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Klaus Gilgenmann (Osnabrück)

Menschwerdung durch Technik: Ein Rückblick auf die erste Evolution Vortrag für die Matreier Gespräche zur Kulturethologie (3.-7. Dez. 2011) über das Thema „Enhancement – oder die Verbesserung des Menschen: Die zweite Evolution?“ Textfassung mit Materialien (update 30.03.12) Our version 1.0 biological bodies are likewise frail and subject to a myriad of failure modes, not to mention the cumbersome maintenance rituals they require. While human intelligence is sometimes capable of soaring in its creativity and expressiveness, much human thought is derivative, petty, and circumscribed. The Singularity will allow us to transcend these limitations of our biological bodies and brains. We will gain power over our fates. Our mortality will be in our own hands. We will be able to live as long as we want .... By the end of this century, the nonbiological portion of our intelligence will be trillions of trillions of times more powerful than unaided human intelligence. (Kurzweil 2005, 9) Natürlich ist die biotechnologische Falle, angekündigt als »genetische Ingenieurkunst«, ein Produkt der »molekularen Biotechniken«, die sich aus der natürlichen Evolution herleiten, also aus der »Technogenese des Lebens«, in der Kolossalität ihrer Konsequenzen, in ihrer für alles, was lebt, also auch für uns, bedrohlichen Resultante dann noch unvorhersehbarer ... (Lem 2000, 144) Neither the historical record nor our understanding of the current role of technology in society justifies a return to the idea that a causal connection exists between advances in technology and the overall betterment of the human race. (Basalla 1988, 218)

Zusammenfassung In drei Schritten soll gezeigt werden, dass die Beobachtung der neuen Techniken zur Menschenverbesserung an Tiefenschärfe gewinnen kann, wenn allgemeine Funktion und historische Verwendungsformen von Technik in der kulturellen Evolution in die Betrachtung einbezogen werden. Erstens geht es um den kontrastgebenden Befund, dass die grundlegende Funktion der Technik im Ausbau der ökologischen Nische und damit gerade in der Vermeidung von Körperanpassung der Individuen besteht. Zweitens geht es um den Unterschied zwischen Techniken, die sich auf den Schutz der Individuen vor dem Selektionsdruck der äußeren Natur und vor äußeren Feinden beziehen, und Techniken, die sich auf die innere Gestaltung des soziokulturellen Gebäudes und die Anpassung der inneren Natur des Menschen beziehen. Drittens geht es um die Wechselwirkungen zwischen den nach Innen und den nach Außen gerichteten Techniken und insbesondere unter den Bedingungen der globalen Ausdehnung und internen Verdichtung menschlicher Sozialsysteme in der Moderne.

1. Menschenverbesserung – Paradoxien der Individualisierung Die Idee der Menschenverbesserung begleitet die Geschichte der Menschheit, seitdem diese sich kultureller Techniken bedient.1 Diese Verbesserung wird in allen Religionen propagiert und in säkularisierter Form fortgesetzt in der modernen Pädagogik.2 Von dieser althergebrachten Idee unterscheiden sich jedoch die im Focus dieser Tagung stehenden Konzepte der Menschenverbesserung zumindest in einer Hinsicht radikal: In der kulturell tradierten Auffassung geht es darum, den Menschen „gut“ d.h. sozialverträglich zu machen.1 Die neuen Verbesserungskonzepte erscheinen dagegen völlig amoralisch – allein auf die Verbeserung der individuellen Lebenschancen ausgelegt.2 Der radikalisierte Individualismus, der damit verbunden ist, löst bei vielen Zeitgenossen Unbehagen aus.3 Aber auch der Individualismus ist nicht so neu, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Die Evolutionsbiologie hat gezeigt, dass Individualisierung tief in der Naturgeschichte verankert ist.43 Die Evolution des individuellen Organismus ist verbunden mit zwei evolutionären Errungenschaften, die auch in der kulturellen Evolution der Menschheit fortwährend wirksam sind: Sexualität und Sterblichkeit.4 Sexualität ist vermutlich die Ursache erster Formen kulturell regulierter – also nicht dem Recht des physisch Stärkeren überlassener – Selektion.5 1 Man könnte also auch sagen: von Anfang an - wenn man den Anfang mit der Entstehung kultureller Sozialsysteme – also kulturellen Tradierungstechniken (Replikation) – gleichsetzen würde. 2 Der „alte Adam“, der „neue Mensch“ etc. zur eschatologischen Dimension dieser Terminologie s. HWPh Bd. 5, S. 1112 ff. 3 Dies kann als Teil der Unbehagens-Diskurse betrachtet werden, die die Moderne seit langem begleiten und sich auf die Verselbständigung technischer Errungenschaften sowie die Steigerung des Individualismus und der Konkurrenz in der modernen Gesellschaft beziehen. Mehr dazu im 3. Abschnitt. 4 Dazu programmatisch Wieser in seinem Buch über Individualität als evolutionäre Errungenschaft (1998, 556): „Der Übergang vom Einzeller zum vielzelligen Organismus brachte die Trennung von Keimbahn und Soma mit sich und bereitete den Auftritt des Todes auf der Bühne der Evolution vor. Während die kombinatorischen Mechanismen der sexuellen Fortpflanzungsweise die genotypische Einzigartigkeit des eukaryoten Individuums begründeten, verantwortet die Trennung von Keimbahn und Soma dessen phänotypische Einzigartigkeit. Diese wurzelt in somatischen Veränderungen und epigenetischen Zwängen, die die Entwicklung des Individuums in spezifische Bahnen lenken. Vor allem aber verdankt der Phänotyp seine Einzigartigkeit der Spezifität, mit der Immunsystem und Gehirn sämtliche Einflüsse aus der Umwelt verarbeiten, so daß sogar genetisch identische Angehörige eines Klons den Charakter von Persönlichkeiten mit jeweils einzigartigen Lebensläufen ‚erwerben‘.“


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Sterblichkeit ist vermutlich die Ursache erster Formen der Religiosität – also der Stabilisierung sozialer Systeme durch Rückbindung an gemeinsame Autoritäten. Die meisten Lebewesen können sterben.5 Aber nur wer das auch weiss, hat Gründe, sich mit Opfergaben vor dem Zorn der Vorfahren oder höherer (unsterblicher) Wesen zu schützen.6 Sexualität und Sterblichkeit sind auch die bestimmenden Faktoren der Konkurrenz, um die es in den neuen Konzepten der Menschenverbesserung geht. Individualität erscheint nur deshalb als eine Erfindung der modernen Gesellschaft, weil sie in traditionellen Sozialsystemen weitgehend unterdrückt worden ist, und weil die moderne Gesellschaft sich Strukturen leistet, in denen sie in bisher ungekanntem Maße freigesetzt werden kann. Dennoch erscheinen die beiden Konzepte der Menschenverbesserung auf den ersten Blick völlig unvereinbar – und dies nicht nur in moralischer Hinsicht. Auch in evolutionstheoretischer Perspektive kann man hier einen Bruch erkennen im Vergleich mit den grundlegenden Mechanismen, die die Prozesse der Menschwerdung (die paläontologische Phase der Hominisation) bestimmt haben. Die Verwendung von Technik, die den Prozess der Menschwerdung in der ersten Evolution bestimmte, war ja gerade nicht darauf angelegt, den menschlichen Organismus zu verändern, sondern seine Umwelt.6 Als ein erstes Prinzip der kulturellen Evolution ist zu beobachten, dass die Anpassung des Organismus in Folge des Selektionsdrucks der natürlichen Umwelt ersetzt wird durch die aktive Anpassung der Umwelt mit den Mitteln der Technik und der Bildung sozialer Systeme. Eine Grundtendenz der Menschheitsgeschichte – von der Entstehung des homo sapiens bis heute – lässt sich beschreiben als Entwicklung eines soziokulturellen Gehäuses, das den Selektionsdruck der natürlichen Umwelt zur Körperanpassung ersetzt 5 Die meisten Lebewesen sind von der Geburt bis zum Tod auf die beschränkt regenerativen Kräfte ihres individuellen Organismus angewiesen. Die Lehrbücher der Biologie zählen aber auch einige Lebewesen (zB. Schleimpilze) auf, die sich nicht sexuell, sondern durch Teilung fortpflanzen und insofern keinen individuellen Tod erleiden. Sie können also ewig leben, sofern die Ressourcen in ihrer Umwelt das zulassen. 6 Im Hinblick auf Formen sozialer Differenzierung in der kulturellen Evolution sind einfache Analogien mit Bezug auf die Differenzierung der Arten in der natürlichen Evolution eher irreführend. Hier ist zunächst als grundlegender Unterschied zu beachten, dass die Differenzierung der natürlichen Arten am Organismus der einzelnen Individuen ansetzt, die Differenzierung der menschlichen Kultur hingegen an ihren Sozialsystemen. Das vermittelnde Glied ist Gruppenselektion. Deshalb können sich Theorien der kulturellen Evolution nicht nur auf Extrapolationen der Gehirnforschung und der Kognitionspsychologie stützen, sondern sind auch auf eine soziologische Perspektive angewiesen. - Zur Kontroverse um Gruppenselektion in der Evolutionsbiologie zusammenfassend Sober/Wilson 1998, 50ff - für eine knappe Übersicht s. auch Kappelhoff 2011.

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durch Anpassung der technischen und organisatorischen Mittel an die Umweltbedingungen. Deshalb verfügt der moderne Mensch genetisch und anatomisch noch im wesentlichen über die gleiche Ausstattung wie der Frühmensch in der afrikanischen Savanne. Sie wird je nach weltanschaulicher Orientierung von manchen Autoren als grundlegend mangelhaft, von anderen als äußerst vorteilhaft beschrieben. Die neuen Körperverbesserungstechniken scheinen dem Gesamttrend der Menscheitsgeschichte zuwiderzulaufen.7 Allerdings ist es nicht der äußere, sondern offenkundig interner, sozialer Selektionsdruck, der den evolutionären Schutzschirm über dem Körper der Individuen durchlöchert.7 Wir haben es bei den neuen Techniken mit einer Paradoxie8 zu tun, die nur aufzulösen ist,8 wenn kulturelle Evolution nicht nur auf der Ebene der Individuen, sondern auch auf der Ebene ihrer Sozialsysteme betrachtet wird. Dies führt uns zunächst zu einer anderen Paradoxie, nämlich der der Technik.

2. Umweltverbesserung – Paradoxien der Technisierung Im Gegensatz zu der heute gängigen Gegenüberstellung von Technik und Kultur,9 lässt sich in evolutionstheoretisch distanzierter Perspektive erkennen, dass technische Phänomene in einem grundlegenden Sinne zur menschlichen Kultur gehören. Stark vereinfacht sind drei Anwendungsbereiche zu unterscheiden: Erstens Techniken der inneren Kontrolle (einschließlich der Mittel zur Tradierung), zweitens Techniken der äußeren Kontrolle (einschließlich der Waffen zur Kriegsführung) und drittens Techniken der Naturkontrolle (einschließlich der Mittel zur Veränderung der ökologischen Nische10). 7 Eine der wirkungsvollsten technischen Innovationen, die auf den menschlichen Organismus wirken, hat schon in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts stattgefunden (und wird deshalb normalerweise gar nicht im Zusammenhang mit den neuen Menschenverbesserungstechniken erwähnt): die sogenannte Antibabypille, die das Verhältnis der Geschlechter verändert und neue Konkurrenzkonflikte ausgelöst hat. 8 Ich betrachte Paradoxien als Beschreibungsprobleme, die durch andere Beschreibungen aufgelöst werden können. Vgl. HWPh Bd. 7 S.81ff. 9 Diese Gegenüberstellung ist gewissermaßen selbst schon herabgesunkenes Kulturgut. Sie ist mit der Unterscheidung zwischen Natur- und Geisteswissenschaften aufgekommen und zur Gegenüberstellung von Technik und Aufklärung überhöht worden. Das ist schon in Blumenbergs Kritik an Husserls Technikbegriff treffend zurückgewiesen worden (1963, 1981). Blumenberg verweist auf das zirkuläre Verhältnis, in dem Technisierung nicht nur als Ergebnis (Distanzierung) sondern auch als Voraussetzung von Reflexion (Freisetzung) zu erkennen ist. 10 Der Preis der ständigen Ausdehnung des sozialen Schutzschirms durch Technisierung ist nicht nur zunehmende soziale Kontrolle im Inneren und zunehmende Konfliktbereitschaft im Äußeren. Erst in jüngster Zeit wird auch die zunehmende Gefährdung der ökologischen Nische der Mensch-


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Der herkömmlich gute Ruf der Technik beruht auf ihren Leistungen in der Beherrschung der äußeren Natur und der Ausdehnung menschlicher Sozialsysteme auf Kosten Dritter. Bezogen auf die innere Natur des Menschen und die Gestaltung seiner Sozialwelt hat Technik keinen so guten Ruf. In der sozialwissenschaftlichen Theorietradition wird daher der Begriff der Technik häufig in normativer Einstellung einem Begriff der Aufklärung gegenübergestellt, der technische Eingriffe ausschließt. In vielen Beiträgen zu Diagnose der modernen Gesellschaft wird – zumeist mit einem Gefühl des Unbehagens – argumentiert, dass Technik zum alles bestimmenden Moment geworden sei.11 Dabei wird gewöhnlich gar nicht mehr in Betracht gezogen, dass Technik in der kulturellen Evolution von Anfang an ein bestimmender Faktor gewesen ist. Die evolutionstheoretische Betrachtung zeigt, dass der für den größten Teil der Menschheitsgeschichte typische Gebrauch von Technik nicht den Effekt hatte, den menschlichen Organismus zu verbessern,9 sondern gerade umgekehrt: Körperanpassung durch Technik zu ersetzen.12 10 Technik war und ist zunächst ein Distanzierungsmittel gegenüber dem Selektionsdruck der äußeren Natur.11 Mit technischen Mitteln wird das soziale Netzwerk gebildet, das diesen Selektionsdruck mildert und in kulturelle Formen der Selektion transformiert.13 Das Netzwerk der menschlichen Gesellschaft ist gewebt aus physisch-materiellen und metaphysisch-symbolischen Komponenten.14 Seine techniheit in Folge des rücksichtslosen Gebrauchs der Techniken zur Naturbearbeitung wahrgenommen. So wird ersichtlich, dass die kulturelle Evolution nicht länger den Wachstumsimperativen der natürlichen Evolution folgen kann (wie es die traditionellen Religionsgemeinschaften lehren:„Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan“ 1. Moses 1, 28) sondern reflexiv werden d.h. von der Vermehrung der Lebewesen (der eigenen Art i.S. demographischer Aufrüstung) auf die Vermehrung von Ideen (insbesondere technischen Innovationen zum Erhalt der Nische) umstellen muss. Ich lasse diesen ökologischen Aspekt hier beiseite. 11 Es fällt ja auf, dass in der modernen Technikkritik von links und rechts – Adorno/Horkheimer, Anders, Habermas, Heidegger, Freyer, Gehlen u.a. – durchaus ähnlich argumentiert wird. 12 S. das von Claessens (1980, zuerst 1968) für die Philosophische Anthropologie wiederentdeckte Alsberg-Theorem: „Das Entwicklungsprinzip des Tiers ist das Prinzip der ‚Körperanpassung‘; das Entwicklungsprinzip des Menschen ist das der ‚Körperausschaltung mittels künstlicher Werkzeuge‘“ (Alsberg 1975, zuerst 1922, 27). 13 Auch der in der sozialkritischen Tradition der Gesellschaftstheorie herausgestellte Begriff der Arbeit wäre einzubetten in eine Theorie der kulturellen Gruppenselektion: Arbeit ist immer Ausbau des soziokulturellen Gehäuses als Schutzschirm gegenüber dem Selektionsdruck der natürlichen Umwelt. 14 Das klassische Beispiel der Differenzierungstheorie ist das Geld, das eben nicht nur ein immaterielles (deshalb beliebig vermehrbares) Tauschmittel darstellt, sondern in seiner Funktion an der natürlichen Knappheit materieller (und damit beleihbarer) Ressourcen hängt, die es als Schuldschein symbolisch repräsentiert. Dieser Zusammenhang wird heute durch die globale Schuldenkrise (die Nichtexternalisierbarkeit von Konflikten durch Staatsverschuldung) wieder transparent.

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sche Konstruktion lässt sich nicht einseitig auf materielle oder symbolische Einheiten zurückführen.12 Es wäre sogar irreführend, dabei von Hybridität zu sprechen, wenn damit suggeriert wird, dass es aus den verschiedenen Substanzen heraus erklärt werden könnte, aus denen es sich zusammensetzt.15 Das soziale Netzwerk bildet selbst eine neue Substanz (eine emergente Einheit13) ohne die das gesonderte Vorkommen der physischen und symbolischen Elemente gar nicht angemessen beschrieben werden kann.16 Mit der technischen Einrichtung eines Netzwerks, das vor dem Selektionsdruck der natürlichen Umwelt schützt, ist die symbolische Grenzziehung17 zwischen einer sozialisierten Innenwelt und einer desozialisierten Außenwelt verbunden. In der Innenwelt der Sozialsysteme kommen andere Techniken zum Zuge als gegenüber der Außenwelt – Techniken der sozialen Kontrolle im Inneren und Techniken der Naturbearbeitung und Kriegsführung im Äußeren.14 Die Theorie der evolutionären Gruppenselelektion (Sober / Wilson 1998 u.a.) hat gezeigt, dass die Verlagerung von Selektionsdruck vom Individuum auf das Sozialsystem keine Besonderheit der menschlichen Gattungsgeschichte ist, sondern als evolutionäre Errungenschaft weit in die Naturgeschichte der Arten zurückreicht. Demnach ist anzunehmen, dass die Entwicklung divergenter Verhaltensmuster für interne und externe Beziehungen bereits zum vormenschlichen Erbe der Menschheit gehört und ihre Geschichte von Anfang an begleitet hat. Dies vorausgesetzt lässt sich die häufig diskutierte Frage, ob Werkzeug- oder Sprachgebrauch grundlegend für die Evolution der Menschheit entlang der Innen-Außen-Unterscheidung auflösen: Sprachgebrauch für die Binnenstabilität der Sozialsysteme und Werkzeuggebrauch für die aktive Einrichtung in der ökologischen Nische. Die Bedeutung des Werkzeuggebrauchs für die kulturelle Evolution wird noch deutlicher, wenn man berücksichtigt, dass die meisten Werkzeuge auch als Waf15 Zur Beschreibung von Technik in „hybriden Konstellationen“ vgl. Rammert 2008, 341ff. Im Anschluss an die Akteur-Netzwerk-Theorie (Latour 2006, 2007) spricht Rammert auch von „hybriden Gebilden“. Eine solche Redeweise wäre aber nur gerechtfertigt, wenn man dem (in der Soziologie weitverbreiteten) Irrtum aufsitzt, das Soziale selbst als immaterielles Gebilde zu betrachten, das erst mit der menschlichen Kultur zum Vorschein kommt. 16 In techniktheoretischen Ansätzen sind manchmal die Artefakte selbst (und nicht ihre Nutzer) als Einheiten der Evolution betrachtet worden. Die Rede von einer „Evolution der Technik" kann jedoch nur metaphorisch verstanden werden, da technische Produkte sich nicht von selbst reproduzieren (Basalla 1988, 25 f, 30). 17 Zur Funktion symbolischer Markierungen in der Evolution menschlicher Sozialität Richerson/Boyd 2005, 221ff.


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fen – und nicht nur zur Jagd, sondern auch zur kriegerischen Auseinandersetzung – geeignet waren. Diese Ausdehnung des Verwendungszusammenhangs kann aber nicht zur Begründung dafür herangezogen werden, auch den Sprachgebrauch nur noch als Derivat des Werkzeuggebrauchs aufzufassen (Alsberg 1975, 34ff). Eine solche Deutung würde die Analogie hinsichtlich der Techniken der Distanzgewinnung überdehnen und die grundlegende Bedeutung verkennen, die der Sprache für die Binnenstabilität sozialer Systeme (Konfliktvermeidung und Kooperationsbereitschaft) zukommt und im Prozess der Hominisation zunächst in einer gesten- und mimikgesteuerten „Sprache der Emotionen“ (Turner/Maryanski 2008, 104ff.) zur Wirkung kommt. Allerdings ist im Fortgang der kulturellen Evolution – mit zunehmender Binnendifferenzierung der Sozialsysteme - auch ein Kreuzen der evolutionären Errungenschaften für den Innen- und Außengebrauch zu beobachten: Ein reflexiv-distanzierter Gebrauch der Sprache (vielfältig gesteigert mit den technisch erweiterten Kommunikationsmitteln) und ein symbolisch reflektierter (und dadurch technisch steigerbarer) Gebrauch von Werkzeugen. Es gehört zu den Paradoxien der kulturellen Evolution, dass das scheinbar härteste und heroischste Unternehmen der Menschheit15 – der Ausbau des soziokulturellen Gehäuses mit technischen Mitteln16 – zum Mechanismus der Variation, zum Auslöser zufälliger – normalerweise unbeabsichtigter, häufig sogar unbemerkter – Veränderungen wird. Der Anschein der Härte und Zielgerichtetheit von Technisierungen ist nur der Widerschein der Konkurrenzkämpfe, in denen die Technik als Mittel zum Einsatz kommt. Der Antrieb zur Technisierung liegt nicht in der Sache (den technischen Effekten) selbst, sondern in den Konkurrenzvorteilen, die ihre jeweiligen Betreiber (Individuen, Gruppen und ganze Sozialsysteme) aus der Anwendung ziehen. Dies macht Technik trotz aller Intentionalität zu einem Zufallsgenerator17 in der kulturellen Evolution.18 Jede Ausdehnung des sozialen Schutzschirms mit technischen Mitteln – jede technische Innovation – gefährdet die innere Ordnung menschlicher Sozialsysteme. Konkurrenzkonflikte, die in der gegebenen Ordnung kontrolliert waren, brechen von Neuem auf.19 Das tradierte Mittel der Stabilisierung menschlicher Sozialsysteme ist Differenzierung.18 18 Dies ist ein altes, heute schon fast vergessenes Thema der soziologischen Theorietradition. Ich zitiere eine Passage von Durkheim: „Wenn sich die

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Als primordiale Ausgangslage ist die Differenzierung zwischen System und Umwelt anzusehen, die zur internen Unterdrückung und Externalisierung der Konflikte in die (natürliche und sozial exkludierte) Umwelt führt. Die kulturelle Evolution reproduziert und verfeinert diesen Mechanismus der Konfliktverarbeitung durch Binnendifferenzierungen, die neben der Externalisierung der Konflikte in gewissem Umfang auch deren Reinternalisierung durch Verlagerung auf eine andere Ebene20 sozialer Systembildung ermöglichen.19 Der Preis der ständigen Ausdehnung des sozialen Schutzschirms durch Technisierung ist nicht nur zunehmende soziale Kontrolle21 und Differenzierung22 im Inneren, sondern auch die zunehmende Konfliktbereitschaft im Äußeren und – was erst in jüngster Zeit deutlich wahrgenommen wird – die zunehmende Gefährdung der ökologischen Nische der Menschheit in Folge des rücksichtslosen Gebrauchs der Techniken zur Naturbearbeitung.23 In dem Kontext der enormen Ausdehnung der menschlichen Sozialität ist nun auch zu erklären, wie es kommen konnte, dass Techniken zur Verbesserung der organischen Natur der Individuen attraktiv geworden sind.

Arbeit in dem Maß mehr teilt, in dem die Gesellschaften umfangreicher und dichter werden, dann nicht darum, weil die äußeren Umstände mannigfaltiger sind, sondern weil der Kampf um das Leben heißer ist. – Darwin hat zu Recht bemerkt, daß die Konkurrenz zwischen zwei Organismen um so heftiger ist, je ähnlicher sie einander sind. Da sie die gleichen Bedürfnisse haben und die gleichen Ziele verfolgen, rivalisieren sie überall. ... Erhöht sich ... ihre Zahl in einem Ausmaß, daß der Hunger nicht mehr genügend gestillt werden kann, dann bricht der Krieg aus, und er ist um so heftiger, als der Mangel größer ist, d. h. je größer die Zahl der Konkurrenten ist. Ganz anders ist es dagegen, wenn die Individuen, die zusammenleben, verschiedenen Gattungen oder Arten angehören. ... Die Konfliktangelegenheiten vermindern sich ... mit den Gelegenheiten, sich zu begegnen, und das umso mehr, je weiter die Gattungen oder Arten voreinander entfernt sind..“ (Durkheim 1977, 306f.) Vergleichbare Passagen sind in den Werken von Spencer, Simmel, Weber, Elias, Parsons u.a. zu finden. Es geht darin immer um Konkurrenzkonflikte und deren Zunahme im Zuge der äußeren Ausdehnung und internen Verdichtung menschlicher Sozialsysteme. Soziologische Differenzierungstheorie war ursprünglich Konfliktverarbeitungstheorie und konnte damit an die Darwinsche Evolutionstheorie anknüpfen. 19 Auf die historische Evolution sozialer Differenzierungsformen kann ich hier nicht weiter eingehen. Die Grenzen zwischen den in der soziologischen Differenzierungstheorie beschriebenen Grundformen – segmentär, zentral/peripher, stratifikatorisch und funktional – sind historisch fließend und alle Formen in der modernen Gesellschaft miteinander konkurrierend vorhanden. Auslösepunkte von Umwälzungen in den historischen Konstellationen sozialer Differenzierungsformen werden an Innovationen der technischen Kommunikationsmittel – von Mündlichkeit zu Schriftlichkeit und deren Verallgemeinerung durch Buchdruck und Lesermarkt – festgemacht (Luhmann 1991, 1997). In dieser Betrachtung sind aber die epochemachenden Innovationen in der Technik der Naturbearbeitung (Viehzucht, Ackerbau, Industrie) und der Kriegsführung (Waffen, Transportmittel) noch nicht berücksichtigt.


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3. Gesellschaftsverbesserung – Paradoxien der Modernisierung In der modernen Gesellschaft zeigt sich ein Höchstmaß an sozialer Kontrolle auf der Makroebene (in den Mitgliedschaftsrollen ihrer Organisationen) zugleich mit einem Höchstmaß an individuellen Freiheiten auf der Mikroebene20 (in der Privatsphäre der Interaktion der Individuen).21 In diesem Spannungsfeld treten die neuen Menschenverbesserungstechniken in Erscheinung. Sie kehren die in der bisherigen Geschichte der Menschheit dominierende Konstellation in zweierlei Hinsicht um: (1.) im Vergleich mit Techniken der Naturbearbeitung, die immer dazu gedient haben, Veränderungen des menschlichen Organismus durch Außendruck zu vermeiden,22 und (2.) im Vergleich mit Techniken der Menschenverbesserung, die immer dazu gedient haben, Konkurrenzdruck im Inneren zu vermeiden.24 Wie konnte es zu dieser Umkehrung kommen? Aufgrund der globalen Ausdehnung des sozialen Netzwerks mit technischen Mitteln25 gibt es in der Umwelt der modernen Gesellschaft keine anderen Sozialsysteme mehr. Die tradierten Mechanismen der Konfliktexternalisierung können deshalb nicht mehr funktionieren.23 Konkurrenzkonflikte müssen im Inneren der Gesellschaft ausgetragen werden. Dafür müssen passende (zivilisierte) Formen gefunden werden. Anderenfalls nisten sich die Konflikte wie Parasiten in (allen Teilsystemen und auf allen Ebenen) der Gesellschaft ein und werden zu einer Bedrohung der Menschheit. Die moderne Gesellschaft reagiert auf diese Bedrohung mit einer neuen Form sozialer Differenzierung, in der nicht mehr soziale Gruppen, sondern soziale Funktionen voneinander unterschieden werden. In dieser Ordnung lassen sich Individuen nicht mehr eins-zu-eins bestimmten Teilsystemen 20 Dieser Freisetzungsprozess ist von C. Wouters (1999) im Anschluss an Elias Zivilisationstheorie als „Informalisierung“ beschrieben worden. 21 Dies ist nicht als generelle Beschreibung moderner Lebensverhältnisse zu verstehen, sondern als Merkmal der Strukturen funktionaler Differenzierung, die in bestimmten Regionen der modernen Weltgesellschaft dominant geworden sind und hier eine überregionale Anziehungskraft ausüben. 22 Dieser Umbruch ist natürlich nicht erst mit den Innovationen der Gentechnik und des Neuroenhancements (oder den Visionen eines R. Kurzweil - s. Eingangszitat) zu datieren, sondern ein fortlaufender Bestandteil moderner Diskurse, der schon in Nietzsches Lehre vom Übermenschen einen ersten Höhepunkt erreicht (s. den Vortrag von Helga Bleckwenn auf dieser Tagung). In gebrochener Form kommt er erneut zum Ausdruck in den negativen Utopien der „Brave new World“ (Huxley) und des „Big Brother“ (Orwell), die Menschenverbesserung mit Eingriffen in den Organismus betreiben und in denen der sozialverträgliche Zweck pervertiert erscheint. 23 Das heisst natürlich nicht, dass Strategien der Konfliktexternalisierung nicht mehr vorkommen, sondern nur, dass sie nicht mehr zur Stabilisierung des Systems beitragen.

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zuordnen. Sie sind auf der Makroebene der Organisationen nur noch in speziellen Rollen eingeschlossen, als Publikum aber zugleich (funktional) einund (organisatorisch) ausgeschlossen. Mikro- und Makroebenen des Handelns und Erlebens werden in extremer Weise auseinandergezogen. Nachdem es lange Zeit als selbstverständlich galt, dass die menschlichen Erkenntnismöglichkeiten die Handlungsmöglichkeiten weit übertreffen (und ihnen in technischer Hinsicht vorauslaufen) wird heute eher davon gesprochen, dass das Handeln (in riskanter Weise) weiter reicht als das Erkennen, womit dann viele Probleme der unerwünschten Nebenfolgen von Technik erklärt werden. Tatsächlich käme es aber darauf an zu beschreiben, dass Beides zugleich stattfindet - und wie dies möglich wurde: Die Entkoppelung technisch erweiterter Handlungsketten von erlebender Beobachtung und die Entkoppelung des menschlichen Erlebens vom unmittelbaren Handlungsdruck in technisch erweiterten Formen der Öffentlichkeit (wobei wiederum wissenschaftliche Erkenntnisse diese technisch Erweiterung des Erlebensraums ermöglichen). Das Zusammenspiel der technisch erweiterten und sozial verselbständigten Räume des Handelns und Erlebens kann als kulturelle Evolution i.S. der Mechanismen der Variation und Selektion beschrieben werden. Die moderne Gesellschaft kann in den verschiedenen Stockwerken ihres Gehäuses soziale Gleichheit (konkurrenzsteigernd) und Ungleichheit (konkurrenzvermeidend) zugleich unterbringen. Dies funktioniert durch Auseinanderziehen der Ebenen sozialer Binnendifferenzierung in zwei Dimensionen (a.) als disziplinierender Austausch durch Mitgliedschaft auf der Mikroebene der Organisation gegenüber der Austauschbarkeit der Individuen durch Funktionsstellen auf der Makroebene der Organisationen und (b.) als handlungsentlastete Sphäre der privaten Interaktion auf der Mikroebene gegenüber einer durch Publikumsrollen verdichteten Sphäre der Öffentlichkeit auf der Makroebene: Variation Technisierung

Selektion Wettbewerb

Makroebene

Organisation

Öffentlichkeit

Mikroeebene

Interaktion

Privatheit

Handeln

Erleben

Die Reinternalisierung von Konkurrenz steigert die Dynamik der Sozialsysteme, das Anpassungstempo


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an Umweltveränderungen,24 aber auch das Risiko von Fehlanpassungen sowohl der Organisationen auf der Makroebene wie auch der Individuen auf der Mikroebene in ihren Bildungs- und Berufskarrieren. Neuroenhancement-Techniken und burnout-Syndrome sind komplementäre Erscheinungsformen des Treibhauseffekts, der die Formen der menschlichen Individualität unter den Bedingungen der globalen Ausdehnung und internen Verdichtung des sozialen Schutzschirms der Gesellschaft erfasst.26 Aus evolutionsbiologischen Gründen ist davon auszugehen, dass Konkurrenzkonflikte zwischen Individuen und Gruppen von Individuen nicht verschwinden. Die moderne Gesellschaft ist also gezwungen, mit einem erhöhten Konfliktpotential in ihrem Inneren zu leben und geeignete Formen zu ihrer Domestikation zu finden.27 Auf allen Ebenen der Gesellschaft werden Konkurrenzkonflikte reinternalisiert und in Formen des Wettbewerbs zivilisatorisch reguliert. Grundlegende Konflikte, die sich der Regulierung entziehen, werden auf die symbolische Metaebene der Gesellschaft verlagert. Der Preis, den die moderne Weltgesellschaft für ihre Ausdehnung und Verdichtung zahlt, besteht in einer Konkurrenz der Differenzierungsformen, die keinen ungefährdeten Primat einer historisch evoluierten Form der Konfliktverarbeitung mehr zulässt.25 Das Auftreten der neuen Menschenverbesserungstechniken lässt sich somit erklären als eine Folge der Rückverlagerung von Konkurrenz ins Innere der Gesellschaft, wo zivilisatorische Regeln des Wettbewerbs nach dem Muster der Fortpflanzungskonkurrenz angestrebt werden, sich aber in Karrierestrategien jederzeit mit den kaum zivilisierbaren Motiven der Überlebenskonkurrenz vermischen können.26 Ob es sich dabei eher um eine 24 Die für die Moderne typische Beschleunigungstendenz ist nicht primär auf Veränderungen der natürlichen Umwelt zurückzuführen - obwohl ja auch Diese in Folge der Eingriffe in die ökologische Nische zunehmen – sondern zunächst und vor allem auf die konkurrenzgetriebenen Veränderungen der Akteurskonstellationen in den Teilsystemen, die damit wechselseitig unter Anpassungsdruck gesetzt werden. 25 Auf diesen Aspekt einer differenzierungstheoretischen Zeitdiagnose kann hier nicht weiter eingegangen werden. Zur Wiederaufnahme der konflikttheoretischen Perspektive in Bezug auf die moderne Weltgesellschaft Bonacker/Weller 2006 26 In evolutionstheoretischer Perspektive liegt es nahe, die Phänomene der körperbezogenen Menschenverbesserung mit dem Mechanismus der sexuellen Selektion zu erklären (nach dem Muster der „weiblichen Wahl“ statt nach dem „männlichen“ Muster der gewaltsamen Aneignung - Miller 2001 u.a.). Hier geht es um „selbstgewählte“ Anpassung innerhalb der Fortpflanzungskonkurrenz, und nicht um Überlebenskonkurrenz unter dem Selektionsdruck der äußeren Umwelt. Auch die Sorge um den perfekten Nachwuchs ist Teil der internen Fortpflanzungskonkurrenz. Das Motiv wäre demnach ziemlich alt und neu wären nur die Mittel, die zu seiner Umsetzung verfügbar sind. Einer Erklärung über sexuelle Selektion steht

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erwünschte oder eine unerwünschte Folge handelt, soll hier nicht beurteilt werden.28 Meine Ausführungen sollten nur zeigen, dass es sich auch in diesem Falle lohnt, die Phänomene im Lichte der Evolutionstheorie zu betrachten.29 Literatur30 Alsberg, P. 1975: Der Ausbruch aus dem Gefängnis – Zu den Entstehungsbedingungen des Menschen, hrsg. u. kommentiert v. D. Claessens, Gießen (Neuauflage des 1922 erschienenen Buches »Das Menschheitsrätsel«.) http://www.vordenker.de/alsberg/p – alsberg_menschheitsraetsel.pdf Anders, G. 1980 (zuerst 1956): Die Antiquiertheit des Menschen. Bd. 1: Über die Seele im Zeitalter der zweiten industriellen Revolution, Bd. 2: Über die Zerstörung des Lebens im Zeitalter der dritten industriellen Revolution, München. Basalla, G. 1988: The Evolution of Technology. Cambridge Studies in the History of Science, Cambridge University Press Blumenberg, H. 1963: Lebenswelt und Technisierung unter Aspekten der Phänomenologie S. 7 –54 in: Ders., 1981, Wirklichkeiten in denen wir leben. Aufsätze und eine Rede, Stuttgart. Bonacker, Th. und Weller Ch. (Hg.) 2006: Konflikte der Weltgesellschaft. Akteure –Strukturen – Dynamiken, Campus. Frankf.M. Claessens, D. 1980: Das Konkrete und das Abstrakte. Soziologische Skizzen zur Anthropologie, Frankfurt/M. Durkheim, É. 1977: Über die Teilung der sozialen Arbeit. Frankf. M. Gehlen, A. 1957: Die Seele im technischen Zeitalter, Hamburg. Habermas, J. 1968: Technik und Wissenschaft als Ideologie, Frankf.M. Suhrkamp. Heidegger, M. 1962: Die Technik und die Kehre, Pfullingen. HWPh = Historisches Wörterbuch der Philosophie (1971 –2007) Hrsg. von Joachim Ritter; Gottfried Gabriel; Karlfried Gründer; Basel, Stuttgart. Schwabe. Kappelhoff, P. 2011: Selektionsmodi der Organisationsgesellschaft: Gruppenselektion und Memselektijedoch der Umstand entgegen, dass die neuen Mittel der Menschenverbesserung nicht so recht als „teure Signale“ (Zahavi 1998) taugen. Es kann damit keine besondere Fitness innerhalb der Fortpflanzungskonkurrenz demonstriert werden, da die Verbesserung nicht durch Selbstbelastung sondern „mittels künstlicher Werkzeuge“, also doch eher i.S. einer Alsbergschen Entlastungsstrategie, angestrebt wird. Vielleicht ist die Erklärung in einer Konfusion der Strategien (im Kollabieren der Unterscheidung zwischen äußerem Selektionsdruck und internem Konkurrenzdruck) zu suchen, die durch die globale Ausdehnung und interne Verdichtung der menschlichen Gesellschaft ausgelöst worden ist. Dann hätten wir es nicht nur mit alten Motiven und neuen technischen Mitteln, sondern auch mit (Symptomen) einer neuen Lage der Menschheit zu tun.


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on – http://temme.wiwi.uni – wuppertal.de/fileadmin/kappelhoff/Downloads/Veroeffentlichunge n/Selektionsmodi9__2_2011.pdf Kurzweil, R. 2005: The Singularity Is Near: When Humans Transcend Biology, Penguin. Latour, B. 2006: Technik ist stabilisierte Gesellschaft. S. 369 –397 in: Belliger & Krieger (Hg.) 2006: ANThology. Ein einführendes Handbuch zur Akteur – Netzwerk –Theorie. Bielefeld. Transkript. Latour, B. 2007: Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft, Frankfurt/M. Suhrkamp. Lem, S. 1976: Summa technologiae, Frankfurt a. M. Suhrkamp Lem, S. 2000: Die Technologiefalle, Frankfurt a. M. /Leipzig. Insel. Luhmann, N. 1991: Limites de la comunicación como condición de la evolución, pp. 25 –40 in: Revista de Occidente no.118. (Deutsches Skript vom Autor: Schranken der Kommunikation als Bedingung von Evolution.) Luhmann, N. 1997: Die Gesellschaft der Gesellschaft, Frankf. M. Suhrkamp Miller, G. 2001: Die sexuelle Evolution. Partnerwahl und die Entstehung des Geistes. Heidelberg / Berlin. Rammert, W. 2008: Technographie trifft Theorie. Forschungsperspektivben einer Theorie der Technik. S. 341 –367 in: Theoretische Empirie. Zur Relevanz qualitativer Forschung. Hg. Kalthoff, H.; Hirschauer, S. und Lindemann, G. Frankf.M.: Suhrkamp Richerson, P. J., Boyd, R., 1998: The Evolution of Human Ultra –Sociality. S. 71–95 in: I. Eibl –Eibesfeldt / F. K. Salter (Hrsg.), Indoctrinability, Ideology, and Warfare. Evolutionary Perspectives. New York. Richerson, P. J., Boyd, R. 2005: Not by Genes Alone: How Culture Transformed Human Evolution. Chicago. Sober, E., Wilson, D. S. 1998: Unto Others. The Evolution and Psychology of Unselfish Behavior, Harvard University Press; Cambridge, Mass. / London, England Tarde, G. 2009: Die Gesetze der Nachahmung, (zuerst Paris 1890) Frankf.a.M.: Suhrkamp Turner, J.H., Maryanski, A. 2008: On the Origin of Societies by Natural Selection, Paradigm Publishers, Boulder, London Wieser, W. 1998: Die Erfindung der Individualität oder Die zwei Gesichter der Evolution. Heidelberg. Spektrum. Wouters, C., 1999: Informalisierung : Norbert Elias' Zivilisationstheorie und Zivilisationsprozesse im 20. Jahrhundert. Opladen. Westdt. Verl. Zahavi, A., Zahavi A. 1998: Signale der Verständigung. Das Handicap –Prinzip. Frankf.M und Leipzig

Anmerkungen & Materialien

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1 Dazu aus einem Brief von H.Spencer an O.Gaupp (zitiert in: Gaupp, Otto: Herbert Spencer. Fr. Frommans Verlag Stuttgart, 1897 - 4. Auflage 1): „Unter den Ansichten, auf die ich besonderen Nachdruck gelegt sehen möchte, ist vielleicht die praktisch wichtigste eine, der ich von Zeit zu Zeit Ausdruck gegeben habe, nämlich, daß eine dauernde Verbesserung der Gesellschaft unmöglich ist ohne eine Verbesserung der Individuen, daß die Gesellschaftstypen und ihre Tätigkeitsformen notwendig bestimmt sind durch den Charakter ihrer Einheiten, und daß sie trotz aller oberflächlichen Ummodlungen ihr Wesen nicht schneller ändern können, als sich die Individuen ändern, und daß deshalb alle jene Pläne schneller und fundamentaler Reorganisation, die heute so viele Leute bezaubern, erfolglos sein müssen und und einfach mit einer Rückkehr zu einem Zustand enden werden, der sich von dem frühern nur seiner oberflächlichen Form nach unterscheidet. Es ist gerade so unmöglich aus minderwertigen Menschen durch eine besondere Art sozialer Anordnung eine gute Gesellschaft zu machen, als es unmöglich ist, aus schlechtem Baumaterial durch eine besondere Baumethode ein gutes Haus zu bauen. Ich glaube jedoch, daß keine Argumente, so schlagend sie auch sein mögen, irgend welche Wirkung haben werden; denn in dem großen Rhythmus sozialer Veränderungen sind die wirkenden Kräfte zu mächtig, als daß sie sich durch individuelle Einflüsse kontrollieren ließen. Ich glaube, daß der Sozialismus unvermeidlich ist, daß er aber das größte Unglück, das die Welt je erlebt hat, sein und in einem Militärdespotismus der schärfsten Form enden wird.“ 2 Zur soziologischen Analyse der Enhancement-Utopien s. Dickel 2011 (Verlagsankündigung): „Technologische Visionen einer Verbesserung des Erbguts, der Optimierung von Geist und Körper und der Abschaffung des Alterns werden in diesem Buch als utopische Großerzählungen in neuem Gewand rekonstruiert. Diese Utopien der biotechnischen Konstruktion eines Neuen Menschen verweisen zugleich auf eine tiefe Krise des utopischen Denkens in der Moderne. An die Stelle einer Transformation der Gesellschaft ist die Transformation des Körpers getreten, [aber warum? kg] die Hoffnung auf ‚Human Enhancement‘. Mittels hermeneutischer Textanalysen werden verschiedene Enhancement-Utopien untersucht - von den eugenischen Phantasien an der Schwelle zum 20. Jahrhundert bis hin zu den aktuellen Visionen des Transhumanismus.“ 3 Die Passage aus Wieser (1998, 554f) ausführlicher: : „Die Evolution kooperativer Eigenschaften in biologischen Systemen muß von zwei Seiten gesehen werden. Zum einen von der Seite der Teile des Systems, also der Gene, Zellen oder Individuen, die bereit zu sein scheinen, ihre Autonomie einzuschränken, weil sie von der Einbindung in das System profitieren. Zum anderen von der Seite des Systems, das die zentrifugalen, systemzerstörenden Tendenzen der Teile unter Kontrolle halten muß. Das biologische System lebt also einerseits vom scheinbaren Autonomieverzicht der Teile (einem Mechanismus, den man auch als einen altruistischen Akt deuten kann), andererseits von der Ausübung massiver Zwänge zur Stärkung der Kohäsion des Systems. Hinter dieser Alternative verbirgt sich ein grundsätzliches evolutionäres Prinzip: Beim Übergang vom Teil zum System wechseln auch die Angriffspunkte der Selektion. Diese greift entweder am Teil oder am System oder mit unterschiedlicher Stärke an beiden an. Im Falle hochintegrierter Systeme, wie etwa des vielzelligen Organismus, fungiert das gesamte System als die dominierende Einheit der Selektion. Die Systemteile, die Zellen, haben ihre Autonomie weitgehend verloren - aber eben doch nicht vollständig, denn manchmal kehren sie in den Zustand zurück, in dem sie die Ressourcen des Systems ausschließlich zur Förderung ihrer eigenen Vermehrung zu nützen trach-ten. Im Falle „weniger effektiv integrierter Systeme“ - etwa der individualisierten Gemeinschaften von Säugetieren, greift die Selektion sowohl an den systemaren Zwängen wie an den Eigenschaften der Individuen an. Das kann sich derart ausdrücken, daß unter gewissen Bedingungen - etwa wenn viele ähnliche Gruppen um begrenzte Ressourcen konkurrieren - das Überleben einer Gruppe


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davon abhängt, inwieweit sie, im Vergleich mit den konkurrierenden Gruppen, ihren inneren Zusammenhalt und die Effizienz ihrer Arbeitsteilung zu stärken imstande ist. Unter anderen Bedingungen, etwa wenn es darum geht, in Katastrophenzeiten neue Ressourcen zu erschließen, könnte dagegen jene Gruppe im Vorteil sein, in der ein besonders führungsstarkes Individuum die Spitze der Dominanzhierarchie erklimmt. Die Erkenntnis, daß die Selektion entweder am Teil oder am System angreifen kann und daß das optimale Verhältnis zwischen diesen beiden Möglichkeiten von den jeweils herrschenden ökologischen und sozialen Bedingungen abhängt, ist der Schlüssel zum Verständnis der sozialen Evolution mit ihrer unstillbaren inneren Dynamik. Jene Phasen der Evolution, in denen die Angriffspunkte der Selektion allmählich von Teilen auf Systeme übergehen, können als „die großen Übergänge der Evolution" (The Major Transitions in Evolution, Maynard Smith und Szathmary 1995) bezeichnet werden. Für den heutigen Betrachter markieren diese Systemübergänge echte Stufen oder Zäsuren der biologischen Evolution, an denen meist grundsätzlich neue biologische Phänomene sichtbar werden. So war der Übergang von den kleinen prokaryoten zu den großen eukaryoten Zellen das Ergebnis der Evolution einer symbiontischen Beziehung zwischen Zellen und hatte unter anderem die Globalisierung des aeroben Stoffwechsels sowie die Erfindung der Sexualität (mit all ihren Begleiterscheinungen, wie Reduktionsteilung, genetischer Kombinatorik und interzellulären Erkennungssystemen) zur Folge. Der Übergang vom Einzeller zum vielzelligen Organismus brachte die Trennung von Keimbahn und Soma mit sich und bereitete den Auftritt des Todes auf der Bühne der Evolution vor. Während die kombinatorischen Mechanismen der sexuellen Fortpflanzungsweise die genotypische Einzigartigkeit des eukaryoten Individuums begründeten, verantwortet die Trennung von Keimbahn und Soma dessen phänotypische Einzigartigkeit. Diese wurzelt in somatischen Veränderungen und epigenetischen Zwängen, die die Entwicklung des Individuums in spezifische Bahnen lenken. Vor allem aber verdankt der Phänotyp seine Einzigartigkeit der Spezifität, mit der Immunsystem und Gehirn sämtliche Einflüsse aus der Umwelt verarbeiten, so daß sogar genetisch identische Angehörige eines Klons den Charakter von Persönlichkeiten mit jeweils einzigartigen Lebensläufen ‚erwerben‘. 4 Anders als es die mißverständliche Formel vom „survival of the fittest“ suggeriert, muss in evolutionstheoretischer Perspektive die Fortpflanzung als der grundlegendere Vorgang betrachtet werden im Vergleich mit dem Überleben der Individuen. Denn ohne Replikation gibt es kein Leben. Deshalb ist anzunehmen, dass auch in der kulturellen Evolution den Formen der Fortpflanzungskonkurrenz größere Bedeutung zukommt als den Formen der Überlebenskonkurrenz. Diese Aussage bezieht sich allerdings nur auf das individuelle Überleben. Unter Einbeziehung von Gruppenselektion sind die Formen der Fortpflanzung als eingebettete Bestandteile zu betrachten. Dieser Punkt wäre auszuformulieren i.S. einer primordialen Gleichzeitigkeit von Sexualität, Individualität und Gruppenbildung. Wo es keine individuellen Organismen gibt, kann es auch noch keine Gruppenbildung geben. Konkurrenz auf Gruppenebene kann also auch erst emergieren mit sexueller Fortpflanzung und Individualisierung. Andererseits wird dann für kulturelle Evolution relevant, dass die Gegebenheit von Gruppen (Sozialsystemen) die Bedingungen der Sexualität und der Individualität verändert (dh. zunächst: einschränkt). 5 Primordiale Formen der Zivilisierung lassen sich der sexuellen Selektion zuschreiben, weil sie das Muster der Austragung von Konkurrenzkonflikten mittels Gewalt durchbricht. Die „weibliche Wahl“ in der Fortpflanzungskonkurrenz ist bereits in den Formen der Gruppenselektion im Tierreich verankert – s. Miller 2001, Zahavi 1998. Eine anschauliche Skizze der zivilisatorischen Funktion sexueller Selektion ist bei Pinker zu lesen:

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„Die Gewalt bei Männern wird aber wie mit einem Schieber geregelt: Sie können ihre Energie innerhalb eines ununterbrochenen Spektrums auf¬teilen: Auf der einen Seite steht dabei die Konkurrenz mit anderen Män¬nern um den Zugang zu Frauen, auf der anderen die Verführung der Frauen selbst und Hilfe beim Großziehen ihrer Kinder - ein Kontrast, den Biologen manchmal als »cads versus dads« (»Flegel kontra Papa«) bezeichnen. In einem sozialen Umfeld, das vorwiegend von anderen Männern bevölkert ist, wendet ein einzelner Mann die Energie am besten am »FlegelEnde« auf, denn die Konkurrenz um die Vorherrschaft ist notwendig, um die Konkurrenz zu vertreiben, und die Bedingung dafür, in die Nähe der raren Frauen zu gelangen, wo man um sie werben kann. Ebenso werden Flegel in einem Milieu selektioniert, in dem Frauen zwar zahlreicher sind, wobei aber wenige Männer ein Monopol auf sie haben. In einem solchen Milieu lohnt es sich, sein Leben aufs Spiel zu setzen; Daly und Wilson formulieren es so: »Jedes Lebewesen, das erkennbar auf dem Weg ist, im Hinblick auf die Fortpflanzung völlig zu scheitern, muss in irgendeiner Form seine Anstrengungen - häufig unter Lebensgefahr - verstärken, um damit seinem derzeitigen Leben eine bessere Wendung zu geben.« Dagegen selektioniert ein Umfeld, in dem es eine gleiche An¬zahl von Männern und Frauen sowie monogame Beziehungen zwischen ihnen gibt, die »Papa-Rolle«. Unter solchen Umständen verschafft ge¬waltsames Konkurrenzverhalten den Männern keinen Fortpflanzungs¬vorteil, sondern sie laufen Gefahr, in Sachen Fortpflanzung einen großen Nachteil zu erleiden: Ein toter Mann kann seine Kinder nicht versorgen. ... Dass es im Westen Nordamerikas irgendwann zahmer zuging, lag nicht nur an kaltschnäuzigen Sheriffs und Richtern, die Verbrecher hängen lie¬ßen, sondern vor allem am Zustrom der Frauen. In den »in Roaring Gulch eingetroffenen, sittsam-hübschen Lehrerinnen« der Hollywood- Western spiegelt sich eine historische Realität wider. Der Natur ist ein ungleiches Geschlechterverhältnis ein Gräuel, und schließlich strömten Frauen aus den Städten und von den Bauernhöfen des Ostens entlang des sexuellen Konzentrationsgefälles nach Westen. Witwen, alte Jungfern und junge, alleinstehende Frauen suchten ihr Glück auf dem Heirats¬markt; ermutigt wurden sie dabei sowohl von den einsamen Männern selbst als auch von Beamten und Geschäftsleuten, die des Treibens in den Drecklöchern des Westens zunehmend überdrüssig waren. Die neu ein¬getroffenen Frauen nutzten ihre starke Verhandlungsposition, um den Westen zu einer Umwelt zu machen, die ihren Interessen besser diente. Sie bestanden darauf, dass die Männer die Schlägereien und das Trinken zugunsten von Ehe und Familienleben aufgaben, trieben den Bau von Schulen und Kirchen voran und sorgten für die Schließung von Saloons, Bordellen, Spielhallen und anderen Einrichtungen, die mit ihnen um die Aufmerksamkeit der Männer konkurrierten. Institutionalisierte Unter¬stützung für ihre Zivilisationsoffensive erhielten die Frauen durch Kirchen mit ihrer gemischtgeschlechtlichen Mitgliederschaft, gutes Be¬nehmen am Sonntagmorgen und die Verherrlichung von Mäßigungs¬vorschriften. Heute lachen wir über die Women's Christian Temperance Union (mit ihrem die Axt schwingenden Kneipenschreck Carrie Nation) und die Heilsarmee, zu deren Hymne der Satire zufolge die Zeilen ge¬hören: »We never eat cookies 'cause cookies have yeast / And one little bite turns a man to a beast« [»Wir essen nie Kekse, denn in Keksen ist Hefe / Und ein kleiner Biss machte den Mann zur Bestie.«] Aber die ersten Fe-ministinnen der Abstinenzbewegung gaben eine Antwort auf die höchst reale Katastrophe der vom Alkohol getriebenen Bluttaten in den von Männern beherrschten Enklaven. Die Vorstellung, dass junge Männer durch Frauen und Heirat zivili¬siert werden, mag abgedroschen klingen, aber sie ist in der modernen Kriminologie eine Binsenweisheit. Im Rahmen einer berühmten Studie hat man tausend Teenager aus der unteren Einkommensgruppe aus Boston 45 Jahre lang begleitet und zwei Faktoren ausgemacht, die vorher¬sagen, ob ein Mann das Leben eines Verbrechers führen wird: ein sicherer Arbeitsplatz und eine Frau, um die und deren Kinder er sich kümmert und die er unter-


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stützt. Die Wirkung der Hochzeit war beträchtlich: Drei Viertel der Junggesellen, aber nur ein Drittel der Ehemänner begingen weiterhin Verbrechen. Der Unterschied allein kann uns keinen Auf¬schluss darüber geben, ob eine Hochzeit Männer von Verbrechen fern¬hält oder ob Berufskriminelle mit einer geringeren Wahr-scheinlichkeit heiraten, aber die Soziologen Robert Sampson, John Laub und Christo¬pher Wimer haben gezeigt, dass eine Hochzeit tatsächlich eine befrieden¬de Wirkung zu haben scheint. Als sie alle Faktoren, die Männer norma¬lerweise zu einer Heirat treiben, konstant hielten, fanden sie heraus, dass eine tatsächliche Heirat die Wahrscheinlichkeit für einen Mann senkt, unmittelbar danach Verbrechen zu begehen.108 Der Kausalzusammen-hang ist von Jonny Cash kurz und bündig erklärt worden: »Because you're mine, I walk the line« [»Weil du mir gehörst, befolge ich die Regeln«].“ (Pinker 2011,167f.) Hier evtl. Hinweise auf Paläoanthropologie mit Bezug auf Grabbeigaben und Ethnologie mit Bezug auf Opferrituale. Dazu Turner/Maryanski (2008, 303): “When populations did respond to selection pressures, social evolution became more Lamarckian than Darwinian because new sociocultural formations could be created and passed down to the next generation. Biological evolution did not cease, of course, but the rate of change in the human genome has been very slow since humans began to live in sociocultural cages that could insulate them, to a degree, from selection on their phenotypes and underlying genotypes. Thus, humans have really not changed in fundamental ways biologically since their emergence some 150,000 years ago. The rate of biological evolution is, in a rough sense, inversely related to the rate of sociocultural evolution that increases the fitness of populations in their biophysical environments. Selection was not only individual and sociocultural in nature; it was also group selection because the ability to organize collectively was, and still is, the focal point of those selection pressures driving the development of social structures and systems of cultural symbols. One implication of this shift in the nature of selection pressures on human populations is that human nature, or the biological propensities of humans to act in certain ways, has not changed dramatically. Rather, human nature had to accommodate the new complexities and controls imposed by social structures and cultures, even if these violated humans' ape heritage. Thus, even if humans are strangers in this strange new land of sociocultural confinements, their ape and hominin predispositions were not fully selected out. Indeed, humans have the same needs and proclivities as their hunting- and-gathering ancestors, even as selection pressures on populations have forced Homo sapiens to adapt to a succession of sociocultural cages.” Zu Paradoxien im Historischen Wörterbuch der Philosophie: „Bei XENOPHON bezeichnet Kyros Ausführungen des Kroisos als ‹Paradoxa› ... und meint damit, daß diese Ausführungen ‘sonderbarʼ, ‘befremdlichʼ sind und einer näheren Erläuterung bedürfen.[...] Das P. hat seinen ursprünglichen Ort in der Rhetorik der Auseinandersetzung mit der öffentlich anerkannten Meinung, und es setzt die Entzweiung von Subjektivität und Sozietät durchgehend voraus. Deshalb ist das P. aber auch an sich selbst paradox: es lebt von der Ablehnung der öffentlichen Meinung, auf deren Anerkennung es gleichwohl immer angewiesen bleibt, um sich gegen die öffentliche Meinung als ein P. öffentlich behaupten zu können. Das P. zieht viele Hörer an, indem es dieselben abstößt. [....] ‹Paradoxie› bezeichnet in der Logik einen durch eine (scheinbar) korrekte logische Argumentation gewonnenen Satz, der kontradiktorisch ist oder im Widerspruch zu anerkannten Tatsachen steht bzw. zu stehen scheint.“ (HWPh Bd. 7 S.81ff. ) Technische Veränderungen am eigenen Organismus, die historisch zunächst ausgeschlossen werden können (s. die folgende Anm. zu Alsberg) müssen den Techniken der Naturbearbeitung zugerechnet werden. Sie verändern mit der menschlichen Natur auch seine ökologische Nische. Zur Verengung der Technikperspektive auf ihre vergegenständlichten Formen im mainstream der Soziologie Rammert (2008,

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351): „Die Soziologie hat sich zu Lasten ihrer Beobachtungsfähigkeit zu sehr an der Materialität der Technik orientiert, was die Form der Mechanisierung und die physikalisch vergegenständlichte Sachtechnik in den Vordergrund gerückt hat. Man sah dementsprechend nur Maschinen, nicht Maschinerien, analysierte instrumentelles Handeln, nicht Interaktion und Kommunikation mit Techniken. So verlor sie vorschnell aus dem Blick, daß Schematisierungen und Habitualisierungen körperlicher Bewegungen historisch häufig den Sachtechniken vorausgingen. Handlungstechniken - wie trainierte Griffe, rhythmische Arbeitskooperation oder Arbeitsteilung - sind solche technisierten Formen im Medium des menschlichen Körpers, die aktuell in technographischen Beobachtungen beim medizinischen Operieren oder beim Navigieren von Fahr- und Flugzeugen, beim Trainieren der Steuerung von komplexen Anlagen und beim Manipulieren von Tastaturen wieder sichtbar und in ihrer Bedeutung erkennbar werden. Gleiches gilt für die Technisierung im Medium der symbolischen Zeichen. Ohne die in Symbolsystemen eingeschriebenen Zeichentechniken - wie Rechenkalküle mit Zahlen und Spalten oder Programme aus Ziffern und buchstäblichen Anweisungen - hätte schon die aus arbeitsteilig koordinierten Körpern und aus einfachen Sachtechniken wie Rolle, Hebel und schiefer Ebene zusammengesetzte Maschinerie zum Bau der Pyramiden nicht funktioniert. Erst die genaue Beobachtung auch und gerade der hochmodernen Informations- und Kommunikationstechniken im Einsatz zeigt nicht nur die Relevanz der in den Programmen der Künstlichen Intelligenz gipfelnden Zeichentechniken, sondern auch einfachster Zeichentechniken, wie Strichlisten zu führen oder Papierschnipsel mit Flugzeugcodes im Lotsenkontrollraum über Karten weiterzuschieben.“ 10 Alsberg (1975) hat damit einen Mechanismus beschrieben, der nicht nur im Prozess der Hominisation sondern andauernd in der kulturellen Evolution variationswirksam ist. Er hat jedoch übersehen, dass dieser Mechanismus weitgehend blind funktioniert, und es versäumt, die spezifischen Umweltbedingungen aufzuklären, unter denen bestimmte Variationen selegiert werden. Insbesondere fällt auf, dass die bei Darwin prominente Funktion der sexuellen Selektion in der Alsbergschen Evolutionstheorie fehlt. Für Alsberg (1975, zuerst 1922) stellt die Waffe des Steinewerfens eine Frühform kultureller Distanzierungstechniken dar (vgl. die Verwendung von Drohnen in modernen Kriegen.). Da Alsberg sein Theorem nicht in einer Theorie der Gruppenselektion einbettet, betrachtet er auch die Sprache primär als Distanzierungstechnik und verkennt ihre Bindungsfunktionen im Inneren sozialer Systeme. Um der Heroisierung im Technik-Theorem von Alsberg (und der antidarwinistischen Stoßrichtung der Philosophischen Anthropologie) die Spitze zu nehmen, ist darauf hinzuweisen, dass auch in der biologischen Evolutionstheorie Anpassung keineswegs nur Veränderungen auf der Umweltseite zugerechnet wird. Neue Arten entstehen durch Selektion mit Abweichungen. Die Zahl der Mutanten in einer Population vermehrt sich - bis zum Punkt, wo eine neue Art entsteht - wenn diese besser an ihre Umwelt angepasst sind. Wenn sich eine Population so sehr vermehrt, dass die in ihrer Umwelt gegebenen Ressourcen nicht mehr zum Überleben ausreichen, dann hat sich materialiter nicht die Umwelt verändert, sondern die Population. Dies gilt auch für die Koexistenz verschiedener Arten unter gegebenen Umweltbedingungen. Die Erstbesiedlung eines natürlichen Raums erfolgt gewöhnlich durch sehr einfache Organismen, die die vorhandenen Ressourcen für sich allein nutzen. Jede neu hinzukommende Art muss einen komplizierteren Organismus aufweisen, um zu überleben. Sie hat vielleicht andere Verdauungsorgane als die erstbesiedelnde Art und kann sich deshalb andere Umweltressourcen erschließen. Sie kann überleben, weil sie in dieser Hinsicht mit der erstbesiedelnden Art gar nicht konkurriert. Man könnte also auch sagen, sie reproduziert sich in einer anderen Umwelt. Differenzierung dient auch in der Evolution der Arten der Vermeidung von Konkurrenzkonflikten.


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Man kann diese Entwicklung zu immer komplizierteren Organismen (i.S. einer Denkweise, die älter ist als die Darwinsche Evolutionstheorie) auch als Fortschritt oder Aufwärtsentwicklung darstellen: „Rückschritte kamen dabei auch vor, denn Bakterien überleben oder sterben; Landsäuger dagegen kehren durch »Regression« zum Beispiel in den Ozean zurück, wie zum Beispiel der Seehund oder der Delphin. Generell führt die Spezialisierung aber nach »oben«, doch zugleich zerstört sie die Chance einer maximalen Variation des Paradigmas. Wenn das Leben »Fisch spielt«, dann kann es nicht gleichzeitig »Insekt spielen«, und wenn es Insekt spielt, dann kann es nicht »Säugetier spielen«. Das heißt, daß sich der »Computer des Lebens« die weiteren Programme selbst aussucht (in der artbildenden Radiation), und wenn er in bestimmten Verästelungen verliert (vor 65 Millionen Jahre verloren die Echsen), übernimmt ein anderer paradigmatischer Ast und setzt das »Spiel ums Überleben« fort. Gleichwohl entstehen die Programme - die Klassen, Typen, Arten - blindlings. Doch sie erlangen durch die Spezialisierung eine zunehmende Orientierung.“ (Lem 2000, 207f.) 11 Und nicht gegenüber der – wie auch immer beschränkten - Natur des eigenen Organismus. Nowak weist darauf hin, dass auch die an Ameisengesellschaften beobachtete Eusozialität ihren evolutionären Ausgangspunkt (point of no return) an der körperlichen Differenzierung habe. Dies macht die Differenz zu Menschengesellschaften aus: “As societies grow larger and more complex, however, competition between colonies grows fiercer, and as a consequence, group selection begins to act, spurring the emergence of a worker caste selected from genetic mutations within a group. This origin of an anatomically distinct worker caste appears to mark what Wilson calls the "point of no return" in evolution, at which eusocial life becomes irreversible. It is at this stage that insect societies made the transition to superorganisms. Eusociality, like multicellularity, is an important invention in evolution, one that shows the incredible power of cooperation.” (2011, 166). Wenn die körperliche Differenz der teilnehmenden Akteure zur Definition von Superorganismen – Eusozialität - gehört, dann kann die menschliche Gesellschaft nicht als solche bezeichnet werden. Hier wird der Gebrauch von Technik - inkl. sprachlicher Zeichentechnik – zum Mittel, körperliche Differenzierung zu ersparen. Die Umstellung von körperlicher Differenz auf symbolische – genetisch nicht vererbliche – Differenzen wird allerdings erst in der Binnendifferenzierung der modernen Gesellschaft zum durchgängigen Prinzip. Unter den Bedingungen stratifikatorischer Differenzierung werden ja die menschlichen Teilnehmer immer noch als Ganze voneinander unterschieden, und in segmentär differenzierten Gesellschaften werden die Unterschiede auch noch körperlich (gewissermaßen an Haut und Haaren) markiert. In diesem Sinne folgert Nowak: „Finally, it is fascinating to contrast two-legged and six-legged society. Both owe their success to cooperation and division of labor. Both rely on multilevel selection, where there has been competition between groups. But, of course, ants are ruled by instinct alone while, thanks to language, we also have swiftly evolving cultures. Before we feel too smug, we should remember that after only 200,000 years, we humans are in danger of overwhelming our planet while the ants have lived in harmony with it for 100 million years.” (2011, 167f.) 12 Angesichts der offenkundigen Bedeutung materieller Objekte und Werkzeuge beim Bau des soziokulturellen Gehäuses ist es selbst als erklärungsbedürftiges Phänomen zu betrachten, dass es Theorien gibt, die den Gegenstand der Soziologie auf Sinnoperationen und -strukturen beschränken. (Über solche Abstraktionen müsste wohl jedes Kind lachen, das sich nicht von dem Anspruch soziologischer Supertheorie schon hat einschüchtern lassen.) Eine Erklärung ist in den Konkurrenzkonflikten zu suchen, die zur Ursache sozialer Differenzierung – hier der Differenzierung zwischen den Wissenschaftsdisziplinen - werden. Die Soziologie hat sich – beeindruckt von dem Ausbreitungserfolg der Naturwissen-

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schaften – auf das Gebiet der „rein“ sozialen Tatsachen bzw. der Geisteswissenschaften zurückgezogen. S. dagegen Latour 2007. Obwohl bereits Durkheim in methodologischer Hinsicht den geistig-moralischen Charakter soziologischer Tatbestände einseitig herausstellte, hat er deren materielle Substrate doch nicht verleugnet: „Nun gibt es auch Arten des Kollektivseins, d. h. soziologische Tatbestände anatomischer oder morphologischer Ordnung. Die Soziologie kann sich des Interesses für Erscheinungen nicht entschlagen, die das Substrat des Kollektivlebens betreffen. Und doch läßt sich die Zahl und Natur der Teile, aus denen sich Gesellschaft zusammensetzt, die Art ihrer Anordnung, die Innigkeit ihrer Verbindung, die Verteilung der Bevölkerung über die Oberfläche des Landes, die Zahl und Beschaffenheit der Verkehrswege, die Gestaltung der Wohn-stätten usw. bei oberflächlicher Prüfung scheinbar nicht auf Formen des Handelns, Fühlens und Denkens zurückführen. Dabei zeigen aber diese unterschiedlichen Erscheinungen dieselben Merkmale, die zur Definition der anderen herangezogen wurden. Diese Arten des Seins drängen sich dem Einzelnen genau so auf, wie die früher besprochenen Arten des Handelns. Wer die Art der politischen Teilung einer Gesellschaft, die Zusammensetzung dieser Teile, die mehr oder weniger enge Verbindung zwischen ihnen kennenlernen will, kann zu diesem Ziele nicht durch eine rein materielle Untersuchung und durch geographische Beobachtungen gelangen. Diese Einteilungen sind moralischer Natur, wenn sie auch in der physischen Natur eine Grundlage haben. Erst vermittels des öffentlichen Rechtes ist die Erforschung dieser Verfassung möglich; denn das Recht regelt sie ebenso wie alle unsere häuslichen und bürgerlichen Beziehungen; ihr kommt derselbe obligatorische Charakter zu. Daß sich die Bevölkerung in den Städten zusammendrängt, anstatt sich über das Land zu verstreuen, geschieht, weil es eine Meinungsströmung und einen kollektiven Drang gibt, der den Einzelnen eine solche Konzentration auferlegt. Es steht uns ebensowenig frei, die Form unserer Häuser zu wählen, wie die der Kleidung; die eine ist mindestens im gleichen Maße verbindlich wie die andere. Die Verkehrswege bestimmen gebieterisch die Richtung der Binnenwanderungen und des Handels und sogar die Intensität der Wanderungen und des Handels usw. Folglich könnte man höchstens der Liste der früher aufgezählten Erscheinungen eine Kategorie mehr hinzufügen, die ebenfalls die Kennzeichen der soziologischen Tatbestände aufweist. Da diese Aufzählung keineswegs erschöpfend war, wäre diese Hinzufügung nicht unerläßlich.“ (Durkheim 1970, 113) Wer mit Durkheim „das Soziale nur aus dem Sozialen“ erklären will, darf das Soziale selbst nicht nur als Sinneinheit, sondern muss es auch als materielle Gegebenheit verstehen. 13 Das soziale Netzwerk bildet auch eine eigenständige Grundlage für jene Merkmale der menschlichen Kultur, die als „Intelligenz“ bezeichnet werden und lange Zeit (von Psychologen und Kognitionswissenschaftlern) einseitig auf Eigenschaften des menschlichen Gehirns zurückgeführt worden sind. In seinen Reflexionen über Technologien zur Verbesserung der menschlichen Intelligenz hat Stanislaw Lem auf die soziale Seite der menschlichen Intelligenz hingewiesen, die sich organischen Eingriffen entzieht: „Im Jahre 1990 erschien bei Rowman and Littlefield Publishers eine Arbeit von Nicholas Rescher mit dem Titel A Useful Inheritance: Evolutionary Aspects of the Theory of Knowledge. Mehr vom Inhalt verrät der Titel der [1994 bei Hirzel in Stuttgart erschienenen] deutschen Ausgabe: Warum sind wir nicht klüger?, womit gemeint ist: Warum hat die Evolution uns nicht klüger gemacht, als wir es sind? »Eine Beimischung von Dummheit ist«, wie Rescher behauptet, »evolutionär von Vorteil«, weil »allzu große Klugheit« nicht im gleichen Maße auf soziale Rücksichtnahmen und Bindungen angewiesen ist wie eine »beschränkte Klugheit«. Das ist aus meiner Sicht richtig und unrichtig zugleich, denn schon der Begriff »Klugheit« oder, wie es im Originaltext heißt, unseres »kognitiven Potentials« ist sehr verschwommen und kann ganz unterschiedlich gedeutet werden. (Intelligenz ist nicht dasselbe wie Verstand, Schläue nicht gleich Vernunft, Klugheit mehr


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als Tüchtigkeit im Überleben und in der aktiven Einwirkung auf die Umwelt.) Für die Entstehung der artikulierten Sprache mit ihrer Semantik, Syntax und Idiomatik war die soziale Bindung notwendig. Doch zugleich fördert eine breite Streuung der Intelligenzquotienten bei »positiver sozialer Resonanz« den Fortschritt der zivilisatorischen Leistungen (bis hin zur kollektiven Selbstgefähr¬dung, gemäß der französischen Sentenz les extremes se tou¬chent). Eine eigentümliche Deutung für das Stehenbleiben der Evolution des menschlichen Gehirns auf der (im Holozän erreichten) Stufe des Homo sapiens sapiens liefert möglicherweise der Umstand, daß sich eine in Korrelation mit dem Zuwachs des Gehirnvolumens statistisch wachsende Gefahr des Zerfalls ergibt (ein »Übermaß an Komplikationen« kann zu bestimmten Abweichungen von der durchschnittlichen Norm führen, die teils positiv - bis hin zu Genialität und Erfindungsgabe - und teils negativ - im Sinne der Psychiatrie und Psychopathologie - sind). Ein selektives Optimum wird also dann erreicht, wenn der Intelligenzquotient (IQ) insgesamt maßvoll hoch ist, die Individuen auf dem rechten absteigenden Ast der Gaußschen Glockenkurve des IQ jedenfalls gleichermaßen auf das Kollektiv angewiesen sind. (Es scheint, als seien die Individuen auf dem linken, zur Subnormalität absteigenden Ast der Kurve die Kosten der statistischen Ge¬nomverteilung, und nach den sich kollektiv herausbildenden über- und außerbiologischen Normen können sie einen Ballast darstellen, der evolutionär »tragbar« ist; [...] Unter Intelligenz versteht man generell ein Bündel von Transferleistungen solcher Befähigungen, die ohne moralisch-ethische Aufsicht erworben oder erlernt wurden, während »Klugheit« die Intelligenz mit einem Altruismus verknüpft, der sich nicht nur auf die eigene Gattung bezieht, sondern alles Lebendige über den Menschen hinaus fördert.)“ (Lem 2000, 178ff.) – Evtl. Querbezüge zu der auf die Intelligenz von Marktmechanismen bezogenen Evolutionstheorie v. Hayeks und „verteiltes Handeln“ (Rammert 2008). 14 Mit Bezug auf die drei Dimensionen der Technisierung – Naturbeherrschungstechnik, Waffentechnik, Kommunikationstechnik – ist evtl. auch der Frage nach einer tendenziellen Auflösung der Innen-Außen-Differenz und der Transformation auch der vergegenständlichten Formen von Technik in Mittel der sozialen Kontrolle (als Legitimationsideologie und verdinglichte Herrschaft) aufzugreifen. Die schon Ende der 60er Jahre (s. Habermas, 1968 und Marcuse ...) formulierte These des Zusammenfallens von Technik und sozialer Kontrolle scheint mir aber mit evolutionstheoretischen Prämissen nicht vereinbar. Dagegen s. Lübbe ... 15 An dieser Stelle könnte auch noch die Maschinen-Metapher angesprochen werden, die seit Beginn der frühen Neuzeit faszinierte, und die Baum-Metapher, die bei der Popularisierung der Darwinschen Theorie eine erhebliche Rolle spielte – S. Haeckel und s. schon die Verzweigungs-Skizze aus Darwins Tagebuch. Die Baum-Metapher hat zwar Bezüge zur Differenzierung der Arten, aber keinen direkten Bezug auf die Binnendifferenzierung sozialer Systeme. Dafür aber als „Baum des Lebens“ eine lange Tradition in verschiedenen Religionen – vermutlich zunächst als Stammbaum (Ahnenkult). „Der Glaube an einen Fortschritt, der, von Epoche zu Epoche aufsteigend, mit ständig wachsender Geschicklichkeit der Perfektion entgegenstrebt, an einen Fortschritt des Lebens, der sich im ganzen Baum der Evolution ausdrückt, ist älter als die Theorie der Evolution.“ zitiert aus Stanislaw Lem: Also sprach Golem. Frankfurt: Suhrkamp 1986, S. 5 16 Zur Härte-Semantik s. auch M. Webers vielzitierte Formulierung vom „stählernen Gehäuse“ der Bürokratie und E. Jüngers „Stahlgewitter“. 17 Stanislaw Lem hat mit Bezug auf die beim Ausbau des soziokulturellen Gehäuses zum Zuge kommenden Technologien auf einen wichtigen Unterschied hingewiesen: „Es gibt reichlich Unterschiede zwischen der Biotechnologie und unserer Technologie (in allen Spielarten). Der wichtigste ist, verkürzt gesagt, der, daß wir in der Regel nach der Methode Top-down handeln, die Biotechnologie aber nach der Methode Bottom-up. ... Zuerst »lernte« sie, das heißt trainierte sie, die primitiven Anfänge des genetischen

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Codes in den drei Milliarden Jahre nach der Erstarrung der damals letzten proto-planetaren Oberfläche der Erde. Und erst nachdem sie den Erbcode durch die Trillionen »Versuche und Irrtümer« mit einer größeren Universalität ausgestattet hatte, entwickelte sie daraus einfache Zellverbände, dann etwas größere, die zu einem replikativen Leben im Wasser fähig waren, dann auf dem Land und am Schluß in der Luft.“ (Lem 2000, 151) M.E. ist aber der Unterschied der Perspektiven zwischen natürlicher und kultureller Evolution praktisch nicht so groß, wenn man bedenkt, wie sehr die Technik als Variationsmechanismus in der kulturellen Evolution von trial-and-error-Methoden bestimmt ist. Worauf Lems Behauptung einer top down-Perspektive sich stützt, ist der kulturelle Selektionsmechanismus, dessen Kriterien sich aus den symbolischen Ordnungen der Metaebene ableiten. Dazu Schurz 2000: „Variation in der kulturellen Evolution beruht zwar auch auf Zufall, aber wesentlich auf menschlicher Experimentier- und Erfindungskraft, und diese ist nicht, wie Mutation und Rekombination, zufällig und ‘blind’, sondern rational geplant und zielgerichtet. Doch darin liegt theoretisch kein Hinderungsgrund für die Anwendung der Evolutionstheorie (sofern man keine ‘Metaphysik des Geistes’ annimmt, die sich naturalistischen Betrachtungen grundsätzlich entzieht). Man betrachte als Beispiel die Evolution der Technik. Technische Erfindungen sind keine ‘blinden’ Mutationen, aber sie sind in vielfältiger Weise fehlerhaft, und daher einer systematisch optimierenden Selektion fähig (vgl. Bigelow/Pargetter 1987, 185). Dass Variationen nicht völlig ‘blind’, sondern ‘rational zielgerichtet’ erfolgen, bedeutet im besten Fall lediglich, dass die Evolution schneller verläuft, weil weniger disfunktionale Variationen durchlaufen werden müssen. Im schlechtesten Fall kann es auch bedeuten, dass gewisse Variationen, die sich gegen unser aller Dafürhalten letztlich als sehr erfolgreich erweisen würden, nie zum Zug können. So gesehen hat trial-und-error, trotz seiner Langsamkeit, auch gewisse Vorteile in Hinblick auf Unvoreingenommenheit. In dem Drang aller jungen Generationen, Neues auszuprobieren, bloß um der Neuheit wegen, scheint tatsächlich der menschlichen Art eine gewisse kulturelle Variationsfeudigkeit angeboren zu sein, die für die kulturelle Evolution von großer Wichtigkeit ist (bei aller Betonung von Tradition - das ist in der Evolutionstheorie eben kein Widerspruch).“ ... „Nichts illustriert die gewaltige und jegliche menschliche Einzelleistung millionenfach übersteigende Kraft der kulturellen Evolution besser als Technik und Wissenschaft. Man stelle sich als ein Gedankenexperiment vor, von einer Generation zur anderen würden schlagartig alles bisher akkumulierten Informationen und alle technischen Geräte vernichtet werden: die folgende Generation wäre wieder auf die Stufe des Steinzeitmenschen versetzt. Hunderttausende von Jahren würde es brauchen, die¬sen Rückstand wieder aufzuholen - und nur ‘Gott’ kann wissen, ob eine solche ,zweite’ kulturelle Evolution in eine ähnliche Situation hinein evolvieren würde wie jene, in der sich die Menschen gegenwärtig befinden. Umgekehrt, katapultiert man ein Kleinkind der wenigen noch auf steinzeitlicher Stufe lebenden Stämme in Afrika in die westliche Zivilisation, wird es den ‘Zeitsprung’ von Hunderttausenden von Jahren durch Erwerb der zivilisierten Tradition ohne größere Mühe aufholen.“ 18 In diesem Sinne Schurz (2011, 203): „Es liegt etwas Wahres im Sinnspruch von Newton, dem zufolge wir alle, geistig betrachtet, auf den Schultern von Giganten sitzen. ... Und dennoch ist es Genies vom höchsten Range im Regelfall unmöglich, die geistige Entwicklung der nächsten, sagen wir, nur zwei Folgegenerationen von Wissenschaftlern vorwegzunehmen. Auch ein Newton hätte im Traum nicht an die Möglichkeit von Relativitätstheorie oder Quantenmechanik gedacht. Anders gesprochen, auf den Schultern der alten Giganten sitzen wiederum neue Giganten usw., und getragen wird das alles nicht von den untersten Giganten, sondern von der sozialen Organisation, dem kulturellen ‚Leviathan‘, welcher das Fortbestehen der kulturellen Reproduktion gewährleistet.“ .

19 Hier wäre aber im Anschluss an die Hinweise im 1.Abschnitt und im Vorgriff auf 3. noch zu unterscheiden zwischen der (internen) Konkurrenz um Fortpflanzungschancen und der um Überlebenschancen.


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20 Hinweis auf meinen (unveröffentlichten) Beitrag zu Ebenendifferenzierungen in der Luhmannschen Systemdifferenzierungstheorie (Gilgenmann 2012). 21 Der aus der Perspektive der westeuropäischen Moderne (mit ihren hochkulturellen Ansprüchen) eher naiv anmutende LeninSpruch „Kommunismus - das ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung ...“ ist durchaus geeignet, die enge Verbindung von Technik und sozialer Kontrolle - beim Ausbau des soziokulturellen Gehäuses zu kennzeichnen. Allerdings tritt diese Verbindung in den entwickelteren Formen der modernen Gesellschaft nicht mehr in einer so leicht unterscheidbaren Form wie der - auf den ersten Blick - sozial neutralen Elektrifizierung und der sozial höchst aufgeladenen Kontrolle durch eine politische Dikatur auf. Die entwickelteren Formen entziehen sich vielmehr der direkten (und häufig auch der wissenschaftlichen) Beobachtung. 22 In diesem Sinne auch Tenbruck in seinem Aufsatz über Gesellschaftstypen (1972, 55): „Eine Gesellschaft ist eben ein Wirkzusammenhang, der Verbindung voraussetzt. Verbindung aber ist vorweg ein Raumproblem, und eine geregelte Verbindung zwischen Menschen kann über Entfernungen hinweg nur in dem Maße bestehen, wie technische Mittel und soziale Organisationen sie ermöglichen. Das Niveau der Technik und Organisation setzt jedoch entsprechende Grade der Arbeitsteilung voraus. Und diese wiederum können nur bei gewissen Gebiets- und Bevölkerungsgrößen erreicht werden, obschon diese Beziehung von dem technischen und organisatorischen Niveau wie auch von der Wirtschaftsweise erheblich beeinfiußt wird.“ 23 Stichweh hat (in einem unveröff. Artikel 2008) die Folgerung formuliert, dass durch die globale Ausdehnung und Verdichtung der menschlichen Sozialität zur Weltgesellschaft die „Unizität“ der Spezies „Homo sapiens“ i.S. einer Selbstabgrenzung stärker hervorgetreten sei, als dies historisch für frühere Gesellschaften der Fall war: „Diese Selbstbegrenzung und Präzisierung der Grenzbildung sozialer Systeme korreliert schliesslich mit einer spezifischen Rücksichtslosigkeit menschlicher sozialer Systeme. Sie institutionalisieren gesellschaftsweite Semantiken der Humanität und globale Menschenrechte (auch wenn es global umstrittene Menschenrechte sein sollten), aber sie sind vergleichsweise indifferent gegenüber allen jenen, die nicht mehr zu den berücksichtigungsfähigen Adressen in der Umwelt der Gesellschaft gehören . Ein solcher Rückzug menschlicher Gesellschaften auf sich selbst und ihre infrastrukturelle Prämisse des Menschen könnte unproblematisch sein, wenn nicht von Weltgesellschaft die Rede wäre. Denn das System der Weltgesellschaft ist auch ein System, dem eine Macht zugefallen ist, für die es in der Geschichte keine Vorläufer gibt. Die menschliche Gesellschaft entscheidet nicht nur über ihre eigenen Lebensbedingungen. Sondern sie entscheidet mit der Entscheidung über diese auch über die Lebensbedingungen und die Erhaltungschancen der meisten anderen Spezies, die die natürliche Evolution hervorgebracht hat. Dies ist eine Herausforderung, eine ‚treuhänderische‘ Verantwortung für die Existenzbedingungen des Lebens auf der Erde, von der wir noch nicht wissen, ob die Sozialsysteme des Homo sapiens ihr gewachsen sein werden.“ 24 An dieser Stelle ließe sich ein Exkurs über den politischen Geoder Mißbrauch von Evolutionstheorie anschließen. Hier lassen sich zwei Verwendungsarten unterscheiden, in denen höchst ambivalentes Potenzial steckt: Erstens als Einsicht in unbeeinflussbare oder zumindest nicht ohne unvorhersehbare Risiken beeinflußbare Gesetze der Natur – also mit einer grundsätzlich konservativen Einstellung (so ähnlich wie Papst Benedikt, wenn er sich zur Verteidigung kirchlicher Morallehren auf „Naturrecht“ beruft – mit dem Schöpfergott im Hintergrund). Und zweitens als Vorlage für technische Nachahmungsprozesse mit dem Ziel, den äußeren Selektionsdruck zu mindern und die Vorrangstellung des Menschen (oder nur bestimmter Gruppen von Menschen – etwa die „arische Rasse“) in der Welt auszubauen – also mit einer heroisch-progressiven Einstellung.

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25 Noch einmal: nicht nur mit den Mitteln der Kommunikationstechnik (Buchdruck, Internet etc.) sondern auch mit den Mitteln der Naturbearbeitungstechnik (fossile Energieressourcen etc.) und mit den Mitteln der Waffentechnik (gewaltsame Etablierung internationaler Regime etc.) 26 Eine Steigerung der Ansprüche an Individualität in der modernen Gesellschaft, die zu einer Vergöttlichung des Individuums führt, ist von Durkheim schon 1986 vorausgesehen worden. S. dazu neuerdings affirmativ Hans Joas‘ Genealogie der Menschenrechte (2011). Aufgrund ideengeschichtlicher Entwicklungen kann es so erscheinen, als ob die Postulierung negativer (auf Abwehr staatlicher Übergriffe gerichteter) Freiheitsrechte nur am Anfang der modernen Gesellschaft gestanden hätte und der reale Fortschritt sich dann in der Einführung sozialer Anspruchsrechte (auf Sicherheit und Teilhabe) gezeigt habe. Mit evolutionstheoretischem Abstand kann man aber eine andere Reihenfolge erkennen. Soziale Sicherheit und Einbindung waren immer schon Bestandteile aller Sozialsysteme in ihrer Konkurrenz mit anderen Sozialsystemen. Die Entfaltung individueller Freiheitsrechte ist dagegen die eigentliche Innovation der Moderne. Daher sind auch die Tendenzen zur Verbreitung und Stabilisierung dieser Individualrechte, die irreführend als Neoliberalismus etikettiert werden, nicht etwa als Rückfall in archaische Verhältnisse zu betrachten, sondern als Ausdruck einer fortgeschrittenen Differenzierungsform der Moderne. 27 Der Paracelsus zugeschriebene Spruch, wonach alles eine Frage der Dosierung sei, kann als eine praktische Auslegung der philosophischen Redeweise vom Umschlagen von Quantität in (neue) Qualität betrachtet werden. Sie lässt sich auch evolutionstheoretisch begründen. Und zwar nicht nur dahingehend, dass mit der globalen Ausdehnung der menschlichen Gesellschaft eine neue Qualität erreicht wurde, die Konfliktexternalisierungen unmöglich macht. Diese Aussage gilt ja nur für das spezifische Verhaltensmuster der Externalisierung. Ansonsten ist aber herauszustellen, dass Selbstbeschränkung (also Dosierung) immer schon zum kulturellen Verhalten menschlicher (und nichtmenschlicher) Populationen unter den Bedingungen der Gruppenevolution gehört hat. Es ist also keinewegs nur so, dass das Verhalten immer nur durch die Tendenz zur (Verbesserung durch) Vermehrung und Ausdehnung bestimmt war, und Beschränkung nur durch die natürlichen Umweltbedingungen auferlegt wurde. Vielmehr hat sich im Rahmen von Gruppenselektion immer schon die interne Selektion durch Selbstbeschränkung (keine Geburten mehr etc.) als Mittel entwickelt, das den Selektionsdruck der äußeren Umwelt mildert, indem er ihn durch interne Selektion vorwegnimmt. Nicht erst die moderne Gesellschaft sondern alle Sozialsysteme sind immer schon auf natürliche Beschränkungen gestoßen, auf die sie aktiv mit dem Mittel der Selbstbeschränkung – zB. auch der Vermehrung ihrer Individuen – reagiert haben. 28 Das heißt natürlich nicht, dass es mir gleichgültig wäre. Die neuen Konzepte der Menschenverbesserung stellen ja einen massiven Angriff auf die „Unverfügbarkeit“ der menschlichen (und außermenschlichen) Natur dar, die für Anhänger der europäischen Aufklärung, die den tradierten Erzählungen der Religionsgemeinschaften nichts mehr abgewinnen können, vielleicht die letzte Form der Transzendenz gebildet hat. Aber auch dies war eine Illusion, die einer nüchternen Bestandaufnahme i.S. des Reflexivwerdens der kulturellen Evolution weichen muss (s. schon FN16). 29 Daraus folgt nicht, dass man den Versprechungen der Schönheits-Industrie Kredit einräumen soll, aber eine gewisse Entwarnung gegenüber dem Alarmismus in vielen zeitgenössischen Beiträgen über diese Phänomene. (S. nur Liebsch/Manz 2010, Viehöfer/Wehling 2011 ) 30 Weitere Literaturhinweise: Hier Titel, die nicht in Haupttext und FN verwendet wurden

Dickel, Sascha (2011): Enhancement-Utopien. Soziologische Analysen zur Konstruktion des Neuen Menschen, Baden-Baden: Nomos.


kg: Menschwerdung durch Technik (Matreivortrag Dez. 2011)

Durkheim, E. (1970): Regeln der soziologischen Methode. Neuwied: Luchterhand [zuerst 1895]. Durkheim, É. (1986): Der Individualismus und die Intellektuellen. S. 54-70 in: Bertram, H. (Hrsg.), Gesellschaftlicher Zwang und moralische Autonomie. Frankfurt.M. Gilgenmann, K. 2008: Technisierung und Individualisierung – Warum der Bezug auf menschliche Individuen für eine evolutionstheoretisch reflektierte Pädagogik unverzichtbar ist. S. 80-99 in: Neue Pädagogik und alte Gehirne. Erziehung und Bildung in evolutionstheoretischer Sicht. Hg. J. Kurig, A.K.Treml, Berlin: Lit. Gilgenmann, K. (2011): „Am Anfang war die Differenz“. Evolutionstheoretische Aspekte der Ebenenunterscheidung in Luhmanns Theorie sozialer Systeme. Entwurf eines Beitrags für ein Sonderheft der Zeitschrift für Soziologie Hg. Bettina Heintz und Hartmann Tyrell (2012) http://www.home.uniosnabrueck.de/kgilgen/archiv/kg-12-Bielefeld-Beitrag.pdf Joas, H. (2011): Die Sakralität der Person. Eine neue Genealogie der Menschenrechte. Berlin: Suhrkamp Leroi-Gourhan, André, 1988, Hand und Wort. Die Evolution von Technik, Sprache und Kunst, Frankfurt a. M.: Suhrkamp Liebsch, K. / Manz U. (Hg.) 2010: Leben mit den Lebenswissenschaften. Wie wird biomedizinisches Wissen in Alltagspraxis übersetzt? Bielefeld: Transcript Verlag Meyer, P.M. und Dennen, J.M.G.v.d., Th. (2008): Die Konflikttheorie der Soziobiologie, S. 485-506 in: Bonacker, Th. (Hg.) (2008): Sozialwissenschaftliche Konflikttheorien. Eine Einführung. VS: Wiesbaden. Nowak, M. with Highfield, R. (2011): Super-Cooperators. Altruism, Evolution and Human Behaviour or Why We Need Each Other to Succeed. Simon & Schuster, New York. Pinker, S. (2011): Gewalt. Eine neue Geschichte der Menschheit. S.Fischer: Frankf.a.M. Popitz, H., (1995): Der Aufbruch zur Artifiziellen Gesellschaft. Zur Anthropologie der Technik. Tübingen: Mohr Siebeck. Sloterdijk, Peter (1999): Regeln für den Menschenpark. Frankf.a.M.: Suhrkamp Sloterdijk, Peter (2009): Du mußt dein Leben ändern. Über Anthropotechnik. Suhrkamp: Frankfurt am Main Viehöver W. / Wehling P.,(Hg.) 2011: "Entgrenzung der Medizin". Von der Heilkunst zur Verbesserung des Menschen? Bielefeld: Transcript Verlag

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