinen Zugang zu Krediten haben. In den USA gibt es Millionen von Kunden, die als „unbanked”, als Personen ohne Bankkonto, gelten. Deshalb suchen sie alter­ native Kanäle für Kredite, Überweisungen und ihr Geldmanage­ ment. Institutionen und Strukturen, die lange alternativlos schienen, werden nun grundsätzlich angezweifelt. mir: Haben Sie auch für diese Art von Geisteswandel ein Beispiel

parat? patrick marrinan: Nehmen wir den Dieselskandal von Volks­

wagen. Er stellt für viele Konsumenten ein ziemliches Dilemma dar. VW hat ganz gezielt eine Software ausgetrickst, die die schädlichen Abgase von Dieselmotoren misst und mit besse­ ren als den tatsächlichen Abgaswerten geworben. Immer mehr

» Immer mehr Konsumenten sehen sich nach Alternativen um, wenn Marken Grundwerte wie Fairness, Transparenz und Ehrlichkeit missachten. «


Interview / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

Konsumenten lassen sich solche Dinge nicht mehr gefallen und sehen sich nach Alternativen um, wenn Marken Grundwerte wie Fairness, Transparenz und Ehrlichkeit missachten. Ich denke, dass VW für dieses Verhalten einen hohen Preis bezahlen wird. Subaru scheint im Gegensatz zu Volkswagen mit einer Positio­ nierung, die auf Sicherheit setzt, bei dieser kritischen Zielgruppe in den USA sehr erfolgreich zu sein. mir: Mehr ökonomischer Druck, neue Werte und der Aufstieg

der sozialen Medien sind also einige externe Faktoren, die das Markenrisiko erhöhen. Sehen Sie auch innerhalb der Unterneh­ men Veränderungen, die für Marken gefährlich sind? patrick marrinan: Allerdings. Wir beobachten generell, dass

die Bedeutung des Marketings sinkt, obwohl sich diese Erkennt­ nis erst langsam durchsetzt. In vielen großen Unternehmen wie P&G und Unilever wird viel weniger in Marketing investiert als früher. Gewinne werden stattdessen mehr durch Financial Engi­ neering konstruiert und sichergestellt. Es herrscht eine Aktien­ rückkaufkultur, die den Ertrag pro Aktie durch solches Financial Engineering aufpoliert. Das ist für Geschäftsführer und Aktio­ näre sehr attraktiv, weil es kalkulierbar ist. Im Vergleich dazu ist kaum vorhersehbar, inwieweit sich Investitionen von ange­ nommen 250 Mio. $ in eine neue Pflegeseife mit Ausgaben für Produktentwicklung, Verpackung, Duftkreation, ansprechende Werbung und den Aufbau eines weltweiten Distributionsnetz­ werkes rechnen. ROI-Berechnungen für solche Investments sind kaum präzise machbar. Vor allem Finanzmanager fühlen sich mit kalkulierbaren Ergebnissen wohler. mir: Gibt es in der aktuell üblichen Art des Markenmanage­

ments noch weitere risikofördernde Faktoren? patrick marrinan: Ja, zum Bedeutungsverlust der Marke­

tingfunktion kommt auch noch eine „Juniorisierung“ dazu. Die durchschnittlichen Funktionsperioden von Marketinglei­ tern betragen nur mehr zwei, drei oder maximal vier Jahre. Als CMO hat man heutzutage oft eine nahezu unmögliche Mis­ sion: Wachstum in einem stagnierenden Umfeld sicherzustel­ len. Marketing-Entscheidungen werden nach unten delegiert und viele werden unglücklich getroffen. Dadurch entstehen Umsetzungsrisiken. Man hat den Eindruck, dass das Marketing weniger versiert in den klassischen Aufgaben des Markenmana­ gements ist und sich stattdessen stärker auf die Administration von Transaktionen, digitalen Prozessen, programmgesteuerten Werbeplatzierungen usw. konzentriert. Zweifelsohne sind auch diese Dinge wichtig, aber die vitalen Notwendigkeiten eines strategischen Markenmanagements oder das Sicherstellen längerfristigen Wachstums durch den Aufbau von Markenwert scheinen nur mehr sekundär zu sein.

mir: Fallen Ihnen auch dazu Beispiele ein – Marken, bei denen

Umsetzungsrisiken schlagend wurden, die von Marketing-Juni­ oren verursacht wurden? patrick marrinan: Ein sehr aktuelles Beispiel lieferte kürzlich

die Keurig Green Mountain, Inc., die Keurig-Kaffeemaschinen vermarktet. Die Marke ist etabliert und anerkannt und wird relativ breit vermarktet. Werbeeinschaltungen liefen auch in Programmen, die eine politisch motivierte Gruppierung als unpassend empfand, und deshalb den Rückzug aus diesen Pro­ grammen forderte. Keurig leistete Folge und strich die Werbung aus dem entsprechenden Umfeld, was allerdings die Zuschauer dieser Programme gar nicht goutierten. Sie organisierten öffentliche Proteste, manche zerstörten gar ihre Kaffeema­ schinen und drehten davon Videos. Auf YouTube findet man Hunderte davon. Daraufhin entschuldigte sich Keurigs CEO und erklärte, dass die Rückzugsentscheidung nicht den Unterneh­ mensrichtlinien entsprochen hätte und dass man den Vorfall sowie die Prozesse und Mitarbeiter in der externen Kommu­ nikation genau prüfen würde. Der aufmerksame Beobachter bekommt also den Eindruck, dass locker geführte Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung Kommunikationsentscheidungen treffen konnten, die die Marke Keurig und ihre Erträge aufs Spiel setzten. Das ist die Art von Umsetzungsrisiko, die viele Unter­ nehmen treffen kann. mir: Keurig hat also nicht vorhergesehen, dass die Gegenreakti­

onen ihrer Marke noch mehr schaden können als der ursprüng­ liche Anlass? patrick marrinan: Genau, und es gab keine Kontrollmecha­

nismen, die den Fehler frühzeitig entdeckt hätten. Ein weiteres Beispiel finden wir bei Dove, dessen Werbung mit einem dun­ kelhäutigen Mädchen, das „weißgewaschen“ wird, als rassis­ tisch interpretiert wurde. Solche Fehler sind oft die Folge von mangelnder Erfahrung der entscheidenden „Juniors“. Früher durchlief jede nach außen gehende Kommunikation zahlrei­ che Kontrollen in mehreren Managementinstanzen. Leitende Angestellte würden höchstwahrscheinlich schnell erkennen, dass die Darstellung einer dunkelhäutigen Person, die durch die Verwendung von Seife hellhäutig wird, problematisch ist und verletzend sein kann. mir: Sie haben die NFL, Volkswagen, Keurig und nun Dove ange­

sprochen. Alle diese Marken haben auf die eine oder andere Art ihren guten Ruf riskiert. Können wir uns dieses Reputationsri­ siko noch etwas genauer ansehen? patrick marrinan: In vielen Fällen haben sich die Marken

selbst diesen Risiken ausgesetzt und oft haben ihre Aktionen damit zu tun, dass Manager ihre Marken in einem sehr dichten

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / Interview

Wettbewerbsumfeld pushen wollten. Oft geht es dabei auch um einen Verhaltenskodex und ich denke, dass ethisch korrektes Verhalten eine wichtige Komponente des Reputationsrisikos ist. VW hat seinen Ruf durch sein Verhalten bei den Emissionstests aufs Spiel gesetzt.

Aktionen, wie beispielsweise digitale Werbung oder Fernseh­ werbung, die Zusatzverkäufe zum Ziel hat, aber nicht auf einer höheren Ebene. Marketingrisiko wegzudiversifizieren ist ziem­ lich schwierig.

mir : Was sollten Manager über dieses „Verhaltensrisiko“ wissen?

Verhaltensrisiken managen?

patrick marrinan: Verhaltensrisiko entsteht durch Handlun­

patrick marrinan: Corporate-Social-Responsibility-(CSR-)

gen, die im Widerspruch zum Wertekodex eines Unternehmens stehen. Wells Fargo ist ein weiteres Beispiel für eine Organisa­ tion, bei der diese Dinge nicht im Einklang waren. Wells Fargo ist eine der ältesten Banken der USA, deren Geschichte bis ins 19. Jahrhundert reicht. Interner Verkaufsdruck führte dazu, dass Manager in großem Stil falsche Konten eröffneten und Versicherungsverträge ohne die Einwilligung oder Information der betroffenen Kunden abschlossen. Als diese Praktiken pub­ lik wurden, folgten Verurteilungen zu Strafzahlungen, Manager mussten vor dem US-Kongress aussagen, und die gesamte Füh­ rungsmannschaft wurde ausgetauscht. Der Schaden für Wells Fargo ist gewaltig, aber die gesamte Bankbranche, die ohnehin nicht als besonders vertrauenswürdig gilt, ist mitbetroffen.

Aktivitäten greifen Aspekte von Verhaltensrisiken in positiver Art und Weise auf und ersetzen teilweise traditionelle Wege der Markenkommunikation. Die Kraft Heinz Company erweitert beispielsweise ihre CSR-Programme und ich denke, dass CSR ein für sie sehr vorteilhaftes Konzept ist.

mir: Ist Verhaltensrisiko also einfach bewusstes ethisches Fehl­

verhalten? patrick marrinan: Was die Sache komplizierter macht, ist die

Tatsache, dass wir in einer stark polarisierten Gesellschaft mit hohem sozio-ökonomischem Risiko leben. Es gibt deshalb viele Situationen, bei denen man für die eine Hälfte der Menschen richtig liegt, für die andere aber wahrscheinlich falsch. Ungleiche Einkommensverteilung, Inklusion, Immigration, Gender, Multi­ kulturalität sind heiße Themen und oft die Wurzel von marken­ gefährdenden Vorfällen. Die NFL hat nach wie vor keine Lösung dafür, konservative Fans zufriedenzustellen, die ausrasten, wenn nationale Symbole „beleidigt“ werden, und gleichzeitig gleiche Rechte für alle zu propagieren. Diese Spannungsfelder bereiten vielen Unternehmen wie auch Keurig Kopfzerbrechen. mir: Das Standardrezept bei Risiken ist für Finanzmanager die

Diversifikation. Kann man auch Markenrisiken durch Diversifi­ zierung steuern? patrick marrinan: In der Finanzwelt ist Risiko ein Werkzeug

um die Erträge zu steuern. Das Risiko kann relativ einfach berechnet und durch Diversifizierung reduziert werden. Die Entwicklung einer Marke erfordert beträchtliche Investitionen in viele verschiedene Aktivitäten, und die Wahrscheinlichkeiten für entsprechende Rückflüsse sind viel schwieriger exakt zu berechnen. Auf dieser Ebene kann man Risiken nicht in gleicher Weise diversifizieren. Das funktioniert für klar abgegrenzte

mir: Wie können Führungskräfte in einem aufgeladenen Umfeld

mir: Das heißt, CSR könnte eine vorbeugende Strategie gegen

Verhaltensrisiken sein. Gibt es noch andere RisikomanagementStrategien, die man ins Auge fassen könnte? patrick marrinan: In unserem Unternehmen MSA konzent­

rieren wir uns auf sozio-ökonomische Risiken. Wir haben Mess­ instrumente und einen Beurteilungsprozess entwickelt, der in eine Score Card für Markenrisiken einfließt. Konkret gibt es bei uns drei Themenbereiche, für die wir Kennzahlen erheben und dann mit Benchmarks vergleichen. Diese sind unternehmens­ demografische Daten, sozio-ökonomische Einflussfaktoren auf die Marke und vorangegangene Risiko-Event-Erfahrungen der Marke und der gesamten Branche. Wir beurteilen Sichtbarkeit und Bedrohungspotenzial der hoch eingestuften Risiken. mir: Die Messung entsprechender Risiken ist also Teil der Ant­

wort. Wie gehen Sie weiter vor? patrick marrinan: In Workshops entwickeln wir dann über­

geordnete Strategien, um Risiken vorzubeugen oder mit ihnen umzugehen, oder wir entwickeln alternative Marketingmöglich­ keiten, um gegenzusteuern. Dabei setzen wir auf verschiedene Szenario-Techniken für unterschiedliche Risiken. Wir arbeiten mit individuell angepassten, echten Fallbeispielen aus dem Unternehmen der Kunden und zeigen ihnen, wie ihre Marken zur Zielscheibe von Aktivisten boykottiert oder anders angegrif­ fen werden können. Mit Chancen- und Gefahrenanalysen zeigen wir, wie man mögliche Risiken frühzeitig erkennt. Wir liefern Marketingwissen, das unmittelbar zur Risikoreduktion genutzt werden kann. Wir sind davon überzeugt, dass Unternehmen, die vorbereitet sind, Krisen viel besser meistern können. mir: Wer nimmt an solchen Workshops teil? Sind es die Mar­

ketingabteilungen, die für das Management von Markenrisiko verantwortlich sind?


Interview / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

» Social Media bieten Konsumenten eine Bühne, auf der sie Marken und Marketingaktionen oder Aussagen von Unternehmern kritisieren und attackieren können, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. «

patrick marrinan: Wir arbeiten meist auf Bereichsleiterebene.

patrick marrinan: In den meisten Unternehmen gibt es keine

CMOs und andere Top-Marketingleute sind Fixstarter. Wir versu­ chen allerdings immer, auch die Finanzleiter und den InvestorRelations-Bereich miteinzubeziehen. Manchmal ist es schwierig, in einem reinen Marketingumfeld ein Risikokonzept zu imple­ mentieren, und es gelingt unseren Kunden, mehr Zugkraft zu entwickeln, wenn ein breiterer Konsens besteht. Finanzleiter sind da sehr hilfreich, weil sie mit Risikomanagementkonzep­ ten vertraut sind. Außerdem sind sie für das Reporting der Ergebniszahlen an die Geschäftsleitung zuständig und haben deshalb großes Interesse daran, dass diese Zahlen korrekt und ausgewogen sind.

Marketingmitarbeiter, die das können. Generell muss zuerst realisiert werden, dass es identifizierbare Risiken gibt, wenn man Millionen Dollar in Entwicklung, Einführung, Werbung und Vertrieb eines neuen Produkts investiert. Markenrisikomanage­ ment ist derzeit in MBA-Programmen nicht wirklich abgedeckt. Aus meiner Sicht sollten Uni-Kurse über das Thema Krisenma­ nagement hinausgehen und sich auch damit beschäftigen, wie man Risiken vermeidet und Schäden an der Marke verhindert. Die Diskussionen über dieses Thema könnten dann fundierter ablaufen.

mir: Warum gibt es diese Lücke? Wie könnten wir bei einem

Schritte zusammenfassen, die Sie Unternehmen für ein proak­ tives Management von Markenrisiken empfehlen?

Marketingpublikum mehr Zugkraft beim Thema Markenrisiko erreichen? patrick marrinan: Ich denke, dass es immer üblicher wird,

Markenrisikopositionen in SEC-Berichte aufzunehmen und das wird sicherlich helfen. Bereits heute findet man vereinzelt den einen oder anderen Aspekt des Markenrisikos, wie beispiels­ weise Reputationsrisiko oder Social-Media-Risiko in SEC-10-KBerichten, aber weit verbreitet ist diese Praxis noch nicht. Das Marketing war immer mehr auf Ertragssteigerungen oder sehr disziplinspezifische Kennzahlen wie Tausenderkontaktpreise, Share of Voice oder Klickraten fokussiert. Vielleicht liegt es an der anderen Fachsprache. Aber in einem stagnierenden Markt­ umfeld haben Geschäftsführer ein echtes Interesse daran, Risi­ ken besser zu verstehen. Finanzleiter wollen keine unnötigen Risiken eingehen und haben großes Interesse daran, in Mar­ ketingabteilungen ein proaktives und umfassendes Risikoma­ nagementsystem zu implementieren. mir: Sind Marketingleute überhaupt fähig dazu, ein Risikoma­

nagement für ihre Marken auszuüben, sind sie dafür ausrei­ chend ausgebildet?

mir: Könnten Sie abschließend noch einmal die konkreten

patrick marrinan: Bei MSA empfehlen wir vier Schritte. Als

Erstes müssen Unternehmen ihr Risikopotenzial durch entspre­ chende Kennzahlen und Benchmarking erheben und mit ande­ ren Unternehmen ihrer Peergroup vergleichen. Als Zweites sollte man interne Marketingprozesse überprüfen, um eventuelle Lücken zu finden und Lösungen zu entwickeln. Dabei sind inten­ sive Workshops mit Teilnehmern unterschiedlicher Funktionen hilfreich, da man ein gemeinsames Verständnis für das Thema entwickeln kann. Der dritte Schritt ist der Einsatz von SzenarioTechniken, auf deren Basis man dann Prozesse entwickelt, die Unternehmen auf die Handlungsfähigkeit in möglichen Krisen­ fällen vorbereiten. Als Viertes sollte man ein Risiko-MonitoringSystem aufbauen, für das man Instrumente wie automatisierte Social-Media-Analysen und Medienscreenings nutzt, und das dem Management als Frühwarnsystem dient. mir: Vielen Dank für Ihre wertvollen Tipps und Ihre interessanten

Ausführungen zu den Veränderungen in unserer Gesellschaft und den neuen Risiken und Herausforderungen im Branding.

/.

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MAR K E

GO WAY


GfK Forschung / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

Gefährdete Markenbeziehungen als Risiko für das Ertragspotenzial von Marken Oliver Hupp, David Robbins und Susan Fournier

keywords

Markenbeziehungen, At-Risk Relationships, Markenrisiko, Krisenmanagement • autor_innen

Oliver Hupp Global Director Brand Strategy & Tracking, GfK Brand & Customer Experience, Nürnberg, Deutschland oliver.hupp@gfk.com David Robbins Global Director Customer Experience, GfK Brand & Customer Experience, Detroit, USA David.Robbins@gfk.com Susan Fournier Senior Associate Dean, Questrom Professor in Management, and Professor of Marketing, Boston University, Questrom School of Business, Boston, MA, USA fournism@bu.edu

Unterschiedliche Markenbeziehung = unterschiedliches Risiko     Der Langzeiterfolg von Marken hängt hauptsäch­ lich davon ab, welche Beziehungen Konsumenten zu diesen Marken aufbauen. Manchen Marken gelingt es, mit vielen Kun­ den, starke und positive Verbindungen zu etablieren. So sind beispielsweise die meisten Harley-Davidson-Fahrer oder AppleNutzer stark und emotional an diese Marken gebunden. Solche Bindungen ähneln Beziehungen innerhalb einer Familie oder im Freundeskreis. Sie führen zu mehr Markenloyalität, höherer Zahlungsbereitschaft oder einer geringeren Anfälligkeit gegen­ über Mitbewerbern. Das Beziehungsportfolio von Marken umfasst allerdings auch Kunden mit weniger positiven und schwach entwickelten oder flüchtigen Verbindungen. Distanziertere Markenbeziehungen kann man mit losen Bekanntschaften, Flirts oder Zufallsbe­ gegnungen vergleichen. Andere Markenbeziehungen wiede­ rum sind nicht nur lose, sondern sogar negativ und gefährdet. Sie sind konfliktbeladen, ähneln in die Brüche gegangenen Freundschaften oder gar richtiggehenden Feindschaften. Auch solche negativen Markenbeziehungen haben oft großen Ein­ fluss auf den Gesamterfolg einer Marke und sollten deshalb genauso gemanagt werden wie die positiven. Ein Markenbe­ ziehungsportfolio enthält gleich einem Aktienportfolio mehr oder weniger chancen- und risikoreiche Elemente, und vor allem in Krisensituationen ist die Art der Markenbeziehung relevant. Im Krisenfall sollte man sich nicht nur auf das Absichern der positiven Beziehungen fokussieren. Schon vorab gefährdete Beziehungen sind meist stärker negativ betroffen und können einen massiven Rückgang des Markenwerts auslösen.

Die Rolle der Markenbeziehungen für das Risikomanagement von Marken     Negative Beziehungen weisen ein erhöhtes Risiko auf, beendet zu werden. Deshalb stellen sie eine beachtliche Gefahr für die Marke dar und können ihr Wachs­ tumspotenzial mindern. Bereits Konsumenten mit einer nur

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK Forschung

MARKE

{ Box 1}

V WS ABGASSK ANDAL UND SEINE AUSWIRKUNGEN AUF DAS BEZIEHUNGSPORTFOLIO DER MARKE Die Abgasaffäre kam am 18. September 2015 ins Rollen, als die US-Umweltbehörde EPA eine Notice of Violation of the Clean Air Act veröffentlichte. Die Behörde hatte aufgedeckt, dass VW bei Abgasmessungen eine illegale Abschalteinrichtung in der Motorsteuerung seiner Diesel-Fahrzeuge aktivierte, um die US-ame­ rikanischen Abgasnormen zu umgehen. Der Skandal verbreitete sich rasch in den Nachrichten und sozialen Medien. Die Reaktionen von VW fielen eher verhalten aus, es wurde lediglich von „schrecklichen Fehlern von Einzelpersonen im Konzern“ gesprochen. Nichtsdestotrotz stiegen bereits in den ersten Wochen der Krise die Berichte über negative Erfahrungen mit der Marke deutlich an. Innerhalb nur weniger Wochen hat sich die Anzahl der gefährdeten Beziehungen von 7 % auf 16 % mehr als verdoppelt, während die positiven Beziehungen ziemlich stabil auf einem hohen Niveau blieben. Im Jahr 2017 stieg der Anteil der gefährdeten Beziehungen weiter an, und gegen Ende des Jahres waren beinahe ein Viertel der deutschen Kunden diesem Segment zuzuordnen. Dem Markenmanagement ist es also nicht gelungen, den negativen Trend zu stoppen. Das zeigt sich auch in den Verkaufszahlen. In der Statistik des deutschen Kraftfahrt-Bundesamtes fielen die Zahlen von ca. 686.000 im Jahr 2015 auf ca. 656.000 im Jahr 2016, obwohl der Markt insgesamt Zuwächse verzeichnete. Für 2017 wird ein weiterer Rückgang der Marktanteile erwartet.

abbildung 1:

Starke und schwache Beziehungen nahmen ab, während die gefährdeten Beziehungen innerhalb einer Woche stark anstiegen ART DER BEZIEHUNG

14 – 20 SEPTEMBER (VOR DER KRISE)

SCHWACH

46%

STARK/ POSITIV

47%

GEFÄHRDET/ NEGATIV

7%

aus: GfK Experience Tracking Data 2015 (Deutschland)

21 – 27 SEPTEMBER (NACH DER KRISE)

39%

44%

16%

-7

-3

+9


GfK Forschung / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

» Im Krisenfall sollte man sich nicht nur auf das Absichern der positiven Beziehungen fokussieren. «

leicht negativen Beziehung zur Marke sind schneller geneigt, andere Optionen auszuprobieren. Sie sind weniger empfäng­ lich für Marketingaktivitäten, und wenn die Beziehung noch zusätzlich negativ belastet wird, kommunizieren sie das auch häufig persönlich oder digital anderen gegenüber. Oft entstehen gefährdete Beziehungen aus persönlich nega­ tiv erlebten Markenerfahrungen oder negativen Medien- oder Social-Media-Postings. Auch Berichte aus zweiter Hand können starke und positive Bindungen zu einer Marke zerstören. Es ist deshalb für Markenmanager von größter Bedeutung, den Anteil an negativ gepolten Kunden und den Grund für deren Haltung zu kennen. Nimmt der Anteil an gefährdeten Beziehungen zu, sollten Markenmanager sofort und glaubwürdig aktiv werden. In den Boxen 1 und 2 beschreiben wir zwei gut dokumentierte Skandale rund um zwei Weltmarken und zeigen, wie sich das jeweilige Beziehungsportfolio im Krisenfall verändert hat. Am Beispiel des deutschen Marktes sehen wir, wie die gefährdeten Beziehungen zunehmen und zu einem Rückgang der Verkaufs­ zahlen und des Markenwerts führen. In beiden Fällen (siehe Abb. 1 und 2) hat sich die Krise am stärksten im Segment der negativen Markenbeziehungen ausgewirkt. Das zeigt, wie wichtig es ist, dass sich Marketingmanager bei Krisen vor allem um Kundengruppen mit gefährdeten Markenbeziehungen kümmern.

Gefährdete Markenbeziehungen im B2B-Kontext     Eine globale Studie über Markenbeziehungen im B2B-Bereich zeigte ebenfalls deutliche Muster und Typen von gefährdeten Mar­ kenbeziehungen. Gereiht nach emotionaler Intensität, gibt es im B2B-Bereich die folgenden Arten von gefährdeten Bezie­ hungen. Schwierige Kollegen – die am wenigsten intensive der nega­ tiven, gefährdeten Beziehungen. Hier ist die Zusammenarbeit schwierig, unter Druck und konfliktbeladen. Die Beziehung ist wenig transparent und die Partner sind unflexibel.

Schlecht laufende Allianzen – Beziehungen, die nicht mehr erfolgreich oder zum Vorteil beider Seiten laufen, die Partner wachsen auseinander. Feindschaften – die intensivste der negativen, gefährde­ ten Beziehungen ist durch offene Feindschaft und Konflikte gekennzeichnet, Gefühle einer bevorstehenden Trennung neh­ men laufend zu. Unsere globale B2B-Studie wurde in den USA, in Großbritan­ nien, Deutschland und China durchgeführt und zeigte, dass 20 % aller Markenbeziehungen als gefährdet eingestuft wer­ den müssen. Starke Beziehungen machten im Gegensatz dazu nur 7 % aller Verbindungen aus. Wenn man sich nur die Verhaltenskriterien ansieht, könnte man gefährdete Kunden fälschlicherweise für „loyale“ Kunden halten. Auch sie tätigen viele Geschäfte mit der Marke. Bei den „feindschaftlichen“ Kunden – der allergefährdetsten Unter­ gruppe – geht beispielsweise bei beinahe 60 % der Großteil der Ausgaben in der jeweiligen Kategorie an den ungeliebten Part­ ner. Das ist beinahe die gleiche Quote wie bei den stärksten und positivsten Beziehungen, die 64 % der Kategorie-Ausgaben mit der Marke tätigen. Bei den zukünftigen Kaufabsichten unterscheiden sich die bei­ den Gruppen allerdings deutlich, und man sieht, wie groß der Einfluss der Risikokunden auf die zukünftige Finanzentwick­ lung einer Marke ist. Bei den Kunden mit der stärksten und positivsten Beziehung gaben 85 % an, weiterhin mit der ent­ sprechenden Marke in Geschäftsbeziehung zu bleiben. Bei den gefährdeten Beziehungen planen das hingegen lediglich 33 %. Diese Zahlen machen den Einfluss der gefährdeten Gruppe auf die zukünftige finanzielle Gebarung sehr deutlich. Unterneh­ men können durch ein Beziehungsende mit gefährdeten Kun­ den genauso viel verlieren, wie sie durch den Aufbau starker Kundenbindungen gewinnen können.

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK Forschung

{ Box 2}

SAMSUNGS AKKUKRISE UND IHRE AUSWIRKUNGEN AUF DAS BEZIEHUNGSPORTFOLIO DER MARKE Samsung Electronics durchlebte 2016 eine ähnliche Krise, bei der es um eine neue Generation seiner Mobiltelefone ging. Kurz nach der Markteinführung rief Samsung alle Note-7-Modelle zurück, da ein Akkudefekt dazu führen konnte, dass das Gerät in Flammen aufging. Auch dieser Skandal war von breiter medialer Berichterstattung geprägt und wurde online intensiv diskutiert. Im Oktober 2016 nahm Samsung das Modell komplett vom Markt. Auch in diesem Fall zeigte eine GfK-Umfrage, dass die Qualität der berichteten Erfahrungen mit der Marke zwi­ schen August und Oktober 2016 deutlich zurückging. Vor allem im Preissegment ab 500 € erhöhte sich die Anzahl der gefährdeten Markenbeziehungen um mehr als 50 %. Daten aus dem GfK-Handelspanel verzeichneten parallel zum Anstieg der gefährdeten Beziehungen einen deutlichen Rückgang des Marktanteils von Samsung. Allerdings reagierte Samsung in der Krise deutlich proaktiver als VW. Die koreanischen Elektronikartikelprodu­ zenten akzeptierten, dass es ihnen unmöglich war, das Problem mit den überhitzten Batterien rasch zu lösen. Sie setzten schnell Schritte, um den Ruf der Marke und das Vertrauen der Konsumenten wiederherzustellen. Allen Käufern eines Note 7 wurden Rückvergütungen, der Umtausch gegen ein anderes Modell oder sonstige Coupons und Gesprächsguthaben angeboten. Aufgrund dieser Maßnahmen ging der Anteil der gefährdeten Markenbezie­ hungen im Jahr 2017 schnell wieder zurück. Auch im GfK-Handelspanel zeigte sich eine vergleichbare Erholung bei Verkaufszahlen und dem Marktanteil.

abbildung 2:

Gefährdete Beziehungen zu Samsung nahmen zu, und starke Beziehungen nahmen durch die Krise innerhalb von zwei Monaten ab ART DER BEZIEHUNG

AUGUST 2016

SCHWACH

29%

STARK/ POSITIV

GEFÄHRDET/ NEGATIV

OKTOBER 2016

+2

31%

52%

60%

11%

Ergebnisse für das Preissegement > 500 € aus: GfK Experience Tracking Data – Smartphones 2016 (Germany)

17%

-8

+6


GfK Forschung / Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

» Unternehmen können durch ein Beziehungsende mit gefährdeten Kunden genauso viel verlieren, wie sie durch den Aufbau starker Kundenbindungen gewinnen können. «

Was bedeutet das für das Management von gefährdeten Markenbeziehungen?     Unsere Fallstudien haben gezeigt, dass gefährdete Markenbeziehungen eine wesentliche, aber oft nicht ausreichend beachtete Rolle im Beziehungsportfolio einer Marke spielen. Solche Beziehungen haben direkt und indirekt einen offensichtlichen Einfluss auf die finanzielle Entwicklung eines Unternehmens. Die Risiken reichen von negativer Mund­ propaganda, die potenzielle Neukunden abschrecken könnte, bis zum drohenden Verlust der Kunden. Manager, die diesen Risiken proaktiv begegnen möchten, sollten die folgenden Empfehlungen berücksichtigen: > Identifizieren Sie gefährdete Beziehungen und ihre Bedeutung für die Markenperformance     Markenma­ nager sollten wissen, dass ihr Portfolio an Markenbeziehun­ gen unterschiedliche Typen enthält, und diese Typen kennen. Wer weiß, wie viele Kunden in welcher Form an die Marke gebunden sind, kann ein passendes Beziehungsmanagement entwickeln und rein transaktionale Beziehungen weiterent­ wickeln. Durch regelmäßiges Monitoring der Markenbezie­ hungen, beispielweise mit dem GfK-Brand-Vivo-System, kann man einen kritischen Anstieg bei den gefährdeten Markenbeziehungen in einem Krisenfall erkennen. Auch die Anzahl positiver oder negativer Markenerfahrungen, die Tra­ cking Services erheben, können als guter Indikator dienen. Die aufgezeigten Trends helfen Managern, geeignete Maß­ nahmen zu entwickeln, Schaden an der Marke zu verhindern oder eine schnelle Imagerehabilitierung einzuleiten. > B eschäftigen Sie sich mit den zugrundeliegenden Emotionen     Um Markenbeziehungen wirksam gestalten zu können, muss man verstehen, dass die Bindungen im posi­ tiven wie im negativen Bereich mit unterschiedlichen Inten­ sitätsgraden fest verankert sind. Gefährdete Kunden sind

per definitionem einer Marke gegenüber kritisch eingestellt. Wer Motive und Vorbehalte dieser Kunden kennt, kann in geeigneter Form darauf reagieren. > R eagieren Sie in Krisen offen und glaubwürdig       Zahlreiche aktuelle Beispiele belegen, dass halbherzige Erklärungen für markenbezogenes Fehlverhalten die Mar­ kenbeziehungen verschlechtern sowie Verkaufszahlen und Erträge mindern. Gleich menschlichen Beziehungen erwarten Kunden bei Fehlern unmittelbare Reaktionen, um mögliche Konflikte mit der Marke abzuschwächen. Bei unseren Bei­ spielen ist es Samsung gelungen, das Vertrauen der Kunden wiederherzustellen und an die früheren Verkaufszahlen anzuschließen, während VW nach wie vor mit den Nachwir­ kungen der Krise kämpft.

/.

LITERATURHINWEISE Avery, Jill; Fournier, Susan and Wittenbraker, John (2014): “Unlock the Mysteries of Your Customer Relationships”, Harvard Business Review, July-August, 72 – 81. Fournier, Susan (1998): “Consumers and Their Brands: Developing Relationship Theory in Consumer Research”, Journal of Consumer Research, Vol. 24 (4), 343 – 35. Hupp, Oliver, und Kellermann, Charlotte (2018): „Markterfolg, Markenbeziehungen und Markenerlebnisse: Die Grundlage einer nachhaltigen Wachstumsstrategie.“ In Esch, Franz-Rudolf: Handbuch Markenführung, Springer.

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018

Editorinnen susan fournier

Susan Fournier Senior Associate Dean, Questrom Professor in Management, and Professor of Marketing, Boston University, Questrom School of Business, Boston, MA, USA fournism@bu.edu

Shuba Srinivasan Adele and Norman Barron Professor in Management, Professor of Marketing, Boston University, Questrom School of Business, Boston, MA, USA ssrini@bu.edu

Susan Fournier ist Questrom Professorin für Management und Marketing und Forschungsdekanin an der Questrom School of Business der Boston University. Sie gilt als Begrün­ derin des Forschungsfeldes über Markenbeziehungen und erhielt zahlreiche Auszeichnungen, wie einen Preis für Long Term Contribution to Consumer Behavior. Aktuelle Projekte untersuchen die Zusammenhänge zwischen Marketingstra­ tegien und Shareholder Value, Co-Kreation, Personenmarken oder Markenbeziehungen wie Flirts, geheime Affären oder missbräuchliche Partnerschaften. Vor ihrer Tätigkeit an der Boston University war sie an der Harvard Business School und der Tuck School of Business in Dartmouth tätig. Bei Young & Rubicam Advertising bekleidete sie die Position ei­ ner VP/Direktorin, und bei der Polaroid Corporation und Yan­ kelovich Clancy Shulman war sie mit verschiedenen Markt­ forschungsprojekten befasst.

shuba srinivasan

Shuba Srinivasan ist Adele and Norman Barron Professor für Management und Marketing an der Questrom School of Busi­ ness der Boston University. Ihre Forschungsschwerpunkte sind strategische Marketingprobleme und die Schnittstelle zwischen Marketing und Finanzmanagement, die sie mittels Zeitreihenanalysen und ökonometrischen Modellen erforscht. Ihren MBA hat sie am Indian Institute of Management ge­ macht, und ihr Ph.D. Studium absolvierte sie an der University of Texas in Dallas, wo sie mit Dr. Frank Bass zusammengear­ beitet hat und den M/A/R/C Award als Outstanding Doctoral Student erhielt. Beide Forscherinnen haben zahlreiche Artikel in den wichtigs­ ten wissenschaftlichen Marketing-Journals publiziert und sind langjährige Mitglieder der Editorial Boards der angese­ hensten Fachzeitschriften im Marketing. Beide sind als Bera­ terinnen unterschiedlichster Unternehmen tätig und nutzen diese Erfahrung für ihre Lehre, die Entwicklung von Case Stu­ dies und ihre Forschung. Für ihre Publikationen wurden ihnen im Lauf der Zeit zahlreiche Preise zuerkannt.


Vol. 10, No. 1, 2018 / GfK MIR

Wissenschaftlicher Beirat Manfred Bruhn, Professor für Marketing, Universität Basel, Schweiz

Srinivas Reddy, Professor für Marketing, Singapore Management University, Singapur

Susan Fournier, Questrom Professorin in Management, Professorin für Marketing Questrom School of Business, Boston University, USA

Werner Reinartz, Professor für Handel und Kundenmanagement, Universität zu Köln, Deutschland

Andreas Herrmann, Professor für Marketing, Universität St. Gallen, Schweiz

Bernd Skiera, Professor für Electronic Commerce, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, Deutschland

• Oliver Hupp, Global Director Brand Strategy & Tracking, GfK Brand & Customer Experience, GfK SE Nürnberg, Deutschland •

• Raimund Wildner, Geschäftsführer und Vizepräsident GfK Verein, Nürnberg, Deutschland

Nicole Koschate-Fischer, GfK Professorin für Marketing Intelligence, Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg, Deutschland

managing editor

Christine Kittinger-Rosanelli GfK Marketing Intelligence Review christine.kittinger@gfk-verein.org

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GfK MIR / Vol. 10, No. 1, 2018 / Impressum

Impressum

herausgeber

GfK-Nürnberg e.V. Nordwestring 101 90419 Nürnberg Deutschland Tel +49 911 95151983 Fax +49 911 376 77872 E-Mail: hello@gfk-verein.org www.gfk-verein.org www.gfkmir.com

• Der GfK Verein wurde 1934 gegründet, um „der Stimme der Konsumenten Gehör zu verschaffen“. Heute versteht sich der GfK Verein als Think Tank der Marktforschung und als Vereini­ gung zur Förderung der Marketingforschung. Primärer Zweck der Non-Profit-Organisation ist es, Wissen zu entwickeln und zu vermitteln. Die GfK Marketing Intelligence Review© (GfK MIR) ist ein Fachmagazin für Marketing und richtet sich an Manager und Marktforscher, die sich für neue Erkenntnisse und Methoden der wissenschaftlichen Marketingforschung interessieren. Sie erscheint zweimal pro Jahr. Die Herausgeber arbeiten mit großer Sorgfalt. Trotzdem können sich Daten verändern und Fehler passieren. Der GfK Verein über­ nimmt deshalb keine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der Inhalte. Die in der Publikation ausgedrückten Meinungen decken sich nicht unbedingt mit denen des GfK Vereins.

copyright © GfK

Verein 2018. Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Publikation darf ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Herausgebers reproduziert werden. hello@gfk-verein.org.

• design & layoutkonzeption

Scheufele Hesse Eigler Kommunikationsagentur GmbH

• druck

Druckhaus Haspel Erlangen e. K.

• abonnement

75 € per annum

• ISSN 2198-9354

• online version

www.gfkmir.com


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Vorschau nächste Ausgabe

Konsumenten und das Internet der Dinge Konsumenten und das Internet der Dinge Donna Hoffmann und Tom Novak Das komplexe Netzwerk der Dinge Bill Rand Wundersame Maschinen und das Streben nach sinnvollem Konsum Stefano Puntoni Wie man kurzsichtige Fehler vermeidet und die langfristige Akzeptanz des Internets der Dinge sicherstellt Larry Downes Internet der Dinge – Werden wir überflüssig oder befähigt? Paul A. Pavlou Von Science Fiction zu gesellschaftlicher Kritik: Mit soziologischem Denken zu einem erfolgreichen Internet der Dinge Eileen Fischer und Markus Giesler Die Vernetzung der Welt und die Neudefinition von Kundenorientierung Rudolf Aunkhofer

Die nächste Ausgabe erscheint im November 2018


T H IN K TA N K D ER M A R K T F O R S C H U N G


GfK Verein GfK Marketing Intelligence Review

Markenrisiken

01/ 2018


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