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RASCH: TAPETEN SIND HARTES GESCHÄFT SEITE 11
WEG ZUR KAFFEEBOHNE SEITE 25
DONNERSTAG, 26. APRIL 2018
AUSGABE 02/18
EINZELPREIS 1,90 €
In dieser Ausgabe:
STANDORTPORTRÄTS SAMTGEMEINDE NEUENHAUS UND STADT PAPENBURG MACHER & MÄRKTE Trotz US-Konkurrenz: Kochlöffel ist im Markt erfolgreich. Seite 3
SPEZIAL HOLZ & HEIMAT Diskussion: Welche Bedeutung hat der regionale Wald? Seiten 12 und 13 Foto: M.Gründel
GELD & GESCHÄFT Genossenschaften gibt es längst nicht nur bei Banken. Ein Überblick. Seiten 20 und 21
LEBEN & LEIDENSCHAFT Kultur: zwischen Anspruch und finanziellen Grenzen.
Fotos: Fotolia,imago/Nature Picture Library, imago/photothek,iStock – Montage: Manfred Vogelsang
Wandel und Neubeginn als Chance Peter M. Wolf steht an der Spitze der Osnabrücker Hamm-Reno-Gruppe VON NINA KALLMEIER OSNABRÜCK. Deutschlands zweit-
größter Schuhhändler schlägt ein neues Kapitel im Vorstandsvorsitz auf: Peter M. Wolf hat zum 1. März die Führung der in Osnabrück ansässigen HammReno-Gruppe übernommen.
Der gesamte Schuhmarkt ist im Wandel, und auch die Hamm Reno Gruppe (HR Group) verändert sich. Seit dem Verkauf der in Osnabrück ansässigen HR Group in 2016 werden von der Geschäftsleitung die Weichen für die Zukunft gestellt, um in einem hart umkämpften Markt robust und zukunftsfähig aufgestellt zu sein. Im
Wandel und Neubeginn sieht auch Peter M. Wolf erhebliche Chancen. Seit 2016 ist er als operativer Beiratsvorsitzender bereits in allen strategischen Entscheidungen eingebunden, nun steht Wolf seit dem 1. März an der Spitze des Schuhgroßhändlers. Wolf löst Wolfram Hail ab, der seit Juni 2017 der Unternehmensgruppe vorstand. Hail wollte aus persönlichen Gründen von der CEO-Funktion Abstand nehmen und sich stärker auf den Geschäftsbereich „Sourcing und Einkauf “ konzentrieren, der bei der HR Group eine wichtige Schlüsselfunktion darstellt. Peter M. Wolf gehört seit dem
Peter M. Wolf steht seit 1.März der HR Group vor. Foto: HR Group
Verkauf der HR-Gruppe auch dem Gesellschafterkreis des Unternehmens an. Als solcher war er bereits intensiv in die strategische und operative Neuausrichtung der der Gruppe eingebunden. Somit ist ein reibungsloser Übergang gewährleistet, um so-
wohl die Repositionierung von Reno als auch die positive Entwicklung der gesamten Unternehmensgruppe im letzten Geschäftsjahr fortsetzen zu können, heißt es seitens des Unternehmens. Wolf kann auf eine langjährige Handels- und Markenerfahrung in seinen Funktionen als CEO von Karstadt und Konzernvorstand von Tchibo zurückgreifen. Zudem war er in den letzten Jahren unternehmerisch als aktiver Investor an mittelständischen Handels- und Markenunternehmen unter anderem der Golfhouse GmbH, der Liberty Fashion Holding und der Bree Collection GmbH beteiligt und hat diese erfolgreich weiterentwickelt.
Seiten 28 und 29
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DONNERSTAG, 26. APRIL 2018
MACHER & MÄRKTE
2
SPEZIAL
MACHER & MÄRKTE
GELD & GESCHÄFT
HOLZ & HEIMAT
1 | Peter M. Wolf
9 | Tischlerhandwerk
Neubeginn als Chance zur Weiterentwickelung der HR Group
17 | Projekteins
Über die handwerkliche Praxis und die Begeisterung für den Beruf
25 | Joliente
Digitale Lösungen, auch für den stationären Handel
2 | Editorial
Im Wald trifft Idylle auf wirtschaftlichen Nutzen
Der lange Weg von der Bohne bis zum Kaffee
18 | Börsenporträt
26 | Holzkunst
19 | Depenbrock Bau
27 | Miniatur
28/29 | Kultur
2018 ist das Jahr der Debütanten auf dem Parkett
Foto: Michael Gründel
10 | Fachwerk
Christian Heggemann gibt alten Fachwerkhäusern neuen Glanz
Konjunktur macht Rohstoffversorgung schwierig
4/5 | Möbelindustrie
11 | Rasch Tapeten
20/21 | Genossenschaften
Starke Unternehmen in der Region auf Wachstumskurs
Volkswirtin Theresia Theurl über Chancen und Digitalisierung
6 | Nordland Papier
12/13 | Wirtschaftstalk
Diskussion über die Bedeutung der Forstwirtschaft für die Region
22 | Korn
Programmierer Simon Meyborg baut seine eigene Marke auf
7 | Reisebüro
14 | Vielfalt
23 | Gastronomie
Wie die Berndt-Gruppe der Konkurrenz im Internet trotzt
8 | Wikotec
Übertragungstechnik für die Fußball-WM kommt aus der Region
Der Wald und seine unterschiedlichen Wirtschaftsfaktoren
Neun Milliarden Umsatz auf Handelsflächen
15 | Naturpark Hümmling
24 | Dynamic Pricing
Wie unterschiedliche Nutzungsansprüche konkurrieren
Programme zwischen Anspruch und finanziellen Grenzen
31 | Zwei Sterne Lars Kreiling und Gina Duesmann ausgezeichnet
Foto: Stephan Konjer
32 | Gesichter der Wirtschaft
Für Clemens Vest sind individuelle Preise keine Langzeitvision
Auszeichnungen, Neuerungen und eine neue Welle
Unternehmens- und Personenindex UNTERNEHMEN Adidas............................................................8, 18 Almen GmbH................................................... 21 Alno......................................................................5 Alte Posthalterei Melle ..................................10 Amazon .......................................... 17, 19, 22, 24 Aramco ..............................................................18 Arenberg-Meppen GmbH ............................. 15 Assmann Büromöbel................................... 4, 5 Bau- und Möbeltischlerei Heinrich Pieper..9 BenQ ..................................................................18 Bentheimer Eisenbahn AG ............................. 7 Bosch..................................................................18 Bree Collection GmbH..................................... 1 Breitbandgenossenschaft Hagen................. 21 Bund Bildender Künstler (BBK) Osnabrück ....................................................... 26 Bundesverband Holzpackmittel, Paletten, Exportverpackung (HPE) e.V. .......4 Bundesverband Textil (BTE) ........................23 Burger King........................................................3 Bürgergemeinschaft Emlichheim ...............28 CNN....................................................................18 Continental.......................................................18 Corso Sauna Manufaktur ................................9 Cosse Elektro GmbH......................................18 DATEV.............................................................. 20 Depenbrock Bau GmbH & Co. KG ..............19 Deutscher Forstwirtschaftsrat (DFWR). 12, 13 Deutscher Kaffeeverband..............................25 Deutscher Mineralbrunnen Verband .........25 Deutsches Aktieninstitut (DAI) ...................18 Dressel + Höfner.............................................18 Duni AB....................................................... 12, 13 Duni Logistik GmbH...................................... 12 DWS ...................................................................18 E. A. Vehmeyer .......................................... 12, 13 ECE-Shopping Center Bielefeld...................23 Ecopark .............................................................22 Edeka ................................................................ 20 Edeka-Gruppe..................................................23 Emco Bautechnik............................................18 Emsland Museum Schloss Clemenswerth.. 15 Emslandhallen................................................ 29 Epcos..................................................................18 Erlebnis Akademie (eak)............................... 14 Europäische Akademie für biopsychosoziale Gesundheit, Naturtherapie und Kreativitätsförderung..................................... 14 Exp37 ................................................................. 17 Farmingtons Automotive ..............................18 Felix Schoeller Group.....................................32
Ferrari................................................................22 Festhalle Frankfurt........................................ 29 Forschungs- und Beratungsinstitut für den Handel (EHL).............................. 17, 23 FreiStil Tischlerei Böhm und Kinstler .........9 Friedwald GmbH............................................. 14 Fujitsu................................................................18 Gasthaus Knollmeyer..................................... 14 GEMA ................................................................28 Glutz................................................................... 12 Golfhouse GmbH .............................................. 1 Grafschafter Volksbank .................................28 Gruner + Jahr ..................................................22 Grüner Jäger ................................................... 26 Güterverkehrszentrum Emsland...................6 Häcker Küchen............................................. 4, 5 Halle 622 Zürich ............................................ 29 Halle IV ............................................................ 29 Hamm-Reno-Gruppe (HR Group) ...........1, 17 Handelsverband Deutschland (HDE) ........24 Handwerkskammer OsnabrückEmsland- Grafschaft Bentheim .....................9 Harting..............................................................32 Hauptverband der Deutschen Bauindustrie................................19 Hauptverband der Deutschen Holzindustrie (HDH) .......................................4 Healthineers.....................................................18 Heimatverein Twist .................................28, 29 Hellmann ..........................................................32 Hellmann Worldwide Logistics ...................18 Heydt .................................................................22 Hotel Weißer Hirsch ...................................... 31 Ikea................................................................ 5, 23 Industrie- und Handelskammer OsnabrückEmsland- Grafschaft Bentheim ............... 4, 23 Infineon.............................................................18 Institut für Genossenschaftswesen, Universität Münster...................................... 20 Intersport......................................................... 20 J. H. Lücke & Rasch Tapeten und Rouleauxfabrik.........................................11 Jägermeister.....................................................22 Joliente GmbH.................................................25 Karstadt............................................................... 1 Keilings.............................................................. 31 Knorr..................................................................18 Kochlöffel........................................................1, 3 Konzept Kultur Emlichheim ........................28 Kreissparkasse.................................................28 KS Innenausbau GmbH.................................18 Kunstfabrik Hannover.................................. 26 Künstlersozialkasse ........................................28 L & T Sporthaus ..............................................32
Landesgartenschau (Laga) ........................... 14 Lebensmitteleinzelhandel (LEH) ................23 Liberty Fashion Holding ................................. 1 Lipps Energie GmbH ..................................... 21 Lufthansa City Center Reisebüro Berndt .... 7 Märkische Bank .............................................. 21 Marktforschungsinstitut Kantar TNS ..........4 Max-Schmeling-Halle Berlin ....................... 29 McDonald’s.........................................................3 Messe-, Kongress- und Veranstaltungszentrum (VAZ) St. Pölten.. 29 Meyer & Meyer ................................................18 Meyer Werft ....................................................... 7 Michelin ............................................................ 31 Milka..................................................................22 Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.... 13 Museumsdorf Cloppenburg..........................10 Museumspark Varusschlacht ...................... 26 Naturpark Hümmling.................................... 15 Neue Alno GmbH..............................................5 Nike....................................................................18 Nobilia Küchen..................................................5 Nolte Küchen .....................................................4 Norddeutsche Landesbank (Nord/LB).......18 Norddeutscher Rundfunk............................ 26 Nordland Papier................................................6 Ohnesorg-Theater ...........................................28 Oldenburgische Landesbank........................28 Osram ................................................................18 Oy Kaukas Ab ....................................................6 Pante Möbelfabrik ............................................5 Piepenbrock-Gruppe ......................................18 Pino ......................................................................5 Plogmann + Co................................................32 Poco......................................................................5 Polipol..................................................................5 Projekteins........................................................ 17 Rasch ..................................................................11 Rasch Tapeten...................................................11 Ravena................................................................11 Reisebüro Berndt.............................................. 7 Reisebüro-Gruppe Berndt............................... 7 Reiseland Albatros............................................ 7 Reiseland Reisebüro Berndt........................... 7 Rewe ................................................................. 20 Rinspeed ...........................................................32 Ritter-Sport ......................................................22 Riverrock.............................................................5 Rolf Benz.............................................................5 Rosche ...............................................................22 Saturn ................................................................ 17 Schlosshotel Münchhausen.......................... 31 Siematic...............................................................5
Siemens .............................................................18 Sievers Group...................................................32 Sparkasse Aachen ...........................................18 Sparkasse Osnabrück.....................................18 Spotify................................................................18 Springer Nature...............................................18 Stadtwerke Lingen..........................................18 Steinhoff..............................................................5 Südwestfälische Industrie- und Handelskammer (SIHK)................................ 21 Tailorit ............................................................... 17 Taptenfabrik Gebr. Rasch GmbH & Co.......11 Tata.....................................................................18 Teammotion ..................................................... 14 Thyssen-Krupp ................................................18 Tschibo ................................................................ 1 UPM Nordland Papier .....................................6 UPM-Konzern ....................................................6 VDO....................................................................18 Verband der Deutschen Möbelindustrie ....4 Verbände der Holz- und Möbelindustrie Nordrhein-Westfalen........................................4 Vest Marketing GmbH...................................24 Viscom...............................................................18 Volks- und Raiffeisenbanken................. 20, 21 Volksbank Hohenlimburg............................. 21 VW......................................................................22 WABE-Zentrum Klaus Bahlsen der Hochschule Osnabrück ......................... 26 Waldbesitzerverband Weser-Ems.......... 12, 13 Weinkrüger Osnabrück..................................10 Wellmann............................................................5 Welp Group ......................................................18 Welp Holding GmbH......................................18 Werbeagentur RP 07 ......................................22 Werbeagentur Sec ...........................................32 Wikotec ...............................................................8 Wolkenschieber ................................................. 7 Xetra ..................................................................18 Ziegelei Hebrok ...............................................32 Zimmerei Heggemann...................................10
PERSONEN Aehlen, Thomas...............................................18 Assmann, Dirk.............................................. 4, 5 Auger, Brian .....................................................28 Bahlsen, Klaus ................................................ 26 Bartels, Tom .....................................................32 Bommers, Robert............................................18 Book, Michael ............................................ 12, 13 Bortenlänger, Christine .................................18 Boss, Ulrich ......................................................18
Worklife
Architecture
KEINE SPUR VON ROMANTIK
Nachwachsender Rohstoff Holz VON BERTHOLD HAMELMANN
Lehramtsstudentin Saskia Landwehr macht Haustiere zu Kunstwerken
Ein Traditionsunternehmen bewährt sich in schwierigem Marktumfeld
Ansiedlung brachte einen Schub für die ganze Region
E D I TO R I A L
Für Franz Greife ist Holz zum Lebensthema geworden
3 | Kochlöffel
Wie sich ein Familienunternehmen gegen die US-Konkurrenz durchsetzt
LEBEN & LEIDENSCHAFT
Bücker, Jörg.......................................................11 Büring, Dr. Ralf ...............................................18 Busemann, Bernd .............................................6 Carli, Uwe ......................................................... 15 Cosse, Tanja......................................................18 Cosse, Gerd.......................................................18 Cramer, Lisa .....................................................25 Depenbrock, Karl............................................19 Depenbrock, Karl-Heinrich ..........................19 Dobelmann, Stefan...........................................9 Dolny, Michael................................................. 21 Doods, Frank....................................................18 Duesmann, Gina ............................................. 31 Dylan, Bob ....................................................... 29 Eller, Dr. Elke...................................................18 Epping, Stefan ................................................ 29 Erhardt, Heinz.................................................22 Frölich, Winfried............................................. 15 Führer, Marcel ................................................. 17 Gallenkamp, Hans-Christoph ......................32 Genth, Stefan ...................................................24 Gerenkamp, Martin........................................ 15 Greife, Franz.................................................... 26 Hagemann, Ingo.............................................. 17 Hail, Wolfram .................................................... 1 Hamker, Astrid ................................................18 Hassenpflug, Falk............................................23 Hebrok, Jörn ....................................................32 Heggemann, Christian...................................10 Heggemann, Robert .......................................10 Hehmann, Sandra.............................................9 Hessler, Julia......................................................3 Hessler, Torsten.................................................3 Hestermeyer, Heiner ......................................32 Heumann, Lucas .......................................... 4, 5 Horn, Natalie ................................................... 17 Hösterey, Michael ........................................... 21 Kaapke, Timo...................................................22 Keaveny, Jim ....................................................28 Keiling, Lars..................................................... 31 Keller, Kai .........................................................25 Klofat, Dr. Bernd.............................................32 Köhler, Toni...................................................... 31 Kopmeyer, Dirk ............................................... 15 Kösters, Andreas .............................................28 Köstring, Daniel ..............................................28 Krause, Gesa Felicitas ....................................32 Krebs, Florian ................................................. 29 Krüger, Melanie.................................................9 Küking, Ralf .....................................................18 Lagemann, Manuela Maria...........................32 Landwehr, Saskia............................................27 Landwehr, Gudrun .........................................27 Latz, Michael....................................................23
Lipps, Katrin .................................................... 21 Lücke, Johann Heinrich .................................11 Lücken, Sandra.................................................. 7 Meyborg, Simon ..............................................22 Neuer, Manuel .................................................18 Neureuther, Felix.............................................32 Niermann, Annette......................................... 14 Niewisch-Lennartz, Antje .............................18 Opperbeck, Kris...............................................22 Osborne, Joan ..................................................28 Pieper, Heinrich ................................................9 Plogmann, Günter ..........................................32 Preibisch, Holger.............................................25 Raiffeisen, Friedrich Wilhelm..................... 20 Rasch-Schulze, Dario ......................................11 Rasch, Frederik.................................................11 Rasch, Hermann Wilhelm Gottfried ...........11 Rasch, Emil .......................................................11 Rasch, Hugo ......................................................11 Reichel, Achim.................................................28 Reimann, Klaus.................................................6 Reinert, Heiner................................................28 Rinderknecht, Frank M. ................................32 Risager, Thorbjörn..........................................28 Rümmler-Stolle, Katy..................................... 31 Sammer, Matthias...........................................32 Scheper-Stuke, Paul........................................18 Schirmbeck, Georg ................................... 12, 13 Schmidt, Henning...........................................25 Schnee, Sebastian ........................................... 14 Scholz, Willi......................................................18 Schönberger, Barbara......................................11 Schüller, André................................................18 Schütt, Asmus .................................................. 21 Seitz, Thomas...................................................18 Sieverdingbeck, Detlef...................................32 Stieve, Heinrich...............................................10 Stieve, Ludwig .................................................10 Strauss, Richard ............................................. 26 Syrett, James .....................................................11 Theurl, Theresia ............................................. 20 Unger, Niklas ...................................................32 van den Berg, Martha ......................................3 Vest, Clemens...................................................24 Vonne, Patricia.................................................28 Voß, Matthias.............................................12, 13 Weil, Stephan.....................................................5 Wellinger, Andreas..........................................32 Wenzel, Stefan ...................................................5 Wiecking, Guido...............................................11 Winter, Reinhard ............................................ 15 Wirth, Florian....................................................8 Wocken, Hermann............................................6 Wolf, Peter M. .................................................... 1
D
a steht sie. Mitten im Wald, etwas abseits. Eine Buche. Groß, gesund, beeindruckend. Angesichts des Stammdurchmessers schätzt der Fachmann den Baum auf mindestens 150 Jahre oder älter. Wenn jetzt noch ein Eichhörnchen den Stamm emporflitzt, scheint die Idylle perfekt. Der Spaziergang in gesunder Luft hat sich wieder gelohnt! Das Bild passt wunderbar zum romantischen Waldbewusstsein, das gerade in Deutschland tief verwurzelt ist. Der Wald als Lebensraum für Pflanzen und Tiere, der der Bevölkerung zur Entspannung und Erholung dient. Er ist dabei immer auch ein Wirtschaftsgut gewesen. Und die Holzindustrie ist längst eine knallharte Branche geworden, in der immer mehr Monopolisten den Ton angeben und die Preise diktieren. Ein Viertel der Fläche Niedersachsens, etwa 1,2 Millionen Hektar, ist bewaldet, deutschlandweit sogar ein Drittel (11,4 Millionen Hektar). Das entspricht einem Holzvorrat von 3,4 Milliarden Kubikmetern – einen größeren gibt es nirgendwo sonst in Europa. Der Wald produziert den nachwachsenden und ökologisch wertvollen Rohstoff Holz. Die Bedeutung von Holz- und Forstwirtschaft verdeutlichen 1,1 Millionen Arbeitsplätze. Doch Achtung. Die lohnintensive Verarbeitung von Laubholz für Möbel, Furniere und Fußböden ist weitgehend ins Ausland abgewandert. In Deutschland geblieben ist die starke, über Maschinen zu bewältigende Verarbeitung von Nadelholz für die Bauindustrie, für Spanplatten oder Zellstoff. Die eingangs beschriebene niedersächsische Buche hat übrigens gut Chancen, 200 Jahre und älter zu werden. Als Solitärbaum lohnt sich das Ernten kaum. Und ohne passendes Sägewerk in der Region wäre eine Weiterverarbeitung auch nicht rentabel. Fluch oder Segen?
Mobility
emco Group: Überraschend mehr Familienbetrieb gut aufgestellt für eine erfolgreiche Zukunft
Badausstattungen
Eingangsmatten
Hefter & Locher
Mehrplatzsysteme
Schneidemaschinen
Präsentationssysteme
Lichtspiegelschränke
Textilmatten
Elektrotacker
Büroleuchten
Aktenvernichter
Schneidegeräte
Elektroroller
Die emco Group mit Hauptsitz in Lingen (Ems) ist ein seit 1945 familiengeführtes Traditionsunternehmen. emco bad und emco bau, decken unterschiedliche Bereiche der Gebäudetechnik und Raumausstattung ab. Novus Dahle office sowie fastening produzieren innovative Büro- und Befestigungstechnik und emco e-scooter Elektromobilität mit Zukunft. Erwin Müller GmbH • Breslauer Str. 34-38 • 49808 Lingen Tel. (0591) 9140-0 info@emco.de • www.emco-group.de
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MACHER & MÄRKTE
„Wir sind ein Imbiss, und das wollen wir bleiben“ Fast-Food-Branche: Wie sich Kochlöffel in einem umkämpften Markt durchsetzt VON NINA KALLMEIER LINGEN. In zweiter Generation führen Julia und Torsten Hessler heute zusammen mit Gründerin Martha van den Berg das Familienunternehmen Kochlöffel. Es wird häufig als „ImbissPionier“ bezeichnet, denn als die Seniorchefin 1961 die erste Filiale eröffnete, waren die heute dominierenden amerikanischen Fast-Food-Ketten zwar gegründet, in Deutschland jedoch große Unbekannte.
1480 McDonald’ s-Filialen gibt es in Deutschland, 708 Burger-King hat immerhin noch 708. Dagegen kann das Lingener Familienunternehmen Kochlöffel zahlenmäßig nicht antreten. Den Anspruch haben Julia und Torsten Hessler aber auch nicht. Auf ihr Filialnetz aus 83 Restaurants sind die beiden Geschäftsführer stolz, ebenso wie auf ihre 19 Partner, die 25 dieser „Kochlöffel“ als Franchisenehmer führen. An vielen Standorten haben die Hesslers Wettbewerber
kommen und gehen sehen, während die Zahl ihrer Filialen in den vergangenen Jahren sehr konstant geblieben ist. „Als Familienunternehmen haben wir einen langen Atem. Wir bleiben dran, kümmern uns um unsere Standorte, aber überlegen natürlich auch ganz genau, bevor wir neue Filialen eröffnen“, sagt Julia Hessler. Das Netz der Kochlöffel-Restaurants erstreckt sich heute von Husum bis zum Bodensee, und auch auf Helgoland steht wie in jeder Filiale eine Kuckucksuhr im Schnellimbiss. Allein an den eigenen Standorten sind 750 Mitarbeiter beschäftigt, insgesamt sind es inklusive der Franchise-Filialen rund 1000. Ziel ist es, sowohl mit eigenen Betrieben als auch mit dem Franchise-Konzept weiter zu expandieren. Aus derzeit 83 Restaurants sollen bundesweit 100 Standorte werden. Seit Martha van den Berg den ersten „Kochlöffel“ in Wilhelmshaven gründete, steht für das Lingener Familienunternehmen das klassi-
Auch Kochlöffel hat heute ein Franchise-System etabliert.Rund 30 Prozent der Schnellrestaurants werden von Partnern geführt.
sche Imbiss-Geschäft im Mittelpunkt. „Die Imbiss-Kultur ist in Deutschland verwurzelt. Auch wenn sie gerade in den 90er-Jahren recht verpönt war“, sagt Julia Hessler. Die klassischen Gerichte wie Hähnchen, Wurst und Pommes machen immer noch zusammen 44,7 Prozent des Umsatzes aus. 42,6 Millionen Euro waren es unternehmensweit 2017, damit gehört Kochlöffel zu den 30 führenden Anbietern der Schnellgastronomie. Der Imbiss hat sich auch dem Markt angepasst: Der Burger-Anteil am Umsatz lag im vergangenen Jahr bei 33,9 Prozent. Und auch vegetarische Produkte stehen für Julia Hesserl ganz selbstverständlich auf der Speisekarte. Dennoch: Wie ein Gemischtwarenladen alles anbieten wird Kochlöffel auch künftig nicht. „Sonst wird man kopflos. Wir sind ein moderner deutscher Imbiss, und das wollen wir bleiben.“ Für die Hesslers ist es besonders ein Faktor, der sie Tradition bl von anderen Marktteilneheibt: Kochlö ffel sieht sich te noch als auch heu- mern unterscheidet: der StelImbiss – un d hat als Fa nehmen ein milienunter- lenwert der Familie. Nicht nur Alleinstellung smerkmal. im engeren Sinne, sondern
auch unternehmerisch. „Die Firma ist Teil der Familie und umgekehrt“, betont Julia Hessler – auch wenn für die gelernte Werbekauffrau nicht von Anfang an klar war, dass Kochlöffel einmal ihre Familie werden würde. „Vorstellen konnte ich mir das erst, als mein Mann ins Unternehmen eingestiegen ist“, erzählt sie. Eine klare Trennung zwischen Firma und Privatem gibt es für die 46-Jährige heute ebenso wenig wie für ihren Mann – ohne negative Konsequenzen. Das Unternehmerduo schätzt es vielmehr, als Ehepaar die Firmengeschicke zu führen. „Man weiß genau, man kann sich auf den anderen verlassen. Und man weiß auch, warum der jeweils andere eine Entscheidung genau so trifft, wie er sie trifft“, sagt Julia Hessler. Unternehmensentscheidungen würden zusammen mit ihrer Mutter immer einstimmig gefällt. Zur Familie zählen für die Hesslers aber auch ihre Mitarbeiter, die zum Teil in zweiter Generation bei Kochlöffel beschäftigt sind, ebenso wie die Franchise-Partner. Letztere wähle man sehr sorgfältig aus, denn die Chemie müsse stimmen. „Wir gehen als Familie eine Partnerschaft mit einer anderen Unternehmerfamilie ein“, beschreibt
Julia Hessler den Prozess, einen neuen Franchisenehmer zu finden. Die Partner betreiben immerhin rund 30 Prozent der Filialen – auch wenn dieser Anteil im Vergleich zur amerikanischen Konkurrenz sehr gering ist. Bei beiden großen Burger-Ketten zum Beispiel werden jeweils rund 90 Prozent der Schnellrestaurants von selbstständigen Franchise-Partnern betrieben. Da wird eine persönliche Bindung als Unternehmen schwierig. Sie ist für Julia Hessler jedoch eine Stärke des Systems, das für Torsten Hessler bei allem Wiedererkennungswert genügend Platz für Individualität lässt. Dazu zählen Bücherecken und gemütliche Sessel ebenso wie ein Kicker-Tisch.
Dennoch, die Branche ist eine Herausforderung trotz steigender Ausgaben der Deutschen für Außer-Haus-Verzehr. „Das ist jedoch nicht neu“, sagt der 46-jährige Geschäftsführer. Nicht erst seit gestern bringen die Platzhirsche mit deutlich höheren Umsätzen und Restaurantzahlen eine gewisse Dominanz mit sich. Eines hat sich jedoch in der 57jährigen Firmengeschichte verändert: Der Markt sei schnelllebiger geworden, sagt Torsten Hessler. Entsprechend stolz ist man bei Branchentreffen wie der Internorga, dass Kochlöffel als eines der wenigen Familienunternehmen am Markt vertreten ist. Diese Ära ist bei den amerikanischen Riesen schon lange Geschichte. In zweiter Generation führen Julia und Torsten Hessler heute zusammen mit Gründerin Martha van den Berg das Familienunternehmen Kochlöffel.Im Imbiss-Konzept sehen sie ihre Stärke und die Abgrenzung zum amerikanisch geprägten Markt. Fotos: Kochlöffel
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DONNERSTAG, 26. APRIL 2018
MACHER & MÄRKTE
MACHER & MÄRKTE
„Branche differenziert betrachten“
Steinhoff: Mit Bilanzskandal in der Krise Zukunft des Handelsriesen ungewiss
Die Region ist eines der größten Ballungszentren der Möbel- und Küchenindustrie in Europa – 37 Prozent der Beschäftigten in Deutschland arbe beiten hier und in OWL
Es gibt mehr als 20 Möbelhersteller in der Region. Assmann ist Vorreiter in der automatisierten Produktion. Teilsegment Küchen verzeichnet Exportüberschuss. VON NINA KALLMEIER MELLE/EMSLAND/GRAFSCHAFT BENTHEIM. Rund 43,22 Milliarden
Euro haben private Haushalte in Deutschland im vergangenen Jahr für Möbel ausgegeben. Davon profitieren die Betriebe der Möbelindustrie, deren Umsatz deutlich dynamischer gestiegen ist als im verarbeitenden Gewerbe insgesamt. Doch branchenweit sind nicht alle Segmente gleichermaßen positiv betroffen.
Die Stapel mit Holzplatten im Lager sind bunt gemischt. Mal ist ein Brett länger, mal dunkel oder hell. Ebenso chaotisch wie die Lagerung ist auf den ersten Blick der Durchlauf der Bretter auf der Produktionsanlage. Da folgt Ahorn auf Eiche, größere Zuschnitte auf kleinere. Ein Problem für die Fertigung ist das nicht, ganz im Gegenteil, sagt Dirk Assmann, der in vierter Generation den gleichnamigen Büromöbelhersteller aus Melle leitet. „Das Plattenmaterial ist mit einem Strichcode gekennzeichnet, sodass die Maschine automatisch weiß, was damit passieren soll. Wir produzieren nur auftragsbezogen, just in time.“ Nur 8 bis 10 Prozent des verarbeiteten Holzes sind Abfall, inklusive Verschnitt. Assmann ist eines der 22 Unternehmen in der Region, die Möbel
Aus der Schaltzentrale heraus überwachen die Mitarbeiter des Büromöbel-Herstellers Assmann die Produktionsanlage.
Die Produktion der Rollcontainer funktioniert in Melle bereits vollautomatisch.An den Anlagen müssen die Mitarbeiter jedoch die richtige Einstellung vornehmen.
herstellen – verglichen mit den knapp 700 Betrieben im verarbeitenden Gewerbe ein relativ kleiner, dennoch dynamisch wachsender Bereich. Niedersachsenweit sind es 80 Hersteller. Hinzu kommen Zulie-
ferer und Händler, die die regionalen Betriebe zusammen mit dem angrenzenden Ostwestfalen-Lippe zu einem der größten Ballungszentren der Möbel- und Küchenindustrie in ganz Europa machen. Mehr
DEUTSCHE MÖBELINDUSTRIE
Umsätze bleiben auf gleichem Niveau Bundesweit erzielte die deutsche Möbelindustrie 2017 einen Umsatz von 17,9 Milliarden Euro und damit etwas weniger als noch im Jahr zuvor. Für den Verband der Deutschen Möbelindustrie (VDM) ist damit das hohe Niveau nach zwei wachstumsstarken Jahren fast wieder erreicht. Während
die Nachfrage aus dem Inland im vergangenen Jahr um 1,1 Prozent zurückging, legte der Auslandsumsatz deutscher Möbelhersteller um 0,4 Prozent zu. Die Exportquote branchenweit lag somit bei 32,4 Prozent, entsprechend wird mittlerweile fast jedes dritte Möbelstück im Ausland
abgesetzt. Das Exportgeschäft entwickelt sich für die Hersteller zu einem wichtigen Standbein, so der VDM. Für das laufende Geschäftsjahr ist der Verband optimistisch und rechnet mit ähnlichen Umsätzen wie 2017, mit Potenzial für ein leichtes Plus. Angelaufen ist das
neue Jahr laut aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes gut, auch wenn das Plus weniger stark ausfällt als zur gleichen Zeit im Jahr zuvor. Insgesamt beschäftigte die deutsche Möbelindustrie im vergangenen Jahr im Durchschnitt 83 987 Mitarbeiter in 492 Unternehmen. nika
als 2600 der knapp 8000 Beschäftigten allein in Herstellungsbetrieben in Niedersachsen kommen aus dem IHK-Bezirk Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim. Erwirtschaftet werden in der Region Umsätze in Höhe von knapp 500 000 Euro, niedersachsenweit sind es gut 1,3 Millionen. In Ostwestfalen-Lippe kommen noch einmal knapp 9000 Beschäftigte in 27 Betrieben hinzu, die Küchenmöbel herstellen, sowie mehr als 20 000 Beschäftigte in den Betrieben der mehr als 160 Möbelhersteller. Das sind insgesamt rund 37 Prozent aller Beschäftigten in der deutschen Möbelindustrie. Doch nicht jedem Segment der Branche gehe es aktuell gleich gut, betont Lucas Heumann, Hauptgeschäftsführer der Verbände der Holz- und Möbelindustrie Nordrhein-Westfalen. Für Heumann ist vor allem die Entwicklung im mit-
tel- und hochpreisigen Segment gut. „Verbraucher neigen aktuell dazu, sich mehr zu gönnen.“ Den Trend bestätigt auch die IHK OsnabrückEmsland-Grafschaft Bentheim. Um sich ein objektives Bild der Branche machen zu können, brauche es jedoch einen differenzierten Blick auf die unterschiedlichen Bereiche, so Heumann. Deutschlandweit schneidet laut Verbandschef besonders die exportstarke Küchenindustrie gut ab, die auch als einziges Teilsegment einen deutlichen Exportüberschuss vorweisen kann. Ins Ausland wurden 2017 Waren im Gesamtwert von 1,9 Milliarden Euro geliefert, während der Wert der Importe sich auf 102,9 Millionen belief. Die Exportquote der Küchenhersteller, zu denen unter anderem Häcker und Nolte Küchen aus der Region gehören, liege bei rund 40 Prozent – und damit deutlich über dem Gesamt-
„Verbraucher neigen aktuell dazu, sich mehr zu gönnen.“ Lucas Heumann, Hauptgeschäftsführer der Verbände der Holz- und Möbelindustrie Nordrhein-Westfalen
schnitt der Brache von 32,4 Prozent. Genau gegensätzlich ist die Situation in der Polstermöbelindustrie, so Heumann. Hier betrage die Importquote mehr als 60 Prozent mit Erzeugnissen vor allem aus Polen. Ein Grund für das große Importvolumen ist laut Verbandschef die lohnabhängige Fertigung. „Daher gibt es eine starke Neigung, diese auszulagern“, so Heumann, und nennt als Beispiel das niedersächsische Unternehmen Polipol mit Sitz in Diepenau – das ohne einen einzigen Produktionsarbeitsplatz in Deutschland auskommt. „Die von Beginn an erfolgreiche Strategie, an einem Standort in Deutschland innovative Produkte zu entwickeln und im osteuropäischen Ausland zu produzieren, wird bis heute verfolgt“, heißt es in der Präsentation des Unternehmens. Mehr als 6000 Mitarbeiter weltweit erwirtschaften einen Umsatz von über 400 Millionen Euro. An eine Auslagerung der Produktion hat Dirk Assmann nie gedacht. Allerdings ist das Familienunternehmen ein Vorreiter in Sachen Digitalisierung – ohne Arbeitsplätze abzubauen. Dazu gehört unter anderem die neue, halb automatische Fertigungsanlage für Korpusmöbel sowie die automatisierte Rollcontainer-Fertigung. Rund 90 Prozent der produzierten Büromöbel bleiben in Deutschland, der stärkste Exportmarkt ist Großbritannien – trotz Brexits. Seither laufe es sogar noch besser, sagt Dirk Assmann schmun-
zelnd. Dennoch stellt Assmann den Großteil der verbauten Teile nicht selbst her. Zwischen 2000 und 2500 werden am Firmensitz produziert, zwischen 8000 und 8500 zugeliefert. „Wir machen nur das selbst, was wirtschaftlich ist – oder was wir besser machen können“, erklärt Dirk Assmann. Einer dieser Zulieferer ist mit der Pante Möbelfabrik in Schledehausen ein weiterer Betrieb aus der Region. 1200 Komplettmöbel und 2000 Einzelteile entstehen am Firmensitz, gefertigt wird unter anderem auch für Europas größten Küchenhersteller Nobilia sowie internationale Kunden in der Schweiz oder Schweden. Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, wird eine neue Lager- und Produktionshalle gebaut. Insgesamt, so Heumann, agiere die Möbel- und Küchenindustrie in einem stark saturierten Umfeld. Dennoch vermelden Unternehmen in der Region Rekorde: Erstmals hat Häcker Küchen 2017 die Produktion von zwei Millionen Schränken geknackt. Zudem baut das Unternehmen mit Sitz in Rödinghausen in Venne/Osterkappeln ein neues Werk. Seinen Umsatz hat Häcker in den vergangenen drei Jahren um mehr als 100 Millionen auf 553 Millionen Euro gesteigert und beschäftigt heute
Fotos: Ina Fassbender
1551 Mitarbeiter. Assmann hat das umsatzstärkste Jahr seiner Unternehmensgeschichte hinter sich. Trotz dieser Erfolgsgeschichten gibt es in der Branche einen Trend zur Konzentration. Erst im vergangenen Jahr wurde Alno verkauft und der Tochter-Standort Enger im Zuge dessen geschlossen. Aber nicht nur die Zahl der Hersteller konzentriert sich, auch der Handel und die Zulieferer. „Das ist schmerzhaft, aber nicht gefährlich. Der Wettbewerb ist gewährleistet“, betont Lucas Heumann.
Und auch ausländische Unternehmen haben Interesse an regionalen Herstellern. Im vergangenen Jahr erst wurde Siematic mit Sitz in Löhne an Chinesen verkauft. Ein Einzelfall, der für Heumann jedoch Teil der Globalisierung ist. „Chinesen sind sehr markenaffin. Da passt die Akquisition ebenso wie der Kauf des Möbelherstellers Rolf Benz ins Bild.“ Sorge macht dem Verbandschef hingegen eine Verknappung von Spanplatten. „Das Material wird auch zur Herstellung von Holzpellets verwendet. Und Subventionen verzerren den Markt.“ Auch eine Überkapazität durch einen hohen Automatisierungsgrad sei zum Beispiel im Bereich der Küchenindustrie ein Problem am Markt. Auch Assmann nutzt Spanplatten als Trägermaterial – eine gängige Praxis, auch bei anderen Möbelstücken in Möbelhäusern der Region, so Dirk Assmann. „Wir arbeiten mit zwei großen Lieferanten zusammen, die uns die beschichteten Spanplatten zuliefern“, erklärt der Geschäftsführer. Diese werden aus Resthölzern und zu einem kleinen Teil auch aus Restspanplatten hergestellt. Dennoch, auch die heimischen Wälder seien für die Möbelindustrie vor Ort von Relevanz, betont Lucas Heumann. „Ostwestfalen ist eine der dichtesten Laubholzregionen Deutschlands.“ Das wirke sich auch auf die Möbelproduktion aus. Inwieweit Hölzer importiert werden, hänge aber von der Holzart ab. „Erle zum Beispiel ist bei uns am Standort nicht stark vertreten. Das ist eine Preis- und Designfrage.“
32,4 Prozent
betrug die Exportquote 2017.
Knapp
83 987
18 Mrd.
waren 2017 in Deutschland in der Möbelindustrie im Schnitt beschäftigt.
hat die deutsche Möbelindustrie 2017 gemacht.
Mitarbeiter
492
Unternehmen
gibt es in Deutschland, 80 von ihnen in Niedersachsen.
Umsatz
32 800
Küchenmöbel
aus Holz wurden 2016 in Deutschland produziert.
nika WESTERSTEDE. Seit Monaten sorgt der afrikanisch-deutsche Möbelkonzern Steinhoff mit Sitz in Niedersachsen immer wieder für Schlagzeilen. Unregelmäßigkeiten in den Bilanzen sowie ein zu hoch angesetztes Immobilienportfolio belasten den Handelsriesen. <In den letzten Wochen ist es zwar etwas ruhiger um den MöbelhausKonzern Steinhoff geworden, ausgestanden ist der seit Dezember schwelende Bilanzskandal jedoch noch lange nicht. Denn das Ausmaß der Unregelmäßigkeiten in den Büchern des afrikanisch-deutschen Konzerns mit Sitz in Westerstede noch nicht bekannt. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg ermittelt. Schon 2015 war sie wegen des Verdachts der Bilanzfälschung auf den Plan gerufen worden. Ein Resultat des aktuellen Skandals: Die Aktie des Unternehmens rutschte im Dezember um rund 90 Prozent ab. Im M-DAX wird sie heute nicht mehr gehandelt. Und ein weiterer Aspekt belastet das Unternehmen:
Alno-Neustart nach Insolvenz – doch nicht überall Erste Küchen ausgeliefert
nika PFULLENDORF. Das Unternehmen Alno ist ein Beispiel dafür, dass sich die Möbelbranche weiter konzentriert. Nach der Insolvenz wurden das Unternehmen und einige seiner Töchter verkauft. Bei der Wellmann-Tochter in Enger gingen hingegen die Lichter aus. Die Serienproduktion ist wieder hochgefahren, sogar an eine Erhöhung der Mitarbeiterzahl am Stammsitz in Pfullendorf denkt die Neue Alno GmbH, das Nachfolgeunternehmen des Küchenherstellers Alno, schon wieder. Rund 600 Küchenschränke werden derzeit pro Tag produziert. Danach sah es noch vor einigen Monaten nicht aus. Im Juli 2017 musste die Unternehmensgruppe Insolvenz anmelden, erst im Dezember konnte der Insolvenzverwalter doch noch mit der britischen Investmentgesellschaft Riverrock einen Investor präsentieren – ein Fonds, der auf kleine und mittelständische Unternehmen spezialisiert ist. Für rund 20 Millionen Euro
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Kürzlich musste die Holding einräumen, dass die Immobilien des Konzerns in Europa nur rund halb so viel wert sind wie angesetzt. Auch der Niedersächsische Landtag hat sich bereits mit dem Thema befasst. Der frühere Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) wollte wissen, ob Ministerpräsident Stephan Weil die geplante Südafrikareise im Mai auch dazu nutzen werde, Möglichkeiten zur Verbesserung der Zusammenarbeit bei der grenzübergreifenden Bekämpfung von Marktmanipulation und Steuerhinterziehung anzusprechen. Der Steinhoff-Konzern ist nach Ikea der zweitgrößte Möbelhändler in Deutschland. Zur Gruppe gehören international mehrere Marken. Unter anderem ist die Holding mit 50 Prozent an der Möbelhauskette Poco beteiligt. Endgültige Zahlen für das Geschäftsjahr 2017 werden nach Angaben des Wirtschaftsprüfers erst Ende des Jahres vorliegen. Der Konzern hatte ursprünglich einen Umsatz in Höhe von 20 Milliarden Euro angestrebt.
übernahm Riverrock wesentliche Teile Alnos, darunter Vermögensgegenstände wie Maschinen, Grundstücke und Markenrechte. Ein sogenannter Massekredit der Briten über sechs Millionen Euro half dem Küchenbauer, den Betrieb zunächst aufrechtzuerhalten. Während die Kernmarke Alno einen Neustart wagt, wurden Teile der Gruppe verkauft. Darunter ist neben den Schweizer Marken auch die Alno-Tochter Pino in Coswig, Sachsen, mit ihren knapp 230 Mitarbeitern. Hier schließt sich der Kreis auch wieder zur Region: Pino ging an eine Investorengruppe unter Beteiligung des Marktführers Nobilia aus Ostwestfalen. Die Produktion wurde bereits Anfang Dezember wieder aufgenommen. Anders sah es für die zuletzt 400 Beschäftigten der Alno-Tochter Wellmann im ostwestfälischen Enger aus. Sie ist der einzige deutsche Standort, der nicht weitergeführt wird. Einen Teil der Maschinen übernimmt Pino Küchen, einen weiteren die Neue Alno GmbH.
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DONNERSTAG, 26. APRIL 2018
MACHER & MÄRKTE
Das Herstellungsprinzip ist schon über 2000 Jahre alt Die größte Feinpapierfabrik Europas steht im Emsland – Nachwachsende Rohstoffe aus Deutschland, Finnland und Südamerika VON GERD SCHADE DÖRPEN. Nordland Papier ist seit
mehr als einem halben Jahrhundert mit dem Emsland verbunden. Die Fabrik in Dörpen, die zum finnischen UPM-Konzern gehört, produziert mit rund 1200 Mitarbeitern jährlich bis zu 1,3 Millionen Tonnen Schreib- und Druckpapier. Damit ist sie einer der größten Produzenten in Europa. Auch die Infrastruktur hat das Unternehmen maßgeblich mitgeprägt.
„Die Ansiedlung der Papierfabrik vor 51 Jahren war ein Glücksfall für Dörpen und die ganze Region“, sagt der Samtgemeindebürgermeister Hermann Wocken (CDU). Das Emsland habe dadurch einen Industriestandort gewonnen, der mehrere Tausend Arbeitsplätze geschaffen habe. Einhergehend mit einer rasanten Entwicklung in den 70er-, 80er- und 90er-Jahren, hätten sich weitere Impulse für den Industrie- und Logistikstandort entwickelt. „So wäre das Güterverkehrszentrum Emsland in Dörpen mit der seinerzeit innovativen Verknüpfung der Verkehrsträger Straße, Wasser und Schiene ohne Nordland nicht denkbar gewesen“, betont Wocken. Bei der Ansiedlung der Fabrik im seinerzeit als „Armenhaus der Republik“ verschrienen Emsland spielte von Anfang an finnischer Unternehmergeist eine Rolle. Als einer der größten Zellstoffproduzenten des skandinavischen Landes stellte die „Oy Kaukas Ab“ Marktund Standortuntersuchungen für eine Feinpapierfabrik im nördlichen und mittleren Europa an. Den Skandinaviern ging es darum, ihren Absatz an Zellstoff zu sichern. Außer Dörpen schafften es zwei weitere Standorte in die engere Auswahl. Als eindeutige Vorteile für das Emsland kristallisierten sich die niedrigen Grundstückspreise, eine gute Transportanbindung, ein ergiebiges Wasserreservoir sowie ein hohes Potenzial an Arbeitskräften heraus. Hinzu kam, dass der Bundestag mit dem Emslandplan von 1950 beschlossen hatte, die bis dahin strukturschwache Region zu fördern. Bei der Politik rannten die Finnen auf allen Ebenen offene Türen ein. 1966 wurden die Ansiedlungsverträge für das knapp 45 Hektar große Werksgelände im Dörpener Industriegebiet unterzeichnet, ab Juni 1968 stellte Nordland Papier die ersten 400 Mitarbeiter ein, die das
Werk mit dem Start der Papierproduktion im Frühjahr 1969 brauchte. In seiner Festrede anlässlich des 50-jährigen Firmenbestehens im vergangenen Jahr erinnerte der Dörpener CDU-Landtagsabgeordnete und Landtagsvizepräsident Bernd Busemann daran, dass die Ansiedlungspläne von Einheimischen durchaus mit Skepsis und Argwohn begleitet wurden – und das, obwohl das Wirtschaftswunder der 50er-Jahre an Dörpen vorbeigegangen sei. „Viele Menschen hier kannten damals weder ein geregeltes Einkommen noch einen sicheren Arbeitsplatz.“ Die Produktionsmengen sind im Laufe der Jahre stetig gestiegen. Bis 1996 sind vier Papier- und zwei Streichmaschinen in Betrieb gegangen. „Nordland Papier hat sich vom Start-up zur größten Feinpapierfabrik Europas entwickelt“, so Werksleiter Klaus Reimann. Heute bezieht das Unternehmen seine Zellstoffe nur noch zum Teil aus Finnland. Kiefernzellstoff kommt teilweise von dort, aber auch aus Deutschland. Hinzu kommt Eukalyptus-Zellstoff aus Südamerika. Ein weiterer Rohstoff ist Calciumcarbonat. Dies wird in flüssiger
Aus 400 Mitarbeitern sind heute 1200 geworden: Nordland Papier hat maßgeblich zur Entwicklung im Emsland beigetragen. Heute stellt das finnische Unternehmen 1,3 Millionen Tonnen Schreib- und Druckpapier her. Fotos: UPM Nordland Papier,Colourbox.de
Form aus Norwegen und den Niederlanden angeliefert. Nordland setzt nach eigenen Angaben Kurzfaser (überwiegend Eukalyptus) und Langfaser (überwiegend Kiefer) ein. „Die Hölzer für die Zellstoffproduktion kommen zu 100 Prozent aus kontrolliertem Anbau und sind zu fast 100 Prozent zertifiziert“, betont Werksleiter Reimann. „Die nachhaltige Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen ist für uns selbstverständlich.“ Die Mischung der Zellstoffsorten richtet sich nach der Papiersorte. Je nach Flächengewicht und je nachdem, ob es sich um Naturpapier oder gestrichenes Papier handelt, ist der Eintrag unterschiedlich. Als Füllstoff dient Calciumcarbonat. Wie Reimann erklärt, sorgt es für eine geringere Durchsicht, bessere Bedruckbarkeit und trägt zur Alterungsbeständigkeit der Papiere bei. Weitere Stoffe zur Papierproduktion sind Kaolin (als Pigment zur Glanzentwicklung), Mais- und Kartoffelstärke (erhöhen Festigkeit und Faserrückhaltung bei der Ent-
wässerung), Chemikalien (optische Aufheller), Leimungsmittel, Farbstoffe, Entschäumer und Biozide für den fast geschlossenen Wasserkreislauf. Reimann: „Der Einsatz
„Nordland Papier hat sich vom Start-up zur größten Feinpapierfabrik Europas entwickelt.“ Werksleiter Klaus Reimann
aller Hilfsstoffe wird kontinuierlich unter den Aspekten Qualität und Umwelt überwacht und weiterentwickelt.“ „Die Herstellung von Papier beruht auf einem Prinzip, das bis heute – rund 2000 Jahre nach seiner Entdeckung – Gültigkeit besitzt“, erklärt Reimann. Demnach verbinden sich in Wasser aufgelöste pflanzliche Faserstoffe bei der Entwässerung auf einem Sieb zu einem zusammenhängenden Faservlies – dem Papier. „Heute sind die Produktionsanlagen höchst anspruchsvoll. Ihre Konstruktion und die Kombination der Aggregate richten sich nach der Art der zu erzeugenden Papiersorte sowie der eingesetzten Rohstoffe.“ Der trocken angelieferte Zellstoff wird mit Wasser in einem sogenannten Pulper aufgelöst. Auf der gesamten Siebbreite einer Papiermaschine werden die mit Wasser verdünnten und mit Hilfsstoffen versetzten Faserstoffe gleichmäßig aufgebracht. Während das Wasser abläuft, entsteht durch das Nebenund Aufeinander-Ablagern der Fasern ein gleichmäßiger Faserverbund. Er wird mit mechanischem Pressdruck und mithilfe von
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DONNERSTAG, 26. APRIL 2018
MACHER & MÄRKTE
„Unsere Stärke ist das Gespräch von Mensch zu Mensch“ Die Reisebüro-Gruppe Berndt trotzt der Marktmacht der Internetportale VON ANDREAS KRZOK NORDHORN. Nur wenige Maus-
klicks, schon sind der All-inclusive-Urlaub, die Dienstreise, das Hotelzimmer oder die Kreuzfahrtkabine gebucht. Steht in Zeiten boomender Internetportale die Zukunft von Reisebüros infrage? Dass man das World Wide Web nicht als Bedrohung sehen muss, sondern als Herausforderung und Chance nutzen kann, stellt das Reisebüro Berndt in Nordhorn und an acht weiteren Standorten unter Beweis.
„Vor einigen Jahren haben wir uns wirklich Sorgen gemacht“, räumt Berndt-Prokuristin Sandra Lücken ein, die für das Tochterunternehmen der Bentheimer Eisenbahn AG mit seinen neun Filialen und insgesamt 70 Mitarbeitern verantwortlich zeichnet. „Inzwischen aber hat sich der Trend umgekehrt. Das Vertrauen der Kunden in die Qualität unserer Dienstleistung wird zur Triebfeder für ein höchst erfreuliches Wachstum.“ Statt zum Verhängnis für den alteingesessenen Anbieter ist das Internet zum nützlichen Werkzeug geworden. „Wir betreiben unser Geschäft parallel. Online bieten wir die gleiche Palette an wie offline“, sagt Sandra Lücken. „Unsere tägliche Erfahrung ist jedoch, dass sich die Leute zu Hause im Internet vorinformieren, dann aber zu uns kommen. Im Gespräch mit ihnen finden unsere Mitarbeiter heraus, welches Angebot ihren Wünschen – auch den vielleicht nur halb bewussten – am besten entspricht.“ Die Firmengeschichte begann 1966, als die Eheleute Berndt in Nordhorn ein Reisebüro eröffneten. 1979 übernahm die Bentheimer Eisenbahn AG das Geschäft als 100prozentige Tochter. Die BerndtGruppe hat ihren zentralen Sitz in Nordhorn. Hier wie in Bad Bentheim, Lingen und Rheine ist sie als „Lufthansa City Center Reisebüro Berndt“ aktiv. „Reiseland Reisebüro Berndt“ heißen die Filialen in Emlichheim, Gronau, Meppen und Steinfurt. Das Geschäft in Uelsen macht als „Reiseland Albatros“ eine Ausnahme – allerdings nur in der Benennung. Das Jahr 2018 bringt mit der Inbetriebnahme der Eisenbahnstrecke Bad Bentheim–Nordhorn–Neuenhaus auch neue Impulse für die Gruppe. Am Bahnhof Neuenhaus wird eine zehnte Filiale öffnen. Schließlich gehört der Verkauf von Bahnfahrkarten von Anfang an zum Kerngeschäft. Seit seiner Gründung ist das Reisebüro Berndt DB-Vertretung, aber auch Mitglied der Internationalen Luftverkehrs-Vereinigung IATA. Umfassender, zertifizierter Service für Geschäftskunden ist ebenso selbstverständlich wie für Kunden der Touristiksparte. „Wir arbeiten ständig an der Qualität unserer Dienstleistung“, betont Sandra Lü-
Mehr als Reisen: Verkauf von Fahrkarten der DB gehört seit der Gründung des ersten Reisebüros in Nordhorn zum Kerngeschäft.
cken. „Die Fortbildung unserer Mitarbeiter hat hohe Priorität. So schicken wir sie auch auf Reisen in die Regionen, auf die sie spezialisiert sind, damit sie aus eigener Erfahrung den Kunden bestmögliche Auskünfte geben können.“ Entsprechend ambitioniert – und preisgekrönt – ist auch das Training der eigenen Auszubildenden. „Die Zufriedenheit unserer Kunden geht über alles“, sagt die Prokuristin, die sich mit ihrem Team öfter über kleine Zeichen des Dankes freuen kann. Was die Kunden an den Reisebüros schätzen, sei die persönliche Ansprache und indivi-
In diesem Jahr wird die zehnte Filiale eröffnet.
Prokuristin Sandra Lücken zeichnet für das Tochterunternehmen der Bentheimer Eisenbahn AG mit seinen neun Filialen und insgesamt 70 Mitarbeitern verantwortlich. Foto: Andreas Krzok
duelle Beratung. Statt sich einem völlig anonymen, oft verwirrenden, mitunter sogar kriminellen Angebotsdschungel auf dem Computermonitor auszuliefern, suchten sie das Gespräch von Mensch zu Mensch. Hier können sich Zielvorstellungen klären, bleibt kein wichtiger Aspekt unerwähnt: Wie lange ist der Reisepass noch gültig? Brauche ich ein Visum? Ist eine Impfung erforderlich? Ist Barrierefreiheit gewährleistet? Welche Versicherung ist angeraten? Gibt es womöglich eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes? Touristische Reisen sind bei Berndt das „Brot-und-Butter-Geschäft“. Mit den unter der eigenen Marke „Wolkenschieber“ verantworteten Gruppenreisen ist die Firma sehr erfolgreich. Dass Berndt viele Schiffsreisen verkauft, liegt wohl nicht nur am Kreuzfahrt-Hype, sondern auch an der regionalen Ausstrahlung der Papenburger Meyer Werft, die die glamourösen Riesenschiffe baut. Die für das Marketing wichtige Einstufung als „Lufthansa City Center“ oder DB-Vertretung bedeutet nicht, dass die Reisebüros Berndt exklusiv auf die Produkte der Kranichlinie oder des Platzhirschs auf deutschen Schienen festgelegt wären. „Wir sind keine Kneipe, die nur ein Bier anbietet. Wir verkaufen alle Tickets aller Verkehrsträger“, betont Sandra Lücken. Sie lächelt: „Natürlich auch die der Bentheimer Eisenbahn.“ Großen Wert legt man bei Berndt auf Firmenkunden, die meist schon über lange Zeiträume hinweg die Dienstleistung der Reisebüros in Anspruch nehmen. Ganz im Trend liegen „Reisen für das Wir-Gefühl“ (Stichwort „Incentives“), die als motivierender Anreiz für Leistung und Zusammenarbeit im Betrieb wirken sollen. Ein großes Thema schiebt sich immer mehr ins Blickfeld der Tourismusbranche: nachhaltiges Reisen. Auch hier will Berndt auf der Höhe der Zeit sein. Sandra Lücken: „Wir arbeiten mit der Initiative ,Futouris‘ zusammen. Die setzt sich weltweit für die Verbesserung der Lebensverhältnisse, den Erhalt der biologischen Vielfalt sowie für Umwelt- und Klimaschutz ein.“
Foto: Irene Schmidt
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DONNERSTAG, 26. APRIL 2018
MACHER & MÄRKTE
Für gute Signale aus Moskau Bramscher Unternehmen Wikotec beliefert Übertragungszentrum der Fußball-WM 2018 in Russland mit Netzwerktechnik
VON MARCUS ALWES BRAMSCHE. Die Fußball-Weltmeisterschaft rückt immer näher. Doch Florian Wirth steht entspannt im Eingangsbereich seines Unternehmens in Bramsche-Epe. Er lächelt. Unweit von ihm türmt sich eine stattliche Sammlung von Kabelrollen auf. Fertig zur Abholung, Zielort Moskau.
Die Firma Wikotec beliefert das internationale Fernsehübertragungszentrum der WM 2018 in Russland mit seiner Netzwerktechnik. Eine Vielzahl entsprechender Glasfaserkabelrollen und Kupfer-Pannel haben Epe bereits in Richtung Osteuropa verlassen. Weitere sollen folgen. Die Farbe Türkis dominiert dabei und sticht ins Auge. Die besagten Kabel sind in den Räumen von Wikotec mit entsprechenden Steckern versehen worden. „Wir sorgen so dafür, dass Bild und Ton übertragen werden können. Die Kamerabilder laufen dann alle über unsere Kabel“, erklärt der Geschäftsführer mit Blick auf die Fußball-Weltmeisterschaft im Sommer. Für Wirth – eigentlich ein gelernter Bierbrauer – ist es nicht das erste Sportgroßereignis, das er mit
seiner Netzwerk- und Datentechnik beliefert. Bei Olympia in Peking 2008, bei der Fußball-EM 2008 in der Schweiz oder auch bei den Südostasien-Spielen (SEA Games) im Jahre 2017 in Kuala Lumpur kamen die Wikotec-Produkte bereits zum Einsatz. Der Geschäftspartner, der das Fernsehübertragungszentrum (IBC) betreibt, war zufrieden und buchte Wirth erneut. „Wir bekommen vom Werk Kabel als Rohware angeliefert. Ich bekomme dazu auch die Rohware Stecker und di-
Die Region sorgt überwiegend für volle Auftragsbücher.
verses Kleinmaterial. Das alles fügen wir dann zu verlegefertigen LWL-Kabeln zusammen“, erklärt Wirth. LWL steht für den Fachbegriff Lichtwellenleiter. Im Volksmund werden die besagten Strippen auch Glasfaserkabel genannt. Der Vater von Florian Wirth hatte sich im Jahre 1991 selbstständig gemacht. Bereits zwei Jahre später wurde Wikotec zur GmbH. Florian Wirth stieg in die Firma ein. „Als GmbH und an dieser Stelle in Epe gibt es uns jetzt seit 25 Jahren“, betont der Geschäftsführer. Die Installation von Netzwerk-Artikeln beim Kunden – zumeist Glasfaseroder Kupferdatenkabel – gehört ebenso zu den Kernkompetenzen des Unternehmens wie die Installation von dazugehörigen Gehäusen, also Schalt-, Netzwerk- und Serverschränken. Auch die Kabelfertigung leistet das Team von Wirth. Dazu kommen am Standort auf der Ortsgrenze von Epe zur Bramscher Gartenstadt noch Fachhandel- und Beratungsangebote. „Wir sind ein Netzwerkspezialist, der alles aus einer Hand bietet“, sagt der Chef. Etwa zehn Angestellte zählt die WikotecMannschaft. Sie kümmert sich um Büroaufgaben, den Verkauf, Installationen, aber auch den Wareneinkauf oder die Kundengewinnung.
Dank Kabeln aus Bramsche-Epe: Das Unternehmen Wikotec sorgt dafür, dass auf den Bildschirmen international Bilder der Fußball-WM aus Russland übertragen werden können. Foto: Marcus Alwes
Auch Florian Wirth und sein Vater packen im Betrieb kräftig mit an. Wenn der Geschäftsführer auf seinen Kundenstamm blickt, stellt er eine bemerkenswerte Veränderung fest. „Der hat sich gewandelt. Vor allem in den vergangenen zwei Jahren“, erklärt er. Kamen die meisten Aufträge damals noch aus einem Sektor von 200 bis 300 Kilometern rund um Bramsche, „lastet uns mittlerweile überwiegend die eigene Region mit Aufträgen aus“, sagt Wirth. Zuletzt habe er bei-
spielsweise auch ein großes Osnabrücker Elektrounternehmen bei umfangreichen Arbeiten in einem Werk eines Sportartikelherstellers unterstützt. Den Namen und den Einsatzort nennt Wirth ausdrücklich nicht. Da ist er eisern. Und selbst als unsere Redaktion ihn konkret fragt, ob es sich um die mächtige Adidas-Erweiterung im Niedersachsenpark bei Rieste handelte, nickt der Geschäftsmann nicht – aber ein Lächeln huscht über sein Gesicht.
Wirth ist die Freude an der Arbeit in seinem florierenden Betrieb anzumerken. Doch beim Gespräch über die Kabellieferung für die anstehende Fußball-WM in Russland kann er auch etwas Anspannung nicht verbergen. Er wird manche der Fernsehübertragungen aus dem Riesenreich mit besonderen Augen sehen. „Wenn man weiß, dass da die eigene Technik verbaut ist, dann ist man irgendwie doch näher dran. Auch nervlich“, gibt er unumwunden zu.
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DONNERSTAG, 26. APRIL 2018
SPEZIAL
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HOLZ & HEIMAT
„Es geht nicht mehr zu wie zu Meister Ederss Zeiten“ Vier Tischler berichten aus ihrer Praxis als Handwerker und über die Begeisterung für ihren traditionsreichen Beruf Die Selbstständigkeit bleibt für junge Leute ein Ziel. Der Treppenbau gilt in der Branche als Königsdisziplin. Eine technische Ausstattung ist heute Standard. VON CHRISTOPH LÜTZENKIRCHEN WETTRUP/OSNABRÜCK. „Es will
sich doch keiner mehr anstrengen und körperlich arbeiten.“ Diese Klage ist so oder ähnlich von vielen Handwerkern aus der Region zu hören. Nur schwer seien Auszubildende zu finden, zudem würden gute Leute oft nicht im Handwerk bleiben. Auch die Tischler gehören zu den Berufen, die unter dem Nachwuchsmangel leiden.
Ist dieses uralte Handwerk denn tatsächlich so unattraktiv geworden? Bieten sich jungen Menschen hier so wenig Entwicklungsmöglichkeiten? Zwei frischgebackene Tischlergesellen, ein junger Meister und eine erfahrene Betriebsleiterin sind da ganz anderer Mei-
nung, wenn es um die Situation in der Branche, ihre Arbeit und Erwartungen an die Zukunft geht. „Ich möchte im Handwerk bleiben. Die Ausbildung zum Tischler war eine der klügsten Entscheidungen meines Lebens.“ Melanie Krüger (32) lässt keine Zweifel aufkommen, sie ist begeistert von der Arbeit im Holzhandwerk. „Man sieht, was man geschafft hat, man kann es fühlen. Außerdem ist Holz ein tolles Material, es riecht gut, es ist ökologisch und kein Wegwerfprodukt. Der Beruf ist sehr vielseitig, man kann Möbel bauen, Fenster, Türen, Treppen oder Inneneinrichtungen.“ Dabei hat die Osnabrückerin nach der Schule zunächst Erziehungswissenschaften studiert und dort ihren Master gemacht. Trotz des akademischen Titels wollte sie anschließend etwas Praktisches tun. „Mir war schon klar, dass es in der Tischlerei nicht mehr zugeht wie zu Meister Eders Zeiten. Eine genaue Vorstellung von dem Beruf hatte ich aber nicht“, sagt sie. Ihren Lehrbetrieb, die FreiStil Tischlerei Böhm und Kinstler in Osnabrück, wählte sie im Anschluss an ein Praktikum aus. Das Unternehmen hat sich auf den Bau von Pflegebetten für behinderte Kinder spezialisiert. Krüger blickt gerne auf ihre Ausbildungszeit zurück: „Wir durften dort früh selbstständig arbeiten“, erzählt sie. „Während der
Vor wenigen Monaten hat sich Stefan Dobelmann selbstständig gemacht. Der Tischlermeister fertigt auch Treppen – die Königsdisziplin des Handwerks. Foto: Thomas Ostermann
TISCHLERHANDWERK
Einer der beliebtesten Berufe Insgesamt 2602 neue Lehrverhältnisse wurden im Bereich der Handwerkskammer Osnabrück-EmslandGrafschaft Bentheim im vergangenen Jahr geschlossen, 174 von ihnen im Tischlerhandwerk. Damit ist der Tischler sowohl bei den Jungen als auch bei den Mädchen einer der beliebtesten Ausbil-
dungsberufe. Bei den Mädchen schafft er es nach der Fachverkäuferin, Friseurin, Kauffrau für Büromanagement, Augenoptikerin oder Malerin/Lackiererin auf Rang 6, bei den Jungen rangiert er nach Kraftfahrzeugmechatroniker, Elektroniker, Anlagenmechaniker SHK und Metallbauer auf Rang 5.
Ein ähnliches Bild ergibt sich auch für die vergangenen Jahre. Und dennoch fehlt den Betrieben der Nachwuchs. Die Zahl der bestandenen Gesellen- und Meisterprüfungen kann sich ebenfalls sehen lassen – auch wenn sie über die vergangenen fünf Jahre schwankt (siehe Grafik). nika
Ausbildung habe ich mehrere Möbelprojekte realisiert. In meiner Freizeit konnte ich mir auch eigene Möbel bauen.“ Ihr Gesellenstück ist unter anderem aufgrund ungewohnter Winkel handwerklich anspruchsvoll. Die junge Frau möchte im Handwerk bleiben. In der Corso Sauna Manufaktur in Bramsche sammelt sie derzeit weitere Erfahrungen als Tischlerin. Ihr Ziel: Krüger will ihre eigene Chefin werden. Für Heinrich Pieper steht das schon seit Kindheitstagen fest. Der frischgebackene Tischlergeselle aus dem emsländischen Wettrup ist in die elterliche Tischlerei hineingeboren. „Ich habe schon als Kind in der Werkstatt gespielt. Mein Vater hat mich früh eingebunden und sogar zu Kunden mitgenommen“, sagt der 22-Jährige. Er studiert aktuell Holztechnik an der Fachhochschule im bayerischen Rosenheim, wo schon sein Vater den Abschluss als Ingenieur erworben hat. Die Berufsausbildung absolvierte er im Familienbetrieb, der Bau- und Möbeltischlerei Heinrich Pieper. Mit seinem Gesellenstück wurde er Innungssieger der Handwerkskammer Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim, im Landeswettbewerb belegte er den zweiten Platz. Wer nicht genau hinschaut, der könnte sein Möbelstück für eine klassische Hobelbank halten. Doch hinter der vorderen Bankzange verbirgt sich eine Schublade, die Löcher für die Bankhaken sind mit Räuchereiche gefüllt. Die Zinkungen an den Ecken der Bank hat der junge Tischler von Hand angefertigt. Für Heinrich Pieper stand nie außer Frage, dass er irgendwann in die Fußstapfen seines Vaters treten würde. Die Tatsache dass dieser immer viel gearbeitet hat, schreckte ihn nicht ab. „Wir haben eben viel gemeinsame Zeit in der Werkstatt verbracht“, sagt der junge Mann. Auch die drei Kinder von Stefan Dobelmann (32) dürften sich in der Werkstatt des Vaters zu Hause fühlen. Der Tischlermeister aus Voltlage hat sich vor wenigen Monaten selbstständig gemacht. Dobelmann will sich auf Möbel und Treppen spezialisieren; am liebsten aus Massivholz, das sei am wertigsten. Vor Kurzem hat er eine Treppe fertiggestellt, der man auf den ersten Blick ansieht, dass hier ein Handwerker tätig war. „Die Stufen sind aus Eiche, die ich mit eingefärbtem Hartwachsöl behandelt habe“, sagt der Tischler. „Die Wangen habe ich aus Buche gefertigt und weiß lackiert, Buchenholz ist günstiger. Der Kunde wollte eine Treppe aus heimischen Hölzern.“ Der Treppenbau gilt unter Tischlern als Königsdisziplin, denn hier kommt es auf absolute Genauigkeit an. Ein Zahlendreher reiche, erklärt Dobelmann, wenn man sich eine Höhe von 3,12 Meter notiere statt 3,21 Meter, dann fehle am Ende etwas. Die Treppe sei wertlos, da lasse sich dann auch nichts mehr reparieren.
Von Erziehungswissenschaften zum Tischlerhandwerk: Melanie Krüger blickt gerne auf ihre Ausbildungszeit zurück und sammelt jetzt nach bestandener Gesellenprüfung Berufserfahrungen. Foto: Michael Gründel
Wenn die Maße stimmen, muss ein Tischler heute aber nicht mehr Stunden am Zeichentisch verbringen. Für die Konstruktion kann er auf moderne CAD-Zeichenprogramme zurückgreifen. „Das ist eine große Erleichterung“, sagt Dobelmann, „das Programm liefert mir auch eine Materialliste, auf die ich mich verlassen kann. Außerdem kann es in 3-D zeichnen, das hilft beim Verkaufsgespräch.“ Den Kunden falle es so viel leichter, sich ein Möbelstück vorzustellen. Auch im Handwerk ist eine moderne technische Ausstattung heute Standard. Körperliche Anstrengung gehört aber weiterhin dazu. Mit Blick auf den eleganten Handlauf seiner Treppe erklärt der 32Jährige, wie er zunächst mehrere Schichten Holz zusammengeleimt hat, um die grobe Form zu erhalten. „Dann heißt es Knochenfett“, sagt er. „Hobeln und Schleifen.“ Für seine Zukunft als selbstständiger Tischler wünscht sich der Familienvater einen gleichberechtigten Partner im Betrieb – und er würde irgendwann gerne einen Lehrling ausbilden. „Auch kleine Betriebe kommen nicht darum herum, die Digitalisierung mitzumachen“, sagt Sandra Hehmann. Die Tischlermeisterin und Betriebswirtin im Handwerk ist Mitglied im Meister-Prüfungsausschuss der Handwerkskammer und leitet ihre eigene Tischlerei in Hagen a. TW. Hehmann ist davon überzeugt, dass die Digitalisierung nicht nur in der Produktion von Bedeutung ist, sondern auch im Marketing. Der
Service sei heute viel wichtiger als in der Vergangenheit, erklärt die Fachfrau. „Wir sind viel näher am Kunden, da kommt es auf Termintreue und eine gute Organisation im Betrieb an. Der Kunde ist so
„Ich habe schon als Kind in der Werkstatt gespielt.“ Heinrich Pieper
schnell da, wie er wieder weg ist.“ Die Technik bringe aber auch Gefahren mit sich, ist Hehmann überzeugt. Wer nicht Acht gebe, laufe Gefahr, die Praxis auszublenden. Außerdem werde das räumliche Vorstellungsvermögen beim Nachwuchs weniger geschult. Man brauche handwerkliche Erfahrung, um die Maschinenbedienung und ein Werkstück zu verknüpfen. „Die Haptik gehört immer dazu“, so die Tischermeisterin. Sie hat sich das Ziel gesetzt, dass ihre Auszubildenden das Arbeiten mit den Händen neu entdecken sollen. Die Zukunft ihres Handwerks sieht sie optimistisch. Der Trend gehe zu passgenauen Einbaumöbeln, für die es wieder mehr Wertschätzung gebe. „Das Qualitätsbewusstsein ist da“, glaubt Hehmann. „Das wachsende Bedürfnis nach Individualisierung ist eine Chance für uns.“
Tischlerhandwerk bleibt beliebt Geseellen- und Meisterzahlen im Vergleich
173
Tischlergesellen Tischlermeister
164 140
23 2013
146
139
32 16 2014
2015
29
2016
26 2017
Quelle: Handwerkskammer Osnabrück · Grafik: Matthias Michel
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DONNERSTAG, 26. APRIL 2018
SPEZIAL HOLZ & HEIMAT
Häuser, die Geschichte schreiben Ein Zimmermann über die Kunst des Fachwerkbaus VON CAROLIN HLAWATSCH MELLE. Für viele ist es der Inbe-
griff urig-romantischen Wohnens: ein Fachwerkhaus. Was heute als besonders gilt, war von der Antike bis in das 19. Jahrhundert die vorherrschende Bauweise in Mitteleuropa nördlich der Alpen. Erst im 20. Jahrhundert wurde das Fachwerk mit seinen hölzernen Balken und Lehmverfachungen durch die Einführung neuer Massivbautechniken immer seltener.
„Gerade in den 70er-Jahren wurden viele Fachwerkhäuser einfach abgerissen, oder man ließ sie verklinkern, um sie leichter instand halten zu können. Das sehen wir heute als Bausünde an“, meint Zimmermeister Christian Heggemann. Sein Zimmereibetrieb in Melles Ortsteil Dratum errichtet unter anderem neue Fachwerkhäuser in traditioneller Arbeitsweise oder saniert bereits bestehende, historische Bausubstanz. Das Sanieren bilde dabei den Schwerpunkt. „Hier ist es unser Bestreben, den Charme des alten Fachwerks zu erhalten und zu restaurieren. Gerade die Wiederherstellung denkmalgeschützter Bauwerke ist ein Gebiet, auf dem wir häufig tätig sind, um Fachwerkhäuser in ihrem Bestand zu schützen“, erklärt der Zimmermeister. Viele, schon halb verfallene Bauten hat das Unternehmen bereits an einer Stelle ab- und an anderer wieder aufgebaut. So auch ein altes Heuerhaus in Bielefeld, das nun in direkter Nachbarschaft der Zimmerei in Melle-
Dieses ehemalige Heuerhaus (links) wurde in Bielefeld abgebaut und in Melle-Dratum wieder originalgetreu aufgestellt. In seinem Lager hat Zimmermeister Christian Heggemann viele alten Fachwerkbalken.
Dratum steht und dort wieder bewohnt und liebevoll gepflegt wird. „Früher waren solche Heuerhäuser den Bauernhöfen angegliedert, um die Bediensteten unterzubringen. Zu Zeiten des Wirtschaftswunders zogen die meisten aus den Heuerhäusern aus, um moderner zu wohnen“, berichtet Senior-Chef Robert Heggemann. Heute sei das alte Fachwerk wieder „in“, die Nachfrage größer als das Angebot. Viele dieser alten Fachwerk-Nebengebäude seien inzwischen an den Höfen verfallen oder eben bereits vergeben. Robert Heggemann, der Vater von Christian Heggemann, übernahm die Zimmerei 1963 von seinem Schwiegervater Heinrich Stieve. Dessen Vater Ludwig Stieve hatte sie bereits 1888 als klassische Tischlerei gegründet. Als geprüfter Restaurator kann Zimmermeister
Ausschließlich Nägel aus Eichenholz, die konisch zulaufen, werden für den Fachwerkbau verwendet.
Fotos: Carolin Hlawatsch
Robert Heggemann heute auf interessante Großaufträge in der Fachwerksanierung zurückblicken: Mitte der Achtzigerjahre wirkte er in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Hildesheim bei der Rekonstruktion der historischen, mehrgeschossigen Fachwerkhäuser am Hildesheimer Marktplatz mit. Später sanierte er in der Osnabrücker Altstadt das altehrwürdige Bürgerhaus in der Marienstraße, in dem sich nun das Restaurant Weinkrüger befindet, sowie die Alte Posthalterei in Melle, in der man heute italienisch speist. Auch die dicken, geschichtsträchtigen Holzbalken an der Decke des Osnabrücker Friedenssaals wurden von Robert Heggemann bearbeitet. Komplett neu gebaut würden Fachwerkhäuser heute eher selten. Dabei würden sie mit Holz- und Lehmwänden ein unvergleichliches Wohnklima bieten, seien von besonderer Qualität und äußerst langlebig. „Ein Fachwerk-Neubau ist eben deutlich teurer als konventionelle Bauweisen“, erklärt Christian Heggemann. Zu den größten Herausforderungen gehörten dabei zum einen das handwerkliche Können, zum anderen das Bereitstellen geeigneten Holzes. „Es gibt leider nicht mehr so viele Gesellen, die Erfahrung mit den alten Holzverbindungen des Fachwerkbaus haben“, sagt Heggemann junior. „Und geeignetes Holz ist am Markt schwer zu bekommen.“ Es müsse aus Eiche und vor dem Verbauen zwingend zwei bis fünf Jahre trocken abgelagert sein. Eichenholz
könne man nicht wie andere Holzarten in Trocknungsanlagen in den passenden Zustand versetzen. Die Zimmerei Heggemann hat in Dratum ein eigenes Lager für altes Eichenholz eingerichtet. „Hier bleibt es trocken, bekommt aber trotzdem viel Luft ab“, so Christian Heggemann bei einem Rundgang zwischen den imposanten alten Balken im Lager der Zimmerei. Beim originalgetreuen Fachwerkbau sollten auch keine metallischen Nägel und Schrauben verwendet werden. Für ein Haus würden Hunderte von angespitzten Eichenholznägeln benötigt, die die Heggemanns in ihrem 20-köpfigen Betrieb noch in Handarbeit herstellen. Diese Nägel halten die verzapften Balken zusammen. Liege die Grundfeuchte der abgelagerten und dann eingebauten Balken unter 20 Prozent, könnten Regen und andere Wetterlagen dem Fachwerkhaus nicht viel anhaben. Mit so einer geringen Grundfeuchte arbeite das Holz nämlich kaum noch. Allerdings werde das naturbelassene Eichenholz durch Sonneneinwirkung mit den Jahren grau. Um das zu verhindern, könne man es mit einer atmungsaktiven Lasur streichen. „Vor 30 Jahren wurden dafür noch Silikonfarben benutzt, die keine Luft durchließen, was zur Folge hatte, dass das Holz dahinter vergammelte“, berichtet der Zimmermann. Allen Fachwerkhäusern gemein ist ein Skelettbau aus Kanthölzern. Die Zwischenräume, „Gefache“ genannt, sind aufgefüllt mit Flecht-
werk und Lehm oder auch mit Steinen. Allerdings sehen Fachwerkhäuser recht verschieden aus, je nach regionaler Bautradition und Funktion. Manche haben nicht nur senkrecht und waagerecht eingesetzte Balken, sondern auch diagonale Streben, die nicht ausnahmslos der Stabilität, sondern ebenso dekorativen Zwecken dienen. In vielen Ländern Mitteleuropas, wie in England, Dänemark, Polen, in Frankreichs Normandie und der Bretagne oder auch im spanischen Baskenland hat der Fachwerkbau eine lange Tradition. Die unterschiedlichen Fachwerkstile in Deutschland können sich
ZUR SACHE
Fachwerkkunst erleben Niedersächsisches Fachwerk im Museumsdorf Cloppenburg, Telefon 0 44 71/94 84-0, www.museumsdorf.de Westfälisches Fachwerk im LWL-Freilichtmuseum Detmold, Telefon 0 52 31/ 706-0, www.lwl.org/LWL/ Kultur/LWL- Freilichtmuseum-Detmold/ Verschiedene Fachwerkstile auf der Deutschen Fachwerkstraße, www.deutsche-fachwerkstrasse.de
Interessierte auf der „Deutschen Fachwerkstraße“ anschauen, die auf einer Strecke von über 2800 Kilometern auf sieben Etappen durch rund hundert Städte von Norden nach Süden führt. Insbesondere der Fachwerkbau Niedersachsens ist geprägt durch geschnitzte Schmuckformen an Schwellen, Ständern und Balkenköpfen, die in Mittel- und Süddeutschland wesentlich seltener auftreten. Die bedeutendsten Konstruktionen mit dem reichhaltigsten Schmuck findet man in Niedersachsens Fachwerkstädten Hannoversch Münden, Goslar, Quedlingburg, Duderstadt, oder auch in der vor dem Zweiten Weltkrieg größten Fachwerkstatt Deutschlands in Braunschweig. Im Osnabrücker Land ist die Samtgemeinde Artland ein Paradies für Fachwerk-Fans. Reich verzierte Giebel, die mehrfach über die Grundmauern vorspringen, und andere Raffinessen zeugen von einstigem Wohlstand der Artländer Bauern. Wer noch tiefer eintauchen möchte in die historische Welt der Fachwerkhäuser, hat dazu in diversen Freilichtmuseen der Region die Möglichkeit. Mehr als 50 Gebäude aus der Zeit vom 16. bis zum 20. Jahrhundert stehen im Museumsdorf Cloppenburg. Alle wurden an ihrem ursprünglichen Standort abgebaut. Auf dem Museumsareal wird ihnen nun durch die Besucher und durch die Präsentation alten Handwerks neues Leben eingehaucht.
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DONNERSTAG, 26. APRIL 2018
SPEZIAL HOLZ & HEIMAT
Zwischen Umsatzrückgang und Kostensteigerungen Marktlage im In- und Ausland bleibt für das Bramscher Traditionsunternehmen Rasch Tapeten eher schwierig VON MARCUS ALWES BRAMSCHE. Auf Rückschläge
durch Rubelabwertung und Handelseinschränkungen im Ukraine-Konflikt folgt beim Bramscher Traditionsunternehmen eine Absatzkrise in Westeuropa.
Für den traditionsreichen Tapetenhersteller Rasch ist deshalb die Marktlage auch zu Beginn des Jahres 2018 weiterhin schwierig. Dennoch konnte die Unternehmensgruppe ihre Wettbewerbsposition im Vergleich zur Konkurrenz offenbar verbessern. Das zumindest geht aus der jüngsten Bilanz hervor. Hätte vor einigen Jahren noch eine Rubelabwertung in Russland sowie die politische Ukraine-Krise für Turbulenzen und Umsatzeinbrüche beim Tapetenhersteller gesorgt, bestimmen nach einer kurzen Anpassungs- und Stabilisierungsphase inzwischen deutlich gestiegene Rohstoffpreise sowie rückläufige Umsatz- und Absatzzahlen in Westeuropa das Bild, so Geschäftsführer Frederik Rasch. „In Deutschland, Frankreich und Großbritannien ist die Nachfrage im Inneneinrichtungsbereich bei den Heimtextilsortimenten insgesamt geringer geworden. Dazu zählen auch Tapeten“, schilderte der Geschäftsführer eines der Hauptprobleme der Branche. Die Märkte seien hier im zurückliegenden Jahr 2017 schwach gewesen, das allgemeine Nachfrageminus habe bei rund zehn Prozent gelegen. Im Gegensatz zu manch anderem Wettbewerber habe die Rasch-Gruppe aber deutlich weniger an Boden verloren. „Die Einbrüche waren bei anderen größer. Wir sind beispielsweise bei unseren Großkunden weiterhin gut positioniert“, so der Firmenchef.
Die Schöneberger-Kollektion läuft über eine Maschine in der Produktion (oben rechts): Geschäftsführer Frederik Rasch (r.), Personalleiter Jörg Bücker (l.) und Betriebsrat James Syrett begutachten sie. Gänzlich offen sind dagegen im Unternehmen Art und Inhalt eines nächsten Haustarifvertrages. Fotos: Marcus Alwes
Auch das dürfte ein Grund dafür sein, dass sich die Beschäftigtenzahl in den Produktionsstätten in Bramsche, Polen und der Ukraine sowie in den Vertriebsgesellschaften in England, Frankreich, Russland und China in den vergangenen Jahren kaum verändert hat – und weiterhin insgesamt bei rund 750 Personen liegt. Noch nicht eingerechnet hatte Frederik Rasch dabei die Arbeitnehmer im neuen Werk im türkischen Bandirma, das auf einem Joint Venture
mit der Firma Ravena beruht. Diese Produktionsstätte solle helfen, künftig den Markt am Bosporus und im Mittleren Osten besser zu erschließen. „In 2018 wird es wohl kein weiteres Schrumpfen geben“, glaubt Rasch beim Blick auf die aktuellen Zahlen, „aber auch keine Gewinne.“ Eine Tariferhöhung für die Beschäftigten zum 1. April um 2,1 Prozent gelte es außerdem zu stemmen. Rasch sieht sein Unternehmen folglich „in einer Zange
EINER DER ERFOLGREICHSTEN DEUTSCHEN TAPETENHERSTELLER
Produkte inzwischen in mehr als 90 Ländern erhältlich Im Jahre 1861 wird die Manufaktur „J. H. Lücke & Rasch Tapeten und Rouleauxfabrik“ durch Johann Heinrich Lücke und Hermann Wilhelm Gottfried Rasch ins Leben gerufen. 1897 schließlich folgt – am heutigen Standort in der Bram-
scher Gartenstadt – die Gründung und der Neubau der „Tapetenfabrik Gebr. Rasch GmbH & Co.“ durch Guido Wiecking sowie Hugo und Emil Rasch. Die Firma steigt schon sehr früh in die Gruppe der erfolgreichsten deutschen Tapetenher-
steller auf. Heute agiert Rasch sogar international. In mehr als 90 Ländern weltweit sind die Produkte des Traditionsunternehmens erhältlich. Inzwischen steht die fünfte Generation der Familie an der Spitze der Rasch-Gruppe – in
Person der beiden geschäftsführenden Gesellschafter Dr. Frederik Rasch und Dario Rasch-Schulze Isfort. Neben Bramsche sind drei weitere Produktionsstandorte des Unternehmens in Osteuropa bzw. Südosteuropa zu finden.
aus Umsatzrückgängen und Kostensteigerungen“, zudem auch auf der Suche nach neuen Wachstumsmärkten. Der Geschäftsführer betonte, im laufenden Jahr gelte es, „gut zu haushalten“, bei den Investitionen „umsichtig zu sein“, aber am Markt mit gesunder Aggressivität zu agieren. Mit dem Betriebsrat in Bramsche stehe er unterdessen in einem regelmäßigen Dialog, teilte Rasch mit. Auch das sei ihm besonders wichtig. Konkrete Zahlen für das zurückliegende Jahr 2017 legte der Geschäftsführer nicht vor. Er ließ jedoch durchblicken, dass die Unternehmensgruppe zuletzt einen Umsatz von rund 130 Millionen Euro verzeichnet haben dürfte. Zum Vergleich: Vor der einsetzenden Krise auf den osteuropäischen Märkten waren Rasch & Co. im Geschäftsjahr 2014 noch mit 161 Millionen Euro taxiert worden. Über Gewinne und Verluste der Gruppe wurde schon damals nichts bekannt. Und heute? „Wir müssen weiter fleißig arbeiten, um den Standort Bramsche fit zu machen und fit zu halten“,
sagte der geschäftsführende Gesellschafter. Zusammen mit Personalleiter Jörg Bücker ließ Rasch noch offen, wie es weitergehen wird, wenn der momentan noch geltende Haustarifvertrag Ende 2018 ausläuft. Die-
„In 2018 wird es wohl kein weiteres Schrumpfen geben.“ Geschäftsführer Frederik Rasch
ser beinhaltet unter anderem seit etwa drei Jahren eine 31,2-Stunden-Arbeitswoche in der Produktion – an vier Tagen. Auf jeden Fall, so Rasch, werde bei einer neuen Vereinbarung gegebenenfalls von allen Beteiligten „Flexibilität gefragt“ sein. Noch haben die Gespräche beziehungsweise Verhandlungen über den Kontrakt aber nicht begonnen. Dagegen ist beim Tapetenhersteller ein anderer Vertrag bereits unter Dach und Fach. Rasch hat sich mit der bekannten TV-Moderatorin Barbara Schöneberger geeinigt und eine gemeinsame Kollektion auf den Markt gebracht. Die „Barbara Home Collection“ umfasst mehr als 40 unterschiedliche Motive, dazu kommt eine Textilienkollektion – unter anderem Kissenhüllen. „Frau Schöneberger ist eine tolle Markenbotschafterin“, betonte Unternehmensgeschäftsführer Frederik Rasch, „sie hat sich mit unheimlich viel Herzblut in diese neue Kollektion eingebracht.“ Die entsprechenden Tapeten werden inzwischen auf den Firmenmaschinen in der Gartenstadt produziert.
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DONNERSTAG, 26. APRIL 2018
SPEZIAL HOLZ & HEIMAT
SPEZIAL HOLZ & HEIMAT
„Es stand noch nie so viel Holz n Wäldern wie heute“ in niedersächsischen Wirtschaftstalk: Mittelständische Betriebe ein Anker in der Region – Auch die Holzwirtschaft in der Pflicht, Aufklärungsarbeit zu leisten Zahl der Waldbesitzer, die Holz gewerblich nutzen, nimmt ab. Mittelständische Säger als zuverlässige Partner. Konkurrenz um Fachkräfte deutlich zu spüren. VON NINA KALLMEIER UND BERTHOLD HAMELMANN OSNABRÜCK/HASELÜNNE/BRAMSCHE. Wie steht es um die heimi-
sche Forstwirtschaft? Welche Bedeutung haben die Wälder für die regionale Wirtschaft, und wie gehen Firmen mit Rohstoffen aus Holz um? Im ersten Wirtschaftstalk der NOZ „DIE WIRTSCHAFT“ sind wir diesen Fragen nachgegangen.
Wie steht es um unsere heimische Forstwirtschaft? Für Georg Schirmbeck, Präsident des deutschen Forstwirtschaftsrates, war die Antwort beim ersten NOZ-Wirtschaftstalk für „DIE WIRTSCHAFT“ einfach: „Wir leben in der Region von Land- und Forstwirtschaft und allem, was im vor- und nachgelagerten Bereich dazugehört, wie kaum ein anderer.“ Noch nie habe so viel Holz in niedersächsischen Wäldern gestanden wie heute. Allerdings sind das nicht nur gute Nachrichten. „Wir haben ein durchschnittliches Preisniveau von 1990. Die Preise waren jedoch auch schon mal schlechter.“ Dennoch: Selbst in gut geführten Betrieben sei es heute zum Teil noch so, dass Nadelholz das Laubholz subventioniere, so Schirmbeck. Der Wald hinterm Hof ist somit nur noch bedingt die „Spardose des Landwirts“. Es sei denn, man kann von einem Trend in der Möbelindustrie profitieren. „Wenn zum Beispiel Kirsche in ist, kostet schönes Furnierholz nicht 60, 70 Euro pro Festmeter, sondern 500 bis 600. Wenn jemand besonders hinter Eiche her ist, kann auch das ein schöner Preis sein. Darauf kann man aber nicht spekulieren.“ Im gleichen Atemzug wurde auch mit einem Vorurteil aufgeräumt: Große, dicke Baumstämme bedeuten nicht automatisch viel Geld. „Das ist nur im Einzelfall so, eher sinkt der Preis mit zunehmendem Umfang. Leider ist die Annahme aber noch in vielen Köpfen drin“, so Schirmbeck. Das bringt Probleme für die Sägeindustrie: „Wir haben bis heute keinen Maschinenhersteller gefunden, mit dessen Anlagen sich dickere Dimensionen wirtschaftlich einschneiden lassen“, sagt Michael Book, Geschäftsführer der Firma E. A. Vehmeyer, die in Haselünne eines der größten Sägewerke im Norden betreibt. Für eine Wirtschaftlichkeit größerer Maschinen müsse viel mehr verarbeitet werden als die derzeitigen rund 120 000 Festmeter im Jahr. Dass Bäume häufig zu lange stehen gelassen würden, ist für Book auch ein Problem der kleinteiligen Struktur der Waldbesitzer. „Ein Wunsch wäre es, dass sich viel mehr kleine Privatwaldbesitzer zusammenschließen und sich beim Förster melden, um Holz einzuschlagen.“ Er verglich die Abläufe mit
STECKBRIEF
STECKBRIEF
STECKBRIEF
Matthias Voß, Werksleiter Duni
Michael Book, Geeschäftsführer Vehmeyer
Forstexperte Georg Schirmbeck
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as Duni-Werk in Bramsche gehört zur börsennotierten Duni Ab, mit Sitz im schwedischen Malmö. Von den international rund 2200 Mitarbeitern sind mit 1000 fast die Hälfte in Bramsche beschäftigt: 400 von ihnen in der Produktion, 200 in der Verwaltung sowie 400 in der Duni Logistik GmbH. Damit ist der 1976 gegründete Standort Bramsche der größte Einzelstandort des Konzerns. Matthias Voß ist seit 2017 Werksleiter und Prokurist am Standort und zuständig für den Bereich Produktion. Knapp sieben Milliarden Servietten und gut 250 Millionen Stück Tischdeckenprodukte wer-
den pro Jahr hergestellt. Insgesamt gibt es 60 Produktionslinien für Servietten, Tischdecken und Hygiene. Abgesetzt werden die Endprodukte aus Bramsche in Mittel- und Nordeuropa, wobei der überwiegende Teil nach Mitteleuropa geht. Gemessen an der Beschäftig-
der Landwirtschaft. „Ein Schwein geht bei einer gewissen Größe auch weiter. So ähnlich muss man sich das in der Forstwirtschaft auch vorstellen.“ Die Kleinteiligkeit der Forstwirtschaft ist für Schirmbeck ein Resultat des Vererbens: „Jedes Jahr kommen so rund 60 000 neue Waldbesitzer hinzu. Die sind der Regel nicht mehr mit Land- und Forstwirtschaft verbunden, sondern Diplomkauffrau in Hannover. Die, die Forstwirtschaft gewerbsmäßig machen, werden weniger.“ Dennoch habe Wald für viele einen Wert, denn auf dem Markt seien wenige Grundstücke zu finden. Auch wenn laut einer aktuellen Umfrage drei Viertel der Waldbesitzer mit weniger als 20 Hektar nur ein bedingtes Interesse am wirtschaftlichen Ergebnis hätten. Was ganz eigene Pro-
Große, dicke Baumstämme bedeuten nicht automatisch viel Geld.
tenzahl, ist Duni der größte Arbeitgeber im Stadtgebiet. Auch der Rohstoff Pulp, aus dem das Rohmaterial für die Produktion hergestellt wird, wird aus Holzfasern gemacht. Mehr als 40 000 Tonnen Rohware werden bei Duni in Bramsche verarbeitet.
bleme mit sich bringt: „Wir haben viel mehr Flächen faktisch still liegen, als wir wahrhaben wollen.“ Dazu gehören auch Buchenwälder. Ein wichtiger Anker für Schirmbeck als Vorsitzenden des Waldbesitzerverbands Weser-Ems ist die mittelständisch geprägte Sägeindustrie – die jedoch einem Konzentrationsprozess unterliege. Dieser Prozess ist für Michael Book noch nicht abgeschlossen. Mit negativen Auswirkungen für die heimische Forstwirtschaft. „Wenn in einem Gebiet keine wettbewerbsfähigen Verarbeiter mehr sind, wird es irgendwann Monopolstellungen geben, die die Region nicht mehr im Blick haben.“ Anders als in großen Sägebetrieben werde bei Vehmeyer im Einschichtbetrieb gearbeitet, erzählt er. „Das unterscheidet uns.“ Zudem werde versucht, viele Sortimente aus der hiesigen Region zu verarbeiten, um ein interessanter Partner zu bleiben. Für Book liegt die Herausforderung darin, ein Sägewerk mit dem nötigen Mix zu betreiben. „Wir haben eine kaskadenförmige Nutzung“, beschreibt er. Es werden also nicht nur die eckigen, geschnittenen Holzstücke verwendet, sondern auch die Nebenprodukte von der Rinde über Hackschnitzel bis zum Sägemehl weiterverarbeitet. „Hackschnitzel gehen zum Beispiel zur Weiterverarbeitung zur Firma Glutz oder in die Zellstoffindustrie“, erklärt der Geschäftsführer. Ein Abnehmer des Rohstoffs, der aus dieser Weiterverarbeitung gewonnen wird, ist der schwedische Konzern Duni, dessen größter Einzelstandort in Bramsche liegt. Ein Blick auf das Gewebe, aus dem im Werk vor allem Servietten und Papiertischdecken unter anderem für die Gastronomie hergestellt werden, lässt den Ursprung Holz nicht mehr erkennen. „Wir haben eigentlich keinen Bezug mehr dazu“, gesteht Werksleiter Matthias Voß. Zwei Stunden nördlich von Göteborg steht eine Papiermühle des in Malmö sitzenden Konzerns. „Wir kau-
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as Sägewerk der Firma E. A. Vehmeyer aus Haselünne gehört zu den 50 größten Betrieben in Deutschland. Seit acht Jahren leitet Michael Book als Geschäftsführer die Geschicke des Familienbetriebs. Der Geschäftsführung gehört Book jedoch bereits seit 2007 an. Pro Jahr werden am Standort Haselünne 125 000 Festmeter Rohholz verarbeitet. Das Fichten-, Kiefer-, Douglasien- und Lärchenholz kommt hauptsächlich aus einem Umkreis von 150
Kilome etern um den Firmensittz. Täglich kommen biis zu 35 Lkw-Ladungen n Rundholz an. man die Bäume Wenn m
fen von den großen Playern aus dem Bereich Hygiene Pulp, also Holzfasern, in großen Blöcken.“ Die werden in Schweden verarbeitet. Angeliefert wird in Bramsche bereits das fertige Gewebematerial. „Bei uns wird rein das Endprodukt produziert.“ Regionalität spielt dennoch eine große Rolle für Duni: Sowohl hinsichtlich der Wälder in Schweden, aus deren Holz der verarbeitete Rohstoff hergestellt wird, als auch hinsichtlich der Verpackung der Endprodukte, die wiederum aus der Region hier stammt. „Da haben wir einige Player“, fügt Georg Schirmbeck hinzu. Alles, was mit Papier zusammenhänge, dazu gehöre auch das Zeitungsgewerbe, mache im Cluster Holz 30 Prozent aus. Regionalität hat für die Verarbeiter Duni und Vehmeyer jedoch noch eine ganz andere Bedeutung. Sowohl Holz als auch die Duni-Produkte brauchen beim Transport viel Platz. „Wir produzieren unter anderem für professionelle Hotels und Restaurants. Das sind große Gebinde, die man eher nicht im Einzelhandel sieht“, so Voß. Entsprechend viel Laderaum werde benötigt, um die Märkte in Mittel- und Nordeu-
der Reihe nach legen würde, entspräche das einer Länge von bis zu 23,4 Kilometern pro Tag, die durch die Sor-
ropa zu bedienen. Dazu sei die Lage in Bramsche ideal. Kurze Wege sind es auch für Michael Book, die Auswirkungen auf den Preis haben. „Den Rohstoff aus der Region zu bekommen hat somit für uns eine hohe Bedeutung“, sagt der Geschäftsführer. Damit diese Versorgung aus einem Umkreis von rund 150 Kilometern um Haselünne klappt, ist für Schirmbeck eine guten Zusammenarbeit wichtig, die eine ganzjährige Versorgung sicherstellt. Und das auch in schwierigen Zeiten wie nach den Stürmen. „Wir mussten das Holz nicht quer durch Europa fahren. Das zeigt, dass die Partner mitgehen.“ Und das zu Preisen, die auch vor dem Sturm gezahlt wurden, betonte Vehmeyer-Geschäftsführer Book. Auch wenn der Mittelstand nicht immer Spitzenpreise zahlen könne. Wie hoch der Preisverfall jedoch sein kann, machte Georg Schirmbeck an einem eigenen Beispiel deutlich: „Ich hatte vor Kyrill 60 Jahre alte Fichten, die vielleicht 70 Euro wert gewesen wären. Nach dem Sturm habe ich dafür 14,50 Euro bekommen.“ Für eine weiterhin nachhaltige Zusammenarbeit wünscht sich Book einen
tieranlage gehen. Auf Lager stehen fast 20 000 Festmeter Rundholz zur Verfügung. Das entspricht rund 800 bis 850 LkwLadungen. Das Werksgelände verlassen pro Tag 13 bis 14 Lkw-Ladungen Schnittholz sowie 12 Lkw-Ladungen Hackschnitzel, Sägemehl und Baumrinde, die weiterverarbeitet werden. Zu Vehmeyer gehört auch ein Baustoffhandel und Baumarkt, der sich im vorderen Bereich des 170 000 Quadratmeter großen Grundstücks erstreckt.
noch engeren Dialog mit den Waldbesitzern und ihren Organisationen. Kritik übten die Diskutanten an Zertifizierungen. „Das hat nichts mit Waldschutz zu tun. Da wird Geld verdient – vor allem von denen die zertifizieren“, so Schirmbeck. Für Book ist das Thema Nachhaltigkeit eher mit Regionalität verbunden. „Für uns ist wichtig, dass dann auch die mittelständischen Säger genutzt und nicht das Holz in den Süden gefahren wird . . .“ „. . . um das gleiche Holz dann anschließend wieder in den Norden zu bringen“, warf Schirmbeck ein. Das hat für Book nichts mit Nachhaltigkeit zu tun. Außerdem: „Heimische Forstwirtschaft setzt bereits Standards in Sachen Nachhaltigkeit.“ Zum Themenkomplex gehört für Schirmbeck aber auch das Bauen mit Holz – und hier sieht er Nachholbedarf. „Um das Bewusstsein dafür zu schaffen, wäre es gut, wenn im öffentlichen Bereich das eine oder andere mehr mit Holz gebaut würde.“ Eine wirtschaftliche Nutzung des Waldes läuft jedoch nicht ohne Konfliktpotenzial. Dazu gehört es, Wald und Tourismus unter einen Hut zu bekommen. „Modellvorhaben zeigen, das geht zusammen.
DER WALD IN ZAHLEN
Auf einen Hektar ko ommen in Niedersachsen 163 Einwohner Mit 11,4 Millionen Hektar Wald ist Deutschland laut der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald eines der waldreichsten Länder der Europäischen Union. Knapp ein Drittel der Gesamtfläche ist bundesweit mit Wald bedeckt. In Niedersachsen beträgt die Waldfläche rund 1,2 Millionen Hektar. Damit ist die Bewaldung im Bundesland mit rund 25 Prozent deutlich geringer als im Bundesschnitt und liegt deutlich hinter den waldreichen Regionen wie Hessen und Rheinland-Pfalz (jeweils 42 Prozent), dem Saarland (40 Prozent) oder Baden-Württemberg (38
Prozen nt). Schlusslicht im Verg gleich der Bundesländ der ist Schleswig-Ho olstein mit 11 Prozent Waldfläche. Wa Auch regional schwan nkt der Waldanteil starrk. Während zum Beispie el im Landkreis Weserm marsch in Niedersachse en der Bewaldungsa anteil nur bei 1,5 Prozen nt liegt, sind es im Landkrreis Siegen-Wittgenstein (NRW) 64,5 Prozen nt. Entsp prechend den unterschiiedlichen Waldanteilen s schwankt auch die Zah hl der Einwohner je Hekttar Wald. Während im m Bundesschnitt auf die Fläche sieben Einwoh hner kommen, sind es s in Niedersach-
sen 163. Das entspricht laut niedersächsischem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz jedoch immer noch einer Waldfläche von 1500 Quadratmetern je Einwohner. Der mit 59 Prozent größte Anteil der niedersächsischen Waldflächen befindet sich in Privatbesitz oder gehört Genossenschaften (706 823 Hektar). Den zweitgrößten Anteil hat mit 335 813 Hektar der Landeswald (28 Prozent), der Rest ist Bundes- oder Körperschaftswald. Geerntet werden pro Jahr nach Angaben des Ministeriums rund 8,3 Millionen
Kubikmeter, das entspricht rund 1,1 Kubikmetern pro Einwohner. Die Zahlen stammen von der letzten Bundeswaldinvestur (2012), die alle zehn Jahre stattfindet. Sie gibt auch einen Einblick in die Waldstruktur. Am häufigsten in den niedersächsischen Wäldern zu finden sind Kiefern (29 Prozent), gefolgt von Fichten (17 Prozent) und Laubholz mit geringer Lebensdauer außer Buche (16 Prozent). Damit liegt Niedersachsen im Bundestrend. Auch insgesamt sind Fichten (26 Prozent) und Kiefern (23 Prozent) am häufigsten zu finden. nika
D
er Osnabrücker Georg Schirmbeck ist seit 2001 forstpolitisch aktiv. Zunächst war er Vorsitzender des Waldbesitzerverbands Weser-Ems, seit 2007 ist der ehemalige Bundestagsabgeordnete Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates (DFWR), der seinen Sitz in Berlin hat. Der DFWR ist die repräsentative Vertretung aller mit der Forstwirtschaft und dem Wald befassten Akteure in Deutschland. Rund zwei Millionen Waldbesitzer gibt es bundesweit, die eine Waldfläche von 11,4 Millionen Hektar bewirtschaften – rund 32 Prozent des Bundesgebietes.
Als Mitglied des Niedersächsischen Landtags war Schirmbeck auch sieben Jahre umweltpolitischer Sprecher der CDULandtagsfraktion. Dem Bundestag gehörte der Osnabrücker von 2002 bis 2013 an und hat dort unter anderem als Berichterstatter für den Einzelplan
Wir haben ein freies Betretungsrecht des Waldes, also dürfen auch Leute aus dem Schinkel in Ohrbeck im Wald spazieren gehen“, betont der Vorsitzende des Waldbesitzerverbands Weser-Ems. Es brauche jedoch eine dazugehörige Infrastruktur wie Papierkörbe und Parkplätze, so Schirmbeck. Dass Biker durch Anpflanzungen preschen, müsse im Gespräch unterbunden werden. Gegenseitige Rücksichtnahme und ein wechselseitig Handreichen sind für den Präsidenten des deutschen Forstwirtschaftsrates die beste Lösung. „Natur und Mensch, das gehört zusammen. Mit Verständnis kommt man weiter.“ Das gilt auch, wenn es um den Spaziergänger geht, der die Holzernte beobachtet. „Natürlich ist das Ernten ein Eingriff. Spätestens nach zwei Vegetationen sieht man jedoch nichts mehr“, betont Schirmbeck. In dem Augenblick entstehe jedoch ein anderer Eindruck: „Die wühlen schon wieder.“ „Da wird etwas dramatisiert, was nicht dramatisiert werden muss“, sagt auch Michael Book. Ein Durchforsten in Zyklen sei vielmehr eine Hege- und Pflegeaktion. In Sachen Aufklärung sieht Schirmbeck die Forstwirtschaft in der Pflicht. „Wir müssen uns mehr öffnen, gerade der Computergeneration.“ Durch die großeren Flächen, die ein Förster betreut, lasse der Ortskontakt aber nach – auch wenn der Schritt, Försterstellen einzusparen, der richtige Schritt gewesen sei. Mitarbeiter direkt aus der Forstwirtschaft arbeiten bei Duni nicht. „Unsere Herausforderung ist es, Mitarbeiter im Bereich der Maschinen- und Anlagenführer, aber auch Elektriker, Mechatroniker oder Einrichter zu finden“, macht Werksleiter Matthias Voß deutlich. In einer industriestarken Region wie dieser würden diese Mitarbeiter jedoch überall gebraucht. Entsprechend schwierig ist es, so Voß, sowohl Fachkräfte mit Berufserfahrung als auch Junge am Markt zu finden. Daher setze Duni – ebenso wie Veh-
des Landwirtschaftsministeriums Land- und Forstpolitik mitgestaltet. Heute ist Schirmbeck als Präsident des DFWR national wie international unterwegs, um der Forstpolitik eine Stimme zu geben und für eine nachhaltige Forstwirtschaft zu werben.
meyer – auf die eigene Ausbildung. Im Sägewerk kommt noch erschwerend die „unsaubere Umgebung“ hinzu, auch das schrecke ab, sagt Book. Grundsätzlich gilt jedoch: „Den Kindern, die in den letzten 16 Jahren nicht geboren wurden, können wir auch heute keinen Ausbildungsvertrag geben. Wir arbeiten an Symptomen“, sagt Georg Schirmbeck. Um Lücken direkt in der Forstwirtschaft zu schließen, würden bei Ernte und Anpflanzung Rumänen und Polen als Saisonkräfte eingestellt. „Auch das gehört zur Wahrheit.“ Eine weitere Herausforderung der Betriebe: Viele junge Leute wollen sich nach der Ausbildung weiterentwickeln – studieren oder einen Techniker oder Meister machen. „Das ist gut so, selber habe ich es ja genauso gemacht“, sagt Voß. Auch wenn man als Unternehmer die Fachkräfte natürlich gerne direkt behalten würde. Dass weiterhin viele jungen Menschen ihr Glück im akademischen Bereich suchen, sei jedoch schwierig, so Book. „Es dauert nicht mehr lange, da wird der gewerbliche Mitarbeiter dem kaufmännischen zumindest im Verdienst den Rang abgelaufen haben. Angebot und Nachfrage bedingen den Preis.“ Und einem weiteren Berufsbild, auf das sowohl Duni als auch Vehmeyer angewiesen sind, fehlt der Nachwuchs: den Berufskraftfahrern. „Das sieht man auch an der Entwicklung der Frachtkosten“, so Voß. Und die Herausforderung werde noch größer, ist sich Book sicher. „Die Bundeswehr hat früher Kraftfahrer noch und nöcher ausgebildet. Das gibt es nicht mehr. Wenn die Leute auf eigene Kosten einen Lkw-Führerschein machen müssen, das investiert keiner mehr.“ Selbst wenn die regionale Wirtschaft mit kurzen Wegen punkten könne. ·· ·· ·· ·· ·· ·· ··
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Fotos: Michael Gründel,imago/Rainer Mirau
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DONNERSTAG, 26. APRIL 2018
SPEZIAL HOLZ & HEIMAT
Stress lass nach: Wer einen Stamm umarmt, kann nach einer anstrengenden Woche neue Energie tanken. Abenteuer und sportliche Herausforderungen bieten der Baumwipfelpfad auf der Laga in Bad Iburg und der Kletterwald im Wallenhorster Nettetal. Seit jeher ist Wandern ein Wirtschaftsfaktor,während das Interesse an Naturbestattung wie im „Friedwald“ in Bramsche wächst. Fotos: dpa/Westdörp/Teammotion/Jansing
Abenteuerlust, Entspannung, letzte Ruhestätte Der Wald und seine vielen Wirtschaftsfaktoren – Bundesweit boomen Baumwipfelpfade – Waldbaden ist das neue Spazierengehen VON HOLGER JANSING BAD IBURG/WALLENHORST/ BRAMSCHE. Der Wald ist ein ech-
ter Wirtschaftsfaktor – nicht nur für die Holz verarbeitende Industrie. Auch für andere Zwecke werden Wälder zunehmend vermarktet. Viele Menschen suchen Abenteuer und Entspannung, und immer mehr finden im Wald ihre letzte Ruhestätte. Eine Bestandsaufnahme in der Region Osnabrück.
Bestes Beispiel für die fortschreitende Kommerzialisierung des Waldes sind die Baumwipfelpfade, von denen es inzwischen 18 in Deutschland gibt – von Prora auf Rügen bis Scheidegg im Allgäu. Der neuste ist Mitte April in Bad Iburg eröffnet worden und ist dort die Attraktion der diesjährigen Landesgartenschau (Laga). Nirgendwo sonst zwischen Weser und Ems kommen Spaziergänger ab sofort Baumkronen so nahe wie hier, können Tiere und Pflanzen in Lebensräumen beobachten, die den Blicken sonst verborgen bleiben. Der bis zu 32 Meter hohe Weg ist inklusive Aufund Abstieg 600 Meter lang und endet mit einem spektakulären Aussichtsturm vor der prächtigen Kulisse des fürstbischöflichen Schlosses. Rund fünf Millionen Euro haben die Verantwortlichen außerhalb des Laga-Etats für den Baumwipfelpfad ausgegeben und hoffen, dass sich die Investition in den kommenden Monaten und Jahren bezahlt
macht und langfristig mehr Tagesgäste in die Kleinstadt am Teutoburger Wald lockt. Für Bad Iburgs Bürgermeisterin Annette Niermann ist das Projekt jedenfalls ein wichtiger Baustein, um die touristische Zukunft des Kurortes zu sichern. An anderen Stellen sind solche Annahmen aufgegangen. Einer der ältesten Baumwipfelpfade Deutschlands ging 2005 im thüringischen Nationalpark Hainich an den Start und kostete damals zwei Millionen Euro. Er besteht aus zwei Schleifen, ist insgesamt 546 Meter lang und hat einen 44 Meter hohen Baumturm. Bis Ende 2017 hat der Pfad 2,5 Millionen Besucher angezogen. Die ganze Region profitiert. Im nahe gelegenen Bad Langensalza zum Beispiel sind die Übernachtungszahlen in den vergangenen zehn Jahren stetig gestiegen. Der 1200 Meter lange, im Juli 2016 eröffnete Baumwipfelpfad bei Orscholz an der Saarschleife hat die Erwartungen sogar übertroffen. Im ersten Jahr wurden 250 000 Besucher gezählt, 50 000 mehr als veranschlagt. Das ist insofern erstaunlich, weil der parallel verlaufende Wanderweg ebenfalls zu einem Aussichtspunkt oberhalb der Saarschleife führt. Trotzdem wählen die meisten Besucher den schmucken Baumwipfelpfad und zahlen dafür immerhin bis zu zehn Euro Eintritt. Die „Erlebnis Akademie“ (eak) aus Bad Kötzting im Bayerischen Wald, die 4,7 Millionen Euro investiert hat und in Deutschland, Tschechien und der Slowakei
insgesamt sieben Baumwipfelpfade betreibt, ist zufrieden. Die Aktiengesellschaft ist nach eigenen Angaben auf Wachstumskurs, hat 2016 fast acht Millionen Euro Umsatz erzielt. Diese Daten dürften auch die Verantwortlichen in Bad Iburg zuversichtlich stimmen, wobei die bange Frage bleibt, wie lange der Boom noch anhält. Mit Kletterwäldern, einer anderen Attraktion unter freiem Himmel, ist Deutschland inzwischen ganz gut gesättigt. Auch im Nordwesten gibt es mehrere Angebote – eines seit 2008 zwischen Osnabrück und Wallenhorst, in exponierter Lage oberhalb des Gasthauses Knollmeyer an der historischen Wassermühle im Nettetal. Den Hochseilparcours absolvieren jedes Jahr rund 15 000 kleine und große Gäste, zahlen für drei Stunden inklusive Einweisung zwischen 15,50
und 20,50 Euro. Die Betreiber der Firma Teammotion aus Osnabrück freuen sich über steigendes Interesse und darüber, dass viele Besucher wiederkommen. Die Lust am Abenteuer, draußen gemeinsam aktiv sein: Das komme derzeit sehr gut an, sagt Teammotion-Chef Sebastian Schnee. Da die Ansprüche der Kunden steigen, legt das Unternehmen großen Wert auf die Qualifizierung der Mitarbeiter. Fest steht: Der Wald ist nicht mehr nur Arbeitgeber für Förster und Holzfäller. Längst hat auch die Gesundheitsbranche die Potenziale entdeckt. Die „Europäische Akademie für biopsychosoziale Gesundheit, Naturtherapie und Kreativitätsförderung“ in Hükeswagen im Oberbergischen Kreis zum Beispiel bildet Waldtherapeuten aus. Die Grundstufe umfasst 24 Lehrgangstage und kostet 2160 Euro. Vermit-
zur Regeneration der Lungen beiträgt. Kein Wunder, dass während der Laga bis Mitte Oktober mehr als 50-mal Waldbaden auf dem Programm steht. 40 Kilometer nördlich von Bad Iburg wird derweil der Wald auf ganz andere Art und Weise kommerziell ausgenutzt. Im Gehn bei Bramsche stehen seit Dezember 2003 ganze 51 Hektar als letzte Ruhestätte zur Verfügung. Das Areal zwischen den Orten Achmer und Ueffeln ist einer von 61 Standorten der „Friedwald“-GmbH, die unter diesem markenrechtlich geschützten Namen seit Ende 2001 Naturbestattungen in Deutschland anbietet. Das Konzept kommt gut an, das Interesse wächst. In den „Friedwäldern“ hat es in den vergangenen 16 Jahren fast 95 000 Beisetzungen gegeben, davon in Bramsche knapp 2500. Offenbar ist es für viele Menschen verheißungsvoll, wenn nach ihrem Tod die biologisch abbaubare Urne im Wurzelwerk von Bäumen begraben wird – unabhängig von Konfessionen und frei von sozialen Zwängen. Für Angehörige entfällt die Grabpflege. „Die übernimmt die Natur“, wirbt die „Friedwald“-GmbH. Eine beruhigende Vorstellung mag es auch sein, sich „seinen Baum“ schon zu Lebzeiten aussuchen zu können – zu Preisen zwischen 770 und 6350 Euro (je nach Form der gewünschten Beisetzung). Wie profitabel Bestattungswälder als Alternative zu konventionellen Friedhöfen wirklich sind, wird sich in den nächsten Jahren zeigen müssen.
telt werden Themen wie „Komplexe Achtsamkeit im Wald“, „Einführung in die Gruppenarbeit“ und „Grundlagen der Waldmedizin“. Der Ausbildungsgang 2018 ist schon lange ausgebucht. Der nächste Kurs beginnt im Mai 2019. Zurück nach Bad Iburg, wo die Landesgartenschau voll auf den Trend Wald und Wellness setzt. Spötter sagen zwar, dass der neuste Schrei Waldbaden letztlich auch nichts anderes sei als Spazierengehen, aber offenbar ist dieses betreute Angebot für viele Menschen attraktiver, als alleine unterwegs zu sein. So oder so profitieren gestresste Zeitgenossen, die bewusst in den Wald gehen, dort tief einund ausatmen, von den gesundheitsfördernden Wirkungen. Im Wald gibt es 99 Prozent weniger Staubteilchen und eine durch ätherische Öle angereicherte Luft, die
GESETZLICHE GRUNDLAGEN
Die verschiedenen Funktionen des Waldes Im Bundeswaldgesetz von 1975 und in Bestimmungen der Länder ist geregelt, welche Funktionen der Wald in Deutschland erfüllen soll. Im Kern sind das vier Funktionen. • Nutzungsfunktion: Holz als nachwachsender Rohstoff wird angebaut und geerntet.
Wild lebende Tiere werden gejagt und bereichern seit jeher den Speisezettel der Menschen. • Schutzfunktion: Wälder verhindern die Erosion des Bodens, speichern Wasser und verbessern die Luft und das Klima. Bäume verbrauchen Kohlendioxid und produzieren Sauer-
stoff. Der Wald gleicht tägliche und jährliche Temperaturschwankungen aus, erhöht die Luftfeuchtigkeit und filtert Schadstoffe. • Erholungsfunktion: Wälder bieten attraktive Ausflugsziele, Ruhe und Erholung. Sie haben eine große Bedeutung für die Gesundheit und Leistungsfä-
higkeit der Bevölkerung. • Bildungsfunktion: Der Wald ist ein grünes Klassenzimmer, in dem der moderne Mensch den Kreislauf der Natur lernen und verstehen kann – ein idealer Ort, um sich Gedanken über einen nachhaltigen Lebensstil zu machen.
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DONNERSTAG, 26. APRIL 2018
SPEZIAL HOLZ & HEIMAT
Nicht nur für Touristiker Hümmlinger Naturparkplan soll konkurrierende Nutzungsansprüche verbinden
VON CHRISTIAN BELLING UND GERD SCHADE SÖGEL. Die Naherholung auf der
einen, Landwirte und Waldbesitzer auf der anderen Seite – was sich anhört wie zwei nicht zusammenpassende Komponenten, soll der Naturparkplan für den Hümmling in Einklang miteinander bringen.
Der Hümmling – die Geestlandschaft östlich der Ems im Norden des Emslandes wurde 2015 als Naturpark anerkannt, allerdings weit weniger geräuschlos, als es die sanften Hügel und tiefen Wälder, weiten Moor- und Heideflächen, „liebenswerten“ Dörfer und das Emslandmuseum Schloss Clemenswerth, mit denen der Naturpark auf seiner Homepage wirbt, vermuten lassen. Waldbesitzer und Bauern fürchten um ihre Pfründe, zogen vor Gericht und sind zu einem weiteren Gang vor den Kadi entschlossen. Derweil arbeiten seit Ende Januar Vertreter aus den am Naturpark Hümmling beteiligten Städten und Gemeinden an der Ausarbeitung eines ganzheitlichen Plans. Ende Juni soll in Lähden das Konzept vorgestellt werden. Wie der emsländische Landrat Reinhard Winter (CDU) während des Auftaktforums mitteilte, fällt es mit dem Leitfaden leichter, Fördergelder zu beantragen. Zudem soll der Naturparkplan bereits vorhandene Ideen koordinieren und unter einen Hut bringen. Dazu
zählt beispielsweise eine Stärkung der regionalen Identität, eine Darstellung der vielfältigen Landschaft und Kulturgeschichte, eine attraktive Wegeführung, eine touristische Aufwertung der wiederbelebten Hümmlingbahnstrecke von Lathen nach Werlte, die Aufwertung des Theikenmeeres in Werlte, der Ausbau des Naherholungsgebiets am Erikasee in Esterwegen sowie die Etablierung des Jugendklosters in Ahmsen. Bis zum Sommer sollen in den festgelegten Handlungsfeldern „Wirtschaft und Landnutzung“, „Natur und Klima“ und „Naherholung und Kultur“ konkrete Maßnahmen entwickelt werden. Uwe Carli, Geschäftsführer des Naturparks Hümmling, machte deutlich, dass der Naturpark vielen Interessengruppen zugutekommen kann. „Es ist nicht nur für Touristiker gedacht“, betonte er. Vielmehr gehe es nach seinen Worten um eine nachhaltige Regionalentwicklung. Nach Angaben des Ersten Kreisrates Martin Gerenkamp gilt es, bei der Konzepterstellung alle Belange miteinander zu vernetzen und in Einklang miteinander zu bringen. Als Beispiel nannte er die Bereiche der Naherholung und der Waldnutzung, die laut Gerenkamp durchaus unterschiedliche Interessen hätten. „Hier ist eine gegenseitige Rücksichtnahme erforderlich.“ Er gab die Marschroute vor, „die vielen konkurrierenden Nutzungsansprüche miteinander zu verbinden“. Kein leichtes Unterfangen, wie die Diskussion um das vom Landkreis geplante Landschaftsschutzgebiet auf dem Hümmling zeigt.
Fotos: Böckermann,Moormann,Schüring,Colourbox.de
57 700 HEKTAR GESAMTFLÄCHE
Der Naturpark Hümmling Mit einer Gesamtfläche von 57 700 Hektar ist der Hümmling im Jahr 2015 als Naturpark anerkannt und im Jahr 2016 offiziell erklärt worden. Träger des Naturparks ist der gleichnamige Verein. Mitglieder sind der Landkreis Emsland, die Samtgemeinden Sögel, Werlte, Nordhümmling, Lathen und Herzlake sowie die Städte Haren und Mep-
pen. Ziel des Naturparks sind eine nachhaltige Entwicklung des Gebietes sowie eine effektive Nutzung der vorhandenen Potenziale. Naturparks sind laut Bundesnaturschutzgesetz großräumige, einheitlich zu entwickelnde und pflegende Gebiete, die größtenteils aus Landschafts- und Naturschutzgebieten bestehen.
Im konstruktiven Austausch: Bei der Entwicklung eines Naturparkplans für den Hümmling sind die Teilnehmer aufgefordert, eigene Ideen und Projekte einzubringen. Foto: Christian Belling
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Waldbesitzer und Landwirte beklagen unannehmbare Einschränkungen ihres wirtschaftlichen Handelns und einen Eingriff in Eigentumsrechte. Anders gesagt: Sie befürchten massiven Wertverlust ihrer Flächen oder Einschränkungen ihrer Waldwirtschaft. Außerdem sei auf ihr Wissen in Sachen Nachhaltigkeit keinerlei Wert gelegt worden. 24 Betroffene haben deshalb bereits 2015 vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg einen Normenkontrollantrag gestellt und gewonnen. Das Schutzgebiet wurde aufgrund eines Formfehlers aufgehoben. Die Kreisverwaltung hatte die Schutzgebietskarten für das Gebiet in einem falschen Maßstab veröffentlicht. „Das hat außer dem Vorsitzenden Richter niemand gesehen“, stellte Kreisbaurat Dirk Kopmeyer fest. Im Februar beschloss der emsländische Kreistag nach einer Überarbeitung erneut die Ausweisung des Schutzgebietes. Von dem Gebiet betroffen sind die Samtgemeinden Nordhümmling, Sögel, Werlte, Lathen und Herzlake sowie die Städte Haren und Meppen. Die Schutzgebietsausweisung ist Voraussetzung für die Gründung des Naturparks Hümmling. 40 Prozent der Naturparkfläche hat das Land Niedersachsen vorgegeben, ohne das Landschaftsschutzgebiet ist dieser Wert nicht zu erreichen. Das neue Landschaftsschutzgebiet umfasst 32 Teilgebiete. Aus Sicht der Kreisverwaltung wird das charakteristische Landschaftsbild des Hümmlings durch die unter Schutz zu stellenden Wälder maßgeblich geprägt. Von den rund 13 000 Hektar, die nun im zweiten Anlauf als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen werden sollen, befinden sich nach Angaben der „Interessengemeinschaft zur nachhaltigen Entwicklung der Wälder auf dem Hümmling“ etwa 8000 Hektar in Privatbesitz. Die verbleibenden 5000 Hektar sind in Besitz des gemeinnützigen Forstund Grundbesitzverwaltungsunternehmens Arenberg-Meppen GmbH. Nach den Worten von dessen Geschäftsführer Winfried Frölich muss die Holzproduktion gewährleistet bleiben. Für den Fall einer erneuten Ausweisung und nicht vorgenommener Anpassungen kündigten die Waldbesitzer einen erneuten Gang vor das Gericht an.
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Der Energieversorger der Samtgemeinde Bersenbrück HaseEnergie GmbH strebt an, eines der führenden Unternehmen im Bereich Energiedienstleistungen für Gewerbe- und Industrieunternehmen im Nordwesten zu werden. Ein Baustein zur Erreichung dieses Ziels ist die jüngst geschlossene Kooperation mit dem in Vechta ansässigen Unternehmen Red Kilowatt Energiemanagement GmbH. „Das Smart-Meter-Rollout, intelligente Messzähler, dezentrale Energieversorgung und Transparenz der eigenen Energieverbräuche für die Kunden sind neben der Reduzierung des CO2-Ausstoßes die zentralen Herausforderungen für unsere Unternehmenssparte“, so Jan Wojtun, Vertriebsleiter des HaseEnergie GmbH. Seit 2015 agiert die HaseEnergie GmbH auf dem Energiemarkt in der Samtgemeinde Bersenbrück. Das Hauptziel ist die Belieferung von Privathaushalten und Gewerbekunden mit Gas und Strom aus erneuerbaren Energien. Nach dem erfolgreichen Start hat die Hase Energie GmbH das Produktsortiment erweitert. Als erste Bausteine kamen 2016 die Beteiligung an Windkraftprojekten und der Bau von Photovoltaikpachtanlagen auf Kundendächern hinzu. Im Zuge der Breitbandinitiative des Bundes und des Landkreises Osnabrück lag in 2017 die Versorgung mit schnellem Internet per Satellit nahe. Auf dem Weg zum Energiedienstleister beschäftigte uns zudem das Thema Energieeinsparungen im Wärmebereich mit gleichzeitiger Senkung des CO2-Ausstoßes. Dadurch entstand die Kooperation mit der Firma Red Kilowatt aus Vechta. Das größte Potenzial bei der Energieeinsparung bietet der Bereich Heizenergie. In diesem Zusammenhang hat das Vechtaer Unternehmen Red Kilowatt ein neues System zur Steuerung von Heizungsanlagen für Gewerbe- und Industrieunternehmen entwickelt. Die ClimaCloud® nutzt die Daten der Wettervorhersage, um die Heizung vorausschauend zu steuern. Die Wetterprognosedaten werden über die Schnittstelle des Außentemperaturfühlers an die Steuerung der Heizungsanlage gesendet. Dadurch ist die Systemlösung ClimaCloud® kompatibel zu allen Herstellern von Heizungsanlagen. Statt dass die Heizung auf die aktuelle Temperatur reagiert wie im Fall aller herkömmlichen über den Außentemperaturfühler gesteuerten Heizungsanlagen und damit der Witterungslage immer etwas hinterherhinkt, kann der Heizkessel nun aktiv die unmittelbar bevorstehende Witterung mit einbeziehen. Gerade in Witterungsübergangszeiten, wenn es morgens noch kühl ist, aber im Tagesverlauf deutlich wärmer wird, werden viele Gebäude zu stark aufgeheizt, sodass die überschüssig erzeugte Wärme nur
noch über geöffnete Fenster entlassen werden kann. Wenn die Heizung aber bereits im Voraus weiß, dass am Nachmittag beispielsweise höhere Temperaturen herrschen, wird die Heizleistung früher zurückgefahren. Die Wetterprognosedaten sind mit einer Rasterung von 1 x 1 km standortgenau und beinhalten neben der Temperatur Angaben zur Windstärke und -richtung, Wolkendichte, Wolkenhöhe, Luftfeuchtigkeit usw. Diese Daten werden einmal täglich per Funk an die Steuerungseinheit gesendet. Zudem werden Energieverbrauchsdaten sowie Vorlauf- und Rücklauftemperatur erfasst und gespeichert. Die Daten werden für den Nutzer als browserbasierte Anwendung bereitgestellt. Der Nutzer erhält einen passwortgeschützten Zugang zu dem Webportal, in dem die Daten zu Vorund Rücklauftemperatur der Wärmeerzeugungsanlage, Energieverbrauch (Gas, Öl oder Fernwärme) und Außentemperatur permanent visualisiert werden. Die ClimaCloud® reduziert den Wärmeüberschuss in den Witterungsübergangszeiten. Aus diesem Grund gibt es keine Komfortverluste für den Nutzer. Zusätzliche Einzelraumsensorik oder ein Austausch von Thermostaten ist nicht erforderlich. Der Installationsaufwand ist gering und beträgt je nach Standortbedingungen zwischen 2 und 5 Stunden. Die Einsparungen im Heizenergieverbrauch betragen zwischen 10 und 30 % pro Jahr. So wird durch die Verwendung weniger Messpunkte ein hohes Maß an Energieeffizienz erreicht. Die eingesetzte Software fußt auf einer kompletten Energiemanagementsoftware. Aus diesem Grund können weitere Messpunkte für den Verbrauch anderer Medien optional mit aufgenommen werden: Stromund Wasserzähler, Photovoltaikanlagen oder BHKW. Neben der Steuerung der Wärmeerzeugungsanlage über Wetterprognosedaten durch die ClimaCloud® werden die o. g. Parameter fortlaufend transparent dargestellt und stellen damit in diesem Bereich zusätzlich die Grundlage für das Erkennen von Energieeffizienzpotenzialen dar. Abweichungen von Sollwerten oder Störungen werden sofort erkannt und können verfolgt werden (Störmeldemanagement). Im Dezember letzten Jahres wurde die Systemlösung ClimaCloud® mit in das Programm „Einsparzähler“ des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) aufgenommen. Das BAFA unterstützt die Ausstattung von bis zu 2.000 Gewerbekunden innerhalb der nächsten 4 Jahre mit einer Fördersumme von 1 Million Euro. Die Kunden der HaseEnergie partizipieren bei Teilnahme an dem Programm durch geringere Anschaffungskosten für die Systemlösung ClimaCloud®. Fazit: geringe Investitionskosten – einfache Installation - hohes Wärmeenergieeinsparpotenzial – Verbesserung der CO2-Bilanz = HaseEnergie & ClimaCloud®
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DONNERSTAG, 26. APRIL 2018
GELD & GESCHÄFT
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Wenn die Umkleide zum Berater wird Auch der stationäre Handel arbeitet an digitalen Lösungen – Osnabrücker Firma wächst mit vernetzten Systemen
Projekteins entwickelt Technologien für den Handel. Bis 2019 auf 100 Mitarbeiter in ganz Deutschland wachsen. Schnittstellen zwischen Systemen sind die Herausforderung. VON NINA KALLMEIER OSNABRÜCK/DÜSSELDORF. Vom Dienstleister zum Anbieter von Handelstechnologie: Das Osnabrücker Unternehmen Projekteins hat sich in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt und will die heutigen Möglichkeiten von „Smart Data“ nutzen. Ein aktuelles Projekt ist das Joint Venture „Exp37“, ein Geschäft, das mögliche Vernetzungen von stationärem und digitalem Handel aufzeigt.
Internet of Things (IoT), künstliche Intelligenz, Big und Smart Data – die immer wiederkehrenden Schlagworte im Zusammenhang mit digitalen Geschäftsmodellen sind in aller Munde. Auch bei Projekteins. Das 2009 gegründete Osnabrücker IT-Unternehmen hat sich dabei auf Lösungen im stationären und digitalen Handel spezialisiert. „Dienstleistungen sind zwar weiterhin unser ,Brot-undButter-Geschäft‘ . Heute entwickeln wir jedoch vor allem Handelstechnologien“, sagt der Geschäftsführende Gesellschafter Marcel Führer, der zusammen mit Ingo Hagemann das 30-köpfige Unternehmen leitet. Neben dem Firmensitz in Osnabrück hat das Team mittlerweile bundesweit an
Standorten unter anderem in Karlsruhe expandiert. „Bis 2019 wollen wir auf 100 Mitarbeiter wachsen.“ Ein ehrgeiziges Ziel. Mit der wachsenden Bedeutung des Onlinehandels und dem Einfluss digitaler Technologien auf stationäre Geschäftsmodelle ist eine Vernetzung und Bündelung beider Potenziale jedoch zum Trend geworden, der traditionelle Grenzen verschwimmen lässt. Auch in den Projekten des Osnabrücker IT-Unternehmens. So bündelt Projekteins unter anderem die Digitalisierung stationärer Vertriebskanäle der Hamm-Reno-Gruppe. Ein Beispiel: Ein Foto des gewünschten Schuhs kann in eine App geladen und Preise online verglichen werden. Wird der Schuh günstiger angeboten, gibt es einen Gutschein, sodass der Kunde letztendlich den gleichen Preis zahlt. Aber auch in anderen Bereichen gibt es Pilotprojekte: Läden ohne Kassensystem am Ausgang sind unter anderem beim Online-Riesen Amazon und dem Elektronikanbieter Saturn in der Pilotphase, Serviceroboter werden seit einigen Jahren getestet, digitale Insellösungen wie Touchpoints zur Information der Kunden sind in Shopping Centern häufig zu finden. „Einzellösungen im Handel bieten dem Kunden jedoch keinen Mehrwert“, ist Führer überzeugt. Stattdessen brauche es ein Gesamtsystem für ein intelligentes Geschäft. Die Krux: eine Datenschnittstelle, die alle Informationen aus unterschiedlichen Systemen bündelt. „Alles sollte in der Lage sein zu kommunizieren. Es braucht keine Insellösungen, die Daten müssen fließen“, ist der Osnabrücker überzeigt. Einzelne digitale Projekte zu einem intelligenten Geschäft zu verknüpfen ist jedoch einfacher gesagt als getan. Neben einer guten
Smarte Umkleidekabine: Über einen Touchscreen wird es möglich sein,passende Kleidungsstücke auszuwählen und eine Verkäuferin auf den Wunsch aufmerksam zu machen.
digitalen Infrastruktur braucht es unter anderem eine Möglichkeit, den Kunden im Laden zu identifizieren, um in Echtzeit mit ihm über das Smartphone zu kommunizieren. Was in diesem Zusammenhang möglich ist, zeigt Projekteins seit Oktober in einem Joint Venture mit dem Handelsberater Tailorit in einem sogenannten „Experience Store“ in Düsseldorf. „Wir entwickeln für das Projekt die technologische Basis zum Austausch der Kundendaten“, er-
ZUR SACHE
Von der Insellösung zum System Digitale Unterstützung ist auch im stationären Handel nicht neu. Ein Überblick über einige der vielen Möglichkeiten, die über eine Vernetzung ihr Insellösung-Dasein aufgeben könnten: Touchpoint: Wer im Geschäft seinen Lieblingsschuh nicht in der richtigen Farbe oder Größe findet, kann über einen Touchpoint in der „verlängerten Ladentheke“ suchen und möglicherweise auch bestellen. Manche Händler nutzen Touchponts auch zur Information, zum Beispiel über die Geschäftsauswahl im Shopping Center.
möglich. Ein Roboter kann unter anderem den Weg zum gewünschten Produkt zeigen, damit experimentieren zum Beispiel Elektromärkte. Aber auch im Textilhandel kann er zum Einsatz kommen, zum Beispiel als Entscheidungshilfe, ob eine Passform passend ist. Dazu muss der Kunde jedoch in einer App Daten hinterlegen, die dann mit den Eigenschaften eines mit RFID-Etikett eingescannten Produkts verglichen werden.
Möglich ist unter anderem, das gewünschte Teil per Foto in eine entsprechende App zu laden. Anschließend können nicht nur Farbe und Variante verändert, sondern auch Preise im Internet verglichen werden.
Elektronisches Preisschild: Elektronische Preisschilder sind für den stationären Handel eine Voraussetzung, um ähnlich wie der Onlinehandel dynamische Preise zu machen. Frequenzdaten des Geschäfts oder der Innenstadt, Wetter, OnVirtual/Augmented linepreise, lokale WettReality: Brille auf und bewerber, all diese Fakrein ins Einkaufserleb- toren könnten künftig nis. Eingesetzt wird Vir- auch im stationären tual Reality zum BeiHandel in die PreisgeRoboter:In der Intralo- spiel bereits, um Bäder, staltung einfließen. gistik können Roboter Küchen oder WohnWare zum Kommissio- zimmer zu planen. Shoe Mirror: Ist geranierer bringen, aber Augmented Reality de die Shopping-Begleitung nicht zur Stelauch im Kontakt mit kann eingesetzt werdem Kunden sind diese den, um weitere Inforle, wird gerne einmal Anwendungen zum mationen zu einem ein Bild an Freunde geBeispiel im Service Produkt zu erhalten. schickt, um nach der
Meinung zu fragen. Oder auch das gekaufte Produkt auf sozialen Medien gepostet. Ein „Shoe Mirror“ kann das automatisch. Er macht beim „Catwalk“ Fotos, zeigt dem Kunden, wie das Produkt von hinten aussieht, und bietet die Möglichkeit, ein Foto an Freunde zu senden oder über soziale Medien zu teilen. RFID-Mirror: Ein Spiegel, der dem Kunden zeigt, was er anziehen könnte? Mithilfe von RFID-Etiketten könnte künftig eine Umkleidekabine zum Berater werden. Gefällt ein Produkt, kann durch Einscannen des Etiketts eine Liste an weiteren Produkten aufgerufen werden, die zu dem Teil passen. Über eine Art Ruftaste kann man sich diese Kleidungsstücke auch vom Verkäufer bringen lassen.
klärt Marcel Führer. Sodass der Kunde den Bruch in den unterschiedlichen Kanälen nicht mehr mitbekommt. Auch eine App sowie einen integrierten Online-Shop hat das Osnabrücker Unternehmen für „exp37“, wie das Geschäft heißt, entwickelt. Erstere ist das Bindeglied zwischen allen digitalen Anwendungen des Ladens, das sich von außen kaum von einer kleinen Boutique unterscheidet. Oder fast. Wenn Natalie Horn sich dem Schaufenster nähert, erwacht der große Flachbildschirm hinter der Scheibe zum Leben. Das Bild eines Schuhs erscheint – den sie sich gestern noch in der App angeschaut hatte. „Durch Gestensteuerung kann ich mir jetzt weiter Informationen zum Produkt anzeigen lassen oder durch das Sortiment stöbern, ohne das Geschäft zu betreten“, erklärt die TailoritExpertin für den Bereich Trends und Innovation, die den exp37 leitet. Ein Vorteil außerhalb der Öffnungszeiten. Durch die Anwendung auf dem Smartphone und die dazugehörige Mac-Adresse hat das Schaufenster den potenziellen Kunden erkannt. „Die Entwicklung ist datenschutzkonform“, betont Horn, eine Verknüpfung zwischen MacAdresse und Kundenname gebe es nicht. So werde der potenzielle Käufer bereits abgeholt, bevor er das Geschäft betreten habe. Laut einer Umfrage des Kölner Forschungs- und Beratungsinstituts für den Handel EHI unter den 44 größten Filialisten haben bereits 27 der Befragten die Möglichkeit, Kunden beim Betreten der Filiale zu identifizieren. Ein Großteil von ihnen macht dies über eine Unternehmensapp. Eine automatisierte Erkennung ist eher die Ausnahme. Einiges, was der Experience Store zeigt, kennt der Kunde im Kern bereits: Über Touchpoints kann durch ein Schuhsortiment
geklickt werden, elektronische Schilder weisen die Preise aus. Andere Anwendungen sind weniger bekannt: Durch RFID-Etiketten an Kleidungsstücken kann die Umkleidekabine zum Stilberater werden. „Wenn mir ein Kleidungsstück gefällt, kann ich das Etikett am Terminal neben dem Spiegel einscannen. Die Anwendung zeigt mir, welche anderen Teile dazu passen würden“, erklärt Natalie Horn. Mittels einer Ruftaste ist es außerdem möglich, eine Verkäuferin auf den Kundenwunsch aufmerksam zu machen, die das Teil zur Kabine bringt. Für Horn ist das ein gutes Beispiel für die Vernetzung des stationären Handels und digitaler Konzepte. Allerdings: „Die Mitarbeiter müssen natürlich entsprechend geschult und mit digitalen Geräten ausgestattet werden.“ Laut EHI-Umfrage gaben 14 Prozent des Gesamtpanels an, ein entsprechendes Projekt in Planung zu ha-
Ziel ist die Vernetzung von Insellösungen zu einem Gesamtsystem.
Foto: dpa
ben, 5 Prozent setzen intelligente Umkleiden bereits ein. Ziel ist es, den gesamten Einkaufsprozess vom Betreten des Ladens über die Auswahl der Kleidungsstücke bis zur Anprobe und dem Bezahlen digital in einem System zu vernetzen und zu erfassen. Die Datenintegration funktioniert jedoch nur, wenn der jeweilige Partner sie auch zur Verfügung stellt. „Die Tatsache, dass viele ein in sich geschlossenes System verwenden, ist heute das Problem“, sagt Marcel Führer. Daher sei aktuell eine vertikale Integration bei Monolabel-stores einfacher, Multilabel werde schwieriger. Die Zielgruppe des Joint Ventures sind vor allem größere Unternehmen mit einem Umsatz deutlich über 100 Millionen Euro. „Kleinere Unternehmen werden sicherlich eher einzelne Aspekte integrieren statt das ganze System“, ist Marcel Führer überzeugt. Trotz aller technologischen Möglichkeiten: Für den Osnabrücker ist es ein schmaler Grat, bis zu welchem Punkt der Kunde diese Neuerungen akzeptiert. „Nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch sinnvoll. Der Kunde muss es wollen.“ Die digitale Vernetzung im Handel ist für ihn jedoch ein zentrales Zukunftsthema. Trotz der Expansion bei Projekteins werden Beratung und Entwicklung im Schwerpunkt auch künftig in Osnabrück angesiedelt bleiben. Karlsruhe ist als Entwicklungsstandort mit 15 Mitarbeitern geplant, eben so viele sollen es in Hamburg werden, wobei der Standort sich auf Beratung konzentrieren soll. „Der Löwenanteil unserer Mitarbeiter wird in Osnabrück sein“, sagt Marcel Führer. Um den Personalbedarf zu decken, beschränkt sich die Rekrutierung nicht nur auf die Umgebung. Führer: „Wir haben uns den globalen Ressourcen geöffnet und sind ein internationales Entwicklerteam. Entsprechend ist unsere Firmensprache Englisch.“
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DONNERSTAG, 26. APRIL 2018
GELD & GESCHÄFT
Die Börsen bitten zum Debütanten-Ball Im Jahr 2018 gab es schon einige eindrucksvolle Börsengänge in Deutschland – auch international lockt das Parkett VON STEFAN WOLFF NEW YORK/FRANKFURT. Bei Bör-
sengängen herrschte lange Zeit eher Ruhe auf dem Parkett. Die Folgen der Finanzkrise schreckten viele Unternehmen und Investoren ab. Das hat sich gründlich geändert. In Deutschland hat es in diesem Jahr schon eindrucksvolle Börsengänge gegeben. Auch international lockt das Parkett.
Den bislang spektakulärsten Börsengang legte vor einigen Wochen Spotify hin, und das gleich in vielerlei Hinsicht. Dass an der Wall Street für die Schweden die Schweizer Flagge gehisst wurde, ist dabei nur ein Randaspekt. Der Streaming-Dienst, der die Musikwelt revolutionierte, startete auch an der Börse eine Revolution. Spotify brachte seine Aktien ohne Hilfe einer Bank an die Wall Street. Die Aktien stammten allesamt aus dem Besitz der Altaktionäre. Sie wurden direkt an der Börse angeboten. Das klingt nach einer tollen Sache, ist aber brandgefährlich. Zwar sind Direktplatzierungen nicht ungewöhnlich, in dieser Größenordnung aber schon. Es war zum Beispiel im Vorfeld gar nicht ausgemacht, wie viele Aktien überhaupt verkauft werden
28. Juni vormerken Die nächste „Die Wirtschaft“ erscheint am Donnerstag, 28. Juni 2018. Anzeigenschluss für diese Ausgabe ist Freitag, 8. Juni 2018. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter der Adresse diewirtschaft.noz.de.
GESCHÄFTSFÜHRER: Joachim Liebler und Axel Gleie CHEFREDAKTION: Ralf Geisenhanslüke (Chefredakteur), Dr. Berthold Hamelmann (Vertreter des Chefredakteurs), Burkhard Ewert (Stellvertretender Chefredakteur) KOORDINATION: Nina Kallmeier AUTOREN DIESER AUSGABE: Marcus Alwes, Christian Belling, Manuel Glasfort, Nadine Grunewald, Berthold Hamelmann, Carolin Hlawatsch, Holger Jansing, Nina Kallmeier, Andreas Krzok, Christoph Lützenkirchen, Thomas Pertz, Gerd Schade, Jona Schönrock, Christian Schwarz, Werner Straukamp, Jürgen Wallenhorst, Stefan Wolff REDAKTION V.i.S.d.P.: Ralf Geisenhanslüke FOTOGRAFEN: Markus Alwes, Christian Belling, Johannes Bichmann, David Ebener, Ina Fassbender, Michael Gründel, Carolin Hlawatsch, Holger Jansing, Stefan Konjer, Helmut Kramer, Andreas Krzok, Roman Mensing, Thomas Ostermann, Annica Rodermund, Karsten Rump, Irene Schmidt, Werner Scholz, Gert Westdörp VERLAG: Neue Osnabrücker Zeitung GmbH & Co. KG, Postfach 42 60, 49032 Osnabrück; Breiter Gang 10–16, Große Straße 17–19, 49074 Osnabrück, Telefon 05 41/310-330, Telefax 05 41/310266; Internet: www.diewirtschaft.noz.de; E-Mail: diewirtschaft@noz.de ANZEIGEN-/WERBEVERKAUF: MSO Medien-Service GmbH & Co. KG, Große Straße 17–19, 49074 Osnabrück, Postfach 29 80, 49019 Osnabrück, Telefon 05 41/310-500, Geschäftsführer: Sven Balzer, Sebastian Kmoch (V.i.S.d.P.), Anzeigen-/Werbeverkauf: Sven Balzer, Hubert Bosse, Dirk Riedesel, Wilfried Tillmanns, Marvin Waldrich ANZEIGENANNAHME: Geschäftskunden: Telefon 05 41/310-510, Telefax 05 41/310-790; E-Mail: auftragsservice@mso-medien.de ANZEIGEN-/WERBEVERKAUF für Ausgabe Grafschaft Bentheim: Grafschafter Nachrichten GmbH & Co. KG, Coesfelder Hof 2, 48527 Nordhorn, Telefon 0 59 21/707-410, Verlagsleiter: Matthias Richter (V.i.S.d.P.) ANZEIGENANNAHME für Ausgabe Grafschaft Bentheim: Grafschafter Nachrichten GmbH & Co. KG, Telefon 0 59 21/707-410; E-Mail: gn.media@gn-online.de, Leitung Mediaverkauf: Jens Hartert TECHNISCHE HERSTELLUNG: Druckzentrum Osnabrück, Weiße Breite 4, Osnabrück (Ausgabe Osnabrück/Emsland); Grafschafter Nachrichten, Coesfelder Hof 2, Nordhorn (Ausgabe Grafschaft Bentheim)
sollten. Am Ende klappte das Experiment reibungslos. Der erste Kurs lag 26 Prozent über dem errechneten Referenzwert. Spotify wurde damit mit umgerechnet etwa 24 Milliarden Euro bewertet. Mit 28 Milliarden Euro ist die Gesundheitssparte von Siemens an der Börse bewertet. Der Börsengang war der fünftgrößte in der Geschichte der Deutschen Börse. Mit Healthineers hat Siemens damit die zweitgrößte Geschäftssparte abgespalten. Der Konzern erfindet sich damit ein weiteres Mal neu. Viele Börsengänge liefen bereits unter der Flagge des Elektroriesen. Während des Dot-Com-Hypes hatten der Bauteilehersteller Epcos und der Chipkonzern Infineon für Furore gesorgt. Vor fünf Jahren feierte der losgelöste Lichtspezialist Osram sein Börsendebüt. Dass es auch ohne Börse geht, zeigte Siemens unter anderem mit dem Verkauf seiner Haushaltsgerätesparte an Bosch (2015), mit der Veräußerung des Handygeschäfts an BenQ (2005), dem Abschied vom Personal Computer (Verkauf an Fujitsu 2009) und dem Rückzug aus dem Autozulieferer-Geschäft durch die Übernahme von VDO durch Continental 2007. Jetzt also wieder Börse und ein positives Signal. Siemens nahm zwar weniger
Bulle und Bär in Kampfstellung vor der Frankfurter Börse: Die Skulptur spiegelt das Auf und Ab am Börsenmarkt.2018 hat es schon eindrucksvolle Börsengänge gegeben. Foto: Colourbox
Geld ein als geplant. Der Ausgabepreis lag bei 28 Euro und nicht wie erhofft bei 31 Euro. Doch dadurch konnte das Debüt reibungsloser verlaufen. Der Kurs war niemals in Gefahr, unter den Ausgabepreis zu sinken. Mit 250 Gästen auf dem Parkett und einer Stippvisite von Nationaltorhüter Manuel Neuer war außerdem für Glamour gesorgt. Für die Börse selbst war dieser wohl wichtigste Handelstag des Jahres indes kein Ruhmesblatt. Erst mit einstündiger Verspätung konnte der Börsengang der Siemens-Tochter Healthineers
Berufung: Die Niedersächsische Landesregierung berief jetzt Umweltstaatssekretär Frank Doods und Astrid Hamker in den Aufsichtsrat der Norddeutschen Landesbank (Nord/LB). Damit treten sie für die Dauer der verbleibenden Amtsperiode des Aufsichtsrates (bis 31. Mai 2020) die Nachfolge von Ministerin a. D. Antje Niewisch-Lennartz und Dr. Elke Eller an. Hamker ist Inhaberin einer Unternehmensberatung und Gesellschafterin der PiepenbrockGruppe. Übernahme: Die Welp Holding GmbH mit Sitz in Georgsmarienhütte wächst weiter. Nach der Übernahme der Automobilzulieferer Dressel + Höfner mit mehr als 300 Mitarbeitern zum 1. Januar 2018 zählt die Unternehmensgruppe jetzt mehr als 730 Mitarbeiter an fünf Standorten. Mit den beiden Dressel + Höfner-Standorten in Neustadt bei Coburg und Medias (Rumänien) setzt die Welp Group ihren erfolgreichen Weg als internationaler Automobilzulieferer fort und stärkt ihre klassische Automobilsparte, zu der auch Farmingtons Automotive als größtes Unternehmen der Gruppe mit mehr als 240 Mitarbeitern am Stammsitz in Georgsmarienhütte zählt. Nachfolger: Zum 1. Oktober 2018 wird André Schüller neues Vorstandsmitglied der Sparkasse Osnabrück. Der 49-Jährige wird den Bereich Firmenkunden übernehmen und folgt damit auf Tho-
Es geht jedoch nicht nur darum, Sparer zu überzeugen. Auch die Unternehmen in Deutschland sind eher Aktienmuffel. Vergleichsweise wenige wagen den Sprung aufs Parkett. Viele fürchten das, was Anteilseigner schätzen: die Pflicht zu Transparenz. Während in Europa im vergangenen Jahr mehr als 300 Unternehmen ihr Börsendebüt feierten, beschränkte sich die Zahl in Frankfurt – immerhin dem größten Markt auf dem Festland – auf gerade mal acht. Für den Lobbyverband DAI (Deutsches Aktieninstitut) ist das ein fatales Signal. „Seit Jahren gehört Deutschland im internationalen Vergleich bei der Zahl der Börsengänge zu den Schlusslichtern“, kritisiert Christine Bortenlänger, geschäftsführender Vorstand des DAI. „Im Interesse der Unternehmen, aber auch der Anleger muss sich dies dringend ändern.“ Gemeinsam mit mehreren Banken hat das DAI eine Studie durchgeführt, mit dem wenig überraschenden Ergebnis, dass eine schwächere Regulierung der Finanzmärkte das Umfeld für Börsengänge verbessern würde. Allerdings schätzen Anleger an der Börse vor allem hohe Transparenzvorschriften. Und mehr Privatanleger locken der Studie zufolge auch mehr Unternehmen an die Börse.
Adidas auf WM-Kurs, Viscom kämpft
Kurz notiert Neuzugang: Ab dem 1. Mai 2018 wird Robert Bommers bei Hellmann Worldwide Logistics als neuer Chief Operating Officer (COO) für die Sparte Contract Logistics tätig sein. In dieser Funktion verantwortet der 53-Jährige global den gesamten Contract Logistics-Bereich, der neben den Sparten Road & Rail und Air & Sea die dritte Business Unit von Hellmann darstellt.
durchgezogen werden, da das Computerhandelssystem Xetra streikte. Ohne Computerpanne folgte wenige Tage später das Debüt der Vermögensverwaltung der Deutschen Bank, DWS. Dafür sah das Parkett aus, als ob es Trauer tragen würde. Die ansonsten weißen Handelsschranken waren in schwarze Folie eingeschlagen worden. Unterm Strich machen die Debüts Mut. Denn es dürfte noch einiges nachkommen. So steht Thyssen-Krupp in den Startlöchern. Die mit dem indischen Stahlkonzern Tata vermähl-
te Stahlsparte wird eigenständig. Außerdem plant der Weltmarktführer für Zug und Lkw-Bremsen, Knorr, an der Börse durchzustarten, ebenso der Wissenschaftsverlag Springer Nature. Das gelungene Debüt von Spotify deutet es an, dass auch das Ausland einiges zu bieten hat. Dabei soll der Börsengang von Aramco alles bisher da gewesene überstrahlen. Saudi-Arabien versilbert so Teile des staatlichen Ölgeschäfts, um den angegriffenen Staatshaushalt wieder gesunden zu lassen. Börsengänge bringen nicht nur Unternehmen Geld. Sie sorgen auch für mehr Aktienkultur. Denn mit Börsengängen kann auch Außenstehenden der eigentliche Sinn und Zweck von Aktienmärkten vermittelt werden. Die Börse ist dafür da, Unternehmen mit Geld zu versorgen. Das macht sie unabhängiger von Bankkrediten und gibt Kraft für Investitionen. Gleichzeitig ist das Beteiligungsmodell Börse die einzige Möglichkeit für Otto Normalverbraucher, am Produktivvermögen der deutschen Wirtschaft teilzuhaben. Trotzdem bleibt die Skepsis groß, was vor allem daran liegt, dass sich Verluste stärker ins Gedächtnis brennen als Gewinne.
mas Seitz, der zur Sparkasse Aachen wechselt. Erweiterung: Der Osnabrücker Fashionlogistikspezialist Meyer & Meyer vergrößert sein im Jahr 2008 eröffnetes automatisiertes Logistikzentrum für textile Liegeware in Osnabrück. Durch einen Anbau mit 20 000 Quadratmeter neuer Nutzfläche schafft das Unternehmen die Basis für ein weiteres Wachstum der Bestands- sowie potenzieller Neukunden am Standort. Die Investitionssumme für den Bau und die notwendige Intralogistik liegt bei 10 Millionen Euro. Veränderung: Der Aufsichtsrat der Stadtwerke Lingen hat Dr. Ralf Büring als neuen Kaufmännischen Geschäftsführer gewählt. Er bringt sowohl einen betriebswirtschaftlichen als auch einen vertrieblichen Hintergrund mit: Seit 2014 ist er Geschäftsführer der emco Bautechnik in Lingen, die er Ende Juni verlassen wird. Bei den Stadtwerken tritt er die Nachfolge von Ulrich Boss an. Neue Verantwortungen: Am Jahresbeginn 2018 übernahm Tanja Cosse die alleinige Geschäftsführung der Cosse Elektro GmbH in Geeste-Dalum, die sie zuvor zehn Jahre mit ihrem Vater Gerd Cosse geführt hat. Zum gleichen Termin wurde der langjährige Mitarbeiter Thomas Aehlen als Prokurist und als Technischer Betriebsleiter eingetragen. Neue Firmenspitze: Mit Willi Scholz verabschiedete sich einer der beiden Firmengründer der KS Innenausbau GmbH aus Lengerich in den Ruhestand. Der Fürstenauer Ralf Küking ist seit dem Jahreswechsel alleiniger Gesellschafter des 22 Jahre alten Unternehmens. Zum Geschäftsführer berufen wurde zudem Paul Scheper-Stuke. Küking und Scholz gründeten 1996 im emsländischen Wettrup ihr eigenes Unternehmen. KS Innenausbau produziert und fertigt seit 2006 und hat rund 40 Mitarbeiter.
Elektroindustrie-Zulieferer spürt die Folgen weltweiter Konflikte VON JÜRGEN WALLENHORST
Kursverlauf Adidas AG
Angaben in Euro
HERZOGENAURACH/HANNOVER.
Jahre mit olympischen Sommerspielen oder Fußballweltmeisterschaften sind gleichzeitig auch immer Jahre, in denen sich weltweit agierende Sportartikel-Anbieter besonders engagiert präsentieren. Adidas scheint seine Hausaufgaben gemacht zu haben. Hersteller von automatischen Inspektionssystemen für die Elektroindustrie dagegen wie Viscom haben kein positiv wirkendes „Highlight“ vor sich und müssen sich in umkämpften Märkten behaupten.
Adidas und Nike sind zwei der großen Sportmarken, besonders bei Schuhen. Nike weit vor Adidas lautet hier die Situation. Doch der deutsche Konzern hat seine Strategie geändert und verzeichnet ein deutliches Wachstum. Mit 5,3 Milliarden US-Dollar in Nordamerika hat Adidas 2017 „nur“ etwas mehr als ein Drittel des Umsatzes von Nike, doch der Umsatz ist um 25 Prozent gestiegen, während Konkurrent Nike sich laut CNN mit einem Anstieg von drei Prozent begnügen musste. An den weltweiten Hotspots laufen Kids und Jugendliche in Schuhen mit den drei Streifen herum. Retro-Modelle wie der „Superstar“, „Stan Smith“ oder die „Gazelle“ sind wieder in. Ein Adidas-Sneaker erlangte sogar Kultstatus. Auch die Streetwear- und Lifestyle-Modelle werden nicht als Sportklamotten abgetan, sondern gerne von Promis und Hipstern getragen. Die Kostensenkungen, die Optimierungsmaßnahmen bei der Rendite, die Marketinginvestitionen, die Amerika-Offensive und ein ambitionierter Fünf-Jahres-Plan haben den Aktienkursabsturz von 2014 umgekehrt: Der Dax-Konzern wuchs seither
215 210 205 200 190 185 180 175 170
Januar
Februar
März
Kursverlauf Viscom AG
April Angaben in Euro
37,5 35,0 32,5 30,0
25,0 22,5 20,0
Januar
Februar
zweistellig – 2017 übersprang Adidas erstmals die Umsatzmarke von 20 Milliarden Euro. Folge: Die Aktie stieg auf Rekordhöhen. Und jetzt also noch die Fußball-WM in Russland, die Analysten sind zuversichtlich gestimmt. Als einer der führenden europäischen Hersteller von Inspektionssystemen für die industrielle Fertigung hat sich die Viscom AG einen Namen gemacht. Schwerpunkt: die automatische Serien-Inspektion von elektronischen Baugruppen in Hinblick auf Vollständigkeit der Baugruppen-Bestückung, Korrektheit der Lötverbindungen oder Material-
März
April
fehler. 2017 war ein Rekord-Geschäftsjahr für Viscom, 2018 wird ein Jahr der Investitionen werden, das möglicherweise von einer vorübergehenden Profitdelle und dem Verfehlen des Zielkurses geprägt sein wird, meinen Experten. Die Irritationen aus und in den USA, die politischen Unwägbarkeiten rund um den Welthandel sowie die Unsicherheiten auf der Koreanischen Halbinsel wie auch in China träfen Viscom spürbar. Das Management erwarte einen Umsatz zwischen 93 und 98 Millionen Euro für die 2018, der Auftragsbestand biete eine gute Ausgangsbasis.
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GELD & GESCHÄFT
Herausforderung: Rohstoffversorgung und Mitarbeiterfindung Das Familienunternehmen Depenbrock Bau gehört zu den 30 größten Bauunternehmen Deutschlands VON NINA KALLMEIER STEMWEDE. Die aktuell gute Kon-
junktur wird oft vor allem mit der sehr guten Auftragslage in der Baubranche in Verbindung gebracht. Auch Depenbrock Bau, eines der 30 größten Bauunternehmen Deutschlands, hat einen Auftragsbestand von zwölf Monaten.
Das sieben Kilometer lange Teilstück der A 33 bei Halle ist aktuell noch völlig unbefahren. Noch in diesem Jahr wird es freigegeben.Depenbrock Bau hat daran gebaut. Foto: Depenbrock
Ob Tief-, Straßen-, Industrie- oder Gewerbebau, das Portfolio der Depenbrock Gruppe mit Hauptsitz in Stemwede ist diversifiziert. Zwischen 80 und 90 eigene Kolonnen sind für die Unternehmensgruppe, die seit Kurzem auch ein Büro in Osnabrück hat, im Einsatz – einige in langfristigen Projekten, andere nur wenige Wochen auf einer Baustelle. Rechnerisch ergibt sich daraus ein Auftragsbestand von einem Jahr. „Der Nachholbedarf, vor allem im Wohnungs- und Infrastrukturbau, ist groß. Die Baubranche hat bereits in den vergangenen Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass zu wenig investiert wird. Das schlägt jetzt durch“, sagt Geschäftsführer Karl-Heinrich Depenbrock, dessen Mitarbeiter jüngst unter anderem an dem in Kürze einzuweihenden sieben Kilometer langen Stück der A 33 bei Halle sowie fünf AmazonLogistikzentren gearbeitet haben.
Die letzten 15 Jahre sei unter dem Bedarf gebaut worden. Dass nun die Preise anziehen, hat für den Geschäftsführer jedoch nicht ausschließlich mit der gestiegenen Nachfrage zu tun. „Auch für uns wird es teurer. Der Fachkräftemangel und höhere Kosten für Nachunternehmer sind nur zwei Faktoren, die auf die Preise schlagen.“ Hinzu kämen mehr und schärfere Vorschriften, unter anderem zum Brandschutz und zur Gewerbeabfallverordnung. Auch das koste Geld. Zudem sind die gestiegenen Rohstoffpreise ein Kostenfaktor. Dennoch, der Bauwirtschaft geht es gut. Sie bleibt eine Schlüsselin-
dustrie für die Bundesrepublik. Allein im Bauhauptgewerbe haben die Unternehmen laut Hauptverband der Deutschen Bauindustrie 2017 einen Umsatz von 114 Milliarden Euro erwirtschaftet. Insgesamt trug das Baugewerbe im vergangenen Jahr 4,9 Prozent zur gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung bei. Der Anteil des Bruttoinlandsproduktes, der für Bauinvestitionen verwendet wurde, war mit 9,9 Prozent doppelt so hoch. Der Anteil des Baugewerbes an der gesamten Beschäftigung lag bei 5,6 Prozent. Mitarbeiter sind es jedoch unter anderem, die Geschäftsführer Karl-
ZUM UNTERNEHMEN
Akquisen sorgen für Wachstum Die Wurzeln der heutigen Depenbrock Bau GmbH & Co. KG reichen 90 Jahre zurück, sie ist heute in vierter Generation in Familienhand. 1928 gründete Karl Depenbrock ein Fuhrunternehmen, heute arbeiten rund 1150 Mitarbeiter an zehn Standorten in
Deutschland, Polen und Rumänien in allen Bereichen des Bauens – vom Tiefund Straßenbau über den Schlüsselfertigbau bis zum Gebäudemanagement. Vor allem die Zukäufe – unter anderem ein Betonfertigteilwerk in Polen – haben dafür ge-
sorgt, dass die Depenbrock Gruppe im vergangenen Jahr sowohl im Umsatz als auch in der Zahl der Mitarbeiter gewachsen ist. Der Umsatz erhöhte sich von 385 Millionen auf 500 Millionen, die Zahl der Mitarbeiter stieg von knapp 900 auf 1150.
Heinrich Depenbrock Kopfzerbrechen bereiten: „Unsere Sorge gilt drei Faktoren: fehlende Mitarbeiter, insbesondere Ingenieure und Facharbeiter, nicht ausreichende Kapazitäten bei Rohstoffen und Nachunternehmern“, macht der Seniorchef die Schwierigkeiten deutlich. Ohne Mitarbeiter und Rohstoffe geht auf einer Baustelle aber nichts. Unter anderem Mineralgemisch, also Schotter, der für Baustellen in der Region vor allem aus dem Harz und dem Sauerland kommt, ist zwischen Mai und Oktober nur in eingeschränkten Mengen erhältlich – die Tageskapazitäten sind begrenzt. Um im Bereich der Maschinennutzung autark zu sein, hat Depenbrock Bau in den vergangenen Jahren stark in Maschinentechnik investiert. Allein zwischen Anfang 2017 und Frühjahr 2018 waren es rund neun Millionen Euro. Angeschafft wurden unter anderem zwei Raupen, 20 Radlader und 33 Hydraulikbagger. Denn die Arbeit auf der Baustelle ist und bleibt analog. Auch wenn die Digitalisierung zur Optimierung von Abläufen und Prozessen Einzug gehalten hat. Trotz Herausforderungen in den Rahmenbedingungen, in die Zukunft schaut Karl-Heinrich Depenbrock optimistisch. Auch in den Firmensitz investiert das Unternehmen derzeit, weitere Zukäufe sind in Zukunft nicht ausgeschlossen.
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GELD & GESCHÄFT
GELD & GESCHÄFT
„Genossenschaften drin ngen in neue Bereiche vorr“
Schnelles Internet für Hagen Unternehmen führen Breitbandgenossenschaft zum Erfolg VON MANUEL GLASFORT
Volkswirtin Theresia Theurl über die Chancen von Genossenschaften in der Digitalisierung und diee Zukunft der Energiegenossenschaften
VON MANUEL GLASFORT OSNABRÜCK. Fällt der Begriff Ge-
nossenschaft, denken die meisten Menschen wohl zuerst an Volksund Raiffeisenbanken, Wohnungsgenossenschaften und vielleicht noch Agrarhändler. Tatsächlich bilden solche Unternehmen das Rückgrat des deutschen Genossenschaftswesens. In Zukunft dürften die Genossenschaften in der Digitalwirtschaft eine größere Rolle spielen, glaubt Theresia Theurl, geschäftsführende Direktorin des Instituts für Genossenschaftswesen an der Universität Münster. Im Interview spricht sie außerdem über die Zukunft der Energiegenossenschaften.
Das Genossenschaftswesen in Deutschland ist bereits mehr als 150 Jahre alt. Wie steht es um das Genossenschaftswesen in Deutschland? Ist die Rechtsform weiterhin populär, oder ist sie auf dem Rückzug? Die Genossenschaftsidee ist weiterhin populär und derzeit wegen des 200. Geburtstags des Gründervaters Friedrich Wilhelm Raiffeisen auch in Öffentlichkeit und Medien sehr präsent. Allerdings werden Genossenschaften heute in anderen Wirtschafts- und Gesellschaftsbereichen gegründet und tätig als zur Zeit Raiffeisens. Bemerkenswert ist, dass dies zukunftsorientierte Wirtschaftsbereiche und von den Menschen als sehr wichtig eingeschätzte Gesellschaftsbereiche sind. Das Genossenschaftswesen dringt also in zusätzliche Bereiche vor. Genossen-
schaften können ihre Stärken in Zeiten des Wandels und von disruptiven Entwicklungen besonders gut ausspielen. In solchen Zeiten sind sie auch entstanden, damals als eine institutionelle Innovation mit nachhaltiger Wirkung. Welche Vorteile bietet die Rechtsform eG gegenüber etwa Aktiengesellschaften und GmbHs – aus Sicht der Unternehmer? Genossenschaften sind deutlich einfacher zu gründen, ebenso sind Ein- und Austritte einfacher. Es braucht keine notariellen Akte. Die Pflichtprüfung durch die Genossenschaftsverbände (bei Gründung und dann regelmäßig) erleichtert es auch Menschen, unternehmerisch tätig zu sein, die bisher keine Unternehmer waren, aber ein gutes und tragfähiges Kooperationsprojekt umsetzen wollen. Ebenso wichtig ist die gesetzlich vorgegebene Orientierung der Aktivitäten der Genossenschaft an den Mitgliedern. Nur für sie sollen Werte geschaffen werden, und nur ihnen kommt der wirtschaftliche Erfolg zugute. Es fließen keine gemeinsam erwirtschafteten Ergebnisse an externe Investoren oder Organisatoren ab.
bei Handelsgenossenschaften wie Intersport, Rewe oder Edeka sind die Einzelhändler gleichzeitig die Eigentümer ihrer Genossenschaft und die Kunden. Als Letztere nutzen sie die gemeinsam organisierten Leistungen wie Beschaffung und Verhandlungen mit den Herstellern. Betrachtet man nun die Kunden am Ende der Wertschöpfungskette – bei DATEV die Mandanten der Steuerberater, bei Edeka die Supermarktkunden –, so sind deren Vorteile umso größer, je erfolgreicher und je wettbewerbsfähiger die Genossenschaft ist. Es gibt
Die Rechtsform Genossenschaft ist solide.
Wie sieht es auf der Kundenseite aus? Sie sind bei den Genossenschaften die Mitglieder, für die diese Leistungen organisiert werden. Ein Beispiel ist die DATEV mit ihren Software-Produkten für die Steuerberater, die Kunden und zugleich Mitglieder der DATEV sind. Auch
jedoch auch Genossenschaften, bei denen die Endverbraucher selbst die Mitglieder, also die Eigentümer sind, zum Beispiel wenn Menschen eine Wohnungsgenossenschaft gründen oder Dorfgasthäuser als Genossenschaften aufbauen. In diesem Fall sind sie es, die zusammen die strategischen Entscheidungen treffen. Und auf welche Art profitiert die Gesellschaft? Für die Gesellschaft haben Genossenschaften Vorteile, weil sie Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen, Steuern zahlen und in Infrastrukturen investieren. Das ist auch deswegen von Bedeutung, weil Genossenschaften häufig in Bereichen tätig sind, in denen sonst nichts passieren würde. Selbsthilfe, die Idee hinter der Genossenschaft, ermöglicht also Wirkungen, die über die Genossenschaft hinausgehen. Im Ergebnis können Wirtschaftsund Lebensräume stabilisiert und aufgewertet werden und kann die gesellschaftliche Teilhabe ausgeweitet werden. Was glauben Sie, wie sich die Genossenschaftslandschaft in Deutschland in den kommenden Jahren verändern wird? Das hängt von mehreren Faktoren ab. Erstens: Seit einigen Jahren entstehen zahlreiche neue Genossenschaften, was vorher lange Zeit
Wie funktioniert eine Genossenschaft?
In welchen Branchen gibt es Genossenschaften?
Eine eingetragene Genossenschaft (eG) ist eine juristische Person, die von mindestens drei natürlichen oder juristischen Personen gegründet werden kann. Ihre Rechte und Pflichten werden durch das Genossenschaftsgesetz (GenG) bestimmt.
In den vergangenen 160 Jahren haben sich Genossenschaften in vielen Bereichen etabliert.
Wohnungsbaugenossenschaften
Mitglieder Jedes Mitglied erwirbt einen Geschäftsanteil und leistet so einen Beitrag zum Eigenkapital der Genossenschaft. Die Mitglieder dürfen Leistungen der Genossenschaft in Anspruch nehmen und in der Generalversammlung mitentscheiden. Im Gegenzug sind sie verpflichtet, Waren oder Leistungen zu bezahlen, bei Wohnungsbaugenossenschaften etwa die Miete. Mitglieder/Kunden: Nicht in allen Genossenschaften müssen die Kunden auch Mitglieder werden, wie zum Beispiel bei Volksbanken und Raiffeisenbanken.
bilden oder bestimmen Vertreter (bei größeren Genossenschaften)
Generalversammlung Jedes Mitglied hat in der Generalversammlung das gleiche Stimmrecht – unabhängig von der Höhe der Beteiligung. Die Generalversammlung wählt Vorstand und Aufsichtsrat und bestimmt unter anderem über die Verteilung von Gewinn und Verlust.
Aufsichtsrat wählt
berichtet
kontrolliert
wählt
Mitarbeiter Die Mitarbeiter der Genossenschaft erbringen die von den Mitgliedern gewünschten Leistungen.
Der Aufsichtsrat besteht meist aus mindestens drei Personen, die ebenfalls Mitglied der Genossenschaft sein müssen. Er überwacht und kontrolliert den Vorstand und erstattet der Generalversammlung Bericht.
leitet
Vorstand Der Vorstand besteht in der Regel aus mindestens zwei Personen und leitet die Geschäfte. Da die Mitglieder des Vorstands auch Mitglieder der Genossenschaft sein müssen, haben sie ein ureigenes Interesse am Wohl der Mitglieder.
Bau und Unterhalt von Wohnraum, häufig in Wohnsiedlungen
Energiegenossenschaften Erzeugung von Energie, zum Beispiel mit lokalen Windkraftanlagen
Kreditgenossenschaften Versorgung mit fairen Finanzprodukten wie Krediten, Geldanlagen etc.
Sozialgenossenschaften Betrieb von Einrichtungen wie Altenheimen oder integrativen Werkstätten
Dienstleistungsgenossenschaften Einkauf und Vermarktung von Waren, Beispiele sind Rewe oder Edeka
Landwirtschaftliche Genossenschaften Einkauf und gemeinsame Verarbeitung von Agrarprodukten
HAGEN. Hilfe zur Selbsthilfe – der
Leitgedanke des Genossenschaftswesens ist auch heute noch lebendig und findet in Zeiten der Digitalisierung in neuen Modellen Anwendung: Weil die Internetversorgung in ihrem Gewerbegebiet miserabel war, haben Unternehmer im nordrheinwestfälischen Hagen sich zu einer Breitbandgenossenschaft zusammengeschlossen.
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nicht der Fall war. Doch sollte dabei nicht übersehen werden, dass die absolute Zahl gering ist im Vergleich zu AG- oder GmbH-Gründungen. Genossenschaften passen nicht für jede Gründungskonstellation. Das Wertvolle ist die Wahlmöglichkeit zwischen unterschiedlichen Rechtsformen, die Gründer haben. Zweitens: Bestehende Genossenschaften, zum Beispiel im Bankenbereich, reagieren auf wirtschaftliche, regulatorische und andere Herausforderungen unter anderem mit Fusionen, sodass in Summe die Zahl der Genossenschaften auch abnehmen kann. Die absolute Anzahl der Genossenschaften ist allerdings ein schlechter Maßstab. Wichtiger ist der wirtschaftliche Erfolg für die Mitglieder, die Marktanteile auf Märkten, auf denen Genossenschaften tätig sind, und die Vielfalt des Gründungsgeschehens. Die Frage nach der Zu- oder Abnahme kann also heute seriös nicht beantwortet werden. Vor welchen Problemen stehen die Genossenschaften aktuell Ihrer Einschätzung nach? Die Herausforderungen, denen sich Genossenschaften gegenübersehen, entsprechen grundsätzlich jenen, denen sich auch Unternehmen mit anderen Rechtsformen stellen müssen: Demografie, Digitalisierung, Regulierung, geändertes Nachfragerverhalten und Weiteres. Entscheidend ist, wie gut es ihnen gelingt, die richtigen Weichenstellungen zu vereinbaren. Darin unterscheiden sich die einzelnen Genossenschaften wie andere Unternehmen auch. Andererseits sind es gerade diese genannten Entwicklungen, die viele neue Genossenschaften entstehen lassen, zum Beispiel im Bereich der Digitalisierung oder als Reaktion auf demografische Entwicklungen. Genossenschaften gelten als die insolvenzsicherste Rechtsform. Welche Gründe gibt es dafür? Ich führe es auf die genossenschaftliche Pflichtprüfung zurück, die für Genossenschaften wichtige Informationen und Expertenrat beinhaltet. Es kommt dazu, dass Genossenschaften tendenziell vorsichtig in ihrer Strategie und Unternehmensführung sind, in der Realwirtschaft (und nicht auf den Finanz-
märkten) verankert sind und ihr Aktivitätsbereich meist ein regionaler, also überschaubarer ist. Genossenschaften übertreiben weniger. Werden die Werte aus der Gründungsgeschichte heute noch gelebt? Ist das bei so großen Genossenschaften wie Edeka und Rewe überhaupt noch möglich? Dies ist bei den einzelnen Genossenschaften unterschiedlich. Gerade bei den Neugründungen sind diese Werte nicht selten die Ursache für die Wahl dieser Rechtsform. Ihre Governance ist von vorneherein mit einem bestimmten Wertegerüst verbunden: Langfristigkeit, realwirtschaftliche und regionale Verankerung, Bereitschaft, die Verantwortung für die eigenen unternehmerischen Entscheidungen zu übernehmen, und der Wunsch, Einfluss auf Entscheidungen in wichtigen Lebensbereichen zu nehmen. Bei den von ihnen genannten großen Genossenschaften und vielen anderen ist zu beachten, was ich bereits ausgeführt habe: Es sind die Genossenschaften der selbstständigen Kaufleute, nicht die Kunden sind die Eigentümer/Mitglieder. Auch bei großen Genossenschaften ist die Orientierung an den typischen genossenschaftlichen Werten möglich und sie werden bei vielen auch sehr ernst genommen. Wertorientierung von Unternehmen hängt nicht von der Größe ab.
men sich zusammentun wollen, um zusammen etwas zu erreichen, was sie alleine nicht erreichen könnten. Dazu kommt, dass sie auch selbst die Vorteile haben wollen, die daraus entstehen. Etwas konkreter werden Genossenschaften heute in zukunftsweisenden Wirtschaftsbereichen sowie für die Bewältigung gesellschaftlich wichtiger Herausforderungen gegründet. Sie eignen sich zur Organisation neuer Märkte und Wertschöpfungsketten sowie für die Entwicklung völlig neuer Problemlösungen. Nicht selten geht es dabei um Bereiche, aus denen sich der Staat zurückzieht, beispielsweise Infrastrukturen. Dies ist ein wichtiger Anwen-
„Volksbanken sind ein Stabilitätsanker.“ Theresia Theurl, Ökonomin
In welchen Feldern besteht noch Potenzial für die Rechtsform eingetragene Genossenschaft (eG)? Grundsätzlich auf allen Feldern, in denen Menschen und Unterneh-
Theresia Theurl
Foto: Roman Mensing
dungsbereich im Zusammenhang mit der Budgetsituation von Kommunen geworden. Die Schließung von Infrastrukturlücken durch kollektive Selbsthilfe von Unternehmen und/oder der Bevölkerung fördert die Ansiedlung von Unternehmen und Menschen und kann Standorte und Lebensräume aufwerten. Welche Beispiele gibt es noch? Andere Beispiele finden sich im Bereich der Neuen Medien und der Informations- und Kommunikationstechnologien. Aktuell wird die Organisation von Daten-Clouds für mittelständische Unternehmen durch Genossenschaften diskutiert. Es geht darum, eine Abhängigkeit von externen Dienstleistern zu vermeiden. Die Eigentümer der Daten wären die Eigentümer der Cloud und gleichzeitig die Nutzer der Cloud-Leistungen. Die Organisation als Genossenschaft stärkt also das Vertrauen in die Datensicherheit. Digitalisierung ist das Schlagwort der Stunde. Welche Auswirkungen auf das Genossenschaftswesen sind hier zu erwarten? Die weitere Digitalisierung wirft auch Schatten für das genossenschaftliche Gründungsgeschehen voraus. Genossenschaftlich organisierte Daten-Clouds habe ich bereits erwähnt. Zusätzlich zeichnet sich ab, dass der Ausbau der BreitbandInfrastrukturen sehr gut genossenschaftlich organisiert werden kann. Genossenschaftliche Start-ups entwickeln zusätzlich neue digitale Lösungen durch die Kombination von Menschen und/oder Unternehmen mit unterschiedlichem Know-how. Außerdem erwarte ich, dass sich Unternehmen genossenschaftlich zusammentun, um digitale Strukturen aufzubauen, die eine einzelne Firma nicht finanzieren könnte. Auch die Sharing Economy stellt ein genossenschaftliches Zukunftsfeld dar, da die Koordination von Anbietern und Nachfragern über Plattformen erfolgt. Eine Plattform kann in der digitalen Welt deutlich wirkungsvoller organisiert werden als in der Vergangenheit. Doch es macht einen großen Unterschied, wer die Plattform zur Verfügung stellt, also ihr Eigentümer ist. Sind die Nutzer der Plattform auch die Eigentümer, entwickeln sie die Plattform weiter und erhalten dadurch die Gewinne. Dies ist der
Kern einer „genossenschaftlichen Variante“. Wem die Plattformen gehören, ist entscheidend dafür, wie sich die einzelwirtschaftlichen Vorteile der Sharing Economy verteilen und welche gesellschaftlichen Wirkungen mit ihr verbunden sind. Wie beurteilen Sie die Zukunftschancen der Volks- und Raiffeisenbanken? Grundsätzlich als sehr positiv. Dies zeigen ihre aktuellen Zahlen eindrucksvoll. Sie sind ein Stabilitätsanker im Bankenwesen, was sie nicht nur in der Finanzkrise bewiesen haben. Allerdings stehen die Genossenschaftsinstitute derzeit unter einem großen Druck, der von den Rahmenbedingungen ausgeht, unter denen sie arbeiten. Die Niedrigzinspolitik erschwert es ihnen, Erträge zu erwirtschaften, weil sie eben vor allem zinsabhängige Geschäfte machen, die mit der Realwirtschaft verbunden sind. Die Regulierer setzen sie von der Kostenseite her unter Druck, da sie in wichtigen kostenintensiven Bereichen bisher nicht nach Größe und Risikoprofilen differenzieren, sondern alle Banken über einen Kamm scheren. Deshalb werden die meist kleineren Volks- und Raiffeisenbanken überproportional von Regulierung und Bürokratie betroffen. Es bleibt zu hoffen, dass die Politik das ändert. Zusätzlich stellen sich auch für die Genossenschaftsbanken große Investitions- und Strategieanforderungen aus Digitalisierung und Demografie. Insgesamt reagieren die Genossenschaftsbanken in ihrer Finanzgruppe gut und konsequent auf die Herausforderungen, gerade im Vergleich mit mancher Großbank. Werden die Energiegenossenschaften langfristig eine große Rolle spielen? Das hängt erstens davon ab, wie sich die Bedeutung der erneuerbaren Energien und der dezentralen Energiegewinnung und -versorgung in Zukunft entwickelt, und zweitens, welche politischen und regulativen Rahmenbedingungen für Unternehmen auf diesem Gebiet in Zukunft gelten werden. Drittens zeigt sich auch hier, dass Energiegenossenschaften strategische Weichenstellungen prüfen sollten, zum Beispiel die Entwicklung zusätzlicher Geschäftsfelder. Grundsätzlich spricht vieles dafür, dass Energiegenossenschaften auch langfristig eine wichtige Rolle spielen werden. Erfolgsgarantien gibt es selbstverständlich auch in diesem Bereich nicht.
Eine schnelle Internetverbindung ist heute für viele Unternehmen ähnlich wichtig wie eine gute Anbindung an Autobahnen oder das Schienennetz. Dennoch sind viele Gewerbegebiete in Deutschland unterversorgt, wenn es um schnelles Internet geht. So war es auch im nordrhein-westfälischen Hagen – jedenfalls bis vor Kurzem. Inzwischen können Unternehmen per Richtfunk mit Geschwindigkeiten von zwei Gigabit pro Sekunde ins Netz, selbst vier Gigabit seien machbar, sagt Michael Hösterey. Er ist Vorstandschef der Breitbandgenossenschaft Hagen und hat damit wesentlichen Anteil daran, dass sich die Situation gebessert hat. Die war lange miserabel, erinnert sich Hösterey: Jahrelang sei der Breitbandausbau im Gewerbegebiet Lennetal versprochen worden, während die Unternehmer sich teils mit Modemgeschwindigkeiten begnügen mussten. Einige größere Unternehmen hätten sich aus lauter Verzweiflung irgendwann selbst eine Leitung legen lassen, was aber für Mittelständler zu teuer sei. Das Problem im Lennetal: Mit rund 200 Unternehmen und einer großen Ausdehnung wäre die flächendeckende Versorgung mit Glasfaser sehr teuer geworden. „Den Telekommunikationskonzernen war der Brocken zu groß“, berichtet Michael Dolny von der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer (SIHK). Auch die klamme Kommune Hagen konnte nicht einspringen, und das Einwerben von Fördermitteln scheiterte, wie Dolny sagt, der bei der SIHK für digitale Themen zuständig ist. So wurde die Idee geboren, eine Genossenschaft zu gründen. Die Breitbandgenossenschaft ist vermutlich ein bundesweit einmaliges Projekt. Am 1. September 2016 nahm sie ihren Betrieb auf. Die Märkische Bank und die Volksbank Hohenlimburg unterstützten das Vorhaben mit ihrem Know-how in Finanzierungsfragen und mit ihrem Netzwerk. Auch die SIHK und die Wirtschaftsförderung der Stadt stießen dazu. Am Zustandekommen des Projektes hatte auch die damalige rot-grüne Landesregierung in NRW ihren Anteil. Diese hatte eine Studie zur Breitbandversorgung in Gewerbegebieten erstellen lassen – mit ernüchternden Ergebnissen und der Idee, auf die Genossenschaft als Rechtsform zu setzen. Zwei Pilotprojekte wurden in der Folge von der Landesregierung finanziell unterstützt, eines davon die Breitbandgenossenschaft in Hagen.
Für schnelles Netz sorgt Michael Hösterey. Foto: experts for marketing.de
Das Modell sei auf jeden Fall zur Nachahmung geeignet, findet Asmus Schütt, Sprecher beim Genossenschaftsverband – Verband der Regionen. „Es ist eine Möglichkeit für Unternehmen, sich im genossenschaftlichen Sinne zu helfen, damit sie zügig diese Infrastruktur bekommen.“ Und so funktioniert das Modell: Unternehmen, die schnelles Internet nutzen möchten, müssen zunächst der Breitbandgenossenschaft beitreten. Je nach Firmengröße bezahlen sie 1750 bis 2250 Euro für ihren Genossenschaftsanteil. Mit diesem Betrag, erklärt Hösterey, werden die Kosten für die etwa 20 Zentimeter große Antenne gedeckt, die am Unternehmenssitz installiert werden muss. „Da die Anlage erst seit Mitte März läuft, sammele ich gerade diese Genossenschaftsanteile ein.“ Statt selbst als Internetversorger aufzutreten, vermietet die Genossenschaft ihre Anlage an einen Provider, die Almen GmbH. Die Mitgliedsunternehmen der Genossenschaft bestellen ihren Internetzugang bei dieser Firma. Mit den Mieteinnahmen zahlt die Genossenschaft nach Höstereys Angaben die Kosten für den Bau der 300 000 Euro teuren Anlage ab. Rund 20 Unternehmen – also nur
„Den Konzernen war der Brocken zu groß.“ Michael Dolny, SIHK-Experte
jedes zehnte im Gewerbegebiet – gehören derzeit der Genossenschaft an. Sprecher Schütt vom Genossenschaftsverband führt das darauf zurück, dass „das Problembewusstsein noch nicht hinreichend verbreitet ist, wie wichtig in Zukunft der Zugang zu schnellem Internet ist“. Dem würde Katrin Lipps wohl zustimmen. Sie führt den Kraftstoffhändler Lipps Energie GmbH, die zu den Gründungsmitgliedern der Breitbandgenossenschaft zählt. „Wir sind ein klassisches analoges Handelsunternehmen. Infrastruktur fand für uns bisher auf der Straße statt. Aber selbst wir können uns nicht mehr gegen digitale Infrastruktur verwehren.“ Das Unternehmen unterhält keine eigenen Server mehr vor Ort, sondern nutzt eine Serverfarm in Frankfurt. „Das heißt aber, dass wir jeden Datensatz, den wir benutzen, über eine Internetleitung abrufen müssen“, erklärt Lipps. Sich zurückzulehnen und zu warten, dass jemand anderes die Probleme löse, sei nicht im Sinne eines Unternehmers, ist Lipps überzeugt. So stieg sie bei der Genossenschaft ein. „Die Genossenschaft spiegelt den Kern des Unternehmertums wider.“ Diese Einsichten scheinen viele Hagener Unternehmer nicht zu teilen und beinahe wäre das Projekt an der geringen Resonanz gescheitert. Denn der ursprüngliche Plan der Genossen sah vor, das Gewerbegebiet mit Glasfaserkabeln zu erschließen. Kostenpunkt: rund drei Millionen Euro. Monatelang versuchte das Team um Hösterey, die Glasfaserleitungen in den Boden zu bekommen. Eines Morgens, erinnert sich Hösterey, habe er seinen Vorstandskollegen gesagt: „Wir kriegen das nicht hin. Wir kriegen die drei Millionen nicht gestemmt, wir kriegen die Genossen nicht zusammen.“ Am Nachmittag desselben Tages habe er dann einen Termin mit einem Experten für Richtfunktechnik gehabt, der durch Presseberichte zustande gekommen sei. Mit dessen Angebot, eine Anlage für 300 000 Euro zu errichten, sei das Projekt gerettet gewesen. Die Richtfunktechnik bietet den Genossen nicht nur den Vorteil, günstiger zu sein, sondern auch besser skalierbar als ein Glasfasernetz. Hösterey erwartet, dass die Genossenschaft wachsen wird. „Das ist auch jederzeit möglich, weil nicht die Bagger anrücken müssen, sondern nur der Hubwagen kommt und eine Antenne installiert.“ Die Führung der Genossenschaft übt Hösterey ehrenamtlich aus, sein Geld verdient er als Steuerberater. Deshalb ist er mit den Vorzügen der Rechtsform bestens vertraut. Vor allem Ein- und Austritte von Unternehmen seien bei Genossenschaften deutlich leichter als etwa bei GmbHs, sagt Hösterey. Es brauche keine Notartermine und auch keine neue Bewertung von Gesellschafteranteilen beim Austritt. Er verweist außerdem darauf, dass Genossenschaften in der Regel nicht pleitegehen. „Keine Kapitalgesellschaft ist so konkursresistent wie eine Genossenschaft.“
So funktioniert Richtfunk Richtfunkversorgung von Betrieben und Haushalten durch einen lokalen Provider
Betriebe und Haushalte
Lizenzierter Richtfunk (bis zu 4 Gigabit/Sek.) Richtfunk, WLAN-Richtfunk oder WLAN
GlasfaserNetz
lokaler Provider Quelle: Eigene Recherchen · Grafik: Matthias Michel
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DONNERSTAG, 26. APRIL 2018
GELD & GESCHÄFT
Ein Korn, der seinen Namen trägt Der Löninger Programmierer Simon Meyborg vertreibt seinen eigenen Korn – Ein Lehrstück in Sachen Markenaufbau
VON CHRISTIAN SCHWARZ HASELÜNNE/HAMBURG. Als das Schweine-Ebay stockte, die Millionärsapp gar nicht in Gang kam und es für das Parfümvergleichsportal juristischen Ärger gab, war klar: Simon Meyborg musste etwas anderes ausprobieren. Etwas Physisches. Zum Anfassen. Zum Genießen. Auf digitaler Ebene hatte der Entwickler sich ordentlich ausgetobt in den letzten Jahren. Das Thema war durchgespielt. Der Endgegner hieß: Korn.
Meyborg ist 36 Jahre alt und groß gewachsen. Wenn er sich vor seinem VW Caddy mit dem Slogan „Das Parfüm des Nordens“ aufstellt und strahlt, merkt man ihm den Stolz auf sein Produkt an. Es ist ein professioneller Stolz, gemischt mit kindlicher Freude darüber, in kurzer Zeit aus dem Nichts seine eigene Spirituose erschaffen zu haben. Einen Korn, der seinen Namen trägt: Meyborg. Angefangen hatte alles im Frühjahr 2016. Meyborg arbeitete als Technischer Leiter im Innovationslabor des Verlags Gruner+Jahr in Hamburg. Als Programmierer entwickelte er Ideen, baute Prototypen und testete sie. Und nach Feierabend kümmerte er sich um eigene Projekte – wie die erwähnte Börse für Schweine, über die Landwirte ihre Tiere ohne Zwischenhändler an Schlachter verkaufen können. „Der Kopf bleibt ja nicht stehen“, sagt Meyborg. Nach der Arbeit, an Wochenenden wälzte er Ideen hin und her, probierte, programmierte. „Als Entwickler hast du den Vorteil, nicht auf Material angewiesen zu sein.“ Einzig Zeit und Energie
braucht dieses Hobby. Dem Serienhype, dem viele aus seiner Generation erlegen sind, kann Meyborg nichts abgewinnen. Ein reiner Zeitfresser. „Irgendwann hatte ich das Gefühl, alles ausprobiert zu haben. Ich hatte keinen Bock mehr auf das nächste digitale Ding“, erinnert er sich. Und als Flucht aus dieser Orientierungslosigkeit bot sich Alkohol an. Simon Meyborg kam 1981 in Löningen zur Welt und wuchs in Lindern im Landkreis Cloppenburg auf dem elterlichen Hof auf. Dort packte er mit an. Molk Kühe. Oder reparierte Videorekorder, bastelte an Computern herum. Lindern hat knapp 5000 Einwohner und ist nur 32 Kilometer von Haselünne im Emsland entfernt, dem Mekka des Korns. Auf Familienfeiern und Schützenfesten in Meyborgs Jugend machte der Getreidebrand die Runde, als „FaKo“, also gemischt mit Fanta, oder pur als „Klarer“. In seinem Hamburger Exil blickte Meyborg wehmütig auf seine Heimat zurück, auf seine fünf Brüder, die in der Nähe geblieben sind. Er entschied, sich mit einem eigenen Korn, in der Heimat produziert und von Hamburg aus vermarktet, Familie und Herkunft ein Denkmal zu setzen. Das Ziel: „Schaffe ich es, meinen Korn in meiner Lieblingsbar in Hamburg zu trinken?“ Er selbst nennt das – und entschuldigt sich gleich für das Wortspiel – eine „Schnapsidee“. Die Voraussetzungen, ein Produkt auf die Beine zu stellen, brachte er mit: Selbstständig hatte Meyborg ohnehin immer gearbeitet. Aber einen eigenen Korn? Wer sollte den brennen? Woher kommen die Flaschen? Und wie hoch ist eigentlich die Branntweinsteuer? Ganz von diesen eher elementa-
Design als Türöffner: Noch bevor auch nur ein Tropfen gebrannt war,standen die Flaschenform und das Etikett schon fest.
ren Fragen abgesehen: Wenn der Korn erst in der Flasche ist, wie soll dafür geworben werden – ohne Budget? Ganz neue Fragen an jemanden, der bislang nur einen Laptop für die Arbeit benötigte. Mit der Idee, Korn zu einem Revival zu verhelfen, wie es Whiskey, Wodka oder jüngst Gin erlebten, steht Meyborg nicht allein da: Der Brand genießt seit Jahren einen eher zweifelhaften Ruf. „Immer wenn ich traurig bin, trink ich einen Korn“, sang Heinz Erhardt schon 1970. Einige Produzenten, besonders jüngere, wollen dieses Bild ändern. Hin und wieder liest man von einem Kornhype, den Simon Meyborg allerdings noch nicht erkennen kann. Kris Opperbeck von der Werbeagentur RP 07 aus Beckum in Nordrhein-Westfalen sieht jedoch Ansätze in der Berliner Barszene. Mit der Webseite Kornkompetenz.de versucht die Agentur seit vergangenem November, Korninteressierten eine Anlaufstation bieten: Rezepte, Wissenswertes rund um den Korn, Brennereien in Deutschland und Kornbestellungen – über einen
Wie baut man eine Marke auf? Interview mit Markenexperte Timo Kaapke VON CHRISTIAN SCHWARZ
der anspruchsvollsten zugleich, denn: Es reicht nicht aus, diese zu definieren mit „Leute, die gerne Schokolade essen“, „Leute über 18“ oder „die Generation meines Vaters“.
Timo Kaapke (42) stammt wie Simon Meyborg aus Löningen. Seit dem Jahr 2000 betreibt er eine Markenagentur im Drantumer Ecopark mit mehr als 30 Mitarbeitern. Er hilft Mittelständlern, ihre Zielgruppen zu verstehen und ihre Marken richtig zu führen.
Herr Kaapke, trinken Sie Korn? Nein. Vielleicht habe ich auch noch nicht den richtigen gefunden. Aber ich bin echter Südoldenburger und habe natürlich diverse Erfahrungen mit Korn gemacht. Ich bin aber nicht dabei geblieben. Was muss man tun, um einer Marke eine bestimmte Wahrnehmung zu verleihen? Ich muss mir zunächst klarmachen, wofür meine Marke wahrgenommen werden soll. Es ist wichtig, authentisch zu sein: Meine Marke muss ihr Versprechen halten und darf nicht für etwas stehen, was sie nicht ist. Wenn ich zum Beispiel die Marke „Ferrari“ mit „Entschleunigung“ verbinden möchte, ist irgendwas nicht richtig.
Timo Kaapke.
Ich muss wissen, wer und was ich bin, kann und biete. Und ich muss meine Zielgruppe kennen. Wenn ich das weiß, kann ich meine Marke positionieren. Was ist denn die Zielgruppe für Korn? Da wird es mehr als eine geben. Nur vordergründig haben etwa Milka und Ritter-Sport die gleiche Zielgruppe. Das Finden der eigenen Zielgruppe ist bei der Entwicklung einer tragfähigen Markenpositionierung eine der wichtigsten Aufgaben und gleichzeitig wohl eine
Bisher steht Korn eher für Letzteres. Wie überzeuge ich eine komplett andere Zielgruppe von einem Produkt? Menschen können sich nicht mit Produkten identifizieren, sondern mit Werten, für die das Produkt steht. Diese zu finden und wahrnehmbar zu machen ist elementar wichtig, um eine Marke so zu führen, dass Menschen sich mit ihr überhaupt identifizieren können. Diese Wahrnehmung schaffen Marken durch eine Vielzahl von Stellschrauben – zum Beispiel durch den Namen, die Flasche oder die Geschichte hinter dem Produkt. Wenn mich diese Werte ansprechen, muss das Produkt natürlich auch noch überzeugen bzw. schmecken – sonst bleibt der Kunde ein Impulskäufer und wird nicht zum Überzeugungs- und Wiederkäufer. Jägermeister hat das mit seiner Repositionierung vor Jahren zum Beispiel recht erfolgreich gemeistert.
Amazon Affiliate Shop. „Die Idee entstand, weil wir in Beckum zwei Brennereien haben“, erklärt Opperbeck. „Als Beckumer kommt man gerade zum Karneval nicht am Thema Korn vorbei.“ Anders als mancher Neukornproduzent hat Meyborg nicht geplant, sich einen Brennkessel in den Keller zu stellen. Das wollte er Profis überlassen. Beim Korn gibt es ohnehin nicht viel zu experimentieren: Er muss aus Weizen, Gerste, Hafer, Roggen oder Buchweizen hergestellt werden und mindestens 32 Prozent Alkohol enthalten. Zugabe von Aromen ist nicht erlaubt. Was Meyborg zunächst beschäftigte, war die Flasche. Vor seinem geistigen Auge sah er sie vor sich: mit Kanten, denn die meisten Kornflaschen sind eher rund. Und schwer in der Hand soll sie liegen – damit die Wertigkeit schon beim ersten Griff erkannt wird. Auch für das Etikett hatte er schon Ideen und besprach sie mit einem Freund, der Designer ist. Nach längerer Internetrecherche hatte Meyborg seine Traumflasche in Italien gefunden: kantig, mit massivem Boden, einem schmalen Hals und leicht abfallenden Schultern. Das erste Etikett druckte er selbst, darauf waren drei Ähren zu erkennen und der Name des Getränks: Meyborg. Seine Familie hat er nie um Erlaubnis gefragt, doch übel genommen hat es ihm wohl niemand. Ein Kornproduzent, der als Erstes die Verpackung angeht, bevor er sich an das Getränk macht? In Meyborgs Fall hatte diese Reihenfolge durchaus einen Sinn: Mit einem Prototyp in der Hand, gefüllt mit günstigem Korn aus dem Supermarkt, könnte er in Hamburger Bars vorstellig werden und fragen: „Wenn ich mit so was um die Ecke komme, würdet ihr das hinter die Theke stellen?“ Überwiegend antworteten die Barbesitzer positiv. Dann ging es um den ersten Kontakt zur Brennerei. Auch in Haselünne war sein Prototyp ein Türenöffner: „Wie viele vor mir haben da einfach angeklopft und gesagt: ,Das habe ich vor ...‘ Ich würde gern erst mal was vorlegen.“ Und Meyborg zeigte nicht nur seine Flasche samt Etikett, sondern auch seine Webseite, mit Fotos des Prototyps und Rezepten. Für den Entwickler ein Klacks. So sahen die Chefs der Brennereien Rosche und Heydt, dass es der Informatiker aus der Hamburger Verlagswelt ernst meinte mit seiner Idee. In Meyborgs Heimat ist man sich einig: „Wenn du einen guten Korn anbieten willst, muss er von Rosche kommen!“ Den Ausschlag gaben jedoch die Freunde aus Hamburg, „die keine klassischen Korn-
trinker sind“, wie Meyborg sagt. Bei einer Blindverkostung schnitten zwei Rosche-Kornbrände am besten ab, und so kamen der Hamburger Informatiker und der Haselünner Edelkornproduzent ins Geschäft. Im November 2016, knapp neun Monate nachdem ihm die Idee gekommen war, wurden 250 Flaschen befüllt. Für Rosche ist das nicht die Welt, aber von dem Imagegewinn des Korns durch Meyborgs Marketing sollte er ebenso profitieren. Doch wie wirbt ein Neuling in der Kornszene für sein Produkt? Mitten in der Entwicklung seiner Idee hatte Meyborg einen Geistesblitz: Der Podcast-Fan produzierte seine eigene Sendung. Zehn Folgen lang erzählte er vom Werdegang des Korns, von der ersten Idee bis zum Weihnachtsverkauf über seine Webseite. Dass die 250 Flaschen der ersten Charge nach zweiein-
Mit einem eigenen Korn Familie und Herkunft ein Denkmal setzen.
Fotos: Johannes Bichmann
halb Stunden ausverkauft waren, lag auch daran, dass schätzungsweise 3000 bis 4000 Hörer regelmäßig Meyborgs Stimme im Netz lauschten. Die Produktion der Onlineerzählung zahlte sich zwar aus, gestaltete sich jedoch als eigenes aufwendiges Nebenprojekt mitten in der Kornproduktion: Er schrieb die Texte, sprach sie ein, und sogar die Titelmelodie komponierte Meyborg selbst. Sein beruflicher Werdegang hätte ihn auch ins Regiefach zum Film führen können: Der Mann hat etwas zu erzählen, und er berichtet witzig, ehrlich und spannend von seinem Projekt. Gut 2000 Flaschen Korn hat er verkauft. Vor allem im Internet, über seine Webseite oder Amazon. Aber auch an Bars und den Einzelhandel – und Mutter Meyborg verkauft eine nicht zu unterschätzende Anzahl an Flaschen in Lindern. Reich wird man damit nicht. Aber das ist auch nicht Meyborgs Antrieb. Korn ist sein Hobby. Mittlerweile hat er den Job gewechselt, sich selbstständig gemacht: Vier Tage in der Woche kümmert er sich um den Onlinevertrieb von Gemüsekisten. Einen Tag geht es um den Korn. Was soll aus „Meyborg“ noch werden? In 27 Bars von Hamburg bis Zürich wird der Klare aus Hamburg/Haselünne schon angeboten. In Onlineshops kostet die 0,7-Liter-Flasche knapp 30 Euro. „Der erste Schritt war einfach“, sagt Meyborg, „aber bestellen die Kunden auch nach?“ Mit einem automatisierten Onlinevertriebssystem sollen der Bestellprozess vereinfacht und neue Bars angesprochen werden. Irgendwann ist vielleicht Geld für Marketing, Paketpacker oder die Standgebühr bei einer Messe drin. „Es ist ein schönes Hobby und macht Spaß. Sollte es auf dem Niveau weitergehen, macht das nichts.“ Wer kippt schon ein Denkmal an seine Heimat?
Marketing in eigener Sache: Simon Meyborg verkauft nicht nur Korn, er erzählt auch eine Geschichte dazu.
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DONNERSTAG, 26. APRIL 2018
GELD & GESCHÄFT
Handel und Gastronomie funktionieren Hand in Hand Zur Attraktivität des Einzelhandels trägt Studien zufolge auch das gastronomische Angebot bei – Neun Milliarden Euro Umsatz VON NINA KALLMEIER OSNABRÜCK/EMSLAND. Die Gren-
zen verschwimmen: Immer häufiger gehen Handel und Gastronomie heute eine Symbiose ein. Das ist Studien zufolge ein Geschäft für beide Branchen. Der Umsatz der Handelsgastronomie wird auf mehr als neun Milliarden Euro geschätzt.
Der Einzelhandel hat mit Frequenzrückgängen zu kämpfen, hingegen sprießen Gastronomiekonzepte wie Pilze aus dem Boden. Der Kunde erwartet heute
Bedeutung der Handelsgastronomie nimmt zu
480 500
150
100 100
1800
Großteil der Standorte im Lebensmitteleinzelhandel
Lebensmittelhandel
beides – und immer häufiger sind beide Branchen Seite an Seite unter einem Dach zu finden. Laut jüngster Umfrage des Kölner Forschungs- und Beratungsinstituts für den Handel EHI erzielen Handelsunternehmen im Bereich Lebensmitteleinzelhandel, Textilund Buchhandel sowie Baumärkte und Tankstellen überwiegend einen Bruttojahresumsatz von bis zu eine Million Euro pro Standort. Insgesamt beläuft sich der geschätzte handelsgastronomische Umsatz auf neun Milliarden Euro. Die Symbiose von Handel und Gastronomie besteht nicht erst
5000
Tankstellen Baumärkte/Gartencenter Möbelhäuser Shopping-Center
25 000
Warenhäuser Buchhandel Bekleidung Anzahl der geschätzten Standorte einzelner Branchen innerhalb der relevanten Handelsgastronomie (in absoluten Zahlen)
Quelle: Matthias Michel · Grafik: EHI
seit gestern. In großen Warenhäusern gehört die Systemgastronomie seit den 1980er-Jahren zur klassischen Handelsgastronomie. Möbelhäuser nehmen ebenfalls eine Vorreiterrolle ein. Das zeigt das White Paper zur Handelsgastronomie des EHI. Das gilt heute insbesondere für den schwedischen Möbel-Riesen Ikea. Er hat sich mittlerweile in die nach Umsatz führende Gruppe der Gastronomieketten in Deutschland hochgekocht. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete das Unternehmen im Bereich Ikea Food in Deutschland einen Umsatz in Höhe von mehr als 230 Millionen Euro. Insgesamt werden laut EHI-Studie bundesweit in rund 500 Möbelhäusern mit angeschlossenem Restaurant und/oder Imbiss etwa 400 Millionen Euro brutto umgesetzt. Etwas weniger generieren Angebote von Bäckerei bis Imbiss innerhalb der Baumärkte und Gartencenter. Die relevanten handelsgastronomischen Bruttoumsätze belaufen sich hier laut Studie auf etwa 360 Millionen Euro. Das ist nur ein Bruchteil dessen, was der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) zum Gesamtumsatz beiträgt – und auch im Ranking der größten Unternehmen der Handelsgastronomie in Deutschland liegt die Edeka-Gruppe mit ihren Nettoumsätzen in der Gastronomie noch vor dem Möbelriesen
Symbiose von Handel und Gastronomie: Allein Ikea Deutschland macht mit Essen pro Jahr 230 Millionen Euro Umsatz. Foto: dpa
Ikea. Allerdings ist im LEH auch der Großteil der handelsgastronomisch relevanten Fläche zu finden. In die Statistik eingeflossen sind rund 25 000 Einzelstandorte – unter anderem mit Sofortverzehrangeboten und Vorkasse-Zone ergibt sich laut EHI ein hochgerechneter Bruttoumsatz von rund 5,2 Milliarden Euro. In Shopping Centern gehen die Experten von immerhin noch zwei Milliarden Euro Umsatz der Handelsgastronomie aus. Dort steigt auch die entsprechend genutzte
Fläche immer weiter an. Waren vor einigen Jahren noch sechs Prozent der Verkaufsfläche gastronomischen Konzepten gewidmet, sind es heute knapp 15 Prozent – Tendenz steigend, das beobachtet Michael Latz, Manager des ECEShopping Centers in Bielefeld, insgesamt in der Branche. Im weltweiten Vergleich seien diese Zahlen noch moderat. „In China zum Beispiel hat die Gastronomie in einigen Standorten einen Anteil von bis zu 40 Prozent. So weit wird es in Deutschland sicherlich nicht
kommen, aber die Bedeutung wird zunehmen“, ist Latz überzeugt. Verglichen mit diesen Zahlen, steht die Handelsgastronomie im Textilhandel noch in den Kinderschuhen. Für die Umfrage des EHI herangezogen wurden etwa 100 handelsgastronomisch relevante Standorte in Deutschland, die ein kumuliertes Bruttoumsatzvolumen von 50 Millionen Euro vorweisen können. Weniger verzeichnen dem EHI zufolge nur Cafés und kleine Restaurants, die heute bereits in großen Buchhandlungen eingebunden sind. Auch hier geht die Studie von 100 relevanten Standorten aus, die einen Bruttoumsatz von rund fünf Millionen Euro erreichen. Und dennoch gewinnt die Symbiose von Handel und Gastronomie auch mit Blick auf die Frequenz an Bedeutung, heißt es vom Bundesverband Textil (BTE). Denn das Shopping werde immer mehr zum Erlebnis, so die Beobachtungen von Falk Hassenpflug, Handelsexperte der Industrie- und Handelskammer Osnabrück-Emsland Grafschaft Bentheim. „Der Kunde will mehr als nur Einkaufen.“ Und er beobachtet noch einen weiteren Effekt: „Die Leute sind weniger gestresst, gehen nach der Stärkung noch ein bisschen shoppen und geben vielleicht sogar auch ein bisschen mehr aus.“
Großer VR-Mittelstandspreis Weser-Ems 2018 Wegweisende Betriebe und Unternehmen mit beispielhaften Projekten und Leistungen gesucht!
e d n Einse s: s u l h c 8 s 1 0 2 ai M . 1 3 Jeder Mensch hat etwas, das ihn antreibt. Wir machen den Weg frei.
Als Part r ner des Mittelstandes wollen wir vorbildliche Betriebe und Unternehmen in Weser-Ems auszeichnen und schreiben zur Würdigung hervorragender Projekte und Leistungen den mit insgesamt 15.000 Euro (3 x 5.000 Euro) dotierten Großen VR-Mittelstandspreis Weser-Ems 2018 aus. Weitere Informationen sind dem Ausschreibungsprospekt zu entnehmen, der bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken und den Wirtschaftskammern in Weser-Ems erhältlich ist. Wir freuen uns über Ihre Teilnahme! vr.de/weser-ems Wir machen den Weg frei. Gemeinsam mit den Spezialisten der Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken: Bausparkasse Schwäbisch Hall, Union Investment, R+V Versicherung, easyCredit, DZ BANK, DZ PRIVATBANK, VR Leasing Gruppe, WL BANK, MünchenerHyp, DG HYP.
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DONNERSTAG, 26. APRIL 2018
GELD & GESCHÄFT
Die Macht der Daten Dynamisch schwankende Preise im Internet sind Alltag – Digitalisierung und Big Data eröffnen neue Möglichkeiten, auch im stationären Handel
VON NINA KALLMEIER OSNABRÜCK/EMSLAND. Über das Smartphone gebucht ist der Flug günstiger oder teurer als über den PC? Das kann heute leicht passieren. Und auch an die Tatsache, dass Versandriese Amazon seine Preise stetig verändert, hat sich der Kunde gewöhnt. Doch wie weit geht die dynamische Preisgestaltung? Für Clemens Vest ist eine individuelle, an persönlichen Käuferdaten orientierte Preisfindung online wie stationär keine Langzeitvision.
Was sind wir bereit, für ein Produkt zu zahlen? Tendenziell mehr, wenn wir über ein mobiles Endgerät suchen? Oder mit einem hochwertigen Gerät? Weniger, wenn man sich zum wiederholten Mal ein Produkt anschaut? Oder eine Suchmaschine genutzt wird statt ein direkter Zugang zur Buchungsseite des Unternehmens? Diese Fragen könnten im Zentrum einer künftigen Preispolitik im Handel stehen. Die Digitalisierung und eine Vielzahl von gesammelten Daten im Netz machen es technisch möglich, verschiedene externe Faktoren in eine individuell zugeschnittene Preisfindung einfließen zu lassen. Unabhängig von persönlichen
Merkmalen am anderen Ende der (virtuellen) Ladentheke sind dynamisch schwankende Preise in vielen Branchen akzeptiert. Beispiele gibt es genug: Eine Bahnfahrt ist tendenziell teurer, wenn sie kurzfristig gebucht wird. Hotels bieten Tagespreise an, die je nach Verfügbarkeit und Abstand zur Reise steigen können. Und nach dem ersten Aufschrei wird über die mehrmals täglich wechselnden Tankstellenpreise kaum ein Wort mehr verloren. „Das ist ein Gewöhnungsprozess“, ist Clemens Vest, Geschäftsführer der Vest Marketing GmbH, überzeugt. Mit „Preishoheit“ hat das Unternehmen ein Tool entwickelt, um Marktdaten im Internet umfangreich zu erfassen und so für Unternehmen auch Preisanalysen durchführen zu können. Der Kunde bekomme von den Algorithmen im Hintergrund, die zu den schwankenden Preisen führen, nichts mit, so Vest. Cookies, über die nachverfolgt werden kann, für welche Produkte sich jemand interessiert und über welchen Zeitraum er sich informiert, sind da nur eine der gängigsten technologischen Möglichkeiten. Ein komplettes Kundenprofil für persönliche Preise zu nutzen ist da ein anderes Kaliber. Mit dem Konzept tun sich Händler wie Kunden abseits von Loyalitätsprogrammen
oder Geburtstagsrabatten schwer. Denn dabei geht es nicht darum, äußere Faktoren wie die Preise der Wettbewerber, Witterungsbedingungen oder die Tageszeit einzupreisen, sondern um personenspezifische Daten selbst. Dabei müssen Preise rechtlich gesehen weder für jeden gleich noch über einen bestimmten Zeitraum stabil sein, so steht es in der Preisangabenverordnung (PAngV). Allerdings: Attribute wie Herkunft, Geschlecht oder Alter dürfen keinen diskriminierenden Einfluss auf die Preisgestaltung haben. „Manch ein Kunde würde sich wundern, welche Informationen heute schon beim Onlinekauf mit übermittelt werden. Wer die Kaufentscheidung trifft, lässt sich bereits anhand von Nutzerdaten recht genau festlegen“, sagt Clemens Vest. Und die Möglichkeiten durch Big Data und Digitalisierung wachsen stetig – auch im stationären Geschäft. „Da stehen wir aber noch ganz am Anfang“, sagt der Osnabrücker. Erst vereinzelt wird mit elektronischen Preisschildern gearbeitet – eine Grundvoraussetzung, um Preise dynamisch anpassen und Kunden beim Shoppen möglicherweise Angebote auf das Smartphone schicken zu können. Das bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich: Der Händler muss ga-
Illustration: Colourbox.de
rantieren, dass sich der Preis vom Regal zur Kasse nicht zum Nachteil des Kunden verändert. „Eine Preisumstellung ist damit gegenwärtig nur außerhalb der Geschäftszeiten möglich“, so Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE). Aber: „Um mit dem Onlinehandel konkurrieren zu können, müssen die Vorteile einer flexiblen Preisgestaltung auch im stationären Handel genutzt werden“, macht der HDE in seinem Positionspapier zum „Dynamic Pricing“ deutlich. Für Clemens Vest sind dynamische Preise nicht nur für den Handel, sondern auch ein gesellschaftlich hochrelevantes Thema. Das Gefühl von Fairness spiele eine Rolle, ebenso wie die Tatsache, dass die Regeln, nach denen Preise dynamisch gestaltet werden, unübersichtlicher werden. „Eine Maschine entscheidet über den Preis, nicht mehr ein Mitarbeiter“, erklärt er. Einen Preis gemäß der Preisbereitschaft des Kunden zu ermitteln ist für ihn technologisch der nächste, logische, wenn auch nicht unumstrittene Schritt. „In wenigen Jahren ist das gang und gäbe“, ist Vest überzeugt. Auch wenn es heute noch im Handel verpönt sei. Was man leicht vergisst: Nicht nur dynamische Preise, auch persönlich zugeschnittene Konditionen sind in anderen Branchen schon lange als Norm akzeptiert. So richten sich sowohl Kreditverträge als auch Schadensfreiheitsrabatte bei Kfz-Versicherungen ganz selbstverständlich nach den persönlichen
RECHTSLAGE
HDE sieht keinen Handlungsbedarf Handlungsbedarf hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen sieht der Handelsverband aktuell nicht: „Die derzeit bestehenden Rechtsrahmen schützen die Verbraucher bei der flexiblen Preissetzung durch Unternehmen sowohl vor unlauterem Verhalten und Irreführungen (UWG) als auch vor ungerechtfertigten Diskriminierungen bestimmter Konsumentengruppen (AGG). Gleichzeitig wird durch Regelungen des Daten-
schutzrechts gewährleistet, dass die Kundendaten nicht unbefugt genutzt werden“, heißt es in einem Positionspapier des HDE. Eine Dynamisierung der Preissetzung entspreche den Entwicklungen des Marktes und den Verbraucherwünschen. „Die Autonomie des Unternehmers, den Preis selbst festzulegen, ist elementarer Bestandteil einer freien Wirtschaftsordnung“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Das
Gegebenheiten desjenigen, der die jeweiligen Verträge abschließt. In ein paar Jahren wird sich an individuellen Preisen auch im Handel niemand mehr stören, ist Clemens Vest überzeugt. Allerdings: Es habe schon mal einmal mehr Dynamik in der Preisgestaltung gegeben, sagt der Osnabrücker Unternehmer. „Allein die Praxis, dass Preise über mobile Endgeräte und Computer anders
Recht des Handels auf autonome Preissetzung dürfe vom Gesetzgeber auch nicht im Hinblick auf die individuelle Preisgestaltung infrage gestellt werden, heißt es seitens des HDE. Der Handelsverband betont jedoch auch die geltenden Datenschutzrichtlinien. „Ohne Einwilligung des Kunden darf der Händler dessen personenbezogenen Daten nur eingeschränkt im Rahmen der gesetzlichen Erlaubnistatbestände verwenden.“
ausschauen, hat beim Verbraucher einen Sturm der Entrüstung ausgelöst“, erinnert sich Vest. Entsprechend vorsichtig sind Händler, auch, um ihrer Marke nicht zu schaden. „Keiner unserer Kunden nutzt aktuell eine Differenzierung nach Endgerät.“ Vest ist jedoch überzeugt: Das ist nur die Ruhe vor dem Sturm. „Dynamische und auch persönliche Preise sind ein Lernfaktor.“
ZUR SACHE: DYNAMIC PRICING
Externe Faktoren bedingen den Preis „Dynamic Pricing“ – zu Deutsch dynamische Preisgestaltung – ist eine Preisstrategie, nach der Einzelhändler ihre Preise für Produkte oder Dienstleistung dynamisch anpassen. Die Preise schwanken also kurzfristig beziehungsweise werden aufgrund externer Faktoren der Marktsituation angepasst. Dazu können Witterungsbe-
dingungen, Wettbewerbspreise oder das Bestellverhalten von Kunden beitragen. Mithilfe der großen, verfügbaren Datenmengen könnten Preise jedoch noch individueller angepasst werden. Während dynamische Preise an sich für jeden Kunden gleich schwanken, können „personalisierte Preise“ je nach Markt-
teilnehmer abweichen. Herangezogen werden könnte für dieses Instrument der Preisgestaltung ein Algorithmus, der neben aktueller Marktdaten wie einem Vergleich mit der Konkurrenz auch Informationen über den Käufer selbst mit einfließen lässt. Entsprechend könnten zum Beispiel unterschiedliche Familienmitglieder
für ein und dieselbe Anfrage einen jeweils anderen Preis erhalten. Bislang sind Unternehmen noch zurückhaltend, Algorithmen zum individuellen Preismanagement einzusetzen. Bereits jetzt kann je nach Endgerät, mit dem die Suche nach einem Produkt stattfindet, ein anderer Preis zum Beispiel für einen Flug möglich sein. nika
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Von der „Erdnuss“ bis zur Bohne Wie Kaffee geröstet wird: Ein Besuch bei Joliente im Niedersachsenpark
Meist werden drei oder vier Bohnensorten miteinander kombiniert. Erst nach dem Rösten riechen die Bohnen wie Kaffee. Eine Kaffeesorte kann bis zu 1000 Aromen haben. VON NADINE GRUNEWALD NEUENKIRCHEN-VÖRDEN. Tassen
klirren, Gesprächsfetzen wabern durch den Raum. Einige Besucher haben es sich an diesem nasskalten Tag im Café der Rösterei Joliente gemütlich gemacht. Während sie an frisch aufgebrühtem Kaffee, Espresso oder Cappuccino nippen, ist Kai Keller in der angrenzenden Halle erst dabei, rohe Bohnen zu rösten. Kaffeeduft umhüllt denjenigen, der die Tür zu seinem Reich öffnet.
Mit einer Schürze im Jeans-Look über den dunklen Klamotten schiebt der Mann aus Sögeln einen Behälter auf Rollen zu einer Reihe schwarzer Silos. „Brasil“ steht in weißer Schrift auf dem großen Bottich, vor dem der 38-jährige Röstmeister den Wagen parkt. Dann hält er den Schlauch darüber und lässt Bohnen hineinfallen. Es rauscht, als das Rohprodukt herunterfließt. Keller geht weiter, füllt noch Bohnen der Sorten „Plantation“ und „Parchment“ in seinen Rollbehälter. Drei oder vier verschiedene Bohnensorten werden bei Joliente meistens miteinander kombiniert. „Wenn man viele verschiedene Tuschefarben miteinander mischt, kommt am Ende immer braun heraus“, sagt Henning Schmidt, Geschäftsführer der Kaffeerösterei, die im August des vergangenen Jahres im Niedersachsen-Park in Neuenkirchen-Vörden eröffnet hat. „Die Filterkaffees aus dem Discounter schmecken über Jahre immer gleich, weil dabei ganz viele verschiedene Komponenten miteinander gemischt werden. Nimmt man weniger Komponenten, fallen die einzelnen stärker ins Gewicht.“ Die Bohnen, die Keller gerade in seinen Rollbehälter gefüllt hat, haben nur entfernt Ähnlichkeit mit den herrlich duftenden, braunen Kaffeebohnen, die zu Hause oder im Laden in die Kaffeemaschine gefüllt werden. Viel kleiner, je nach Sorte leicht grünlich oder hellbraun, warten sie darauf, weiter-
Im Rohzustand sind die Kaffeebohnen alles andere als dunkelbraun (oben). Sie sehen eher wie Erdnüsse aus. Dafür verantwortlich, dass der Kaffee am Ende den richtigen Geschmack bekommt, ist bei Joliente im Niedersachsenpark Röstmeister Kai Keller. Dabei hat der 38-Jährige zunächst eine Tischlerlehre absolviert. Das braune Gold hat er aber auch da schon geliebt. Fotos: David Ebener
verarbeitet zu werden. Grün sind beispielsweise die Bohnen der in Indien gewachsenen Sorte „Parchment“; sie riechen nach Weide. Wer die Nase in die Sorte aus Guatemala hält, der riecht Erbsen – und kann beruhigt sein: „Wenn die Bohnen nicht so riechen, wissen wir, dass wir ein Problem haben“, erklärt Lisa Cramer, Tochter eines der beiden Geschäftsführer des Unternehmens und Mitarbeiterin. Erst nach dem Röstvorgang sehen und riechen die Kaffeebohnen so, wie der Verbraucher das kennt. Sehen, riechen, fühlen – ohne diese Sinne wäre Röstmeister Keller aufgeschmissen. Und ohne das braune Gold. „Ich liebe Kaffee“, sagt er, und damit ist Keller nicht alleine. „Deutschland ist eine Nation von Kaffeetrinkern“, sagt Holger Preibisch, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbands. Demnach ist Kaffee seit Jahren das am meisten konsumierte Getränk. Der Pro-Kopf-Konsum der Deutschen liegt laut einer aktuellen Studie des Verbands derzeit bei 164 Litern. Knapp zwei Liter davon trinkt jeder Deutsche „to go“. Laut Lisa Cramer stehen Filterkaffee und
Fast 280 Tonnen Röstkaffee hat das Unternehmen im vergangenen Jahr verkauft. Beim Rösten verlieren die Bohnen an Gewicht,sodass von 60 Kilo am Ende 51 bleiben.
Kaffee Crema übrigens wieder hoch im Kurs: „Der Trend geht weg von der Milch.“ Zum Vergleich: Der Pro-Kopf-Verbrauch von natürlichem Mineralwasser lag 2016 laut dem Verband Deutscher Mineralbrunnen bei 148,2 Litern. Er habe jahrelang nach gutem Kaffee gesucht, sagt Keller. Bei Joliente sei er hängen geblieben und mit den Verantwortlichen ins Gespräch gekommen. Die suchten einen Röstmeister für den neuen Standort – und fanden mit dem Sögelner einen Kaffeekenner, der sich vom Tischler zum Röstmeister fortbildete. Statt Holz zu verarbeiten, wacht der 38-Jährige jetzt über die richtige Temperatur in der Röstmaschine, damit die Bohnen das gewünschte Aroma bekommen. Je nachdem, wo eine Bohne wächst, bekommt sie einen anderen Geschmack. „Die Böden und das jeweilige Klima spielen eine wichtige Rolle dabei, wie sich der Geschmack entwickelt“, erklärt Cramer. Während afrikanische Kaffees fruchtig und blumig schmecken, sind asiatische Sorten eher kräftig, würzig und schokoladig. „Südamerikanische hingegen sind nussig, schokoladig, fruchtig und mittelkräftig“, sagt Cramer. „Eine Kaffeesorte kann bis zu 1000 Aromen haben. Man muss viel Kaffee trinken, um die alle herausschmecken zu können.“ Im Joliente-Werk im Niedersachsenpark werden Bohnen aus aller Herren Länder geröstet: Sie kommen aus Brasilien, Äthiopien, Tansania, El Salvador, Guatemala oder Indonesien in das Werk in Neuenkirchen-Vörden, wo sie in 60 Kilogramm schweren Jutesäcken darauf warten, dass Kai
Keller sie durch die Maschine schickt. Der 38-Jährige hat den gefüllten Rollbehälter inzwischen zur Röstmaschine geschoben. Es wird laut, als er den Sauger anstellt, der die Bohnen aus dem Behälter in die Maschine befördert, die im Innern wie die Trommel einer Waschmaschine aussieht. Anders als eine Waschmaschine strahlt der Röster Hitze aus. Kein Wunder: Die Bohnen werden bei etwa 213 Grad geröstet. Eine Viertelstunde dauert der Vorgang. „In der Industrie werden große Heißluftröster mit größerer Hitze genutzt, da dauert ein Röstvorgang nur zwischen drei und sechs Minuten. Bei niedrigeren Temperaturen kommen die Aromen besser zur Geltung, der Kaffee wird bekömmlicher“, sagt Cramer, während Keller den Rollbehälter abermals mit Bohnen füllt. Dann blickt er konzentriert auf die Temperaturkurve auf dem Computer neben der Röstmaschine. Steigt die Kurve so an, wie sie es für diese Kaffeeröstung soll? „Schon drei bis vier Grad mehr oder weniger draußen können einen Unterschied machen, weil wir hier mit einem Schornstein arbeiten“, erklärt Keller. Verläuft die Kurve anders als vorgesehen, muss der Sögelner nachjustieren. Doch gerade passt alles. Der Röstmeister zieht den Probezieher aus der Maschine: Zeit für eine Geruchsprobe. Dampf steigt auf, als er die kleine Schüppe vor seine Nase hält. Keller zieht die Luft durch die Nase ein – und riecht Popcorn. Der 38-Jährige weiß: Das muss so sein. Vorsichtig schiebt er den Proben-
zieher wieder in die Röstmaschine. Bei der Geruchsprobe ist Obacht angesagt. Kommt Keller mit der kleinen Schüppe zu nah an sein Gesicht, wird es schmerzhaft. Das kleine Gerät ist zwischen 200 und 220 Grad heiß. Haben die Bohnen die entsprechende Röstung erreicht, geht es weiter. Keller öffnet eine Luke, durch die die Kaffeebohnen in ein großes Kühlsieb fallen, in dem sie im Kreis gedreht werden. Drei bis vier Minuten lang werden die Kaffeebohnen runtergekühlt, damit sie nicht unkontrolliert weiterrösten. Es dampft, als sich die Bohnen die kalte Luft aus der Halle ziehen. Inzwischen sehen sie so aus, wie man sie kennt: größer als im Rohzustand und schön dunkelbraun. „Beim Rösten gewinnen die Bohnen an Volumen und verlieren an Gewicht“, erklärt Cramer. Von einem
„Bei niedrigeren Temperaturen kommen die Aromen besser zur Geltung, der Kaffee wird bekömmlicher.“ Mitarbeiterin Lisa Cramer
60-Kilo-Sack Rohmaterial bleiben am Ende etwa 51 Kilo fertige Kaffeebohnen übrig. Doch auch am Kühlsieb riecht es nur ganz leicht nach Kaffee. Ein gutes Zeichen, wie Cramer erklärt. Denn wo es riecht, entweicht Aroma. Während sich die Bohnen weiter im Kühlsieb drehen, lässt Keller die nächste Ladung in die Röstmaschine saugen. Sind die Bohnen erkaltet, gelangen sie durch den Entsteiner in einen weiteren Behälter. Alles, was schwerer ist als eine Bohne, bleibt auf dem Weg liegen. Kleine Holzund Glasstückchen oder Steine, die während des Transportes in den Jutesack mit den Bohnen gelangen können, werden so herausgefiltert. Viel ist das jedoch nicht: Bei den letzten 100 Tonnen Bohnen, die geröstet wurden, ist nur ein kleines Gläschen voll zusammengekommen. Ein Rost über dem Auffangbehälter fängt leichteren Unrat wie beispielsweise kleine Seilstückchen auf. Von hier werden die Bohnen zur Verpackungsmaschine gebracht, wo sie abgewogen und in Tüten gefüllt werden. Am Tag kann etwa eine Tonne abgefüllt werden. Im vergangenen Jahr hat die Joliente GmbH fast 280 Tonnen Röstkaffee verkauft. Das Unternehmen beliefert Bäckereien, Hotels und Gastronomien. Am Standort im Niedersachsenpark soll bis Ende dieses Jahres auch Bio-Fair-Trade-Kaffee geröstet werden. Um Filterkaffee zu mahlen und zu verpacken,0 sei der Platz in der neuen Halle zu klein. Derweil steht Keller immer noch an der Röstmaschine, wirft einen Blick auf den Computer, öffnet die Klappe des Kühlsiebs und lässt Nachschub in die Maschine fließen. Dann nimmt er eine Handvoll fertig gerösteter Bohnen aus dem Sieb und atmet den leichten Geruch ein. „Es gibt nichts Leckereres als Kaffee.“
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VON CHRISTOPH LÜTZENKIRCHEN OSNABRÜCK. Wer Franz Greife finden will, muss Bescheid wissen. Das Atelier des Osnabrücker Holzbildhauers befindet sich auf einem versteckten Gartengrundstück im Stadtteil Kalkhügel. Greifes Vermieter hat hier ein uraltes Fachwerkhaus neu errichtet, das ursprünglich einmal auf dem Gelände des Klosters Malgarten in Bramsche stand. Das malerische Gebäude und das ringsum von Gärten umgebene Stück Land, auf dem es steht, sind wie geschaffen für die Arbeit des Bildhauers.
Im Winter muss man hier allerdings buchstäblich für seine Kunst brennen – eine wirksame Heizung gibt es nicht. Zwar hat Greife sich für ganz kalte Tage einen wuchtigen Holzofen eingebaut. Mangels wirksamer Isolierung von Wänden und Decke reicht allerdings selbst dessen Hitze gerade mal für Temperaturen um die zehn Grad. Greife ist das seit inzwischen 20 Jahren genug. Viel wichtiger für ihn: Er wohnt gleich um die Ecke, er kann genügend Holz für den Ofen auf dem Gelände lagern und dort auch mit der Motorsäge arbeiten, ohne dass das jemanden stört. Der Osnabrücker war 43 Jahre alt, als er sich dazu entschied, in Zukunft nicht mehr handwerklich als Tischler zu arbeiten, sondern Holzbildhauer zu werden. „Ich habe vorher oft Ausstellungen besucht, das Interesse war da“, sagt er. „Die Veränderung stand an, dafür gab es auch ganz persönliche Gründe.“ Es war bereits die zweite einschneidende Kursänderung in seinem Leben. Nach dem Abitur hatte Greife zunächst Englisch und Sport auf Lehramt studiert. Er war 23, als er sich für einige Zeit in den USA aufhielt und dort an Holzbildhauerkursen teilnahm. Der heute 63-Jährige erinnert sich an seine unmittelbare Freude im Arbeiten mit Holz. Das habe etwas Meditatives. „Außerdem ist das eine schöne körperliche Tätigkeit“, erklärt er. „Man schafft etwas, das so vorher noch nicht da war.“ Franz Greife suchte sich eine Lehrstelle und wurde Tischler. Mit einem Partner machte er sich erfolgreich selbstständig und baute unter anderem Massivholzmöbel. „Möbel sind eigentlich auch Skulpturen“, sagt er. Dennoch war der Wechsel in die Bildhauerei ein Sprung ins kalte Wasser. Einen Businessplan gab es nicht. Immerhin: Seine Frau unterstützte ihn in
Die Freude am Arbeiten mit Holz ist Franz Greife anzusehen,auch wenn er sich dafür in diesem Winter besonders oft warm anziehen musste.
Fotos: David Ebener,Colourbox.de
Wenn Holz zum Lebensthema wird Wie ein Osnabrücker erst Lehrer werden wollte, als Tischler Erfolg hatte und später als Bildhauer sein Glück fand
der Entscheidung. Die bildhauerischen Grundlagen eignete sich der erfahrene Handwerker autodidaktisch an. „Das war nicht immer einfach“, erinnert er sich. „Ich habe viele einsame Stunden in meinem Atelier verbracht.“ Sein erstes Thema waren Männerköpfe. Glücklicherweise dauerte es nicht lange, bis der frischgebackene Bildhauer erste Aufträge erhielt. Recht bald gab es auch Anfragen verschiedener Bildungsträger für handwerklich-künstlerische Kurse. Daraus entwickelte sich über die Jahre ein wichtiges Standbein für seine Selbstständigkeit. Greife erhielt positive Rückmeldungen zu seiner Arbeit als Kursleiter; er verstand es gut, auf die Eigenheiten der Teilnehmer einzugehen. Der Bildhauer arbeitete dabei sowohl mit Erwachsenen als auch mit Kindern. Auftraggeber waren beispielsweise verschiedene Hauptschulen aus der Region. Als Material setzt er Holz in den verschiedensten Erscheinungsformen ein, von der gehobelten Latte über Strauchwerk bis hin zu Massivholz. „Ich fühle mich auch als Pädagoge“, sagt Greife. „Rein vom Verkauf meiner Skulpturen kann ich nicht leben.“ Die Ideen für die pädagogischen
Projekte entwickelt er teilweise in Kooperation mit einer Schulsozialarbeiterin. Manches entspringt auch ganz seiner eigenen Auseinandersetzung mit Fragen wie diesen: Um was für Menschen geht es? Was wäre gut für sie? Wie kann ich ihre gegenseitige Wahrnehmung fördern, wie ihr ästheti-
„Rein vom Verkauf meiner Skulpturen kann ich nicht leben.“ Bildhauer Franz Greife
Während auf einer Werkbank in Greifes Atelier Arbeiten seiner Schüler auf ihre Vollendung warten,arbeitet der Osnabrücker Holzbildhauer bereits an seinem nächsten Großprojekt: dem Stamm der Kastanie aus dem Grünen Jäger.Diesen bearbeitet Franz Greife in einem offenen Schuppen,den er auch als Holzlager nutzt.
sches Empfinden anregen? „Holz hat als Material einen starken Aufforderungscharakter“, ist Greife überzeugt. „Menschen spüren sich in der Auseinandersetzung damit sehr intensiv, sowohl körperlich als auch geistig.“ Im Laufe der Zeit hat der Bildhauer seine Arbeit als Kursleiter immer weiter ausgedehnt. Heute ist er unter anderem auch an Volkshochschulen tätig, an der Kunstfabrik Hannover oder auf dem Gelände des Museumsparks Varusschlacht. Ganz wichtig für seine weitere Entwicklung als Bildhauer sei das Jahr 2007 gewesen, erzählt der Osnabrücker. Auf wundersame Weise fügten sich die Dinge für ihn zusammen: Im Auftrag des WABEZentrums Klaus Bahlsen der Hochschule Osnabrück – die Abkürzung steht dabei für „WaldhofAktion-Bildung-Erleben“ – erstellte er Skulpturen zur Zukunft des ökologischen Landbaus. Greife arbeitete vor Ort, zeitgleich war der Norddeutsche Rundfunk mit seiner Sendung „Landpartie“ zu Gast. Die kurze Zeit später ausgestrahlte Sendung verschaffte dem Bildhauer ungeahnte Popularität. Hinzu
kam der Sturm Kyrill, der in Stadt und Land zahlreiche Bäume beschädigte. Greife bescherte das eine Flut von Anfragen für die Bearbeitung von frisch gefallenen Stämmen oder verbliebenen Baumstümpfen. „Teilweise habe ich in den Vorgärten der Auftraggeber gearbeitet“, erzählt er. „Die Leute wollten oft abstrakte Formen, die Raum für freie Interpretationen geben.“ Seine erste große Ausstellung hatte Franz Greife im Jahr 2010 in den Räumen des Osnabrücker Bundes Bildender Künstler (BBK). Fünf lebensgroße Figuren – allesamt Männer – beeindruckten die Besucher durch jeweils ganz eigene Stimmung und Haltung. Der
Blick eines Sitzenden schweifte unbestimmt in die Ferne. Die Figur eines jungen Mannes kletterte. Ein anderer wirkte suchend, unsicher. „Mit diesen größeren Arbeiten habe ich mich als Bildhauer verortet“, sagt Greife. „Die vielfachen Rückmeldungen der Ausstellungsbesucher waren eine wichtige Bestätigung.“ Ein Teil der Figuren wurde verkauft. Greife ist das wichtig, seine Arbeit soll sich auch finanziell lohnen. Der Osnabrücker arbeitet ausschließlich mit natürlich gewachsenem Holz. Das kann auch ganz frisch sein; entstehende Trocknungsrisse werden dann Teil der Skulptur. Wie viele Bildhauer schätzt Greife Lindenholz besonders, greift aber auch zu Pappel, Eiche, Zeder oder anderen Holzarten. Aktuell beschäftigt er sich mit einer großen Skulptur, die aus dem Stamm der Kastanie entstehen soll, die über Jahrzehnte die Osnabrücker Traditionsgaststätte „Grüner Jäger“ schmückte. Wie lebt es sich als freischaffender Holzbildhauer? „Man kann davon leben, muss sich aber seine Nische erarbeiten“, sagt Franz Greife. „Außerdem benötigt man ein Netzwerk, jede Menge Mut und Zuversicht.“ Rückblickend ist er zufrieden mit seiner Entscheidung vor 20 Jahren. Er sagt das ganz nüchtern, Greife inszeniert sich nicht als genialischer Künstler. Er hat die Bodenhaftung nicht verloren – ambitionierte Ziele inbegriffen: Neben der großen Skulptur für den Grünen Jäger verfolgt der Bildhauer zurzeit ein weiteres, umfangreiches Projekt, das ihn seit Jahren beschäftigt. In Zusammenarbeit mit dem Osnabrücker Sinfonieorchester will er neun Relieftafeln schnitzen, die die Komposition „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss behandeln.
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Der tierische Freund kommt in Klein ganz groß raus Haustiere im Kleinformat: Saskia Landwehr formt die vierbeinigen Lieblinge der Menschen nach VON CAROLIN HLAWATSCH WERTHER. Mit so einem großen Interesse an ihren MiniaturHunden hatte Saskia Landwehr (25) nicht gerechnet. Im Dezember 2017 modellierte die Lehramt-Studentin aus WertherTheenhausen eine Hundefigur für eine Freundin. Inzwischen bekommt sie Anfragen von Tierfreunden aus ganz Deutschland.
„Ich dachte, ich versuch’ s einfach mal“, erinnert sich Saskia Landwehr, die Ende letzten Jahres das erste Mal zur Modelliermasse griff und einen Hund formte. „Meine Freundin war von dem Ergebnis so begeistert, dass sie ihren Miniaturhund abfotografierte und im Internet auf allen möglichen Social-Media-Kanälen postete.“ Die Folge: Andere Hundebesitzer wollten ihren tierischen Begleiter nun auch verewigen lassen. Anfangs verschenkte Saskia Landwehr ihre Figuren ausschließlich an Freunde. Da sie von Modell zu Modell aber professioneller geworden ist und viel Zeit in diese kreative Arbeit steckt, ist ein kleiner Beruf neben dem Studium daraus geworden. Als junges Mädchen töpferte Saskia Landwehr oft mit ihrer Großmutter Gudrun Landwehr, die einen Brennofen besaß und ihre Keramik auf Märkten verkaufte. „Auch im Kunstunterricht war ich immer gut“, meint die 25-Jährige lächelnd. Vielleicht komme daher die Fähigkeit, ihre neue Idee so gut umzusetzen. Und dann sei da
Original und Nachbildung: Mit einem Modellhund für eine Freundin hat das kreative Hobby für Saskia Landwehr begonnen. Ihre eigenen Hunde schauen ihr bei der Arbeit gerne zu.
Nachdem Saskia Landwehr auch die Fellstruktur modelliert hat,bekommen die Haustiere noch ihre Fellfarbe.Die Nachfrage nach den kleinen Kunstwerken der Lehramtsstudentin ist stark gestiegen.
noch ihre Liebe zu Hunden, die sicherlich zum Spaß und Erfolg ihrer kreativen Tätigkeit beitrage. Die Lehramtsstudentin ist mit Tieren im nordrhein-westfälischen Löhne aufgewachsen. Als Kind ha-
be sie ihre Kaninchen und Meerschweinchen, später Hamster und Ratten über alles geliebt. Familie Landwehr hielt auch stets Hunde. „Unseren Bearded Collie Inka mochte ich als kleiner Dötz allerdings nicht so sehr, da die Hündin nicht auf mich hörte und auch nicht mit mir spielen wollte“, erinnert sie sich. „Sie nahm mich wohl einfach nicht ernst.“ Ihre Einstellung zu Hunden änderte sich mit Cairn Terrier Sally, mit dem die damals Zehnjährige zusammen mit ihrer Freundin und deren Rauhaardackel auf dem örtlichen Spielplatz erste Ansätze des Hundesports Agility trainierte. Heute ist die Studentin Hundehalterin mit Erfahrung. Mit ihren zwei Vierbeinern, dem Großspitz Finya (4) und dem Australian Shepherd Kenai (3), betreibt sie Rally Obedience, eine Mischung aus Parcourslauf und Gehorsamkeitstraining, und nimmt mit ihnen an Turnieren teil. Da die beiden Hunde zudem so einige Tricks draufhaben und die Rasse Großspitz in Deutschland zu einer Seltenheit geworden ist, sind sie gefragte Modells bei Haustierfotografen. „Wir wurden schon mehrmals angefragt von Fotografen, die noch Hundemotive suchten, um ihr Portfolio zu ergänzen“, erzählt Saskia Landwehr stolz.
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Sitzt sie abends nach dem UniTag in ihrem Wohnzimmer am Esstisch und erstellt die Miniaturen, haben Kenai und Finya das Sofa für sich. „Ich muss nicht unbedingt vor dem Fernseher hängen. Das Kreativsein entspannt mich mindestens genauso. Manchmal lasse ich im Hintergrund ein Hörspiel laufen“, beschreibt die angehende Lehrerin die gemütliche Arbeitsatmosphäre in ihrem „Wohnzimmer-Atelier“. Der Tisch wird dafür mit Zeitungspapier abgedeckt, die Arbeitsmaterialien darauf ausgebreitet, und los geht’ s. Um als Miniatur für die Ewigkeit festgehalten zu werden, müssen Tiere bei Saskia Landwehr nicht stillhalten und Modell sitzen. Sie kreiert die etwa 13 Zentimeter großen und 500 Gramm schweren Miniaturen anhand von Fotovorlagen. Dafür formt sie immer als Erstes aus lufttrocknender Modelliermasse einen Ball, aus dem der Körper des Tieres entsteht. Aus einem zweiten Ball wird der Kopf mit Schnauze gearbeitet. Erst im dritten Schritt wird das entsprechende Fell nachmodelliert und um den Tierkörper gelegt. In jede Figur setzt sie Holzstäbchen zur Stabilisierung ein. Anfangs arbeitete Saskia zwölf Stunden bis zur Fertigstellung,
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heute benötigt sie durchschnittlich fünf Stunden für eine Miniatur. Die größte Herausforderung sei es, anhand wichtiger Details und des jeweiligen Gesichtsausdrucks tatsächlich das ganz bestimmte Tier abzubilden. „Die Leute sollen natürlich ihr eigenes Haustier darin erkennen“, betont
Die größte Herausforderung sind die Gesichtszüge.
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die Künstlerin, die für die Feinarbeit, für das Eindrücken und Nachziehen von Fellstruktur, Schnurrhaaren, Augenlidern oder Nasenschwämmen, Zahnarztbesteck einsetzt. „Das kann man ganz einfach im Internet bestellen“, sagt sie. Sechs Wochen beträgt die aktuelle Wartezeit für eine Figur. In Saskia Landwehrs E-Mail-Postfach fliegen nun auch Wünsche nach Pferde- und Katzen-Miniaturen. „Viele Interessenten möchten ihr verstorbenes Haustier zur Erinnerung als Miniatur haben“, weiß die kreative Studentin, die sich über die vielen putzigen Tierfotos freut, die ihr zugeschickt werden. Derzeit arbeitet sie an ihrem 22. Tier, einer Ratte mit sogenannten Dumbo-Ohren, Lauschern die anstatt standardmäßig oben, eher seitlich am Kopf des Nagetiers angesetzt sind. Doch es geht noch ausgefallener: „Ein Kunde, dessen Haustier ich bereits nachgebildet habe, arbeitet nebenberuflich als Weihnachtsmann-Darsteller. Nun fragte er an, ob ich ihn mit weißem Rauschebart und rotem Mantel im Mini-Format abbilden könnte“, plaudert Saskia Landwehr aus dem Nähkästchen. Generell möchte sie aber auf Tiere spezialisiert bleiben.
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LEBEN & LEIDENSCHAFT
LEBEN & LEIDENSCHAFT
Ohne Moos nichts loss Kulturinitiativen zwischen kulturellem Anspruch und finanziellen Grenzen en
eine preten wie Patricia Vonne, Auch internationale Interpr sänger Folk ein “, veny Kea „Jim r er ode Rocksängerin aus Texas, ne.. der in Emlichheim auf der Büh aus Texas,stehen im Twist ode
Die Emslandarena hat sich für Geschäftsführer Florian Krebs in der Region etabliert.
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Attraktivität gleicht Defizit aus Aus Ehrenamtlichen werden über die Jahre Kulturmanager. Veranstaltungen sind mehr als nur Progammauswahl. Ohne Unterstützung ist ein gutes Angebot nicht möglich. VON WERNER STRAUKAMP EMLICHHEIM/NEUENHAUS/TWIST.
Auch fernab der größeren Städte wie Osnabrück, Lingen, Meppen und Nordhorn hat sich in den vergangenen Jahrzehnten eine sehr lebendige Kulturszene entwickelt. Selbst in kleineren Gemeinden gilt ein vorzeigbares kulturelles Angebot – ein nicht zu unterschätzender „weicher“ Standortfaktor. In den kleineren Gemeinden sind es aber zumeist ehrenamtlich getragene Initiativen, die für ein erstaunlich vielfältiges und anspruchsvolles Kulturprogramm sorgen.
Wer sich einmal von Nordhorn aus in die weiten Wiesen-, Moor- und Heidelandschaften der nördlichen Niedergrafschaft und des angrenzenden Emsland begibt, kann allein in den Gemeinden Neuenhaus, Emlichheim und Twist ein kulturelles Angebot entdecken, dass in seiner Qualität dem Vergleich mit entsprechenden Angeboten in größeren Städten der Region durchaus standhalten kann. Qualitativ hochwertige Kulturevents wie Konzerte, Theateraufführungen und Kleinkunstabende gibt es aber nicht zum Nulltarif. Wer sich bei „Konzept Kultur“ in Emlichheim oder im Heimathaus auf dem Twist umhört, erfährt sehr schnell, dass es nicht nur einer intensiven Beschäftigung mit der Ausgestaltung und Organisation des jeweiligen Programms, sondern auch mit Fragen der Finanzierung bedarf. Mit der Folge, dass
aus manch ehrenamtlichem Kulturarbeiter über die Jahre ein veritabler Kulturmanager wird. Ein solcher ist der Vorsitzende von „Konzept Kultur“ in Emlichheim, Andreas Kösters. Im Hauptberuf Lehrer am örtlichen Gymnasium, in seiner Freizeit engagierter Rockmusiker und nach eigenen Worten „Mädchen für alles“ bei den Veranstaltungen des Kulturvereins. Dabei ist „Konzept Kultur“ eine seit 24 Jahren bestehende Unterabteilung der von 640 Mitgliedern aus Emlichheim und Umgebung getragenen „Bürgergemeinschaft Emlichheim“. Seit 1994 organisiert die Initiative ein Kulturprogramm, das neben Volkstheater für Erwachsene alljährlich vier Aufführungen von Kindertheatern, vier in Kooperation mit dem „Mobilen Kino Niedersachsen“ in Szene gesetzte Kinoveranstaltungen, Kleinkunstabende und bis zu sieben Musikkonzerte unterschiedlichster Genre von klassischer Kammermusik über Chorgesang bis hin zu einer bunten Mischung aus Blues, Rock, Folk und Country präsentiert. Die Filmvorstellungen, Theateraufführungen und größeren Konzerte finden in der
Programm nur möglich durch ehrenamtliches Engagement.
Hallen in Lingen kommen auf mehr als 400000 Besucher im Jahr VON THOMAS PERTZ LINGEN. Was bringt Kultur auf
großer Bühne, auf so einer wie in der Emslandarena in Lingen, wo auch schon Musiklegende und Nobelpreisträger Bob Dylan stand? „Ein erhebliches Defizit, jedes Jahr“, wird der auf reine Buchhaltung fixierte Kritiker sagen und es auch genau vorrechnen.
gut 300 Zuschauer fassenden Aula des Schulzentrums Emlichheim statt. Für sogenannte „Clubkonzerte“ steht die ausgebaute Scheune des in Sichtweite des Emlichheimer Rathauses gelegenen „Hauses Ringerbrüggen“ zur Verfügung, in dem bis zu 150 Besucher Platz finden. Die Programmauswahl, das jährlich erscheinende Programmheft, die technische Organisation der Veranstaltungen, die Künstlerbetreuung, die Besetzung von Kasse und Getränketheke, die Ansprache von Sponsoren, die Kontakte zur Gemeinde und nicht zuletzt die finanzielle Abwicklung des Gesamtprogramms liegt in den Händen der aktuell zehn ehrenamtlichen Mitarbeiter von „Konzept Kultur“. Köster hat eine lange Liste von Kostenpositionen, die neben den Künstlergagen oder Film-Verleihgebühren nicht unerhebliche Ausgaben für GEMA, Künstlersozialkasse, von Fall zu Fall Ausländersteuer, Ausleihe von Licht- und
Sie setzen sich für ein anspruchsvolles Kulturprogramm auch abseits der größeren Städte ein: Heiner Reinert (links) und Daniel Köstring vom Heimathaus Twist sowie Andreas Kösters aus Emlichheim. Fotos: Karsten Rump,Colourbox.de
Anlagentechnik, Hotel und Künstlercatering enthält. Dagegen stellen Samtgemeinde und Ortsgemeinde Emlichheim die Spielorte inklusive der abendlich anfallenden Energiekosten gratis zur Verfügung. Schon ein erster Blick in das aktuelle Programmheft zeigt mit Auftritten des Hamburger Ohnsorg-Theaters, der bundesweit bekannten Unterhaltungskünstler der „Familie Malente“ oder auch der im Kielwasser von Achim Reichel und der Santiano Band segelnden „Stier Shipping Company“, dass das „Konzept Kultur“ einen Jahresetat im höheren fünfstelligen Bereich benötigt. Neben einem vergleichsweise bescheidenen Zuschuss der Samtgemeinde Emlichheim in Höhe von 4000 Euro finanziert sich das Kulturprogramm zur Hälfte aus Eintrittsgeldern und dem Verkauf von Pausengetränken, zu 25 Prozent aus Beiträgen der rund 640 Mitglieder des Trägervereins „Bürgergemein-
schaft Emlichheim“ und zu weiteren 25 Prozent aus dem Sponsoring privater Unternehmen. Darunter sind eine Vielzahl von Emlichheimer Geschäfts- und Handwerksbetrieben, deren Annoncen das Programmheft finanzieren, sowie die vor Ort tätigen Banken wie Kreissparkasse, Grafschafter Volksbank und Oldenburgische Landesbank. Für Andreas Kösters und seine Mitstreiter gilt: Ohne das Engagement von Samtgemeinde und der Bankinstitute wäre ein vergleichsweise hochwertiges Kulturangebot trotz allen ehrenamtlichen Engagements nicht zu verwirklichen. Zumal „Konzept Kultur“ mit Eintrittspreisen, die beim Kindertheater und Familienkino zwischen 3,50 und fünf Euro, bei Konzertund Theaterabenden in der Regel erheblich unter 30 Euro liegen, weit unter den Preisen bleibt, die in bundesdeutschen Großstädten für vergleichbare Angebote verlangt werden. Denn allzu hohe Eintrittspreise würden nach Kösters’ Ansicht für das im Wesentlichen aus der engeren Umgebung von Emlichheim kommende Publikum eine zu hohe Zugangsschwelle darstellen. Zumal er im Laufe der Jahre gelernt hat, dass selbst größere Namen wie der britische Jazz- und Rockorganist Brian Auger oder die US-Sängerin Joan Osborne keine Garanten für ausverkaufte Clubkonzerte sind. Dennoch sei es letztlich gelungen, über 24 Jahre hinweg die Finanzierung des Programms von „Konzept Kultur“ mit einer schwarzen Null abzuschließen. Das „Heimathaus Twist“ zählt im mittlerweile 28. Jahr seit seiner Gründung zu den bekanntesten Kulturveranstaltern der Region. Das aktuell 22 Mitarbeiter umfassende Team des Heimathauses
Twist ist offiziell eine Unterabteilung des Heimatvereins. Daniel Köstring stellt alleinverantwortlich ein Jahresprogramm zusammen, dass neben zwei Kinderkonzerten, Kabarettveranstaltungen und Jazzfrühschoppen vor allem rund 20 Musikkonzerte in einer Twist-typischen Mixtur aus Blues, klassischem Rock, Irish Folk und gelegentlichen Ausflügen in die „Weltmusik“ enthält. Für Köstring und Heiner Reinert, Gründer der Initiative „Heimathaus“ und aktuell Vorsitzender des Heimatver-
Konkurrenz durch Großveranstalter ist zu spüren.
eins, sind das allesamt Musikfarben, die spezielle Nischen besetzen, für die es aber in einem weiten Umkreis von 60 Kilometern ein Publikum gibt, das längere Anfahrten nicht scheut. Das gelte insbesondere für die Freunde des Blues, denen das Heimathaus Twist von Beginn an eine Heimstatt geboten habe, sagen die beiden Verantwortlichen. Das dürfte nicht zuletzt der Liebe von Heiner Reinert zum Blues geschuldet sein. Hatte er doch als ganz junger Mensch eine Art musikalisches Erweckungserlebnis, als er während einer samstäglichen Radtour zur nächstgelegenen Pommes-Bude auf der niederländischen Seite der Grenze im Jahre 1964 zufällig Zeuge eines der ersten Live-Konzerte der legendären holländischen Bluesband „Cuby & The Blizzards“ wurde, die dort zur Eröffnung eines „Elektroladens mit Schallplattenabteilung“ auftraten. Wie in Emlichheim stellt die Gemeinde Twist ihren allesamt ehrenamtlich engagierten Kulturarbeitern das Veranstaltungsgebäude des Heimathauses kostenlos zur Verfügung. Darüber hinaus sichern jährliche Zuschüsse der Gemeinde in Höhe von 4000 Euro sowie des Landkreises Emsland in Höhe von 10 000 Euro das Veran-
staltungsprogramm ab. Für Reinert und Köstring angesichts eines Jahresetats, der die Marke von 100 000 Euro nur knapp unterschreiten dürfte, eher eine Defizitabdeckung. Sie erlaubt es dem Heimathaus jedoch, in seinem Programm Ungewohntes und Ungehörtes auszuprobieren. Denn abseits des über eine befreundete Agentur komplett finanzierten Programmheftes bemüht sich das Heimathaus, etwa 90 Prozent aller Veranstaltungskosten über Eintrittsgelder zu refinanzieren. Wobei das Kindertheater für familienfreundliche 3,50 Euro und alle Musikveranstaltungen zu erschwinglichen Preisen zwischen 15 und 25 Euro angeboten werden. Auch für die Verantwortlichen des Heimathauses Twist gilt, dass sie am Jahresende mit einer schwarzen Null auf dem Konto dastehen möchten. Ein anspruchsvolles Unterfangen, da sich das Heimathaus nie gescheut hat, seinem Publikum immer wieder neue und höchstens ganz Eingeweihten bekannte Musiker zu präsentieren. Dass die schwarze Null in aller Regel zustande gekommen sei, verdanke sich erstens einer Programmgestaltung, die immer auf ein gemischtes denn ein rein akademisches Publikum gesetzt habe.
Und zweitens einer Qualität, die von Beginn an kein nur dörfliches, sondern großstädtisches Niveau anzielte, sind die Verantwortlichen überzeugt. Hinzu komme, dass absehbare Verluste bei Premierenauftritten noch unbekannter Bands durch Gewinne aus Konzerten mit Publikumslieblingen wie der Simon & Garfunkel Revival Band, der CCR-Revival Band, den B.B & The Blues Shacks oder eines Thorbjorn Risager ausgeglichen würden. Während sich die Verantwortlichen im Heimathaus Twist angesichts von allwöchentlich 40 bis 50 Mails und Anschreiben mit Auftrittsangeboten ob der Qualität ihres Programms auch in Zukunft kaum sorgen, stellt dessen Finanzierung eine dauerhaft schwierige Aufgabe dar. Zumal man auch im Twist die wachsende Zahl vergleichbarer Angebote in der Region und nicht zuletzt die Konkurrenz durch Großveranstalter wie die Emslandarena Lingen mit ihrem Angebot an national wie international bekannten Popkünstlern spüre. Denn eines sei klar: Selbst die kulturell und popmusikalisch interessierten Menschen in der Region könnten ihre sauer verdienten Euro nur einmal ausgeben.
Rund 679 000 Euro betrug im Jahr 2016 der Jahresfehlbetrag im Eigenbetrieb Emslandhallen der Stadt Lingen. Dazu zählen die Ende 2013 eröffnete Emslandarena, die inzwischen 26 Jahre alten Emslandhallen gegenüber und die sogenannte Halle IV des ehemaligen Eisenbahnausbesserungswerkes an der Kaiserstraße, die ebenfalls für Veranstaltungen genutzt wird. Tatsächlich würde das Defizit ohne den jährlichen städtischen Zuschuss in Höhe von 1,28 Millionen Euro sogar noch höher ausfallen und bei zwei Millionen Euro für das vergangene Jahr liegen. Ähnlich sah es im Jahr 2015 aus. Florian Krebs, Geschäftsführer der Emslandarena, macht eine andere Rechnung auf. Was wäre die Stadt, was wäre die Region, ohne die Arena? Deutlich weniger bekannt, was ihre bundesweite Wahrnehmung anbelangt, deutlich weniger attraktiv, was den Standort Lingen als interessante Wirtschaftsregion ausmacht. Die möchte aber eben auch mit den sogenannten weichen Standortfaktoren punkten: Gute Wohn- und Bildungsmöglichkeiten und ein Veranstaltungsangebot, das auch einer Großstadt zur Ehre gereicht – Bob Dylan und viele andere internationale und bekannte Künstler lassen grüßen. Genau darum geht es für Florian Krebs und Veranstaltungsmanager Stefan Epping: Solche Kulturangebote wie die in der Emslandarena tragen mit dazu bei, dass eine Region einen Wohlfühlfaktor entwickelt – für sich und für die, die noch kommen. Fachkräfte zum Beispiel, die die florierende Wirtschaft in der Region benötigt. „Die Unternehmen bei uns haben diese Möglichkeiten der Arena erkannt“, sagt Krebs. Sie werde als attraktives Werbeumfeld wahrgenommen, als Präsentationsplattform für Unternehmen, als Ort der Geschäftsbegegnung in den VIP- und Eventlogen oder im Business-Club, wo Genuss, Netzwerken und Kulturereignis zusammenfließen. Zwischen 150 000 und 170 000 Zuschauer besuchen die Emslandarena jährlich. 210 000 sind es in den Emslandhallen, wo unter anderem die großen Messen wie die „Gartenträume“ stattfinden, und etwa 40 000 in der Halle IV. Anders als in früheren Jahren mit mehreren freien Wochenenden im
Veranstaltungskalender, insbesondere in den Sommermonaten, ist nun an der Lindenstraße, wo sich Arena und Emslandhallen gegenüberliegen, fast an jedem Wochenende etwas los. Drei Veranstaltungsorte, um die sich ein Team von nur 20 Leuten kümmert, ergänzt durch zusätzliche Kräfte, wenn es der enge Terminplan erfordert. Freitagabend der „Budenzauber“ mit bundesweiter TV-Übertragung des Hallenfußballkicks, Samstag das Rockkonzert und Sonntag ein Empfang der Stadt Lingen – in der Emslandarena ist vieles möglich, weil die Mannschaft um Krebs und Epping ein gewachsenes Team ist. Und sich deshalb auch über den Erfolg gemeinsam freuen darf. Nach 2015 war die Arena am 9. April erneut für den „Live Entertainment Award“ in der Kategorie „Halle/Arena des Jahres 2017“ nominiert worden. Für Veranstaltungsmanager Stefan Epping ist diese Nominierung noch höher zu bewerten als vor drei Jahren, weil die Standorte der für
Kulturangebote tragen mit dazu bei, dass eine Region einen Wohlfühlfaktor entwickelt.
den Preis vorgeschlagenen Hallen auf den gesamten deutschsprachigen Raum, also auch Österreich und die Schweiz, ausgeweitet worden sind. Somit stand Lingen zusammen mit der Festhalle in Frankfurt und der Max-Schmeling-Halle in Berlin als Vertreter für Deutschland auf der Bühne. Weitere Kandidaten waren das Messe-, Kongressund Veranstaltungszentrum (VAZ) in St. Pölten (Österreich) und die Halle 622 in Zürich (Schweiz). Auch wenn sich am Ende nicht die Lingener, sondern die Gastgeber aus Frankfurt selbst mit ihrer Festhalle über den Sieg freuen konnten, haben die Gäste aus dem Emsland trotzdem gefeiert. „Aller guten Dinge sind drei“, meint Epping und spielt damit auf eine mögliche weitere Nominierung in der Zukunft an. Die Arena werde auch weiterhin alles daransetzen, mit einem attraktiven Veranstaltungsprogramm zu punkten. „Die zweite Nominierung zeigt, dass wir uns etabliert haben“, betont der Veranstaltungsmanager. Florian Krebs ist studierter Betriebswirt. Er weiß um die Bedeutung weicher Standortfaktoren für die Attraktivität einer Region, wie sie die Emslandarena bietet. „Aber wir möchten die Veranstaltungen eben auch so wirtschaftlich wie möglich durchführen“, betont der Geschäftsführer. Es gelte, Abläufe und Prozesse weiter zu optimieren, um dadurch auch Kosten zu sparen. Einen möglichst guten Deckungsbeitrag bekommen, die Verluste möglichst niedrig halten, gleichzeitig aber auch ein interessantes Programmangebot liefern: Dies umreißt die anspruchsvolle Aufgabe des Teams. Zu einem guten Ergebnis trägt nach seinen Worten die Attraktivität der Veranstaltungen entscheidend mit bei. „Wir waren für die Arena, die Emslandhallen und die Halle IV von 300 000 bis 350 000 Besuchern ausgegangen und liegen tatsächlich bei über 400 000“, betont Krebs. Und lächelt.
Auch Nobelpreisträger wie Bob Dylan waren schon in der Emslandarena zu Gast. Stefan Epping (links) und Florian Krebs freut das.
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DONNERSTAG, 26. APRIL 2018
LEBEN & LEIDENSCHAFT
Mit Teamarbeit und Disziplin zum zweiten Stern Zusätzliche Auszeichnung kam für Lars Kreiling und Gina Duesmann völlig überraschend VON JONAS SCHÖNROCK BAD BENTHEIM. Im November ver-
gangenen Jahres ist das „Keilings“ in Bad Bentheim mit dem zweiten Michelin-Stern ausgezeichnet worden. Die Betreiber Lars Keiling und Gina Duesmann waren davon vollkommen überrascht. Für den Erfolg arbeiten beide täglich hart. Der Weg in die Selbstständigkeit war am Anfang jedoch ein Wagnis.
Vollkommen unerwartet sei die Rückrufbitte gewesen, die an jenem Sonntag im November vergangenen Jahres auf ihn in seinem Restaurant gewartet habe, erzählt Lars Keiling. Sie stammte von niemand Geringerem als dem Chefredakteur des Gourmetführers „Guide Michelin Deutschland“. Lars Keiling war selbst noch nicht an seinem Arbeitsplatz im zu dem Zeitpunkt mit einem Stern ausgezeichneten Restaurant „Keilings“ an der Bad Bentheimer Wilhelmstraße. „Wenn so ein Anruf kommt, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder, man wird heruntergestuft oder es geht bergauf“, sagt Keiling, der vor dem Rückruf erst mehrmals tief durchatmen musste. „Wir haben inzwischen durchaus ein gesundes Selbstvertrauen. Daher war uns im Grunde klar, dass dieser Anruf nur bedeuten konnte, dass es einen zweiten Stern für uns gibt“, sagt Keiling, der das Restaurant gemeinsam mit seiner Partnerin Gina Duesmann führt. Und so kam es dann auch. „Gerechnet haben wir damit aber nicht. Unser Ziel war es eigentlich nur, den ersten Stern zu halten“, sagt der Sternekoch. Gelungen ist mehr als das. Inzwischen gehört „Keilings“ zu den 50 Top-Adressen in der deutschen Restaurant-Landschaft und zu den vier besten in Niedersachsen. Das Ziel, Sternekoch zu werden, hatte Lars Keiling eigentlich nie gehabt. „Es war mehr so ein Wunsch, aber nie ein wirkliches Ziel“, sagt er. „Als wir 2009 hier eröffnet haben, wollten wir einfach eine gute, frische und leckere Küche bieten. Das ist uns auch gelungen“, blickt er zurück. Angefangen hat für ihn alles mit der Ausbildung zum Koch zu Beginn der 1990erJahre im Hotel Weißer Hirsch in seiner Heimatstadt Werningerode im Harz. Nach der Lehre kam er in der Küche eines FünfSterne-Hotels das erste Mal mit der Gourmetküche in Berührung – Leidenschaft und Neugierde waren geweckt. Sein Weg führte ihn anschließend in Gourmet-Restaurants in ganz Deutschland und auch nach Rom, ehe er sich 2009 für den Weg in die Selbstständigkeit entschied – ein echtes Wagnis: „Gerade in der Anfangszeit war ein langer Atem nötig, um wirtschaftlich zu bestehen“, sagt Lars Keiling. Doch auch in dieser nicht einfachen Zeit haben er und Gina Duesmann an ihrer Linie nichts geändert. „Wir hätten natürlich am Preis etwas machen können, doch das wäre zulasten der Qualität gegangen“, sagt Keiling. Doch auf die Frische wollten beide nicht verzichten. „Das hat sich letztendlich auch ausgezahlt. Ich bin froh, dass wir das durchgestanden haben.“ Während Lars Keiling in der Küche steht, ist Gina Duesmann für den Service zuständig. Die Bad Bentheimerin absolvierte nach dem
Leidenschaft pur: Sternekoch Lars Kreiling geht in seiner Arbeit auf.
Abitur eine Lehre zur Hotelfachfrau und lernte auch die Gourmetküche kennen. Im Schlosshotel Münchhausen in Aerzen bei Hameln kreuzten sich 2004 die Wege der beiden. 2012 erhielt das „Keilings“ den ersten Michelin-Stern, was zunächst für einen wirtschaftlichen Aufschwung sorgte. 2014 eröffneten Keiling und Duesmann dann zusätzlich ein Weinbistro im gleichen Gebäude. „Nachdem die anfängliche Neugierde der Menschen befriedigt war, mussten wir uns etwas anders aufstellen“, erzählt Lars Kei-
„Gerade in der Anfangszeit war ein langer Atem nötig, um wirtschaftlich zu bestehen.“ Sternekoch Lars Kreiling
ling. Das Restaurant war schlicht zu groß, der Raum oft nur spartanisch gefüllt. „Ein Sterne-Restaurant mit 40 Sitzplätzen funktioniert selbst in mancher Großstadt nicht.“ Der Raum wurde aufgeteilt, jetzt gibt es im Gourmetbereich maximal 14 Sitzplätze. „So kann ich mich viel intensiver mit den Gerichten beschäftigen, auch mal etwas ausprobieren“, erklärt Keiling. Um die Gerichte weiterzuentwickeln, ist es extrem wichtig für ihn, sich diese Zeit zu nehmen. „Es ist schon etwas anderes, ob man für 14 oder für 30 Personen kocht“, sagt er. Auch der Umfang der Menüs wurde reduziert. Statt zwei Menüs und à la carte gibt es jetzt nur noch ein Acht-Gänge-Menü. „Das spiegelt sich in der Qualität der Gerichte wider“, sagt er. Viermal im Jahr ändert sich die Menükarte. Wer alle acht Gänge wählt, zahlt bei „Keilings“ 165 Euro, fünf Gänge gibt es beispielsweise für 135 Euro. Auf der Bistro-Seite ist es hingegen wieder so wie zu Anfangszeiten. Dort stehen etwa Wiener Schnitzel oder Rinderbäckchen auf der Speisekarte. „Mit diesem Konzept sind wir sehr zufrieden, unsere Gäste auch, und es geht auch wirtschaftlich auf“, sagt Lars Keiling. Für das Bistro gab es den Michelin „Bib Gourmand“. Diese Auszeichnung empfiehlt Restaurants, die sorgfältig zubereitete Mahlzeiten zu einem besonders guten PreisLeistungs-Verhältnis bieten. Ein paniertes Kalbsschnitzel mit handgemachten Fritten und Feldsalat gibt es beispielsweise für 23,50 Euro. Der zweite Stern hat den beiden viele neue Gäste beschert, auch von außerhalb, etwa aus Hamburg. Es kommen aber auch weiterhin Gäste aus der Grafschaft und der Region wie Rheine oder Osnabrück und den Niederlanden. „Der Radius ist aber auf jeden Fall größer geworden“, sagt Lars Keiling. Das Geheimrezept für den Erfolg fassen Keiling und Duesmann in einer einfachen Formel zusammen: frische Lebensmittel, immer am Ball bleiben, immer neugierig sein und vor allem gute Teamarbeit. Denn auf ihr Team sind die beiden besonders stolz: Für ein
Fotos: Stephan Konjer
Zwei-Sterne Restaurant ist es sehr ungewöhnlich, dass es mit Katy Rümmler-Stolle und Toni Köhler nur zwei Mitarbeiter gibt. „Umso stolzer bin ich auf die beiden, die
uns seit 2009 begleiten“, sagt Lars Keiling. „Dass wir so erfolgreich sind, hat sicherlich auch damit zu tun, dass wir uns schon so lange kennen und auch privat befreun-
det sind.“ Gina Duesmann ergänzt: „Wir haben generell sehr viel Disziplin und Ehrgeiz. Anders geht es nicht. Wir versuchen immer, an uns zu arbeiten und uns weiterzubilden.“ Diese Disziplin hat sie bewiesen, als sie 2013 ihre Ausbildung zum Sommelier gemacht hat – neben der Arbeit im Restaurant. „Eine sehr komplexe Sache“, wie sie sagt. Ein Jahr später wurde Duesmann sogar als bester Nachwuchssommelier ausgezeichnet. „Ich verdanke ihr sehr viel“, sagt Lars Keiling über seine Partnerin. „Die Arbeit in der Küche ist sehr aufwendig. Sie hält mir dafür den Rücken frei und übernimmt zum größten Teil die Büroarbeiten.“ Und was wird die Zukunft bringen? Das Ziel sei in jedem Fall, den zweiten Stern zu verteidigen, sagt Lars Keiling. „Es wäre schon eine persönliche Niederlage, wenn wir zurückgestuft würden, obwohl der eine Stern auch schon großartig war.“ Trotz der ständigen Weiterentwicklung des Menüs: Am besten sei es, nicht viel zu verändern. „Schließlich haben wir uns den zweiten Stern ja so erkocht“, sagt er. Neugierig werden Lars Keiling und Gina Duesmann dennoch bleiben. Und vielleicht ruft ja irgendwann erneut der Chefredakteur des „Guide Michelin“ mit guten Nachrichten an.
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DONNERSTAG, 26. APRIL 2018
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30.05.2018 | 13.30 UHR Chef-Seminar: Wie? Und ich soll jetzt haften? WIGOS-SEMINARPROGRAMM, ORT WIRD NOCH BEKANNT GEGEBEN
08.05.2018 | 10.00 UHR
02.06.2018 | 10.00 UHR
9. Career Day 2018 an der Universität Oldenburg
Jobmesse Emsland 2018 (auch am 03.06.2018, 10 Uhr)
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08.05.2018 | 13.00 UHR
05.06.2018 | 09.30 UHR
BTZ des Handwerks: Workshop – Recruiting-Pages
KUTENO 2018 (auch am 06.06.2018 und 07.06.2018)
BTZ DES HANDWERKS GMBH, LINGEN, BECKSTRASSE 18
Leichtathletin Gesa Felicitas Krause (von links), Skirennläufer Felix Neureuther, Ex-Fußballer Ex x Matthias Sammer und Sport rtreport t rter t Tom Bart rtels t bei der Eröff ffnung f des Sport rthauses t von L&T. Foto: David Ebener
Genfer Autosalon 2018 (v. l.): Detlef Sieverdingbeck (Hart rting) t mit Frank M.Rinderknecht (Rinspeed). Foto: Hart rting t
A2 FORUM, GÜTERSLOHER STRASSE 100, RHEDA-WIEDENBRÜCK
11.05.2018 | 08.30 UHR
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Lean Manager Workshop II in Papenburg
Messe Ausbildung 49 (auch am 09.06.2018, 10 Uhr)
SCIENCE TO BUSINESS GMBH, HOTEL ALTE WERFT, ÖLMÜHLENWEG
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5. HR-Forum Nordwest: Talentmanagement
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16.05.2018 | 10.00 UHR
Digitaldruck für Andreas Wellinger von Dr. Bernd Klofat (l.) und Hans-Christoph Gallenkamp (r.). Foto: Felix Schoeller Group
Ein buntes Graff ffito f ziert rtt die neu gestalteten Hellmann-Firmenwände an der Hansastraße in Osnabrück. Niklas Unger aus der Geschäft ftsleitung t (Mitte,hellblaues Hemd) war bei der Präsentation dabei. Foto: Hellmann
11. Jobmesse Münsterland (auch am 17.06.2018, 10 Uhr)
Ideentag – Ideen checken und schützen lassen GRÜNDERHAUS OSNABRÜCK, ICO OSNABRÜCK, ALBERT-EINSTEIN-STR.
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Zahlreiche Gäste konnten Günter Plogmann (2. v. l.) und Heiner Hestermeyer (3. v. l.) zur Hausmesse der Plogmann + Co in Hagen a. T. W.begrüßen. Foto: Plogmann
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„Koalitionsvertrag wurde teuer erkauft“ Olaf Piepenbrock: Allianz des Stillstands und des Geldausgebens
VON SIEGFRID SACHSE OSNABRÜCK. Der Koalitionsver-
trag zwischen Union und SPD sei teuer erkauft worden und könne mit der Überschrift „Allianz des Stillstands und des Geldausgebens“ tituliert werden. Zu diesem Urteil kommt Olaf Piepenbrock, Vorstandsvorsitzender des Industriellen Arbeitgeberverbandes (IAV) Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim und Geschäftsführender Gesellschafter der Piepenbrock Unternehmensgruppe GmbH + Co. KG.
Seiner Auffassung nach sind grundlegende Reformen nicht vorgesehen. Darüber hinaus würden wichtige Themen wie die Flüchtlingskrise, die demografische Entwicklung oder die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft sowie eine Reform der Steuern nicht ambitioniert genug angegangen. Herr Piepenbrock, Deutschlands Wirtschaft brummt. 2017 ist das Bruttoinlandsprodukt um 2,2 Prozent gewachsen – das war das stärkste Plus seit 2011. In diesem Jahr dürfte das Ergebnis ähnlich gut ausfallen, sagen Bundesregierung und Forschungsinstitute voraus. Teilen Sie diesen Optimismus? Alle global wichtigen Märkte wie USA, Europa, Russland, Japan und China haben ein solides Wachstum, das anhält. Nur durch politische Unsicherheiten kann das Wachstum derzeitig gebremst werden. Insofern in der Politik keine Fehler gemacht werden, teile ich diesen Optimismus. Und wie beurteilen Sie die Lage speziell in der Elektro- und Metallindustrie? Positiv zu bewerten sind die derzeit vollen Auftragsbücher in der Branche. Diese wurden aber in den Tarifverhandlungen durch die Gewerkschaft stark missbraucht, sodass der neu ausgehandelte Tarifvertrag teuer erkauft ist. Gerade mittelständische Unternehmen mit einem per se hohen Lohnkostenanteil können sich weniger Arbeit und mehr Lohn kaum leisten und werden es noch schwerer haben, qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Darüber hinaus betreibt die IG-Metall hier nicht nur Tarifpolitik, sondern auf Kosten des Unternehmertums wird hier Sozialpolitik höchster Güte betrieben. Wer sich mehr Freiraum für die Betreuung von Kindern oder auch pflegebedürftigen
verspricht sich davon sehr positive Auswirkungen auf Wachstum und Fortschritt. Der Körpersteuersatz wurde von 35 Prozent auf 21 Prozent maßgeblich gesenkt und es wurden neue Regeln für Abschreibungen und Verlustvorträge, sowie die steuerliche Behandlung von konzerninternen Zahlungen zwischen den USA und Auslandsgesellschaften geschaffen. Diese niedrigen Steuern sind ein gewaltiger Anreiz für Investoren, sich in den USA zu engagieren und Präsident Trump hat hiermit den Wettbewerb um Investitionen zwischen den Industrieländern eröffnet. Vielleicht ist ein Handelskrieg zwischen den USA und der EU abgewendet, nicht aber der Kampf um Investitionen und damit verbundene Arbeitsplätze, der mit der Steuerreform eröffnet wurde.
Angehörigen wünscht, kann dafür nicht die Arbeitgeber, aber auch die Kollegen, die dann mehr arbeiten müssen, in Mithaftung nehmen. Nach Angaben der GfK-Konsumforscher machen sich die wenigsten Menschen in Deutschland Sorgen um ihren Job. Das Vertrauen in die boomende Wirtschaft sei weiter hoch, heißt es in diesem Zusammenhang. Wie berechtigt ist diese Zuversicht? Natürlich ist diese Zuversicht aus Sicht der Arbeitnehmer begründet. Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass die Unternehmen nur schwer qualifizierte Mitarbeiter bekommen, um das Wachstum zu bewerkstelligen. Der Fachkräftemangel gilt hierzulande als größtes Konjunkturrisiko. In den vergangenen beiden Jahren hat sich die Situation noch einmal verschärft und eine Besserung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: In den nächsten Jahren dürfte die Lage aufgrund des demografischen Wandels noch prekärer werden. Welche Möglichkeiten bestehen, um dem zunehmenden Fachkräftemangel wirksam zu begegnen? Dem Fachkräftemangel können wir im Wesentlichen durch Bildung begegnen. Um unsere Innovationsgeschwindigkeit und unsere Technologieführerschaft weiter aufrecht zu erhalten und um unsere Zukunft erfolgreich zu gestalten, spielt eine hochwertige Qualifikation eine herausragende Rolle. Sowohl die akademische Ausbildung als auch die duale Berufsausbildung sind Basis zur Sicherung des Fachkräftebedarfs. Deshalb müssen wir die Bildung viel stärker wertschätzen und auch als Wertgut verstehen. Darüber hinaus hilft es dem Arbeitsmarkt, wenn wir diesem möglichst schnell qualifiziertes Personal zufügen und möglichst spät erfahrene Fachkräfte in den Ruhestand verabschieden. Die verbleibende Lücke muss dann durch Automatisierung und Zuwanderung geschlossen werden. Die Agenda 2010 war hier der richtige Ansatz, der jedoch sukzessive politisch aufgegeben wurde. In welchen Berufen und Regionen sind die Fachkräfteengpässe besonders gravierend? In vielen Berufen gibt es bereits Engpässe und es fehlen Auszubildende ebenso wie Fachkräfte z. B. in der Pflege oder den MINT-Berufen. Der MINT-Bereich ist für Industrie
Olaf Piepenbrock ist Vorstandsvorsitzender des Industriellen Arbeitgeberverbandes Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim und Geschäftsführender Gesellschafter der Piepenbrock Unternehmensgruppe GmbH + Co.KG. Foto: IAVOsnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim
und Handwerk besonders wichtig. MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Vorrangig in technischen Berufen ist der Fachkräftemangel deutlich zu beobachten: Facharbeiter, Techniker, Meister und Ingenieure sind Mangelware. Unsere Betriebe beklagen zu wenig Ausbildungsbewerber in diesem Bereich, der übrigens auch für Mädchen gute Perspektiven bietet. Gerade die innovationsorientierten Branchen haben im internationalen Wettbewerb Zukunft - können diese Zukunft aber nur dann gestalten, wenn sie geeignete Mitarbeiter haben, denn sie sind auf technisches Know-how zwingend angewiesen.
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Die aktuellen Untersuchungen zur sogenannten MINT-Lücke sagen, dass deutschlandweit aktuell über 290 000 Menschen in MINTBerufen fehlen – das ist der Höchststand seit Beginn der Untersuchungen vor einigen Jahren, Tendenz weiter steigend. Dabei ist die größte Engpassgruppe mit gut 142 000 Personen die der MINT-Facharbeiterberufe – das sind diejenigen, denen eine duale Ausbildung zugrunde liegt. Und wie sieht es in dieser Hinsicht in unserer Region aus? Hier unterscheiden wir uns statistisch betrachtet nicht von dem Durchschnitt in Deutschland. Sowohl im Emsland als auch in der Grafschaft Bentheim und in weiten Teilen des Landkreises Osnabrück gibt es schon heute faktisch Vollbeschäftigung. Das macht es nach vorne hin nicht leichter. Ein Handelskrieg zwischen den USA und der EU scheint abgewendet. Doch für das große Aufatmen ist es noch zu früh, denn die Amerikaner nehmen die Europäische Union von ihren Strafzöllen auf Stahl und Aluminium nur vorerst aus. Wie beurteilen Sie die Strategie der Regierung Trump? Die Regierung Trump setzt sukzessive die Wahlversprechen um, die unter Trumps Slogan „America first“ gelaufen sind. Dabei steht die amerikanische Wirtschaft im Fokus mit der Zielsetzung, Arbeitsplätze wieder zurückzuholen. Dieses geht, wenn einerseits durch Zölle ausländische Waren verteuert werden, anderseits aber auch, wenn die Rahmenbedingungen für Unternehmen vergünstigt werden. Mit seiner umfassenden Steuerreform hat US-Präsident Trump ein Kernstück seiner politischen Agenda umgesetzt und
Zwischen den USA und China spitzt sich der Konflikt weiter zu, denn der US-Präsident verhängte gegen das Reich der Mitte Handelssanktionen in Höhe von 50 Milliarden US Dollar. Peking holt zum Gegenschlag aus und belegt US-Produkte ihrerseits mit Strafzöllen. Befürchten Sie einen weltweiten Handelskrieg? Bei einem weltweiten Handelskrieg wird es nur Verlierer geben. Deshalb macht dieser keinen Sinn. Andererseits steht aber auch fest, dass China durch Subventionen die Stahl- und Aluminiumerzeugung unterstützt und den Markt mit billigen Produkten überschwemmt. Mit den Strafzöllen gegen China hat die Regierung Trump damit einen Korrekturfaktor eingeführt, der die subventionsbedingte Wettbewerbsverzerrung ausgleicht. Generell haben aber Strafzölle und Handelssanktionen negative Auswirkungen in einer arbeitsteiligen globalisierten Welt. Da diese sich in den Produktpreisen niederschlagen, wird langfristig aber der US-amerikanische Konsument der Verlierer sein. Dieser zahlt dann überhöhte Preise für minderwertige Ware. Deshalb ist diese merkantilistische Politik ein absoluter Irrweg und zu kurz gedacht. Viel wichtiger wird es sein, über Freihandelsabkommen weltweit Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen. Das resultiert daraus, dass Produkte und Dienstleistungen günstiger und schneller angeboten werden können, da z. B. gemeinsame Standards definiert sind. Deshalb ist hier die Besonnenheit der Regierungen gefordert, die weiterhin ei-
„Bei einem weltweiten Handelskrieg wird es nur Verlierer geben.“
nen offenen Welthandel mit den darin enthaltenen komparativen Wettbewerbsvorteilen ermöglichen müssen. Da wir gerade beim Auslandsgeschäft sind: Trotz der internationalen Sanktionen gegen Russland sind die Ausfuhren deutscher Unternehmen dorthin 2017 erstmals seit fünf Jahren wieder gestiegen. Sie legten im vergangenen Jahr um rund 20 Prozent auf einen Wert von 25,9 Milliarden Euro zu. Worauf führen Sie diese Entwicklung zurück und wie schätzen Sie den künftigen Trend der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen ein? Gerade wegen der internationalen Sanktionen ist die russische Wirtschaft sowohl im Jahr 2017 als auch im Jahr 2018 um jeweils 1,9 % gewachsen. Mit den Sanktionen haben wir deshalb unserer eigenen Wirtschaft geschadet. Dass die Ausfuhren im letzten Jahr gestiegen sind, hat damit zu tun, dass der Rubel während des letzten Jahres sukzessive um 51% gegenüber dem Euro aufgewertet worden ist. Sollte der Rubel weiterhin währungsstabil bleiben, hat dies sicherlich weitere positive Auswirkungen auf die Geschäftsbeziehungen, zumal deutsche Produkte in Russland eine hohe Wertschätzung und Qualitätsanmutung haben. Jedes Jahr stehen in Deutschland annähernd 30 000 Betriebe, die sich in der Hand von Einzelunternehmern oder Familien befinden, zur Übergabe an. Doch die Firmenchefs tun sich mit der Suche nach einem passenden Nachfolger oftmals schwer. Welche Gründe sind dafür im Wesentlichen ausschlaggebend? Die Nachfolgeproblematik ist sehr vielschichtig: Da gibt es den Inhaber, der nicht loslassen will. Da gibt es aber auch Kinder, die kein Interesse am Unternehmen zeigen, nicht die entsprechende Qualifikation mitbringen oder die nicht mehr bereit sind, unternehmerisches Risiko einzugehen. Bei potenziellen familienexternen Nachfolgern kann der Kaufpreis ein Hindernis sein. Noch eine Frage zur neuen Bundesregierung: Welche Erwartungen hat die Wirtschaft an die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD? Der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD wurde teuer erkauft und kann mit der Überschrift „Allianz des Stillstands und des Geldausgebens“ tituliert werden. Grundlegende Reformen sind nicht vorgesehen. Darüber hinaus werden wichtige Themen wie die Flüchtlingskrise, die demografische Entwicklung oder die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft sowie eine Reform der Steuern nicht ambitioniert genug angegangen. Höhere Rentenleistungen, aber auch verstärkte ökonomische Fehlanreize zum Schuldenmachen in Europa werden die Zukunftsfähigkeit unseres Landes auf die Probe stellen. Die Verhandlungsergebnisse im Bereich Arbeitsmarktund Sozialpolitik sind aus unternehmerischer Sicht überwiegend enttäuschend, wirtschaftlich unvernünftig und führen zu mehr Belastung und Regulierung statt zu mehr Flexibilität. Die Änderungen im Arbeits- und Sozialrecht werden einigen Beratungsbedarf mit sich bringen. So oder so: Der Fachkräftemangel wird sich auch in unserer Region weiter verschärfen, sodass Bildung und Qualifikation in den Unternehmen an Bedeutung gewinnen.
DONNERSTAG, 26. APRIL 2018
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METALL- UND MASCHINENBAU
Fachkräftemangel bremst das Wachstum Metall- und Elektroindustrie: Derzeit aber noch volle Auftragsbücher
VON SIEGFRID SACHSE OSNABRÜCK. Die Betriebe der Metall- und Elektroindustrie sind weiter auf Wachstumskurs. Nachdem die Produktion im Jahresdurchschnitt 2017 real um die 3,6 Prozent gestiegen ist, befinden sich die Unternehmen auch gegenwärtig auf der Sonnenseite der Konjunktur.
Nach Prognosen der Branche dürfte die M+E-Produktion 2018 allerdings mit einem etwas geringen Tempo wachsen. Die Prognosen
gehen von einem Plus von 3 bis 3,5 Prozent aus. Gleichzeitig wird sich der Beschäftigungsaufbau der vergangenen Jahre fortsetzen. Trotz der derzeit guten Auftragslage herrscht in der M+E-Industrie keineswegs überall eitel Sonnenschein. Der Hauptgrund für diese Einschränkung: Der Mangel an Fachkräften sowie geeigneten Auszubildenden hat sich weiter zugespitzt und erweist sich zunehmend als Wachstumsbremse. Zusammen mit einem wachsenden Kostendruck summiere er sich zu einem schweren Standort-
Während die Bestelleingänge im Bereich Elektro, DV-Geräte, Feinmechanik/Optik rückläufig waren,nahmen Aufträge im Maschinenbau,in der Metallverarbeitung und im Fahrzeugbau zu.
nachteil für die norddeutsche Metall- und Elektroindustrie, heißt es in einer Analyse der Arbeitgeber. Obwohl der Fachkräftemangel in den M+E-Unternehmen immer mehr zum Konjunkturrisiko wird, ist es nicht gerechtfertigt, zu sehr in Pessimismus zu verfallen. Die weitaus meisten Betriebe beurteilen ihre Geschäftslage nach wie vor als gut oder befriedigend. Die Kapazitäten sind aktuell oftmals so hoch ausgelastet wie seit Jahren nicht mehr. Die nach wie vor recht gute Verfassung der M+E-Unternehmen spiegelt sich nicht zuletzt bei wichtigen Indikatoren wider. So ist der Auftragseingang noch im vierten Quartal gegenüber den drei Monaten zuvor deutlich um 4,2 Prozent gestiegen. Dabei nahmen die Inlandsaufträge um 1,2 Prozent und die Auslandsbestellungen um 6,4 Prozent zu. Die Entwicklung in den einzelnen Branchen verlief allerdings unterschiedlich: Während sich die Bestelleingänge gegenüber dem dritten Quartal im Bereich Elektro, DV-Geräte, Feinmechanik/Optik rückläufig entwickelten, nahmen die Aufträge im Maschinenbau um 3,6 Prozent, in der Metallverarbeitung um 5,3 Prozent und im Fahrzeugbau um 6,7 Prozent zu. Die Beschäftigung lag im Dezember 2017 mit 3,93 Millionen
Pessimismus ist nicht angebracht: Die weitaus meisten Betriebe der Metall- und Elektroindustrie beurteilen ihre Geschäftslage nach wie vor als gut oder befriedigend.
Mitarbeitern saisonbereinigt um 2,2 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Gegenüber November 2017 nahm die Zahl um etwa 5 700 zu. Die Beschäftigungspläne der M+E-Unternehmen lassen weitere Neueinstellungen erwarten. Seit der Beschäftigungswende im März 2010 zählt die M+E-Industrie per Saldo rund 492 600 zusätzliche Ar-
Fotos: iStock
beitsplätze. Durch die Krise 2008/09 hatte die Branche 231 000 Arbeitsplätze verloren. Die Lohnstückkosten sind 2017 den Angaben zufolge im Vergleich zum Vorjahr um 0,1 Prozent gestiegen,. Dabei lagen die Arbeitskosten je Stunde um 2,9 Prozent und die Produktivität um 2,8 Prozent höher als im Vorjahr
Laut einer Ifo-Umfrage rechnen die M+E-Unternehmen 2017 im Durchschnitt mit Gewinnen nach Steuern in Höhe von 3,2 Prozent des Umsatzes. Die Erträge würden damit stagnieren und blieben auch weiterhin unter dem Vorkrisenniveau von 2007 (4,7 Prozent) heißt es in diesem Zusammenhang.
Frauen auf dem Chefsessel Deutschland hat Nachholbedarf – Andere Länder sind viel weiter
s.sa. OSNABRÜCK. In Deutschland werden zwar nach und nach mehr Führungspositionen mit Frauen besetzt, doch ins Topmanagement dringen nur wenige vor. Andere Länder sind da schon deutlich weiter. Vor allem in den Vereinigten Staaten gibt es viele Managerinnen, die als Geschäftsführerin oder im Vorstand Verantwortung übernehmen. In unserem Land waren in den 30 DAX-Unternehmen Ende des vergangenen Jahres nur rund 13 Prozent der Vorstände weiblich. Bezogen auf alle Unternehmen in Deutschland ergibt sich jedoch ein anderes Bild: Hier besetzen Frauen fast 29 Prozent der Führungspositionen, wie eine Auswertung des Personalpanels 2017 des Instituts der deutschen Wirtschaft ergab. Allerdings ist die Situation von Branche zu Branche sehr unterschiedlich. Die Spanne reicht von 17 Prozent in der Metall- und Elektroindustrie über 27 Prozent bei unternehmensnahen Dienstleistern wie Steuer- und Unternehmensberatungen bis zu 35 Prozent bei gesellschaftsnahen Dienstleistungen, zum Beispiel im Gastgewerbe sowie im Gesundheits- und Sozialwesen. Die Frage, warum so wenige Frauen auf dem Chefsessel sitzen, ist den Experten zufolge auf ein altbekanntes Phänomen zurückzuführen: Frauen wählen traditionell andere Berufe als Männer. In den Unternehmen der gesellschaftsnahen Dienstleistungen zum Beispiel sind fast 54 Prozent aller Beschäftigten Frauen, in der Metall- und Elektroindustrie dagegen nur knapp 24 Prozent. Deshalb überrasche es auch nicht, dass die Dienstleister einen deutlich höheren Frauenanteil in den Führungspositionen haben als die M+E-In-
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dustrie, heißt es in der Analyse. Etwas anders sieht die Sache nach Ansicht der Experten aus, wenn nicht – wie üblich – der Frauenanteil an allen Beschäftigten zum Vergleich herangezogen wird, sondern wenn man schaut, wie viele Frauen sich überhaupt auf Führungspositionen bewerben. So stammen in der Metallund Elektroindustrie nur rund 13 Prozent aller Bewerbungen auf Spitzenpositionen von Frauen – daran gemessen sind sie mit einem Anteil von gut 17 Prozent an allen Führungspositionen sogar überrepräsentiert. Eine mögliche Ursache für den im Durchschnitt der Gesamtwirtschaft geringeren Frauenanteil unter den Bewerbungen könnte laut der Untersuchung darin liegen, dass Frauen zeitlich meist eingeschränkter sind als Männer – zum
Beispiel, weil sie ihre Kinder betreuen oder sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern oder weil sie häufiger hauswirtschaftliche Aufgaben übernehmen.
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Metall- und Maschinenbau Verlags-Sonderveröffentlichung am 24. April 2018 Herausgeber: Verlag Neue Osnabrücker Zeitung GmbH & Co. KG, Breiter Gang 10–16, 49074 Osnabrück, Telefon 05 41/310-0 Redaktion: Neue Osnabrücker Zeitung GmbH & Co. KG, V.i.S.d.P.: Ralf Geisenhanslüke Konzeption und Umsetzung: NOW-Medien GmbH & Co. KG, Große Straße 17–19, 49074 Osnabrück, Jürgen Wallenhorst, Siegfrid Sachse Titelgestaltung: Manfred Vogelsang ANZEIGEN-/WERBEVERKAUF: MSO Medien-Service GmbH & Co. KG, Große Straße 17–19, 49074 Osnabrück Geschäftsführer: Sven Balzer, Sebastian Kmoch (V.i.S.d.P.) Verantwortlich für Anzeigen-/Werbeverkauf: Sven Balzer, Marvin Waldrich (E-Mail: anzeigen@mso-medien.de) Druck: NOZ Druckzentrum, Weiße Breite 4, 49084 Osnabrück
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DONNERSTAG, 26. APRIL 2018
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Engpässe inzwischen auf breiter Front Fachkräftemangel bereitet vielen Unternehmen immer mehr Schwierigkeiten
VON SIEGFRID SACHSE OSNABRÜCK. Der deutsche Ar-
beitsmarkt eilt von einem Rekord zum nächsten. In den vergangenen 20 Jahren sind über 3,7 Millionen neue Jobs entstanden. Besonders erfreulich: Auch die Industrie, die aufgrund ihrer überdurchschnittlichen Produktionszuwächse lange Zeit Beschäftigung verlor, legt wieder zu. Allein in der Metall- und Elektroindustrie stieg die Zahl der Arbeitsplätze in den vergangenen zehn Jahren um über 350 000 Stellen.
Nachdem die deutsche Wirtschaft 2017 mit 2,2 Prozent so kräftig gewachsen ist wie seit sechs Jahren nicht mehr, dürfte 2018 das Ergebnis ähnlich günstig ausfallen, sagen Bundesregierung und Forschungsinstitute voraus. Allerdings machen Experten auch Risiken aus, die die Konjunktur dämpfen könnten. Dazu zählen unter anderem der Handelskonflikt zwischen den USA und China, die Nordkorea-Krise, die Brexit-Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien – um nur einige Problemfelder zu nennen. Entsprechende Auswirkungen könnten die Exportnation Deutschland besonders treffen. Aber noch sorgt die kräftige Erholung der Weltwirtschaft für steigende Nachfrage nach Waren „Made in Germany“.
Eine fundierte Ausbildung des Nachwuchses ist der beste Weg,den Fachkräftemangel in der Branche zu minimieren.
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Von der guten Konjunktur mit Rekordbeschäftigung und steigenden Löhnen sowie den niedrigen Zinskosten profitiert auch der deutsche Staatshaushalt, der 2017 einen Rekordüberschuss erzielt hat. Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherung nahmen zusammen 38,4 Milliarden Euro mehr ein, als sie ausgaben. Das ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes der höchste Wert seit der Wiedervereinigung. Den GfK-Konsumforschern zufolge machen sich die wenigsten Menschen in Deutschland aktuell Sorgen um ihren Job. Das Vertrauen in die boomende Wirtschaft sei weiter hoch, heißt es in diesem Zusammenhang. Viele Unternehmen haben sogar Schwierigkeiten, neue Mitarbeiter zu finden. Der Fachkräftemangel gilt hierzulande derzeit als größtes Konjunkturrisiko. In den vergangenen beiden Jahren hat sich die Situation noch einmal verschärft. Kleinere und mittlere Unternehmen haben dabei fast doppelt so häufig Probleme, freie Stellen zu besetzen. Der Fachkräftemangel, der lange nur für Berufe im mathematisch-naturwissenschaftlichen und technischen Bereich zu verzeichnen war, erfasst inzwischen immer mehr Branchen: Ingenieure, Pflegekräfte und Lehrer fehlen ja schon länger, doch
mittlerweile sind in einigen Regionen Deutschlands auch Fachkräfte in der öffentlichen Verwaltung, Softwareentwickler und Speditionskaufleute knapp. Garten- und Landschaftsbauer sucht so mancher Arbeitgeber derzeit ebenfalls vergeblich. In regionaler Hinsicht ist nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln vor allem der Süden Deutschlands betroffen: In Baden-Württemberg, Thüringen, Rheinland-Pfalz und Bayern sind jeweils um die 80 Prozent aller Stellen nur mit sehr viel Mühe zu besetzen. Die wenigsten Schwierigkeiten hat laut der Untersuchung Berlin: In der Bundeshauptstadt entfallen gerade einmal 38 Prozent der Stellenangebote auf knappe Berufe. Um den zunehmenden Fachkräftemangel erfolgreich zu bekämpfen, gibt es aus der Sicht des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (KOFA) im IW in erster Linie diese vier Ansatzpunkte: 1. Mehr ausländische Fachkräfte gewinnen. 2. Ältere Beschäftigte länger im Job halten. 3. Frauen nach der Familienphase die Rückkehr in den Job erleichtern. 4. Mehr Frauen für typische Männerberufe gewinnen und umgekehrt.
Der Nachwuchs hat oftmals andere Berufswünsche und Vorstellungen Viele Firmenchefs tun sich schwer bei der Suche nach einem Nachfolger
red/s.sa. OSNABRÜCK/KÖLN. In Deutschland gibt es rund 3,75 Millionen Unternehmen, davon befinden sich über 90 Prozent in der Hand von Einzelunternehmern oder Familien. Jedes Jahr stehen davon in unserem Land annähernd 30 000 Betriebe zur Übergabe an. Doch die Firmenchefs tun sich mit der Suche nach einem passenden Nachfolger oftmals schwer. Während es früher mehr oder weniger selbstverständlich war, dass ein Betrieb über Generationen in der Familie blieb, ist dies heute nicht mehr so. Nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln werden mittlerweile nur noch vier von zehn inhabergeführten Unternehmen innerhalb der Familie übertragen.
Für diese Entwicklung führt das Kölner Institut im wesentlichen zwei Gründe an: Zum einen gibt es oftmals keinen Nachwuchs innerhalb der Familie, an den dedr Betrieb weitergereicht werden könnte. Und falls doch diese Möglichkeit besteht, haben Kinder, Enkel und andere Verwandte häufig andere Berufswünsche und Vorstellungen als den Einstieg in die Familienfirma. Da sich die Nachfolge aktuell komplizierter gestaltet als früher, bleiben viele Firmenlenker oftmals länger an der Spitze des Unternehmens als geplant. Nach Feststellung der Förderbank KfW würden mittlerweile deutlich mehr Unternehmer ans Rentenalter heranrücken, als das noch vor ein paar Jahren der Fall war.
Während 2002 erst zwölf Prozent der mittelständischen Unternehmer älter als 60 Jahre waren, sind es inzwischen 22 Prozent. Und mit 14 Prozent gehören heute auch deutlich mehr Unternehmenslenker zur Altersklasse der 55- bis 59-Jährigen als im Jahr 2002, als es lediglich acht Prozent waren. Zählt man beide Altersgruppen zusammen, dann ist unter dem Strich inzwischen mehr als jeder dritte mittelständische Firmeninhaber ein sprichwörtlicher „Senior-Chef “ Das Nachfolgedilemma wird künftig wohl noch größer. Denn viele Unternehmer aus den geburtenstarken Jahrgängen Anfang der 1960er Jahren werden sich ab 2020 dem Ruhestandsalter nähern. Damit wird der demografische Wandel den Mangel an
Da sich die Nachfolge aktuell komplizierter gestaltet als früher,bleiben viele Firmenlenker oftmals länger an der Spitze des Unternehmens als geplant Foto: iStockl
Nachfolgern in ein paar Jahren noch zuspitzen. Bereits heute gibt es nach Angaben des Instituts der deutschen
Wirtschaft erhebliche Unterschiede auf regionaler Ebene. Während in den neuen Bundesländern nur wenige Betriebe vor der Übergabe
stehen, kommen Nordrhein-Westfalen und Bayern zusammen auf fast 40 Prozent aller übergabereifen Unternehmen. Dass sich in Ostdeutschland verhältnismäßig wenige Übernahmekandidaten befinden, hat den Kölner Experten zufolge vor allem historische Gründe: Aufgrund der Gründungswelle nach 1990 sind die Unternehmen im Osten überwiegend jünger als die im Westen. Außerdem seien die Firmen in den neuen Bundesländern im Durchschnitt kleiner und brauchten daher seltener einen Nachfolger, folgert das Institut. Forscher des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn gehen davon aus, dass für Kleinbetriebe, die einen Jahresumsatz von weniger als 100 000 Euro erzielen, eine Übertragung wirtschaftlich nicht sinnvoll ist.