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DONNERSTAG, 28. FEBRUAR 2019
AUSGABE 01/19
EINZELPREIS 1,90 €
Es lebe die Dienstleistungg IIst die Industrie auf dem absteigenden Ast? Knapp zwei Drittel d niedersächsischen Bruttowertschöpfung werden heute der v Dienstleistungsunternehmen erwirtschaftet. Wie sich von d auf die Region auswirkt, lesen Sie auf den Seiten 20 und 21. das
In dieser Ausgabe:
STANDORTPORTRÄT GEMEINDE HAGEN A. T. W. MACHER & MÄRKTE Darum ist der Wirtschaftsstandort Nordhorn so stark. Seiten 4 und 5
SPEZIAL INTELLIGENT & AUTOMATISCH Wirtschaftstalk: Wie intelligent ist KI heute? Seiten 12 und 13
Foto: David Ebener
GELD & GESCHÄFT Die Regionalbörse Hannover sieht ihren Erfolg in der Nische. Fotos: imago/Westend61 (2), Rupert Oberhäuser
Seite 17
LEBEN & LEIDENSCHAFT Faszination Escape Room: Ein Trend auch für Firmen-Events. Seiten 20 und 21
Eine Stimme für 460 000 Unternehmen Gert Stuke übernimmt in diesem Jahr das Präsidentenamt der IHK Niedersachsen VON NINA KALLMEIER OSNABRÜCK. Seit 13 Jahren enga-
giert sich Gert Stuke ehrenamtlich in der IHK-Organisation. Nun hat er für ein Jahr das Präsidentenamt der Industrie- und Handelskammern in Niedersachsen (IHKN) übernommen.
Die Sorgen und Nöte der Unternehmer in der Region kennt Gert Stuke seit Jahren – er ist selbst einer von ihnen. Als ehemaliger Inhaber einer Kaufhausgruppe, später als Generalbevollmächtigter der Unternehmensgruppe Deutsche Frühstücksei und heute als Geschäftsführender Gesellschafter der Ekom-GmbH Energiekonzepte Oldenburger
Münsterland sowie der Kaskum GmbH hat der 71-jährige Unternehmer ganz unterschiedliche Branchen kennengelernt. In der IHK-Organisation engagiert er sich seit 13 Jahren, erzählt Stuke. Unter anderem seit 2006 als Vizepräsident der Oldenburgischen IHK, seit 2011 ist der Unternehmer aus Friesoythe dort Präsident. In diesem Jahr kommt ein weiteres Ehrenamt hinzu: Er übernimmt auch den obersten Posten der IHKN und vertritt so mit der Stimme rund 460 000 Mitgliedsbetrieben der sieben niedersächsischen IHK. „Als Präsident der größten Wirtschaftsvereinigung Niedersachsens setze ich mich für gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen für unser
Gert Stuke
Foto: Andreas Burmann
Bundesland und die niedersächsischen Unternehmen ein“, formuliert er sein Ziel. „Wir verstehen uns als Partner der Politik bei der Gestaltung des Landes.“ An Herausforderungen für Unternehmen mangelt es nicht, so Stuke. Und einige von ihnen schwelen nicht nur niedersachsen-, sondern
bundesweit seit Jahren: „Die drängendsten Herausforderungen für die niedersächsische Wirtschaft sind die digitale Transformation und der Fachkräftemangel in vielen Branchen“, sagt der IHKN-Präsident. Neben der Stärkung und besseren Ausstattung der Berufsausbildung und der Entwicklung des ländlichen Raums sind das die Themen, die ihm in diesem Jahr besonders am Herzen liegen. Schon in der Vergangenheit war Stuke über die Grenzen der Oldenburgischen IHK hinaus in führender Position. Dazu zählt der Vorsitz der IHK Nord im vergangenen Jahr und das Präsidentenamt des Niedersächsischen Industrie- und Handelskammertags 2014 und 2015.
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DONNERSTAG, 28. FEBRUAR 2019
MACHER & MÄRKTE
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SPEZIAL
MACHER & MÄRKTE
GELD & GESCHÄFT
INTELLIGENT & AUTOMATISCH
LEBEN & LEIDENSCHAFT
2 | Editorial
9 | Schlagwort
17 | Regionalbörse
25 | Mobil
Chefredakteur Dr. Berthold Hamelmann über Menschen, Maschinen und KI.
Das steckt hinter dem Begriff künstliche Intelligenz.
Hannover will mit Nischenthemen aus dem Frankfurter Schatten.
Junger Landwirt setzt mit Haltungskonzept neue Maßstäbe.
3 | Familienpower
10 | Landtechnik
19 | Berufsgenossenschaft
26 | Licht
Esders GmbH behauptet sich mit Hightech auf dem Weltmarkt.
Im Agrarsektor gewinnt KI ebenso an Bedeutung wie in der Logistik.
Diese Potenziale zur Beitragsoptimierung hat fast jede Firma.
Delmenhorster hat sich alles rund um LEDs selbst beigebracht.
4/5 | Standort
11 | Roboter
20/21 | Dienstleistung
28/29 | Herausforderung
Warum der Wirtschaftsraum Nordhorn bei Unternehmern punktet.
Bei Emsflower läuft schon viel digital und automatisch.
So steht der Wirtschaftssektor in der Region da.
Darum boomt die Escape-Room-Branche – auch in der Region.
6 | Weltmarkt
12/13 | Wirtschaftstalk
22 | Start-up
30 | Nachhaltigkeit
Mittelständler Harting rüstet sich mit neuem Logistikzentrum für die Zukunft.
Diskussion über Chancen, Grenzen und Entwicklung von KI.
Warum die Finanzierung für manche Neufirmen so schwierig ist.
Osnabrücker bedient den Trend zum nachhaltigen Reisen.
7 | Vielfalt
15 | Handwerk
23 | Vergütung
31 | Chefetage
Beton- und Monierbau GmbH ist nicht nur im Straßenbau aktiv.
Wo eine Digitalisierung sinnvoll sein kann.
Wenn Azubis erstmals während ihrer Ausbildung bezahlt werden.
Master of Business Administration (MBA) öffnet Türen.
8 | Seedhouse
16 | Bindeglied
24 | Sparen
32 | Gesichter der Wirtschaft
Im Gründerzentrum sollen Ideen schnell an Fahrt gewinnen.
Mit Ethernet Switches wollen Bissendorfer Vorreiter sein.
Niedersachsen wollen Sicherheit und Rendite gleichzeitig.
Auszeichnungen, Personalwechsel und Neujahrsempfänge
Unternehmens- und Personenindex UNTERNEHMEN Adidas-Distributionszentrum Rieste.............. 10 Adler Modemärkte AG........................................14 Advanced Driver Information Technology GmbH ...............................................12 Agentur sec........................................................... 32 Agramesse „Grüne Woche“................................. 8 Agrora...................................................................... 8 Airbnb.....................................................................21 Alexander-Humbolt-Institut............................. 10 Alfons Greten Betonwerk GmbH & Co. KG ..18 Amazon ....................................................... 8, 12, 14 Amazone-Gruppe................................................ 10 AOK Niedersachsen............................................ 23 Bankhaus Metzler................................................18 Beefledger ............................................................... 8 Berentzen................................................................ 8 Berliner Flughafen (BER) ..................................18 Beton- und Monierbau GmbH (BuM)...............7 Beton- und Monierbau Leipzig GmbH .............7 BG Coaching GmbH............................................19 Big Dutchman........................................................ 8 Bilfinger-Berger......................................................7 Bioland .................................................................. 25 Bitkom..................................................................... 9 BMW .......................................................................18 Börse Düsseldorf..................................................17 Börse Hannover....................................................17 Börse Stuttgart .....................................................17 Börsen AG (BÖAG) ..............................................17 Brandewiede ...........................................................7 Bugbell..................................................................... 8 Bundesamt für Statistik ....................................20 Bundesregierung..................................................12 Bundesumweltministerium..............................30 Bundesverband deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK)...... 22 Bundesverband Mittelständische Wirtschaft (BVMW) ........................................... 32 Business Angels Netzwerk Deutschland (BAND).................................................................. 22 Cebit......................................................................... 3 Christliches Krankenhaus Quakenbrück....... 23 Class E-Systems.............................................. 12/13 Conditorei Coppenrath & Wiese ....................... 8 Creditreform .......................................................... 4 Daimler ..................................................................18 Daten, Kommunikation und Entwicklung (DKE).................................... 10 Deutsche Börse.....................................................17 Deutsche Frühstücksei..........................................1 Deutscher Reiseverband (DRV).......................30 Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI)..........9, 12/13
Deutsches Rotes Kreuz (DRK) ......................... 27 Emsflower.............................................................. 11 Energiekonzepte Oldenburger Münsterland (Ekom-GmbH)...............................1 Esders GmbH......................................................... 3 ESMT Berlin..........................................................31 European Distribution Center (EDC)............... 6 Evangelischer Entwicklungsdienst (EED).....30 EY ............................................................................18 Fachverband der Live Escape und Adventure Games.......................................28 Fiat Chrysler .........................................................18 Financial Times....................................................31 Flossbach von Storch Research Center.......... 24 Flughafen Münster/Osnabrück (FMO)........ 4/5 Fondsbörse Deutschland....................................17 Ford.........................................................................18 Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) ...............................................30 Friwo AG................................................................18 Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) ...18, 24 Google............................................................8, 9, 12 Grafschaft Bentheim............................................ 5 Grimme ................................................................... 8 Grimme Landmaschinenfabrik ....................... 10 Handelsverband Deutschland (HDE) ............ 32 Handelsverband Niedersachsen-Bremen.......14 Handwerkskammer (HWK) Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim....15 Harting Customised Solutions (HCS) .............. 6 Harting Technologiegruppe....................6, 18, 32 Harvard University..............................................31 Hella........................................................................18 Hella KGaA/Hueck & Co ....................................12 Hellmann Worldwide Logistics SE & Co. KG18 Hochschule Bremen ............................................31 Hochschule Osnabrück........................................ 8 Holcim....................................................................18 Holzmann ................................................................7 IG Metall............................................................... 10 Industrie- und Handelskammer (IHK) Niedersachsen ................................................... 1, 2 Industrie- und Handelskammer (IHK) Nord ..........................................................................1 Industrie- und Handelskammer (IHK) Oldenburg................................................................1 Industrie- und Handelskammer (IHK) Osnabrück-EmslandGrafschaft Bentheim .......... 4/5, 9, 20, 21, 22, 32 Industrieller Arbeitgeberverband (IAV) Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim...20 Initiative Tierwohl (ITW) ................................. 25 Innogy.......................................................................7 Innovationscentrum Osnabrück (ICO) ............ 8 Innovative Retail Laboratory (IRL).................14
Insead Business School ......................................31 Institut der Deutschen Wirtschaft (IdW)......20 Institut für Kognitive Wissenschaften............. 9 ISS-Oekom.............................................................17 Jade-Weser-Port Wilhelmshaven........................7 Jugendvollzugsanstalt (JVA) Wittlich ...............7 kabelmetal Europa (KME).................................15 Karmann/Wilhelm Karmann GmbH .............28 Kaskum GmbH.......................................................1 KfW Capital.......................................................... 22 KfW Förderbank ................................................. 22 Kontaktstelle für Umwelt und Entwicklung Stuttgart (KATE)................30 Krone ................................................................. 8, 15 Kuka................................................................... 6, 18 L&T...................................................................14, 32 Land Niedersachsen....................................... 8, 12 Landkreis Emsland .............................................. 4 Landkreis Osnabrück.....................................4, 32 Landwehr Computer und Software................ 27 Landwirtschaftskammer Niedersachsen....... 25 LED Exclusive – Licht und Werbung .............26 Leiber GmbH ........................................................18 Leoni.......................................................................18 Mannheim Business School...............................31 Media-Markt .........................................................14 Meyer Werft ..........................................................15 MuuuH! Digital ..................................................... 8 mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank .........17 Naber ....................................................................... 5 Natours Busunternehmen ................................30 Natours Reiseveranstalter ................................30 Nbank Förderbank ............................................. 22 Neschen AG...........................................................18 Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ)............28/29 NiedersachsenMetall-Bezirksgruppe..............20 Niedersächsischer Industrieund Handelskammertag.......................................1 Nino ..................................................................... 4/5 Nordex Windanlagenbau ...................................17 Nseed ..................................................................... 22 Osram .....................................................................18 Otto .........................................................................14 Papenburger Werft/Meyer Werft......................13 Povel......................................................................... 4 Preussag-Konzern ..................................................7 Rawe ........................................................................ 4 Rigterink ................................................................. 5 Rinspeed ................................................................. 6 Robert-Koch-Institut...........................................13 Room Fox..............................................................28 SAP ..........................................................................31 Schlachterei Krischke ........................................ 25 Schlehbaumhof Osnabrück-Darum................ 25 Schüttorfer Stadtladen ...................................... 27
Seedforward ......................................................... 22 Seedhouse.........................................................8, 22 Seoul City Gas........................................................ 3 Sievert AG..............................................................18 Solarlux ................................................................... 5 Sparda-Bank..........................................................18 Stadt Nordhorn ................................................. 4/5 Stadt Nordhorn Wirtschaftsförderung ............ 4 Stadt Osnabrück..............................................4, 32 Stahlotec ................................................................15 Standford University...........................................31 Tarifgemeinschaften der Länder ..................... 23 Terz Industrial Electronis ..................................16 thermondo.de .......................................................15 Thyssen-Krupp .....................................................31 Tierarztpraxis Ralf Bischoff.............................. 25 Tönnjes...................................................................18 Tönnjes International GmbH ...........................18 TUI ............................................................................7 Tui Cruises............................................................30 Uber ........................................................................21 Ubtech ................................................................... 10 Uniklinik Herne .....................................................7 Universität Essen ...................................................7 Universität Göttingen .........................................13 Universität Hannover .........................................12 Universität Münster..............................................7 Universität Oldenburg..................................... 7, 9 Universität Osnabrück......................... 2, 9, 12/13 Universität Wuppertal ..........................................7 Utsch AG................................................................18 Utsch Tönnjes International GmbH................18 Vectra Betonfertigteilwerke GmbH .................18 Verdi Dienstleistungsgewerkschaft .......... 21, 23 Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA)............................. 23 Vest Marketing GmbH........................................14 Volkswagen (VW).................................................18 Westfalen AG ....................................................... 32 Westfalen-Gruppe............................................... 32 WHU Vallendar ....................................................31 Wiesenhof/PHW.................................................... 8 Windmöller & Hölscher .....................................18 Zentralverband des Deutschen Handwerks ..15 Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP)..... 23
PERSONEN Al-Ani, Ayad ......................................................... 10 Beckmann, Peter ..................................................15 Berg, Achim............................................................ 9 Bolles, Ulrich........................................................ 23 Brandes, Trevor ...................................................26 Braun, Martin .......................................................17
Breuker, Lisa .......................................................... 5 Brode, Frank..........................................................18 Bsirske, Frank .......................................................21 Bühler, Sylvia ...................................................... 23 Busch, Axel ...........................................................20 Bussmann, Jacob................................................. 22 Cechini, Angelika ................................................ 25 Claus, Michael ......................................................18 Conrad, Andreas..............................................6, 32 Delbeck, Friedrich............................................... 25 Dreyer, Christian................................................. 10 Esders, Bernd......................................................... 3 Esders, Bernhard .................................................. 3 Esders, Martin ....................................................... 3 Esders, Stefan ........................................................ 3 Feld, Jürgen.......................................................... 10 Feye, Joachim........................................................18 Fritsch-Albert, Renate........................................ 32 Fritsch-Albert, Wolfgang ................................... 32 Fuchs, Karlheinz .................................................28 Fuß, Peter...............................................................18 Gembus, Mario .................................................... 23 Geske, Sandra ......................................................30 Giebel, Oliver ....................................................... 23 Goebel, Uwe ..........................................................21 Graf, Marco.....................................................4/5, 9 Gräff, Uwe..............................................................18 Große Macke, Victor ............................................ 8 Harting-Hertz, Maresa......................................... 6 Harting, Philip.................................................6, 32 Hellmann, Mark...................................................18 Henze, Georg........................................................ 22 Hertzberg, Joachim .............................................. 9 Hillmann, Jörg.....................................................30 Hoff, Carsten ................................................... 12/13 Högermann, Carla .............................................. 32 Horstmann, Josef.................................................. 8 Jaeschke, Hauke.................................................... 8 Janssen, Hendrik .................................................17 Kade, Michael ........................................................ 8 Kahl, Gerrit ...........................................................14 Kähler, Enno ........................................................ 22 Keller, Thomas....................................................... 3 Kewe, Reinhard......................................................7 Klanke, Volker ......................................................16 Köhn, Mathias ......................................................31 Kreib, Yörn ...........................................................30 Kuipers, Tom......................................................... 11 Kuipers, Bennie .................................................... 11 Lagemann, Manuela Maria............................... 32 Lübbersmann, Michael.......................................18 Lücke, Wolfgang.........................................2, 12/13 Matejczki, Mariusz.............................................. 32 Meisner, Inna.......................................................28 Merkel, Angela....................................................... 8
Metcalfe, Robert...................................................16 Möhlinger, Roman.............................................. 10 Müller, Karsten.................................................. 4/5 Naber, Lasse ........................................................... 5 Neyer, Christian....................................................15 Niederquell, Vitali................................................. 6 Obolenski, Konstantin ....................................... 25 Olp, Oliver .............................................................16 Paepenmüller, Falco ............................................18 Pieper, Jürgen .......................................................18 Pipa, Gordon .......................................................... 9 Plas, Michael ........................................................ 27 Quellmelz, Friedrich..............................................7 Rambow, Hans-Joachim.....................................14 Renner, Oliver.........................................................7 Renner, Hans-Joachim..........................................7 Rigterink, Helge .................................................... 5 Ritter, Jan ............................................................. 22 Rohleder, Bernhard .............................................. 9 Rollinger, Claus ....................................................13 Ropohl, Reiner..................................................... 32 Sachteleben, Peer ................................................ 25 Sachteleben, Peter............................................... 25 Sachteleben, Imke............................................... 25 Schavan, Annette ................................................ 32 Scheuer, Brigitte...................................................18 Schmitz, Thorsten................................................18 Schnitker, Karin .................................................... 8 Schöne, Björn.......................................................28 Schumacher, Christian ...................................... 32 Schweickhardt, Wolfram................................... 22 Siebert, Tim............................................................ 8 Sieverdingbeck, Detlef......................................... 6 Sievering, Sophie................................................. 23 Sievert, Hans-Wolf ...............................................18 Smith, Will.............................................................. 9 Soldanski, Stephan ............................................. 10 Steinmeier, Frank-Walter .................................. 10 Stöhr, Florian...................................................8, 22 Stromberg, Tim ....................................................19 Stuke, Gert...............................................................1 Suhr, Ralf .............................................................. 23 Thümler, Björn ............................................... 12/13 Tonn, Jeannette ...................................................30 Tornow, Robert.................................................... 23 Trump, Donald .....................................................18 Vogel, Ulrich.........................................................30 von Laer, Michael.................................................18 Wallenhorst, Stefan .............................................16 Wang, Jack............................................................ 10 Weil, Stephan....................................................... 32 Weirauch, Annette ...............................................17 Winkeljohann, Norbert ......................................18 Zaugg, Jamina ....................................................... 8 Zetsche, Dieter......................................................18
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Mensch und Maschine VON BERTHOLD HAMELMANN
L
ockt Sie das Kürzel „KI“ sofort auf die richtige Fährte? Wer „KI“, künstliche Intelligenz, einsetzt, gilt oft als besonders innovativ. Doch was meint der Begriff? Künstliche Intelligenz ist zunächst nichts anderes als der Versuch, menschliche Wahrnehmungen und menschliches Handeln zusammenzuführen. Mit Blick auf Science-Fiction-Filme tauchen am Horizont schnell albtraumhafte Szenarien auf: Roboter treffen eigenständige Entscheidungen und bedrohen die Menschheit. Die Maschine triumphiert über das menschliche Individuum. Doch die „denkende“ Maschine existiert nicht, so der vorherrschende Forschungsstand. Die menschliche Verstandesleistung als ein großes Ganzes zu erfassen erscheint als ein Ding der Unmöglichkeit. Schon die Frage, ab wann eine Maschine als intelligent gilt, spaltet die KI-Forschung. Im aktuellen Wirtschaftstalk dieser Ausgabe bringt es Wolfgang Lücke, Präsident der Universität Osnabrück, auf den Punkt: „Derzeit lernen Maschinen nicht, selbst etwas zu tun, sondern sie sind programmiert.“ Wobei die Entwicklung mit Riesenschritten voranschreitet und Automatisierung das A und O im Kampf um entsprechende Marktführerschaft bildet. Die Forschung orientiert sich derzeit auf einzelne Teilbereiche mit dem Ziel, Arbeitserleichterungen und Produkt(ions)verbesserungen zu erreichen. Die Verfügbarkeit gewaltiger Datenbestände (Big Data) aus nahezu allen Lebensbereichen bildet heute die Grundlage, die es KI erlaubt, über Musteranalysen und -erkennung Entscheidungen vorauszusehen und programmierte Entscheidungen abzuleiten bzw. oftmals herbeizuführen. Chancen und Risiken liegen wie bei jeder Revolution dicht beieinander.
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MACHER & MÄRKTE
Haselünner wollen mit OLLI den Weltmarkt erobern Familienpower: Bernd Esders und seine Söhne Bernhard, Martin und Stefan setzen auf ihre Eigenentwicklungen VON HERMANN-JOSEF MAMMES HASELÜNNE. Die Esders GmbH aus Haselünne schafft es seit 30 Jahren, sich mit Hightech made in Germany auf dem Weltmarkt zu behaupten. Selbst im Billiglohnland China konnten die Emsländer sich etablieren. Mit ihrer neuesten Erfindung namens OLLI wollen die Emsländer neue Maßstäbe setzen.
Von der neuesten Entwicklung erhofft sich das Unternehmen einen weiteren Aufschwung. „Wir haben es über drei Jahre entwickelt“, verrät Seniorchef Bernd Esders. Drei seiner vier Söhne sind bereits ins Unternehmen eingestiegen. Bernhard (33) und Martin (31) gehören mittlerweile der Geschäftsführung an. Auch Stefan (29) stieg nach dem Maschinenbau-Studium in den elterlichen Betrieb mit ein. Seine Masterarbeit widmete er OLLI. Dahinter verbirgt sich ein handliches, explosionsgeschütztes Mehrbereichs-Gasmessgerät für brennbare und toxische Gase sowie Sauerstoff. Der Experte vor Ort ist mit einem Koffer im Einsatz und kann zum Beispiel Leckagen im riesigen Gasnetz in China aufspüren. Dank weiterer Zusatzspezialgeräte können mit OLLI unterschiedliche Messdaten gewonnen werden. Wenn sich Vater Bernd, Sohn Martin – beide Ingenieure der Versorgungstechnik–, Sohn Bernhard – Ingenieur für Elektrotechnik Fachrichtung Informationstechnologie – und Sohn Stefan über OLLI unterhalten, geraten sie schnell ins Fachsimpeln. Die Rede ist dann von diversen Softwarekomponenten und Kalibrierungen.
„Zudem haben wir schon 192 Hardware-Komponenten nur für dieses Gerät entwickelt, und dann kommen noch diverse Softwarevarianten obendrauf“, sagt Maschinenbau-Ingenieur Stefan Esders. Unter Hardware verstehen die Esders Pumpen, Diffusionsgeräte, Krokodilclips, Batterien usw. Ein weiterer Clou ist der Werkstisch, an dem dieses Gerät für die speziellen Kundenwünsche gebaut wird. Früher musste der Elektroniker sämtliche Komponenten des jeweiligen Kunden zuerst einmal selbst erfassen und dementsprechend zusammenstellen. Jetzt wird mit der Kundenbestellung dieser erste Schritt vorab vom Vertrieb übernommen. Dies minimiert auch den Fehlerquotienten. Für Bernd Esders ist es ein riesiger Vorteil, dass „wir auftragsbezogen jede Variante in ein paar Tagen passgenau bauen können“. Damit verkürzen sich die Lieferfristen enorm. Dank der rechnergesteuerten Bedienungsanleitung kann der Facharbeiter OLLI sehr viel einfacher bauen und braucht nicht für jede Variante zusätzliche Schulungen. Zugleich sinkt die Fehlerquote. Die Anleitung zeigt ihm sogar am Display, in welcher Schublade er welches Bauteil findet. „Natürlich gibt es bereits ähnliche Systeme für Werkstische am Markt. Wir haben uns vorab einige auf der Cebit in Hannover angeschaut“, sagt der 29-jährige Stefan Esders. Aber oftmals habe die Bildschirmoberfläche den Bediener nicht wirklich angesprochen. Sie sollte den Mitarbeiter im besten Fall intuitiv anleiten. Den Esders-Ingenieuren war deshalb schnell klar: „Wir brauchen eine eigene Lösung.“ Nach der Masterarbeit über das Messgerät wollte
Spezialisten wie Thomas Keller stellen in Haselünne nach exakter Anleitung per Bildschirm das neue Messgerät OLLI her.
Filigrane Handarbeit ist trotz diverser technischer Weiterentwicklungen in Haselünne auch noch gefragt:
das Familienunternehmen jetzt den bestmöglichen Werkstisch zum Bau von OLLI konstruieren. „Wir haben das Ganze selbst entwickelt“, so der stolze Vater. Sie schrieben die Software selbst, entwickelten optimierte Arbeitsabläufe und konzipierten die Mechanik. Das ganze Projekt konnte allerdings nur gelingen, weil OLLI sich seinerseits gegenüber den herkömmlichen Messgeräten wesentlich einfacher und letztendlich vor allen Dingen schneller produzieren lässt. Warum Esders damit selbst im Hochlohnland Deutschland im internationalen Vergleich die Nase vorn hat, erklärt der 59-Jährige: „Wir produzieren dieses Gerät in deutlich unter einer halben Stunde.“ Für die Herstellung des Vorgängergerätes benötigte der Facharbeiter früher vier Stunden, obwohl die alte Variante nicht so leistungsfähig war. Die extensive und intensive Vorbereitung dieser Konstruktion zahlt sich jetzt aus. Das Gerät ist seit Ende 2018 auf dem Markt. Die ersten Bestellungen aus dem Ausland für das Messgerät liegen aber bereits vor, unter anderem von Seoul City Gas aus Südkorea und weiteren Großabnehmern unter anderem aus Polen. „Das ist der Einstieg, um selbst große asiatische Gasversorger für ein neues Gerät made in Germany zu gewinnen“, ist Martin Esders überzeugt. Die emsländische Strategie gehe bereits auf. Im Ausland haben deutsche Produkte immer noch einen guten Ruf und
hohen Stellwert. In China könne sich Esders letztendlich jedoch nur behaupten, weil es eine eigene Niederlassung gebe, um sich mit seinen landesweit sieben Händlern an den Ausschreibungen direkt vor Ort zu beteiligen. Martin Esders ist zudem mehrmals im Jahr im Land der Mitte. Dabei sei das Preis-Leistungs-Verhältnis bei der Vergabe ausschlaggebend. Nur so könne sich Esders gegen asiatische Billigprodukte durchsetzen. Mit den bisher teuren Geräten zog das emsländische Unternehmen „bei den ganz großen Ausschreibungen“ bislang den Kürzeren. Dank des leistungsstärkeren und zugleich kostengünstigeren Mehrbereichs-Gasmessgeräts rech-
Fotos: Lars Schröer
„Wir produzieren das Gerät in einer halben Stunde.“ Geschäftsführer Bernd Esders
ne sich Esders auf diesem riesigen Markt wesentlich bessere Chancen aus. Insofern könnte sich die dreijährige Entwicklungsphase auszahlen. Zumal jetzt der Kunde mit OLLI eine passgenaue Lösung mit den landesspezifischen Grenzwerten bis zur Anleitung in seiner Sprache erhält. Das Gerät weiß selbst, habe ich eine Pumpe oder nicht? Das Gerät überwacht sich sogar selbst. Zudem können die Esders bei diesem neuen System von Haselünne aus für jedes einzelne Gerät in der Welt dank der Seriennummer bestimmte Software-Optionen freischalten. Auf diesem Weg kann zum Beispiel eine Alarmstufe neu eingegeben werden.
ZUR SACHE
Seit 19 Jahren ununterbrochen auf Wachstumskurs Die Esders GmbH im Haselünner Gewerbegebiet ist ein typisches emsländisches Familienunternehmen. Seit 30 Jahren am Markt, sind nach einer schweren Krankheit des Vaters inzwischen zwei Söhne mit in die Geschäftsführung eingestiegen. In der Firma wird sich geduzt, vom Geschäftsführer bis zum Praktikanten. Es gibt keine Akkordarbeit für die 115 Beschäftig-
ten. Seit 19 Jahren wächst der Umsatz des Mess- und Prüftechnikspezialisten für die Gas- und Wasserversorgung kontinuierlich an. Mit einer traditionell hohen Eigenkapitalquote von mehr als 90 Prozent setzt Esders weiter auf den Produktionsstandort Haselünne. Der Umsatz steigt seit 1999 von Jahr zu Jahr an. Nach 9,5 Millionen Euro in 2017 übertraf er
im vergangenen Jahr erstmals die Zehn-Millionen-Euro-Marke. Die Fachkräfte werden oftmals über Lernpartnerschaften mit ortsnahen Oberschulen und Gymnasien rekrutiert. „Rund 50 Prozent unserer Auszubildenden absolvierten vorher bei uns ein Schulpraktikum“, nennt Seniorchef Bernd Esders ein Erfolgsrezept. Jedes Jahr stelle das Famili-
enunternehmen drei neue Auszubildende als Elektroniker für Systeme und Geräte ein. Das Ganze zahlt sich aus. Der große Fachkräftemangel, der im Emsland grassiert, hat Esders trotz starker Expansion bislang nicht erreicht. Das Familienunternehmen besitzt auswärtige Niederlassungen in Österreich, den Niederlanden, Polen und China.
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MACHER & MÄRKTE
MACHER & MÄRKTE
„Die Unternehmer jammern nicht, sondern packen selber an“
Gute Anbindung, freundliches Klima und niedrige Kosten
Warum der Wirtschaftsstandort Nordhorn bei Geschäftsleuten besonders beliebt ist
und Vechte, wird Nordhorn auch liebevoll als „Klein Venedig“ des Nordens bezeichnet. Doch auch abseits der Wasserstraßen bietet das Zentrum der Grafschaft Bentheim jede Menge Möglichkeiten, für Einwohner – aber auch für Unternehmer.
Nach dem Niedergang der Textilindustrie breiter aufgestellt. Mietpreise für Gewerbeflächen sind in Nordhorn niedriger. Bevölkerung hat sich in zehn Jahren mehr als verdoppelt. VON ANDRÉ POTTEBAUM NORDHORN. Seit Jahren schneidet der Wirtschaftsstandort Nordhorn bei Konjunkturumfragen überdurchschnittlich gut ab. Sowohl ihre aktuelle Lage als auch die Zukunft schätzen Unternehmer dort positiver ein als anderswo in der Region. Woran liegt das, und was sind die Gründe für diese positive Entwicklung?
Unternehmen aus der Region Nordhorn sind überdurchschnittlich zufrieden. So zumindest könnte man die Ergebnisse der jüngsten Umfrage der Wirtschaftsauskunftei Creditreform interpretieren, die Unternehmer aus ganz Niedersachsen nach ihrer Einschätzung zur wirtschaftlichen Lage und zu künftigen Umsatz- und Gewinnerwartungen befragt hatte.
Fast 1200 Betriebe – darunter 87 aus dem Landkreis Grafschaft Bentheim, 207 aus dem Landkreis Emsland und 260 aus Stadt und Landkreis Osnabrück – nahmen daran teil. Aus dem sogenannten Geschäftsklima-Index geht hervor: Nordhorner Geschäftsleute sind deutlich optimistischer und zufriedener als andere Kollegen. Mit einem Wert von 69,7 Punkten liegt die Region über dem bundesweiten Durchschnitt (65,5 Punkte) und deutlich vor der Region Osnabrück (60,8 Punkte). Die Wirtschaftsauskunftei spricht gar vom „Job-Motor Nordhorn“ und von einer Art Boom, der die Region erreicht habe. Doch wie begründet sich der positive Gesamteindruck? Und wie lassen sich die Unterschiede zu anderen Regionen erklären? Für Karsten Müller von der Wirtschaftsförderung der Stadt Nordhorn liegen die Gründe auf der Hand. „Die Region ist unternehmens- und wirtschaftsfreundlich. Die Unternehmer jammern nicht, sondern packen selber an.“ Als Beispiel nennt Müller den Lückenschluss der Autobahn 31, der 2004 realisiert und durch private Geldgeber vorfinanziert wurde. Denn erst auf Initiative einzelner Landkreise und Unternehmer aus der Grafschaft sowie aus dem Emsland konnte der Ausbau der Bundesautobahn, die das nördliche Emsland mit Nordrhein-Westfalen verbindet, noch vor dem anvisierten Zeitplan umgesetzt werden.
Das habe maßgeblich zur wirtschaftlichen Entwicklung der ländlichen Region beigetragen, sagt Müller. Dabei geriet die wirtschaftliche Entwicklung mit dem Niedergang der Textilindustrie Ende der 1990er-Jahre zunächst ins Wanken. Das Aus der Industrieunternehmen Nino, Rawe und Povel, die zu Spitzenzeiten rund 11 500 Menschen in der Stadt Nordhorn beschäftigten, bedeutete einen Wandel des Wirt-
„Wenn ein Betrieb Schnupfen hat, hat nicht die ganze Stadt Husten.“ Karsten Müller, Wirtschaftsförderung Stadt Nordhorn
Geschäftsklimaindex Angaben in Punkten
Deutschland
Nordhorn
Osnabrück
70 60 50 40 30 20 10 Herbst Frühjahr Herbst Frühjahr Herbst Frühjahr Herbst Frühjahr Herbst Frühjahr Herbst Frühjahr Herbst Frühjahr Herbst Frühjahr Herbst Frühjahr Herbst Frühjahr Herbst 2008 2009 2009 2010 2010 2011 2011 2012 2012 2013 2013 2014 2014 2015 2015 2016 2016 2017 2017 2018 2018 Quelle: Creditreform · Grafik: Matthias Michel
VON ANDRÉ POTTEBAUM NORDHORN. Umgeben von Ems
schaftsstandortes hin zum Dienstleistungssektor. „Die ganze Stadt, die ganze Region war abhängig von den drei großen und ein paar kleineren Textilunternehmen, die hier beheimatet waren. Die Unternehmen haben es jetzt geschafft, einen breiten Mittelstand aufzubauen, der sehr robust ist“, so Müller. „Wenn ein Betrieb Schnupfen hat, hat nicht die ganze Stadt Husten.“ Brachliegende Flächen und ehemalige Industrieareale wurden in der Folge aufwendig saniert, um Wohnungen, Arbeitsräume und Veranstaltungsflächen zu schaffen. In unmittelbarer Nähe zur Stadt wurden mehrere Industrie- und Gewerbeflächen errichtet, die Unternehmen die Möglichkeiten bieten zu expandieren, ohne den Standort wechseln zu müssen: das Gewerbegebiet Klausheide-Ost zum Beispiel, das im Osten Nordhorns nahe der B 213 und der A 31 liegt und eine Gesamtfläche von 113,3 Hektar hat, oder das ehemalige Gelände der Textilfabrik Nino, das auf einer Gesamtfläche von 7,7 Hektar insbesondere für Dienstleistungsunternehmen einen zentrumsnahen Standort darstellt. Finanziert mit Fördermitteln von Land, Bund und EU, wurden diese Flächen zunächst erworben und anschließend ausgebaut, „um Gewerbeflächenpreise anbieten zu können, die wettbewerbsfähig oder unter dem großen Durchschnitt liegen, um Anreize für eine Ansiedlung in Nordhorn zu erhöhen“, erklärt Karsten Müller. So zeigt eine Analyse der Industrie- und Handelskammer (IHK) Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim, dass Hallen und Produktionsflächen in Nordhorn mit einer Nettokaltmiete von 3,75 Euro pro Quadratmeter im Durchschnitt deutlich unter denen der Stadt Osnabrück liegen, wo die Kaltmiete mit 4,20 Euro pro Quadratmeter zu Buche schlägt. Bei Einzelhandelsflächen unterscheiden sich die Preise noch deutlicher: So kostet ein Quadratmeter in Osnabrück durchschnittlich 14,24 Euro, während in Nordhorn die Nettokaltmiete bei 10,30 Euro liegt. Ebenso spielen in Nordhorn niedrige Grund- und Gewerbesteuerabgaben – insbesondere im Vergleich
Dicht bebaut: das Gewerbegebiet an der Otto-Hahn-Straße in Nordhorn.
Im Wandel: Diese Aufnahme zeigt die Bauarbeiten rund um das Gewerbegebiet Klausheide-Ost in Nordhorn. Foto: Werner Westdörp
zum Wirtschaftsraum NordrheinWestfalen – sowie niedrige Lebenshaltungskosten eine wichtige Rolle. Die wirken sich nicht nur aus Unternehmersicht positiv aus, sondern sind auch für Arbeitnehmer von Vorteil, die im Gegensatz zu Ballungsräumen oder Großstädten wie Osnabrück mit weniger Geld über die Runden kommen können. Dadurch werde das geringere Einkommensniveau der Arbeitnehmer kompensiert, wie Marco Graf, Hauptgeschäftsführer der IHK, erklärt.
Neben den finanziellen Pluspunkten spielt laut Müller auch die gute Infrastruktur eine wichtige Rolle. Die Autobahnen 30 und 31, die das Ruhrgebiet, Rotterdam und Amsterdam mit der Region verbinden, die Nähe zum Flughafen Münster/Osnabrück (FMO) sowie die offene Grenze zu den Niederlanden sind wichtige Faktoren für den Standort. Insbesondere die enge Bindung an den europäischen Nachbarn mache sich immer wieder bemerkbar. „Viele Handelskunden im Emsland und
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schiede in der Umfrage vermitteln einen falschen Eindruck. Grundsätzlich ist unsere Region als Ganzes gut aufgestellt und hat in den letzten Jahren ‚geboomt‘ . Genau dies zeigen auch die CreditreformZahlen.“ Demnach gebe es auch in und um Osnabrück ein „wirtschafts-
der Grafschaft sind Niederländer. Sie sind ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor“, sagt Graf. Verbesserungsbedarf gebe es hingegen beim Austausch von Arbeitskräften. Trotz hoher Arbeitslosigkeit in den Niederlanden würden nur wenige Beschäftigte einen Job in der Region rund um Nordhorn ausüben. „Das liegt daran, dass die Hürden sowohl kulturell als auch rechtlich noch zu hoch sind.“ Belegt werden diese Angaben durch die Agentur für Arbeit in Nordhorn. Demnach lag der Anteil niederländischer Arbeitskräfte im Juni 2018 gerade einmal bei 0,39 Prozent. Oder in Zahlen ausgedrückt: Lediglich 127 der 31 802 Beschäftigten kamen aus den Niederlanden, wobei insgesamt 9552 Personen außerhalb der Stadt ihren Wohnsitz hatten. Ein Anteil von 30,04 Prozent. Dabei ist die Bevölkerungszahl – auch das ein Ausdruck des wachsenden Wirtschaftsstandorts – ab 2006 innerhalb von zehn Jahren schon um 54 Prozent auf 53 379 Einwohner gestiegen. IHK-Hauptgeschäftsführer Graf kennt die Vorteile der Stadt Nordhorn und der Grafschaft Bentheim, auch wenn er die Einschätzungen der Unternehmer deutlich zurückhaltender bewertet. „Die Unter-
„Die ganze Region hat in den letzten Jahren geboomt.“ Marco Graf, Hauptgeschäftsführer IHK Osnabrück-EmslandGrafschaft Bentheim
freundliches Klima“ und ausreichend Gewerbeflächen, die den Unternehmen die Möglichkeit gäben, weiter zu wachsen. Als Beispiel nennt er die Firma Solarlux, die erst vor wenigen Jahren innerhalb des Landkreises von Bissendorf nach Melle umgezogen ist. „Die Teilregionen unseres IHK-Bezirks entwickeln sich häufig besser als andere Bereiche Niedersachsens oder Nordrhein-Westfalens“, so Graf. Damit sich dieser Eindruck in Nordhorn weiterhin bestätigt, will die Stadt Unternehmen auch künftig fördern. „Seit 2014 bekommen wir als Landkreis aufgrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung keine Fördermittel mehr. Dennoch wollen wir Betriebe unterstützen, um Arbeitsplätze zu schaffen und Investitionen in das eigene Unternehmen zu ermöglichen“, sagt Karsten Müller von der Wirtschaftsförderung. Dies gelte auch für junge Gründer, die sich als Start-up am Markt behaupten müssten. Insgesamt bewertet Müller die Entwicklung des Wirtschaftsstandortes sehr positiv. „Die Stimmung ist ausgesprochen gut, die Unternehmer nutzen die Möglichkeit zu investieren. So einen Boom wie zurzeit hat es in den letzten Jahren nicht gegeben.“
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Wer an Nordhorn denkt, denkt automatisch an die zahlreichen Grachten, Schleusen und Brücken, die die Kleinstadt im Herzen der Grafschaft zieren. Die 54 000-Einwohner-Stadt an der Grenze zu den Niederlanden ist jedoch nicht nur über Wasser gut zu erreichen. Unternehmer und Geschäftsleute schätzen Nordhorn vor allem wegen der guten Anbindung – an den Flughafen Münster/Osnabrück (FMO), den direkten Kontakt zu dem europäischen Nachbarn und dem seit Jahren gut ausgebauten Straßennetz, das die Region sowohl mit dem nördlichen Emsland, Großstädten wie Osnabrück und Amsterdam oder dem für sie wichtigen Wirtschaftsraum rund ums Ruhrgebiet verbindet. Für Lisa Breuker, beim Maschinenbauer Rosink zuständig für Materialwirtschaft und Logistik, liegen die Vorteile auf der Hand: „Wir haben die Nähe zu den Niederlanden, wo einige unserer Lieferanten sitzen, und die Autobahn 31 in direkter Nachbarschaft.“ Aufgrund der Infrastruktur könne man Kunden vor allem in Nordrhein-Westfalen schnell und problemlos erreichen. Doch auch die Stadt selbst sei für Geschäftstreibende ein „attraktiver Standort“, so Breuker. Das liege unter anderem an den wirtschaftlichen Vorteilen wie günstigen Mieten und Steuern. Es zeige sich, dass genau
diese Faktoren in Ballungsräumen oder Städten wie Osnabrück negative Auswirkungen auf die Unternehmen hätten. Außerdem gibt es die Möglichkeit, sich ausdehnen und erweitern zu können. Das zeigt sich auch am Unternehmen Rosink selbst, das seine Anfänge in einem „normalen Wohngebiet in Nordhorn“ hatte, wie Breuker sagt. In den 50er-Jahren wurde erstmals der Standort gewechselt, bevor der Maschinenbauer schließlich in den 90ern auf dem ehemaligen Gelände des Textilunternehmens Nino im Südosten Nordhorns landete. Auch das familiengeführte Unternehmen Naber, das 1948 als Tischlereibetrieb gegründet wurde und mittlerweile weltweit als Zulieferer für Küchenstudios, -möbelhäuser und Industrieunternehmen tätig ist, schätzt Nordhorn als Standort für
„Wir sind sehr zufrieden hier. Wir sehen keinen Grund, warum wir hier weggehen sollten.“ Geschäftsführer Helge Rigterink
das eigene Unternehmen. „Wir sitzen im Gewerbe- und Industriegebiet GIP-Ost, sind hier sehr zufrieden und haben gerade erst neu angebaut“, sagt Lasse Naber, der in dritter Generation Teil der Geschäftsleitung ist. Das Unternehmen hat mittlerweile rund 250 Mitarbeiter und verfügt über eine Lagerfläche von 25 000 Quadratmetern. Hilfreich, um den aktuellen Anbau zu realisieren, sei dabei nicht nur die Stadt Nordhorn gewesen, sondern auch die Wirtschaftsförderung, zu der man regelmäßigen Kontakt pflege. Besonders schätzt der geschäftsführende Gesellschafter jedoch, dass „die Mitarbeiter und Menschen in Nordhorn sehr umgänglich, fleißig, hilfsbereit und vor allem innovativ“ seien. Helge Rigterink vom gleichnamigen Lebensmittel-Logistiker, der seinen Hauptsitz seit 70 Jahren in Nordhorn hat, sieht nicht nur die Mentalität der Menschen als entscheidenden Faktor. „Nordhorn ist auch als Stadt sehr attraktiv, die Wege für uns sind kurz. Vor allem die gute Anbindung an die A 31 ist für uns von Vorteil, weil wir zum Beispiel das nördliche Emsland schnell erreichen können“, so der Geschäftsführer, dessen Unternehmen zehn Standorte mit 1000 Mitarbeitern in Deutschland unterhält und im gesamten Bundesgebiet tätig ist. „Wir sind sehr zufrieden hier. Wir sehen keinen Grund, warum wir hier weggehen sollten.“ Scheint, als gäbe es in Nordhorn kaum etwas zu meckern. Doch Lasse Naber sieht auch Verbesserungsbedarf. „Der Handyempfang in der Region ist wirklich schlecht. Da müsste sich langsam mal was ändern“, sagt der Nordhorner. Mit diesem Wunsch dürfte der Geschäftsmann nicht alleine stehen.
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DONNERSTAG, 28. FEBRUAR 2019
MACHER & MÄRKTE
Auf dem Weg in Richtung Weltunternehmen Technologiegruppe Harting entwickelt sich auch am Firmensitz Espelkamp weiter – Logistikzentrum nimmt im Juni Betrieb auf
Rund 10 000 Pakete sollen am Juni pro Tag das neue Logistikzentrum der Harting Technologiegruppe in Richtung europäischer Kunden verlassen.Es ist die größte Einzelinvestition der Firmengeschichte.
Fotos: Harting
VON NINA KALLMEIER ESPELKAMP. Während sich die
Wirtschaftsprognosen eintrüben, sind Familienunternehmen und Mittelständler in der Region weiterhin erfolgreich unterwegs. Ein Beispiel ist die Technologiegruppe Harting mit Sitz in Espelkamp. Mitte des Jahres nimmt das neue „European Distribution Center“ (EDC) am Firmensitz seine Arbeit auf.
Schnellladestrukturen für Elektrofahrzeuge, Windräder, Bahnwaggons, Zigarettenautomaten im Lebensmitteleinzelhandel, Kassen, an denen sich der Kunde selbst auscheckt, oder Ethernet – mit den Steckverbindungen und Produkten des Espelkamper Familienunternehmens Harting wird jeder schon einmal in Berührung gekommen sein. Das zweistellige Umsatzwachstum im zurückliegenden Geschäftsjahr auf 762 Millionen Euro hat laut Philip Harting die Erwartungen deutlich übertroffen. „Wir haben mit diesem Umsatzsprung einen großen Schritt in Richtung Weltunternehmen gemacht“, so der Vorstandsvorsitzende. Die größte Einzelinvestition der Firmengeschichte soll dazu beitragen, dass diese positive Entwicklung auch so bleibt. Am Firmensitz in Espelkamp entsteht ein neues Logistikzentrum, das European Distribution Center (EDC). „Der Probebetrieb läuft bereits“, sagt
Regionale Kooperation: Für die Produktion von Sicherheitsschaltern des Familienunternehmens Bernstein mit Sitz in
Kooperation mit Kuka: Um rasch die Batterie eines E-Autos wieder aufzuladen, zeigt Harting auf der Hannovermesse ge-
Porta Westfalica hat die Tochtergesellschaft Harting Applied Technologies eine Produktionsanlage gefertigt.Vitali Niederquell, Mechaniker bei Hart-
meinsam mit Kuka eine robotergesteuerte Ladestation.Ein Kuka-Roboter führt die Harting Ladestecker ein und beendet den Ladevorgang,wenn
ingg Applied Technologies,hat die Anlage montiert.
die Batterie des Antriebs den nötigen Ladestand erreicht hat.
Vorstand Detlef Sieverdingbeck. Der Eröffnungstermin Ende Juni ist bereits angesetzt. Rund 40 Millionen Euro investiert das Unternehmen, so Sieverdingbeck. „Ziel ist es, dass mit dem EDC Waren noch am Tag der Bestellung auf den Weg zu unseren europäischen Kunden gehen.“ Einzelne Teile würden auch weltweit verschickt. Letztlich — und mit fortschreitender Digitalisierung — auch ab Losgröße 1. Das Hochregallager bietet auf 4500 Quadratmetern Platz für 6900 Paletten und rund 120 000 Lagerbehälter. Gesteuert wird alles vollautomatisch mittels Barcodes und RFID, sagt der Vorstand und erklärt: „Ein großer Teil der Materialien werden mit fahrerlosen Transportsystemen zwischen den Hallen bewegt.“ 20 000 Teile pro Tag sollen künftig im EDC indivi-
duell kommissioniert und verpackt werden. Mit bis zu 110 Lkw und Kleintransportern verlassen dann 10 000 Pakete als „sichere Luftfracht“ sowie auf dem See- und Landweg den Firmensitz. Wachstumstreiber waren laut Vorstandsvorsitzendem Philip Harting im vergangenen Jahr Impulse aus den Marktsegmenten Transportation, Maschinenbau, Automation und Robotik. Mit Blick auf die Regionen konnte das weltweit aufgestellte Familienunternehmen mit seinen mittlerweile 14 Produktionsstätten überall wachsen. Erst im Januar ist der neue Fertigungsstandort der Tochter Harting Customised Solutions (HCS) in Polen eröffnet worden, in dem vorrangig Produkte für den Maschinen- und Anlagenbau produziert werden. Seit 2007 ist der
ZUM UNTERNEHMEN
5000 Mitarbeiter beschäftigt Die Harting Technologiegruppe mit Hauptsitz in Espelkamp ist ein weltweit führender Anbieter von industrieller Verbindungstechnik. Der Fokus des Familienunternehmens liegt dabei auf drei Bereichen: Data, Signal und Power. Die Gruppe unterhält 14 Produktionsstätten und Niederlassungen in 43 Ländern. Zusätzlich zu Verbindungstechnik stellt das Unternehmen auch Kassenzonen für den Einzelhandel, elektromagnetische Aktuato-
Die Geschäftsführung von Harting.
ren für den automotiven und industriellen Serieneinsatz, Ladeequipment für Elektrofahrzeuge sowie Hard- und Software für Kunden und Anwen-
dungen unter anderem in der Automatisierungstechnik, im Maschinen- und Anlagenbau, in der Robotik und im Bereich Transportation her. Rund 5000
Mitarbeiter erwirtschafteten zuletzt im Geschäftsjahr 2017/18 einen Umsatz in Höhe von 762 Millionen Euro. Auch Standards setzt die Unternehmensgruppe. Dazu zählen unter anderem miniaturisierte EthernetSchnittstellen, die Harting am Markt etabliert hat. „Die Kunden erwarten marktkonforme Standards. Eine Insellösung hilft ihnen langfristig nicht weiter“, so Vorstandsvorsitzender Philip Harting. nika
Espelkamper Technologiekonzern im Nachbarland, eine Fertigungsstätte war laut Philip Harting der nächste konsequente Schritt. „Wir stärken damit unsere weltweite Präsenz und sind noch näher an unseren Kunden.“ Ausschlaggebend für die Standortwahl war für den Vorstandsvorsitzenden aber auch die wirtschaftliche Entwicklung des Nachbarn. Polen habe seit einigen Jahren, vor allem seit Beginn dieses Jahrzehnts, ökonomisch eine ausgezeichnete Entwicklung genommen, die Vorbild sein könne für andere Regionen in Europa. Dazu zählt die Arbeitslosenquote, die im Vergleich zu anderen Ländern niedrig sei, ebenso wie die Inflationsrate. Das Wirtschaftswachstum sei robust, die Staatsverschuldung rückläufig. „Diese Zahlen sprechen für sich und haben uns die Entscheidung für die Fabrikation in diesem Land ganz leicht gemacht“, so der Vorstandsvorsitzende. Das stärkste Umsatzplus gab es im zurückliegenden Geschäftsjahr in der Region Asien, so Harting. Dort steigerte das Unternehmen seinen Umsatz um 18 Prozent auf 187 Millionen Euro. Insgesamt erzielt die Harting-Gruppe mittlerweile rund 70 Prozent ihres Umsatzes im Ausland. Dennoch bleibt die Technologiegruppe mit der Region verwurzelt, betonen die Unternehmensverantwortlichen. Das zeigen unter anderem die Investitionen. Von den rund 63 Millionen Euro, die das Unternehmen im vergangenen Jahr in die Hand genommen hat, floss ein Großteil in das neue Logistikzentrum, so Vorstand Maresa Harting-Hertz. Außerdem wurde die Entwicklungskompetenz in Rahden gebündelt.
Und die Investitionen der Gruppe sollen in diesem Jahr nicht zurückgefahren werden, kündigte Harting-Hertz an. Unter anderem werde das Werk in Rumänien deutlich ausgebaut, ergänzte Vorstand Andreas Conrad. Dort werden Steckverbindungen für die E-Mobilität gefertigt – ein Markt, in dem Philip Harting für die Technologiegruppe weiterhin große Chancen sieht. Zusammen mit den Partnern Rinspeed und Kuka haben die Espelkamper unter anderem eine automatisierte Ladelösung für E-Autos geschaffen, stellte er vor. Auch das Werk in den USA, der Standort in Indien, der nach eineinhalb Jahren bereits erweitert wurde, die Kapazitäten in China oder in der Schweiz sieht Harting vor einer Weiterentwicklung. „Wir wachsen in den Regionen überpro-
„Die Zölle haben uns im vergangenen Jahr schon getroffen.“ Vorstandsvorsitzender Philip Harting
portional“, so der Vorstandsvorsitzende. Das jeweils zweistellige Umsatzwachstum der vergangenen zwei Jahre gebe einen Schub für Investitionen der Zukunft. Insgesamt hat die Harting-Gruppe ihren Umsatz in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Das starke Wachstum, gerade in den vergangenen zwei Jahren, bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich. Man hätte gerne mehr sonntags gearbeitet, um die Kundenaufträge abarbeiten zu können, so Andreas Conrad. In zehn bis zwölf Wochen ist das an den beiden großen Standorten in Espelkamp und Rahden möglich gewesen, öfter nicht. „Unsere Auslandsstandorte haben das abgefangen.“ Für das kommende Jahr ist Philip Harting vorsichtig optimistisch. Als international tätiges Familienunternehmen sieht er unter anderem im Zollstreit mit den USA oder dem Brexit für die Technologiegruppe Herausforderungen und Risiken. „Die Zölle haben uns im vergangenen Jahr schon getroffen“, blickt der Vorstandsvorsitzende zurück. Mit einem Umsatzzuwachs von knapp unter fünf Prozent rechnet Philip Harting dennoch. „Der Zenit des Wachstums ist überschritten“, ist er überzeugt. Die Zuwachsraten in den ersten Monaten des neuen Geschäftsjahres seien bereits schwächer ausgefallen. Inklusive Auszubildenden und Leiharbeitnehmern beschäftigt Harting mehr als 5000 Mitarbeiter. An den deutschen Standorten in Espelkamp, Rahden und Minden angestellt sind aktuell 2577, im Ausland sind es mehr als 2400. Damit sind im vergangenen Jahr 341 neue Stellen geschaffen worden: 77 in Deutschland und 264 in den ausländischen Produktionsstätten und Tochtergesellschaften.
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DONNERSTAG, 28. FEBRUAR 2019
MACHER & MÄRKTE
Mittelständler mit Konzern-Vergangenheit Eine Schutzwand um das Brennelemente-Zwischenlager in Ahaus ist die derzeit größte Baustelle der Beton- und Monierbau GmbH VON JONAS SCHÖNROCK NORDHORN. Einst gehörte die Be-
ton- und Monierbau (BuM) GmbH aus Nordhorn zum Preussag-Konzern, bevor sie 1997 zu einem inhabergeführten Bauunternehmen wurde. Mit rund 230 Mitarbeitern an drei Standorten ist BuM in vier Sparten deutschlandweit tätig und ist damit mehr als ein Straßenbaukonzern.
Die gelben Baufahrzeuge mit den dunkelgrauen Buchstaben kennt fast jeder in der Grafschaft und im Emsland. Wenn irgendwo dampfender Asphalt eine neue Fahrbahndecke entstehen lässt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Arbeiter und Maschinen das Logo mit den Buchstaben BuM tragen. Sie gehören zur Beton- und Monierbau GmbH, die an der Ursulastraße in Nordhorn ihren Hauptsitz hat. „Bei uns in der Region werden wir hauptsächlich als Straßenbauunternehmen wahrgenommen“, sagt Geschäftsführer Oliver Renner. Tätig sind oder waren die BuM-Mitarbeiter zum Beispiel bei der Sanierung eines Teilstücks der B 403 im Bereich der Bahnhofsunterführung in Bad Bentheim und am dortigen Trogbauwerk in Uelsen bei der Erschließung des Wohnbaugebietes „Neuenhauser Straße“. Oder Anfang des Jahrtausends beim Großprojekt Schüttorfer Kreuz. Doch Beton- und Monierbau ist viel mehr als nur regionaler Straßenbau. Das Unternehmen ist deutschlandweit in den Bereichen Kabelund Rohrleitungsbau, Hoch- und Ingenieurbau, Bohrplatz- und Industriebau tätig sowie eben im Bereich Erd- und Verkehrswegebau. Oliver Renner und Friedrich Quellmelz führen das Unternehmen seit 2014 gemeinsam als Geschäftsführer. Neben dem Hauptsitz in Nordhorn gibt es weitere Standorte in Meppen und in Leipzig mit insgesamt 230 Mitarbeitern. Ein inhabergeführtes mittelständisches Unternehmen war Beton- und Monierbau nicht immer. Renners Vater Hans-Joachim hatte BuM zusammen mit Reinhard Kewe 1997 durch einen „Management-Buy-out“ aus dem Preussag-Konzern herausgelöst. 2002 wurde aus Preussag der weltweit größte Touristikkonzern TUI. „Mit einer Konzernstruktur ist man im Bausektor heutzutage eigentlich nicht mehr wettbewerbsfähig“, sagt Friedrich Quellmelz. „Es gibt ja kaum noch große Bauunternehmen in Deutschland. Die großen wie Holzmann oder Bilfinger-Berger sind nicht mehr da.“ Der Bausektor sei ideal für Mittelständler wie eben die Be-
ton- und Monierbau GmbH, die im Jahr rund 50 Millionen Euro Umsatz macht. Einen Großteil der derzeitigen Aufträge hat BuM in Westdeutschland, hauptsächlich in Nordrhein-Westfalen, aber auch in Heide bei Kiel, im Raum Trier sowie im Berliner Raum und im Bereich Halle (Saale) ist man momentan tätig. Die östlichen Arbeiten werden vom Standort in Leipzig erledigt, wo 1997 die Betonund Monierbau Leipzig GmbH übernommen wurde. Der Standort in Meppen entstand 2002 durch die Übernahme des Bauunternehmens Brandewiede. Vom Emsland aus wird die Kabelbausparte betrieben. Für Innogy führt BuM beispielsweise in Meppen den Breitbandausbau durch. In Ahaus im Kreis Borken liegt die, wie Geschäftsführer Oliver Renner sagt, vom Auftragsvolumen her derzeit größte Baustelle, auf der BuM tätig ist. Ein Auftrag, der hohe Sicherheitsstandards erfordert. Um das Brennelemente-Zwischenlager wird eine neue Schutzwand aus Stahlbeton errichtet. Angefangen im Februar 2017, sind die Arbeiten voraussichtlich im Oktober dieses Jahres beendet. Eine besondere Herausforderung war laut Oliver Renner auch der Bau dreier zusätzlicher Stockwerke für die Uniklinik in Herne. „Hier haben wir quasi am offenen Herzen operiert und während des laufenden Betriebs zwei Etagen und eine Techniketage daraufgesetzt.“ Weitere Beispiele aus dem Auftragsportfolio sind ein neues Haftgebäude für die JVA in Wittlich, eine Beteiligung an einer Arbeitsgemeinschaft zum Bau eines Teilstücks der Autobahn 3 in
„Es gibt ja kaum noch große Bauunternehmen in Deutschland.“ Geschäftsführer Friedrich Quellmelz
Der Firmensitz in Nordhorn ist einer von drei Standorten.
Der „Beschicker“,neben dem die beiden Geschäftsführer Friedrich Quellmelz (links) und Oliver Renner stehen,kommt beim Straßenbau zum Einsatz.
Bielefeld oder, ebenfalls als Arbeitsgemeinschaft, der Asphalt am Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven. Neben den Bautätigkeiten tritt Beton- und Monierbau auch als Verleiher von Spezialmaschinen auf. So verfügt das Unternehmen etwa über einen sogenannten „Beschicker“, der im Straßenbau verwendet wird. Mit dieser Art Übergabegerät werden Asphaltfertiger unterbrechungsfrei mit Mischgut versorgt. Der „Beschicker“ wird dabei zwischen Asphaltfertiger und Lkw-Kipper angeordnet. So werden Stöße vermieden, wenn der Kipper mit dem Material an den Fertiger anfährt. Durch Stöße könnten ansonsten Unebenheiten im Straßenbelag entstehen. Durch den Einsatz des „Beschickers“ werden sie vermieden. Wie Oliver Renner betont, legt man bei BuM großen Wert auf die Mitarbeiterzufriedenheit, die Fluktuation im Unternehmen sei sehr gering, langjährige Betriebszugehörigkeit keine Seltenheit. Um das Zusammengehörigkeitsgefühlt zu stärken, gibt es regelmäßig gemeinsame Veranstaltungen und Unternehmungen. Kürzlich ging es beispielsweise zum Ski-Ausflug mit den Mitarbeitern ins Kleinwalsertal nach Österreich. Zudem bietet die Firma zukünftigen Fachkräften die Möglichkeit, ihre Abschlussarbeit bei BuM zu schreiben. „Wir kooperieren mit den Unis Essen, Münster, Oldenburg und Wuppertal“, sagt Friedrich Quellmelz. Die Auftragsbücher sind voll bei der Beton- und Monierbau GmbH – genauso wie der Bauhof am rund einen Hektar großen Firmenstandort in Nordhorn. „Es sind ja selten alle Fahrzeuge hier, und das ist natürlich gut so“, sagt Oliver Renner. „Aber wenn alle da sind, dann wird es ganz schön eng.“ Gleiches gilt auch für die Büros. Erweiterungen am aktuellen Standort sind nicht mehr möglich, und die Frage nach Alternativen stellt sich. Konkrete Pläne über einen Umzug, etwa in eines der Industriegebiete im Landkreis, gibt es aber laut Oliver Renner noch nicht.
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MACHER & MÄRKTE
Wo die Ideen sprießen Die Digitalisierung bietet der Landwirtschaft und Ernährungsbranche große Chancen, Probleme zu überwinden VON DIRK FISSER OSNABRÜCK. Wenn’ s um die
Landwirtschaft geht, bleiben meist die schlechten Nachrichten im Gedächtnis. Probleme und Skandale eben. Aber es geht auch anders: Die Branche ist unglaublich innovativ.
Die Halle im schicken Osnabrücker Stadtteil Westerberg hebt sich deutlich von ihrer Umgebung mit den zahlreichen neuen Wohnklötzen ab. Früher wurden hier britische Panzer repariert, heute keimen die Ideen. Hinter jeder Tür im Innern eine andere. Denn die Halle ist Standort des „Seedhouse“. Ein englischer Name – man möchte fast sagen: natürlich! Denn in der – Achtung – Start-up-Branche geht es nicht ohne Anglizismen. Drei bis sechs Monate bietet das Seedhouse Gründern Raum, Zeit und Geld, an ihren Ideen aus dem Bereich Agrar und Ernährung zu arbeiten. Accelerator nennt sich so ein Ort, Beschleuniger zu Deutsch. Getragen und betrieben in diesem Fall vom ICO Innovationscentrum Osnabrück. Eine kleine Auswahl der Projekte, die hier an Fahrt aufnehmen sollen:
• BUGBELL: Hundefutter aus Insekten. Die Idee steht laut Seedhouse kurz vor der Eröffnung eines Onlineshops. Eine Produktion im industriellen Maßstab ist erfolgreich getestet worden. • FARMSCENT: der Einsatz von Gerüchen im Kuhstall – für das Wohlbefinden der Rinder und letztlich auch die Fleischqualität. • AGRORA: ein Online-Marktplatz für Agrarrohstoffe und deren Transporte. • SEEDFORWARD: eine Ummantelung für Saatgut. So bleibt es vor Schädlingen geschützt, und der Bauer kann sich den Einsatz von Pestiziden sparen. Letzteres ist ein Beispiel dafür, wie heutige Probleme der Agrarbranche – etwa der gesellschaftlich umstrittene Pestizid-Einsatz
Gründer Victor Große Macke will mit Gerüchen das Leben für Tiere im Stallangenehmer machen. Foto: Jörn Martens
zum Pflanzenschutz – durch Innovation behoben werden könnten. Sie sehe insgesamt ein „enormes Potenzial“, sagt Karin Schnitker, Professorin an der Hochschule Osnabrück. Gerade durch die Digitalisierung und damit verbundene Entwicklungen könnten Konflikte der vergangenen Jahre befriedet werden: Tierwohl, Nachhaltigkeit und ganz allgemein Vertrauen, nennt Schnitker als Beispiele. Landwirtschaft sei heutzutage globaler aufgestellt als früher. Auch deswegen sei der Bauer immer weiter entfernt von seinen Kunden, so Schnitker. „Das führt dazu, dass die Menschen vielleicht Vertrauen verloren haben.“ Vertrauen sei aber Voraussetzung dafür, dass im Supermarkt mehr für nachhaltig oder tiergerecht produzierte Lebensmittel ausgegeben werde. „Australische Bauern gewährleisten durch das Unternehmen ,Beefledger‘ , dass die teuren Angus- und Waygu-Rinder tatsächlich von bestimmten örtlichen Betrieben kommen“, bringt Schnitker ein Beispiel. Volle Datentransparenz – das ist das Schlagwort, das Schnitker ins Feld führt. „Genau das wirkt der Entfremdung enorm entgegen und gibt gerade den kleinen, nachhaltigen Betrieben in der ganzen Welt eine große Chance, Familienbetrieb zu bleiben.“ Aber wer soll Herr der Daten sein? Bundeskanzlerin Angela Merkel warnte auf der Agrarmesse „Grüne Woche“: „Wer die Daten hat, wird die Preise bestimmen.“ Das könnten künftig die Maschinenhersteller oder gar USTech-Giganten wie Google oder Amazon sein. Josef Horstmann, Geschäftsführer Konstruktion und Entwicklung beim Landmaschinenbauer Krone, legt sich fest: „Alle Daten gehören dem Landwirt.“ Das regle sein Unternehmen vertraglich mit dem Kunden. „Der Landwirt entscheidet, wo welche Daten hingehen.“ Bremsklotz der Entwicklung
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sei nach wie vor der Netzausbau, sagt Horstmann. Eine schnelle Anbindung der Bauernhöfe ans Internet sei wichtig. „Jeder kann sich etwas unter der Fabrik 4.0 und dem au-
„Alle Daten gehören dem Landwirt.“ Krone-Geschäftsführer Josef Horstmann
tonom fahrenden Auto vorstellen. Wir nehmen unsere rollende Fabrik 4.0 und lassen sie autonom auf dem Acker fahren.“ Das gehe nur, wenn die Verbindung stimme. Bleibt aber immer noch die Frage nach den Kosten. Viele Landwirte hatten in den vergangenen Jahren mit Ertragsverlusten zu kämpfen. „Innovationen müssen auch immer mit Kostenersparnis für den einzelnen Hof verbunden sein“, sagt Horstmann. Professorin Schnitker formuliert es so: Wer nicht investiere, werde auf Dauer unwirtschaftlich. „Deswegen ist ein langfristiges Ausbleiben von Innovation tödlich.“ Gerade die Innovationskraft der deutschen Agrarbranche habe dafür gesorgt, dass die Strukturen heute nach wie vor kleiner seien als in anderen Ländern. Zurück ins Seedhouse: Die Ideen hier sind noch nicht so weit, dass sie im großen Stile marktreif wären. Zarte Pflänzchen eben, die in der Panzerhalle ideale Wachstumsbedingungen vorfinden. „Wir helfen den Gründern. Das beginnt schon damit, dass wir ihnen vermitteln, wie man mit einem Investor redet“, sagt Tim Siebert. Er trägt den Titel „Start-up-Manager“, bezeichnet sich aber auch schon mal selbst als Hebamme. Florian Stöhr von „Muuuh!Digital“ ist das Bindeglied zwischen Start-ups und Mittelständlern in der Region. „Ursprünglich war ja Teil des Ganzen der Anspruch, junge, innovative Unternehmer in der Region zu halten. Mittlerweile zeigt sich, dass wir eben diese Gruppe auch anziehen.“ Unter den Bewerbern – zuletzt waren es 34 für drei freie Plätze – für das Seedhouse seien bereits Vertreter aus der Berliner Start-
up-Szene gewesen. Neben der Förderung in Niedersachsen lockte sie auch die räumliche Nähe zu den großen Namen der Agrar- und Ernährungsbranche. Viele zählen mittlerweile zu den Förderern der Einrichtung: der Getränkehersteller Berentzen, die Landmaschinenproduzenten Krone und Grimme, der Stallbauer Big Dutchman, der
Wiesenhof-Mutterkonzern PHW oder die „Conditorei Coppenrath & Wiese“. Die Liste ließe sich fortsetzen. 28 Namen sind es insgesamt. Sie alle haben sich mit jeweils 50 000 Euro beteiligt und stehen als Mentoren für die Gründer zur Verfügung. Hinzu kommen Fördermittel vom Land Niedersachsen. Nicht alle Ideen werden die Panzerhalle verlassen und ein erfolgreiches Geschäftsmodell begründen. Scheitern ist Bestandteil der Start-up-Kultur. Andere hingegen stehen vor einer vielversprechenden Zukunft. Das Team von Seedforward beispielsweise wird seine Idee vom ummantelten Saatgut in diesem Jahr auf etwa 10 000 Hektar ausbringen – deutschlandweit.
Hauke Jaeschke und Michel Kade (unten rechts) entwickeln im Seedhouse ihre digitale Handelsplattform Agrora weiter, während die Die Osnabrückerin Jamina Zaugg mit ihrem Start-up Bugbell Hundefutter aus Insekten macht. Fotos: Jörn Martens
DONNERSTAG, 28. FEBRUAR 2019
SPEZIAL
INTELLIGENT & AUTOMATISCH Vieles aus der KI-Forschung ist heute selbstverständlich.
Mehr als nur ein Schlagwort?
Grenze zu künstlicher Intelligenz ist nicht immer eindeutig. Osnabrück will Forschungsstandort ausbauen.
satz hat, gefolgt vom Handel. Denn auch die Vorschläge, die jemand beim Surfen im Netz aufgrund von Onlinebestellungen oder Surfverhalten erhält, sind laut Hertzberg ein altes Problem der KI. „Zugegeben gibt es auch schlechte Vorschläge oder solche, die zwar zu meiner Suche vor einer Woche passen, aber nicht mehr aktuell sind.“ Um eine KI zu trainieren, braucht es Daten. Eine Menge Daten, wie Professor Gordon Pipa aus Erfahrung weiß. Sein Team vom Osnabrücker Institut für Kognitionswissenschaften hat ein halbes Jahr lang nichts anderes gemacht als eine Wissensdatenbank für Roboterdame Lou aufzubauen. Lou ist eines der sichtbareren Projekte der Uni Osnabrück. Außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung bewege sich in der Stadt schon lange viel, sagt Joachim Hertzberg. „Wir haben schon lange wissenschaftlich auf hohem Niveau geforscht, aber leise.“
Ein Blick auf die Intelligenz der „künstlichen Intelligenz“ und wo sie zum Einsatz kommt
VON NINA KALLMEIER OSNABRÜCK. „Künstliche Intelligenz“ (KI) ist neben Digitalisierung und 5G ein gerne genutztes Schlagwort der Politik und auch das Wissenschaftsjahr steht 2019 unter dem Stichwort Künstliche Intelligenz. Doch was verbirgt sich dahinter? Wie intelligent ist „künstliche Intelligenz“ heute? Und welche Rolle spielt der Standort Osnabrück in der Forschung?
„Alexa, schalt das Licht an!“ Dass die freundliche Frauenstimme, die als Alexa aus dem Lautsprecher schallt, dieser Anweisung nachkommen kann, ist unbestritten. Aber macht das die Funktion auch intelligent, wie landläufig gesagt wird? All jene, die diese Frage uneingeschränkt mit Ja beantworten, muss Joachim Hertzberg, Professor für Informatik an der Universität Osnabrück und Leiter des Forschungsbereichs „Planbasierte Robotersteuerung“ des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), enttäuschen. „Alexa, aber auch Google reagieren auf Stichworte. Sie wissen erst, dass sie gemeint sind, wenn der Nutzer ,Alexa‘ oder ,Hey Google‘ sagt. Kontext verstehen beide Systeme somit nicht“, erklärt der Experte seine Einschätzung. Er hat auch gleich Beispiele parat, die diese unterlegt, in denen die Programme ungewollt reagiert haben. Zum Beispiel die Episode einer Nachrichtensprecherin, die über fälschlicherweise von Alexa getätigte Bestellungen berichtete – mit dem Resultat, dass Alexa-Systeme, die diese Nachrichten und ihren Namen „hörten“, nun ebenfalls bestellten. „Das zeigt deutlich, dass Alexa nichts verstanden hat. Sie arbeitet Schemata ab, versteht aber den Hintergrund nicht“, erklärt Hertzberg.
„Man projiziert viel in das System hinein.“ Professor Gordon Pipa
Doch was ist „künstliche Intelligenz“? Laut Gordon Pipa, Professor für Neuroinformatik an der Uni Osnabrück, ist KI eine Frage der Sichtweise. Auch mit Blick auf Roboterdame Lou, die Vorlesungen unterstützen und mit Studenten kommunizieren soll. „Wir haben Lou rationelles Wissen beigebracht“, erklärt er. Ihr Verhalten sei entsprechend nicht selbst generiert, sondern programmiert. Mit menschlicher Intelligenz habe das nichts zu tun, es erweckt jedoch den Eindruck als ob. „Man projiziert viel in das System hinein“, sagt Pipa. Woran liegt es dann, dass Alexa ebenso wie Siri und Google landläufig als „künstliche Intelligenz“ bezeichnet werden? Joachim Herzberg sieht hier unter anderem die Wissenschaftskommunikation in der Pflicht. Auch um zu vermitteln, dass weit mehr auf KI-Forschung
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„Wir haben schon lange wissenschaftlich auf hohem Niveau geforscht, aber leise.“ Professor Joachim Hertzberg
Illustration: Colourbox.de
ZUR SACHE
So will die Bundesregierung KI fördern — schnelle Umsetzung gefordert Die Bundesregierung hat ihre Strategie zur künstlichen Intelligenz (KI) verabschiedet und will in den kommenden Jahren zum weltweit führenden Standort für KITechnologie werden. Dazu werden bis 2025 rund drei Milliarden Euro für Projekte bereitgestellt, in diesem Jahr sollen 500 Millionen Euro fließen. Zu den Schwerpunkten zählen ganz allgemein die Stärkung wissenschaftlicher Kompetenzen, Strukturen und der Transfer von wissenschaftlichen Ergebnissen in Anwendung und Praxis.
Geplant ist, in diesem Jahr das Deutsche KIObservatorium zur Beobachtung der Verbreitung und Wirkung von KI im Sinne einer Technikfolgenabschätzung einzurichten. Es soll insbesondere die Veränderungen in der Arbeitswelt, aber auch gesellschaftliche Wechselwirkungen in den Blick nehmen und multidisziplinäre Studien und Projekte zur sozialen Technikgestaltung durchführen und fördern. Ein Teil des Geldes wird laut dem Strategiepapier in die Förderung der Gründungsdynamik für KI-basierte Geschäfts-
fußt als angenommen. „Skat- und Schachprogramme sind zum Beispiel ein Resultat der KI-Forschung“, stellt der Informatikprofessor heraus. Programme, die heute jeder Student spielend programmiert. Ein Pokerspiel aufzusetzen sei da schon schwieriger. Das Problem der Wissenschaft insgesamt schildert Hertzberg so: „Sobald etwas funktioniert, wird es oftmals nicht mehr als KI gesehen.“ Als Beispiele nennt er unter anderem das selbstständige Einparken einiger Automodelle, das auf Sensordaten beruht – ein klassi-
modelle fließen. Auch die Forschung — eines von zwölf Handlungsfeldern — soll mit der Strategie profitieren. Dazu zählen die 100 zusätzlichen neuen Professuren für künstliche Intelligenz, die geschaffen werden sollen. Bitkom-Präsident Achim Berg fordert, 20 dieser Stellen noch in diesem Jahr zu besetzen. Die Bundesregierung will außerdem in diesem Jahr die KI-spezifische Unterstützung von mittelständischen Unternehmen ausweiten und über die Kompetenzzentren Mittelstand 4.0 durch „KITrainer“ jährlich mindes-
sches KI-Problem, das vor zehn Jahren noch Übungsaufgabe an der Uni gewesen sei. In der Praxis sei KI somit bereits angekommen. „Selbstlernende Maschinen sind nur die Speerspitze der KI, längst nicht alles“, betont Hertzberg. Das sieht Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder ähnlich: „Es gibt inzwischen ein breites Angebot an marktfähigen Lösungen, die künstliche Intelligenz nutzen. Es reicht von SoftwareTools, die für Sprach- oder Bilderkennung genutzt werden können, über fertige Lösungen etwa für
tens 1000 Unternehmenskontakte erzielen. Wage bleibt die Strategie für den Bereich Militär. Während die USA und auch China hier einen Schwerpunkt legen, heißt es im Strategiepapier der Bundesregierung lediglich: „Der künftige Einsatz von KI-basierten Technologien und Systemen wird Auswirkungen auf Streitkräfte haben und ist damit ein wichtiges Thema für die Zukunftsentwicklung der Bundeswehr.“ Welche Richtung die Entwicklung nehmen soll, bleibt offen. Bitkom-Präsident Achim Berg kritisiert das lang-
Chatbots zur Kundenberatung bis zu komplexen Anwendungen, mit denen sich personalisierte Mailings fast ohne menschliches Zutun versenden lassen“, so Rohleder. „Allerdings zeigen die Umsatzzahlen trotz der beeindruckenden Wachstumsraten auch, dass die Unternehmen in Europa mit Investitionen in KI noch sehr zurückhaltend sind.“ Der Digitalverband Bitkom geht auf Basis der Studie „AI in Europe – Ready for Take-off“ davon aus, dass der europäische Markt für künstliche Intelligenz von zuletzt drei Milliarden Euro auf zehn Milliarden im
same Vorwärtskommen: „Bei der künstlichen Intelligenz müssen wir jetzt von der Strategie zur Umsetzung kommen.“ Mehr noch als die Politik sei die Wirtschaft gefordert. Entscheidend werde es sein, die KI-Grundlagenforschung in die Unternehmen zu bringen und daraus marktfähige Produkte zu entwickeln. „Künstliche Intelligenz ist eine Schlüsselund Querschnittstechnologie. Künftig wird es kaum noch Produkte oder Dienstleistungen geben, die nicht auf die eine oder andere Weise KI-Technologie nutzen.“
Jahr 2022 wachsen wird. Das entspreche einem jährlichen Wachstum von 38 Prozent, schreiben die Autoren. Die Ausgaben für Server und Speicherplatz würden dabei lediglich um 24 Prozent pro Jahr steigen, während die Umsätze mit Software (45 Prozent) und Dienstleistungen rund um KI (47 Prozent) deutlich stärker anziehen. Dem Bericht zufolge investiert das produzierende Gewerbe in Europa aktuell am stärksten in KI. Auf dem zweiten Platz liegt die Finanzbranche, die unter anderem RoboAdvisor für Anlagekunden im Ein-
Das hat sich mit dem Hype um KI geändert – auch wenn ethische Fragen und eine Vision, auf welche Art von Gesellschaft man zusteuern will, bislang unbeantwortet bleiben. An einem Szenario wie im Hollywoodfilm „I-Robot“, wo Hauptdarsteller Will Smith die Welt vor wild gewordenen, menschenähnlich aussehenden Robotern retten muss, hat niemand Interesse. Mit der knuffigen Intelligenz von Blechmann R2D2 in Star Wars können sich Zuschauer da schon eher anfreunden. Bis die Entwicklung so weit ist, wird es noch eine Weile dauern. In der norddeutschen Forschungslandschaft soll der Standort Osnabrück künftig eine noch größere Rolle spielen. Die seit 2011 bestehende Außenstelle des DSKI in Osnabrück soll größer, die Möglichkeiten ausgebaut werden. „Wir wollen deutlich wachsen. In drei bis fünf Jahren soll Osnabrück zu einem regulären DSKI-Standort werden“, stellt Hertzberg in Aussicht. Es wäre der vierte Standort der weltgrößten Forschungseinrichtung ihrer Art nach Kaiserslautern, Saarbrücken und Bremen. Der Aufsichtsrat des DFKI hat bereits dem Aufbau von jeweils zwei neuen Arbeitsgruppen in Osnabrück und Oldenburg zugestimmt. „Eine gute Nachricht für die Wirtschaft in unserer Region“ findet Marco Graf, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim. Aus der Ansiedlung der Forschergruppen entstehe ein Standortvorteil im Bereich einer der wichtigsten Schlüsseltechnologien der Zukunft. Die Forschungsgruppen sollen sich mit Fragestellungen rund um die Umgebungswahrnehmung autonomer Systeme beschäftigen. Das autonome Fahren sieht Hertzberg als eine große Herausforderung für die Forschung in den nächsten Jahren. Einen Durchbruch sieht der Informatikprofessor aufgrund der Komplexität des Problems in Kürze jedoch nicht. „Das ist ein langfristiges Projekt. Bis wir verkehrsgerecht über den Neumarkt steuern können, wird es noch ein bisschen dauern.“
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SPEZIAL INTELLIGENT & AUTOMATISCH
„Bei KI stehen wir am Anfang“ Ob Sportartikel oder Landtechnik – in vielen Unternehmen an Ems und Hase gewinnt künstliche Intelligenz erst langsam an Bedeutung VON MARCUS ALWES UND NINA KALLMEIER RIESTE/HASBERGEN/DAMME/OSNABRÜCK. Im internationalen
Vergleich gelten viele deutsche Unternehmen und der Staat bei der Entwicklung und Erforschung der künstlichen Intelligenz (KI) eher als Spätstarter. Auch an Ems und Hase ist das offenbar nicht anders. Eine Nachfrage bei führenden Landtechnik-Herstellern lässt immerhin das Bemühen erkennen, spürbar aufzuholen. Aber auch der Sportartikelgigant Adidas sendet aus seinen riesigen Logistikhallen in Rieste entsprechende Signale.
„In unserem Distributionszentrum werden aktuell IT-Systeme mit intelligenten Algorithmen eingesetzt“, erklärt Adidas-Sprecher Roman Möhlinger. Sie würden dort den gesamten Warenfluss steuern, „um zu jeder Zeit eine hohe Qualität mit geringstmöglichen Durchlaufzeiten zu gewährleisten“. Das sei, so Möhlinger, einer der Erfolgsfaktoren für ein Distributionszentrum, wie es in Rieste stehe. Allein bis zu 200 000 Internet-Bestellungen von Kunden aus ganz Europa können dort aus Hochregallagern heraus täglich bedient werden, hatte der Sportartikelhersteller und Dax-Konzern bereits verkündet, als er vor rund einem Jahr nördlich von Osnabrück die nächste Ausbaustufe seines Werks zündete. Künstliche Intelligenz umfasse aber nicht nur IT-Systeme, auch die Automatisierung menschlicher Arbeit werde tangiert, so die AdidasVerantwortlichen. „Wir beschäftigen uns auch mit innovativen, KI-gestützten Lösungen an bestimmten Arbeitsplätzen. Aber sobald es um sehr individuelle Produkte geht, stößt die KI teilweise noch an ihre Grenzen“, gibt Möhlinger zu. Geradezu entfesselt treiben dagegen chinesische Entwickler KI-Projekte und die dazugehörige Forschung voran. Ähnlich wie die USA gilt Fernost auf diesem Sektor als Vorreiter. „Längst entstehen digitale Supermächte: China und die USA haben erkannt, dass Einfluss hat, wem die Daten gehören und wer führend in künstlicher Intelligenz ist“, heißt es auch in der Einleitung eines Gastbeitrages des Wissenschaftlers Ayad Al-Ani vom Alexander-von-Humboldt-Institut (Berlin) für Zeit Online. Und er fragt: „Und wir?“ Rund sieben Prozent ihres Umsatzes – also etwa 33,7 Millionen Euro – hat immerhin die auf mehreren Kontinenten agierende Amazone-Gruppe aus Hasbergen-Gaste im vergangenen Jahr in Forschung und Entwicklung investiert. „Da gehört natürlich das Thema KI dazu“, sagt Geschäftsführer Christian Dreyer. Unter anderem hat das traditionsreiche Unternehmen ein
Intelligente Algorithmen steuern den Warenfluss im Adidas-Distributionszentrum in Rieste, doch auch der Mensch ist hier während der Arbeitsprozesse noch gefragt. Foto: Marcus Alwes
In der Landwirtschaft können auch Teilflächen bewirtschaftet werden. Die Voreinstellungen werden auf einer Applikationskarte hinterlegt.Entsprechend wird der Schardruck auf dem Feld automatisch reguliert. Fotos: Amazone
Team von Software-Spezialisten aufgebaut. „Auch wenn es in der Landtechnik schon viele automatische Funktionen gibt, beim Thema KI stehen wir erst am Anfang.“ Als Beispiel für eine praktische Anwendung – wenn auch in Form von leichter KI – nennt Dreyer sowohl Sätechnik als auch Pflanzenschutz und Düngestreuung. So weiß der Düngestreuer schon heute, wo das Feld anfängt und wie viel Düngemittel gebraucht wird. Gleiches gilt für die Aussaat oder das Ausbringen von Pflanzenschutz. „Es steckt aber noch keine Intelligenz dahinter, das wäre die nächste Stufe. In den kommenden Jahren werden wir erkennen, was alles möglich ist.“ Unter dem Schlagwort „Amazone 4.0“ forciert das Unternehmen aus Hasbergen auch die Weiterentwicklung der Vernetzung von Maschinen. Dazu zählt, dass die AmazoneGruppe eine von zwölf Firmen ist, die Gesellschafter des Unternehmens DKE mit Sitz in Osnabrück sind. DKE steht für Daten, Kommunikation und Entwicklung; Ziel des Unternehmens ist eine Datenaustausch-Plattform für Landwirte und Lohnunternehmer. Erst vor weni-
gen Tagen ist der Agrirouter, wie die Datendrehscheibe genannt wird, online gegangen, mit der Maschinen und Agrarsoftware herstellerübergreifend verbunden werden können. „Das ist praktisch wie eine Cloud für Agrartechnik“, so Dreyer. Gespeichert werden die Daten nicht, nur transportiert. Auch andere Landtechnik-Unternehmen sind erst unlängst gestartet und befinden sich somit bei der KI in einem Aufholprozess. Die international führenden Spezialisten für Kartoffel- und Rübenroder bei der Grimme Landmaschinenfabrik verweisen beispielsweise auf ein Projekt im Bereich der sogenannten Augmented Realitiy – also der erweiterten Realität. Man habe in Damme bei Grimme ein iPad mit einer Software ausgestattet, die es erlaube, Konstruktionsdaten zu laden, so Pressesprecher Jürgen Feld. „Per Kamerafunktion werden dann gebaute Bauteile abgefilmt und mit
den Konstruktionsdaten live verglichen. Die Software erkennt kleinste Unregelmäßigkeiten, wie falsche oder fehlende Schweißnähte, aber auch falsch gelaserte Teile“, sagt Feld. Dem Nutzer des iPads werden mögliche Fehler übersichtlich markiert, sodass eine Fehlersuche praktisch entfalle. Das erhöhe die Qualität, „und mögliche Fehler werden nicht erst auf dem Prüfstand oder beim Kunden ersichtlich, sondern bereits vor der Montage“, erläutert der Pressesprecher. Es erfolge eine sofortige Weitermeldung des Fehlers, die Fertigungsvorgänge werden anschließend umgehend optimiert. „Das ist bereits realisiert“, sagt Feld. Diese Technik lasse natürlich auch viele weitere Anwendungen denkbar erscheinen. Ein Kunde könne dann beispielsweise mittels einer App seine Landmaschine filmen und mechanische Fehler sofort angezeigt bekommen. Feld verweist konkret auf den Verschleiß von Rollen, Bändern oder auch Sechscheiben. Anschließend werden Vorschläge zur Behebung der Fehler gemacht, Ersatzteile könnten umgehend bestellt werden, „ohne dass in Ersatzteilkatalogen oder Listen umständlich danach gesucht werden muss“, so Feld. Beim Blick auf das autonome Fahren von Rodern oder Legemaschinen würden die Entwickler und Planer bei Grimme Landmaschinen unterdessen gerne schon einen ganz entscheidenden Schritt weiter sein – wenn es der Gesetzgeber denn zulassen würde. „Unsere selbstfahrenden Erntemaschinen sind bereits seit vielen Jahren mit einem Autopiloten ausrüstbar“, führt Feld aus. Der Fahrer lenke den Landtechnik-Riesen dabei präzise in die Reihenkultur wie Kartoffeln, Rüben oder Möhren, drücke einen Knopf – alles Weitere übernehme der Roder. Moderne GPS-Technik und RTKAnlagen als Referenzstationen, die der Landwirt oder Lohnunterneh-
mer oft auf seinem Hof installiert, unterstützen diese Arbeit. Ein sehr exaktes Säen sei so möglich, der Fahrer müsse gar nicht mehr lenken. Die Technik sei, so Feld, auch nicht das Problem, „sondern die gesetzlichen Rahmenbedingungen“. Ein Fahrer beziehungsweise Maschinenüberwacher sei immer noch vorgeschrieben, und so mache der Einsatz noch keinen Sinn, erläutert der Pressesprecher. Wenn der Gesetzgeber aber Änderungen vornehmen sollte, davon geht Feld mittelfristig aus, dann wäre es für Grimme technisch möglich, solche Fahrzeuge auch umgehend anzubieten. Fahrzeuge und andere Maschinen, die sich durch KI selbst steuern und im Alltagsgeschäft weitestgehend ohne menschliches Dazutun auskommen? Zumindest in Gewerkschaftskreisen wird das nicht
„In den kommenden Jahren werden wir erkennen, was alles möglich ist.“ Amazone-Geschäftsführer Christian Dreyer
unkritisch gesehen. Es gelte, die Beschäftigten bei Entwicklung und Einsatz von künstlicher Intelligenz in den Unternehmen mitzunehmen, fordert beispielsweise der Osnabrücker IG-Metall-Bevollmächtigte Stephan Soldanski. Und das nicht nur in den Betrieben der Automobiloder Metallindustrie. „Unsere Antwort auf die Herausforderungen der künstlichen Intelligenz heißt kritische Intelligenz. Deshalb müssen Betriebsräte über KI-Anwendungen, die die Beschäftigten direkt betreffen, frühzeitig informiert werden und über ihren Einsatz mitbestimmen“, fordert Soldanski. Der Gewerkschafter verlangt von den Unternehmensführungen in der Region Osnabrück-Emsland, die Arbeitnehmer „vorausschauend und rechtzeitig für die neuen Tätigkeiten“ zu qualifizieren. Zudem müssten für den Einsatz von KI klare Grundsätze festgelegt werden, so Soldanski. „Computer sollen über Menschen nicht entscheiden, sondern nur zur Entscheidungsvorbereitung genutzt werden. Wir brauchen eine Ethik für die Data Science.“ Wie könnte diese aussehen? „KI-Anwendungen sollen die Menschen entlasten und so Freiräume für höherwertige Tätigkeiten schaffen“, lautet eine Forderung des Gewerkschafters. „Die neuen Technologien dürfen nicht zu Leistungsverdichtung, mehr Kontrolle, Dequalifizierung von Beschäftigten oder Personalabbau führen“, lautet eine andere. Dass der Trend zum verstärkten Einsatz von künstlicher Intelligenz nicht aufzuhalten ist, wissen aber offenbar auch Soldanski und seine IG-Metaller. Sie werde „das zukünftige Arbeitsleben stark beeinflussen“. Die Einsatzgebiete seien bereits jetzt vielfältig: Sie reichten von digitalen Assistenzsystemen im Produktions- beziehungweise Logistikbereich über Chatbots bei der Kundenbetreuung im Büroalltag bis hin zu Anwendungen beim assistierten Fahren, führt Soldanski aus: „Momentan steht der Einsatz von KI aber noch am Anfang. Unser Ziel ist, auch im Digitalisierungszeitalter gute Arbeit für alle Beschäftigten zu gestalten.“
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SPEZIAL INTELLIGENT & AUTOMATISCH
Warum Maschinen 300 Millionen Blumen umhegen Europäischer Marktführer Emsflower setzt auf Roboter und Automatisierung VON MIKE RÖSER EMSBÜREN. 64 Hektar – so groß ist die Spielwiese von Tom Kuipers. Blumenfeld reiht sich an Blumenfeld unter Glas dort an der A 31 in Emsbüren – doch die Arbeit bei Europas größtem Betrieb für Beetpflanzen, Emsflower, läuft schon in großen Teilen automatisch – und das nicht nur, weil der 35-jährige Geschäftsführer das als Beruf und Hobby zugleich ansieht.
Der Arm saust unermüdlich hin und her in einem unmenschlichen Tempo: Packt den Mini-PetunienSetzling aus der Türkei von einem kleinen Förderband und steckt ihn zielgerichtet in die Mitte eines von 128 Pflanzfeldchen auf einer Palette. Stückchen für Stückchen wird
diese auf einem weiteren Förderband vorgezogen. 2400 Stück setzt dieser fleißige Arm in der Stunde akkurat an die richtige Stelle. „Schneller geht es auch, aber dann müssen wir noch zu viel nacharbeiten, weil die Setzlinge nicht richtig drin sind“, erklärt Tom Kuipers, der gemeinsam mit seinem Vater Bennie die Geschäfte bei Emsflower führt. Denn auf menschliches Feingefühl und Augenmaß kann dieser Arm nicht setzen. Es ist einer von sieben Stecklingsrobotern bei Emsflower. Auf das erste Förderband schütten noch Menschen die Stecklinge. Dann funktioniert lange Zeit alles automatisch: Zwei Kameras erfassen, wo und wie die zierlichen Pflänzlein liegen. Hinterlegt ist eine selbstlernende Software, die den Roboterarm ansteu-
Per App können den „Rhinos“ Aufträge zugeteilt werden – sie bringen dann zum Beispiel Waren an einen bestimmten Ort im Betrieb.
Geschäftsführer Tom Kuipers ist für die Automatisierung zuständig. Er programmiert „als Hobby“ Apps selbst.
Die Pflanzen ändern sich, die Maschine bleibt: Je nach Pflanzenart werden andere Einsätze genutzt,die unterschiedlich große Töpfe fassen.
ert und ihm sagt, wie und wo er greifen muss. Liegen keine Setzlinge mehr in Greifweite, wird das Förderband kurz „geschüttelt“, sodass die Setzlinge vorrutschen. Am Ende des zweiten Förderbands kontrollieren noch zwei Menschen die gefüllte Pflanzpalette. „Wir haben eine neue Software in der Entwicklung, dann brauchen wir an dieser Stelle wohl nur noch einen Kontrolleur“, sagt Kuipers. „Wir sind bei der Erkennungstechnologie ja auch erst am Anfang.“ Der unermüdliche Steckroboterarm ist nur ein Beispiel für die Automatisierung bei Europas größtem Beetpflanzen-Anbauer. Und doch zeigt dieses gut auf, warum Familie Kuipers auf Hochtechnologie setzt, wenn es ums Pflanzen und Großziehen von rund 300 Millionen Blumen jährlich geht, mit denen im großen Stil vornehmlich Discounterketten und Baumärkte beliefert werden. „Früher haben wir je nach Steckling für das Setzen von 1500 Stück ungefähr zwölf Menschen gebraucht“, erzählt Tom Kuipers. Die sieben Steckroboter sind nun mit je einem Maschinenführer und zwei Kontrolleuren besetzt. Um die gleiche Menge pro Stunde wie mit der Automatisierung zu schaffen, waren früher um die 36 Menschen erforderlich – „die findet man aber kaum noch“, erklärt Kuipers. Denn der Arbeitsmarkt in der Region ist nahezu leer gefegt. Die Arbeit ist einfach, „aber nicht schlecht und abwechslungsreich“, betont Tom Kuipers. Bezahlt wird für diese einfachen Arbeiten nach
Mindestlohn. Um genügend Personal zu bekommen, holt Emsflower schon seit Jahren Saisonarbeiter aus Polen, mittlerweile verstärkt auch aus Rumänien oder Bulgarien. Um sie tritt Emsflower in Konkurrenz mit anderen Betrieben wie Schlachthöfen, die auch mal einen Euro mehr zahlen können. Emsflower, meint der Unternehmer, kann das nicht: Sonst rechnet es sich nicht mehr. Deshalb verfolgt Emsflower zwei Ansätze. Einerseits soll den Saisonkräften durch gute Bedingungen bei der Arbeit und der Unterbringung das eigene Unternehmen schmackhaft gemacht werden. Direkt an den Gewächshäusern entstehen derzeit 150 Appartements für Saisonarbeiter. Kostenpunkt: 8,8 Millionen Euro. Der zweite Weg ist eben die Automatisierung. „Unser wichtigstes Ziel ist es, einfache Arbeiten durch verantwortungsvolle Arbeiten zu ersetzen“, meint Tom Kuipers. An besser bezahlte Jobs wie Teamleiter, Qualitätskontrolle und Maschinenführer, an solche Positionen denkt der Geschäftsführer und an „vielleicht ein paar weniger Saisonarbeiter“. Derzeit beschäftigt Emsflower 180 Vollzeitkräfte und im Jahresdurchschnitt 200 Saisonkräfte. Dass die Automatisierung Letztere überflüssig macht, glaubt er nicht: „Es flacht die Spitzen ab, es geht schneller, aber dann kann man mit den Saisonkräften mehr produzieren.“ Entsprechend feilt Tom Kuipers, der Automatisierungstechnik studiert hat, seit Jahren an den Abläufen in den Gewächshäusern, die eine Fläche von 64 Hektar ab-
decken. Die Setzlinge werden automatisch gesteckt, selbstfahrende Tische bringen die Pflanzpaletten auf Induktionspuren an die richtige Stelle im Gewächshaus, ein Roboter stellt sie im Beet ein und holt sie wieder raus, wenn sie in anderen Maschinen umgetopft werden müssen. Die Bewässerung und Sonneneinstrahlung kann per Knopfdruck reguliert werden – und auch die fertigen Blumen werden von selbstfahrenden „Rhinos“, kleinen Zugmaschinen, zu den Lkw gefahren, die die Blumen zu den Kunden bringen. 75 dieser „Rhinos“ fahren eigenständig auf den Induktionsspuren
„Bei Externen geht es uns zu langsam.“ Tom Kuipers
Fotos: Mike Röser
durch Emsflower. Per App auf dem Smartphone können Teamleiter die Geschwindigkeit steuern und an die Arbeitsgeschwindigkeit der Menschen anpassen. Auch wenn am 1,4 Kilometer entfernten Ende der Gewächshäuser etwas fehlt, reicht eine Bestellung per App – ein „Rhino“ bringt es. Entwickelt wurden diese „Rhinos“, wie ein Großteil der Techniken bei Emsflower, selbst. Eigens angestellte Maschinenbauer arbeiten an Lösungen für Probleme im Betrieb, „bei Externen geht das zu langsam“, meint Tom Kuipers. Zumal er selbst ein gehöriges Pfund Know-how einbringt: Die Steuerungssoftware für die „Rhinos“ programmierte er zu 80 Prozent selbst. Ebenso die Programme, die eine Übersicht geben, welche Maschine wann wie viel produziert und einiges mehr. „Das ist mein Hobby“, sagt der Geschäftsführer. Er liebt es, auf Messen nach neuen Technologien zu suchen, die sich im eigenen Betrieb einsetzen lassen. Für den nächsten Schritt in Richtung Automatisierung ist in diesen Tagen die Bauabnahme erfolgt: Auf dem Emsflower-Gelände im Emsbürener Gewerbegebiet an der A 31 ist eine neue Halle entstanden, die zum Entwicklungszentrum werden soll. Ein technisches Team aus mehr als zehn Leuten soll darin Prototypen entwickeln. Die Nähe zum Gewächshaus spare Zeit in der Entwicklung. Günstiger sei es auch, das selbst in die Hand zu nehmen, meint Tom Kuipers und sagt: „Das war immer mein Traum – und der Kreis schließt sich langsam.“
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SPEZIAL INTELLIGENT & AUTOMATISCH
SPEZIAL INTELLIGENT & AUTOMATISCH
Künstliche Intelligenz ist nicht Rocket Scieence Björn Thümler, Wolfgang Lücke und Carsten Hoff diskutieren im NOZ-Wirtschaftstalk über Forschung, Praxisanwendung und politische Prograamme
Vor der Intelligenz stehen Digitalisierung und Automatisierung. Rechenleistung ist Voraussetzung für künstliche Intelligenz. Jobverlust durch KI? Wirtschaft und Uni sind entspannt. VON NINA KALLMEIER UND ERHARD BÖHMER OSNABRÜCK/DISSEN/HANNOVER.
Eine automatische Ausbringung von Pflanzenschutz, digitales Lernen, Im NOZ-Wirtschaftstalk haben Niedersachsens Wissenschaftsminister Björn Thümler, Uni-Präsident Wolfgang Lücke und Carsten Hoff, Geschäftsführer von Claas E-Systems, über KI in der Landtechnik, den Forschungsstandort Osnabrück und Voraussetzungen für die Weiterentwicklung künstlicher Intelligenz diskutiert.
Eine individuelle Ausbringung von Saatgut und Pflanzenschutz, Sprachassistenten, Heizungssteuerung und Smart Home: Es gibt viele Anwendungen, die landläufig bereits als „intelligent“ bezeichnet werden. Wolfgang Lücke, Präsident der Universität Osnabrück, ist mit dem Begriff vorsichtig und relativiert: „Die Leute, die die Maschinen dazu gebracht haben, sind intelligent. Das ist schon mal ein großer Vorteil“, sagt er und bringt damit Niedersachsens Wissenschaftsminister Björn Thümler und Claas-Geschäftsführer Carsten Hoff zum Schmunzeln. „Die natürliche Intelligenz ist die Voraussetzung für das Schaffen künstlicher Intelligenzen und deshalb unersetzlich“, ergänzt Thümler. Eine Düngemaschine jedoch als intelligent zu bezeichnen sieht Lücke als schwierig: „Wenn man über künstliche Intelligenz spricht, muss man auch eingestehen: Derzeit lernen Maschinen nicht selbst, etwas zu tun, sondern sie sind programmiert.“ Lücke bleibt beim Beispiel Landtechnik: Wenn es zum Beispiel um Düngeabgaben gehe, erhalte die Maschine ihre Befehle über einen einprogrammierten Standortabgleich. „Das ist sehr
hilfreich und nützlich. Aber die Maschine intelligent zu machen, dazu gehört deutlich mehr.“ Thümler nennt ein weiteres Beispiel: einen Roboter, der in der Lage ist, selbstständig aufzustehen. „Das wurde ihm einprogrammiert, er hat es sich nicht selbst beigebracht.“ Anders sei das zum Beispiel bei Programmen, die eigenständig ganze Orchesterwerke schreiben. „Die Dinge, über die wir uns hauptsächlich unterhalten, sind im Grunde nicht intelligente künstliche Intelligenzen. Es wird aber auch andere Formen geben. Wir müssen uns auf beide vorbereiten.“ Gibt es aktuell also doch eher eine Automatisierung der Industrie als eine Weiterentwicklung zur künstlichen Intelligenz? „Wenn man auf den Stand heute schaut, ist das noch mehr eine Automatisierung. Sie ist jedoch ein wichtiger Schritt in Richtung KI“, sagt Carsten Hoff. Allerdings: Grenzen, an die Automatisierungssoftware stoße, seien
„KI hat das Potenzial, ein Game-Changer zu werden.“ Claas-Geschäftsführer Carsten Hoff
mit KI aufzulösen. Als Beispiel nennt der Claas-Geschäftsführer die Maisernte – und die Farbe, die mit den Körnern assoziiert wird. In Europa ist das typischerweise Gelb. „Sie kann global jedoch von Tieforange bis Braunschwarz gehen. Da ist künstliche Intelligenz eine große Chance, weil sie immer wieder selbst lernt und der Algorithmus sich weiterentwickelt. Das sind Features, die wir für die Kameratechnik auf unseren Maschinen dringend brauchen“, sagt Hoff. Insgesamt entwickeln sich die Fahrzeuge stetig weiter. „Auf die Optimierung der Einzelmaschine folgen nun Flottenlösungen, aufbauend auf der Vernetzung der Maschinen. Wir haben seit Jahren unsere Maschinen online.“ Bevor sie autonom fahren könnten, müssten zunächst die Prozesse noch weiter automatisiert werden. Von der Entscheidung, Konnektivität in jede Maschine zu bringen, profitiert der europäische Marktführer bei Mähdreschern heute. In dieser Hinsicht sei die Landtechnik anderen Branchen wie der Automobilindustrie deutlich voraus. Hoff sieht seine Branche als Vorreiter. „Wir bringen schon mal eine gute Infrastrukturvoraussetzung mit, auf der man aufbauen kann.“ Und einen zweiten Vorteil sieht der Geschäftsführer gegenüber anderen Branchen: Hersteller, die eigentlich Konkurrenten sind, arbeiten zusammen. Auch zwangsläufig. „In den seltensten Fällen hat ein Landwirt Maschinen von nur einem Hersteller. Sogenannte ‚bunte Flotten‘ sind Realität, sodass wir herstellerübergreifend miteinander sprechen müssen.“ Das gebe es in vielen anderen Branchen nicht. Um künstliche Intelligenz zu fördern, haben die Bundesregierung, aber auch das Land Niedersachsen eine KI-Strategie aufgesetzt. Mit Blick auf andere Staaten zu spät? Das sieht Hoff anders. „Die Unterstützung der Politik kommt für uns gerade zur richtigen Zeit. Jetzt wird es spannend werden, wie die angekündigte Förderung in konkreten Projekten und den Hochschulen ankommt.“ Allerdings weist Hoff auch auf die Summen hin, die in China oder den USA investiert werden. Sie liegen deutlich höher als in Deutschland. „Wir dürfen den Anschluss nicht verlieren. KI hat das Potenzial, ein Game-Changer zu werden, weil sich die Art, wie wir Software entwickeln, nachhaltig verändern wird.“ Dem stimmt Wissenschaftsminister Thümler zu. Er betont aber auch:
STECKBRIEF
STECKBRIEF
Björn Thümler, Wissenschaftsminister Niederssachsen
Wolfgang Lücke, Präsident Uni Osnabrück
Bereits seit 2003 ist Björn Thümler (CDU) Mitglied des Niedersächsischen Landtags und war zwischen 2010 und 2017 Vorsitzender der CDU-Fraktion. In dieser Funktion ist Thümler auch ab 2013 Oppositionsführer im Landtag gewesen. Seit der letzten Kommunalwahl ist der gebürtige Braker Minister für Wissenschaft und Kultur im Kabinett Weil II und stellvertretendes Mitglied des Bundesrates. Als Minister für Wissenschaft und Kultur legt Thümler auch einen Fokus auf das Thema KI. Konkret peilt die Landesregierung eine Förderung für den Aufbau des DFKI-Niedersach-
sen-Labors in Höhe von rund 17 Millionen Euro in den kommenden fünf Jahren über das Niedersächsische Vorab der Volkswagenstiftung an. Übergreifendes Forschungsthema wird die Umgebungswahrnehmung autonomer Sys-
teme sein. Die derzeit bestehende Forschungsgruppe „Planbasierte Robotersteuerung“ in Osnabrück wird dabei um drei weitere Forschungsgruppen erweitert, die an den Universitäten Osnabrück und Oldenburg
angesiede elt werden. Entwicklu ung gehe nur in der Koope eration von Wissensch haft und Wirtschaft, wie e es beim h angedacht DFKI auch sei, ist Thü ümler überzeugt. „Wiir wollen Niedersachse en als Zentrum für kü ünstliche Intelligenz s sichtbar werden lassen n.“ se die ChanMan müss cen erkennen und es schaffen, a aus einer Innovation e ein „Unicorn“ zu machen n. „Wir können von staatlicher Seite aus nicht iimmer nur buttern, sonGeld reinb dern es m muss auch Geld verdient w werden. Das passiert h heute schon, kann aberr intensiviert werden“, s so der Wissenschaftsmiinister.
Seit Oktober 2013 lenkt der gebürtig aus der Nähe von Hameln stammende Professor für Agrarwissenschaften die Geschicke der Universität. Damals trat Wolfgang Lücke die Nachfolge von Claus Rollinger an. Vor seinem Wechsel nach Osnabrück war er fünf Jahre lang Vizepräsident für Studium und Lehre an der Universität Göttingen, wo er auch Agrarwissenschaften studiert und promoviert hatte. Er habilitierte sich 1993 mit einer Arbeit zum Thema „Mikrowellenbehandlung pflanzlicher Produkte“ im Fach Agrartechnik. Zum Wintersemester 1993/94 wurde Lücke
auf eine Professur an die Göttinger Fakultät für Agrarwissenschaften berufen. Am Department für Nutzpflanzenwissenschaften leitete er die Abteilung Agrartechnik. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören regenerative
Energien, thermische Solarenergienutzung, Mikrowellen- und Hochfrequenztechnik sowie Qualitätssicherung und Nacherntetechnologie. Von Oktober 2008 bis September 2013 war Lücke Vizepräsident der Universität Göttingen.
Er war unter anderem zuständig für die Fakultäten Forstwissenschaften und Waldökologie sowie für die Fakultät für Geowissenschaften und Geografie. Auf eine zweite Amtszeit als Präsident der Uni-Osnabrück hat Lücke verzichtet. Damit scheidet er im September dieses Jahres aus seinem Amt aus. Eine Wiederwahl hätte ihn für acht Jahre zum Weitermachen verpflichtet – also bis zum Jahr 2027. Dann wäre Lücke allerdings schon 71 Jahre alt. Die geltende Ruhestandsregelung sieht bei Präsidenten eine Altersgrenze von 68 Jahren vor.
STECKBRIEF „Wir dürfen nicht den Fehler machen, da hinterherzulaufen, wo man nicht hinterherlaufen muss. Ein neues Google, Amazon oder Ähnliches brauchen wir hier nicht – das wäre vergossene Milch.“ Stattdessen sollte sich Deutschland auf seine Stärken konzentrieren: die Produktion — verbunden mit künstlicher Intelligenz und Digitalisierung. „Das kann den Markt treiben. Hier sind wir in Niedersachsen weit vorne – auch in der Forschung und Entwicklung.“ Auch Lücke bewertet die immer wieder aufflammende Kritik, hinterherzuhinken, kritisch. „Dass andere uns voraus sind, mag im Hinblick auf Google so sein. Aber wir haben etwas, was fast kein anderes Land der Welt hat: einen leistungsstarken Mittelstand“, betont der Uni-Präsident. Und der forsche nicht um der Forschung willen, sondern praxisorientiert. „In der Kooperation mit der Wirtschaft, wie es hier in der Region der Fall ist, se-
hen wir eine große Chance.“ Und diese Kooperation funktioniere gut, so Hoff. „Am Schnittpunkt Forschung/Industrie wird gut zusammengearbeitet. Da bin ich sehr zufrieden.“ Um die Forschung und auch Kooperation weiter voranzutreiben, sind Digitalisierungsprofessuren ausgeschrieben, auch mit dem Schwerpunkt KI. „Hier macht Niedersachsen jetzt Ernst. Für bis zu 50 Professuren stehen – aufwachsend über drei Jahre – Haushaltsmittel zur Verfügung“, stellt Thümler in Aussicht. Beim Bund hingegen gebe es die vorgesehenen 100 Professuren für KI
Carsten Hoff, Geschäftsführrer Claas E-Systems In der Landwirtschaft gewinnen immer intelligenter werdende Systeme, die mit anderen Systemen vernetzt werden können, immer mehr an Bedeutung. Carsten Hoff ist Geschäftsführer von Claas E-Systems mit Sitz in Dissen, wo genau diese Aspekte eine große Rolle spielen. Hoff ist gruppenweit für alle ElektronikAktivitäten des Landmaschinen-Herstellers Claas verantwortlich, die ein breites Spektrum von der Steuergeräte-Entwicklung über die Entwicklung der Head-Unit von
bislang nur auf dem Papier. Über wie viele Professuren sich Osnabrück freuen darf, konnte der Minister nicht beantworten. „Das entscheiden nicht wir. Der Prozess wird von der Wissenschaftlichen Kommission Niedersachsen begleitet. Sie wird die Konzepte der Hochschulen prüfen und anschließend Förderempfehlungen aussprechen.“ Abgeneigt ist Wolfgang Lücke einer Digitalisierungsprofessur gegenüber nicht. „Wir müssen Grundlagenforschung und Ergebnisse umsetzen. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann, dass wir beim Deuschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) noch weitere Arbeitsbereiche dazubekommen. Wenn das auch noch über die Einrichtung von Digitalisierungsprofessuren passieren könnte, wäre ich der Letzte, der darüber traurig wäre“, so der Uni-Präsident. Aber wie viele Projekte schaffen es aktuell von der Uni in die Praxis? Numerisch lasse sich das nicht festlegen, so Lücke. „Wir sind mit zahlreichen Projekten unterwegs, von der Grundlagenforschung bis zu Anwendungsfällen. Sonst hätte der Aufsichtsrat des DFKI auch nicht entschieden, dass wir ein Standort wer-
Landmaschinen sowie diverse Assistenzsystem me und alle Aktivitäten run nd um die Konnektivität d der
den. KI ist kein Selbstzweck, es geht immer um Anwendungsaspekte.“ Auch für Hoff ist die Kooperation, unter anderem durch die von Claas gestiftete Professur, ein Standbein der Forschung und Entwicklung. „Nicht allein die Ausgründungen zählen. Mir reicht es auch, wenn sich die eine oder andere gute Idee am Ende im Claas-Produkt widerspiegelt und für den Kunden einen Nutzen bringt. Darauf kommt es doch an.“ Lücke nennt Beispiele wie die Papenburger Werft. „Dass die Schiffsteile so wunderbar zusammenpassen, ist einer Software aus Osnabrück zu verdanken.“ Was für den Laien auf den ersten Blick wenig mit KI zu tun hat, erklärt Lücke so: „Es müssen viele Datenpunkte analysiert und vermessen werden. Das passiert eher mit Methoden aus der KI als aus der Informatik.“ Insgesamt sei die Analyse großer Datensätze ein Markenzeichen von KI. Wie beim Hackaton in Zusammenarbeit mit dem Robert-Koch-Institut. Sorgt eine Grippewelle tatsächlich für eine erhöhte Zahl von Todesfällen? Studierende haben das mithilfe von KI nachgewiesen. „Früher musste man auf Melderegister zurückgreifen. Das hat lange gedauert.“ Die Lösung der Studenten: ein Blick auf die SocialMedia-Kanäle wie Facebook und
seiner Promotion an der gleichen Uni im Fachbereich Informatik wechselte Hoff in die AutomobilIndustrie. Zunächst war er bei der Advanced Driver Information Technology GmbH in Hildesheim in der Entwicklung von Navigationssystemen tätig, bevor er 2006 zur Hella KGaA Hueck & Co nach Lippstadt wechselte. Dort war er in verschiedenen Führungspositionen tätig und baute Claas-Flotte umfasst. den Produktbereich EnerNach dem Studium der gy Management auf. Seit 2014 ist Hoff in seiner akElektrotechnik an der Universität Hannover und tuellen Position bei Claas
Twitter, aber auch Angaben von Todesanzeigen wie das Alter des Verstorbenen und Zusätze wie „plötzlich und unerwartet verstorben“. Diese großen Datenmengen bringen jedoch auch eine Herausforderung mit sich: die benötigte Rechenleistung. „Das ist eine Voraussetzung
„Künstliche Intelligenz ist kein Selbstzweck.“ Uni-Präsident Wolfgang Lücke
tätig. Im Oktober 2017 hat der Landmaschinen-Hersteller sein neues Entwicklungszentrum in Dissen eingeweiht. 170 Softwareentwickler, Ingenieure und weitere Spezialisten sind in Dissen beschäftigt. Sie entwickeln unter anderem Steuergeräte, Elektronik-Bauteile, Kamera-Systeme und automatische Systeme zur Lenkung per Satellit. Insgesamt hat Claas weltweit 11 300 Mitarbeiter — das sind 31 Prozent aller Beschäftigten in der Branche.
für künstliche Intelligenz. Wir können derzeit etwa eine halbe Milliarde bis 600 Millionen Datensätze pro Tag analysieren“, so Lücke. Für Hoff ist das ein Grund, warum KI den Durchbruch bislang noch nicht geschafft hatte. „Ich habe künstliche Intelligenz schon im Studium kennengelernt. Damals war die Erkenntnis: Da gibt es was, aber es funktioniert noch nicht.“ Aufgrund der fehlenden Rechenleistung. Diese sei erst seit weniger als fünf Jahren vorhanden. „Das heißt, die Theorie der künstlichen Intelligenz ist uralt. Man hat sie beiseite gepackt, weil man sei nicht anwenden konnte. Das hat sich geändert.“ Denn es gebe viele Beispiele, wo große Datenmengen analysiert werden und bei denen KI heute im Alltag schon eine Rolle spiele. „Ich glaube, dass viele Leute das Thema künstliche Intelligenz noch mit Rocket Science verbinden. Das ist es nicht“, sagt Hoff. Vielen sei nicht klar, dass in jeder Spracherkennung künstliche Intelligenz sei, Gesichtserkennung nur darüber funktioniert. „Viele denken bei künstlicher Intelligenz nur an Roboter. Das ist es nicht. Einfache Aufgaben wie die Auswertung von Versicherungsschreiben zum Beispiel werden heu-
te schon mit KI erledigt. Da sitzt keiner mehr und sortiert ein.“ Diese KI-Verfahren brauchen jedoch – auch in der Landtechnik, wenn Maschinen auf dem Feld sie verwenden – Konnektivität. Und da hapert es aktuell, bundesweit, so Hoff. „Wir brauchen das Netz genau da, wo unsere Fabrik auf Rädern zum Einsatz kommt. Es gibt aber Gegenden, wo quadratkilometerweise kein Netz vorhanden ist. Das ist natürlich schwierig“, kritisiert er. Vor allem, wenn nicht nur die Landwirte, sondern auch die Gesellschaft sich Maschinen mit Software wünschten, die Ressourcen einsparen, also weniger Dünger verwenden, weniger Pflanzenschutzmittel. „Wir wollen intelligent steuern. Dafür ist eine Konnektivität nötig, die jedoch häufig fehlt. Also müssen wir
akzeptieren, dass derzeit ein großer Teil der Maschine zumindest zeitweise keine Internetverbindung hat.“ Es werde also auch an Offline-Lösungen gearbeitet, was jedoch zu funktionalen Einschränkungen führe. „Ein gutes Netz für unsere Kunden, das steht ganz oben auf unserer Wunschliste. Dabei geht es nicht um 5G an jeder Milchkanne“, betont der Claas-Geschäftsführer, „sondern um eine flächendeckende Netzabdeckung.“ Dass es an einem flächendeckenden Mobilfunknetz mangelt, daraus macht Björn Thümler keinen Hehl. „Ja, die Politik ist beim Ausbau nicht schnell genug.“ Aber das Problem sei erkannt und Gelder vorgesehen. „Man muss aber auch ehrlich bleiben und sagen, dass das Netz rund um den Mast 5G erreichen wird, sich mit zunehmender Entfernung aber abschwächt. Eine ausreichende Tiefe wird nicht erreicht“, so der Minister. Wichtig sei jedoch, den Einstieg in 5G zu schaffen und die Fläche abzudecken. „Das war bislang ein Knackpunkt der Versteigerungen.“ Autonome Fahrzeuge, ob in der Landwirtschaft oder auf der Straße, würden nur dann funktionieren, wenn sie an
jedem Punkt zu jedem Zeitpunkt ein leistungsfähiges Internet hätten. „Dass das machbar ist, zeigt zum Beispiel Skandinavien. Wir kommen da langsam hin“, ist Thümler zuversichtlich. Für die Fachkräfte von morgen wird der Einsatz von KI möglicherweise Alltag sein. Aber gibt es genug von ihnen? Eine Chance sieht Thümler in Wissenschaftlern, die aufgrund der politischen Verhältnisse in Großbritannien aber auch den USA wieder nach Deutschland zurückkehren wollen. „Ihnen können wir hier etwas bieten.“ Und Uni-Präsident Lücke fügt hinzu: „Wir sind ein Land, in dem Wissenschaft noch frei ist.“ „Ich mag den Begriff ,war of talents‘ eigentlich nicht, aber genauso ist es aktuell“, sagt Carsten Hoff mit Blick auf die Landtechnik. Als Unternehmen müsse man schon etwas bieten – und sich schnell für Bewerber entscheiden, sonst hätten die Fachkräfte schon anderswo unterschrieben. Den Vorteil der Landtechnik sieht der Claas-Geschäftsführer im Produkt. „Unsere Mitarbeiter können sich damit identifizieren, es ist attraktiv und für die Nahrungsmittelversorgung unabdingbar. Würden wir ‚Lowtech‘ herstellen, wäre die Hälfte der Leute schnell weg“, ist er sich sicher. Die Herausforderung bleibt: Wie gelingt es, mehr Leute für Technik zu begeistern? „Das beginnt schon in der Schule. International gibt es Länder, in denen jedes Kind programmieren lernt.“ Für Hoff eine gute Idee – denn über diesen Weg könnten auch mehr Frauen an das Thema Technik herangeführt werden. Dem stimmt Wissenschaftsminister Thümler zu. „So etwas muss umgesetzt werden. Es muss nicht jeder eine Programmiersprache bis ins Letzte können, aber die Systematik dahinter verstehen.“ Das müsse das eigentliche Ziel einer Digitalisierung
der Schulen sein, nicht das Gerät an der Wand. Aber kann die Aus- und Fortbildung von Lehrkräften schnell genug gehen? Ja, findet Thümler, auch wenn ihre Ausbildung ihre Zeit dauere. „Wenn man heute beginnt, dauert es sieben Jahre. Aber wenn wir nicht anfangen, reden wir auch in den nächsten Jahren darüber, kommen aber nicht weiter“, betont er die Dringlichkeit zu handeln. „In künstlicher Intelligenz liegt viel Potenzial, aber wir müssen die Menschen im Prozess des Wandels mitnehmen, darin liegt die Herausforderung“, ist sich Lücke sicher. „Wir müssen die Chancen an praktischen Beispielen zeigen. Dann verlieren sie auch die Angst.“ Dass Arbeitsplätze wegfallen, damit rechnet der Uni-Präsident nicht. Auch nicht an der Hochschule, wo Roboterdame Lou zum Einsatz kommt. Macht sie Professoren auf Dauer überflüssig? „Da habe ich keine Angst, übrigens auch nicht die Professoren, die sie zusammen mit den Studenten entwickelt haben“, sagt Lücke schmunzelnd. Lou sei vielmehr ein Hingucker und Ice-Breaker. Vor allem, weil sie ihrem Gegenüber mit den Augen folgt. Der Roboter wecke Neugierde – bei Groß und Klein. „Sie kann dazu beitragen, Unterricht interessanter zu gestalten.“ Auch bei Claas ist die Angst vor Arbeitsplatzverlusten nicht angekommen. „Bei uns in der Entwicklung wird aufgrund künstlicher Intelligenz kein einziger Arbeitsplatz wegfallen“, ist Carsten Hoff überzeugt. Auch mit Blick auf die Kunden sieht er die Vorteile, zum Beispiel beim Umweltschutz, überwiegen. Und bei den Fahrern, die durch autonom fahrende Fahrzeuge ersetzt werden? „Landwirte rund um den Globus haben zur Saisonzeit große Mühe, genügend Fahrer zu finden. Hier können wir mit KI dem Fachkräftemangel begegnen.“ Bleibt die Frage der Ethik. „Von unseren 50 Digitalisierungsprofessuren sollen sich drei auf das Thema Ethik konzentrieren“, stellt Thümler in Aussicht. Dabei gehe es nicht darum, Entwicklungen zu verhindern, betont der Minister. „Aber wir müssen darüber Bescheid wissen, was mit der Technik alles möglich ist. Und für diese Möglichkeiten braucht es dann einen internationalen Rechtsrahmen, damit sich nichts verselbstständigt.“ Eine EURichtlinie über ethische Fragen im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz werde für den Herbst erwartet.
Fotos: David Ebener, Gert Westdörp
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SPEZIAL INTELLIGENT & AUTOMATISCH
Künstliche Intelligenz schreibt die Regeln im Handel neu Stationärer Handel muss auf Kundennähe und kreative Angebote setzen, um konkurrenzfähig zu bleiben VON BASTIAN RABENECK OSNABRÜCK. Künstliche Intelli-
genz bestimmt mehr und mehr den Wettbewerb im Handel. Wie können kleine Unternehmen dabei konkurrenzfähig bleiben? Und wie können Arbeitnehmer Programme akzeptieren, die ihre Aufgaben übernehmen?
Im Media-Markt werden Kunden von Roboter „Paul“ zu den gesuchten Produkten navigiert. Beim Versandhaus Otto entscheidet ein Computerprogramm darüber, wie viele Waren zu welchem Zeitpunkt ins Lager bestellt werden. Und in Privathaushalten erinnert Alexa vom Handelsriesen Amazon ihre Besitzer jeden Tag an wichtige Termine. Längst sind Apps und Computerprogramme, denen man ein gewisses Maß an Intelligenz und Lernfähigkeit zusprechen kann, im Handel angekommen. Die Frage ist: Wie intelligent sind sie wirklich?
Was macht Sprachassistenten intelligent? Gerrit Kahl, Leiter des Innovative Retail Laboratory (IRL) – zu Deutsch: Labor für Innovationen im Einzelhandel – in St. Wendel, bezeichnet Amazons Alexa als „leichte KI“. „Das Programm reagiert zumindest menschenähnlich“, sagt Kahl. „Ich sage etwas, und Alexa interpretiert meine Aussage.“ Das Intelligente daran sei, so der Fachmann, dass der Nutzer sich dabei nicht an ein Fragemuster halten muss. Die KI reagiere, selbst wenn Fragen zu einem Thema unterschiedlich formuliert würden. „Was noch fehlt, ist die Fähigkeit zum Dialog“, erklärt Kahl. Und noch etwas fehlt Alexa: Sie hinterfragt keine Befehle, stellt keine Rückfragen. Wünscht sich ein Nutzer, dass der Sprachassistent einen Musiktitel abspielt, von dem es Fassungen mehrerer Interpreten gibt, wählt das Programm selbst eine Version aus. Und die Reaktion auf die Anfrage, eine Auswahl von Liedern zur Verfügung stellen? Dazu ist Alexa noch nicht fähig. „Außerdem kann die KI noch keinen Kontext herleiten“, sagt Kahl. „Wenn ich das Programm frage ,Wie ist das Wetter in Chicago?‘ und im Anschluss den Befehl gebe ,Buch mir dort ein Zimmer‘ , weiß Alexa nicht, dass Chicago gemeint ist.“ Laut dem Laborleiter werde dieses Problem in den kommenden Jahren aber vermutlich behoben werden.
Intelligent oder nicht? Als „leichte“ KI bezeichnet Gerrit Kahl,Leiter des Innovative Retail Laborators (IRL) den Sprachassistenten.Intelligent sei,dass sich der Nutzer nicht an Fragemuster halten müsse.
genommen. Dort entscheidet die Software des Machine-LearningUnternehmens „Blue Yonder“, welche Stückzahl von welcher Ware im Lager landet. Doch wie kann die KI den Kundenbedarf vorhersehen? „Das Programm wertet Verkäufe der Vergangenheit aus, berücksichtigt Feiertage, vor denen mehr gekauft wird, und berechnet Events mit ein, für die eine größere Anzahl spezieller Artikel zur Verfügung stehen muss“, erklärt KI-Experte Gerrit Kahl. Der aktuell beste Preis eines jeden Produktes wird bei Otto von einer weiteren KI-Software berechnet. Dafür werden alle Angebote, die es für einen bestimmten Artikel im Internet gibt, verglichen.
Wie verändert KI die Warenströme? Während Künstliche Intelligenz in einigen Haushalten im kleinen Stil den Alltag unterstützt, wird in einigen Handelsunternehmen inzwischen der gesamte Warenstrom von Programmen bestimmt. Abgesehen von Amazon gibt es dafür auch ein berühmtes Beispiel aus Deutschland: das Unternehmen Otto. Über Jahrzehnte galt der Katalog mit Artikeln auf bis 2000 Seiten als Markenzeichen des Versandhändlers. Im November 2018 wurde die letzte Auflage gedruckt. Mittlerweile werden Bestellungen ausschließlich Illustration: über die Webseite des Colourbox.de Unternehmens entgegen-
Wie die Preise im Internet schwanken oder dynamisch angepasst werden, kann die Osnabrücker Vest Marketing GmbH mit ihrer Software „Preishoheit“ nachvollziehen. Das Unternehmen hat sich unter anderem auf das Monitoring von Preisen im Netz spezia-
Alexa, schalte das Licht an! lisiert und kann auswerten, welche Internethändler zu welchem Zeitraum welche Preise anpassen – und damit möglicherweise auf die Preispolitik der Konkurrenz reagieren. Wie intelligent kann ein Preis sein? Eine intelligente Berechnung des Preises durch KI ist laut Kahl allerdings nur die halbe Miete. „Dann muss sich aber immer noch herausstellen, ob der Artikel zu dem berechneten Preis auch gekauft wird“, gibt er zu bedenken. Denn Preisgestaltung sei auch eine Gefühlssache – und von der Fähigkeit, Emotionen zu interpretieren, seien KIs noch weit entfernt. An dieser Stelle zähle nach wie vor die Berufserfahrung von Mitarbeitern. Die Informationen der KI können Kahl zufolge zur Unterstützung berücksichtigt werden, die Händler müssen sich aber nicht daran halten. Welche Gefahr droht dem Einzelhandel durch KI? Aus Erfahrung weiß Hans-Joachim Rambow, Geschäftsführer des Handelsverbandes Niedersachsen-Bremen: „Diese Programme werden derzeit hauptsächlich von großen Unternehmen genutzt.“ Kleinere Einzelhändler hätten oft gar nicht die nötigen finan-
ziellen Mittel oder personellen Ressourcen zur Verfügung. Eine KI-gestützte Verkaufsplattform im Internet aufzubauen koste mindestens genauso viel wie der Aufbau einer zusätzlichen Filiale. Rambow schätzt, dass sich rund 50 Prozent der Händler mit dem Thema KI auseinandersetzen, aber nur 25 Prozent es sich letztlich überhaupt zunutze machen wollen oder können. Wer das nicht tut oder sich allgemein im Strukturwandel des Handels der Verknüpfung von stationärem Geschäft und E-Commerce verwehrt, gerät zunehmend unter Druck. „Früher hat es ausgereicht, die Ware in den Laden zu stellen und die Tür aufzuschließen“, sagt Rambow. Der von einer KI im Internet berechnete Preis eines Artikels könne heute aber kaum noch vom stationären Handel geschlagen werden. Wo liegt der Vorteil des stationären Handels? Die soziale Komponente eines Händlers in der Stadt ist laut Rambow inzwischen sein einziges Plus. In der Buchbranche beispielsweise lüden die Unternehmer ihre Kunden oft zu Autorenlesungen in die Läden ein. Das bereits vor Jahren befürchtete großflächige Aus stationärer Buchhandlungen durch den Start des E-Books sei unter anderem dank solcher Angebote ausgeblieben. „Viele Läden verschwinden nicht, weil sie schlecht sind, sondern weil sie die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben“, warnt der Handelsexperte. Trotz aller Bemühungen werde nach seiner Einschätzung der Mittelstand jedoch immer weiter zurückgedrängt, auch wenn es „an vielen Standorten immer noch Unternehmen mit Leuchtturm-Charakter gibt“. Einer dieser Leuchttürme sei das Osnabrücker Modehaus L&T. Dort werde verstärkt auf Kundennähe- und Beratung durch Verkäufer gesetzt. Parallel hat das Unternehmen in seinem Haus aber auch intelligente digitale Wegweiser installiert. Die zeigen den Kunden, wo bestimmte Produkte oder Marken zu finden sind. Ein Mittelweg, der offenbar funktioniert.
Gefährdet der Einsatz von KI Arbeitsplätze? Der Einsatz von KI im Handel schürt viele Ängste – gerade unter den Angestellten. Es ergeben sich aber auch neue Chancen. Rambow ist sich sicher, dass Arbeitsplätze, die unweigerlich an mancher Stelle verloren gehen werden, in anderen Bereichen durch die neuen Marktbedingungen wieder entstehen. KI-Forscher Gerrit Kahl sieht bei der aktuellen Entwicklung ebenfalls die Vorteile überwiegen: „Ich glaube nicht, dass eine KI Mitarbeiter komplett ersetzen kann. Stattdessen ermöglichen die Programme den Angestellten, sich anderen Aufgaben zu widmen.“ Um diese Umstellung zu vollziehen, sei es jedoch auch Aufgabe des Arbeitgebers, seine Mitarbeiter entsprechend zu informieren und damit Ängsten vorzubeugen. Kahls Erfahrung nach schlägt die anfängliche Skepsis vieler Angestellter nach einiger Zeit in Begeisterung um. In der Modebranche ermöglichen KIs den Verkäufern mittlerweile eine ungemein detaillierte Beratung. Das macht sich zum Beispiel die Adler Modemärkte AG zunutze. „Ein entsprechendes Programm weiß, was der Kunde zuvor gekauft hat. Der Berater muss auch nicht mehr ins Lager gehen, um herauszufinden, ob eine bestimmte Größe noch vorhanden
„Ich glaube nicht, dass eine KI Mitarbeiter komplett ersetzen kann.“ Gerrit Kahl, Leiter des Innovative Retail Laboratory (IRL)
Foto: imago/STPP
ist, und kann im Notfall eine Bestellung für den Kunden aufgeben, die per Post direkt zugestellt wird“, fasst IRL-Chef Kahl zusammen. Wo liegen die Grenzen der Technologie? Der KI-Experte gibt zu bedenken: „Es muss eine Grenze geben. Nicht alles, was eine KI berechnet und vorhersieht, sollte ich auch einsetzen.“ Dazu nennt er ein Beispiel aus den USA: Eine Frau habe auf Basis ihres Kaufverhaltens Werbung für Baby-Spielzeug zugeschickt bekommen – und zwar bevor sie selbst wusste, dass sie bereits schwanger war. „Das ist ein Eingriff in die Privatsphäre. Eine Grenze, die nicht überschritten werden sollte“, sagt Kahl. Auf dem jetzigen Stand der Technik seien manche KIs wie MediaMarkts „Paul“, der in den Läden im Kunden-Service eingesetzt wird, oft noch ein Kuriosum, das neugierige Kunden in die Filialen ziehe. Der Navigations-Roboter sei zwar eine aufregend neue Art, sich in dem Laden zurechtzufinden. „Schneller geht es aber nach wie vor, wenn man einen Mitarbeiter um Hilfe bittet“, sagt Kahl. Aus Sicherheitsgründen darf der kleine Roboter – geformt wie eine Mensch-ärgeredich-nicht-Figur – die Kunden nur im Schneckentempo zum gesuchten Produkt führen. Wie wird sich KI auf die Werbung auswirken? Die Nutzung von KI im Handel wird zunehmen und sich in Zukunft besonders auf die Personalisierung von Werbung konzentrieren, vermutet Handelsverbandschef Rambow. Passgenaue Angebote per Mail, Werbung ohne Streuverluste – so könne die Zukunft des Handels dank künstlicher Intelligenz aussehen. „Vor ein paar Jahren wäre ein Unternehmen, das Gartenmöbel verkauft, nie auf die Idee gekommen, Prospekte in einem Berliner Hochhaus zu verteilen“, sagt Rambow. Zukünftig weiß ein Anbieter durch die Datenauswertung einer KI vielleicht, dass dort eine Person wohnt, die vergangenen Sommer für ihren Schrebergarten Möbel gekauft hat. Teilweise sei das schon jetzt Realität. Es werde sich aber noch herausstellen müssen, wie viele Händler diesen Wandel unbeschadet überstünden.
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SPEZIAL INTELLIGENT & AUTOMATISCH
Kollege Roboter wird nicht müde Auch im Handwerk ist Automatisierung von Bedeutung – und künstliche Intelligenz?
VON CHRISTOPH LÜTZENKIRCHEN OSNABRÜCK. Handwerker arbeiten mit der Hand. Das ist mal klar. Ebenso klar ist, dass sie dafür ihren Verstand benötigen, das eine oder andere Werkzeug und Energie. Brauchen Sie auch Roboter? Gibt es Bereiche, Prozesse, die sie sinnvoll digitalisieren könnten? Und setzen sie künstliche Intelligenz ein?
Auf den ersten Blick scheinen Maurerkelle und mitdenkende Maschine weit auseinanderzuliegen. Auf den zweiten stellt man fest: Bei einigen im Handwerk hat die Zukunft längst begonnen. Zum Beispiel bei Christian Neyer. Der 40-Jährige ist Geschäftsführer des Osnabrücker Metallbauunternehmens Stahlotec, das er 2002 gegründet hat. Neyer ist Industriemechanikermeister und Schweißfachmann. Sein handwerkliches Rüstzeug hat er bei der Osnabrücker Kabelmetall Europa (KME) erworben. „Wir hatten 2005 erste Schweißaufträge für Stahlotec mit wiederkehrenden, gleichen Teilen“, erinnert sich Neyer. „Das brachte mich auf die Idee, Roboter einzusetzen, so wie ich es aus der Industrie kannte. Das ist sinnvoll, wenn das Schweißnahtvolumen höher ist oder man eine größere Stückzahl von Schweißnähten hat“, erklärt der Geschäftsführer. Roboter seien schneller, würden nie müde und könnten auch über längere Strecken ansatzlos schweißen. Das sei ein Qualitätsvorteil. Für sein junges Unternehmen sei das automatisierte Schweißen unmittelbar zum Wettbewerbsvorteil geworden, der entscheidend zur weiteren Entwicklung beigetragen habe. „Es eröffnete uns ganz andere Kundenkreise“, so der 40-Jährige: „Jeder gute Metallbauer kann lernen, mit einem Roboter zu arbei-
Er ist schnell,wird nicht müde und kann auch über lange Strecken ansatzlos schweißen.Wenn das Schweißnahtvolumen höher ist,und man eine große Stückzahl hat,ist sinnvoll einen Roboter einzusetzen, findet StahlotecGeschäftsführer Christian Neyer.
ten. Wir führen dazu betriebsinterne Schulungen durch.“ Peter Beckmann, Geschäftsführer Betriebsberatung und Strukturförderung bei der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim, ist nicht erstaunt über die Dynamik, die Christian Neyer durch den Einsatz von Robotern in seinem Metallbaubetrieb auslöste. „Das Thema Automatisierung spielt in unserer Region besonders bei den Metall verarbeitenden Betrieben im Emsland eine große Rolle“, so Beckmann. „Sie haben sich rund um Großunternehmen wie Krone oder die Meyer Werft angesiedelt. Getrieben durch die Vorgaben ihrer industriellen Auftraggeber, stehen sie unter hohem Kostendruck; der Fachkräftemangel kommt erschwerend hinzu.“ Neben dem Metallbau kommt automatisierten Abläufen laut Beckmann auch im Tischlerhandwerk eine wachsende Bedeutung zu. Mithilfe von CNC-Fräsen ließen sich individuelle Entwürfe digitalisieren und umsetzen. Obwohl er seit Jahren erfolgreich mit Robotern arbeitet, betont Chris-
„Jeder gute Metallbauer kann lernen, mit einem Roboter zu arbeiten.“ Geschäftsführer Christian Neyer
Ein Roboter erledigt bei Stahlotec in Osnabrück Schweißarbeiten.Die Idee dazu hatte Geschäftsführer Christian Neyer bereits 2005.
tian Neyer den „Faktor Mensch“ in seinem Unternehmen. „In kleinen Betrieben wie dem unseren ist der trotz aller Technik nicht wegzudenken. Dafür gibt es bei uns zu viele ständig wechselnde Aufgaben.“ Ohne qualifizierte und motivierte Mitarbeiter gehe es nicht. Deswegen bildet der Metallbauunternehmer intensiv aus – zehn seiner 70 Mitarbeiter sind Auszubildende –, und er beschäftigt sich mit Systemen zur internen Kommunikation. „Wir haben einen firmeninternen Chat eingerichtet, zu dem alle Mitarbeiter mit mobilen Geräten Zugang haben“, so Neyer. An dieser Stelle kommt die Digitalisierung ins Spiel. Immer wichtiger wird sie bei Stahlotec außerdem in der Messtechnik. Mithilfe von 3-D-Fotos ist das Unternehmen in der Lage, Bauteile digital zu erfassen. Die Messdaten können sofort elektronisch weiterverarbeitet werden. Das helfe enorm bei der Dokumentation, für die man einen ständig wachsenden Aufwand betreiben müsse, sagt der Geschäftsführer. „Unsere Kunden aus der Windenergiebranche erwarten beispielsweise von uns, dass jedes funktionsrelevante Bauteil eine Nummer hat und vollständig rückverfolgbar ist.“ Peter Beckmann nennt drei wichtige Felder der Digitalisierung in handwerklichen Betrieben: die Digitalisierung der Prozesse, der Planung und der Produktion. Daraus entwickeln sich teilweise ganz neue Geschäftsbereiche. So betreiben Anbieter wie thermondo.de eine reine Plattformökonomie. Sie erstellen Planungen und Angebote, die andere ausführen. Beckmann sieht hier auch eine Gefahr für das Handwerk. Zusätzliches Geschäft könnten Handwerker nach seiner Beobachtung mithilfe der digitalen Daten generieren, die etwa beim Vermessen von Türen erhoben werden. Das könnten zum Beispiel Sensoren für Sicherheitsprotokolle sein. All dies laufe derzeit allerdings noch auf kleiner Flamme, so Beckmann. „In Sachen Digitalisierung gibt es bei unseren Mitgliedern keinen einheitlichen Entwicklungsstand. Manche sind sehr weit vorne und nutzen an vielen Stellen mobile Geräte, andere schreiben noch Zettel für die Zeiterfassung und die Abrechnung der Baustellen. Das existiert alles nebeneinander. Allgemein lässt sich aber sagen, dass der Großteil der Betriebe noch eher analog unterwegs ist.“ Der Zentralverband des deutschen Handwerks veröffentlichte im Juli 2018 die Ergebnisse einer Befragung von knapp 9000 Handwerksbetrieben zum Thema Digitalisierung. Demnach hat sie für fast jeden zweiten Handwerksbetrieb keine oder nur eine geringe Bedeutung.
Vom Arbeiten mit künstlicher Intelligenz (KI) sind Handwerksbetriebe somit noch weit entfernt. Beckmann sieht aber Ansatzpunkte: Planerische und architektonische Leistungen zum Beispiel in den Gewerken rund um den Bau verschieben sich nach seiner Einschätzung immer mehr zum Handwerk. Das sei eine Herausforderung, könnte aber auch eine Aufgabe für KI sein. Sie könnte den Handwerker mit Entscheidungs-
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der deutschen Familien unternehmen sehen Digitalisierung und Inno vationskraft als zentrale Herausforderung der nächsten zwei Jahre.*
vorschlägen unterstützen. Interessant sei die Technologie möglicherweise auch im Bereich der hochkomplexen 3-D-Drucktechnik. Hier gehe es darum, zu entscheiden, wo die aufwendige Technik sinnvoll sei und wo man besser auf andere Verfahren zurückgreife. „In der Praxis kenne ich aktuell aber noch keine Anwendungen für KI im Handwerk“, so Beckmann. Christian Neyer glaubt, dass der auch als „additive Fertigung“ be-
Fotos: Swaantje Hehmann
zeichnete 3-D-Druck in naher Zukunft ein sehr spannender Bereich werden könnte. „Die Technik des Metalldrucks bietet ganz neue Möglichkeiten, Bauteile zu fertigen“, sagt er. „Da wollen wir möglichst früh dabei sein. Nach meiner Erfahrung ist die Industrie dem Handwerk immer etwa fünf Jahre voraus. Daran orientiere ich mich und überlege, was ich für meinen Betrieb daraus mitnehmen kann.“
Wie viel Familienunternehmen in Deutschland bewegen, wissen wir alle. Doch was bewegt Deutschlands Familienunternehmer? Wie optimistisch sehen sie den Umbruch ins digitale Zeitalter? Wird die NextGen dabei zum entscheidenden Faktor? Gibt es Entspannung beim Fachkräftemangel? Welche Werte bilden das Fundament für morgen? Die Antworten auf diese und weitere Zukunftsfragen erhalten Sie in unserer aktuellen Studie. Jetzt kostenlos laden. *) Family Business Survey 2018 2019, 36 Seiten. www.pwc.de/de/mittelstand/family-business-survey-2018.html
Ihr Ansprechpartner für PwC NordWest in Osnabrück Georg Stegemann Tel.: +49 541 3304-558 georg.stegemann@pwc.com
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Terz lässt Menschen und Maschinen zusammenwachsen Temperaturresistent und stoßfest: Gründer entwickeln in Bissendorf Produkte, die künstliche Intelligenz am Laufen halten VON BASTIAN RABENECK BISSENDORF. „Industrie 4.0“ –
sprich die umfassende Digitalisierung der Industrie – ist ein Begriff, der abstrakt anmutet und für viele Unternehmen noch nach Zukunft klingt. Die Bissendorfer Firma „Terz Industrial Electronics“ möchte Vorreiter auf dem Gebiet sein und für die Industrie, die zunehmend auf künstliche Intelligenz setzt, die passenden Produkte liefern.
Schlank, robust, effizient – so beschreiben die Geschäftsführer und Gründer Oliver Opl, Stefan Wallenhorst und Volker Klanke vom Bissendorfer Start-up „Terz Industrial Electronics“, ihre Produkte: die „Industrial Ethernet Switches“. Gemeint sind zu Deutsch industrietaugliche Ethernet-basierte Netzwerkkomponenten. Ohne die unscheinbaren Kästen läuft in der „Industrie 4.0“ praktisch nichts. Sie ermöglichen die zuverlässige und schnelle Übertragung von großen Datenmengen – eine Eigenschaft, die für den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) unerlässlich ist. „Wir entwickeln hier essenzielle Komponenten, die in der Industrieautomatisierung, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in der Landwirtschaft und vielen weiteren Bereichen zum Einsatz kommen“, sagt Opl. Er beschreibt das als „das Zusammenwachsen von Mensch, Maschine und Produkt“. Die große Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten ist auch gleichzeitig der größte Vorteil des jungen Unternehmens. Daten müssen in jeder Branche übermittelt werden – und zwar in immer größeren Mengen. Die Terz-Gründer sind im Begriff, in einem Wachstumsmarkt Fuß zu fassen. Schon jetzt werden ihre Switches in Zügen und landwirtschaftlichen Maschinen verbaut. Die Anforderungen sind jedoch hoch: „Stöße, Staub, Spannungsunterschiede, Temperaturen zwischen minus 40 und plus 70 Grad Celsius – das müssen die Geräte aushalten“, fasst Klanke zusammen. Das Vertrauen in die Switches vonseiten der Nutzer sei groß – sagen die drei Diplom-Ingenieure. Dabei betonen sie, dass Design und Konstruktion ihrer Produkte im eigenen Haus erfolgen. Aber auch ihr Dienstleister zur Herstellung großer Produkt-Mengen ist in Deutschland ansässig. „Made in Germany ist immer noch ein Qualitätsversprechen, und das kommt gut an. Außerdem sind die Wege kurz, auch in der Kommunikation“, sagt Opl. Der immer wieder gern genutzte Begriff „Industrie 4.0“ ist laut Terz-Mitgründer Opl heute noch für viele Unternehmen sehr abstrakt. „Wir müssen etwas liefern, womit die Firmen auch etwas anfangen können“, sagt Opl. Terz sorgt beispielsweise für die notwendige Vernetzung zwischen Sensoren oder Industriekameras und Steuerungen. Das betrifft auch den Bereich der Robotik und der künstlichen Intelligenz (KI). „Was KI angeht, ist die Industrie noch sehr vorsichtig“, beurteilt Opl die Situation. „Vermutlich werden private Haushalte in Zukunft vorerst schneller großflächig davon profitieren als
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Das Herz von Terz Industrial Electronics: In ihrem Labor entwickeln und designen die drei Gründer und Geschäftsführer Volker Klanke (von links),Oliver Opl und Stefan Wallenhorst ihre Industrial Ethernet Switches.
Foto: Jörn Martens
ZUR SACHE
Wo werden Switches eingesetzt? Ein Switch ist ein Kopplungselement, das mehrere Teilnehmer in einem Netzwerk miteinander verbindet. In einem Ethernet-Netzwerk dient ein Switch als Verteiler für die Datenpakete und
ermöglicht so die Datenkommunikation zwischen den Geräten im Netzwerk. Diese Funktion basiert auf derselben Technologie, die auch für Heimnetzwerke und in der Bürovernetzung Ein-
die Unternehmen.“ Die Industrie lerne den Umgang mit großen Datenmengen erst, während Privatpersonen per App bereits die Heizung regelten, das Licht an- und ausschalteten und auf Zuruf Musik abspielen könnten. „Für die Umstellung industrieller Prozesse wie zum Beispiel in der Autoindustrie müssen viel längere Zeiträume eingeplant werden“, sagt Opl. Ein weiteres Thema, das in Zukunft immer wichtiger werden wird: „Predictive maintenance“ (auf Deutsch: vorausschauende Wartung). Auf Basis gesammelter Daten sollen vernetzte Maschinen und Verkehrsmittel dazu in der Lage sein, in gewisser Weise vorauszuahnen, wann sie der Wartung oder Reparatur bedürfen – und zwar bevor sich der Verschleiß bemerkbar
satz findet. Typischerweise befindet sich ein integrierter Switch im DSLRouter. War Ethernet also bis vor wenigen Jahren ausschließlich der Standard für Datenverkabelung in Büroumgebungen,
macht. Durch die KI, für die die Switches ebenfalls nötig sind, könnten Ausfälle von Produktionsstrecken oder Fahrzeugen im Vorfeld verhindert werden. Klanke erklärt, worin die Herausforderung bei diesem ambitionierten Projekt liegt: „Diese Voraussicht kann eine KI bisher nur auf Grundlage von Daten liefern, die über Jahrzehnte gesammelt wurden.“ Seit Beginn der Digitalisierung in der Industrie sind jedoch bisher erst einige Jahre ins Land gegangen. Es gilt also, intelligente Programme zu entwickeln, die die bis dato gespeicherten Daten analysieren und hochrechnen, um Ausfälle vorauszuahnen. Die Zukunft der Datenübertragung sehen die drei Gründer aber durchaus auch kritisch: „Alles will miteinander reden“, sagt Qualitätsmanager Wallen-
wird es heute mehr und mehr auch für industrielle Anwendungen genutzt. In dieser Umgebung treffen aber Störfaktoren auf das Netzwerk, die erheblichen Einfluss auf die Übertra-
horst, womit er Computer, Kameras, Sensoren und weitere technische Gerätschaften meint. Aber: „Nicht alles darf miteinander reden.“ Sonst könne sich schließlich jeder ungehindert in fremde Netzwerke einklinken. Für Terz besteht der nächste Schritt also darin, Netzwerkkomponenten zu schaffen, bei denen der Nutzer
gungsqualität und -sicherheit haben. Vor allem an den Anschlusspunkten ist das Risiko von Störungen durch Vibrationen, Schmutz, Feuchtigkeit oder schädliche Substanzen hoch. brab
selbst konfigurieren kann, welche Datenströme von welchem Nutzer zugelassen werden. Dafür braucht es vor allem die richtige Software. „Wir wollen regional hier in Bissendorf wachsen und in den nächsten Jahren auch neue Mitarbeiter einstellen, die sich mit solchen Themen befassen“, sagt Opl. Obwohl Terz noch nicht einmal ganz zwei Jahre alt ist: Als klassisches Start-up sehen die drei Geschäftsführer ihr Unternehmen nicht. „In den zehn Jahren zuvor haben wir bereits sehr branchennah gemeinsam gearbeitet“, erläutert Klanke, der auf Entwicklung
und Einkauf spezialisiert ist. „Wir kennen den Markt, haben die richtigen Hintergrundinfos und wissen, was klappt und was nicht“, ergänzt Wallenhorst. Bis zur Marktreife ihres ersten Produkts habe es gerade einmal ein Jahr gedauert. Auf diesem basieren auch zahlreiche weitere Modelle. „In vielen Produkten schlägt dasselbe Herz“, sagt Klanke. Steht die Konstruktion eines Switches final fest, könne das als Vorlage für weitere Varianten verwendet werden. Bei ihren Produkten legen die drei Terz-Gründer außerdem Wert auf die Wiederverwertbarkeit der eingesetzten Materialien. Bei den Verpackungen der Produkte wird auf Kunststoff verzichtet. „Alle Geräte können am Ende ihrer Lebensdauer in ihre Bestandteile zerlegt und diese entsprechend recycelt werden, das ist bei den Marktbegleitern meist anders“, erklärt Ingenieur Klanke.
ZUR SACHE
Was ist Ethernet? Die Übertragungstechnik Ethernet ermöglicht die Übermittlung von Daten innerhalb eines geschlossenen Netzwerks zwischen Computern, Servern, Druckern, Speichern oder auch Beamern. Als
Erfinder gilt der US-Amerikaner Robert Metcalfe, der bereits 1973 seinen Vorgesetzten das Potenzial seiner Idee erläuterte. Allgemein bekannt ist die Technik unter dem Namen LAN (Local Area Network).
Das für die Realisierung benötige LAN-Kabel ist dagegen nur ein Oberbegriff. Dazu gehören diverse Arten von Kabeln, darunter auch das Ethernet. Neuste Standards ermöglichen eine Übertragungsgeschwin-
digkeit von bis zu 10 Gigabit in der Sekunde. Dafür werden Glasfaserkabel oder hochwertige Kupferkabel verwendet. Mit höherer Geschwindigkeit sinkt gleichzeitig jedoch die Reichweite der Übertra-
gung. Mit sehr teuren Singlemode-Faserkabeln kann eine Reichweite von bis zu 40 Kilometern erreicht werden. Bei 10 Gigabit pro Sekunde sind sonst nur Übertragungswege von 100 Metern möglich. brab
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„Totgesagte leben länger“ Die Börse Hannover zählt zu den verbliebenen regionalen Handelsplätzen in Deutschland – und sucht ihr Heil in der Nische
Altehrwürdiges Gemäuer mit modernem Innenleben: Vom Börsengebäude in Hannover hat der Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs nur noch die Außenmauern stehen gelassen.
Fotos: Manuel Glasfort
Die Regionalbörsen stehen im Schatten des Finanzplatzes Frankfurt. Handelsplätze in der Provinz setzen auf Nischenthemen. Die Börse Hannover punktet mit einem Nachhaltigkeits-Index. VON MANUEL GLASFORT HANNOVER. Wir befinden uns im
Jahr 2019. Ganz Deutschland wird vom Börsenplatz Frankfurt dominiert... Ganz Deutschland? Nein! Einige Regionalbörsen hören nicht auf, Widerstand zu leisten. Wir haben uns bei den unbeugsamen Wertpapierhändlern in Hannover umgesehen.
Geht es um Wertpapierhandel, ist die Börse in Frankfurt unangefochtener Marktführer in Deutschland. Über ihre elektronische Handelsplattform Xetra wird der weit überwiegende Anteil des Wertpapierhandels in Deutschland abgewickelt. Doch gegen die Frankfurter Dominanz behaupten sich sechs Regionalbörsen, eine davon in Hannover. „Totgesagte leben bekanntlich länger“, sagt Martin Braun und lacht. Er glaubt an die Zukunft der Regionalbörsen – und als Vertriebsleiter der BÖAG Börsen AG sollte er das auch. Die Trägergesellschaft betreibt schließlich die Regionalbörsen in Hamburg und Hannover, seit 2017 gehört auch die Börse Düsseldorf dazu. Die deutschen Regionalbörsen blicken auf eine lange Geschichte zurück, das gilt auch für die in Hannover. Daran lässt schon der Sitz der 1787 gegründeten Börse keinen Zweifel beim Besucher. Das Gebäude am Opernplatz wurde im
Eine lange Börsenerfahrung hat Annette Weirauch von mwb fairtrade.
BÖAG-Vorstand Hendrik Janssen und Vertriebsleiter Martin Braun vor der Börse Hannover.
19. Jahrhundert im Tudorstil erbaut, doch erst seit 1923 – dem Jahr der Hyperinflation – beherbergt es die Börse. Der Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs hat vom einstigen Gebäude allerdings nur noch die Fassade übrig gelassen, entsprechend modern präsentiert sich das Haus im Inneren. Wer dort einen riesigen Handelssaal mit großer Anzeigentafel und Händlergewühl erwartet, wird enttäuscht. Zwar gibt es noch einen großen, mit Parkett ausgelegten Handelssaal, in dessen Mitte sich Holzstühle um einige Tische gruppieren. Gehandelt wird hier jedoch schon seit Jahrzehnten nicht mehr, wie BÖAG-Vorstand Hendrik Janssen berichtet. Der Saal werde gelegentlich für Anlegerforen genutzt, auf denen Unternehmensvertreter sich den kritischen Fragen der Investoren stellen. Auch die Anlegerseminare und Veranstaltungen mit Schulklassen finden hier statt. Nur ein Bruchteil des Wertpapierhandels in Deutschland entfällt auf die Regionalbörsen. Die drei Börsen der BÖAG kamen 2018 gemeinsam auf ein Umsatzvolumen von rund 10 Milliarden Euro, hinzu kommt die elektronische Handelsplattform Quotrix der Börse Düsseldorf mit 18,3 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Xetra verzeichnete 2018 einen Orderbuchumsatz von fast 1,6 Billionen Euro.
Börsen wie Frankfurt fast nicht möglich ist.“ Der klassische Handel mit Aktien, Anleihen und anderen Wertpapieren findet nach wie vor statt in Hannover, auch für Privatanleger. So können beispielsweise Sparkassenkunden über den Onlinebroker S-Broker Wertpapiere in Hannover ordern oder verkaufen; und das zu mindestens so guten Konditionen wie bei Xetra, wie Vertriebschef Braun betont. „Wir sind hier genauso leistungsfähig wie Frankfurt. In den liquiden AktienindexWerten können Sie genauso schnell und günstig handeln wie bei Xetra in Frankfurt.“
„Wir waren hier früher mehr Händler“, erinnert sich Annette Weirauch. Sie sitzt in einem der Büros im Nordflügel des Gebäudes, wo sich der Handel heute abspielt. Weirauch arbeitet bereits seit 1987 an der Börse, aktuell als Niederlassungsleiterin der mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank. „Wir vermitteln zwischen Käufer und Verkäufer“, erklärt Weirauch ihre Tätigkeit. „Unsere Kunden sind ausschließlich Kreditinstitute und andere Maklergesellschaften.“ Dem Börsenbetreiber BÖAG fällt die Aufgabe zu, für einen ordnungsgemäßen Handel zu sorgen. Ihre Mitarbeiter stellen sicher, dass die von mwb fairtrade festgestellten Kurse marktgerecht sind. „Bei Auffälligkeiten müssen wir sofort Rede und Antwort stehen“, betont Weirauch. Anders als etwa die Deutsche Börse ist die BÖAG selbst nicht börsennotiert. Getragen wird sie jeweils zur Hälfte von zwei Börsenvereinen aus Hamburg und Hannover, hinter denen wiederum Banken und Sparkassen stehen. Was unterscheidet die kleine Börse in Hannover noch von der großen Konkurrenz? „Wir bedienen die Nische“, sagt Weirauch, „Wir versuchen, unseren Kunden einen Mehrwert zu bieten, speziell im Anleihehandel. Außerdem pflegen wir einen direkten Kontakt zu den Kunden, was in der Form an großen
„Jede Börse sucht sich Spezialthemen.“ BÖAG-Vorstand Hendrik Janssen
Weil der Wertpapierhandel allein nicht ausreicht, suchen die Regionalbörsen ihren Erfolg in der Nische. „Der Wettbewerb unter den Börsen ist so groß, dass jeder sich noch Spezialthemen sucht“, sagt Vorstand Janssen. So hat sich die Börse Stuttgart nach eigenen Angaben zum Marktführer im Handel mit verbrieften Derivaten entwickelt. Und auch der Börse Hannover ist es gelungen, sich in einem besonderen Marktsegment zu etablieren: dem Handel mit geschlossenen Fonds. Während bei offenen Fonds die Anteile jederzeit an der Börse gehandelt werden können, haben geschlossene Fonds eine festgelegte Laufzeit. Bevor sie abgelaufen ist, kommen Anleger nicht an ihr investiertes Geld – eigentlich. Denn die BÖAG betreibt mit der Fondsbörse Deutschland einen Zweitmarkt, über den Anleger ihre Schiffs-, Windkraft-, oder Immobilienfonds eben doch verkaufen können. Und das ist ein durchaus aufwendiges und langwieriges Prozedere, wie Vertriebsleiter Braun erläutert: „Wir wickeln den Prozess im Haus komplett ab, von der Zusammenführung von Käufer und Verkäufer bis hin zur Abwicklung über Treuhandkonten einschließlich Notar. Diese Infrastruktur aufzubauen, das muss uns erst mal jemand nachmachen.“ Ein ähnliches
Vermittlungsangebot haben die Hannoveraner für Schuldscheindarlehen auf die Beine gestellt, die Schuldscheinbörse. Janssen sagt: „Wir suchen aktiv immer wieder neue Themen. Es funktioniert nicht immer alles, denn es hängt auch von den Rahmenbedingungen ab.“ Auch die Fondsbörse habe zwischenzeitlich zur Disposition gestanden, erzählt er. Man habe sich letztlich für die Fortführung entschieden – und stehe heute gut da. Und noch ein Geschäftsfeld beackert die BÖAG: das der Indizes. Ähnlich wie die Deutsche Börse den Leitindex Dax erstellt, seine Zusammensetzung festlegt und ihn berechnet, so hat auch die BÖAG zwei eigene Indizes entwickelt. Seit 2015 gibt es den German Gender Index, der auf die Geschlechtervielfalt in den Unternehmen abzielt. Eine wichtigere Rolle spielt aber der 2007 gestartete Global Challenges Index (GCX), der 50 internationale Aktien von besonders nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen enthält, darunter aktuell auch der niedersächsische Windanlagenbauer Nordex. „Wir schauen uns bei der Auswahl der Unternehmen keine Finanzkennzahlen an, sondern nur den Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit“, erklärt Janssen. Unterstützt werde man dabei von der Agentur ISS-Oekom aus München. Die BÖAG verdient Geld an ihrem Index, indem sie Lizenzen an Banken und Fondsgesellschaften vergibt. Diese dürfen dann auf Basis des Indexes Fonds erstellen, die an der Börse gehandelt werden. Janssen ist mit dem Erfolg des GCX sehr zufrieden. „Es heißt immer: Nachhaltigkeit und Rendite schließen sich aus. Mit unserem Global Challenges Index beweisen wir das Gegenteil. Er hat sich besser entwickelt als klassische Indizes.“ Inzwischen sei eine halbe Milliarde Euro in den Index investiert. „Das ist für den Nachhaltigkeitsbereich ganz ordentlich.“
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GELD & GESCHÄFT
Es herrscht Tristesse am Automarkt Sinkende Absätze in China belasten die Autobranche – Aktien der Zulieferer höher im Kurs als die der Hersteller VON STEFAN WOLFF OSNABRÜCK. Der Stuttgarter Autokonzern Dailmer ist nur ein Beispiel der Automobilindustrie, wo zu erwartende Investitionen auf den Aktienkurs drücken. Wie steht es um die Branche an der Börse?
Daimler-Chef Dieter Zetsche hinterlässt seinem Nachfolger kein gut bestelltes Haus. Der Stuttgarter Autokonzern schloss das vergangene Jahr mit einem hohen Verlust ab. Für den Umbau in Richtung Elektromobilität bildet das Unternehmen Rücklagen, die im laufenden Jahr das Ergebnis belasten dürften. Der Aktienkurs spiegelt diese Entwicklung. 2018 verloren Daimler-Papiere ein Drittel ihres Werts. Daimler ist nicht allein. Das Unternehmen leidet unter Problemen, die der gesamten Branche zu schaffen machen. „Die Konjunktur steht auf der Kippe, die Unsicherheit ist groß – die Gefahr eines ungeordneten Brexits steht im Raum – hinzukommen hausgemachte Probleme“, sagt Peter Fuß, Autoexperte bei der Beratungsgesellschaft EY. Eines dieser Probleme ist die Umstellung auf den neuen europäischen Prüfstandard WLTP, der seit August 2018 gilt. Viele Her-
25. April vormerken Die nächste „Die Wirtschaft“ erscheint am Donnerstag, 25. April 2019. Anzeigenschluss für diese Ausgabe ist Freitag, 5. April 2019. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter der Adresse www.noz.de/wirtschaft.
GESCHÄFTSFÜHRER: Joachim Liebler und Axel Gleie CHEFREDAKTION: Ralf Geisenhanslüke (Chefredakteur), Dr. Berthold Hamelmann (Vertreter des Chefredakteurs), Burkhard Ewert (Stellvertretender Chefredakteur) KOORDINATION: Nina Kallmeier AUTOREN DIESER AUSGABE: Marcus Alwes, Susanna Austrup, Erhard Böhmer, Dirk Fisser, Manuel Glasfort, Berthold Hamelmann, Nina Janssen, Nina Kallmeier, Christoph Lützenkirchen, Hermann-Josef Mammes, André Pottebaum, Bastian Rabeneck, Mike Röser, Melanie Heike Schmidt, Jonas Schönrock, Jürgen Wallenhorst, Sabrina Wendt, Stefan Wolff REDAKTION V.i.S.d.P.: Ralf Geisenhanslüke FOTOGRAFEN: Markus Alwes, Susanna Austrup, Andreas Burmann, David Ebener, Manuel Glasfort, Michael Gründel, Swaantje Hehmann, Jasper Hochmann, Christoph Lützenkirchen, Jörn Martens, Gerold Meppelink, Henning Müller-Detert, Hermann Pentermann, Mike Röser, Frank Rumpenhorst, Jonas Schönrock, Lars Schröer, Nina Strakeljahn, Gert Westdörp, Werner Westdörp VERLAG: Neue Osnabrücker Zeitung GmbH & Co. KG, Postfach 42 60, 49032 Osnabrück; Breiter Gang 10–16, Große Straße 17–19, 49074 Osnabrück, Telefon 0541 310-330, Telefax 0541 310266; Internet: www.diewirtschaft.noz.de; E-Mail: diewirtschaft@noz.de ANZEIGEN-/WERBEVERKAUF: MSO Medien-Service GmbH & Co. KG, Große Straße 17–19, 49074 Osnabrück, Postfach 29 80, 49019 Osnabrück, Telefon 0541 310-500, Geschäftsführer: Sven Balzer, Sebastian Kmoch (V.i.S.d.P.), Anzeigen-/Werbeverkauf: Sven Balzer, Hubert Bosse, Dirk Riedesel, Wilfried Tillmanns, Marvin Waldrich ANZEIGENANNAHME: Geschäftskunden: Telefon 0541 310-510, Telefax 0541 310-790; E-Mail: auftragsservice@mso-medien.de ANZEIGEN-/WERBEVERKAUF für Ausgabe Grafschaft Bentheim: Grafschafter Nachrichten GmbH & Co. KG, Coesfelder Hof 2, 48527 Nordhorn, Telefon 05921 707-410, Verlagsleiter: Matthias Richter (V.i.S.d.P.) ANZEIGENANNAHME für Ausgabe Grafschaft Bentheim: Grafschafter Nachrichten GmbH & Co. KG, Telefon 05921 707-410; E-Mail: gn.media@gn-online.de, Leitung Mediaverkauf: Jens Hartert TECHNISCHE HERSTELLUNG: Druckzentrum Osnabrück, Weiße Breite 4, Osnabrück (Ausgabe Osnabrück/Emsland); Grafschafter Nachrichten, Coesfelder Hof 2, Nordhorn (Ausgabe Grafschaft Bentheim)
steller haben diese Umstellung schlicht verschlafen. Entweder erfüllen ihre Modelle die neuen Normen nicht, oder die Hersteller hinken bei der Zertifizierung hinterher. Das hat am Automarkt skurrile Blüten getrieben. Vor Inkrafttreten von WLTP hatte es einen künstlichen Autoboom gegeben. Die Folge: Tausende Tageszulassungen verstopfen als „junge Gebrauchte“ den Neuwagenmarkt. Auf der anderen Seite warten Neuwagen auf ihre WLTP-Zulassung. Bilder vom mit VW-Modellen vollgeparkten Berliner Flughafen BER gingen durch die Medien. Volkswagen hatte das Gelände zwischenzeitlich angemietet. Insgesamt ist den deutschen die Lust auf Neuwagen vergangen. Im vergangenen Jahr sank die Zahl der Neuzulassungen um 0,2 Prozent auf 3,44 Millionen. Das ist der erste Rückgang seit fünf Jahren. Ein starkes erstes Halbjahr hat verhindert, dass die Bilanz noch desaströser ausfällt. Für das noch junge Jahr sieht es nicht gut aus. Die Handelsstreitigkeiten zwischen der EU und den USA und den USA und China sind ebenso wie die Brexit-Sorgen in den Köpfen der Verbraucher angekommen. Das von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) gemessene Konsumklima hat zuletzt Schwäche gezeigt.
Die Zeiten haben sich geändert: Immer mehr Kunden verschieben die Neuanschaffung eines Autos. Foto: Colourbox.de
Doch nicht nur die Verbraucher halten sich zurück. Auch Firmen verschieben wegen der unklaren Konjunkturlage den Neuwagenkauf und behalten ihre Dienstwagenflotte länger als geplant. Als Folge hänge die Autoproduktion durch, erklärt Jürgen Pieper, Auto-Experte beim Bankhaus Metzler. „Die Produktion erholt sich wieder, wenn der chinesische Markt sich fängt.“ Pieper rechnet
Neue Leitung: Die SpardaBank-Filiale am Jürgensort nahe der Kamp-Promenade hat ein neues Gesicht: Die gelernte Bankkauffrau Brigitte Scheuer (57 Jahre) leitet seit Januar das Sparda-Team in Osnabrück mit 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ihr Vorgänger Joachim Feye hatte auf eigenen Wunsch schon im vergangenen Jahr eine neue Aufgabe in der Sparda-Bank übernommen. Nachfolger: Am 01.01.2019 hat Mark Hellmann die Position des CEO für das globale Partnernetzwerk der Hellmann Worldwide Logistics SE & CO. KG übernommen. Über das globale Netzwerk mit 106 Partnerunternehmen bietet das Osnabrücker Logistikunternehmen in 162 Ländern Dienstleistungen entlang der gesamten Lieferkette an. Mark Hellmann übernimmt die Nachfolge von Michael Claus, der das Netzwerk in den vergangenen 30 Jahren erfolgreich global auf- und ausgebaut hat und zum Ende des Jahres in den Ruhestand gegangen ist. Betriebsübergang: Holcim, einer der führenden Baustoffproduzenten in Deutschland, hat sich mit den Eigentümern der niedersächsischen Firma Alfons Greten Betonwerk GmbH & Co. KG geeinigt, den Betrieb der Betonfertigteilwerke sowie den des Transportbetonwerkes in Essen/Landkreis Cloppenburg zum 01.01.2019 auf Holcim bzw. dessen Tochterunternehmen Vetra Betonfertigteilwerke GmbH zu übertragen.
die Erwartungen. Anleger strafen die Überbringer der Nachrichten gnadenlos ab. Als beispielsweise der Zulieferer Leoni nach überraschend schwachen Jahreszahlen und einem flauen Ausblick die Dividende strich, verloren die Aktien auf einen Schlag ein Viertel ihres ursprünglichen Kurswerts. Die harten Reaktionen sind auch eine Folge hoher Erwartungen. „Die Zulieferaktien waren deutlich höher bewertet als die der Hersteller“, erklärt Jürgen Pieper. Wenn der WLTP-Standard erreicht ist und Chinas Autonachfrage wieder anziehen sollte, bleiben weitere Großbaustellen für die Hersteller. Der Dieselskandal und die Umstellung zur Elektromobilität gelten als die größten Baustellen. Den Schritt in Richtung Elektroantrieb dürften drastische Sparprogramme begleiten. Der Elektromotor ist simpler gestaltet als der Verbrenner. Es werden weniger Leute benötigt, ihn zu fertigen. Einigen kleinen Herstellern für den Massenmarkt sprechen Experten die Fähigkeit für einen Wandel ab. Ford habe nicht die kritische Größe dafür, hieß es in einer Studie. Die Amerikaner haben ein drastisches Sparprogramm angekündigt. Die Herausforderung soll eine Kooperation mit VW abmildern. Erst einmal arbeiten die beiden Konzerne bei Pick-ups und
Transportern zusammen. Später setzen VW und Ford auch auf Synergien bei der Elektromobilität. Eine weitere ungewöhnliche Allianz bilden BMW und Daimler. Die beiden Rivalen wollen beim autonomen Fahren zusammenarbeiten. Die Angst vor Google schweißt zusammen. „Die hohen Aufwendungen für gleich mehrere neue Technologien und der Druck von neuen Anbietern zwingen praktisch zu diesen Kooperationen“, sagt Jürgen Pieper. Der Dieselskandal hat dazu geführt, dass der Marktanteil der Selbstzünder stark gefallen ist. Im vierten Quartal lag er bei den Neuzulassungen in Europa nur noch bei einem Drittel, nach 41 Prozent. Die Autohersteller unternehmen vieles, um den Diesel wieder attraktiv dastehen zu lassen, mit durchaus überzeugenden Argumenten, findet Jürgen Pieper: „Er bietet doch objektive Vorzüge wie einen niedrigen CO2-Ausstoß und lange Lebensdauer.“ Das allein dürfte aber nicht ausreichen, um eine Renaissance für den Diesel auszulösen, entgegnet Peter Fuß. „Der Diesel wird es so lange schwer haben, wie potenzielle Käufer Fahrverbote fürchten müssen, die sogar für korrekt neu zugelassene Fahrzeuge verhängt werden“, so Fuß. „Sinkende Wiederverkaufswerte tun ein Übriges.“
Friwo AG dreht an den richtigen Knöpfen
Kurz notiert Berufung: Dr. Falco Paepenmüller übernimmt zum 01.04.2019 die Position des Chief Technology Officer (CTO) beim Maschinenbauer Windmöller & Hölscher in Lengerich. Die Position des CTO wird neu geschaffen. Paepenmüller übernimmt die Verantwortung für die drei Geschäftsbereiche Extrusion, Druck und Verarbeitung. Sein Nachfolger als Leiter des Geschäftsbereichs Extrusion wird Dr. Torsten Schmitz.
damit im zweiten Halbjahr dieses Jahres. Zum Jahresende 2018 war der Autoabsatz im Reich der Mitte eingeknickt. Für deutsche Hersteller ist China zum wichtigsten Absatzmarkt geworden. Sinkende Nachfrage trifft da besonders hart. Gleich doppelt betroffen von den Handelsstreitigkeiten ist Daimler. Die Stuttgarter bauen im US-amerikanischen Tuscaloosa Autos, die auch nach China exportiert werden. Auf diese Wagen würden Sonderzölle fällig; und dass die eventuell kommen, ist wieder wahrscheinlicher geworden. Nach ersten Sondierungsgesprächen hat US-Präsident Trump angekündigt, bis Ende März nicht mehr mit der chinesischen Regierung sprechen zu wollen. Dann jedoch laufen die Ultimaten aus, die sich beide Seiten gesetzt haben. Beschlossene – aber ausgesetzte – Sonderzölle könnten wirksam werden. Die schwache Autokonjunktur hat Spuren hinterlassen. Nicht nur Daimler präsentierte schwache Zahlen. Auch Fiat Chrysler und Ford enttäuschten und kappten ihre Prognosen für die zukünftige Geschäftsentwicklung. Dass die Zeiten schwierig werden, zeigen seit Januar auch die Zulieferer. Hella, Osram und der Roboterhersteller Kuka berichteten von sinkenden Umsätzen oder dämpften
Übernahme: Am 20.12.2018 hat das Delmenhorster Unternehmen Tönnjes den Anteil der Utsch AG und damit die Mehrheit an der Utsch Tönnjes International GmbH übernommen. Damit scheidet der Wettbewerber endgültig aus der Gesellschaft aus. Während Tönnjes in den letzten Jahren als Technologielieferant agiert hat, wird das Unternehmen jetzt zum Systemanbieter unter dem Namen Tönnjes International GmbH, der von der Kennzeichenproduktion bis zur Schaffung eines zentralen Zulassungsregisters, alle Bereiche der Fahrzeugregistrierung und -identifikation aus einer Hand bietet. Neuer Vorstand: Uwe Gräff wurde zum 01.01.2019 zum Vorstand Neue Technologien & Qualität bei der Harting Technologiegruppe in Espelkamp berufen. Er folgt damit Dr. Frank Brode, der zum selben Zeitpunkt in den Ruhestand ging. Laut dem Vorstandsvorsitzenden Philip Harting soll Gräff vor allem die Themen Digitalisierung und Industrie 4.0 weiter vorantreiben. Führungswechsel: Der Aufsichtsratsvorsitzende der Sievert AG, Prof. Dr. Hans-Wolf Sievert, legte sein seit 2006 geführtes Amt zum Ablauf des Jahres 2018 in jüngere Hände. Als seinen Nachfolger im Vorsitz des Aufsichtsrates hat die Gesellschafterversammlung Prof. Dr. Norbert Winkeljohann berufen, der seine neue Aufgabe seit dem 01.01.2019 wahrnimmt. Expansion: Bierhefe ist ein wertvoller Rohstoff: Die Leiber GmbH in Bramsche veredelt ihn für Anwendungen in der Lebensmittelherstellung, der Futtermittelproduktion, für den Gesundheitsbereich sowie die Biotechnologiebranche. Während eines Besuches von Landrat Dr. Michael Lübbersmann äußerte Geschäftsführer Michael von Laer Erweiterungsabsichten am Standort Bramsche.
Die Neschen AG hat die zündende Idee noch nicht gefunden VON JÜRGEN WALLENHORST OSTBEVERN/BÜCKEBURG. Die Friwo AG mit Sitz in Ostbevern/ Westfalen ist ein Hersteller von Netz- und Ladegeräten sowie LED-Treibern und Akkupads und seit 1977 börsennotiert. Seit November 2018 hat sich sein Kurs positiv entwickelt, obwohl er im Februar 2019 etwas geschwächelt hat. Im niedersächsischen Bückeburg befindet sich der Sitz der Neschen Coating GmbH, einem Hersteller für beschichtete Selbstklebe- und Digitaldruckmedien sowie deren Verarbeitungsmaschinen. Seine Kursentwicklung ist von starken Auf-und-Ab-Verläufen geprägt.
Bereits 1889 gegründet, durchlebte das Bückeburger Unternehmen wechselvolle Jahrzehnte. In den 1960erJahren richtete sich das Unternehmen zunehmend international aus. 1999 erfolgte der Börsengang der Neschen AG. Nach einer Expansion in den USA entwickelten sich die Geschäfte vielversprechend. Doch nach einem drastischen Umsatzrückgang in den Jahren 2008 bis 2013 wurde schließlich Anfang Juli 2015 ein Insolvenzverfahren eröffnet. Seit 2013 befindet sich die Neschen AG in einer Restrukturierungsphase. Zum 1. Dezember 2016 wurde der Geschäftsbetrieb von einer Tochtergesellschaft der Blue Cap AG, einer Münchener Beteiligungsgesellschaft, übernommen. Die Neschen-Gruppe habe sich innerhalb der Blue-Cap-Gruppe sehr gut entwickelt, so heißt es. Doch die Kursschwankungen der letzten Monate werfen ein anderes Licht auf das Unternehmen. Bislang haben die Maßnahmen noch nicht gefruchtet. Der Spezialist für moderne Selbstklebeprodukte und hochwertig beschichtete Medien für vielfältige Anwendungen im Bereich Grafische Medien
Friwo AG
Angaben in Euro 26,0 25,0 24,0 23,0 22,0 21,0 20,0 19,0 18,0
Nov.
Dezember
Januar
Neschen AG
Februar Angaben in Euro
0,018 0,016 0,014 0,012 0,010 0,008
0,004
Nov .
Dezember
& Laminatoren, Buchschutz und -reparatur und industrielle Beschichtungen tut sich schwer. Anders dagegen die Friwo AG. Schon vor einem Jahr konnten wir an gleicher Stelle eine positive Kursentwicklung vermelden, die sich aber im Laufe des Jahres umkehrte und den Spezialisten für hochwertige Stromversorgungs- und Ladegeräte auf einen Sinkflug schickte. Heute lässt sich wiederum konstatieren, dass Friwo seine Hausaufgaben gemacht hat und mit der Übernahme eines Herstellers für individuell anpassbare Steuerungssoftware im Dezember 2018 die Herzen der Anleger
Januar
Februar
schneller schlagen ließ. Laut Aussage des Unternehmensvorstandes habe man „eine Technologieperle“ übernommen, die Friwo auf den Weg von einem Produkt- zu einem Systemanbieter bringen werde. Jetzt könne man ein „einzigartiges Gesamtpaket aus Hard- und Software“ anbieten, das „digital steuerbare, exakt aufeinander abgestimmte Stromversorgungs- und Antriebslösungen aus einer Hand“ beinhalte. Das war natürlich Musik in den Ohren der Anleger, die den Kurs der Friwo-Aktie in den vergangenen Monaten in die Höhe trieb, auch wenn er im Februar 2019 etwas an Kraft verlor.
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„Pro Jahr kommen oft viele Tausend Euro zusammen“ Beiträge zur Berufsgenossenschaft: Viele Unternehmen erkennen die Möglichkeiten von Einsparungen und Optimierungen nicht VON MARCUS ALWES OSNABRÜCK. Zahlreiche Firmen
und Betriebe zahlen Beiträge zur Berufsgenossenschaft (BG), ohne deren Höhe regelmäßig zu hinterfragen, sagt Tim Stromberg. Dabei könnten die Unternehmen oft viel Geld sparen, wenn deren Verantwortliche oder beauftragte Steuerbüros etwas intensiver hinschauen würden, so der 30-jährige Berater.
„Ich sage immer wieder, die Leistungen der Berufsgenossenschaft sind hervorragend“, stellt Stromberg klar, „dass man die Beiträge für viele Firmen aber durchaus optimieren kann, ist ein anderes Thema.“ Und Letzterem widmet er sich seit mehreren Jahren. Das Angebot der BG Coaching GmbH in Osnabrück-Sutthausen – ganz nah an der A 30 gelegen – richte sich dabei vor allem an mittelständische Unternehmen und Handwerksbetriebe. Stromberg, der früher eigentlich Pilot werden wollte, hat die Beratungsagentur vor etwas mehr als einem Jahr neu aufgestellt. „Das Konzept ist ähnlich dem einer Steuerberatung, nur eben für das Thema Berufsgenossenschaft. Und BG Coaching arbeitet nach einem sehr einfachen Prinzip: Vergütung
Mit dem Gesetzbuch vertraut: Berater Tim Stromberg am Schreibtisch der BG Coaching GmbH im Stadtteil Sutthausen.
nur nach Erfolg“, erläutert der geschäftsführende Gesellschafter. Bei jedem dritten Unternehmen in der Region sieht Stromberg mit Blick auf die Berufsgenossenschaftsbeiträge unterdessen Einsparpotenzial. Seine Beratungserfahrung für rund 250 Kunden – unter anderem einem Einkaufsverbund deutscher Sanitärbetriebe – lässt ihn zu dieser Prognose kommen. „Die Möglichkeiten von
Einsparungen und Optimierungen werden vielfach nicht erkannt. Es ist einfach kein Thema, es wird in den Firmen nicht behandelt. Ich höre nur äußerst selten, dass ein Unternehmen seine Abgaben an die Berufsgenossenschaft des Öfteren überprüfen lässt.“ Ein Beispiel hebt Stromberg immer gerne heraus. Das des Dachdeckers, der im Gegensatz zu früher nicht mehr selbst auf dem Dach-
Foto: Marcus Alwes
stuhl beziehungsweise auf der Baustelle zupackt, sondern sich inzwischen – weil er auf der Karriereleiter vorangekommen ist oder sein Betrieb im Laufe der Jahre stark gewachsen ist – als erfahrene Kraft immer mehr um planerische Verwaltungsaufgaben im eigenen Büro zu kümmern hat. Diesen Mitarbeiter dann umgehend bei der BG in einer anderen, korrekten Gefahrenstufe anzumelden werde häufig
schlichtweg vergessen. Unternehmen lassen, so Stromberg, dadurch oft Geld liegen. „Vor allem im Handwerk und in mittelständischen Industrieunternehmen kommen pro Jahr oft viele Tausend Euro an BG-Beiträgen zusammen. Der Blick ins Detail kann sich da also durchaus lohnen.“ Doch nicht nur eine falsche Einordnung langjähriger Mitarbeiter aus Handwerksbetrieben könne zu hohen Abgaben an die Berufsgenossenschaft führen, erläutert Stromberg in einem Informationspapier. Bei einer Neuausrichtung oder Umstrukturierung eines Unternehmens fallen zahlreiche Arbeiten zusätzlich zum laufenden Geschäftsbetrieb an, heißt es dort wörtlich. Da könne es leicht passieren, dass mögliche Ummeldungen zur Berufsgenossenschaft nicht beachtet würden. „Überprüft werden sollten mehrere Fragen rund um die Beitragssituation“, betont Stromberg. Und zwar in allen Einzelfällen. „Haben die Mitarbeiter nach der Umstrukturierung noch die korrekte Veranlagung zu den Gefahrklassen? Wurden mögliche neue Lohnsummen pro Mitarbeiter korrekt zugeordnet? Hat sich die Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft geändert?“, fragt Stromberg. Dass sich BG-Beiträge veränderten, könne aber auch an der öffentlichen Hand liegen, wenn die-
se an einem Unternehmen nennenswerte Gesellschaftsanteile halte. Die Abgaben müssten dann nicht selten an andere Körperschaften, aber eben nicht an die Berufsgenossenschaft abgeführt werden. Teilweise sei dann auch nicht mehr die Lohnsumme die entscheidende Berechnungs- und Bezugsgröße, sondern die Zahl der Mitarbeiter in dem jeweiligen Betrieb. „Eine genaue Untersuchung der konkreten Beitragssituation ist dann immer sehr, sehr sinnvoll“, sagt Stromberg. Er selbst biete interessierten Unternehmen stets eine kostenlose Vorprüfung an, verdeutlicht er. „Für einen Fachmann lässt sich bereits aus wenigen Unterlagen viel erkennen“, so Stromberg. Und nicht erst wenn ein Beratungsvertrag abgeschlossen sei, suche er das betroffene Unternehmen persönlich auf. Die Zahl der Berater in seiner Branche habe in den zurückliegenden fünf Jahren übrigens etwas zugenommen, ergänzt der Geschäftsführer. „Anfangs gab es nur wenige, einige Rechtsanwälte waren darunter. Jetzt kommen weitere Berater dazu“, sagt Stromberg. Oft seien diese Spezialisten aber Einzelkämpfer. „Ich schätze, dass es momentan bundesweit zehn bis zwanzig ähnliche Angebote wie meines gibt.“
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GELD & GESCHÄFT
GELD & GESCHÄFT
„Produktionsunternehmen konzentrieren sich auf ihr Kerngeschäft“ Zahl der Beschäftigten im regionalen Dienstleistungssektor in fünf Jahren um 30000 Mitarbeiter gestiegen Produktivität — der Bruttowertschöpfung je Erwerbstätigem — des Sektors aus. Hier fällt Niedersachsen deutlich ab — und liegt mit 56 000 Euro im Bundesländer-Ranking nur auf Platz 10 und rund etwa acht Prozent unter dem Bundesschnitt. Dabei sind die Tätigkeiten ganz unterschiedlich. Denn statistisch gesehen werden unter anderem der Handel, die Bereiche Information und Kommunikation, Banken und Versicherungen sowie das Gesundheits- und Sozialwesen ebenso wie das Gastgewerbe und Erbringer sogenannter wirtschaftsnaher Dienstleistungen wie Personalvermittler, Callcenter-Mitarbeiter oder externe Wachdienste dem Dienstleistungssektor zugerechnet. Es ist diese Heterogenität, die die Dienstleistungsbranche in Niedersachsen und Deutschland ausmacht. Die IHK im Bezirk OsnabrückEmsland-Grafschaft Bentheim ist da etwas selektiver und lässt Handel und Gastronomie, die in ihren Branchen jeweils einen eigenen Branchenreport erhalten, aus der Statistik heraus. Somit liegt die Mitarbeiterzahl des Dienstleistungssektors in der Region für 2017 bei insgesamt 152 550 Mitarbeitern — aufgeteilt auf mehr als 18 000 Unternehmen. Das sind rund 30 000 Mitarbeiter mehr als noch vor fünf Jahren. Die Zahl der Industriearbeitsplätze ist indes laut einer IHKAnalyse in der Region weniger dynamisch gestiegen. Sie legte seit dem Jahr 2000 um lediglich 7000 Stellen zu. An der Bruttowertschöpfung der Region hat die In-
Industriearbeitgeber sehen eine Verlagerung durch Outsourcing. Liegt die Verdienstmöglichkeit zu niedrig? VON NINA KALLMEIER OSNABRÜCK. Vor 200 Jahren hat
die Dampfmaschine die Industrie revolutioniert und auf einen Siegeszug geschickt. Heute ist es der Dienstleistungssektor, der in Deutschland einen Anteil von rund 69 Prozent an der Bruttowertschöpfung hat. Etwas geringer, aber ähnlich liegt der Anteil in Niedersachsen. Besteht die Gefahr einer Deindustrialisierung?
Ob der Sicherheitsdienst am Flughafen, Beratungen, Gebäudereinigung oder IT-Service: Will ein Unternehmen eine Aufgabe nicht selbst übernehmen, kann das für ein anderes ein gutes Geschäft sein. Drei von vier Arbeitnehmern in Deutschland verdienen heute im Dienstleistungssektor ihr Geld. In Zahlen heißt das: Rund 33 Millionen der mehr als 44 Millionen Erwerbstätigen, insgesamt haben sie im Jahr 2017 43,2 Milliarden Arbeitsstunden geleistet. Das zeigen die Zahlen des Bundesamtes für Statistik. Eine ähnliche Aufteilung gibt es auch in Niedersachsen. Und die Landesregierung sieht durch neue Technologien die Entwicklung ganz neuer Dienste — und weitere Chancen für den Wirtschaftssektor. Dieses Wachstumspotenzial gelte es auszuschöpfen, heißt es beim Wirtschaftsministerium. Laut Dienstleistungsreport der Industrie- und Handelskammer Niedersachsen (IHKN) verdienen bereits heute drei Millionen Menschen ihren Lebensunterhalt in diesem Sektor. Damit liegt das Bundesland im Vergleich auf Rang 4, hinter Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg. Anders sieht es mit Blick auf die
Axel Busch
Selbst ein Dienstleister: Uwe Goebel ist Steuerberater und kennt den Dienstleistungssektor gut. Als IHK-Präsident vertritt er jedoch auch die Interessen von Industrie und Handel in der Region.
Im Gespräch mit IHK-Präsident Uwe Goebel dustrie der Analyse zufolge einen Anteil von 36,9 Prozent. Das war früher deutlich anders. 1950 zum Beispiel waren noch rund 43 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland im produzierenden Gewerbe beschäftigt, den Höchststand erreichte der Sektor mit knapp der Hälfte aller Beschäftigten im Jahr 1970. Für Axel Busch, Hauptgeschäftsführer des Industrie Arbeitgeberverbands (IAV) Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim und Geschäftsführer der Niedersachsen-MetallBezirksgruppe für die Region, gibt es für die Sektorenverschiebung hin zu mehr Dienstleistung mehrere Ursachen. „Einerseits gibt es Produktionsverlagerungen ins Ausland, die teils markt-, teils kostengetrieben sind. Wir dürfen nicht unterschätzen, wie hart der internationale Standortwettbewerb ist.“ Entsprechend sinkt die Zahl der Industriearbeitnehmer in der Region. Für die Unternehmen der Branche werde es laut Busch auch schwieriger, sich im Standortwettbewerb zu behaupten — und es gelinge nicht immer. „Aus Arbeitgebersicht muss die Politik in diesem Zusammenhang aufpas-
Foto: IAV
Beschäftigung im Dienstleistungssektor steigt Betriebe
Beschäftigte 46 631
46 344 42 839
40 428
34658
33 376
16736 13794
4387
2012
4283
2017
Stadt Osnabrück
6559
6150
5941
5514 2487
2012
2017
Landkreis Osnabrück
2012
Foto: Jörn Martens
„Wir sind schon eine Dienstleistungsgesellschaft“
2017
Landkreis Emsland
2012
2342 2017
Grafschaft Bentheim
Quelle: IHK Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim · Grafik: Matthias Michel
sen, dass die Rahmenbedingungen für industrielle Produktion in Deutschland attraktiv bleiben, ganz besonders auch in der Energie- und Infrastrukturpolitik, Stichwort Digitalisierung. Und auch die Tarifpartner müssen die Wettbewerbsfähigkeit im Blick haben.“ Dass das verarbeitende Gewerbe schwächelt, lässt sich laut Institut der Deutschen Wirtschaft (IdW) anhand der Zahlen allerdings noch nicht ableiten. „Im Gegensatz zu den meisten anderen hoch entwickelten Ländern ist die herausragende Stellung der deutschen Industrie seit 1993 nahezu unverändert erhalten geblieben“, so das IdW und verweist auf einen internationalen Vergleich: Während das verarbeitende Gewerbe in Deutschland 2017 rund 23 Prozent zur gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung beigetragen habe — ein Niveau, das auch zehn Jahre zuvor erreicht wurde —, liege der EU-Durchschnitt mit 16,4 Prozent deutlich niedriger. Beim französischen Nachbarn sind es sogar nur 11,4, in Schweden 15,4 Prozent. Dass die Bundesregierung in ihrem Ziel, in den kommenden Jahren den Industrieanteil auf 25 Prozent zu steigern, erfolgreich sein wird, hält das IdW allerdings für ambitioniert und begründet: Eine wesentliche Triebfeder der bislang guten Entwicklung sei das Exportwachstum im Bereich der Investitionsgüter gewesen. Unter anderem sei Deutschland zum gefragten Ausrüster chinesischer und osteuropäischer Fabriken geworden. Mit einem deutlich langsameren Wachstum in China und auch dort einer Entwicklung zur Dienstleistungsgesellschaft entfällt dieser Wachstumstreiber. Für Busch gibt es einen weiteren Grund für den Aufstieg des Dienstleistungssektors, der 2017 laut Statistischem Bundesamt bundesweit einen Anteil von 68,7 Prozent an der Bruttowertschöpfung hatte. 1991 waren es noch 61,9 Prozent,
VON NINA KALLMEIER OSNABRÜCK. Dienstleistung boomt
— und das nicht nur mit Blick auf die IT-Branche. Der Strukturwandel ist auch in der Region Osnabrück, im Emsland und der Grafschaft Bentheim angekommen. Ein Gespräch mit IHK-Präsident Uwe Goebel über Konsequenzen, Chancen und Deindustrialisierung.
Illustration: Colourbox.de
Dienstleistungssektor umfasst bunte Vielfalt an Branchen.
auf der Höhe der Finanzkrise 2009 erreichte der Wirtschaftssektor seinen bisherigen Rekordwert von 71,5 Prozent. „Wir beobachten eine Verlagerung von Aufgaben durch Outsourcing. Produktionsunternehmen konzentrieren sich auf ihr Kerngeschäft und vergeben Randthemen nach außen.“ So würden Aufträge
„Die Industrie wird in Deutschland und auch in unserer Region weiter eine wichtige Rolle spielen.“ IAV-Hauptgeschäftsführer Axel Busch
in den Dienstleistungsbereich wandern, der dadurch prozentual an Bedeutung gewinne. „Letztlich ist es effiziente Arbeitsteilung, wenn der Logistiker die Logistik übernimmt und der IT-Dienstleister die IT“, so Busch. Die Gefahr einer Deindustrialisierung sieht der IAV-Hauptgeschäftsführer indes nicht. „Die Industrie wird in Deutschland und auch in unserer Region weiter eine wichtige Rolle spielen. Angesichts der vielen mittelständischen Unternehmen befürchten wir keine grundsätzliche Deindustrialisierung.“ Jeder Dienstleister brauche Auftraggeber. „Es geht für morgen weniger um ,entweder Industrie oder Dienstleistung‘ , sondern um die Frage, wie gut die Zusammenarbeit beider Bereiche funktioniert. Nur dann können wir in allen Branchen Produkte und Fertigungsprozesse kreativ weiterentwickeln und erfolgreich am Markt bleiben“, ist Busch überzeugt. Und auch der private Konsum sorgt dafür, dass der Dienstleistungssektor weiter boomt. So gaben private Haushalte 2017 allein für den Bereich Verkehr und Nachrichtenübermittlung laut Statistik-Portal Statista rund 287,9 Milliarden Euro aus. Allerdings verdienen Beschäftigte im Dienstleistungsbereich im Durchschnitt deutlich weniger als ihre Kollegen im produzierenden Gewerbe. Ihre durchschnittlichen Bruttolöhne und -gehälter liegen mit 26 928 Euro nur knapp halb so hoch wie die ihrer Kollegen, die im
Durchschnitt 41 652 Euro erhalten. Unter den wirtschaftsnahen Dienstleistungen liegen allein die Verdienstmöglichkeiten bei den Finanz- und Versicherungsdienstleistern laut IHKN-Dienstleistungsreport mit durchschnittlich 47 550 Euro sowie bei der Information und Kommunikation (45 824 Euro) über denen des produzierenden Gewerbes. Gegen dieses Ungleichgewicht haben auch die jüngsten Tarifabschlüsse, unter anderem beim Wachpersonal an den Flughäfen, wenig Einfluss. Die Bruttolöhne und -gehälter der niedersächsischen Dienstleister sind der IHKNAnalyse zufolge seit 2007 im Schnitt um 2,6 Prozent pro Jahr gestiegen; im produzierenden Gewerbe lag die Steigerung mit 2,4 Prozent nur unwesentlich niedriger.
Der Wandel offensichtlich: Die Zahl der Dienstleistungsunternehmen nimmt zu, die der Industrieunternehmen nimmt ab. Welche Konsequenz hat das aus Ihrer Sicht? Entscheidend ist nicht die Zahl der Unternehmen, sondern die Beschäftigung in den Sektoren. Hier ist es in der Tat so, dass diese im Bereich der Dienstleistungen schneller steigt als in der Industrie Eine Konsequenz ist, dass sich auch die Ausbildungsberufe daran anpassen. Das haben wir zum Beispiel mit dem „Kaufmann im E-Commerce“ gesehen, der der Entwicklung zum Onlinehandel Rechnung trägt. Ein Handelsunternehmen würde sich heute nicht mehr schlicht als Händler, sondern ebenfalls als Dienstleister bezeichnen. Als Dienstleister am Kunden. Alles ist eng miteinander verzahnt.
Doch wie geht es weiter im Bereich Dienstleistung? Die Gewerkschaft Verdi fordert mehr Wertschätzung, denn ohne Dienstleistung würde vieles — vom öffentlichen Nahverkehr bis zur Wasserversorgung — nicht funktionieren. Im Zuge der Dienstleistungstagung appellierte VerdiChef Frank Bsirske kürzlich, die technologischen Entwicklungen zu nutzen, „um qualitativ hochwertige, für alle zugängliche und verlässliche Dienstleistungen mit guter Arbeit zu schaffen“. Dafür bräuchte es allerdings wieder mehr öffentliche Verantwortung. „Denn so wenig wie der Markt von alleine Dienstleistungen für das Gemeinwohl hervorbringt, so wenig führt er automatisch zu technologischen und sozialen Innovationen für gute Dienstleistungen und gute Arbeit“, so Bsirske.
DEFINITION
Der Dienstleistungssektor Der Begriff Dienstleistung ist ein weites Feld. Im Dienstleistungssektor zusammengefasst ist unter anderem das Gastgewerbe, Banken und Versicherungen, die Bereiche Information und Kommunikation ebenso wie unternehmensnahe Dienstleistungen, das Gesundheits- und Sozialwesen und das
Grundstücks- und Wohnungswesen. Die Beschäftigten dieser Branchen leiteten laut Statistik-Portal Statista im Jahr 2017 rund 43,2 Milliarden Arbeitsstunden. Von insgesamt rund 33 Millionen Erwerbstätigen im Dienstleistungsbereich arbeiteten demnach im Jahr 2017 rund 18 Prozent im Be-
reich ,Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kfz‘, über 16 Prozent im ‚Gesundheitsund Sozialwesen‘ und 9 Prozent in der ‚öffentlichen Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung‘. Schaut man auf die Zahl der Ausbildungsverträge, liegt der Handel mit insgesamt rund 152 500 und
70 900 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen vorne. Der durchschnittliche Bruttojahresverdienst von Vollzeit-Arbeitnehmern liegt laut IHKNAnalyse bei knapp 30 000 Euro. Höher liegt es unter anderem im Bereich IT und Kommunition oder im Finanz- und Versicherungsbereich. nika
Entwickeln wir uns dennoch zu einer Dienstleistungsgesellschaft? Wir sind bereits eine Dienstleistungsgesellschaft und trotzdem stolz auf unsere starke Industrie.
Welche Bedeutung hat der Strukturwandel für den Arbeitsplatz „Industrie“? Strukturwandel wird zum einen durch die Politik ausgelöst, die Energiewende ist ein aktuelles Beispiel. Strukturwandel kommt aber auch aus dem technischen Fortschritt: Durch Spezialisierung entstehen Dienstleister, die das tun, wozu einem anderen Unternehmen möglicherweise die Kompetenz fehlt. Die Statistik bildet diesen Wandel der Arbeitswelt nicht vollständig ab. Im
Sinne dieser Dienstleistungsgesellschaft beinhalten auch Industriearbeitsplätze Dienstleistungen, wie umgekehrt die meisten Dienstleistungsarbeitsplätze ohne die Industrie als Kunden nicht existieren würden. Inwieweit kommt das Wirtschaftswachstum zunehmend auch in der Industrie aus dem Bereich Dienstleistung – wie Serviceleistungen? Schwer zu sagen, woher das Wachstum kommt. Im E-Commerce sorgen Unternehmen für Wachstum, die häufig überhaupt keine eigene Maschine, kein Anlagevermögen besitzen. Die Beispiele sind bekannt: Airbnb hat keine Wohnungen, Uber keine Autos, und wer die Cloud von darauf spezialisierten IT-Unternehmen nutzt, zahlt in der Regel nur für die Nutzung. Und trotzdem stimmt es: Die Industrie ist selbst ein Wachstumsmotor. Sie sichert tendenziell überdurchschnittliche Einkommen, die Unternehmen sorgen für Innovationen und internationalisieren sich erfolgreich. Unsere Region ist dabei sogar noch etwas besser unterwegs als Niedersachsen oder Deutschland insgesamt. Das Plus von über 2000 neuen Arbeitsplätzen in den Industriebetrieben unserer Region allein im vergangenen Jahr ist dafür der beste Beleg.
technisch Machbare hinauszuschießen. Unter dem Strich haben wir heute in der Region fast 10 000 mehr Industriearbeitsplätze als noch vor zehn Jahren. Industrie sichert Wertschöpfung dabei auch in anderen Bereichen. Wir wissen aus einem Gutachten für unseren IHK-Bezirk: Für jede Einheit eigener Wertschöpfung erwirtschaftet das verarbeitende Gewerbe nochmals 50 Cent zusätzlicher Wertschöpfung im Produktionsverbund mit anderen. Eine holprige Energiewende oder hohe steuerliche Belastungen sind dagegen gerade für unsere Industrie echte Standortnachteile im internationalen Wettbewerb.
Welche Branchen sehen Sie hier besonders anfällig? Alle Branchen sind vom Strukturwandel betroffen – allein schon deshalb, weil sich Globalisierung und Digitalisierung auf alle Wirtschaftsbereiche auswirken. Das, was wir in der Industrie „4.0“ nennen, begegnet uns im Handel als „E-Commerce“.
Dienstleistung ist ein weites Feld, in welchen Bereichen sehen Sie die größten Chancen für die Zukunft? Auch im Bereich der Dienstleistungen wird die Digitalisierung ein wichtiger Innovationstreiber sein. Notwendig ist dafür allerdings eine digitalisierte staatliche Verwaltung. Finanzverwaltung, Sozialversicherungsbehörden und Planungsbehörden arbeiten häufig noch mit Brief und Ordner. Mit der Entsenderichtlinie wird aktuell sogar noch neuer Papierkram geschaffen. Der Staat muss sich einer digitalen Zusammenarbeit mit der Wirtschaft öffnen, flexibler und schneller werden. Die Digitalisierung wird dann am Ende zu mehr Beschäftigung führen, mit ihr werden wir natürliche Ressourcen sparsamer nutzen, nachhaltiger arbeiten und international noch enger verzahnt sein als heute. Mir ist wichtig, dass unsere Region in diesem digitalen Wandel eine wichtige Adresse bleibt.
Besteht die Gefahr einer Deindustrialisierung? Diese These ist alt, ich beantworte sie aber mit Optimismus: Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die Transformation unserer Wirtschaft meistern werden. Wir dürfen nur nicht den Fehler machen, mit politischen Vorgaben über das
Sehen Sie für den Strukturwandel eine natürliche Grenze? Strukturwandel endet nie. Für mich gibt es da keine logischen Grenzen. Dank unserer sehr guten Ausbildung sind wir in der Lage, den Strukturwandel zu nutzen und zu gestalten.
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DONNERSTAG, 28. FEBRUAR 2019
GELD & GESCHÄFT
Start-up-Finanzierung mit Stolpersteinen Zuschüsse, Business Angels, Stiftungen: Junge technologiegetriebene Firmen kommen auf verschiedenen Wegen an Geld Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ist die weltweit größte nationale Förderbank.Sie finanziert Gründer mit dem sogenannten Startgeld.Es werden jedoch vor allem klassische Gründungsvorhaben unterstützt.
VON MANUEL GLASFORT OSNABRÜCK Um ein Unternehmen
zu gründen, braucht es Kapital. Das gilt auch für technologiegetriebene Start-up-Firmen. Sie stehen beim Thema Finanzierung besonderen Schwierigkeiten gegenüber, denn die Banken scheuen das Risiko. Zum Glück lassen sich innovative Produkte auch auf anderen Wegen finanzieren.
Wer sich mit Jacob Bussmann unterhält, bekommt eine Ahnung davon, wie schwierig das Thema Finanzierung für junge, technologiegetriebene Unternehmen sein kann. „Die Banken gehen das Risiko nicht ein, Start-ups in einer frühen Phase Geld zu geben. Kredite gibt es frühestens dann, wenn das Start-up Umsätze macht oder wenn der Geschäftsplan so klar ist, dass die Banken wirklich verstehen, was das Unternehmen vorhat. Gerade bei echten Innovationen ist so ein detaillierter Plan in der Anfangsphase aber oftmals gar nicht möglich.“ Bussmann weiß, wovon er spricht. Zusammen mit dem Agrarwissenschaftler Jan Ritter hat der Forstwissenschaftler das Start-up Seedforward gegründet. Gemeinsam arbeiten die beiden jungen Männer an biologischen Alternativen zu konventionellen Pflanzenschutzmitteln wie Glyphosat. Dabei sollen Ihre Produkte nicht nur die Pflanzen schützen und das Wachstum fördern, sondern
gleichzeitig auch noch den Boden verbesser. Außerdem unterstützen die Gründer Agrartechnikfirmen und Landwirte bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und Anbauverfahren. Daran arbeiten sie im sogenannten Seedhouse, einer Art Brutkasten für Start-ups in Osnabrück. Seedforward ist eines von mehreren Start-ups, die für einige Monate dort einziehen. Das Problem für Start-ups: Anders als bei gewöhnlichen Gründungsvorhaben ist der Weg zum klassischen Bankkredit großteils versperrt. Wer einen Friseursalon oder einen Handelsbetrieb gründen möchte, der kann beispielsweise auf Kredite der staatlichen Förderbank KfW zurückgreifen, wie Enno Kähler erläutert, Gründungsberater der Industrie- und Handelskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim (IHK). „Es gibt ein Förderprogramm von der KfW, das sogenannte Startgeld. Das ist ein Produkt, das man relativ häufig empfehlen kann. Es umfasst Kredite von bis zu 100 000 Euro und deckt damit fast alles ab, was in letzter Zeit an Gründungsideen an uns herangetragen wird.“ Es sind allerdings vor allem klassische Gründungsvorhaben, mit denen Kähler konfrontiert wird. Die Vorzüge des KfW-Startkapitals liegen vor allem in einer weitgehenden Haftungsfreistellung für die Hausbank des Gründers, wie KfWSprecher Wolfram Schweickhardt erklärt: „Das KfW-Startgeld ist für diejenigen Gründer, die einen klei-
nen bis mittleren Finanzierungsbedarf haben. Damit die Hausbanken das durchleiten, gibt es diese Haftungsfreistellung bis zu 80 Prozent. Mit der Risikoabnahme durch die KfW erleichtern wir den Banken die Zusage eines solchen Kredites. Denn sie müssen dann nur 20 Prozent des Risikos auf die eigenen Bücher nehmen.“ Allein in Niedersachsen hat die KfW im vergangenen Jahr 1583 Kredite für Gründungsvorhaben im Volumen von 324 Millionen Euro vergeben. Für technologiegetriebene Startups wie Seedforward sind die Kredite allerdings nicht das richtige Instrument, wie KfW-Sprecher Schweickhardt deutlich macht. „Solche Unternehmen brauchen statt Fremdkapital eher Eigenkapital. Die holen sich Investoren an Bord, die sogenanntes Wagniskapital bereitstellen. Da gehen die Investoren hin und investieren breit gestreut in etwa zehn Jungunternehmen in der Hoffnung, dass ein, zwei groß werden.“ Auch hier mischt der Staat in Gestalt der KfW seit Neuestem mit, um den Markt für Wagniskapital, auch Venture Capital genannt, zu stärken. Dieser ist in Deutschland derzeit noch vergleichsweise klein – zuletzt allerdings stark gewachsen. Nach Angaben des Bundesverbands deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) vergaben private Investoren im Jahr 2010 noch 706 Millionen Euro an Wagniskapital, inzwischen wurde die Milliardenmarke ge-
Die kleinen blauen Kügelchen, die Seedforward entwickelt hat, sollen Pflanzen schützen und Wachstum fördern und gleichzeitig den Boden verbessern.Eine Finanzierung zu bekommen,war für die Gründer nicht einfach. Foto: David Ebener
knackt. Allerdings machte das Wagniskapital 2017 mit 1,05 Milliarden Euro nur einen Bruchteil von insgesamt 11,3 Milliarden Euro aus, die private Beteiligungsgesellschaften in Unternehmen investierten. Um den Markt weiter anzukurbeln, hat die KfW im vergangenen Herbst ihre Beteiligungstochter KfW Capital gegründet. Diese Tochter beteiligt sich Schweickhardt zufolge mit 20 bis 25 Prozent an privaten Venture-Capital-Fonds, die sich wiederum in Start-ups einkaufen. „Unsere Beteiligung wird oft als eine Art Qualitätssiegel gesehen und sendet ein Signal an private internationale Investoren“, sagt Schweickhardt. Auch die niedersächsische Förderbank NBank hat ein Beteiligungsprogramm aufgelegt namens NSeed, das Start-ups dabei helfen soll, Kapitalengpässe zu überwinden. Mit 150 000 bis 600 000 Euro beteiligt sich NSeed als stiller Gesellschafter an jungen, technologiegetriebenen Unternehmen. „Die unternehmerische Führung überlassen wir den Gründern“, betont Georg Henze, Teamleiter Beteiligungen bei der NBank. „Wir sind aber dicht an dem Gründerteam dran und stehen beratend zur Seite, solange wir die Anteile halten.“ Schließlich habe man keine Sicherheiten. Elf Startups nehmen an dem Programm teil, die meisten davon in und um Hannover, Göttingen und Braunschweig. Doch auch in Osnabrück und Oldenburg sei man präsent. Namen nennt Henze nicht. Ebenso wie KfW Capital ist NSeed immer um private Co-Finanzierer bemüht. 3,3 Millionen Euro hat NSeed laut Henze im vergangenen Jahr in niedersächsische Start-ups investiert und dazu noch 2,9 Millionen aus der Privatwirtschaft eingeworben. Die Kooperation zwischen privaten und öffentlichen Investoren ist charakteristisch für die Start-upSzene. Auch das Seedhouse in Osnabrück finanziert sich aus öffentlichen Fördermitteln und Geldern der regionalen Privatwirtschaft. Florian Stöhr ist Geschäftsführer der Beteiligungsgesellschaft, die von 28 Unternehmen aus der Region mit dem Ziel der Start-up-Förderung gegründet wurde. Stöhr betont, dass die Start-ups keine Anteile an die Beteiligungsgesellschaft verkaufen müssten, um in das Seedhouse einzuziehen.
Bei der Suche nach Investoren rät er den Gründern, genau hinzusehen. „Der erste Kandidat ist nicht immer gleich der Richtige. Man muss sich immer überlegen: Passt der strategisch zu uns? Gibt es eine Vertrauensbasis? Man darf nicht nur darauf schauen, wer wie viel Geld für wie viele Anteile gibt.“ Stöhr ergänzt: „Wenn man mit Investoren zu tun hat, sind immer auch Trolle dabei.“ Auch Seedforward-Gründer Bussmann und Ritter haben durchwachsene Erfahrungen mit Geldgebern gesammelt. Nachdem sie die Frühphase ihres Start-ups mit dem Exist-Gründerstipendium finanziert hatten, erzählt Bussmann, „hatten wir keine Anschlussfinanzierung, weil noch nicht klar zu definieren war, wie sich das Ganze entwickelt.“ Es habe die Zusage einer Stiftung gegeben, doch das Geld sei nicht gekommen. Dann habe es einen strategischen Investor gegeben. „Das war eine Beratungsfirma, die 500 000 Euro als Wechseldarlehen investieren wollte. Aber sie haben ihr Wort gebrochen und uns einfach fallengelassen“, erzählt Bussmann. „Die haben einfach von heute auf morgen nicht mehr kommuniziert.“ Bussmanns und Ritters Suche nach einem Investor fand letztlich
„Es ist mehr als nur ‚dummes Geld‘, die bringen auch ihre Kompetenz oder sogar Leidenschaft mit ein.“ Geschäftsführer Jacob Bussmann
Foto: dpa/Frank Rumpenhorst
doch noch ein glückliches Ende. Ein sogenannter Impact Investor war von ihrer Geschäftsidee angetan. Darunter versteht man Investoren, bei denen nicht allein die Rendite im Vordergrund steht, sondern auch soziale und ökologische Ziele eine Rolle spielen. Ein Ehepaar aus der Automobilbranche stieg in Bussmanns und Ritters junge Firma ein. „Sie wollten eigentlich eine Stiftung gründen, haben sich dann aber entschieden, in Nachhaltigkeit zu investieren“, berichtet Bussmann. Das Ehepaar habe sich an acht Start-ups jeweils mit 200 000 Euro und mehr beteiligt. „Wir haben bisher 12,5 Prozent der Anteile abgegeben. Bei den beiden haben wir auch ein gutes Gefühl, die wollen sich langfristig engagieren“, sagt Bussmann. Bei dem Ehepaar handelt es sich um sogenannte Business Angels, die sich an Unternehmen beteiligen und zugleich Existenzgründer mit Know-how und Kontakten unterstützen. „Es ist mehr als nur ‚dummes Geld‘ , die bringen auch ihre Kompetenz oder sogar Leidenschaft mit ein“, sagt Bussmann. Der Kontakt kam über das Business Angels Netzwerk Deutschland (BAND) zustande. Die Finanzierung von Seedforward speist sich aber aus mehreren Quellen. Nach Bussmanns Angaben fördern zwei Stiftungen das junge Unternehmen mit Zuschüssen, außerdem habe man fleißig Förderanträge geschrieben und so öffentliche Zuschüsse einwerben können. Wie geht es jetzt weiter für das junge Unternehmen? Weitere Investoren an Bord zu holen und damit die eigenen Anteile zu verwässern, das wollen Bussmann und Ritter nicht. Im Gegenteil: Auch wenn es mit ihrem Impact Investor gut läuft, wollen sie ihn auf lange Sicht wieder herauskaufen. Es sei eben ein Gefühl von Einschränkung, „wenn ich jemanden mit im Boot sitzen habe“, sagt Bussmann. Statt weitere Miteigentümer an Bord zu holen, werden Bussmann und Ritter vermutlich den Gang zur Bank antreten. „Wenn die Umsätze stimmen, bekommst du einen Kredit zu brauchbaren Konditionen“, sagt Ritter. Während Banken für andere Gründer die erste Anlaufstelle in Finanzierungsfragen sind, sind sie für technologiegetriebene Start-ups oftmals die vorerst letzte.
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DONNERSTAG, 28. FEBRUAR 2019
GELD & GESCHÄFT
„Auch wir Auszubildenden leisten einen Beitrag“ Physiotherapeuten, Logopäden & Co. werden seit Januar erstmals in der Ausbildung entlohnt — Krankenkassen kritisieren Vereinbarung VON ANDRÉ POTTEBAUM MEPPEN/OSNABRÜCK/QUAKENBRÜCK. Arbeiten, ohne bezahlt zu werden: Für angehende Physiotherapeuten oder Logopäden gehörte diese Praxis lange zum Arbeitsalltag. Seit dem 1. Januar erhalten Auszubildende nun erstmals eine monatliche Vergütung. Was sagen Azubis aus der Region dazu, und wie bewerten Unternehmen die Entscheidung?
Für die meisten Arbeitnehmer mag es kaum vorstellbar sein – Arbeiten, ohne bezahlt zu werden. Wer steht schon gerne hinter der Kasse, bedient Kunden beim Bäcker oder versorgt Patienten im Krankenhaus, ohne einen Cent dafür zu bekommen. Doch für Auszubildende im sogenannten betrieblich-schulischen Bereich gehörte das jahrelang zum Alltag. Einer von ihnen ist Robert Tornow, der am Christlichen Krankenhaus in Quakenbrück zum Diätassistenten ausgebildet wird. Bislang hielt er sich mit Nebenjobs, Erspartem und durch die Unterstützung der Eltern über Wasser. Entsprechend groß ist die Freude über die jetzige Entscheidung, denn: „Auch wir Auszubildenden leisten einen Beitrag zum Gesundheitssystem. Dafür endlich eine Vergütung zu bekommen ist schon schön“, so der 29-Jährige. Die finanzielle Belastung durch die eigene Wohnung und das tägliche Pendeln ins Artland mache ihm zu schaffen. Und es ist ja nicht nur so, dass er als Azubi keine Vergütung bekommt. Er muss auch ein monatliches Schulgeld zahlen, das in Quakenbrück mit 55 Euro noch moderat ausfällt, so Tornow. Seit Anfang des Jahres bekommen angehende Diätassistenten wie der Quakenbrücker, Logopäden, Ergotherapeuten, Medizinisch-Technische Assistenten, Physiotherapeuten und Orthoptisten an kommunalen Krankenhäusern und Unikliniken nun erstmals eine Ausbildungsvergütung. Auch Notfallsanitäter, die sich in einer Ausbildung befinden, sind zum Teil von der Vereinbarung betroffen. Die Auszubildenden erhalten 965 Euro im ersten, 1025 Euro im zweiten und 1122 Euro im dritten Lehrjahr. Darauf verständigten sich die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sowie die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und die Tarifgemeinschaften der Länder. Mit der Entscheidung soll die Arbeit der Azubis honoriert und ein Anreiz geschaffen werden, junge Menschen für die Pflege zu begeistern, hieß es nach der Einigung vonseiten Verdis. Sylvia Bühler, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft, bewertete die Entscheidung angesichts des Pflegenotstandes als Erfolg. Überstunden, Zeitdruck, kurzfristiges Einspringen und Zeitmangel der Ausbilder seien in vielen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen tägliche Realität. „Entscheidend ist, dass Auszubildende nicht nur gewonnen, sondern durch attraktive Bedingungen und eine faire Bezahlung im Beruf gehalten werden“, sagte Bühler. „Auszubildende dürfen nicht als billige Arbeitskräfte missbraucht werden. Gute Ausbildung braucht Zeit, eine nachhaltige Stärkung der Praxisanleitung und zusätzliches, gut qualifiziertes Personal.“
Bislang haben sich die beiden Azubis Robert Tornow und Sophie Sievering mit Nebenjobs ihren Lebensunterhalt finanziert.Künftig sollen die beiden angehenden Diätassistenten eine Ausbildungsvergütung bekommen. Foto: Nina Strakeljahn
Angesichts des Fachkräftemangels in der Pflege, vor allem bei der Versorgung älterer Menschen, sei die Entscheidung ein wichtiges Signal. Denn aufgrund der demografischen Entwicklung gehen Experten von etwa 130 000 zusätzlich benötigten Pflegekräften bis 2035 aus. Bis die Auszubildenden in Quakenbrück jedoch tatsächlich ihren Lohn erhalten, dürfte es noch einige Monate dauern. Da sich das Krankenhaus, in dem Robert Tornow seine Ausbildung macht, in kirchlicher Trägerschaft befin-
„In der Vergangenheit haben uns Schüler immer wieder abgesagt, weil sie sich die Ausbildung nicht leisten konnten.“ Ulrich Bolles, Leiter Diätfachschule
det, gilt der Tarifabschluss für ihn nicht, wenngleich die Vereinbarung auch hier umgesetzt werden soll. So werde derzeit darüber verhandelt, wer für die Kosten aufkommt, erklärt Ulrich Bolles, Leiter der Diätfachschule. Der Ausbildungsleiter begrüßt die Entscheidung, auf die sich die Gewerkschaft Verdi mit den Verbänden geeinigt hat. „Für uns kam die Entscheidung sehr überraschend. Sie ist sehr positiv, da Fachkräfte im medizinischen Bereich wichtig sind. In der Vergangenheit haben uns Schüler immer wieder abgesagt oder ihre Ausbildung abgebrochen, weil sie sich die Ausbildung einfach nicht leisten konnten.“ Für kleinere und mittlere Betriebe durchaus ein Problem, da sie auf Auszubildende angewiesen sind, die sich bislang bewusst für eine Lehre entschieden haben, auch ohne dafür eine Vergütung zu bekommen. Dass es für Unternehmen jedoch immer schwieriger wird, geeignetes Personal und vor allem Auszubildende zu finden, belegt eine Studie des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP), die Anfang des Jahres veröffentlicht wurde. Demnach zeigen Jugendliche immer weniger Interesse an einem Job im Gesundheits- und Pflegebereich. Die Autoren befragten 1532 Schüler zwischen 14 und 18 Jahren. Lediglich sechs Prozent gaben an, dass sie es für sehr wahrscheinlich halten würden, später als Kranken-, Kinderkranken- oder Altenpfleger zu arbeiten. Besonders ernüchternd waren die Zahlen für die Pflege älterer Menschen. Nur 2,6 Prozent der Befragten konnten sich demnach vorstellen, sich beruflich um diese Gruppe der Pflegebedürftigen zu kümmern – auch, weil die Bedingungen wenig attraktiv seien. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP, sagte. „Es liegt auf der Hand, dass die Arbeitsbedingungen vielerorts dringend ver-
bessert werden müssen, um für die heutigen Arbeitskräfte attraktiv zu sein – und eben auch für die von morgen. Unsere Daten bestärken die Vermutung, dass das Ansehen der Altenpflege bei den meisten Schülern aktuell nicht gut ist.“ Hauptgründe, sich gegen eine Ausbildung in der Pflege zu entscheiden, seien für die Jugendlichen eine schlechte Bezahlung, volle Wochenenden und zu wenig Freizeit. In Quakenbrück zum Beispiel unterscheidet sich der Arbeitsalltag einiger Auszubildenden kaum von denen der Festangestellten. Im zweiten Lehrjahr absolvieren die angehenden Diätassistenten unter anderem ein Praktikum in der Großküche und kommen dabei auf eine Arbeitszeit von 37,5 Wochenstunden. „Dafür kein Gehalt zu bekommen ist sehr unbefriedigend, gerade wenn man die gleiche Arbeit leistet“, sagt So-
phie Sievering, Auszubildende im dritten Lehrjahr. Die 22-Jährige kellnerte mehrmals die Woche und am Wochenende, um sich etwas dazuzuverdienen und nicht nur von der finanziellen Unterstützung der Eltern abhängig zu sein. Die Aussicht auf eine Vergütung sei für sie auch ein „Zeichen der Wertschätzung“ und erleichtere die finanzielle Unabhängigkeit erheblich. Für die Krankenkassen, die für die Kosten aufkommen müssen, bedeutet die Tarifvereinbarung hingegen einen erheblichen finanziellen Aufwand. Oliver Giebel, Pressesprecher der AOK Niedersachsen, erklärte, dass die Krankenkassen landesweit mit Kosten im niedrigen zweistelligen Millionenbereich belastet werden würden. Er kritisierte, dass die Kosten nicht von den Ländern übernommen würden, die üblicherweise für die schulische Aus-
bildung aufkommen. Dennoch bewertete er die Ausbildungsvergütung als richtige Entscheidung, „weil sie für junge Menschen einen Anreiz schafft, diesen wichtigen Ausbildungsberuf zu erlernen“. Die Gewerkschaft Verdi zeigt sich bislang zufrieden mit der Umsetzung der Tarifvereinbarung, auch wenn sie erst nach und nach anlaufe, wie Gewerkschaftssekretär Mario Gembus erklärte. Demnach würden sich einige Unternehmen über die Vereinbarung hinwegsetzen, indem sie die Regelung nur für kommende Auszubildende anwenden wollen, nicht aber für diejenigen, die sich bereits in einer Ausbildung befinden. „Wir haben dennoch sehr positive Reaktionen von den Auszubildenden bekommen, die die Tarifvereinbarung als Erfolg bewerteten und sehr erleichtert sind“, so Gembus.
TARIFVEREINBARUNG IM ÜBERBLICK
Darauf haben die Azubis Anspruch Die monatliche Vergütung der Auszubildenden beträgt nun laut Tarifvertrag 965,24 Euro im ersten, 1025,30 Euro im zweiten und 1122,03 Euro im dritten Lehrjahr. Damit bekommen angehende Logopäden, Ergotherapeuten, MedizinischTechnische Assistenten, Physiotherapeuten, Diätassistenten, Orthoptisten sowie einige Notfallsanitäter fast so viel wie Krankenpfleger – einer der am besten bezahlten
Ausbildungsberufe. Sie haben außerdem Anspruch auf 30 Urlaubstage in kommunalen Krankenhäusern beziehungsweise 29 Urlaubstage an Unikliniken. Die wöchentliche Arbeitszeit variiert je nach Bundesland und Einrichtung zwischen 38,5 und 40 Stunden. Wer seine Ausbildung erfolg-
reich absolviert, bekommt anschließend eine einmalige Prämie in Höhe von 400 Euro; zudem steht den angehenden Fachkräften ei-
Foto: Colourbox.de
ne Sonderzahlung, sprich ein Weihnachtsgeld zu, das sich je nach Region und Einrichtung unterscheidet. Zuständig für die Auszahlung der Löhne ist der Arbeitgeber. Die Kosten werden hingegen von den Krankenkassen übernommen. Das heißt, die Arbeitgeber stellen die Lohnkosten bei den Krankenkassen in Rechnung. Wer seine Ausbildung abgeschlossen hat, muss für mindestens zwölf Monate übernommen werden.
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GELD & GESCHÄFT Wie viel Ertra g
Renditeerwar
sollten Ihre E rsparnisse a bwerfen?
tung für die Er sparnisse pro Ja
0 Prozent
Bevorzugte Anlage von 100 Euro Angenommen, Sie legen zur Geburt ihres Kindes oder Enkelkindes für mindestens 18 Jahre monatlich jeweils 100 Euro als Ausbildungssumme zurück. Wie würden Sie das Geld anlegen? 5 (Angaben in Prozent) Sparbuch Aktien/Aktienfonds Festgeld Immobilienfonds Girokonto Edelmetall Lebensversicherung Anleihen/Anleihefonds Sonstiges
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28
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6
3 bis 5 Prozen
6
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Lebensve
rsicherung Anleihenfo nds Sonstiges
Anleihen/
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r GfK, 09.01.20
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Euro erbe n… 17,3 16,9
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für Niedersachsen (in Prozent)
Durch Inflation wird meine Anlage weniger wert. Ich muss unverhofft zu einem schlechten Zeitpunkt an die Ersparnisse. Der Wert schwankt von Zeit zu Zeit und ich weiß nicht, was mir bleibt. Ich verpasse den gewünschten Ertrag. Ich verliere die Nerven und verkaufe zum falschen Zeitpunkt. Sonstiges
10,4 28,6
6,8 7,8
18,1
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Quelle: Flossbach von Storch Research
7,4
Quelle: Fl ossbach vo n Storch Re search Inst itute
Zusammenarb eit mit de
GfK, 09.01.2019
15,2
8,7
Research Ins titute in
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4,2 3,2
10,7 Quelle: Flossb ac
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25,0
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Angenom men, Sie w ürden 100 Präferenz für Anlage 000 pro für
Sparbuch Girokonto
26,0
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Institute in Zusammenarbeit mit der Quelle: Flossbach von Storch Research
Festgeld
17,2
2 bis 3 Prozen
17
nfonds
6,1
1 bis 2 Prozen
6
Immobilie
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0 bis 1 Prozen
9
hr in Nieders achsen (in Pr ozent)
09.01.2019 Institute in Zusammenarbeit mit der GfK,
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r GfK, 09.0 1.2019
Die Niedersachsen wollen Sicherheit und Rendite zugleich Untersuchung legt widersprüchliche Erwartungen offen – Betongold steht hoch im Kurs VON MANUEL GLASFORT Wenn es um das Ersparte geht, haben die Deutschen eine klare Tendenz: Sicherheit geht vor Rendite. Deshalb liegt weiterhin viel Geld auf Tages-, Festgeld- und Girokonten herum, obwohl es dort keine Zinsen mehr abwirft. Auch Niedersachsen bildet hier keine Ausnahme. Eine Umfrage des Flossbach von Storch Research Center unter knapp eintausend Niedersachsen lässt keinen Zweifel an der konservativen Grundhaltung der Anleger. Die bevorzugte Anlageform für 100 EuOSNABRÜCK.
ro im Monat war für mehr als die Hälfte (56 Prozent) ein Bankguthaben in der einen oder anderen Form. Aktien oder Aktienfonds spielten mit 20 Prozent eher eine untergeordnete Rolle. Bei der Frage nach der Renditeerwartung zeigt sich, dass Wunsch und Wirklichkeit auseinanderklaffen: Etwas mehr als die Hälfte der Befragten peilte eine Rendite zwischen 2 und 5 Prozent an. Die Renditeerwartung spiegele die Vorliebe für festverzinsliche Anlageformen nicht wider, schlussfolgern die Autoren der Untersuchung. „Dies lässt sich nur mit einem mangelnden Wissen über
grundsätzliche Zusammenhänge auf dem Finanzmarkt erklären“, heißt es. Derzeit sei mit Festgeld oder Sparbüchern eine jährliche Verzinsung von 0,5 Prozent realistisch. Das genügt nicht einmal, um die steigenden Lebenshaltungskosten auszugleichen. Im vergangenen Jahr lag die Inflation in Deutschland bei 1,9 Prozent. Eine andere Form der Geldanlage als Bankguthaben oder Aktien steht bei den Niedersachsen hoch im Kurs: Betongold. Rund jeder Sechste unter den Befragten würde einen ererbten Betrag von 100 000 Euro in ein Eigenheim investieren, etwa genau so viele in
eine vermietete Immobilie. Die Niedersachsenwerte sind Bestandteil einer bundesweiten Umfrage, die die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) unter 10 000 Bundesbürgern durchgeführt hat. Dabei kristallisierte sich heraus, dass jüngere und ältere Bürger unterschiedlich auf die Niedrigzinsen reagieren. „Während ältere Generationen tendenziell eher ihr Anlageverhalten aufgrund der Niedrigzinspolitik geändert haben, bleiben insbesondere die jüngeren Generationen verzinslichen Anlageprodukten wie dem Sparbuch treu.“
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LEBEN & LEIDENSCHAFT
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Ein Wohnwagen für Schweine Ein junger Landwirt aus Osnabrück setzt Maßstäbe mit innovativen mobilen Ställen
Peer Sachteleben hat mit seinem Vater den mobilen Stall entwickelt.
Das mobile Stallsystem für Schweine hat Peter Sachteleben zusammen mit seinem Vater entwickelt.Allein die Material-
Strom wird auch im Winter nicht benötigt.
kosten belaufen sich auf rund 16 000 Euro. Fotos: Michael Gründel
Allein die Kosten für Material belaufen sich auf 16 000 Euro. VON CHRISTOPH LÜTZENKIRCHEN OSNABRÜCK. Bärbel geht es gut.
Das Bunte Bentheimer Schwein lebt mit seinen zahlreichen Ferkeln in einem der acht mobilen Ställe auf dem Schlehbaumhof im Osnabrücker Ortsteil Darum. Peter Sachteleben geht mit diesem Haltungskonzept in seinem Traumjob neue Wege.
Der Stall erinnert ein wenig an die als „Hühnermobil“ bekannten, fahrbaren Ställe für Legehennen. Und er steckt voller Überraschungen: Über eine Rampe können Bärbel und ihre Jungschar jederzeit nach draußen gehen. Im Stall gibt es einen 1200 Liter großen Wassertank und ein Futtersilo mit drei Kubikmeter Fassungsvermögen. Im Freien können die Tiere nach Schweineherzenslust in der Erde wühlen, sich bewegen und beschäftigen. Der mobile Stall steht mitten auf einem der Äcker des Hofes. Die Freifläche ist doppelt eingezäunt. „Aus Sicht des Tierwohls ist das vorbildlich“, sagt die Tierärztin Angelika Cechini von der auf Schweine spezialisierten Meller Tierarztpraxis Ralf Bischoff. Ihr obliegt die tierärztliche Betreuung des Schlehbaumhofs. „Die Schweine können sich artgerecht verhalten“, so Cechini weiter. „Sie haben von Natur aus das Bedürfnis zu wühlen. Das können sie ausleben, und weil der Standort des mobilen Stalls regelmäßig gewechselt wird, bekommen sie dafür sogar immer neue Flächen.“ Die Schweinehaltung in solchen mobilen Ställen ist eine komplette Neuentwicklung. Alles begann mit einem Traum: Peer Sachteleben, heute 24 Jahre alt, wuchs auf dem Schlehbaumhof auf. Sein Vater Konstantin Obolenski ist DiplomDesigner, seine Mutter Imke Sachteleben Psychotherapeutin. Der
Hof wurde über Jahrzehnte nicht landwirtschaftlich genutzt, die Flächen waren überwiegend verpachtet. Für den jungen Mann stand trotzdem fest, dass er Bauer werden wollte. Sein Traumberuf.
„Futter und Wasser reichen jeweils für etwa einen Monat.“ Peter Sachteleben
Die Ferkel bleiben länger bei Sau Bärbel als in anderen Ställen. Mit insgesamt zehn mobilen Ställen arbeitet Peter Sachteleben zurzeit.
Er absolvierte eine duale Ausbildung, die er mit dem Bachelor Ökologischer Landbau abschloss. Schon während der Lehre beschäftigte er sich mit Konzepten für den elterlichen Betrieb. Die gängige Freilandhaltung von Schweinen auf Biobetrieben überzeugte ihn nicht. „Das war zu arbeitsintensiv, die Flächen wurden nicht gut genutzt und der Standort der Ställe nur einmal im Jahr gewechselt“, erzählt Sachteleben. „Das führt schnell zur Überdüngung der Flächen.“ Im Stadtgebiet von Osnabrück ist die Freilandhaltung von Schweinen ohnehin nicht erlaubt. Gemeinsam mit seinem Vater begann der junge Landwirt zu tüfteln. Über mehrere Vorstufen entstand das aktuelle Modell des mobilen Stalls aus Stahlblech-Isolierpaneelen und Edelstahlblechen. Auf einer Grundfläche von circa 15 Quadratmetern haben die Tüftler einen Liege- sowie Fress- und Aktivitätsbereich untergebracht. An verschiedenen Stellen können Bretter eingeschoben werden, um kurzfristig einzelne Boxen zu schaffen. „Mit seinen mobilen Ställen kombiniert Peer Sachteleben die Vorteile von Stall-, Auslauf- und Freilandhaltung“, lobt Tierärztin Cechini. Die komplett mit den Schweinen fahrbaren Ställe benötigen erstaunlicherweise keinen Strom und keine Heizung. Der große Wassertank befindet sich über dem Liegebereich der Tiere und wirkt im Winter als Wärmespeicher. Einzige Wärmequelle sind die Tiere selbst. Doch Ferkel haben ein hohes Temperaturbedürfnis, deshalb hat Angelika Cechini die Funktion gewissenhaft überprüft. „Über einen Zeitraum von zehn Tagen haben wir mit Datenloggern auch bei Minusgraden nie Temperaturen unter zwölf Grad gemessen“, berichtet sie. Das Stall-
klima sei gut, es gebe praktisch keine Schadgasbelastung und bisher keine Hinweise auf Lungenerkrankungen. Im Sommer sind die Tiere gerne draußen, sie liegen unter dem Stall. Mit etwas Wasser legt Peer Sachteleben ihnen eine Suhle an. Laut einer ersten, groben Kalkulation belaufen sich allein die Materialkosten für den Bau eines mobilen Stalles auf circa 16 000 Euro. Sachteleben und sein Vater haben also schon eine beträchtliche Summe in die Entwicklung des innovativen Haltungssystems investiert. Obolenski ist davon überzeugt, dass es sich am Ende lohnen wird. „Unsere mobilen Ställe sind auch für andere Landwirte attraktiv“,
sagt er. „Die Entwicklungskosten trage ich, mein Sohn betreibt den Vorzeigebetrieb für das Produkt.“ Den hohen Kosten stünden Einsparungen an anderer Stelle gegenüber, erklärt der junge Landwirt: „Unsere Ställe lassen sich gleichermaßen als Sauenplatz wie als Mastschweinebucht verwenden. Gegenüber der herkömmlichen Haltung haben wir damit weniger leer stehende Flächen“, erklärt der 24-Jährige. Außerdem benötige er keinen Güllebehälter, keine Güllebelüftung, keinen Güllewagen und keine Heizung. „Im Vergleich mit der ökologischen Freilandhaltung habe ich eine erhebliche Arbeitsentlastung. Futter und Wasser in den mobilen Stäl-
len reichen jeweils für etwa einen Monat.“ Aktuell arbeitet Peer Sachteleben mit sechs Sauen und zehn mobilen Ställen. Wenn der Betrieb voll ausgebaut ist, sollen es 24 Ställe und 18 bis 20 Sauen werden. „Wir könnten dann jährlich etwa 300 Tiere schlachten und vermarkten“, so Sachteleben. Das Fleisch vertreibt er direkt über einen eigenen kleinen Laden. Ab März darf er dafür auch das Qualitätssiegel des Ökoanbauverbands Bioland verwenden. Geschlachtet werden seine Tiere zurzeit noch durch die Schlachterei Krischke in Ostercappeln-Venne. Doch der Junglandwirt hofft, die Schlachtung und Verarbeitung in Zukunft auf dem Hof etablieren zu können. Wenn das gelingt, soll der Betrieb zwei bis drei Arbeitskräfte ernähren. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, viele Investitionen sind erforderlich, und jeder Euro ist willkommen. Gerne auch ein Preisgeld. Auf Anregung der Tierärztin hat Peer Sachteleben sich mit seiner Schweinehaltung um den bundesweit ausgeschriebenen Innovationspreis „Tierwohl in der Nutztierhaltung“ der Initiative Tierwohl (ITW) beworben. Gewinner erhalten 10 000 Euro, darüber hinaus unterstützt die ITW Projekte zur praktischen Umsetzung neuester Erkenntnisse für mehr Tierwohl durch eine finanzielle Förderung. „Wir rechnen uns eine gute Chance aus“, so der 26-Jährige, die Preisverleihung ist am 8. April. Wenn Bärbel da ein Wörtchen mitzureden hätte, würde sie sich bestimmt für ihren „Chef“ einsetzen. Für sie und ihre muntere Ferkelschar ist das Leben auf dem Schlehbaumhof schon ziemlich nah dran am Schweineparadies. Auch wenn es gänzlich unparadiesisch endet. „Das Fleisch unserer Tiere zeichnet sich durch die intramuskulären Fette aus“, erklärt Peer Sachteleben. „Es verliert kaum Wasser und schrumpft nicht in der Pfanne.“ Immerhin werden seine Tiere erst mit etwa siebeneinhalb Monaten geschlachtet, in der konventionellen Haltung sind es lediglich fünfeinhalb Monate.
FAKTENCHECK
Mobile Schweinehaltung Die durch Peer Sachteleben entwickelte mobile Auslaufhaltung von Schweinen ist neu. Das Stallsystem passe in keine Schublade, sagt Tierärztin Angelika Cechini. Ihr Kollege Dr. Friedrich Delbeck, Fachtierarzt für Schweine bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, hat einige Fragen zu dem Konzept. „Probleme könnte es bei der Wasserversorgung im Winter geben“, so der Experte. „Das Wasser darf nicht einfrieren.“ Die Tüftler auf dem Schlehbaumhof haben dem bei der Konstruktion ihrer mobilen Ställe Rechnung getragen. Durch die Isolierung der Ställe sorgt allein
die Körperwärme der Schweine für passende Temperaturen. Eine weitere Sorge des Experten gilt der Fütterung der Ferkel. Während der Aufzucht sei permanent Futter zur Verfügung zu stellen, so Delbeck. Da der Futtervorrat im Silo eines mobilen Stalls auf dem Schlehbaumhof für circa einen Monat ausreicht, ist auch dies sichergestellt. Tierarzt Delbeck fragt weiter nach den hygienischen Bedingungen der Schweinehaltung. Er sieht bei Biobetrieben eine höhere Gefahr des Befalls durch sogenannte Spulwürmer. Deren Larven verbreiten sich über Dünndarm, Blut, Leber und
Lunge bis in die Bronchien. „Die Schweine husten sie aus“, erklärt der Fachmann. „Damit sind sie auf der Fläche, wo sie sich bis zu 18 Monate – unter bestimmten Bedingungen sogar jahrelang – halten können.“ Auf dem Schlehbaumhof werde der Wurm- und Keimdruck durch den regelmäßigen Standortwechsel der mobilen Ställe verringert, erklärt Cechini. „Bisher gab es noch keinen signifikanten Befall, das haben die Kontrollen der Lebern bei der Schlachtung gezeigt.“ Damit das so bleibe, würden die Tiere regelmäßig entwurmt. Besonderes Augenmerk richtet die Tierärztin
auch auf die Gefahr von Salmonelleninfektionen. Sie liegt laut Delbeck in Biobetrieben um ein Vielfaches höher als im konventionellen Bereich. Cechini weiß, dass sich der potenzielle Eintrag von Salmonellen über Vogelkot nicht verhindern lässt. Sie hält engmaschigen Kontrollen auf Salmonellen bei der Schlachtung für unerlässlich. Bisher trat dabei keine Salmonellose auf. Weniger aufwendig ist der Schutz der Schweine bei Seuchengefahr. Sie können in den mobilen Ställen eingeschlossen werden. Die bieten genügend frische Luft, Tageslicht und Platz für die Tiere.
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DONNERSTAG, 28. FEBRUAR 2019
LEBEN & LEIDENSCHAFT
Auf dem Pffad der Erleuchtung Zu Anfang hat Trevor Braandes seine LEDs vor allem an Kirmesgeschäften installiiert rtt – Heute ist der Kundenkr kreis r breiter.
VON SABRINA WENDT DELMENHORST. Mit 13 entdeckt Trevor Brandes seine Faszination für den Modellbau, zwei Jahre später fertigt er beleuchtete Schilder für Freunde an. Heute hat der Delmenhorster eine LED-Firma: Der 29-Jährige ist das Musterbeispiel eines Autodidakten.
Zu Anfang hat Trevor Brandes seine LEDs vor allem an Kirmesgeschäften installiert.Heute ist der Kundenkreis breiter.Viele seiner Produkte hat er selbst entwickelt.
hatte, vergingen rund zehn Jahre mit unzähligen Testversuchen, sagt Brandes. Zu diesem Zeitpunkt waren noch alle LEDs einzeln von Hand gelötet – mit dazugehörender Elektronik. Nicht jeder konnte sie verarbeiten. Der Markt war noch recht klein. Um Werbung für sein Unternehmen zu machen und Kunden zu gewinnen, reiste Brandes an-
„Ich wollte schon immer Zusammenhänge begreifen und bestehende Technik verbessern.“ Trevor Brandes
fangs mit einem eigens angefertigten Produktkoffer von Kirmes zu Kirmes. Außerdem verteilte er Flyer. Kapital habe er sich nie geliehen. „Ich habe immer mit dem gearbeitet, was da war, und habe von dem Gewinn alles Weitere finanziert“, sagt er. Inzwischen arbeite er rein auf Empfehlung. Doch bis dahin war es ein weiter Weg. Schwierig wurde es für den Jungunternehmer ab 2010, als fertig verkabelte Produkte aus China auf den Markt kamen. „Das war eine regelrechte Schwemme“, sagt Brandes. Theoretisch habe jeder, der wollte, diese Produkte weiterverarbeiten können – nach dem Prinzip „Loch bohren, LED reinstecken und fertig –, allerdings häufig, ohne sich der Nachteile bewusst zu sein“. Weil immer mehr Wettbewerber in den Markt einstiegen, habe es ein Preisdumping gegeben. Zu diesem Zeitpunkt sei Qualität noch nicht das entscheidende Kriterium gewesen, sondern der Preis, erklärt der Delmenhorster. Erst einige Jahre später, ab 2013, habe sich das geändert. Der Fokus von Brandes, sich auf wetterfeste und langlebige Produkte zu spezialisieren, habe sich letztlich ausgezahlt. Aber in der Zwischenzeit – von 2010 bis 2013 – musste er sich umorientieren, um zu überleben. Er konzentrierte sich auf Kooperationen mit anderen Firmen,
unter anderem im Ausland, sowie auf den reinen Lichtwerbesektor und die Umrüstung von Leuchtkästen auf LED. Die Schaustellerei spielte zu diesem Zeitpunkt nur noch eine untergeordnete Rolle. Nebenbei arbeitete er an einer Lösung, um in China ein Produkt zu organisieren, das seinen Qualitätsstandards entsprach. „Ich habe Produkte aus China zugekauft
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Es ist ein trockener, kalter Wintertag im Februar. Die Sonne hat sich bereits verabschiedet, aus der Ferne ist ein warmer Lichtschimmer zu erkennen. Er stammt von einem Schild an der Front einer Hausfassade. „LED Exclusive – Licht und Werbung“ steht darauf. Hier sitzt die Firma von Trevor Brandes, 29 Jahre alt, selbstständiger Einzelunternehmer. Das Schild hat er gefertigt. Beleuchtet wird es mit LEDs. Seit mehr als zehn Jahren behauptet sich der Delmenhorster in einem stark umkämpften Markt. Angefangen hat alles mit seiner Leidenschaft für Kirmesmodellbau. Die Feinelektronik und das hochpräzise Arbeiten haben ihn schon immer fasziniert. Zum komplexen Zusammenbau der Teile kam noch die Beleuchtung. „Mit 13 habe ich damit begonnen, LEDs in Miniaturfahrgeschäfte einzuarbeiten, das war im Jahr 2003“, erinnert sich Brandes. Es war der Beginn einer Leidenschaft, die bis heute anhält. Über den Modellbau kam auch das Interesse von Freunden aus dem Schaustellergewerbe an den „kleinen bunten Lämpchen“, sagt der Delmenhorster. Damals habe es auf der Kirmes jedoch noch keine LEDs gegeben. „Gängig waren eher Neon und Leuchtkästen und vor allem die klassische Kappenglühbirne, aber keine Schilder mit LED-Verzierung“, erklärt er. Zwei Jahre später, im Alter von 15 Jahren, fing Trevor Brandes an, erste LED-Schilder für Freunde und Bekannte anzufertigen – das waren Fahrpreisanzeigen und Werbeschilder. Seine Werkstatt war zu dem Zeitpunkt noch daheim bei seinen Eltern. Inzwischen hat der 29-Jährige eine eigene Fachwerkstatt in Delmenhorst. Die LEDs organisierte sich Brandes über Händler und anfangs auch vom Elektroladen. Das gesamte Wissen über die kleinen Lämpchen hat er sich selbst angeeignet – Brandes ist Autodidakt, handwerkliche Aufgaben liegen ihm. „Ich habe einfach gemacht, getüftelt und ausprobiert“, beschreibt er. Außerdem las er Physikbücher. „Ich wollte schon immer Zusammenhänge begreifen und bestehende Technik verbessern.“ Im Alter von 18 Jahren meldete Brandes sein Gewerbe an, ließ sich in die Handwerksrolle eintragen – und spezialisierte sich weiter. Primäres Ziel war eine wetterfeste LED-Beleuchtung unter Berücksichtigung aller Materialien, in denen die LEDs verbaut werden – von Metall über Holz bis Acrylglas. Denn gerade auf der Kirmes sind Beleuchtungsanlagen extremen Belastungen ausgesetzt – durch die Witterung, den Auf- und Abbau, die Reinigung und die Bewegungsabläufe der Fahrgeschäfte. Bis er die richtige Formel gefunden
und nachbearbeitet, vor allem in puncto Wasserfestigkeit und Langlebigkeit. Das hat viel Zeit und Geld gekostet“, sagt er. Auf dieser Lösung baute er auf, um seine Produkte immer weiter zu optimieren. Als es keine bessere Methode zur Versiegelung der LEDs mehr gab, entwickelte Brandes ein Konzept, um LEDs so zu verkleben, dass sie sich auch bei großer Gewalteinwirkung nicht aus Schildern und anderen Produkten herausbrechen lassen. Inzwischen arbeitet der 29Jährige mit vielen Partnern aus dem Bereich digitale Bedruckung, Airbrush und Metallbau zusammen. Hauptkundschaft sind nach wie vor Schausteller, aber auch andere Gewerbetreibende aller Art. Brandes wird immer dann aktiv, wenn es um die Beleuchtung besonders schwieriger Einlassbereiche oder massiv dem Wetter ausgesetzter Bereiche geht. Ein weiterer Aspekt ist die Individualität. „Der Kunde sagt, was er haben möchte, und es wird umgesetzt. Aber ich sage den Kunden auch, ob etwas überladen ist, ob es Stil hat und wie man es besser machen könnte, das gehört dazu“, erklärt der Unternehmer. Individualisierung heißt das Stichwort. Brandes hat seinen Platz im Markt gefunden. „Andere setzen auf große LED-Beleuchtungen oder auf die Programmierung der Lichtabläufe“, sagt er. Das sei keine Konkurrenz – im Gegenteil, mit einigen anderen Unternehmen kooperiert er sogar. „Man kommt sich nicht in die Quere, sondern ergänzt sich.“ Die Produktpalette ist inzwischen so groß, dass „sie nicht mehr in einen Katalog passt“. Dennoch ruht er sich nicht auf seinen Erfolgen aus. Der Lichtmarkt wandelt sich ständig. „Man muss daher sehr anpassungsfähig sein“, sagt Brandes. Neben handwerklichem Geschick braucht es auch gute Kenntnisse im Umgang mit Kunden – sowohl bei der Betreuung als auch der Beratung. Flexibilität ist enorm wichtig, aber auch das Gespür für Trends. Einfälle kommen ihm in den unterschiedlichsten Situationen. „Manchmal habe ich eine Idee für etwas Neues, wenn ich mir US-Sendungen ansehe, aber auch beim Konsum anderer Medien. Ich überlege häufig, was die Menschen interessieren könnte.“ Zurzeit arbeitet er an Neonprodukten auf LED-Basis. Während normales Neon relativ anfällig sei, soll das LED-Pendant nicht nur sehr viel länger halten, sondern auch so gut wie kein Unterschied mehr zum Original erkennbar sein. Brandes ist also wieder häufig in seiner Werkstatt zu finden – um auszuprobieren, zu tüfteln und neue Produkte zu entwickeln.
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LEBEN & LEIDENSCHAFT
Computerprofi, Minimalist und sozial engagiert Michael Plas verbindet sein Know-how mit nachhaltigem Engagement VON SUSANNA AUSTRUP SCHÜTTORF. Seine Brötchen ver-
dient Michael Plas bei der Firma Landwehr Computer und Software in Wietmarschen. Dort ist der Fachinformatiker für Systemintegration als IT-Sicherheitsbeauftragter und LinuxAdministrator tätig. Statt einer Karriere in Schlips und Kragen zieht der 28-Jährige aber ein minimalistisches Leben in einer Hausgemeinschaft in der alten Fabrikantenvilla Remy in Schüttorf vor.
Der gebürtige Nordhorner Michael Plas war schon immer tatendurstig. Als Grundschüler reparierte er den ersten Computer, in seiner Freizeit setzte er sich für andere Menschen ein. Mit sieben Jahren trat er dem Deutschen Roten Kreuz bei — wo er später als Jugendlicher Sanitätsdienste übernahm — und engagierte sich in der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit. Bei Ankunft der ersten Flüchtlinge in der Grafschaft löste er bei der DRK-Flüchtlingshilfe in Nordhorn logistische Fragen zur Unterbringung am Computer und erstellte die Einsatzpläne für die Helferinnen und Helfer. „Hauptsächlich in Nachtschicht“, erzählt er. Auch beim Moorbrand im letzten Sommer in Meppen koordi-
nierte der Computerspezialist professionell die Schlafplätze für die Freiwilligen. „Engagement macht Spaß und glücklich“, begründet Plas und ergänzt: „Ich glaube an die schönen Dinge, die wir schaffen. Da sind Menschen sehr erfinderisch.“ Beruflich stand früh fest, dass es ihn in die Computerbranche verschlagen würde. Er habe dafür eine besondere Begabung, sagt er. Wenn er vor einem Problem steht, lässt es ihm keine Ruhe, bis er es gelöst hat. Plas sieht sich als Macher, nicht als einer, der delegiert. Mit 18 Jahren besorgte er sich einen Gewerbeschein, weil er schnell gemerkt hatte, dass er mit seinem Computerwissen Geld verdienen konnte. Meist entwickelte er für Firmen Werbeauftritte im Internet. Auch in seiner Position bei Landwehr verdiene er gut, erklärt Plas. Er liebt seinen Beruf, doch Geld allein mache nicht glücklich. Der Grafschafter hängt weder an Geld noch an Besitz. Was ihn interessiert, sind Reisen, wobei er versucht, seinen ökologischen Fußabdruck so klein wie möglich zu halten. So zahlt er pro Reise einen extra Betrag in eine Organisation, die den Klimaschutz fördern möchte und entsprechende Projekte mit den Geldern unterstützt. „Das ist natürlich eine Form von Ablasshandel“, räumt Plas ein,
Seinen Lebensunterhalt verdient Michael Plas als Fachinformatiker.Umweltschutz und Nachhaltigkeit liegen ihm am Herzen.
doch sei das momentan die einzige Alternative für ihn, den durch seine Reisen verursachten Kohlendioxidausstoß zu kompensieren. Ansonsten lebt er spartanisch. In der alten Fabrikantenvilla Remy in Schüttorf bewohnt er ein winziges Zimmer – ohne Heizung. Dafür gibt es eine Gemeinschaftsküche mit großem Essbereich, wo er nach Feierabend am Tisch sitzen und an seinem Notebook arbeiten kann. Statt in Konsum
Zum Leben braucht Michael Plas nicht viel. Er wohnt in einem spartanischen Zimmer in der alten Fabrikantenvilla Remy – ohne Heizung. Foto: Susanna Austrup
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steckt Plas sein Geld in gemeinnützige Projekte wie die Wasserinitiative „Viva con Agua“ oder als Fördermitglied in die Seenotrettungsinitiative „Seawatch“. Ein Projekt, das etwas näher vor der Haustür liegt, ist der Schüttdorfer Stadtladen. Auch hier setzt sich Plas für Nachhaltigkeit ein — ein Aspekt, der sich durch das Leben des 28-Jährigen zieht. Der Stadtladen ist der erste seiner Art in der Grafschaft Bentheim. Eier, Käse, Honig und Kartoffeln: Das und noch mehr gibt es dort zu kaufen — alles Waren von Herstellern und Verarbeitern aus der Region. Der Laden in ehrenamtlicher Regie ist für Plas ein Herzensding. „Regional einkaufen heißt, Obst, Gemüse, Fleisch- und Haushaltswaren von Anbietern zu beziehen, die sozusagen um die Ecke wohnen. Das kommt der Umwelt zugute, weil die Transportwege kürzer sind“, sagt er voller Überzeugung. Außerdem: Wer regional einkaufe, erhalte Arbeitsplätze im eigenen Ort und unterstütze die heimische Wirtschaft. Und zu guter Letzt: „Wer sich selbst organisiert, lebt auch selbstbestimmt“, begründet der Initiator und Mitgründer des Ladens. Plas will Nachhaltigkeit leben. „Jeder kann etwas tun“, ist er überzeugt, man müsse es nur anpacken. In Schüttorf hat das geklappt. Ein kleiner Kreis von Überzeu-
gungstätern hat mit Enthusiasmus, Ausdauer und Mut realisiert, was anfangs nur ein frommer Wunsch war. Ohne Plas wäre daraus aber nichts geworden. Er hat das Projekt hartnäckig vorange-
„Wer sich selbst organisiert, lebt auch selbstbestimmt.“ Michael Plas
Foto: Colourbox.de
trieben und nicht aufgegeben, als es auf der Kippe stand. Und hatte letztendlich Glück, weil sich schließlich Mitstreiter fanden, denen es genauso ernst war wie ihm. Auch für sein Computerfachwissen hat der 28-Jährige Pläne. Auf Dauer möchte er sich „in Entscheidungsfragen des Datenschutzes“ politisch einbringen, damit Sicherheit im Netz für alle Nutzer selbstverständlich wird. Insgesamt sind Rechtsruck, Umweltzerstörung und die Welternährung Themen, die Michael Plas auch weiterhin bewegen. „Das Ernährungsproblem ist eine Hauptursache für die Fluchtbewegung“, sagt er und kritisiert, dass Europa sich mit einem Festungswall umgibt. Auch die gnadenlose Energieverschwendung der Industriestaaten prangert er an. Die Ressourcen zur Energiegewinnung seien begrenzt, mahnt der Minimalist. In vielem sei er pessimistisch, doch aufgeben würde er nicht. „Ich engagiere mich trotzdem“, sagt Plas. Für ihn bedeutet das, seinem Leben einen Sinn zu geben. Nach dem Tod seines besten Freundes vor fünf Jahren ist ihm schmerzlich bewusst geworden, dass es keine Garantie auf ein langes Leben gibt. Das treibt den 28-Jährigen an, bei allem, was er tut. Er möchte nicht tatenlos sein, sondern etwas bewirken, so wie mit dem Regionalladen.
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DONNERSTAG, 28. FEBRUAR 2019
LEBEN & LEIDENSCHAFT
LEBEN & LEIDENSCHAFT
Ein Team, eine Stunde, eine Herausforderu ung
Escape Rooms als Bewerber-Prüfstein
Wer einen Besuch im Escape Room wagt, lernt viel über sich und andere und hat dazu noch Spaß. Kein Wunder, dass die Branche boomt.
Arbeitgeber und die Flucht-Spiele
Escape Rooms sind im Trend, inzwischen gibt es Hunderte Anbieter.
VON MELANIE HEIKE SCHMIDT OSNABRÜCK. Live Escape Games
Die Branche wächst rasant, der Umsatz liegt bei 100 Millionen Euro.
sind reine Freizeitvergnügen? Von wegen. Längst haben auch Personalabteilungen die FluchtSpiele für sich entdeckt. Warum das Sinn macht und wie Arbeitgeber sich den Trend noch zunutze machen können.
Hinter den Kulissen der Spiele steckt eine aufwendige Technik. VON MELANIE HEIKE SCHMIDT OSNABRÜCK/LINGEN. Vor diesem
Trend kann sich derzeit fast niemand verstecken: In Groß- und Kleinstädten sprießen Anbieter von Live Escape Rooms wie Pilze aus dem Boden. Was steckt hinter diesem besonderen Spielkonzept? Wir haben es ausprobiert – und auch hinter die Kulissen geblickt.
Hinweise,die die Spieler weiter bringen,können überall versteckt sein. Was ist wohl des Rätsels Lösung?
Auf Zeitreise: Eine Karte und aufwendige Lichtinstallationen bringen die Spieler in die Vergangenheit.Dort muss das Rätsel um Karmann-Ingenieur Karlheinz Fuchs und seinen verschwundenen Treibstoff gelöst werden.
Illustrationen: Colourbox.de
Durch diesen Tunnel sollen wir kriechen? Wirklich? Der ist aber eng. Und dunkel. Schon nach wenigen Minuten ist das Viererteam der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, drei gestandene Redakteure plus Fotograf, völlig gebannt von dem Szenario, in das sie der Osnabrücker Escape-Room-Betreiber Room Fox geschickt hat. Dem Fotografen fällt angesichts des finsteren Kriechgangs, der sich erst nach der Lösung mehrerer kniffliger Rätsel freilegen lässt, „spontan“ ein, dass er ja „eigentlich unter Klaustrophobie leide“. Erleichtertes Lachen löst die Anspannung – und dann krabbelt doch einer nach dem anderen durch den Gang. Diese Stelle sei tatsächlich für die meisten Gruppen heikel, die in Osnabrück das Zeitreise-Abenteuer „Die verbotene Entdeckung“ absolvieren, weiß Björn Schöne. „Doch sie schaffen es alle. Zur Not helfen wir etwas“, sagt er und lacht. Zusammen mit Inna Meisner führt Schöne die Geschäfte beim Unternehmen Room Fox, das seit September 2017 in Osnabrück und seit Ende 2018 auch in Lingen im Emsland Abenteuerspiele in Escape Rooms anbietet. Das Besondere: Die Raum-Szenarien weisen allesamt Bezüge zur regionalen oder lokalen Historie auf. So reisen die Spieler in „Die verbotene Entdeckung“ zurück ins Jahr 1958, um eine angeblich damals verschwundene emissionsfreie Treibstoff-Formel eines Karmann-Entwicklers wiederzufinden und damit letztlich die Welt zu retten. Ein Ansatz, der aktuelle Debatten um das Thema Klimaschutz ebenso aufgreift wie die Stadthistorie, zu der die Wil-
Fotos: David Ebener
helm Karmann GmbH unbestritten zählt. Immerhin hat das ehemalige Osnabrücker Automobil- und Bauteile-Werk einst allein mehr als drei Millionen Fahrzeuge gefertigt, hinzu kommen unzählige Dachsysteme und Großwerkzeuge für andere Autobauer. „Wir mögen es, Stoffe mit regionalem Bezug in unseren Räumen einzubauen“, sagt Spieleentwickler Schöne. So punktet auch der zweite Escape Room der Raumfüchse in Osnabrück namens „Der Varus-Fluch“ mit Regionalbezug: der Varusschlacht bei Kalkriese. Auch die Räume in Lingen – vier sollen es werden – greifen Stadtgeschichte auf, etwa der jetzt eröffnete Raum, in dem ein Geheimnis um
berühmte Söhne der Stadt, die Kivelinge, gelöst werden soll. Ein weiterer Raum, der im April in Lingen fertiggestellt sein soll, behandelt das dort ansässige Atomkraftwerk. In diesem Spiel treten zwei Teams in einem Raum gegeneinander an: eines, das einen Störfall reparieren und das Werk wieder hochfahren soll, ein anderes, das sich den Störfall zunutze machen und das Werk abschalten will. Dass das Thema Atomausstieg ein heißes Eisen ist, war Meisner und Schöne bei der Konzeption klar. „Wir wollen keine politischen Demos vor unserer Tür. Mit den zwei Teams, die in einem Raum mit unterschiedlichen Ansät-
zen zeitgleich antreten, haben wir alle Seiten gut einbezogen“, erklärt Schöne dieses spezielle Konzept. Zwei weitere Räume in Lingen sind im Bau, auch bei ihnen verarbeiten die Spieledesigner regionale Themen. In Osnabrück denke man über eine Ausweitung nach, auch Outdoor-Varianten seien denkbar. Schöne und Meisner sind gute Beispiele für die enorme Kreativität der Branche, die seit 2013, als der erste Escape Room in Deutschland öffnete, ein rasantes Wachstum hingelegt hat. Mittlerweile setzt die Branche hierzulande rund 100 Millionen Euro im Jahr um, es gibt mehrere Hundert Raumbetreiber, gut 400 Betriebe mit zusammen 6000 Vollzeitstellen sind im Fachverband der Live Escape und Adventure Games organisiert. Doch es gibt auch Hürden, zum Beispiel aufwendige Bürokratie. „In jeder Kommune gelten andere Regeln“ erzählt Schöne. Inna Meisner ergänzt: „Wenn ich Raumbetreibern in spe einen Tipp geben sollte, dann wäre es dieser: Nicht ohne Baugenehmigung loslegen.“ Auch die Suche nach einer geeigneten Location kann zum Problem werden, denn Escape Rooms gelten offiziell als Vergnügungsstätten. Wie Spielhallen, Kasinos, Striplokale oder Diskotheken dürfen sie deshalb nicht überall im Stadtgebiet eröffnen. Auch die teils aufwendigen Umbauten, die für die Spiele notwendig sind, müssen vorab mit Vermietern und Behörden geklärt werden, ebenso Sicherheitskonzepte, etwa Fluchtwege. „Es wird kontrolliert“, sagt Schöne. Nicht erst, seitdem ein Schock durch die Branche ging, als im Januar dieses Jahres fünf Mädchen in einem polni-
schen Escape Room durch ein Feuer getötet wurden. Hiesige Escape Rooms werden allerdings unter völlig anderen, strengen Sicherheitsvorschriften gebaut. Bisher hält die Begeisterung für diese besondere Art der Freizeitgestaltung jedenfalls an, vor allem in kleineren Städten scheinen Märkte noch nicht gesättigt. Neue Räume entstehen, Konzepte werden ausgefeilter. Allerdings braucht gerade dieses aufwendige Spieledesign seine Zeit, von der ersten Idee bis zur Eröffnung vergehen leicht Monate. Bevor Teams neue, spannende, in sich schlüssige und technisch ausgefeilte Räume bespielen können, müssen die Raumentwickler die komplizierte und auch kostspielige Entwicklungsund Bauphase bewältigen. Allein die Jagd nach der liebevoll zusammengestellten, originalgetreuen Fünfzigerjahre-Ausstattung des Osnabrücker Karmann-Spiels war für die Raumfüchse ein Abenteuer mit Hindernissen. „Es war wahnsinnig aufwendig. Viele Stücke haben wir über Ebay bekommen. Wobei die Leute ab und an gefragt haben, was wir denn mit diesen Teilen vorhaben“, erinnert sich Schöne und schmunzelt. Auch die vielen Ein- und Umbauten, etwa der besagte Kriechgang – „den haben wir während der Hitze im vergangenen Sommer gebaut“ –, diverse Geheimtüren, die in zugehörige Nebenräume führen, oder Geheimfächer und Mechanismen, die den Spielern im Lauf des Escape Games wertvolle Hilfsmittel und Hinweise in die Hände spielen, sind jeweils ausgefuchste Unikate. Das geht ins Geld, einen „mehr oder weniger hohen fünfstelligen Betrag“ habe
Room Fox pro Raum investiert, so Schöne. Nicht zuletzt mussten Wände versetzt werden. Escape Rooms sind in der Regel Raum-in-Raum-Konzepte, um sie herum führt ein Servicegang, der die ganze Technik beherbergt. Allein 25 Computer und reichlich verbaute Sensoren sorgen bei „Die verbotene Entdeckung“ für einen reibungslosen Ablauf des Spiels. Überall im Raum hängen zudem Kameras, damit die Spielleiter die Teams in ihren Escape Rooms jederzeit im Blick haben. Ein Elektriker und drei Handwerker sind bei Room Fox im Einsatz, um die Räume zu bauen, in Schuss zu halten und gegebenenfalls zu erneuern, gut
Ein rund fünfstelliger Betrag wird in die Ausstattung investiert.
zwei Dutzend Mitarbeiter kümmern sich um die einzelnen Spiele-Teams. Jedes Team hat während des Abenteuers einen eigenen Spielleiter, der von Fall zu Fall auch Tipps gibt, falls die Gruppe mal gar nicht weiterkommt. Sind Escape Rooms gut gemacht, vergessen die Spieler schnell, dass sie permanent beobachtet werden. Eine gute Geschichte, stimmungsvolle Raumkonzepte sowie packende Rätsel erzeugen in Kombination mit Zeitdruck eine enorme Dynamik im Team. Das erfährt zudem schnell, dass Einzelkämpfer und einsame Wölfe hier nicht weiterkommen. Viele Aufgaben in den Räumen lassen sich nur gemeinsam lösen, etwa wenn in verschiedenen, nebeneinanderliegenden Räumen mehrere Schalter gleichzeitig umgelegt werden müssen, auch für manche Mechanik bräuchte man drei oder vier Arme, um sie alleine betätigen zu können. Gut gemischte Gruppen mit unterschiedlichen Temperamenten helfen, die Rätsel schneller zu knacken. Wer einmal mit einer Gruppe ein Escape-Abenteuer erlebt hat, weiß am Ende nicht nur mehr über die eigene Teamfähigkeit, Kreativität und Problemlösungskompetenz, sondern auch, wie ausgeprägt diese Fähigkeiten bei seinen Mitstreitern vorhanden sind. Die Test-Spieler der NOZ schlugen sich jedenfalls trotz der frühen Morgenstunde bestens, nach fast rekordverdächtigen 40 Minuten und 44 Sekunden hatte das Team „Die verbotene Entdeckung“ gemeistert. Und gelernt, dass es eine wahre Freude sein kann, eine Weile mit Kollegen eingesperrt zu werden.
In Amerika und in der Schweiz ist es keine Seltenheit mehr, und auch bei uns zeichnet sich der Trend ab: Firmen, beispielsweise Banken oder große Unternehmensberatungen, schicken ihre Bewerber in einen Escape Room. Was soll das bringen? Vor allem Erkenntnisgewinne. Escape Rooms setzen die Spieler unter Druck, denn sie haben nur eine knapp bemessene Zeit, um alle Rätsel zu lösen und aus dem Raum wieder herauszukommen. Zugleich sind alle Räume mit Kameras ausgestattet, sodass sich von außen beobachten lässt, wie sich das Team insgesamt oder jeder Einzelne verhält. Das lässt Rückschlüsse auf das Verhalten der Teilnehmer auch im Job zu: Bleibt der Kandidat unter Zeitdruck immer noch freundlich? Wie kommunikativ ist er? Wie teamfähig? Wie humorvoll? Teilt er im Escape Room seinen Mitstreitern mit, wenn er etwas gefunden hat, oder behält er seine Entdeckungen für sich? Wie kreativ ist er beim Rätselraten? Wie kombinationsstark präsentiert er sich? Reißt er die Führung der Gruppe an sich oder hält er sich eher im Hintergrund? Ein Escape Room kann durchaus Aufschlüsse über Kompetenzen und Verhalten von Bewerbern liefern. Allerdings hat die Erkenntnis für Arbeitgeber in spe auch Grenzen. Wo liegen sie? Grundsätzlich muss man bedenken: Ein
Escape Game ist eine künstlich hergestellte Ausnahmesituation, die beispielsweise mit einem Arbeitstag im Büro, der Arbeit in einem Industriebetrieb oder den Anforderungen auf dem Bau wenig zu tun hat. Die Vergleichbarkeit ist also begrenzt. Auch ist es eine Prüfungssituation. Möglicherweise ist der Bewerber nervös oder verunsichert, sodass er nicht zu seiner eigentlichen Stärke auflaufen kann. Auch spielt die Teamzusammensetzung eine Rolle. Hat ein eher schüchterner Mensch es beispielsweise mit drei extrovertierten Mitstreitern zu tun, wird er in einer solchen Gruppe weniger glänzen können. Zu viele Rückschlüsse aus den Beobachtungen sollten Personalchefs also auch nicht ziehen. Welche Bewerber sind geeignet? Vor allem solche, die bereits erste Hürden im Bewerbungsverfahren genommen haben, die also tatsächlich in die engere Wahl kommen. Auch kann es sinnvoll sein, einen Mitarbeiter in eine Bewerber-Spielgruppe einzuschleusen, um zusätzliche Erkenntnisse „von innen“ zu gewinnen. Was können Escape Rooms aus Arbeitgebersicht sonst noch bieten? Die Teambuilding-Effekte, die ein gemeinsam bewältigtes Escape Game bietet, können für Arbeitgeber wertvoll sein. Ähnlich wie Besuche im Klettergarten schweißen solche Erlebnisse die Mitarbeiter zusammen und schulen letztlich zentrale Fähigkeiten, beispielsweise die Kommunikation untereinander. Die Erkenntnis, Aufgaben nur im Team bewältigen zu können, kann lehr- und hilfreich zugleich sein. Die Vorteile vom Escape Room als Firmenevent haben bereits viele Arbeitgeber entdeckt, weshalb beispielsweise vor Weihnachten der Andrang bei den Raumbetreibern groß ist.
ZUR SACHE
Wie funktionieren Escape Rooms? Es klingt zunächst etwas unheimlich: Bei einem Live Escape Room, auch Escape Game genannt, wird eine Gruppe in einen Raum eingeschlossen (natürlich nur symbolisch, jeder kann im Notfall jederzeit aus dem Raum heraus). Ziel des Spiels ist, eine Reihe von Rätseln zu lösen, die am Ende den Ausgang aus dem Raum ermöglichen, zum Beispiel, indem das Team einen versteckten Schlüssel findet. Das Ganze geschieht unter Zeitdruck, meist haben die Teams eine Stunde Zeit, alle Rätsel zu lösen und sich zu befreien. Das setzt eine ungeheure Dynamik frei und funktioniert nur mit gutem Teamwork. Ein Umstand, den auch Unternehmen für sich entdeckt
haben: Viele buchen Escape Rooms für ihre Mitarbeiter, um deren Teamfähigkeit zu trainieren. Immer mehr Firmen und Banken schicken auch ihre Bewerber in Escape Rooms, um sie dort auf ihre Kommunikationsfähigkeiten oder Stressresistenz zu testen. Die Idee stammt aus Japan, wo 2007 der erste Escape Room eröffnete, in Deutschland fiel der Startschuss im Jahr 2013 in München. Mittlerweile gibt es bundesweit mehrere Hundert Raumbetreiber, die insgesamt rund 1000 verschiedene Szenarien anbieten. So
schlüpfen die Spieler wahlweise in die Rolle von Detektiven, die ein Verbrechen aufklären sollen, in die Haut von Piraten, die aus ihrem Verlies entkommen wollen, oder werden
zu Forschern, die einer weltrettenden Formel nachjagen. Die Fantasie der Raumbetreiber ist riesig und orientiert sich an historischen Ereignissen, aber auch an Büchern oder Kinofilmen. Es gibt ScienceFiction-Szenarien, Sherlock-Holmes-Räume, Spiele im alten Ägypten oder auch Grusel- und Horrorräume. Letztere sind meist Volljährigen vorbehalten, wenngleich viele Escape Rooms für Kinder ab etwa zehn Jahren geeignet sind. Die meisten Rätselräume sind gespickt mit aufwendiger Technik, wahlweise mechanisch oder
elektronisch gesteuert öffnen sich Geheimtüren und -fächer, Safes, Schubladen oder sonstige Verstecke, eine ganze Armada von Computern steuert den Spielablauf. Zudem sind überall im Raum Kameras installiert, über die der Spielleiter das Geschehen beobachtet und gegebenenfalls hilfreiche Tipps geben kann. Auch die Zukunft der Escape Rooms ist digital, schon bieten erste Raumbetreiber Abenteuer in der virtuellen Realität an. Ein anderer Trend weitet die Spiele zu Outdoor-Erlebnissen aus. Ein Besuch im Escape Room kostet je nach Anbieter, örtlicher Konkurrenz, Szenario und Gruppengröße zwischen 8 und etwa 40 Euro pro Person. mhs
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DONNERSTAG, 28. FEBRUAR 2019
LEBEN & LEIDENSCHAFT
VON CHRISTOPH LÜTZENKIRCHEN OSTERCAPPELN. Immer mehr
Deutsche machen sich Gedanken über die Nachhaltigkeit ihrer Urlaubsreise. Das zeigt eine Statista-Umfrage. Reiseveranstalter, die dies anbieten, kennen jedoch wenige. Einer von ihnen ist der Osnabrücker Ulrich Vogel. Er hat schon vor 20 Jahren das „Forums anders reisen“ mit gegründet.
Für Ulrich Vogel kommt schon seit mehr als 30 Jahren nichts anderes als nachhaltiges Reisen infrage. Der 59-jährige Diplominformatiker entdeckte noch während seines Studiums die Angebote des 1980 in Ostercappeln-Schwagstorf gegründeten Reiseunternehmens Natours. Vogel nahm damals an einer geführten Kanutour in Südfrankreich teil. Es gefiel ihm. Im Folgejahr hatte er seinen ersten Auftritt als Reiseleiter. „Ich fand es toll, dass Menschen uns vertraut haben, ohne sich selbst um viel zu kümmern“, erinnert er sich. „Wir haben ihnen gezeigt, welche Pilze sie essen konnten, welche Beeren und wo man am besten Trinkwasser holt.“ Kurze Zeit nach Abschluss seines Studiums stellte der frischgebackene Informatiker die Weichen für sein Leben als Reiseveranstalter. Er gab seinen Beruf auf und stieg bei Natours ein. Wir sitzen in Vogels Büro im Osnabrücker Stadtteil Sonnenhügel. Gemeinsam mit seinen beiden festen Mitarbeitern Yörn Kreib (58; Diplom-Ingenieur Landespflege) und Jörg Hillmann (55; Landschaftsgärtner) nutzt er ein einfaches Reihenhaus als Firmensitz. Der Kontakt zu den Kunden – Vogel spricht von Gästen – läuft ohnehin überwiegend über die eigene Internetseite, E-Mail und natürlich das Telefon. Natours bietet vor allem Gruppenreisen an, die immer mit Bewegung verbunden sind. Die Gruppen wandern, sie sind mit dem Kanu unterwegs, mit dem Rad, auf Skiern und Schneeschuhen oder zusammen mit ihren Hunden. Die Gruppengröße liegt zwischen zwölf und 16 Personen. „Wir bewegen uns langsam in der Natur, das ist das Verbindende bei unseren verschiedenen Gruppenreisen“, sagt Ulrich Vogel. „Ziel ist nicht der Thrill, die kurzfristige Sensation. Wir haben aber keinen pädagogischen Anspruch.“ Als Gründungsmitglied des „Forums anders reisen“ legt Vogel da besondere Kriterien an seine Reisen. So hat er sich unter anderem verpflichtet, auf Sozialstandards zu achten und bei Flugreisen für Kompensation zu sorgen. Bis 2008 beförderte Natours seine Kunden zum Großteil mit eigenen Bussen an die Urlaubsorte. Heute würden die Gäste es vorziehen, mit der Bahn oder dem Pkw zu fahren oder zu fliegen, so der Unternehmer. Der Wandel in den Ansprüchen kam mit dem wachsenden Erfolg der Billigflieger. Bei Natours führte das zur Aufspaltung in zwei eigenständige Einheiten: das Busunternehmen Natours am alten Standort in Ostercappeln und den Reiseveranstalter Natours in Osnabrück, dessen Geschäftsführer und Eigentümer Ulrich Vogel ist. Insgesamt 130 verschiedene Reiseziele hat der Osnabrücker im Angebot. Sie liegen in Frankreich, Italien, Irland, Skandinavien, Polen, Spanien oder Kuba. Vogel greift dabei in wachsendem Umfang auf Angebote ausgesuchter Partner zurück. „Die hatten anfangs einen Anteil von zehn Pro-
Nicht nur in die Sonne gehen die Reisen von Natours,auch in den Schnee. Dann darf auch mal Entspannung auf dem Programm stehen. Fotos: Natours
Urlaub mit Gleichgesinnten Der Osnabrücker Reiseveranstalter Natours hat sich auf nachhaltige Gruppenreisen spezialisiert
Eine Kanutour ist der erste Urlaub, den Ulrich Vogel schon zu Studienzeiten mit Natours gemacht hat. Allerdings nicht in Mecklenburg-Vorpommer,wie die Teilnehmer auf dem Bild, sondern in Südfrankreich.Heute leitet er
Aktiv sind die Reisen immer. Hier ging es mit einer Gruppe auf dem Fahrrad
den Reiseveranstalter, der auf Nachhaltigkeit setzt.
durch Paris.
zent an unserem Gesamtprogramm“, sagt er. „Der ist inzwischen auf circa 60 Prozent gewachsen.“ Pro Jahr buchen rund 1400 Menschen Reisen über Natours und geben zwischen 1200 und 2500 Euro aus. Im Geschäftsjahr 2017 beliefen sich die Einnahmen des Unternehmens aus Reisebuchungen auf 1,4 Millionen Euro. Die Kunden kommen aus ganz
„Ziel ist nicht der Thrill, die kurzfristige Sensation.“ Geschäftsführer Ulrich Vogel
Deutschland, Österreich und der Schweiz, zwischen 40 und Mitte 60; selbst 70-Jährige seien nicht mehr die Ausnahme. Es sind überwiegend Alleinreisende, zwei Drittel sind weiblich. „Wir bieten aber keine Single-Reisen an“, betont Vogel. „Es geht nicht um die Partnersuche, sondern darum, mit Gleichgesinnten Urlaub zu machen.“ Das Konzept funktioniert. „Die Reisen sind gut organisiert“, berichtet Sandra Geske. Die 47-jährige Betriebswirtin aus Wörth am Main ist schon zehnmal mit Natours unterwegs gewesen. In den Gruppen lerne man sich schnell kennen, erzählt sie. Die Unterkünfte seien in der Regel kleine Pensionen und Hotels, auch das gefällt ihr. „Wir arbeiten mit einem Stamm von selbstständigen Reiseleitenden zusammen“, sagt Ulrich Vogel. „Die sind sehr wichtig für uns. In den Bewertungen durch unsere Gäste schneiden sie regelmäßig sehr gut ab.“ Der 59-Jährige hat Spaß an seiner Arbeit und will das Unternehmen noch länger führen. In Zukunft will er noch mehr auf nachhaltige Angebote setzen. Diese sollen aus einem Umkreis von maximal 600 bis 700 Kilometern kommen und auf dem Landweg erreichbar sein. Der Schwerpunkt werde bei Deutschland und seinen Nachbarländern liegen.
ZUR SACHE
Grüner Reisen Nachhaltiger Tourismus liegt im Trend. Das belegen die Daten der Reiseanalyse 2017 der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) im Auftrag des Bundesumweltministeriums. Demnach steigt das Interesse an Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit Urlaubsreisen in der Bevölkerung. 49 Prozent der Befragten legten Wert darauf, dass ihr Urlaub möglichst ökologisch verträglich, ressourcenschonend und umweltfreundlich ist. Im Jahr 2014 waren es noch 31 Prozent. Die Sozialverträglichkeit des Urlaubs war sogar für 56 Prozent wichtig (2014: 38 Prozent). Seit 1987 beschäftigt sich auch der Deutsche Reiseverband (DRV) mit dem Thema Nachhaltigkeit. Er vergibt jedes Jahr den Preis „EcoTrophea“ als internationale Auszeichnung für
Umweltschutz und soziale Verantwortung im Tourismus. Allerdings erstaunt es, dass der Preis 2017 an Tui Cruises ging, ein Unternehmen aus der ganz und gar nicht nachhaltigen Kreuzfahrtbranche. In einem Buffetrestaurant auf einem der Flottenschiffe war es gelungen, innerhalb einiger Monate die Menge an Lebensmittelabfällen um rund 20 Prozent zu reduzieren. Ganzheitlicher erscheint der
Ansatz des „Forums anders reisen“, zu dessen Gründern vor 20 Jahren auch Ulrich Vogel mit Natours gehörte. In dem Forum haben sich Reiseveranstalter zusammengeschlossen, die sich für einen nachhaltigen Tourismus engagieren. Die Gründer formulierten einen gemeinsamen Reisekriterienkatalog. Sie verpflichten sich beispielsweise, Kinderarbeit auszuschließen, auf Sozial-
standards zu achten und bei Flugreisen für Kompensation zu sorgen. Das Forum hat heute circa 130 Mitglieder. Die Gesamtumsätze der Mitgliedsunternehmen beliefen sich 2017 auf 300 Millionen Euro. In dem Jahr buchten 151 000 Kunden eine Reise bei einem Mitglied. Gemeinsam mit der Kontaktstelle für Umwelt und Entwicklung Stuttgart (KATE) und dem Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) hat das Forum anders reisen einen Leitfaden mit Kriterien zur CSR-Berichterstattung im Tourismus entwickelt. Reiseveranstalter erstellen damit jährlich ein Verbesserungsprogramm und verfassen einen Nachhaltigkeitsbericht. Zur CSR-Zertifizierung gehört zudem eine externe BerichtsprüDas Team von Natours: Yörn Kreib (von links), Ulrich Vogel und fung durch einen unabJörg Hillmann. Foto: Christoph Lützenkirchen hängigen Gutachter.
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LEBEN & LEIDENSCHAFT
Ticket in die Chefetage Mathias Köhn hat mit Ende 30 seinen Master of Business Administration (MBA) an der Mannheim Business School gemacht
BREMEN/ESSEN. Stanford, Har-
vard, Mannheim — Der Abschluss mit dem Titel Master of Business Administration (MBA) einer Eliteuni gilt als Karriereturbo, doch die Zeit bis zum Abschluss ist hart. Ein Absolvent blickt zurück.
Das Hauptquartier von ThyssenKrupp in Essen ist ein imposantes Gebäude. Der stählern glänzende Würfel erhebt sich einschüchternd am Kopfende einer streng symmetrischen Teichanlage, flankiert von Nebengebäuden. Im Innern schimmern matt die Fliesen der Empfangshalle. Alles hier strahlt die Macht eines Weltkonzerns aus. Umso wärmer fällt die Begegnung mit Mathias Köhn aus. Der 44-Jährige sitzt mit breitem Lächeln und offenem Hemdkragen in einem Café in einem der Nebengebäude. Köhn, der aus Bremen stammt, trägt bei ThyssenKrupp den Titel Head of Service Infrastructure, er führt im Konzernbereich Global Shared Services ein Team von 40 Mitarbeitern. Mit der Berufung auf den Posten ist ihm im vergangenen Jahr der Sprung auf die Leitungsebene gelungen. Führungskraft in einem Weltkonzern – das ist eine Karriere, von der viele träumen. Diejenigen, für die er wahr wird, haben auffallend oft denselben Weg genommen: Sie haben sich nach einem ersten Studium und einigen Jahren beruflicher Praxis an einer renommierten Hochschule eingeschrieben und einen Master of Business Administration erworben, kurz MBA. Viele hochrangige Manager und Vorstandschefs großer Konzerne haben den Titel in der Tasche. Die Ursprünge dieser Managerausbildung liegen in den USA, Anfang des 20. Jahrhunderts wurden auch in Europa erste Programme angeboten. Das Themenspektrum ist breit gefächert und orientiert sich anders als ein klassischer Masterabschluss stark an der Praxis. Es geht um die grundlegende und umfassende Wissensvermittlung unternehmerischer Bereiche wie Personalplanung und Marketing. Daneben existieren aber auch sehr spezialisierte Studiengänge. Die Kosten für ein solches Studium variieren stark von wenigen Hundert Euro bis hin zu sechsstelligen Summen an den globalen Topadressen. Die britische Wirtschaftszeitung „Financial Times“ erstellt jedes Jahr ein Ranking der besten MBA-Programme der Welt,
das die Jahresdurchschnittseinkommen der Absolventen auflistet. Aktuell steht die US-Universität Stanford mit 228 000 Dollar ganz oben, gefolgt von Harvard (205 000 Dollar) und der Insead Business School (178 000 Dollar) mit Standorten in Frankreich und Singapur. Zu den führenden deutschen Anbietern zählt neben der WHU im rheinland-pfälzischen Vallendar (125 000 Dollar) und der ESMT in Berlin (110 000 Dollar) traditionell die Mannheim Business School (116 000 Dollar). Der gute Ruf letzterer Schule war auch der Grund, warum sich Köhn vor fast sechs Jahren dort eingeschrieben hat. „Ich wollte mit Ende 30 noch mal etwas machen“, sagt Köhn, der immer zielstrebig war und schon während seines Studiums in Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule in Bremen als Werkstudent bei ThyssenKrupp gearbeitet hat. Köhn hat einen sogenannten Executive MBA erworben. Der kleine Zusatz steht für eine Weiterbildung im oberen Management mit Führungsverantwortung. Ein solcher Abschluss gilt als Katapult in die Chefetage – doch ganz so einfach ist es nicht, wie Köhn erzählt. Eineinhalb Jahre dauerte sein MBA in Teilzeit. Die Lehrinhalte bestanden aus etwa 20 Kernthemen, die einen Gesamtüberblick
„Es war auch eine intensive Zeit. Eineinhalb Jahre hat man praktisch keinen Urlaub und keine Freizeit.“ Mathias Köhn
Der Bremer Mathias Köhn arbeitet im Management von Thyssen-Krupp. Für seinen MBA hat er 45 000 Euro investiert – mithilfe eines Kredits. Foto: Jasper Hochmann
nen, den Duo-Knaller.“ Eine Art Flirtgetränk, das sogar in kleinen Mengen verkauft wurde. Der MBA sei „eine tolle Erfahrung“ gewesen, sagt Köhn, der sich immer wieder für diesen Schritt entscheiden würde. „Aber es war auch eine intensive Zeit. Eineinhalb Jahre hat man praktisch keinen Urlaub und keine
Freizeit.“ Die zeitliche Belastung ist aber nur das eine. Hinzu kommen die enormen Kosten. Denn den hohen Gehältern von MBA-Absolventen stehen gerade an den Elitestandorten üppige Gebühren gegenüber. In Mannheim kostete der MBA
Illus trat ion: Col our box .de
VON NINA JANSSEN
zu Köhns Zeit 45 000 Euro. Finanziert hat er die Summe über einen Kredit. Am Ende habe es sich rentiert. Wobei er dabei mehr als das Finanzielle im Blick hat. Das Studium habe ihm nicht nur ein besseres Verständnis unternehmerischer Zusammenhänge vermittelt, sondern vor allem auch persönlich weitergebracht. „Man bekommt Einblicke in andere Themenfelder, knüpft neue Kontakte und verbessert durch die Anwendung des Erlernten seine Arbeit.“ Köhn rät Interessenten an einem MBA-Programm daher, nicht nur nach dem Namen der Business School zu gehen, sondern darüber hinaus auch die persönlichen Ziele im Blick zu haben. Zum Abschluss des Gesprächs öffnet Köhn noch die Türen zu seinem Arbeitsplatz: grauer Teppich, Grünpflanzen zwischen den Schreibtischen, Tastaturklappern, gedämpfte Atmosphäre. Dass der Raum immerhin 24 Arbeitsplätze umfasst, fällt nicht gleich auf. Köhn ist erst vor Kurzem hier eingezogen. „Ich lege keinen Wert darauf, ein eigenes Büro zu haben“, sagt er. Womit er ganz nebenbei mit ein Klischee aus der Welt schafft: Der MBA muss eben doch nicht immer ein Ticket in ein einsames Chefbüro sein.
ab 01.03. Gewerbewochen
über die Abläufe von Unternehmen liefern. Jedes zweite Wochenende musste er nach Mannheim fahren, um freitags und samstags am Unterricht teilzunehmen. Hinzu kamen das Lernen, Hausarbeiten und andere Projekte, die er nach der Arbeit erledigen musste. Für Auslandsaufenthalte an Partnerschulen reiste der Familienvater nach Paris, Singapur, New York und Schanghai. Während seines MBAs ging es aber nicht nur um die Vermittlung von Wissen, sondern auch um das Thema Vernetzung. Die Hochschule achtet bei der Zusammensetzung der Lerngruppen darauf, dass Studenten aus verschiedenen Ländern und unterschiedlichen Branchen miteinander arbeiten. Dabei ist eine gewisse Berufserfahrung Voraussetzung für die Zulassung. Die insgesamt 30 Teilnehmer in Köhns Programm kamen zur Hälfte aus Deutschland, daneben aus Ländern wie Indien, Griechenland, Frankreich und Irland. Die Kontakte, die sich im Studium ergeben, können später auch beruflich wertvoll sein, so Köhns Erfahrung. „Wir hatten den CIO (Chief Information Officer) von SAP in der Klasse. Den habe ich kürzlich noch mal kontaktiert für einen Erfahrungsaustausch.“ Die Mannheim Business School legt außerdem viel Wert auf Entrepreneurship, berichtet Köhn. Das zeigte sich an der praxisorientierten Masterarbeit: Die Aufgabe bestand darin, ein Produkt zu konzipieren, das theoretisch auf den Markt gebracht werden kann – bewertet von einer Jury aus Professoren und Investoren. „Wir haben ein Partygetränk entwickelt, aus dem zwei Leute gleichzeitig trinken kön-
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DONNERSTAG, 28. FEBRUAR 2019
LEBEN & LEIDENSCHAFT 22. 3. 2019 | 8.30 UHR
TERMINE
Grundlagen des Lean Management (Workshop)
DER WIRTSCHAFT
HOCHSCHULE OS/MEMA-NETZWERK, CAMPUS LINGEN, KAISERSTR. 10C
28. 2. 2019 | 15.00 UHR
23. 3. 2019 | 14.00 UHR
Ressource Mensch (Ems-Achse-Veranstaltung)
Wohnen & Leben (ImmobilienMesse, auch am 24.3. ab 11 Uhr)
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28. 2. 2019 | 19.00 UHR Kommunikation für Könner (ELKONET-Veranstaltung) LANDKREIS EMSLAND, KREISHAUS II, ORDENIEDERUNG 2, MEPPEN
1. 3. 2019 | 9.00 UHR IHK-Führungstraining 2019, Baustein 1 (auch am 2. 3.) IHK OSNABRÜCK-EMSLAND-GRAFSCHAFT BENTHEIM, OSNABRÜCK
27. 03. 2019 | 17.00 UHR Freuen sich über den Deutschen Exzellenz-Preis Ex x 2019 für die Markenbildung Stadt Osnabrück: Agentur sec (Geschäft ftsführerin t Manuela Maria Lagemann,3.v. r.) und das Team der Stadt Osnabrück. Foto: Agentur sec
DIE GESICHTER DER WIRTSCHAFT
Bewährte Einsatzmöglichkeiten von „wearables“ in Betrieben MEMA-NETZWERK/HOCHSCHULE OS, CAMPUS LINGEN, KAISERSTR. 10C Der Handelsverband Deutschland (HDE) zeichnete das L&T Sport rthaus t als Store of the Year 2019 aus.
Foto: L&T
30. 3. 2019 | 10.00 UHR Die Energiemesse, Osnabrück (auch am 31.3. ab 10 Uhr) PE AG, DBU ZENTRUM FÜR UMWELTKOMMUNIKATION, AN DER BORNAU 2
6. 3. 2019 | 9.30 UHR
02. 04. 2019 | 9.00 UHR
Roadshow Nachhaltige Entwicklung
Die Mitarbeitergewinnung der Zukunft (MEMA-Seminar)
METROPOLREGION NORDWEST, HOTEL PLAZA HANNOVER
EMSLAND GMBH, LANDKREIS EMSLAND, KREISHAUS II, MEPPEN
6. 3. 2019 | 14.00 UHR
3. 4. 2019 | 18.00 UHR
Brexit – Was tun? (IHK-Veranstaltung)
Digitalisierung in der Agrarund Ernährungswirtschaft
IHK OSNABRÜCK-EMSLAND-GRAFSCHAFT EMSLAND, OSNABRÜCK
Die Osnabrücker Wirt rtschaft t ftsjunioren t wählten auf der Mitgliederv rversammlung v ihren neuen Vorstand für 2019: Kreissprecherin des neunköpfigen Vorstandsteams wurde Carla Högermann (Fa.Rawie,6.v.l.). Foto: WJ
Neujahrsempfang IHK Osnabrück-Emsland-Grafschaft ftt BentFoto: IHK heim mit Ministerpräsident Stephan Weil.
MEDIENFORUM DES LANDKREISES, BERSENBRÜCK, RAVENSBERGSTR. 15A
4. 4. 2019 | 13.00 UHR
14. 3. 2019 | 15.30 UHR Praxisforum Digitalisierung (iuk Unternehmensnetzwerk)
Die Vorstände Philip Hart rting t und Andreas Conrad eröff ffneten f zusammen mit den Geschäft ftsführern t Christian Schumacher und Mariusz Matejczyk die neue Hart rting-Fert t rtigungsstätte t in Polen.
Foto: Hart rting t
Brutto für Netto durch Nettolohnkonzepte
INNOVATIONSCENTRUM OSNABRÜCK, ALBERT-EINSTEIN-STR. 1, OSNABRÜCK
IHK-SEMINAR, WALDHOTEL LINGEN, LOHNER STR. 1, LINGEN
15. 3. 2019 | 9.00 UHR
11. 4. 2019 | 14.00 UHR
Abi Zukunft Emsland (Messe auch am 16. 3. ab 10 Uhr)
Alter, was geht? – Führung im demografischen Wandel
JF MESSEKONZEPT, HALLE IV, KAISERSTRASSE 10A, LINGEN
WIGOS SEMINAR, KREISHAUS OSNABRÜCK, AM SCHÖLERBERG 1
19. 3. 2019 | 15.00 UHR
Wolfgang und Renate Fritsch-Albert rtt (Westfalen Gruppe) verabschiedeten Vorstand Reiner Ropohl (M.). Foto: Westfalen AG
11. 4. 2019 | 17.00 UHR Businessplan – Workshop in Bissendorf (Gründerhaus OS)
Stellenanzeigen passgenau formulieren und platzieren
TECHNOLOGIE CENTRUM BISSENDORF, GEWERBEPARK 18, BISSENDORF
MEMA FACHKRAFT PLUS, BTZ DES HANDWERKS GMBH, LINGEN
15. 4. 2019 | 14.00 UHR
19. 3. 2019 | 17.00 UHR
Key-Account – aber richtig! (WIGOS Kompakt-Seminar)
Info-Veranstaltung: Existenzgründung in Quakenbrück
KREISHAUS OSNABRÜCK, AM SCHÖLERBERG 1, OSNABRÜCK
GRÜNDERHAUS OSNABRÜCK, RATHAUS QUAKENBRÜCK, MARKT 1
24. 4. 2019 | 17.00 UHR
20. 3. 2019 | 17.00 UHR Marketing 1 (Markterkundung) (Workshop in Osnabrück) ICO INNOVATIONSCENTRUM, ALBERTEINSTEIN-STR. 1, OSNABRÜCK
Finanzplan – Workshop in Osnabrück (Gründerhaus OS) Ex Ex-Bundesbildungsministerin x Annette Schavan (2. v. l.) war Rednerin auf dem Jahresempfang des Bundesverbandes Mittelständische Wirt rtschaft t ft. t Foto: BVMW/Pentermann
Viel Wissenswert rtes t bietet der neue zweisprachige Standort rtführer t „Osnabrücker Land – Lebendige Wirt rtschaft t ftsregion“ t des Landkreises Osnabrück. Foto: LK/ K/ / H.Müller-Detert rtt
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