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Klaus Gilgenmann

Konkurrenzkonflikte – der vergessene Grund soziologischer Differenzierungstheorie 1. Differenzierung und Evolution 2. Konkurrenz und Konflikt 3. Systeme und Umwelten 4. Segmentäre Differenzierungsformen

5. Hierarchische Differenzierungsformen 6. Funktionale Differenzierung 7. Konflikt der Differenzierungsformen

8. Zusammenfassung

Folien zum Vortrag im Forschungskolloqium des Fb Sozialwissenschaften Universität Osnabrück am 1. Nov. 2011


Ein Punkt aus meinem Vortrag im vorigen Jahr ... Klaus Gilgenmann

Religion und Weltfrieden Soziale Funktion, historische Folgen und aktuelle Probleme religiöser Konfliktverarbeitungstechniken

Vortrag im Sozialwissenschaftlichen Kolloqium der Universität Osnabrück am 25. Okt. 2010

1. Funktionen: Eine soziologische Erklärung für die Ambivalenz der Religionen in der Moderne

1.1 Von der postheroischen Moderne zurück zu den Ursprüngen menschlicher Religiosität 1.2 Der Mechanismus der Konfliktexternalisierung 1.3 Eine historische Spezifikation in drei groben Schritten

2. Folgen: Die grundlegende Bedeutung religiöser Konfliktvermeidungstechniken in tribalen Sozialsystemen und ihre Steigerung in traditionellen Sozialsystemen 2.1 Konfliktvermeidung durch Austausch  2.2 Konfliktvermeidung durch Differenzierung 3. Probleme: Das Scheitern tradierter Konfliktexternalisierungstechniken in der Moderne und die Suche nach zivilisatorischen Alternativen 3.1 Andauernde Ambivalenz der Religionen im Bezug auf Krieg und Frieden (sowie Sexualität und Fortpflanzung) 3.2 Transformation religiöser Konfliktvermeidungstechniken durch eine globale Zivilreligion?


Klaus Gilgenmann

Konkurrenzkonflikte – der vergessene Grund soziologischer Differenzierungstheorie 1. Differenzierung und Evolution

2. Konkurrenz und Konflikt 3. Systeme und Umwelten

4. Segmentäre Differenzierungsformen 5. Hierarchische Differenzierungsformen 6. Funktionale Differenzierung 7. Konflikt der Differenzierungsformen 8. Zusammenfassung

Soziale Differenzierung galt in der älteren Theorietradition als Lösung von Ordnungsproblemen. Heute erscheint sie in vielen Zeitdiagnosen als Problem (Differenzierung vs. Integration statt Integration durch Differenzierung). Wie konnte es dazu kommen? Die traditionelle Verbindung zwischen soziologischer Differenzierungstheorie und Darwinscher Evolutionstheorie wurde aufgelöst (politischer Mißbrauch und dogmatische Verengung). Soziale Differenzierung erscheint häufig nur noch als explanans (nicht explanandum) soziologischer Beobachtungen.

Folien zum Vortrag im Forschungskolloqium des Fb Sozialwissenschaften Universität Osnabrück am 1. Nov. 2011


Klaus Gilgenmann

Konkurrenzkonflikte – der vergessene Grund soziologischer Differenzierungstheorie 1. Differenzierung und Evolution

2. Konkurrenz und Konflikt 3. Systeme und Umwelten

4. Segmentäre Differenzierungsformen 5. Hierarchische Differenzierungsformen 6. Funktionale Differenzierung 7. Konflikt der Differenzierungsformen 8. Zusammenfassung

Durch Wiederherstellung der Verbindung zwischen Differenzierungs- und Evolutionstheorie ist (auf der Grundlage neuerer Theorien der kulturellen Evolution und der Mehrebenenselektion) zu erklären:     

die Ausdifferenzierung sozialer Systeme überhaupt die Binnendifferenzierung sozialer Systeme die Ebenendifferenzierung sozialer Systeme die Evolution verschiedener Differenzierungsformen die Konflikte konkurrierender Differenzierungsformen

Die Evolution sozialer Differenzierungsformen ist zurückzuführen auf das historisch immer wiederkehrende Aufbrechen von Konkurrenzkonflikten in Folge der unwahrscheinlichen Ausdehnung und Verdichtung menschlicher Sozialsysteme mit technischen Mitteln (Naturbearbeitung, Kriegsführung, Kommunikationstechnik).

Folien zum Vortrag im Forschungskolloqium des Fb Sozialwissenschaften Universität Osnabrück am 1. Nov. 2011


Klaus Gilgenmann

Konkurrenzkonflikte – der vergessene Grund soziologischer Differenzierungstheorie 1. Differenzierung und Evolution

2. Konkurrenz und Konflikt 3. Systeme und Umwelten

4. Segmentäre Differenzierungsformen 5. Hierarchische Differenzierungsformen 6. Funktionale Differenzierung 7. Konflikt der Differenzierungsformen 8. Zusammenfassung

Als erste Form sozialer Differenzierung ist die Ausdifferenzierung sozialer Systeme überhaupt zu betrachten, mit der sich Lebewesen (ein Stück weit) gegenüber dem Selektionsdruck der natürlichen Umwelt abschirmen. Der Preis, den sie für diesen Freiheitsgewinn zahlen, ist die Verlagerung des Selektionsdrucks nach Innen. Bereits in einfachsten Sozialsystemen, die noch keine Binnendifferenzierung aufweisen, lassen sich zwei Mechanismen der Konfliktexternalisierung beobachten, die diesen Innendruck verarbeiten:  Die Exklusion von Individuen mit sozial abweichendem Verhalten (Ostrazismus)

Die Verlagerung von Konfliktpotenzial auf die Ebene der Konkurrenz mit anderen Sozialsystemen (Kriege)

Folien zum Vortrag im Forschungskolloqium des Fb Sozialwissenschaften Universität Osnabrück am 1. Nov. 2011


Klaus Gilgenmann

Konkurrenzkonflikte – der vergessene Grund soziologischer Differenzierungstheorie 1. Differenzierung und Evolution

2. Konkurrenz und Konflikt 3. Systeme und Umwelten

4. Segmentäre Differenzierungsformen 5. Hierarchische Differenzierungsformen 6. Funktionale Differenzierung 7. Konflikt der Differenzierungsformen 8. Zusammenfassung

Die längste Zeit der Menschheitsgeschichte war bestimmt durch das Zusammenleben verschiedener Verwandtschaftsgruppen unter dem Schutzschirm einer größeren sozialen Einheit. Stabilisierung der segmentären Ordnung durch Tauschpraktiken: • Frauentausch zur Vermeidung von Konflikten um Fortpflanzungschancen, • Gabentausch zur Vermeidung von Konflikten um materielle Ressourcen, • Opferpraktiken zur Versöhnung nach Konflikten (Ahnenkulte, Naturgötter). Bedrohung dieser Ordnung durch reziproke Vergeltungsmaßnahmen (Racheketten). Höchstmaß an kriegerischen Auseinandersetzungen mit konkurrierenden Gesellschaften.

Folien zum Vortrag im Forschungskolloqium des Fb Sozialwissenschaften Universität Osnabrück am 1. Nov. 2011


Klaus Gilgenmann

Konkurrenzkonflikte – der vergessene Grund soziologischer Differenzierungstheorie 1. Differenzierung und Evolution

2. Konkurrenz und Konflikt 3. Systeme und Umwelten

4. Segmentäre Differenzierungsformen 5. Hierarchische Differenzierungsformen 6. Funktionale Differenzierung 7. Konflikt der Differenzierungsformen 8. Zusammenfassung

Die große historische Innovation sozialer Differenzierungsformen gegenüber den Konfliktverarbeitungsmöglichkeiten einfacher Sozialsysteme liegt in der vertikalen Dimension: Binnendifferenzierung als Ebenendifferenzierung. Zwei historische Ausprägungen (häufig in Kombination): Zentrum/Peripherie und Stratifaktion. Die Ordnung sozialer Systeme wird nicht nur durch ihre Ausdehnung bedroht, sondern auch durch ihre interne Verdichtung mit neuen technischen Kommunikationsmitteln. Hierarchische Formen sozialer Differenzierung stabilisieren die innere Ordnung, indem sie einerseits Konkurrenz auf die Teilsysteme (die eigene Schicht) beschränken, andererseits aber ungleiche Teilsysteme zulassen.

Folien zum Vortrag im Forschungskolloqium des Fb Sozialwissenschaften Universität Osnabrück am 1. Nov. 2011


Klaus Gilgenmann

Konkurrenzkonflikte – der vergessene Grund soziologischer Differenzierungstheorie 1. Differenzierung und Evolution

2. Konkurrenz und Konflikt 3. Systeme und Umwelten

4. Segmentäre Differenzierungsformen 5. Hierarchische Differenzierungsformen 6. Funktionale Differenzierung 7. Konflikt der Differenzierungsformen 8. Zusammenfassung

Die Innovation sozialer Differenzierung im Umbruch zur Moderne kann als dynamische Rekombination von hierarchischen und segmentären Formen beschrieben werden. Auf der einen Seite kehrt die Moderne zu der horizontalen Differenzierung einfacher Sozialsysteme zurück. Die Teilsysteme sind aber jetzt ungleich und aufgrund ihrer ungleichen Funktionen für die Gesellschaft nicht austauschbar. Kein Teilsystem kann mehr die ganze Lebenswelt der Individuen einschließen. Auf der anderen Seite wird in der Moderne die vertikale Differenzierung zwischen der Ebene der Interaktion unter Anwesenden und der Ebene der Gesellschaft in historisch nie gekannter Weise gesteigert durch die Ausbreitung formaler Organisationen und mediengestützter Öffentlichkeiten. Damit verbunden ist eine enorme Disziplinierung des Verhaltens auf der Makroebene und eine enorme Freisetzung auf der Mikroebene (beides Auslöser von Unbehagensdiskursen).

Folien zum Vortrag im Forschungskolloqium des Fb Sozialwissenschaften Universität Osnabrück am 1. Nov. 2011


Klaus Gilgenmann

Konkurrenzkonflikte – der vergessene Grund soziologischer Differenzierungstheorie 1. Differenzierung und Evolution

2. Konkurrenz und Konflikt 3. Systeme und Umwelten

4. Segmentäre Differenzierungsformen 5. Hierarchische Differenzierungsformen 6. Funktionale Differenzierung 7. Konflikt der Differenzierungsformen 8. Zusammenfassung

Auch die in der Moderne evoluierten Formen sozialer Differenzierung sind als Mittel zur Vermeidung von Konkurrenzkonflikten zu betrachten. In den Selbstgefährdungsdiskursen der modernen Gesellschaft spiegelt sich das Ende der Externalisierbarkeit von Konkurrenzkonflikten. In Folge der globalen Ausdehnung gibt es keine konkurrierenden Gesellschaften mehr. Konflikte verlagern sich deshalb auf die Metaebene, auf der alle Differenzierungsformen symbolisch verankert sind. Sie kehren von dort – entweder als Kampf der Wertordnungen oder in zivilisierteren Formen – auf die anderen Ebenen der menschlichen Sozialität zurück.

Folien zum Vortrag im Forschungskolloqium des Fb Sozialwissenschaften Universität Osnabrück am 1. Nov. 2011


Klaus Gilgenmann

Konkurrenzkonflikte – der vergessene Grund soziologischer Differenzierungstheorie 1. Differenzierung und Evolution

2. Konkurrenz und Konflikt 3. Systeme und Umwelten

4. Segmentäre Differenzierungsformen 5. Hierarchische Differenzierungsformen 6. Funktionale Differenzierung 7. Konflikt der Differenzierungsformen 8. Zusammenfassung

Soziale Differenzierung - in der soziologischen Theorietradition ursprünglich als Lösung von Ordnungsproblemen der Gesellschaft beschrieben - erscheint heute in vielen Zeitdiagnosen eher als ihr Problem. Das liegt v.a. daran, dass die moderne Gesellschaft als Weltgesellschaft nicht durch die Dominanz einer Differenzierungsform, sondern durch eine Konkurrenz der historisch evoluierten Differenzierungsformen bestimmt ist. Um zu verstehen, wie es dazu kommen konnte, ist die Verbindung soziologischer Differenzierungstheorie mit der Darwinschen Evolutionstheorie wiederherzustellen, die im mainstream der Soziologie weitgehend unterbrochen ist.

Folien zum Vortrag im Forschungskolloqium des Fb Sozialwissenschaften Universität Osnabrück am 1. Nov. 2011


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