Die Wirtschaft_05/2021

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Wirtschaftstalk

So laufen Dorfläden

Integration unterstützen

Stärken und Herausforderungen der Logistikregion im Fokus.

Ein Blick auf drei unterschiedliche Modelle.

Jutta Oeltjendiers ist Botschafterin für Niedersachsen.

Transport & Logistik – Seiten 18 und 19

Geld & Geschäft – Seite 10

Macher & Märkte – Seite 6

K Z ACer da iss

www.maler-schulte.de DONNERSTAG, 28. OKTOBER 2021 AUSGABE 05/21 | EINZELPREIS 1,90 €

OSNABRÜCK | EMSLAND | GRAFSCHAFT BENTHEIM

Eine Drehscheibe in Europa

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Starke Logistikbranche in Niedersachsen / Zahlreiche Herausforderungen von Dieselpreis bis Infrastruktur Gute Anbindung und Erreichbarkeit der Kunden.

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In dieser Ausgabe:

STANDORTPORTRÄT SAMTGEMEINDE BERSENBRÜCK

Stefan Barth ist jetzt Vorstandschef

Wird AdBlue für Diesel-Lkw knapp werden?

Die Oldenburgische Landesbank AG (OLB) hat einen neuen Vorstandschef: Der Aufsichtsrat hat Stefan Barth zum neuen Vorstandsvorsitzenden der Bank bestellt. Der 44-Jährige ist seit Januar dieses Jahres im Vorstand der Bank. Seit Mai war er stellvertretender Vorstandsvorsitzender und folgt jetzt auf Wolfgang Klein (57), der mit Ablauf seines Vertrages zum 31. August aus der OLB ausgeschieden ist. Vor seiner Tätigkeit für die Oldenburgische Landesbank war Stefan Barth seit 2013 in verantwortlicher Position für die Bawag Group AG in Wien tätig. Dort war er seit 2015 Risikovorstand. Von 2008 bis 2012 war er im Rahmen der Restrukturierung bei der Hypo AlpeAdria Group AG, zuvor seit 1997 bei der Bayerischen Landesbank. Stefan Barth ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er sagt: „Ich freue mich über das Vertrauen des Aufsichtsrates und darauf, gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen des Managementteams die OLB nachhaltig auf Erfolgskurs zu navigieren.“

OLDENBURG

Ist der Jade-WeserPort ein Profiteur der Corona-Krise? VON NINA KALLMEIER OSNABRÜCK/MEPPEN/LINGEN/ PAPENBURG/NORDHORN Nieder-

sachsen und auch die Region Osnabrück, Emsland, Grafschaft Bentheim liegen am Schnittpunkt transeuropäischer Verkehre. Über die A 1 ist die Region an die Nord-Süd-Achse angebunden, über die A 30 geht es auf der Ost-West-Achse in Richtung Niederlande und Osteuropa. Alleine im September haben Daten des Bundesamtes für Güterverkehr zufolge 230 000 Fahrzeuge den Grenzübergang Bad Bentheim passiert. In Richtung Ostwestfalen und Nordhessen geht es über die A 33. Insgesamt führen durch Niedersachsen 1400 Autobahnkilometer. Hinzu kommen das Schienennetz der Deutschen Bahn und rund 1100 Kilometer Wasserstraßen. Und der Flughafen Münster/Osnabrück. Laut Kompetenznetz Individuallogistik (KNI) können innerhalb von acht Stunden etwa 135 Millionen Konsumenten erreicht werden. Das sorgt für eine hohe Logistiknachfrage im lokalen Mittelstand – und für Arbeitsplätze. Mehr als 260 000 Mitarbeiter sind niedersachsenweit in der Logistik beschäftigt – das sind sogar mehr als jene, die direkt und indirekt der Automobilindustrie Niedersachsens zugeschrieben werden. In der Region stellen Logistikunternehmen die drittmeisten Arbeitsplätze – und Fachkräfte werden weiterhin gesucht. Alleine im Agenturbezirk Osnabrück waren zuletzt im September 240 Stellen im Bereich Verkehr und Lagerei ausgeschrieben. Fast 100 mehr als im ersten CoronaJahr 2020. Denn die Region wächst in Sachen Logistik weiter. So hat Anfang des Jahres das Unternehmen Koch International sein neues Pharma-Drehkreuz in Osnabrück-Lüstringen in Betrieb genommen. Doch die Logistik ist auch eine der Branchen, die derzeit vor großen Herausforderungen stehen. Neben dem Fahrermangel machen den Unternehmen unter anderem die aktuell hohen Dieselpreise zu schaffen, wie der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) gerade erst warnte. „Die zuletzt enormen Energiepreissteigerungen – allein der Dieselpreis ist binnen Jahresfrist um rund 58 Prozent gestiegen – können vom mittelständischen deutschen Transportgewerbe nicht zeitnah kompensiert werden“, so Verbandschef Dirk Engelhardt. Aufgrund der geringen Gewinnmargen im Straßengüterverkehr würden Transportunternehmen,

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denen es nicht gelinge, die Kostensteigerungen weiterzugeben, ihre Existenz riskieren. Und das, wo alleine inländische Lkw zuletzt 3,2 Milliarden Tonnen Güter transportierten. Zum Vergleich: Über die Bahn wurden lediglich 320,1 Millionen Tonnen befördert, per Binnenschiff waren es 188 Millionen Tonnen. Das ist auch für den Staat lukrativ: Mautpflichtige

3,2 Milliarden Tonnen Güter wurden zuletzt auf der Straße transportiert.

Illustration: Colourbox.de Er ist der neue Vorstandschef der OLB: StefanBarth. Foto:OLB

Fahrzeuge legten im Jahr 2020 insgesamt rund 40,3 Milliarden Kilometer auf dem gebührenpflichtigen Streckennetz zurück. Das sorgte für Einnahmen in Höhe von rund 7,4 Milliarden Euro. Alleine auf dem Streckenabschnitt der A 30 zwischen dem Grenzübergang Bad Bentheim und der Anschlussstelle Melle-Ost fahren Lkw knapp 100 der 52 000 gebührenpflichtigen Kilometer auf Autobahnen und Bundesstraßen. Die höheren Spritkosten bleiben Engelhardt zufolge nicht ohne Konsequenzen. „Langfristig werden sich die Wirtschaft und letztendlich auch der Verbraucher auf steigende Preise einstellen müssen“, sagt Engelhardt und fordert: „Um kurzfristig Marktstabilität zu wahren, bedarf es flankierender Maßnahmen vonseiten der Politik, sowohl beim Kraftstoffpreis als auch bei der AdBlue-Herstellung.“ Aufgrund des rasanten Anstiegs der Erdgaspreise hätten diverse Hersteller bereits angekündigt, die Produktion teils oder ganz zurückzufahren. Das hätte dramatische Folgen für etwa 90 Prozent der LkwVerkehre in Deutschland, die auf

AdBlue angewiesen seien, so Engelhardt. Und wie steht es mit Alternativen? Mit den Terminals in Dörpen und jetzt auch in Osnabrück sind Nosta-Geschäftsführer Andreas Wolke-Hanenkamp zufolge einmal gute Voraussetzungen geschaffen worden, dass die Region überhaupt multimodal und damit auch klimaschonender erreichbar geworden ist. Große Gütermengen von der Straße auf die Schiene zu verlagern sahen Ulrich Boll und Wolke-Hanenkamp im Wirtschaftstalk (Seite 18/19) jedoch kritisch. Und die Häfen? Die neun niedersächsischen Seehäfen haben im ersten Halbjahr 2021 ein stabiles Umschlagsergebnis erzielt (Seite 20). Als Profiteur der Pandemie-Auswirkungen wertet NiedersachsenPorts-Chef Holger Banik nach einem schwierigen Jahr 2020 den Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven. In den einzigen deutschen Tiefwasserhafen für übergroße Containerschiffe ist auch gerade erst die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd eingestiegen. Mehr zu Transport und Logistik in der Region lesen Sie ab Seite 15.

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DONNERSTAG, 28. OKTOBER 2021

MACHER & MÄRKTE MACHER & MÄRKTE

2 E D I TO R I A L

GELD & GESCHÄFT

KRISE IN GROSSBRITANNIEN ALS MAHNENDES BEISPIEL

3 | Musik und Spiele

9 | Schlachthof

Der Osnabrücker Frank Acker ist Kinder-Entertainer und baut in der Region Spielarenen auf.

In Badbergen hat die Tönnies-Gruppe einen der modernsten Schlachthöfe Europas gebaut. Ein Blick hinter die Kulissen.

4/5 | Schweine

6 | Integration Jutta Oeltjendiers ist für ein Jahr Niedersachsens Botschafterin im „Netzwerk Unternehmen integrieren Flüchtlinge“.

Foto: Jörn Martens

7 | Digitalisierung

10 | Einkauf

Eine IT-Lösung des Quakenbrücker Unternehmers SLA sorgt unter anderem im Hofbräuhaus dafür, dass Hendl und Bier nicht ausgehen.

Es lebe der Dorfladen? So funktionieren drei unterschiedliche Betreiberkonzepte in der Region.

8 | Stipendium

11 | Energie

Anna Berlekamp ist eine von rund 350 Studenten, die bislang von Stipendien des Wirtschaftsverbands Emsland profitiert haben.

Die Firma MTF aus Schüttorf expandiert dank erneuerbarer Energien und will ihren Umsatz in den kommenden fünf Jahren verdoppeln.

LEBEN & LEIDENSCHAFT

TRANSPORT & LOGISTIK 15 | Gewerbeflächen

23 | Bienen

Jeder braucht sie, doch beliebt sind Logistiker in Gewerbegebieten in der Region aktuell nicht.

Immer mehr Unternehmen betreuen Bienenstöcke. Zu ihnen zählt unter anderem das Planungsbüro Hahm in Osnabrück.

17 | Binnenschiff Über Straßen- und Schienenverkehr wird viel diskutiert, über Binnenschifffahrt weniger. Warum sich das für Martin Deymann ändern muss.

VON BERTHOLD HAMELMANN

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Aufgrund niedriger Preise und wenig Perspektive geben immer mehr Landwirte auf – wie Familie Vogelsang und Simon Pflugfelder.

SPEZIAL

Bremsen fehlende Lkw-Fahrer bald die Wirtschaft aus?

Foto: Michael Gründel

18/19 | Wirtschaftstalk

24 | Altes Handwerk

Ulrich Boll und Andreas Wolke-Hanenkamp sprechen über Stärken und Schwächen der Logistikregion, Fachkräfte und eine ehrlichere Politik.

Büchsenmacher sind selten geworden. Justus Pittke lernt derzeit den Beruf bei Jagdwelt24 in Fürstenau.

20 | Seehäfen

25 | Limos

Der Güterumschlag der neun niedersächsischen Seehäfen war im ersten Halbjahr 2021 stabil. Warum ein Hafen von der Pandemie besonders profitiert hat.

Der Limo-Markt ist vielfältig geworden und der Konsument probierfreudiger. Marken wie MioMio wachsen – auch in der Pandemie.

21 | Luftverkehr

26 | Coworking

Luftfracht ist nicht gleich Luftfracht. Wie zwei Unternehmen aus der Region von den Angeboten des FMO profitieren.

Mit Menschen in einem Büro zusammen arbeiten, die nicht im gleichen Unternehmen sind, ist die Idee von Coworking. Auch auf dem Land ist das Konzept angekommen.

22 | Straßenverkehr

27 | Münzen

Der Bundesverband Güterverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) geht davon aus, dass bis zu 80 000 Fahrer fehlen. Was das für die Logistik bedeutet.

Vor 50 Jahren hat Fritz Rudolf Künker seinen Münz- und Goldhandel in Osnabrück gegründet. Mit einem Münzenfund fing die Leidenschaft an.

em Brexit sei Dank. Denn die mannigfachen Folgen des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union lenken die Augen der Öffentlichkeit auch auf ein lange bekanntes, aber wenig beachtetes Problem. Die Logistik ist ins Stocken geraten. Staunend, erschreckt und besorgt werden hierzulande Bilder von leeren Supermarktregalen und geschlossenen Tankstellen in Großbritannien registriert. Der Nachschub an Gütern kommt offensichtlich nicht mehr an. Der Grund: Etwa 20 000 ausländische, vorwiegend aus Polen und anderen osteuropäischen Ländern stammende Trucker, die auf der Insel für funktionierende Lieferketten sorgten, haben im Zuge des Brexits Großbritannien den Rücken gekehrt. Ihre Kernkompetenz, Waren von A nach B zu bringen, bieten diese Fachkräfte anderswo auf dem Kontinent an und werden überall mit Kusshand genommen. Denn an Lkw-Fahrern mangelt es weltweit. Auch in Deutschland, wo sich die Situation noch ungleich entspannter als in Großbritannien darstellt. Nach Schätzungen des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) fehlen hierzulande bis zu 80 000 Berufskraftfahrer, Tendenz steigend. 30 000 Trucker gingen pro Jahr in Rente. Nachwuchszahlen bewegten sich zwischen 13 000 und 17 000, so der Verband weiter. Die demografischen Konsequenzen liegen auf der Hand. In der Logistikbranche schrillen längst die Alarmglocken. Fehler gemacht, Fehler erkannt, Fehler gebannt – diese Rechnung geht nicht auf. Der Zeitkorridor für

Foto:GertWestdörp

Kurz notiert GESCHÄFTSFÜHRER: Axel Gleie und Jens Wegmann CHEFREDAKTION: Ralf Geisenhanslüke (Chefredakteur), Dr. Berthold Hamelmann (Vertreter des Chefredakteurs), Burkhard Ewert (Stellvertretender Chefredakteur) KOORDINATION: Nina Kallmeier AUTOREN DIESER AUSGABE: Marcus Alwes, Dirk Fisser, Sebastian Hamel, Berthold Hamelmann, Nina Kallmeier, Hermann-Josef Mammes, André Pottebaum, Jana Probst, Corinna Clara Röttker, Raphael Steffen, Nina Strakeljahn, Holger Zander REDAKTION V.i.S.d.P.: Ralf Geisenhanslüke

ANZEIGEN-/WERBEVERKAUF: MSO Medien-Service GmbH & Co. KG, Große Straße 17–19, 49074 Osnabrück, Postfach 29 80, 49019 Osnabrück, Telefon 0541 310-500, Geschäftsführer: Sven Balzer, Anzeigen-/ Werbeverkauf: Sven Balzer, Ansgar Hulsmeier, Dirk Riedesel, Marvin Waldrich ANZEIGENANNAHME: Geschäftskunden: Telefon 0541 310-510, Telefax 0541 310-790; E-Mail: auftragsservice@mso-medien.de ANZEIGEN-/WERBEVERKAUF für Ausgabe Grafschaft Bentheim: Grafschafter Nachrichten GmbH & Co. KG, Coesfelder Hof 2, 48527 Nordhorn, Telefon 05921 707-410, Verlagsleiter: Matthias Richter (V.i.S.d.P.)

FOTOGRAFEN: Angelika Engelmann, Michael Gründel, Swaantje Hehmann, Philipp Hülsmann, Nina Kallmeier, Hermann-Josef Mammes, Jörn Martens, Raphael Steffen, Nina Strakeljahn, Gert Westdörp, Holger Zander

ANZEIGENANNAHME für Ausgabe Grafschaft Bentheim: Grafschafter Nachrichten GmbH & Co. KG, Telefon 05921 707-410; E-Mail: gn.media@gn-online.de, Leitung Mediaverkauf: Jens Hartert

VERLAG: Neue Osnabrücker Zeitung GmbH & Co. KG, Postfach 42 60, 49032 Osnabrück; Breiter Gang 10–16, Große Straße 17–19, 49074 Osnabrück, Telefon 0541 310330, Telefax 0541 310-266; Internet: www.diewirtschaft.noz.de; E-Mail: diewirtschaft@ noz.de

TECHNISCHE HERSTELLUNG: Druckzentrum Osnabrück, Weiße Breite 4, Osnabrück (Ausgabe Osnabrück/Emsland); Grafschafter Nachrichten, Coesfelder Hof 2, Nordhorn (Ausgabe Grafschaft Bentheim)

Wechsel: Bei Isoblock in Osnabrück folgt Julian Vetter seinem Großvater Wilfried Tempelmeyer in der Geschäftsführung nach. Tempelmeyer, der sich nun in den Ruhestand verabschiedete, hatte das Unternehmen 1966 zusammen mit Alfred Schmiemann gegründete. Das Unternehmen entwickelt und produziert mit rund 100 Mitarbeitern verschiedenste Lösungen für die Mittel-Niederspannungstechnik, Automatisierungstechnik und Ladetechnik im Bereich E-Mobilität. Julian Vetter teilt sich die Geschaftsführer-Aufgabe mit Roger Schmiemann, der 2007 schon diese Position übernommen hatte. Neugründung: Am 17.9.2021 fand in der Hochschule Osnabrück die Auftaktveranstaltung des Vereins der

„Freunde der Steuerrechts e.V.“ statt. Die Unterstützung der Lehre und Forschung auf den Gebieten des Bilanz- und Steuerrechts an der Universität und Hochschule Osnabrück ist Aufgabe und Ziel des neu gegründeten Vereins. Insbesondere soll auch der neue Taxmaster der Hochschule unterstützt werden. Den Vereinsvorstand hat Dr. Magnus Hindersmann, Osnabrücker Notar und Fachanwalt für Steuerrecht, inne. Bewertung: Laut der BrigitteArbeitgeberstudie 2021 gehört EWE zu den besten Unternehmen für Frauen. Rund 300 Unternehmen haben sich an der Studie „Die besten Arbeitgeber für Frauen“ beteiligt. Erreicht werden konnten bis zu fünf Sterne in fünf verschiedenen Kategorien, woraus sich dann eine Ge-

ein Gegensteuern verringert sich rasant. Die gebräuchliche Praxis, sich in den (osteuropäischen) Nachbarländern nach preiswerten Fahrern umzuschauen, ist längst obsolet. Das Reservoir ist erschöpft. Denn auch dort herrscht längst Fahrermangel. Das Recruiting in Deutschland wird durch das schlechte Image des Berufsstandes erschwert. Eine eher unattraktive Entlohnung und oft miserable Rahmenbedingungen schrecken eher ab. Eine bundesweite Befragung des Bundesamts für Arbeit ergab, dass nur rund 30 Prozent der Befragten nach Feierabend zum Unternehmensstandort zurückfahren. Auch wenn diese Zahl mit Vorsicht zu genießen ist, verdeutlicht sie eindrucksvoll die Situation. Die WorkLife-Balance, das Verhältnis von Arbeit zu Freizeit und Familienleben, passt in den Augen von Jugendlichen offenbar nicht wirklich. Auch TV-Serien wie Trucker Babes können nicht darüber hinwegtäuschen, dass nach wie vor überwiegend Männer die Lkw steuern. Auswirkungen von gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten, unzulängliche Infrastrukturen (von fehlenden Parkplätzen bis zu geeigneten Dusch- und Waschräumen an den Autobahnen), verstopfte Straßen (auch durch einen immer kleinteiligeren Güterverkehr) – eine Liste der Problemthemen ist schnell geschrieben. Nur mit der in der Branche vorhandenen Kreativität, die bezahlbar bzw. finanzierbar bleiben muss, und der notwendigen politischen Unterstützung kann das Steuer noch herumgerissen werden. Das mahnende Beispiel Großbritannien zeigt: Ohne funktionierende Logistik leiden Wirtschaft und Gesellschaft.

samtwertung je Unternehmen ergab. Dabei erzielten 179 Unternehmen Werte von vier oder fünf Sternen, darunter auch das Oldenburger Energieund Telekommunikationsunternehmen. Event: Endlich wieder live. Die Assmann Büromöbel GmbH Co. KG hatte zu einem Kundenevent eingeladen, und 270 Fachhandelspartner nahmen an den Assmann Open 2021 teil, die Ende September am Unternehmenssitz in Melle und in den Showrooms in Berlin, Hamburg und Stuttgart stattfanden. Nach Firmenangaben waren bei den Besuchern das Interesse und die Begeisterung zu spüren, dass konsequent ausgeweitete Produktportfolio mit vielen Weiterentwicklungen und Neuheiten zu erleben.

Bleiben Sie immer informiert Über unseren Wirtschaftsnewsletter erhalten Sie auch zwischen den Ausgaben von „Die Wirtschaft“ einmal in der Woche einen Einblick in die regionale Wirtschaft in Osnabrück, Emsland und der Grafschaft Bentheim. Außerdem gibt es Wissenswertes zu allgemeinen Wirtschaftstrends mit dem Newsletter direkt per Mail. Die Anmeldung erfolgt kostenfrei über www.noz.de/ww. Die nächste „Die Wirtschaft“ erscheint am Donnerstag, 23. Dezember 2021. Anzeigenschluss für diese Ausgabe ist Freitag, 3. Dezember 2021. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter der Adresse www.noz.de/wirtschaft.


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DONNERSTAG, 28. OKTOBER 2021

MACHER & MÄRKTE

Eine lohnende Schnapsidee Frank Acker etabliert in der Region eine Indoor-Spielearena nach der anderen / Hauptberuflich als Kinder-Entertainer unterwegs VON RAPHAEL STEFFEN OSNABRÜCK Einige Stunden bevor die ersten Gäste kommen, steht Frank Acker in seiner Indoor-Spielearena „Zappel“, zwischen Bällebad, Riesen-Wellenrutsche und Hüpfburg. Das Gebäude ist die ehemalige Sporthalle der britischen Kasernen im Osnabrücker Hafen, und das ist bis heute unverkennbar: Bunte Linien auf dem Boden, eingefahrene Basketballkörbe an der Decke – auch im Jahr 2021 wirkt alles noch etwas improvisiert. Acker ist eigentlich Kindermusiker, tourt seit 2009 unter der Marke „Frank und seine Freunde“ durch die Lande. Doch nach vier Jahren voller Konzerte erweiterte er kurzerhand sein Repertoire und richtete in der verwaisten Sporthalle seine erste Spielearena für Kinder ein. Acker übernahm die Halle 2013 von einem Bekannten, der sich einige Jahre lang an dem Konzept Kinder-Spielearena versucht hatte und irgendwann entnervt aufgab. „Ich habe das damals einfach gemacht“, sagt Acker: „Es gab keinen Businessplan oder so. Das war echt eine Schnapsidee.“ Acht Jahre und einiges an Lehrgeld später ist aus der Schnapsidee ein einträgliches Geschäft geworden. Gemeinsam mit seinem Bruder Jens hat Acker weitere Arenen eröffnet, 2014 in Georgsmarienhütte, 2018 in Melle. Allein dieses Jahr sollen noch zwei weitere dazukommen, „Rabatz“ in Bad Iburg und „Twisty“ im emsländischen Twist. An die 40 Mitarbeiter beschäftigt Frank Acker inzwischen. „Wir sind in relativ kurzer Zeit doch recht groß geworden“, findet er. Dabei seien die Arenen nur „zweites, drittes Standbein“ – als Musiker verdient Acker bis heute seinen Lebensunterhalt. Abzusehen war es nicht, dass aus dem schüchternen Jungen aus Hollage bei Osnabrück mal ein erfolgreicher Sänger werden würde, der vor Tausenden jubelnden Kindern auf der Bühne performt, sein eigenes Musiklabel gründet. Und als Monopolist in der Region Osnabrück eine Spielarena nach der anderen eröffnet. Er habe etwas „Normales“ gelernt, erzählt der 50-Jährige: Industriekaufmann bei den Stadtwerken Osnabrück, grundsolide. Musik machte er nur nebenbei, trat mit einer Band auf Hochzeiten auf und sorgte für Ballermann-Stimmung. Bis heute hat er sich eine blonde Wuschel-Frisur à la Mickie Krause bewahrt. Im Show-Business, das knallhart sein kann, kannte Acker sich damals wenig aus. 2002 bekam er das schmerzhaft zu spüren. Auch wenn es kaum einer weiß: Acker ist einer der Interpreten des Fußball-Schlagers „Ohne Holland fahrn wir zur

MitSchwungdurchs Lebengehtesbei FrankAcker, derals„Frank undseineFreunde“durch dieRegiontourt,sich gleichzeitigaberauchumseine Indoor-Spielearenenkümmert.

WM“. Bis heute verdient er kaum an dem Riesenerfolg – weil er einen unvorteilhaften Vertrag unterschrieb, ohne ihn wirklich verstanden zu haben. „Das war der Punkt, an dem ich sagte: Du musst dich näher mit dem Musikgeschäft beschäftigen“, sagt Acker rückblickend. Im selben Jahr wurde sein erster Sohn geboren. Acker nahm Elternzeit – als Vater damals die absolute Ausnahme – und schwenkte allmählich von Party- auf Kindermusik um. Er setzte alles auf eine Karte und wagte den Schritt in die Selbstständigkeit mit „Frank und seinen Freunden“. Seitdem hat sich die Branche stark verändert. „CDs laufen nicht mehr“, stellt Acker nüchtern fest: „Heute musst du bei Spotify gelistet sein und Youtube mit Content versorgen.“ Da habe er noch Nachholbedarf, gibt er unumwunden zu: „Ich muss mir mal selbst in den Hintern treten.“ Doch er hat sich im deutschsprachigen Raum etabliert, singt auf Stadtfesten und in Freizeitparks. Die Grenzen zwischen Party- und Kindermusik sind längst verschwommen, Acker spricht selbst von einer Art „Ballermann für Kinder“. In einer seiner Arenen würde er übrigens nie selbst

auftreten, um das Besondere zu erhalten. Corona brachte einen harten Einschnitt. „Im März 2020 bin ich in ein tiefes Loch gefallen“, gesteht Acker.

„Fehler, die durch die Planlosigkeit anfangs entstanden sind, machen wir jetzt nicht mehr.“ Unternehmer Frank Acker

Er war schon ausgebucht – alle Konzerte mussten abgesagt werden, die Spielarenen waren acht Monate zu. Etliche Mitarbeiter hielten die Durststrecke nicht durch und suchten sich andere Jobs. Vor Corona setzte Acker mit seinen Arenen etwa eine Million Euro im Jahr um, mit „Frank und seine Freunde“-Auftritten nochmal gut 100 000 Euro. Nach mehreren Lockdowns sieht das heute etwas anders aus. Aber Acker ließ sich nicht unterkriegen. „Alles hat seinen Sinn“, ist sein Motto. Er nutzte die Zwangspause, um sich Gedanken über seine Geschäftsstruktur zu machen – und erkannte: So wie bisher kann es auf Dauer nicht weitergehen. Für die rechtlich eigenständigen Arenen, bei denen Geschäftspartner als stille Teilhaber an Bord sind, hat er mit seinem Bruder eine Dachgesellschaft gegründet, die AK Service GmbH, die für Einkauf, Büroangelegenheiten und Hausmeisterservice sorgt. Vielleicht werde sich eines Tages alles zu einem Franchise-Modell entwickeln, überlegt er. Schon jetzt müsse jeder Laden für sich wirtschaftlich laufen. Der anstehende Sprung nach Twist bedeutet auch

eine räumliche Expansion. „Ich kann nicht mehr alles alleine machen“, bedauert Acker: „Und das heißt, ich muss lernen, mehr zu delegieren.“ Früher hat er selbst die Halle nach Feierabend gewischt, jetzt müsse er „mehr unternehmerisch tätig sein“, sagt er, und lacht über den professionellen Klang, den das hat. Er will vor allem die Marke „Frank und seine Freunde“, unter der auch alle Arenen firmieren, in den Vordergrund stellen. Das Provisorische wird so mehr und mehr überwunden. Das Grundkonzept bleibt aber gleich: Die Hallen sind als „überdachter Kinderspielplatz“ angelegt, die Zielgruppe ist im Kindergartenund Grundschulalter, viele Geburtstagsfeiern werden hier ausgerichtet. Wichtig dabei nach Ackers Ansicht: Ganz einfache Regeln, keine unnötigen Kosten, sich nicht verzetteln. „Wir sind kein Restaurant“, führt Acker als Beispiel an. In den Arenen gibt es nur Tiefkühlsnacks wie Pommes und keine offenen Getränke, keine Bedienung am Tisch. Das wäre auch kaum zu leisten. Seit dem 1. Juli können „Zappel“ und Co. endlich wieder Kinder emp-

Foto: Jörn Martens

fangen. Die ersten zaghaften Anfragen für Auftritte vor Publikum kommen auch wieder rein. Acker hat die Corona-Zeit fürs Erste überstanden. Und er hat sogar ein Lob für den Staat übrig. „Die Hilfen sind gekommen, das gab keine Probleme“, bestätigt er und schiebt ein gänzlich unironisches „Danke, Deutschland“ hinterher. Allerdings, die bürokratische Antragstellung, die viele Soloselbstständige im Land beklagten, empfand auch er als schwierig. Da hat ihm sein früheres Leben mit der kaufmännischen Lehre doch sehr geholfen. Solange er Kinder begeistern könne, erklärt Frank Acker, wolle er weitermachen, als Sänger und mit seinen Indoor-Spielhallen. Ackers Musik soll die ganze Familie unterhalten. Und der etwas holprige Anfang als Unternehmer? „Fehler, die durch die Planlosigkeit anfangs entstanden sind, machen wir jetzt nicht mehr.“ Klar, der Kalauer stimme schon: Als Selbstständiger arbeite er selbst und ständig. „Aber ich empfinde es nicht so“, sagt Acker: „Du darfst nur keine Angst haben und musst immer am Ball bleiben.“

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MACHER & MÄRKTE

MACHER & MÄRKTE

Kein Ende der Schweinekrise in Sicht Preise für Schweinefleisch bleiben niedrig / Aufgrund fehlender Perspektive und nötiger hoher Investition geben viele auf

Umbau der Tierhaltung in Deutschland schnell entscheiden. Zahl der Betriebe und Schweine in Deutschland sinkt kontinuierlich. Nicht für jeden kommt eine Aufgabe des Hofes in Frage. VON DIRK FISSER UND NINA KALLMEIER OSNABRÜCK/RHEDA-WIEDENBRÜCK

Bislang hat Familie Vogelsang auf ihrem Hof alles in einer Hand: Ferkel werden dort geboren, großgezogen und die Schweine so lange gemästet, bis es für sie zum Schlachthof geht. Inklusive der Mastschweine leben insgesamt rund 1500 Tiere auf dem Hof in Rheda-Wiedenbrück, erzählt Seniorchef Norbert Vogelsang. „Alle zehn Tage verkaufen wir Schweine“, sagt der 59-Jährige, für den die Schweinehaltung mit zehn Sauen begann. Heute führt bereits sein Sohn auf dem Hof die

Regie, der neben Schweinen auch Milchkühe hält und Ackerwirtschaft betreibt. Nur um die Schweine, um die kümmert sich Senior Vogelsang noch selbst. Künftig wird er jedoch weniger zu tun haben, denn die Zahl der Tiere wird kleiner werden. Das steht heute schon fest. Der Grund: Von der Ferkelaufzucht und den 120 Sauen wird sich die Familie trennen. Allein die Schweinemast beleibt.

„Wann es wieder besser wird, weiß niemand.“ Landwirt Simon Pflugfelder

Wann es genau so weit ist, das hängt davon ab, wie lange die jetzigen Kastenstände weiter genutzt werden dürfen, sagt Norbert Vogelsang. In ihnen leben Sau und Ferkel etwa vier Wochen, bis die Ferkel groß genug sind. Das Problem: Politisch und gesellschaftlich gewollt ist diese Art der Haltung nicht mehr. Deshalb müssen die Kastenstände mittelfristig weg. 1,2 Millionen Euro müsste die Familie investieren, um genügend Platz zu schaffen, sie zu ersetzen. Zu viel für den Betrieb. „Ich würde liebend gerne auf der grünen Wiese einen neuen Stall bauen. Aber das ist wirtschaftlich nicht darzustellen“, sagt Junior-Chef Stefan Vogelsang. Das hat auch mit den aktuellen Preisen zu tun, die ein Landwirt für seine Tiere bekommt. Wer Ferkel verkauft, konnte zuletzt 18 Euro pro Tier erwarten – im Vor-Corona-Jahr 2019 waren es in der gleichen Kalenderwoche noch 57 Euro. Mastschweine bringen dem Landwirt aktuell 1,20 Euro pro Kilo Schlachtgewicht ein – Anfang 2020 waren es noch 2,03 Euro. Der Preisverfall hat mehrere Gründe: Die Afrikanische Schweinepest und das daraus resultieren-

Schlachtpreise für Schweine Angaben in Euro/kg für die Jahre 2019, 2020 und 2021

2,20 Euro 2,10

2020

2,00 1,90 1,80 1,70

2019

1,60 1,50 1,40

2021

1,30 1,20 1,10 01 03 05 07 09 11

13

15

17

19

21 23 25 27 29 31 33 35 37 39 41 43 45 47 49 51 53 Kalenderwochen Quelle: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft · Grafik: Matthias Michel

Der neue Tiguan Allspace – eine Klasse mit Größe

PolitikundGesellschaftwollenmehrTierwohlim Stall.Wiedas bezahltwerdensoll,istoffen.Landwirtekritisierenunter anderemdie anhaltendniedrigenErzeugerpreise.

de Exportverbot von Schweinefleisch nach China – ein wichtiger Absatzmarkt unter anderem für Köpfe, Pfoten oder Ohren – ist einer. Aus anderen europäischen Ländern wie Spanien drängen günstige Importe auf den Markt. Das Resultat: Die Kühlhäuser sind voll, es gibt deutlich zu viel Schweinefleisch. Gleichzeitig nimmt der Konsum in Deutschland seit Jahren ab. Für Landwirte sind die derzeitigen Preise aber viel zu niedrig, um alle Kosten zu decken, wie Vertreter des Berufsstandes bundesweit betonen. Sie machen wie die Vogelsangs Verluste mit ihren Tieren. Maßgeblicher als die niedrigen Preise sei jedoch die fehlende Perspektive, wie es mit der Tierhaltung in Deutschland weitergehe, sagt Norbert Vogelsang. Denn parallel zur Kastenstand-Diskussion findet auch jene darüber statt, wie der Stall der Zukunft aussehen soll – es ist das wohl größte wirtschaftspolitische Projekt hinter Energie- und Mobilitätswende. Die sogenannte Borchert-Kommission hatte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner schon vor mehr als einem Jahr Vorschläge zur Tierhaltung der Zukunft unterbreitet. Ziel des Borchert-

Fahrplans sollte sein, bis 2040 alle Nutztiere in Deutschland unter deutlich besseren Bedingungen zu halten. Für Schweine bedeutete das: Sie sollen etwa grundsätzlich in Ställen leben, die einen Frischluftzugang ermöglichen. Politisch beschlossen wurde vor der Bundes-

„Ich würde liebend gerne auf der grünen Wiese einen neuen Stall bauen. Aber das ist wirtschaftlich nicht darzustellen.“ Landwirt Stefan Vogelsang

tagswahl allerdings nichts mehr, darum muss sich die neue Regierung kümmern. Doch für einige Landwirte wird das zu spät sein, sie hören mit der Tierhaltung auf wie der 25-jährige Simon Pflugfelder. Zusammen mit seinem Vater habe er lange hin und her überlegt. Doch am Ende stand die wirtschaftliche Entscheidung: Der Stall kommt weg. „Seit 60 Jahren gehören die Tiere dazu. Aber es geht einfach nicht mehr“, sagt der Landwirt aus dem Kreis Ludwigsburg. Dass er nicht der Einzige ist, der eine solche Entscheidung getroffen hat, zeigen die Zahlen der Statistiker. Allein zwischen November 2020 und Mai 2021 ist die Zahl der Betriebe mit Schweinehaltung in Deutschland von 20 400 auf 19 800 gesunken. Die Zahl der gehaltenen Schweine sank zeitgleich von gut 26 Millionen auf 24,7 Millionen. Ein Negativtrend, der seit Jahren anhält. Für Niedersachsen kommen die jüngsten offiziellen Zahlen aus dem November 2020. Demnach wurden im Bundesland insgesamt 8,4 Millionen Schweine gehalten – 5,93 Millionen von ihnen in der Region Weser-Ems. Allein die „Erzeugergemeinschaft Hümmling“ – ein

Foto:UweAnspach/dpa

Zusammenschluss von 800 Landwirten aus West-Niedersachsen – vermarktet im Jahr gut eine Million Mastschweine und 850 000 Ferkel. Ein Ende des Abwärtstrends? Nicht in Sicht. „Wann es wieder besser wird, weiß niemand“, sagt Bauer Pflugfelder. Laut einer Umfrage der

Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) in Damme ist bundesweit etwa die Hälfte der Betriebe in Gefahr. Demnach stehen in den kommenden zehn Jahren rund 60 Prozent der Sauenhalter und 40 Prozent der Schweinemäster vor dem Aus.

Wie viele Landwirte bleiben da übrig, die den politisch und gesellschaftlich gewollten Haltungswandel mitmachen? Discounter Aldi hatte im Sommer ein Beben ausgelöst, als er angekündigte: Bis 2030 soll nur noch Frischfleisch von solchen Tieren verkauft werden, die in

Bislang verbringen die Ferkel auf dem Hof der Familie Vogelsang die erste Zeit ihres Lebens in einem Kastenstand wie diesem. Wenn die Umstellung vollzogenwerdenmuss, wirddieFamiliedieFerkelzuchtaufgeben. Foto: dpa/JensBüttner

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Ställen mit offenen Seiten oder gar Auslauf gelebt haben. Das Problem: Fast kein Schweinestall in Deutschland sieht so aus. Die meisten Tiere werden in geschlossenen Bauten gehalten. Frischluftkontakt haben sie nur in dem Moment, wo sie den Stall verlassen und auf den Viehtransporter zum Schlachthof verladen werden. Ausnahmen gibt es wie bei Ulrich Schulze Vowinkel im westfälischen Laer. Einen Teil seiner Schweine hält er in einem sogenannten Offenstall. Auch Georg Wernke-Schmiesing würde gerne umbauen. An seinem Standort in Damme sei das jedoch schlichtweg unmöglich, sagte er jüngst. Nicht nur wirtschaftlich, sondern auch, weil Umwelt- und Tierschutz in Konflikt stünden. Wernke-Schmiesing hat resigniert: Einerseits die hohen Anforderungen der Gesellschaft an die Tierhaltung, andererseits die chronisch niedrigen Preise und der Umweltschutz. Man werde als Bauer regelrecht zermahlen, konstatiert er. Gerade in Niedersachsen, dem „Schweineland Nummer eins“ in Deutschland, ist das ein Problem. Hier werden immerhin rund 30 Prozent der Schweine gehalten. Doch die Tierhaltung aufzugeben, wie es Simon Pflugfelder nun entschieden hat, ist für viele Familien hier keine Option, obwohl der Verlust laut ISN zurzeit bei rund 60 bis 70 Euro pro Tier liegt. Sie betreiben teils seit Hunderten Jahren ihre Höfe und haben sich auf die Schweinehaltung spezialisiert. Wie schlimm die Situation ist, lässt eine Forderung der Bauernverbände aus Westfalen und Niedersachsen erahnen: Sie wollen eine Ausstiegsprämie für Betriebe, sprich: Geld dafür, dass die Bauern ihren Stall dichtmachen. Ganz so weit ist man in RhedaWiedenbrück noch nicht. Die Schweinemast soll bleiben, dort erfüllt der Stall alle Kriterien, es wurde schon investiert. Das Licht auszumachen und aufzuhören wäre für die Familie entsprechend auch nicht einfach, macht Stefan Vogelsang deutlich: „Der Stall ist noch nicht abbezahlt.“

Zahlen rund um das Schwein 19 800 24,7 1247 32 45 11,2 8,5 57,3

653 000 453 000

Betriebe in Deutschland halten Schweine Millionen Tiere leben auf den Höfen Schweine hält jeder Schweinehalter im Schnitt Prozent aller deutschen Schweine leben in Niedersachsen Prozent oder Millionen Tiere sind Mastschweine Millionen Tonnen Schweinefleisch wurden 2020 in Deutschland erzeugt Kilogramm Schweinefleisch hat jeder Bundesbürger im Schnitt 2020 verzehrt Lebende Tiere mit einem Schlachtgewicht von Tonnen wurden 2020 importiert Lebende Tiere mit einem Schlachtgewicht von knapp Tonnen wurden 2020 exportiert

Illustration: Colourbox.de Quellen: BLE, BLZ, Destatis

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MACHER & MÄRKTE

Damit die Integration von Geflüchteten besser funktioniert Jutta Oeltjendiers ist für ein Jahr Niedersachsens Regionalbotschafterin des Netzwerks Unternehmen integrieren Flüchtlinge VON NINA KALLMEIER Jahre sind mittlerweile seit dem Sommer 2015 vergangen, in dessen Folge mehr als eine Million Schutzsuchende nach Deutschland kamen. Die Herausforderungen, Geflüchtete in den Arbeitsmarkt zu integrieren, sind jedoch seit dieser Zeit nicht weniger geworden, weiß Jutta Oeltjendiers. Jüngst wurde die Ausbildungsreferentin des Osnabrücker Logistikdienstleisters Hellmann Worldwide Logistics zu Niedersachsens Regionalbotschafterin der bundesweiten Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums und des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) „Netzwerk Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ ernannt. Teil des Netzwerks ist Hellmann bereits seit der Gründung vor mehr als fünf Jahren. Ein Jahr lang wird Oeltjendiers nun Ansprechpartnerin und Schnittstelle für niedersächsische Unternehmen sein, die Vernetzung vorantreiben, Knowhow und regionale Besonderheiten bündeln und bundesweit mit anderen Regionalbotschaftern Informationen austauschen. Ihre Expertise wollen sie durch das Netzwerk an die Politik weitergeben. Die Arbeit mit Menschen anderer Herkunftsländer und ihre Integration ins Unternehmen sind für Jutta Oeltjendiers nicht neu. Seit 2013 – lange bevor sich viele Firmen im Zuge der Flüchtlingswelle mit dem Thema Integration beschäftigt haben – war sie für Hellmann in diesem Bereich tätig. „Damals waren es zum Beispiel junge Menschen aus Spanien, die aufgrund der hohen Jugendarbeitslosigkeit in ihrem eigenen Land für eine Ausbildung oder zum Arbeiten kommen wollten“, sagt Oeltjendiers über ihre ersten Erfahrungen aus der Vergangenheit. Die EU-Freizügigkeit habe viele bürokratische Herausforderungen vom Arbeitsrecht bis zu Beihilfeanträgen einfacher gestaltet, als das jetzt meist bei Geflüchteten der Fall ist. Einfach sei eine Integration jedoch auch damals nicht gewesen. „Viele Jugendliche haben sich wenig Gedanken darüber gemacht, was sie in Deutschland erwarten würde“, sagt die Ausbildungsreferentin. Auch wenn bei Hellmann alleine in diesem Jahr 160 Azubis aus 13 Nationen ihre Ausbildung begonnen haben, sind es vor allem Menschen mit Fluchtgeschichte, denen Jutta Oeltjendiers derzeit hilft, im Arbeitsleben und dem Behördendschungel in Deutschland zurechtzukommen. „Ich bin keine Rechtsexpertin“, sagt sie. „Aber ich habe einen guten Kontakt zum Beispiel zur Caritas in Osnabrück, die eine gute länderspezifische Expertise hat.“

ZUR SACHE

OSNABRÜCK Sechs

Regionalbotschafterin fürNiedersachsen: Jutta Oeltjendiers.

Geflüchtete in Ausbildung Wie viele Geflüchtete konkret in der Region seit 2015 eine Ausbildung begonnen haben, ist schwer zu ermitteln. Bei der Industrie- und Handelskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim sind zwischen 1. Januar 2016 und 31. Dezember 2020 insgesamt 402 Ausbildungsverhältnisse von Personen eingetragen worden, die als Staatsangehörigkeit eines der acht häufigsten Herkunftsländer von Geflüchteten angegeben haben. Dazu zählen Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien. „Ob jede Person tatsächlich einen Flüchtlingsstatus besessen hat oder besitzt, entzieht sich unserer Kenntnis“, heißt es seitens der IHK. Gleiches gilt für die Handwerkskammer OsnabrückEmsland-Grafschaft Bentheim. Dort wurden zwischen 1. August 2015 und 20. September 2021 insgesamt 902 Personen der genannten Herkunftsländer in der Lehrlingsrolle verzeichnet. In Osnabrückheimischgewordenundbei HellmannLogisticseinenArbeitsplatzgefunden:AliJanRizayi(links)undJamalNajmaldeen.

Zwei der Azubis, für die Jutta Oeltjendiers als Ansprechpartnerin zur Verfügung stand und steht, sind Ali Jan Rizayi (22) und Jamal Najmaldeen (23). Ali Jan Rizayi ist Afghane. Er ist seit 2014 – also vor der großen Flüchtlingswelle – in Deutschland angekommen und hat im vergangenen Jahr bei Hellmann seine Ausbildung zum Berufskraftfahrer abgeschlossen. Jamal Najmaldeen ist aus dem Sudan geflüchtet, seit 2015 in Deutschland und aktuell im dritten Lehrjahr zum Berufskraftfahrer. Die beiden jungen Männer sind an diesem Tag gemeinsam eine Schicht gefahren – mit dem neuen LNG-Lkw, den Ali Jan Rizayi gerade abfahrtbereit für die Nachtschicht auf dem Hof der Osnabrücker Niederlassung von Hellmann geparkt hat. Eigentlich wollte Ali Jan Rizayi Busfahrer werden, erzählt er. „Das war mein Traum.“ Doch einen Praktikumsplatz hat er 2016 nicht bekommen, und auch auf einem „Unternehmens-Speed-Dating“, das Geflüchtete und Firmen aus der Region zusammenbringen sollte, konnte er niemanden ausfindig machen, mit dem er hätte in Kontakt treten können. Stattdessen traf der 22-Jährige

bei dem Event Jutta Oeltjendiers von Hellmann. „Wir sind ins Gespräch gekommen“, erinnert sich die Regionalbotschafterin. „Sie hat mir geraten, mich für ein Praktikum zu bewerben“, sagt Ali Jan Rizayi. Das tat er auch, bekam den Praktikumsplatz und darüber die Ausbildung zum Berufskraftfahrer. Heute fährt er für Hellmann Lkw quer durch die Republik. Dabei ist der Lastwagen das Fahrzeug, das ihn bei seiner Flucht fast das Leben gekostet hätte. Von Griechenland nach Italien habe er sich auf einem Lkw versteckt, erzählt der 22-Jährige, der in Pakistan aufgewachsen ist. Dorthin sind seine Eltern Mitte der 1990erJahre von Afghanistan aus geflohen, als die Taliban 1996 erstmals weite Teile des Landes beherrschten und die Hauptstadt Kabul einnahmen. „Die Fahrt auf dem Lkw war die schlimmste Erfahrung, die ich je hatte.“ Zusammen mit anderen wäre er auf der Ladefläche fast erstickt. Über Ali Jan Rizayi hat Jamal Najmaldeen den Weg zu Hellmann gefunden. Durch einen gemeinsamen Bekannten lernten sich die beiden jungen Männer in Osnabrück kennen. „Ich wollte erst Elektriker werden“, sagt der 23-Jährige, der, seit er zehn Jahre alt ist, auf sich alleine gestellt ist. Das Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung“ (IQ) hat Jamal Najmaldeen auch in diesem Bereich absolviert. „Aber die Schule war für mich zu schwer“, gibt er zu. Eine weiterführende Schule hat er im Sudan nie besucht. Stattdessen hat er sich in der Hauptstadt Khartum auf der Straße mit Arbeiten durchgeschlagen und später in der Wüste nach Gold gesucht, wie er erzählt. Bevor er die Flucht nach Europa im Schlauchboot angetreten ist, hat der heute 23-Jährige eineinhalb Jahre in Libyen gelebt und sich mit kleinen Arbeiten das Leben finanziert. Drei Tage habe es letztlich gedauert, übers Meer nach Italien zu kommen. „Unser Boot ist kaputtgegangen. Wir mussten gerettet werden“, beschreibt Jamal Najmaldeen kurz

und knapp die Überfahrt. „Wir“, das seien neben ihm etwa 300 andere Menschen auf dem Schlauchboot gewesen. Bei einem Bekannten sei er mit Ali Jan Rizayi ins Gespräch gekommen. „Er hat mir von Hellmann erzählt und der Unterstützung, die er in seiner Ausbildung bekommen hat. Also habe ich mich beworben.“ Im zweiten Anlauf hat es mit einem Praktikum auch geklappt. Jetzt steht er kurz davor, seine Ausbildung abzuschließen. „Corona hat es aber etwas schwierig gemacht. Der Unterricht online war für mich nicht einfach.“ So unterschiedlich ihre Erfahrungen sind, in einem sind sich Ali Jan Rizayi und Jamal Najmaldeen einig: Ohne Unterstützung hätten sie ihre Ausbildung nicht machen können. Das fängt schon bei der Führerscheinprüfung an, die beide vor Ausbildungsbeginn ablegen mussten. „Die Theorie war am schwierigsten“, sagt Ali Jan Rizayi und Jamal Najmaldeen nickt zustimmend. „Ich musste alle Fragen auf Deutsch lernen“, erinnert sich der 22-jährige Berufskraftfahrer. Anders als Jamal Najmaldeen spricht er kein Arabisch – eine Sprache, in der die theoretische Prüfung absolviert werden kann. „Also haben wir zusammen gelernt“, sagt Jutta Oeltjendiers. Auch in der Berufsschule unterstützt sie die Auszubildenden. Das bedeutet auch für sie: Lernen. „Ich bin kein Kfz-Mechaniker. Sprache kann man aber nicht losgelöst vom Fach lernen“, ist Oeltjendiers überzeugt. Sie hat Vokabellisten erstellt und Übungen konzipiert. Ihre Expertise stellt sie heute auch anderen angehenden Berufskraftfahrern an der Berufsschule zur Verfügung. Erfahrungen aus ihrer Arbeit will Oeltjendiers ins Netzwerk einfließen lassen. Denn Probleme, vor denen Azubis bei Hellmann stehen, betreffen auch andere. Zum Beispiel, wenn es um die Formulierung von Prüfungsfragen geht. „Es ist verständlich, dass diese Fragen nicht einfacher werden können. Aber es sollten die Vokabeln verwendet werden, die auch in den

Fotos: PhilippHülsmann

Unterrichtsstunden vorkommen“, sagt sie. Als Beispiel nennt sie den Begriff „heckseitig“. „Das ist für Menschen, die die deutsche Sprache lernen, verwirrend. Warum kann man nicht sagen ,hinten‘?“ Für Jamal Najmaldeen und Ali Jan Rizayi kommen mögliche Änderungen in den Prüfungsfragen zu spät. Beide sind jedoch – auch mit der Hilfe von Jutta Oeltjendiers, wie sie betonen – in Osnabrück angekommen. Sie haben eine eigene Wohnung beziehungsweise wohnen in einer Wohngruppe. Etwas zu finden sei gar nicht so einfach gewesen. „Auch hier kann ich unterstützen und bin auch schon zu der einen oder anderen Wohnungsbesichtigung unserer Azubis mitgegangen“, sagt Oeltjendiers. Hier in Osnabrück sehen Jamal Najmaldeen und Ali Jan Rizayi erst

„Auch wenn es durch die Ausbildung etwas sicherer ist, die Angst vor Abschiebungen bleibt.“ Jutta Oeltjendiers, Regionalbotschafterin des Unternehmens-Netzwerkes

einmal ihre Zukunft. Für den 23jährigen Sudanesen war Deutschland immer das Traumziel. „2014 ist Deutschland Fußballweltmeister geworden. Deshalb wollte ich hierher“, erzählt er. Lkw zu fahren mache Spaß, sei aber auch eine große Verantwortung. Kontakt zu seiner Familie hat Najmaldeen heute kaum. Die Bleibeperspektive sei für Geflüchtete weiterhin ein großes Problem, sagt Jutta Oeltjendiers. „Auch wenn es durch die Ausbildung etwas sicherer ist, die Angst vor Abschiebungen bleibt.“ Ali Jan Rizayi hat zumindest mittlerweile ein unbefristetes Aufenthaltsrecht in Deutschland. Mit seiner Familie in Pakistan telefoniert er regelmäßig, seinen kleinen Bruder unterstützt er durch seinen Job bei Hellmann finanziell, sodass dieser in Pakistan zur Schule gehen kann. Nachholen konnte Ali Jan Rizayi seine Familie nicht, als er in Deutschland ankam. „Ich bin 18 geworden, dann war ich zu alt.“ Und eine Flucht ist teuer – 6000 Euro hat sie vom Iran, der ersten Station seiner Reise, bis nach Deutschland gekostet. Eigentlich wollte der Afghane damals allerdings gar nicht nach Deutschland, sondern nach Schweden. „Das hatte mir mein Onkel geraten“, erzählt er. Doch am Osnabrücker Hauptbahnhof wollte die Polizei seinen Ausweis sehen. Den konnte er nicht vorzeigen. So war seine Reise in der Hasestadt zu Ende. Das „Netzwerk Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ hat es sich zum Ziel gesetzt, Arbeitgeber aktiv bei der Ausbildung und Beschäftigung von Geflüchteten zu unterstützen. Die Initiative hat bundesweit 2700 Mitgliedsunternehmen, die gemeinsam eine integrative Personalpolitik umsetzen. Das hat für Jutta Oeltjendiers, die sich auch für mehr Sprachkurse einsetzt, für Unternehmen wie Geflüchtete nur Vorteile. „Auf der einen Seite können nach wie vor Ausbildungsstellen oftmals nicht besetzt werden. und es herrscht Fachkräftemangel. Auf der anderen Seite suchen Geflüchtete eine Perspektive.“


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Digitalisierung bringt Hendl und Haxen auf den Weg Lösung des IT-Unternehmen SLA koordiniert Logistik im Münchener Hofbräuhaus / Konzept für menschenleere Fabrik VON NINA KALLMEIER QUAKENBRÜCK Kellner in Lederhosen und Kellnerinnen im Dirndl, massive Wirtshaustische aus Holz und typische Karo-Tischdecken: Bis zu zwei Millionen Gäste bestellen normalerweise pro Jahr ihre Maß Bier, Haxen und Brathendl in einem der wohl berühmtesten Wirtshäuser der Welt, dem Hofbräuhaus in München. Dass dort auch zur Rushhour weder Getränke noch Essen ausgeht, daran hat auch eine Firma im rund 700 Kilometer entfernten Quakenbrück ihren Anteil. Das IT-Unternehmen SLA hat jüngst Küche, Schänke, Lieferanten und Kunden digital verknüpft. Und es gäbe noch mehr Potenzial zur Digitalisierung, sagt SLA-Geschäftsführer Jörg Brezl. Allerdings sagt er auch: „Digitalisierung ist ein Buzzword, die wenigsten haben eine Vorstellung davon, was sich dahinter verbirgt.“ Auch deshalb ist das HofbräuhausProjekt für den Quakenbrücker ein anschauliches Beispiel. „Der Mensch denkt in Bildern. Und das Hofbräuhaus kennt fast jeder.“ Mehrere Tausend Essen werden im Haus am Platzl jeden Tag serviert. Die Lebensmittel dafür werden jedoch nicht in der Münchner Mitte, sondern am Produktionsstandort im 20 Minuten entfernten Brunnthal vorbereitet. Dort befinden sich Metzgerei, Bäckerei und Küche, dorthin liefern Produzenten ihre Waren, im Wirtshaus selbst werden die Lebensmittel dann weiterverarbeitet. Die von SLA entwickelte IT-Lösung lässt die unterschiedlichen Bereiche miteinander kommunizieren. Das heißt konkret: Ein Sensor in der Schankanlage überwacht und dokumentiert, wie viel Bier wann gezapft wird. Das Volumen wird in Echtzeit parallel im Lagerbestand abgebucht. Das Resultat: Der Wirt hat jederzeit einen Überblick darüber, wann die Vorräte zur Neige gehen und nachbestellt werden muss. Gleiches gilt für Hendl, Haxen, Brezen oder Obazda, die die internationalen Gäste im Wirtshaus bestellen. Für Jörg Brezl beginnt die Digitalisierung jedoch nicht damit, zum Beispiel ein Bestellsystem im Wirtshaus und Produktionsstätte in Brunnthal digital zu verbinden, sondern schon eher. „Bereits in die Rohstoffplanung spielen auch Informationen zur Wettervorhersage, Veranstaltungen wie Messen oder ein Heimspiel des FC Bayern mit rein. All das wirkt sich auf die erwartete Gästezahl und damit die benötigten Rohstoffe aus“, erklärt Brezl. Seit gut eineinhalb Jahren entwickelt das Quakenbrücker Unternehmen, das an seinen Standorten im Artland und in Bramsche-Hesepe sowie dem Betriebsbüro in Ber-

Rund zweiMillionen BesucherkommenproJahrins MünchnerHofbräuhaus.Dafür,dassEssenundGetränkenichtausgehen,sorgtauchdasIT-UnternehmenSLAausQuakenbrück.

lin rund 80 Mitarbeiter beschäftigt, das Münchner Projekt. Wobei Geschäftsführer Brezl betont: „Mit unserer vernetzten Lösung haben wir nicht nur das Hofbräuhaus, sondern auch andere im Blick.“ Denn der Produktionsstandort in Brunnthal bereitet nicht nur Essen für das berühmte Wirtshaus, sondern auch für andere Kunden vor. „Es ist eine B2B-App entstanden,

„Mit unserer vernetzten Lösung haben wir nicht nur das Hofbräuhaus, sondern auch andere im Blick.“ Jörg Brezl, SLA-Geschäftsführer

auf der Gasthöfe ihre Rezepturen und Warenmengen hinterlegen und digital nachbestellen können.“ Diese soll sich künftig noch weiter öffnen, zum Beispiel für Lieferanten. „Mit einer solchen Einbindung könnte ein ganzer virtueller Marktplatz entstehen“, blickt der Quakenbrücker in die Zukunft. Die digitale Infrastruktur des Hofbräuhauses ist nicht das einzige Großprojekt, das SLA jüngst abgeschlossen hat. Im nahe gelegenen Badbergen hat das Unternehmen das neu entstandene Rindfleischzentrum der Tönnies Gruppe digitalisiert. „Auch hier haben wir die Systeme zusammengebracht“, schaut Jörg Brezl auf die Gemeinsamkeiten. Das Fleisch kann von der Schlachtung über die Zerlegung bis zur Lagerung im vollautomatisierten Lager- und Materialflusssystem nachverfolgt werden. Ähnlich war die Herangehensweise bei einem Kunden in Bangkok. Während im Schlachthof und in der Zerlegung der Mensch jedoch noch eine große Rolle spielt, hat SLA in Thailand eine menschenlose Fabrik geplant, in der Geflügelprodukte hergestellt wer-

den. „Die Maschinen in der Fabrik kommunizieren eigenständig mit dem Lager, welche Rohstoffe in der Produktion gebraucht werden. So lassen sich auch Qualität, zum Einsatz kommende Lieferanten und der Preis des Endprodukts steuern, je nachdem, was verwendet wird“, sagt Brezl. Der Lebensmittelbranche bleibt die SLA GmbH seit ihrer Gründung 1995 in den Projekten treu. Potenziale sieht Jörg Brezl, dessen Unternehmen einen Umsatz von rund sechs Millionen Euro erwirtschaftet, aber auch im Bereich Tiernahrung und Futtermittelproduktion. Wichtig ist dem Geschäftsführer vor allem: „Wir wollen als Unternehmen gesund wachsen und nicht durch Zukäufe.“ Neben der reinen Digitalisierung und Vernetzung von Systemen beschäftigen sich die Quakenbrücker mittlerweile auch mit der Einbindung künstlicher Intelli-

genz. „Zum Beispiel zur Klassifizierung von Fleisch. Anhand dessen könnte eine Sortierung vorgenommen werden, sodass die richtige Ware die richtige Zielgruppe erreicht“, erklärt Brezl. Auch den Tierschutz könnte eine solche optische Intelligenz bei der Beurteilung von Schlachtkörpern unterstützen. „Das ist hochspannend. Mit einfachen Kamerasystemen ließe sich viel erreichen. Hier kooperieren wir mit dem Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik (DIL) in Quakenbrück und der österreichischen Fleischkontrolle (ÖFK).“ Sei eine künstliche Intelligenz (KI) erst einmal angelernt, liefere sie hoch zuverlässige Ergebnisse – immer mit der Möglichkeit, den Horizont zu erweitern, so Brezl. Die Digitalisierung in Unternehmen hat aus seiner Sicht in den vergangenen Monaten durch die Corona-Pandemie noch einmal

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einen Schub bekommen. „Auch, wenn seit Jahren über Digitalisierung diskutiert wird, stellen erst jetzt viele Unternehmen fest, dass auch sie sich digitalisieren müssen. Und dafür gar nicht gerüstet sind“, sagt der SLA-Geschäftsführer. Das läge oft am Management, für das Digitalisierung bislang nicht die oberste Priorität hatte. „Eine neue IT-Infrastruktur kostet immer Geld, und man kann sie nicht anfassen. Da kommt oft die Frage: Was kriege ich denn für die Investitionen? Wo ist der finanzielle Nutzen?“ Insbesondere dann, wenn Altbewährtes gut funktioniert. Sinn der Digitalisierung ist für Brezl jedoch auch nicht, bestehende analoge Prozesse digital abzubilden. „Ziel muss es sein zu schauen, was Digitalisierung für das eigene Geschäftsmodell bedeutet. Und wie man es künftig anders machen muss.“


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Wie die Lingener Studentin Anna Berlekamp ihren Traumjob fand Emslandstipendium hilft jungen Leuten auch finanziell

MEPPEN Bereits 250 Studenten vom

Campus Lingen der Hochschule Osnabrück haben wie Anna Berlekamp die Chance eines Emslandstipendiums des Wirtschaftsverbandes Emsland genutzt. Die 27-Jährige kommt aus Ibbenbüren und hat nach einem Bachelor-Studium in Münster (Deutsch und Niederländisch) im Anschluss Kommunikation & Management im Master-Studiengang in Lingen studiert. „An der Hochschule in Lingen stehen diverse Stände zum Emslandstipendium direkt vor der Cafeteria“, sagt die ehemalige Studentin. Man könne sie einfach nicht übersehen. „Freunde haben mir dann von ihren positiven Erfahrungen berichtet.“ Im dritten Semester in Lingen fasste sie sich ein Herz und schrieb ihre Bewerbung. „Bei anderen Stipendien ist das Ausfüllen der Unterlagen oft schon sehr aufwendig.“ Beim Emslandstipendium sei der zeitliche Aufwand aber gering gewesen. „Zudem hatte ich gehört, dass die Erfolgsaussichten hier größer als üblich sind.“ Damit sollte sie recht behalten. Die Firma d.velop public sector GmbH in Meppen (ehemals codia) gibt jungen Menschen gern die finanzielle Unterstützung von 100 Euro im Monat. „Anna ist bereits unsere fünfte Stipendiatin“, sagt Firmengründer und Geschäftsführer Michael Bußmann. Das Duzen gehört unter den mittlerweile 134 Mitarbeitern zum gelebten Alltag. Auf der einen Seite erhalten die Studierenden über das Stipendium Einblicke in die Firma, auf der anderen Seite nutzen die Firmen die Chance, sich als potenzieller Arbeitgeber zu präsenteren. In diesem Fall war es laut Bußmann „eine echte Win-und-win-Situation“. So schrieb „Anna“ nicht nur ihre Masterarbeit über das Gesundheitsmanagement des Unternehmers, son-

HatErfahrungmitStipendianten:d.velop-GeschäftsführerMichaelBußmann.

dern ist seit 1. Oktober auch im Vertrieb fest angestellt. „Wir haben uns von Anfang an gut verstanden“, so die 27-Jährige im Rückblick. Und bereits bei ihrer Bewerbung für das Studium hatte sie geschrieben, „dass ich an einer längeren Zusammenarbeit interessiert bin“. Sie habe gleich ein „gutes Gefühl“ gehabt und sei „sehr herzlich aufgenommen worden“. Michael Bußmann bestätigte: „Die Chemie passte sofort.“ Dabei gehö-

„Ich kann nur jedem raten: Bewerbt euch.“ Anna Berlekamp, Ex-Stipendiatin

re zur DNA der Firma grundsätzlich, „sich als offenes Unternehmen zu präsentieren“. Für Berlekamp, die sich selbst als „Familienmensch“ bezeichnet, ist die Nähe zu ihrer Familie in Ibbenbüren ein weiterer wichtiger Faktor. Sie wohnt und arbeitet jetzt in der Dependance der Meppener Firma am Hafen in Münster. „Ich bin aber öfter am Stammsitz in Meppen, um die Kollegen persönlich noch besser kennenzulernen.“ Sie ist vorerst für ein Jahr intern im Vertrieb beschäftigt, um alle Produkte kennenzulernen. Danach geht es in die Akquise. „Das ist eine sehr kommunikative Aufgabe“, sagt Bußmann. Anna soll später selbst Kunden bundesweit für die Angebote interessieren und sie nach dem ersten Vertragsabschluss weiter betreuen. Gegenseitiges Vertrauen sei dabei sehr wichtig. „Wir wollen den Kunden immer wieder aufzeigen, welche Produkte sie im Verwaltungsalltag weiterbringen.“ Zu den Kunden gehören vor allen Dingen Kommunen, unter ihnen Großstädte wie Essen oder Mühlheim, aber auch die Kreisverwaltung Emsland oder die Stadtverwaltung Meppen. „Die Stadt Osnabrück ist seit der Firmengründung 1999 bei uns“, sagt der Geschäftsführer. Aber auch Bundesbehörden und Hochschulen werden von der d.velop public sector GmbH, die gerade in MeppenNödike ihr drittes Bürogebäude errichtet hat, betreut. Vereinfacht gesagt, helfen die Meppener Experten den Kommunen dabei, die digitale Akte einzuführen. Zum Dokumentenmanagement gehören alle Facetten, von der Schulung der Mitarbeiter über das Installieren der Software bis hin zur Weiterentwicklung der digitalen Möglichkeiten. Laut Bußmann ist Anna Berlekamp für den Vertrieb auch aufgrund ihrer kommunikativen Fähigkeiten gut geeignet. Zwei längere Auslandsaufenthalte wäh-

Die 27-jährigeAnna Berlekampist ehemaligeStudentinamCampusLingen.VomUnternehmend.veloppublic sector hatsie ein Emsland-Stipendiumbekommen,dasihrfinanzielle Unterstützung und einenEinblick in dasUnternehmen gegebenhat. Fotos: d.Veloso

rend ihres Niederländisch-Studiums in Nijmegen und Den Haag dürften ihre Sprachgewandtheit zusätzlich gefördert haben. „Das kommt ihr sicherlich zugute“, sagt Bußmann. Die 27-Jährige ist auf jeden Fall froh, dass sie über das Emslandstipendium den Weg ins Meppener Unternehmen gefunden hat: „Ich kann nur jedem raten: Bewerbt euch.“ Dabei sagte der Meppener Unternehmer sehr zur Freude von Mechthild Weßling, Geschäftsführerin des Wirtschaftsverbandes Emsland, bereits zu, dass seine Firma weiterhin junge Menschen im Studium unterstützen wird. Berlekamp selbst gibt auch unumwunden zu, dass die 100 Euro im Monat das Studieren einfacher machen. „Ansonsten hätte ich vermutlich neben dem Studium jobben müssen.“

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Rund 350 Studenten profitieren Das EmslandStipendium des Wirtschaftsverbandes Emsland wurde 2015 das erste Mal vergeben und geht in diesem Jahr bereits in die achte Runde. Bislang haben mehr als 250 Studierende vom Campus Lingen von der Förderung profitiert. In diesem Jahr hat der Wirtschaftsverband 45 weitere Stipendien vergeben, die von 31

Unternehmen und Kommunen gestiftet wurden. Zum dritten Mal vergibt der Wirtschaftsverband Emsland zudem das Emsland-TalentsStipendium. Über dieses neue Format haben bislang schon 37 Studierende ein Stipendium erhalten. Die 28 Stipendien, die jetzt vergeben werden können, werden von 20 Mitgliedern des

Verbandes gestiftet. Anders als beim Emslandstipendium werden hier junge Menschen unterstützt, die außerhalb des Emslandes studieren. Sie müssen aber einen „persönlichen Bezug zur Region“ haben. Bewerbungen für die Förderszenarien ab März 2022 sind bis Ende November 2021 unter wv-emsland.de möglich.

karandaev © envatoelements

VON HERMANN-JOSEF MAMMES


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GELD & GESCHÄFT

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Der weite Weg in den Supermarkt Besuch im Schlachthof in Badbergen: Jeden Tag werden 500 Rinder verarbeitet Tönnies-Gruppe investierte bislang 85 Millionen Euro. Im Kühlhaus herrschen konstante sieben Grad. Mitarbeiter dürfen nicht zimperlich sein. VON DIRK FISSER UND NINA KALLMEIER BADBERGEN Neugierig reckt die Kuh den Kopf. Die Umgebung ist ungewohnt für das Tier – die hohe Luftfeuchtigkeit, die metallischen Geräusche in der hohen Halle. Vor einigen Stunden noch stand das Rind zwischen seinen Artgenossen im Stall. Dann kam der Viehtransporter. Das Leben des Tieres wird hier im Schlachthof in Badbergen enden. Von seiner Umgebung sieht es nur wenig, das Absperrgitter der schmalen Laufspur versperrt die Sicht. Die Ohren zucken einige Male schnell vor und zurück, als ob etwas kitzelt. Dann dreht sich der Kopf nach vorne, und das gut 800 Kilo schwere Rind geht noch zwei Schritte. Eine Apparatur fixiert Körper und Kopf der Kuh, sodass sie sich nicht mehr rühren kann. Mit ruhiger Hand setzt ein Mitarbeiter das Bolzenschussgerät auf die Stirn des Tieres und drückt den Auslöser. Pffffft. Mit rund 200 Stundenkilometern prallt der Bolzen auf die Stirn, und die Kuh verliert das Bewusstsein. Eine Luke öffnet sich, und das Tier poltert seitwärts aus der Apparatur. Ein letztes Mal zucken die Gliedmaßen. Ein weiterer Mitarbeiter setzt den Kehlstich. Liter um Liter strömen aus dem mächtigen Körper, bis das Herz des Tieres aufhört zu schlagen. Es ist tot. Die Verarbeitung beginnt. 500-mal wiederholen sich diese Arbeitsschritte derzeit pro Tag im Schlachthof in Badbergen. Diese Anzahl an Rindern wird hier am Tag getötet und zerlegt. Um die Zahl in Relation zu setzen: Das

Bis zurWeiterverarbeitungbleibt das Fleischinder Regelzwischen20 und30Stundenim Kühlhaus.

sind etwa sieben durchschnittliche Kuhherden in Deutschland. Sogar einige Hundert Tiere mehr zu schlachten wäre im niedersächsischen Artland erlaubt. Aber auch so ist der Betrieb sicherlich einer der größten seiner Art in Europa. Wobei Geschäftsführer Fritz Eversmann eher betont: „Es ist einer der modernste.“ Der Schlachthof gehört zum Tönnies-Konzern. 2017 hat der Fleischgigant aus dem nahen Nordrhein-Westfalen nach der Insolvenz der Lutz-Gruppe den Betrieb übernommen – einen Standort mit vielen Vorbesitzern, wie Georg Flerlage aus Erfahrung weiß. Der Nestlé-Konzern hat in Badbergen schon Regie geführt, ebenso wie der niederländische Fleischriese Vion, erzählt Flerlage, der seit 1987 im Schlachthof arbeitet und heute einer von drei Geschäftsführern der Food Service Badbergen ist. Er ist zuständig für

„Die Hallen für die Produktion wurden komplett entkernt.“ Georg Flerlage, Geschäftsführer der Food Service Badbergen

den Bereich Convenience, also die Produktion zum Beispiel von Steaks und Frikadellen, die der Verbraucher im Supermarkt findet. Seit der Übernahme vor rund vier Jahren hat die Tönnies-Gruppe 85 Millionen Euro in den Standort investiert. Im Innern ist sprichwörtlich kein Stein mehr auf dem anderen geblieben. Es wurde saniert und ausgebaut. Immerhin lag die Zahl der geschlachteten Tiere zuvor bei gut 300. „Die Produktionshallen wurden komplett entkernt“, sagt Flerlage. In die Überwachung der Produktionsabläufe und die Digitalisierung ist Geld geflossen, ebenso wie in die Kühltechnik. Der Temperaturabfall zum Schlachtraum ist in den Kühlhäusern deutlich zu spüren. In der Regel zwischen 20 und 30 Stunden wird das Fleisch auf etwa sieben Grad runtergekühlt, bevor es in die Zerlegung geht, erklärt Schlachthof-Chef Eversmann. „Das kommt ganz auf die Beschaffenheit des Fleisches an.“ Ist viel dran am Rind oder nicht? Haben die Rinderhälften viel oder wenig Fett? Auch für den Laien sind Unterschiede in den Hälften klar zu erkennen, die von der Decke hängen. Auch in ein vollautomatisches Reifelager mit Platz für 13 000 Transportbehälter hat Tönnies investiert. Doch bis das Rind als Lebensmittel dort lagert, ist es ein weiter Weg an Haken und über Transportbänder quer durch den Schlachthof. An diesem frühen Nachmittag wird gerade ein weiterer Viehtransporter entladen. Ein Schild an der Wand mahnt, das Wohl der Tiere zu achten. Auch wenn sie hier wenige Meter weiter sterben. Unter den Tieren, die täglich in Badbergen geschlachtet werden, sind Milchkühe ebenso wie deutlich massigere Bullen. Ausbluten, Häuten, Kopf und Gliedmaßen abtrennen – danach fahren die Korpusse an Haken durch die Hallen. Aus den Hunderte Kilogramm schweren Schlachthälften wird Stück für Stück und Schritt für Schritt ein Lebensmittel. Am Ende, in der Vakuum-Verpackung im Supermarkt, wird vom

MitgezieltenSchnittenzerlegen dieMitarbeiter desSchlachthofesinBadbergendieRinderhälften.

Rind nichts mehr zu erkennen sein. Dafür sorgen mehr als 400 Mitarbeiter in Badbergen. Zimperlich dürfen die nicht sein. Einige reihen Innereien wie Galle und Leber an Förderbändern auf, damit die Veterinäre des Landkreises Osnabrück diese ebenso wie die dazugehörigen Rinderhälften begutachten können. Nur wenn es auch hier keine Auffälligkeiten gebe, erhalten die Schlachthälften den Stempel der Veterinäre, der sie zum Lebensmittel deklariert, erklärt Schlachthof-Chef Fritz Eversmann. Andere Mitarbeiter setzen für die Zerlegung gezielte Schnitte mit der Handkreissäge entlang der Rippen und Wirbelsäule oder trennen Fleisch vom Knochen. So unterschiedlich die Handgriffe sind, die die Mitarbeiter ausführen, eines haben sie dann doch gemeinsam: Sie sind monoton. Jeder ist für seinen Schnitt verantwortlich. Denn das Zerlegen ist wie das Töten der Tiere bei allem technischen Fortschritt zu großen Teilen noch Handarbeit – auch wenn es

zunächst schweres Gerät braucht, damit die Arbeit beginnen kann. Von alldem, was im Inneren des Schlachthofs passiert, ahnen die Tiere auf dem nächsten Transporter an der Zufahrtstraße nichts.

Fotos:Jörn Martens

Vereinzelt drückt sich eine Rinderschnauze an die Gitterstäbe. Und auch ein Muuuuh schallt von einem Transporter. Kurz bevor der Bolzenschuss fällt, wird es wieder ganz still sein.

ZUR SACHE

So läuft das Geschäft mit Rindfleisch Insgesamt nimmt der Fleischkonsum in Deutschland seit Jahren immer weiter ab. Gegen den Trend verläuft da die Nachfrage nach Rindfleisch. Der Konsum – befeuert durch den Burgertrend – steigt seit Jahren kontinuierlich. Der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) zufolge hat jeder Bundes-

bürger im vergangenen Jahr statistisch gesehen 9,8 Kilogramm Rind- und Kalbfleisch gegessen – fast ein Kilo mehr als noch vor zehn Jahren. Rindfleisch ist also gefragt. Entsprechend läuft das Geschäft für Landwirte im Vergleich zum Schweinefleisch trotz Corona noch halbwegs gut. Für einen Jungbullen bekam ein Landwirt

in Niedersachsen laut amtlicher Statistik des Landesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) zuletzt im Schnitt 4,30 Euro pro Kilo Schlachtgewicht. Für einen Bullen waren es 3,61 Euro je Kilogramm, für Kühe 3,39 Euro. Damit liegen die Preise deutlich über jenen der vergangenen zwei Jahre.


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DONNERSTAG, 28. OKTOBER 2021

GELD & GESCHÄFT

Wenn Tante-Emma-Läden schon zu groß sind Besuch in drei Dorfläden der Region, die privat, von einem Verein und von einer Gemeinde betrieben werden VON RAPHAEL STEFFEN OSNABRÜCK Gehrde, Stavern, Renkenberge – drei Dörfer im Westen Niedersachsens, die eines gemeinsam haben: Sie sind zu klein, als dass es sich aus Sicht von großen Playern wie Edeka und Co. lohnen würde, dort einen Supermarkt zu betreiben. Trotzdem wollen die Menschen vor Ort einkaufen können. In ihrer Vorstellung gehört der kleine Laden um die Ecke zum Leben auf dem Land einfach dazu. Aber ein Dorfladen ist nicht nur da, um den Nachbarn ein Gefühl von Heimeligkeit zu verschaffen. Er muss sich wirtschaftlich rechnen. Und es hat einen Grund, warum die „echten“ Tante-Emma-Läden längst dichtmachen mussten. Sie sind in vielen Fällen schlicht überflüssig: Wer einen Großeinkauf macht, fährt auf dem Rückweg von der Arbeit schnell beim Supermarkt in der nächsten Stadt vorbei. Das Angebot ist breiter, die Preise oft niedriger. Dennoch wird heute in vielen Fällen mit Kreativität und öffentlichen Fördergeldern versucht, eine untergegangene Struktur wiederaufleben zu lassen. So wie in Stavern. Die Gemeinde liegt im Emsland; um einen hübsch angelegten Dorfplatz, auf dem eine Statue des Erzengels Michael die Hand zum Segen hebt, gruppieren sich Kirche, Gaststätte, alte Bauernhöfe, neue Klinkerhäuschen – und

Seit1977betreibtWernerBöseeinenkleinenLadenin Gehrde.Wenner in denRuhestand geht,wirdseinSohndas Geschäft nichtweiterführen.

ein Dorfladen. Vor fast fünf Jahren wurde er in einem ehemaligen Warenlager eingerichtet. Mehr als 100 Einwohner beteiligten sich bei den nötigen Umbauarbeiten. Sie sind Mitglieder des Vereins Staverner Konsum, der das Gebäude von der örtlichen Raiffeisenbank gekauft hatte. Die Eröffnung war ein Fest-

tag in dem kleinen Ort. Anfänglich vermieteten die Ehrenamtlichen den Laden an einen erfahrenen Betreiber, der mehrere ähnliche Geschäfte in der Umgebung hat. Bis der die Öffnungszeiten einschränkte und dies mit zu geringen Kundenzahlen begründete. Eine Umsatzsteigerung von 100 000 Euro im

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Jahr sei notwendig, erklärte er damals bedauernd gegenüber unserer Lokalredaktion: „Das rechnet sich sonst einfach nicht.“ Der Verein wollte das nicht akzeptieren – und übernahm den Laden in Eigenregie. Simone Suren-Schmitz ist die Geschäftsführerin der dafür gegründeten Unternehmensgesellschaft (UG), legt aber Wert darauf, dass sie den Erhalt des Ladens als Teamleistung ansieht. Anfänglich habe man ein genossenschaftliches Modell favorisiert, erklärt Suren-Schmitz. Aber das erwies sich als zu kompliziert. 300 Mitglieder hat der Verein. Diese Zahl war den Gründern wichtig – als Zeichen, dass genügend Menschen hinter der Idee stehen. Dass deswegen noch lange nicht alle dort regelmäßig einkaufen, ist Suren-Schmitz bewusst. Zum Einkaufen fahren viele ins acht Kilometer entfernte Sögel, dort sind Märkte von Combi, Aldi, Lidl, Rossmann. Damit kann der Staverner Dorfladen nicht mithalten. Aber ein Grundsortiment soll es vor Ort geben. „Die Leute sehen es schon als Einkaufsmöglichkeit“, betont Suren-Schmitz. Der Bäcker aus dem Nachbarort liefert frische Backwaren, es gibt Drogerieartikel, Konserven und Tiefkühlkost.In einem guten Monat machten sie 40 000 Euro Umsatz, sagt SurenSchmitz. Sie hat drei Teilzeitkräfte, zwei geringfügig Beschäftigte und sogar eine Auszubildende eingestellt. Das Ziel ist Kostendeckung. Zusammen mit den Mieteinnahmen von einem Malerbetrieb und der Raiffeisenbank kommt das für den Verein so gerade hin: „Wir dürfen uns nicht beklagen“, findet Suren-Schmitz. Aber Ziel ist schon, dass die UG „es alleine schafft“. Ohne Geld geht es nicht, das ist klar. Stellvertretend für viele Dorfladen-Betreiber sagt Werner Böse: „Geld ist nicht die Hauptsache. Man macht es, weil man Spaß dran hat.“ 1977 hat Böse seinen kleinen Laden in Gehrde im Osnabrücker Nordkreis von seinen Eltern übernommen. Jetzt ist er 71 Jahre alt und weiß, dass er das Geschäft in absehbarer Zeit wird aufgeben müssen. Aber der Ruhestand sei erst eine Option, „wenn ich nicht mehr kann“. Dann wird die Tradition des Gehrder Ladens wohl enden. Sein Sohn habe einen „normalen“, gut bezahlten Job und keine Ambitionen, das Geschäft eines Tages zu übernehmen. Böse kann es ihm nicht verdenken. Er selbst sagt, der Job gehe auf die Knochen, „immer Maloche“. Urlaub hatte er in den letzten 40 Jahren nicht, von einer Viertagefahrt mit dem Heimatverein abgesehen.

Foto: Raphael Steffen

Den Laden hat Böse in einem abgetrennten Bereich seines Privathauses untergebracht. Es ist ein außerhalb der Siedlung gelegener Hof im Gehrder Ortsteil Helle, direkt an der B214 Richtung Holdorf. Während des einstündigen Gesprächs bimmelt ein paar Mal die Glocke, aber es ist nur Böses Frau, die ein und aus geht. Ein Kunde verirrt sich nur noch selten hierher. Das meiste Geld verdient Werner Böse inzwischen mit seinem Getränkehandel. Regelmäßig setzt er sich in seinen Laster und fährt durch die Gegend, versorgt die Vereine und die jungen Leute des Dorfes mit Erfrischung für ihre Feten. Selbst wenn am Wochenende einer spontan anruft, weil ihm ein paar

„Wer’s nicht probiert, kann sich auch kein Urteil erlauben.“ Heiner Bojer, Bügermeister von Renkenberge

Kisten Bier fehlen, macht Böse sich auf. „Wem man einmal geholfen hat, der kommt auch wieder“, ist sein Credo. Wenn ein Dorfladen überhaupt eine Chance haben will, wirtschaftlich zu bestehen, muss er heute mehr bieten als ein paar Regale mit Waren – er muss zum „Anziehungspunkt von Jung und Alt“ werden, wie Simone Suren-Schmitz vom Staverner Konsum ihr Geschäft nennt. Das haben sie auch in Renkenberge begriffen. Der 750-SeelenOrt im Emsland wurde 1934 im Zuge der Moorkultivierung von Siedlern aus der Umgebung gegründet. Einer davon erhielt eine sogenannte Handwerkerstelle und betrieb mitten im Kern des neuen Dorfs auch einen kleinen Laden. Seit bestimmt zwanzig Jahren, schätzt Bürgermeister Heiner Bojer, gibt es dieses Geschäft nicht mehr. Ein Neubelebungsversuch scheiterte nach kurzer Zeit, das Haus stand leer und verfiel. Für Renkenberge als finanzschwache Gemeinde sei es lange Zeit unmöglich gewesen, das Problem Nahversorgung anzupacken, sagt Bojer. Mit stattlichen 1,5 Millionen Euro Investitionssumme rechnete die Verwaltung für den gewünschten Laden. Erst die Aufnahme in ein Dorferneuerungsprogramm 2016 brachte die Wende. Heute erhebt sich an selber Stelle ein neu errichtetes Multifunktionshaus mit Kita, Gemeinschaftsraum, Spielplatz – und einem Dorfladen, den die Kommune selbst betreibt. Das ist selten und auch eher ein aus der Not heraus geborenes Modell – die Gemeinde fand schlicht niemanden, der ihr den Betrieb abgenommen hätte.Dann müssen wir es eben machen, war sein Gedanke. „Wer’s nicht probiert, kann sich auch kein Urteil erlauben.“ Die öffentliche Hand als Unternehmer – ob das gutgeht? Was die Gemeinde zuversichtlich stimmt, ist das Gesamtpaket, das der Standort bietet. Bald sollen zudem seniorengerechte Wohnungen auf einem Nachbargrundstück entstehen. Ein Unverpackt-Bereich versucht, den umweltbewussten Zeitgeist anzusprechen. Und der Spielplatz wird schon mal gut angenommen. „Die Anbindung mit Laden und Toilette ist optimal“, befinden Angelika und Daniel Ahillen, die mit ihrem zweijährigen Sohn vorbeigekommen sind, um die neuen Spielgeräte auszuprobieren. In den Neubaugebieten, die Renkenberge stetig vergrößern, lassen sich aktuell viele junge Familien nieder, und ein Mittelpunkt habe einfach gefehlt. „Das ist schon ein großer Schritt nach vorne“, sagt Daniel Ahillen.

ZUR SACHE

Große Player rechnen anders Supermärkte und Discounter überlegen sich sehr genau, in welchen Ortslagen sich eine Ansiedlung lohnt. Nach Angaben einer Sprecherin gibt es beispielsweise bei der Edeka MindenHannover für jedes Vertriebsformat unterschiedliche Anforderungen. Für einen gewöhnlichen Edeka müsse der Standort folgende Bedingungen erfüllen: Mehr als 2000 Einwohner im Kernort, eine Grundstücksgröße von

mindestens 4000 Quadratmetern und eine Verkaufsfläche ab 600 Quadratmetern. Ähnliches gilt für einen „nah & gut“-Markt, hier wird aber mit 700 Quadratmeter Verkaufsfläche gerechnet. Wer von diesen Vorgaben abweicht, muss große Anstrengungen unternehmen, um die Händler von einer möglichen Rentabilität zu überzeugen: So hat das 1780 Einwohner zählende Eggermühlen in der Samtgemeinde Ber-

senbrück den Bau seines Dorfladens mit vielen Landesmitteln selbst gestemmt und konnte so einem EdekaHändler aus dem benachbarten Fürstenau eine derart geringe Miete zusagen, dass es sich für ihn lohnt, einen „nah & gut“ aufzumachen, obwohl nur 600 Quadratmeter als Verkaufsfläche zur Verfügung stehen. Dazu kommt eine seniorengerechte Wohnanlage nebenan.


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GELD & GESCHÄFT

Mit Wärmepumpen im Steilflug nach oben Firma MTF aus Schüttorf expandiert dank erneuerbarer Energien / Neueinstellungen und erhebliche Investitionen geplant VON SEBASTIAN HAMEL SCHÜTTORF Wärmepumpen als Alternative zu fossilen Energiequellen wie Öl und Gas sind auf dem Vormarsch: In immer mehr Privathäusern, Firmengebäuden und öffentlichen Einrichtungen kommt die nachhaltige Technik zum Einsatz. Laut Statistischem Bundesamt entwickelte sich der Anteil der Wärmepumpen in Neubauten deutschlandweit innerhalb von zwei Jahrzehnten von gerade einmal 0,64 Prozent im Jahr 2000 auf 45,8 Prozent im Jahr 2020. Ein Unternehmen, das um diesen Trend weiß und in besonderem Maße davon profitiert, ist die Firma MTF MarkenDistributions GmbH mit Sitz in Schüttorf. Seit 2003 ist der Betrieb mit seinen mehr als 70 Mitarbeitern Exklusivpartner von Samsung und vertreibt als Vollsortimenter die innovative Wärmepumpen- und Klimatechnik des südkoreanischen Herstellers. MTF-Geschäftsführer Jörg Schlätker, der das Familienunternehmen 1997 zusammen mit seinen Brüdern Uwe und Guido ins Leben rief, unterstreicht: Beim Einbau von Wärmepumpen handelt es sich stets um individuelle Lösungen, die dem jeweiligen Bedarf entsprechen. Im Programm hat er ein Sortiment von Anlagen, deren Leistungsspektrum sich zwischen vierund 500 Kilowatt (kW) bewegt – sodass ein kleines

Wohnhaus ebenso versorgt werden kann wie das große Hotel. Kunden von MTF sind Installationsbetriebe aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die als sogenannte Samsung-Climate-Solution-Partner gelistet sind und den Einbau beim Endkunden vornehmen. Die Mitarbeiter dieser Firmen werden vor Ort in Schüttorf im Umgang mit der Samsung-Technik geschult; der zweitägige Lehrgang bildet die Voraussetzung für die Zusammenarbeit. Die Wartung der Anlagen geschieht unter anderem mit Microsoft-HoloLens-Brillen, über welche die Kommunikation mit den Fachleuten im MTF-Servicezentrum erfolgt und weitere Prozesse wie die Ersatzbeschaffung defekter Bauteile abgewickelt werden. Neben verschiedenen Vertriebsniederlassungen in Berlin, Ulm, Greding und Gießen sowie einer eigenen Vertriebsgesellschaft für Österreich mit Sitz in Zettling bei Graz befindet sich der Hauptstandort von MTF seit 2013 in Schüttorf, wo dem Unternehmen aktuell 21 000 Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung stehen. Zuvor war die Firma im Gewerbegebiet Gildehaus angesiedelt. 460 Paletten mit Wärmespeichern, Pumpen und allen weiteren benötigten Artikeln verlassen täglich die üppige Logistikhalle. Geliefert wird ein „maßgeschneidertes“ Komplettpaket, welches den Monteuren an ihren Ein-

Bei der Wartung der Anlagen kommen Microsoft-HoloLens-Brillen zum Einsatz. Das Bild, das die Monteure durch ihre Brille sehen, wird mit dem MTF-Servicezentrumgeteilt. Foto: MTF

satzorten den vollständigen Einbau beziehungsweise Austausch der Heizungsanlage erlaubt – ein wesentliches Merkmal, das den spezialisierten Vollsortimenter vom reinen Großhändler unterscheidet, betont Jörg Schlätker. So stelle MTF nicht einfach nur die Produkte zur Verfügung, sondern biete auch das notwendige Engineering. Ein umfassendes Know-how sei erforderlich, damit die Anlage am Ende effizient läuft. Trotz der oben genannten Entwicklung sei das Geschäft mit erneuerbaren Energien kein Selbst-

läufer, sagt der MTF-Geschäftsführer: „Gerade Privatkunden müssen sich mit dem Thema noch vertraut machen.“ Viele Hausbesitzer wüssten zwar, dass sie etwas unternehmen müssen, investierten ihr Geld dann aber doch erst einmal anderweitig. Ein überzeugendes Argument sei aber nicht zuletzt die Möglichkeit von attraktiven BAFA- oder KfW-Förderungen, die zwischen 35 und 45 Prozent der Kosten abdecken können. Entsprechende Anträge werden im Zuge der Anlagenplanung noch vor der endgültigen Auftragserstellung eingereicht.

Weitere Vergünstigungen könnten etwa durch spezielle Wärmepumpen-Stromtarife oder durch eine Fotovoltaik-Eigenversorgung erreicht werden. Wichtig sei es also, das Thema Nachhaltigkeit und Energieeffizienz ganzheitlich zu besprechen, meint Jörg Schlätker – und das Vorhaben gut zu planen: „Man macht so etwas nicht mal eben so.“ Sei der Auftrag aber erst einmal erteilt, könne die neue Wärmepumpenheizung schon Tage später in Betrieb gehen. In die Zukunft blickend, verfolgt MTF große Expansionspläne – und zwar in jeder

Hinsicht: Der aktuelle Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Euro soll in den kommenden fünf Jahren verdoppelt werden, zudem ist die Einstellung von 40 weiteren Mitarbeitern geplant. Ab dem kommenden Jahr möchte das Unternehmen selbst junge Menschen ausbilden zu Fachkräften für Lagerlogistik, Industriekaufleuten sowie zu Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. Auch räumliche Erweiterungen werden ins Auge gefasst, für die eine Flächenreserve von 26 000 Quadratmetern bereitsteht. Aktuelles Bauprojekt: ein Bürogebäude, welches Platz für weitere 40 Mitarbeiter bieten und zudem die neue Schulungsakademie beheimaten wird. Nachdem man 16 Monate auf eine Baugenehmigung habe warten müssen, hätten die Arbeiten nun endlich beginnen können, berichtet Jörg Schlätker. Insgesamt 3,5 Millionen Euro investiert MTF in den Neubau. Ein modernes Umfeld ist ihm wichtig, auch um als Arbeitgeber für junge Menschen interessant zu bleiben. Schlätker sieht sich mit seinem Unternehmen am Puls der Zeit: Rund 150 bis 200 Anfragen erreichten die Firma täglich – nicht zuletzt, seitdem MTF nun auch mit TV-Werbespots in die Öffentlichkeit gegangen ist. Die Mission des Geschäftsführers ist klar: „Wir wollen viele Dinge bewegen, die Zukunft haben.“

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RUND UMS BÜRO

Die grüne Lunge neben dem Laserdrucker Wie Pflanzen nicht nur die Luft in Büroräumen verbessern, sondern für Wohlfühlatmosphäre sorgen VON CHRISTOPH LÜTZENKIRCHEN OSNABRÜCK/BAD IBURG/MÜNSTER

Der Dschungel im Besprechungsraum der Firma Nordhorn ist erst acht Wochen alt. Er schmückt eine 18 Quadratmeter große Wand des loftartigen Raums mit Blick auf den hippen Münsteraner Hafen; eine in sattem Grün, Hellgrün und Rottönen schimmernde, lebendige Fläche. Sjoerd De Vries (60) und Hermann-Josef Herbermann (60) vom Bad Iburger Spezialisten für Innenraumbegrünung Gedike sind zur turnusmäßigen Pflege vor Ort. De Vries schneidet sorgfältig überlange Triebe zurück und entfernt einzelne gelbe Blätter. Sein Kollege hat sich mit Schlauch und Taschenlampe bewaffnet. Geduldig versorgt er die 600 Pflanzen mit Wasser, sie stehen in langen, schmalen Kunststoffkästen. Die Kästen hängen in einer ausgeklügelten Tragekonstruktion, alles zusammen verschwindet vollständig hinter dem dichten Vorhang aus Blättern und Ranken. Ohne seine Taschenlampe könnte Hermann-Josef Herbermann gar nicht erkennen, wann er genug Wasser in einen der Kästen gegeben hat. Trotz der warmen Luft im Innenraum reicht das Wasser jeweils für vier Wochen, denn die Pflanzen stehen als Hydrokultur in speziellem Tongranulat. Die beiden Männer sind seit über 20 Jahren bei Gedike beschäftigt. De Vries erklärt gern, wie die grüne Wand funktioniert, welche Pflanzen hier wachsen und wie sie gepflegt werden müssen. Auf seinem Smartphone zeigt er Bilder von zahlreichen anderen Projekten des Unternehmens, die er betreut. Die optische Wirkung des gezähmten Dschungels auf den Raum ist beeindruckend. Dass dieses kraftstrotzende Grün erst vor acht Wochen installiert wurde, erstaunt umso mehr. Hier zeigt sich das Können der erfahrenen Innenraumbegrüner. Oliver Gedike, Geschäftsführer und Eigentümer des gleichnamigen Unternehmens, führte im Oktober 2020 erste Gespräche mit dem Auftraggeber IB Nordhorn, einem Büro für die technische Gebäudeausrüstung. Anfang 2021 erteilte Nordhorn den Auftrag, und die Pflanzen wurden vorkultiviert. Je mehr Vorlauf und Planungssicherheit es gebe, desto schöner werde das Projekt, und das auch gleich zu Beginn, erklärt Gedike. In der Vergangenheit seien die Kosten für die Innenraumbegrünung

. FRISCHD. GESUN H. EHRLIC

Regelmäßigmüssendie600Pflanzen dergrünenInnenwand indenRäumlichkeiten derMünsteranerFirmaIB NordhornvonzweiFachleuten gepflegtwerden.

nicht in der Planung für Neubauten berücksichtigt worden. Heute sei man häufig bereits in der Planungsphase und Budgetplanung mit involviert. „Die rechtzeitige Integration in die Gesamtplanung eröffnet uns ganz andere Möglich-

„Menschen fühlen sich in einer begrünten Umgebung einfach wohler.“ Oliver Gedike, Gedike Begrünungen

keiten, eine gute Begrünung zu planen und zu realisieren“, sagt der Bad Iburger Unternehmer: „Jedes Projekt ist individuell. Wir versuchen, den Wünschen unserer Kunden gerecht zu werden. Außerdem spielt es natürlich eine Rolle, was der Markt gerade hergibt. Für größere Vorhaben werden die Pflanzen Jahre vorher ausgesucht. In den Niederlanden gibt es beispielsweise ein Gewächshaus, in dem bis zu 16 Meter hohe Bäume vorkultiviert werden. Diese kommen dann später beispielsweise in großen Eingangsbereichen mit viel Glas zum Einsatz. „Natürlich beschäftige man sich nicht nur mit kompletten Neuanlagen, schränkt Gedike ein. Manchmal gehe es auch darum, bestehende Gestaltungen auf älteren Flächen zu überarbeiten. Ein Kunde saniere beispielsweise aktuell eines seiner Gebäude, die Bad Iburger lagern seine alten Pflanzen teilweise ein. Im Zuge der Sanierung realisiert der Innenraumbegrüner ein neues Konzept, bei dem

FRISCH UND KNACKIG IM JOB: DIE JOBKISTE .

nenraumbegrünung motivierter und produktiver arbeiten. Damit sei die Begrünung eine Win-winMaßnahme, aus der gleichermaßen Mitarbeiter und Arbeitgeber Vorteile ziehen. Die grüne Wand bei Nordhorn befindet sich laut dem Bad Iburger in einem Besprechungsraum für Kunden, der gleichzeitig auch ein Begegnungsraum für die Mitarbeiter ist. Die Beleuchtung der Pflanzen erfolgt über spezielle LEDPflanzenchips, programmierbare LED-Leuchtmittel, die natürliches Licht nachbilden können. Gutes Licht spiele bei den grünen Wänden eine wichtige Rolle, betont der Experte. Mithilfe von Rückschnitt sorge man zudem dafür, dass die Wand sich nicht auswachse. Zudem komme es vor, dass einzelne Pflanzen absterben. Sie werden durch die pflegenden Mitarbeiter punktuell ersetzt. Mit guter fachlicher Pflege lasse sich eine grüne Wand auch über viele Jahre konstant erhalten. Die Pflanzen bezieht Gedike überwiegend aus der Karibik, einige auch aus Asien und Afrika. Es handelt sich zum Teil um klassische Dschungelpflanzen. Häufig sind es Schattengewächse, die optimal für Innenräume geeignet sind. In ihrer ursprünglichen Kli-

HUTZEL HYDROKULTUREN

Großhändler für Hydrokulturen mit eigener Produktion Auch der nach eigenen Angaben einzige Großhändler für Innenraumbegrünung in Deutschland hat seinen Sitz in Bad Iburg. Frank Hutzel ist Eigentümer und Geschäftsführer der Firma Hutzel Hydrokulturen. „Wir sind Hersteller von Hydrokulturpflanzen, Gefäßen und Zubehör für die Hydrokultur und andere Systeme für die Raumbegrünung“, heißt es auf der Internetseite seines Unternehmens, das mit fünf Mitarbeitern zuletzt einen Jahresumsatz in Höhe von 1,3 MillioBAD IBURG

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alte und neue Pflanzen kombiniert werden. Ein Baum in einem gläsernen Foyer ist spektakulär. Doch die Wirkung von Maßnahmen zur Innenraumbegrünung beschränkt sich nicht darauf. Klassische Aspekte dafür seien die Verbesserung des Raumklimas und die Fähigkeit der Pflanzen, Schadstoffe wie beispielsweise Benzol und Formaldehyd aus der Luft herauszufiltern und Sauerstoff zu produzieren, sagt Oliver Gedike. Obwohl vielerorts versucht werde, das papierlose Büro umzusetzen, stünden noch viele Drucker in den Büros. Hinzu komme, dass Schadstoffe aus Möbeln, Fußbodenbelägen oder Teppichen freigesetzt würden. Indem sie den Schall schlucken, würden Pflanzen aber auch die Akustik von Räumen verbessern. Das sei beispielsweise in Kantinen und anderen Aufenthaltsbereichen wichtig. Unter Fachleuten spreche man von einer höheren Aufenthaltsqualität durch die Innenraumbegrünung, erklärt der Experte: „Menschen fühlen sich in einer begrünten Umgebung einfach wohler. Dafür müssen wir in den Gesprächen mit unseren Kunden gar nicht mehr eigens argumentieren.“ Das Grün wirke beruhigend, so Gedike weiter. Studien belegten, dass Mitarbeiter in Räumen mit In-

Foto:Christoph Lützenkirchen

mazone werden sie vorkultiviert. Damit die Pflanzen für die Innenraumbegrünung verwendbar sind, muss man sie anschließend in Europa auf Hydrokultur umkultivieren. Dazu gehört auch, dass sie nun in Tongranulat wachsen und darüber mit Wasser und Nährstoffen versorgt werden. Die Akklimatisierung kann einige Wochen bis Monate dauern. „Der Vorher-nachher-Effekt einer Begrünungsmaßnahme lässt sich mit Worten nur unzureichend beschreiben“, sagt Oliver Gedike: „Für einen großen Textilhersteller haben wir deshalb im ersten Schritt eine Pilotfläche berechnet, für die wir die Begrünung umgesetzt haben. Die Mitarbeiter in den Büroräumen des Kunden litten unter trockener Luft, trockenen Augen, Nasenbluten und trockenen Schleimhäuten.“ Die Innenraumbegrüner berechneten eine üppige Begrünung für die Büros. So gelang es ihnen, die Luftfeuchtigkeit nachhaltig zu erhöhen. Damit fühlten sich auch die Mitarbeiter des Kunden wohler, sie bestätigten dies im Rahmen einer Befragung drei Monate nach Umsetzung der Maßnahmen. „Inzwischen sind wir seit fünf Jahren für das Unternehmen tätig und konnten die Probleme in den Büros erfolgreich lösen“, berichtet der Hydrokultur-Experte. Neben der Verbesserung des Raumklimas wirke das Grün auch direkt auf den Menschen, ergänzt er noch. Pflanzen sollten möglichst im unmittelbaren Umfeld der Mitarbeiter platziert werden, damit diese sie direkt wahrnehmen. Oliver Gedike beschäftigt neben den alten Hasen De Vries und Herbermann weitere zwölf überwiegend jüngere Mitarbeiter. Der Beruf des Innenraumbegrüners sei kein Lehrberuf, erklärt er. Die Mitarbeiter kommen oft aus dem Garten- und Landschaftsbau, sind gelernte Zierpflanzengärtner oder Floristen. Die Projekte des Unternehmens liegen nicht nur in der Region, sondern ebenso in München, Stuttgart, Berlin, Hamburg und im Gebiet von Rhein und Ruhr. Pflanzen bei Kunden im Umkreis von knapp 400 Kilometern werden direkt aus Bad Iburg gepflegt. Bundesweit arbeitet das Unternehmen mit einem Netzwerk von Kollegen zusammen. Die Pflege bleibe am besten durchgängig in fachlicher Hand, ist Gedike überzeugt. Im Laufe der Jahre habe sich herausgestellt, dass Kunden, die versuchen, die Pflanzen selbst zu pflegen, häufig damit scheitern. Das Bad Iburger Unternehmen wurde durch den Zentralverband Gartenbau als überprüfter Betrieb für Hydrokulturen ausgezeichnet, die Mitarbeiter sind zertifizierte Raumbegrüner.

nen Euro erwirtschaftete. Insgesamt gebe es in Deutschland etwa 100 Betriebe, die sich mit der Innenraumbegrünung und Hydrokultur befassen, so Hutzel: „Die Größe des Marktes ist schwer zu greifen. Wir gehören zur Landwirtschaft, sind dort aber nur ein sehr kleiner Teil.“ Seine Kunden sind Innenraumbegrüner, Floristen und Endverkaufsgärtner. Der Kundenstamm umfasst europaweit etwa 2000 Kunden. Zu den Spezialitäten im Sortiment gehört unter anderem das Schweizer

System Pendularis. Dabei handelt es sich um mit Pflanzen bestückte Aluminiumröhren, die man von der Decke abhängen kann. So lässt sich beispielsweise ein grüner Pflanzenvorhang gestalten. Außerdem hat Hutzel sich auf rechteckige Kunststoffeinsätze für Raumteiler spezialisiert, die er selbst herstellt. „Unsere Einsätze ersparen dem Raumbegrüner die Arbeit mit Teichfolie“, sagt er: „Für die Produktion der Einsätze haben wir eigens in eine Spezialmaschine investiert.“ CLK


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RUND UMS BÜRO

Licht an, der Winter kommt! Wie falsche Beleuchtung die Effizienz im Büro verringert und gute sogar den Sonnenlauf imitieren kann VON CHRISTOPH LÜTZENKIRCHEN Über zeitgemäße Bürobeleuchtung sprachen wir mit Dr. Michael Kunzer vom Freiburger Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF. Seit Mitte der Neunzigerjahre beschäftigt er sich mit der Entwicklung von LEDs und LED-Beleuchtung. Am gemeinsam mit der Universität Freiburg und vier weiteren Freiburger FraunhoferInstituten betriebenen Leistungszentrum Nachhaltigkeit leitet Kunzer zudem das Projekt „SusLight_works“. Hier geht es um eine zuverlässige, effiziente, nachhaltige und smarte LED-Beleuchtung. Ziel ist die menschzentrierte, ressourcenschonende und bedarfsgerechte Beleuchtung von Arbeitsplätzen. FREIBURG/OSNABRÜCK

Herr Dr. Kunzer, was unterscheidet eine gute Bürobeleuchtung von einer schlechten? Eine gute Bürobeleuchtung sollte heute modular und flexibel sein, sie soll sich der jeweiligen Arbeitssituation anpassen. Die Beleuchtung muss nicht nur die Bildschirmarbeit unterstützen, sondern beispielsweise auch spontane Besprechungssituationen. Weitere wesentliche Punkte sind eine ausreichende Beleuchtungsstärke sowie die Kombination von direktem und indirektem Licht. Die Beleuchtung sollte möglichst wenig blenden. Zwischen der eigentlichen Arbeitsflä-

che und dem Hintergrund sollte es möglichst geringe Kontraste geben, damit sich das Auge sich nicht ständig anpassen muss. Relevant ist auch die Dimmbarkeit der Beleuchtung, was bei LEDs verlustfrei möglich ist. Das Licht darf nicht flimmern, und die Vorschaltgeräte sollte man nicht hören. Sehr wichtig ist ferner die Farbwiedergabequalität. Das Farbspektrum sollte dem der Sonne ähneln, es sollte keine Lücken im Spektrum geben. Moderne LED-Leuchten bieten die Möglichkeit, die Farbtemperatur individuellzukonfigurieren.AusSicht der Nachhaltigkeit sollte nur so viel Licht erzeugt werden, wie nötig ist. Zu einer guten Bürobeleuchtung gehört also eine effiziente Bedarfserkennung. Sie sollte außerdem langlebig sein.

„Aus Sicht der Nachhaltigkeit sollte nur so viel Licht erzeugt werden, wie nötig ist.“ Dr. Michael Kunzer, Freiburger Frauenhofer IAF

Was macht eine menschengemäße Arbeitsplatzbeleuchtung aus? Die Ergonomie, die Lichtqualität, die Beleuchtungsstärke, eine gute Farbwiedergabe und Blendfreiheit. Wir arbeiten nach dem Konzept des Human Centric Lightning, das bedient beide Wirkungen des Lichts: die visuelle und die nicht visuelle. Visuell sollte die Beleuchtung den Erfordernissen der Tätigkeit entsprechen. Eine bestimmte Sehaufgabe erfordert eine bestimmte Beleuchtungsstärke. Mit heutigen technischen Mitteln kann man diese zudem an die individuellen Bedürfnisse des jeweiligen Mitarbeiters hinsichtlich der Lichtstärke und Farbtemperatur anpassen. Ältere Mitarbeiter benötigen beispielsweise eine höhere Beleuchtungsstärke als jüngere. Die nicht visuelle oder emotionale Wirkung des Lichts betrifft emotionale Effekte, zum Beispiel die Synchronisation der inneren Uhr des Menschen über einen Sensor im Auge. Im Winter kann diese Anpassung leicht gestört werden. Eine moderne Beleuchtung kann die Synchronisation des Tag-Nacht-Rhythmus unterstützen, indem sie Stärke und Farbtemperatur des Lichts dem natürlichen Sonnenlauf nachbildet. Wie wirkt sich eine schlechte Beleuchtung auf das Wohlbefinden der Beschäftigten aus? Es kommt zu vorzeitiger Ermüdung, Mitarbeiter fühlen sich angestrengt.

und die Leuchte erzeugt dann nur so viel künstliches Licht, wie für die jeweilige Tätigkeit erforderlich ist. Die Leuchte erkennt zudem automatisch, ob ein Arbeitsplatz besetzt ist. Dafür arbeiten wir mit einem Infrarotsensor. Unternehmen sollten mit qualifizierten Lichtplanern zusammenarbeiten, die die Beleuchtung berechnen und steuern können. Und sie sollte in das Gebäudemanagement eingekoppelt werden. Was sind typische Fehler bei der Bürobeleuchtung? Der größte Fehler ist, dass alte konventionelle Beleuchtung oft nicht ersetzt und modernisiert wird. Eine neue LED-Beleuchtung amortisiert sich so schnell, dass es sich in der Regel immer lohnt. Sie können von einer Rendite von 10 bis über 30 Prozent pro Jahr ausgehen, die Amortisation in fünf Jahren ist entsprechend möglich. Dr. Michael Kunzer arbeitet und forscht am Freiburger Fraunhofer-Institut fürAngewandte FestkörperphysikIAF. Foto: FraunhoferIAF

Flimmernde Beleuchtung führt zu Kopfschmerzen. Zu kalte Beleuchtung kann zu Schlafstörungen führen. Allgemein sinkt die Effizienz und Qualität der Arbeit. Wie kann eine gute Beleuchtung praktisch umgesetzt werden? Wir haben eine LED-Leuchte entwickelt, die vier Farbkanäle mit unter-

schiedlichen Farbtemperaturen nutzt. Damit können wir das Licht nah am Sonnenspektrum abstimmen. Darüber hinaus nutzen wir die verlustfreie Dimmbarkeit der LEDs. Schlüssel dafür ist ein dem Auge nachgebildeter Farbsensor. Er ist in der Lage, Farben und Helligkeit am Arbeitsplatz zu messen. Der Sensor erkennt das einfallende Tageslicht,

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Inwiefern bieten neue Beleuchtungstechniken heute Möglichkeiten, die es vor zehn oder zwanzig Jahren noch nicht gab? LEDs sind heute Standard. Sie sparen Energie, erlauben verlustfreies Dimmen und die Anpassung der Farbtemperatur. Durch neue Leuchtstoffe wurde das Farbspektrum der LEDLeuchten deutlich verbessert, die Lücken im grünen und roten Spektralbereich konnten geschlossen werden.

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Gewappnet für das neue „Normal“

Die Software der HANSALOG GRUPPE macht es möglich

Die HANSALOG Geschäftsleitung: Jutta Kirk-Lahrmann, Firmengründer Franz Jürgens, Geschäftsführerin Simone Gövert, Geschäftsführer Gerrit Gowarsch (v.l.n.r.); Bild rechts: Firmensitz der HANSALOG GRUPPE am Lordsee in Ankum

Die Arbeitswelt hat sich verändert. Transparenz, Digitalisierung sowie Datenzugriff jederzeit und überall sind einige Begriffe, die das neue „Normal“ beschreiben. Möglich macht das digitale Büro der Gegenwart unter anderem eine leistungsfähige Personalmanagement Software. Immer mehr Unternehmerinnen und Unternehmer greifen in diesem Bereich deshalb auf die Expertise und Produktpalette der HANSALOG GRUPPE zurück. „Die moderne Personalarbeit hat sich in den vergangenen Jahrzehnten enorm verändert“, Gerrit Gowarsch, Geschäftsführer der HANSALOG Unternehmensgruppe, weiß wovon er spricht. Der HR-Experte und Softwareentwickler begleitet die HR-Branche auf jedem Schritt in die Zukunft. Dabei steht er mit seinem Team den Unternehmerinnen und Unternehmern mit der personalwirtschaftlichen HANSALOG Software zur Seite, diese wird den ständig wechselnden Anforderungen angepasst. „Es sind die zufriedenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in Zeiten von New Work noch wertvoller werden. Denn sie binden sich langfristig an ihr Unternehmen“, erzählt Gowarsch. „Mit der HANSALOG Software schaffen

Sie die Möglichkeit, selbstbestimmtes Arbeiten und Individualität zu unterstützen.“

Flexibilität gewünscht „Die Notwendigkeit zur Flexibilität im Arbeitsalltag hat jeder zu spüren bekommen. Unser Ziel ist es, eine Brücke zwischen Anforderungen, Fakten und Gesetzesvorlagen zu schlagen“, fasst Simone Gövert, HANSALOG Geschäftsführerin, zusammen. Dies geschieht durch das Wissen, die Erfahrung und die fachliche Breite, die den Kunden zugute kommt. So vereint die HANSALOG Software alle Bausteine für eine effiziente und zukunftssichere Personalarbeit. Sie ist standortunabhängig, flexibel und sicher. Gövert versichert: „Unsere Software ist intuitiv zu bedienen, spart den Nutzern Zeit und schafft somit Freiräume für Personalabteilungen, Vorgesetzte und den Mitarbeiter selbst.“

Die Entwickler hinter der Software 1973 gründeten Franz Jürgens und Heinz Gowarsch HANSALOG und entwickelten seither personalwirtschaftliche Software. Sämtliche

Ausbildung, die Spaß macht – Nachwuchskräfte der HANSALOG GRUPPE beim Newcomer-Workshop

HR-Bereiche werden damit abgedeckt: Recruiting, Personalmanagement, Entgeltabrechnung, Reisekostenabrechnung, Bewerberverwaltung und Zeitwirtschaft sind nur einige der vielen Anwendungsmöglichkeiten. Das Familienunternehmen mit 200 Angestellten hat seinen Stammsitz im niedersächsischen Ankum mit Niederlassungen in Hamburg, München und Dortmund. Die Unternehmensgruppe – zu der mittlerweile auch die Unternehmen MEGA (Dortmund) und BPS (Hamburg) gehören – verzeichnet ein stabiles und kontinuierliches Wachstum. Die Nachfrage nach HANSALOG Produkten steigt stetig, weshalb in die Erweiterung des Stammsitzes investiert wird. In diesem Jahr haben die Bauarbeiten an einem neuen dreistöckigen Bürohaus in Ankum begonnen. Auf 1500 Quadratmetern Fläche sollen Büroräume und ein großer Seminarraum entstehen. Bei dem Neubau wird Wert auf Energie- und Materialeffizienz gelegt, so dass die HANSALOG GRUPPE ihren Ansprüchen an Nachhaltigkeit gerecht werden kann. Zum 50-jährigen Firmenjubiläum in 2023 soll der Neubau fertiggestellt sein.

Investition in den Nachwuchs So vorrausschauend wie in der Erweiterung des Stammsitzes, ist die HANSALOG GRUPPE auch in Sachen Ausbildung aufgestellt. Das mehrfach als familienfreundlicher Arbeitgeber ausgezeichnete, als nachhaltiges Unternehmen (Allianz für Nachhaltigkeit Niedersachsen) zertifizierte und von der IHK als TOP-Ausbildungsbetrieb bestätigte Unternehmen investiert in den Nachwuchs. HANSALOG beschäftigt laufend Auszubildende und duale Studenten. Einige Absolventen arbeiten heute schon auf der mittleren Führungsebene. So ist der Fortbestand des Unternehmens langfristig gesichert. HANSALOG freut sich über treue Mitarbeiter und eine geringe Fluktuation.

Visionäre Personalarbeit New Work und die zunehmende Digitalisierung im Arbeitsalltag ist für viele Unternehmen eine große Herausforderung. Durch die Fokussierung auf die Bedürfnisse in der täglichen Personalarbeit befähigt HANSALOG seine Kunden, die Komplexität ihres HR-Alltags zu meistern. Deshalb zählt die Produktpalette der HANSALOG GRUPPE zu den leistungsfähigsten Programmen im gesamten Personalwesen. Moderne Personalarbeit fordert in der heutigen Berufswelt visionäre Werkzeuge. Diese Werkzeuge in Form von ausgefeilter und individuell zugeschnittener Software liefert die HANSALOG Unternehmensgruppe ihren Kunden. Die HANSALOG GRUPPE ermöglicht den Personalabteilungen reibungslose und effizientere Arbeitsabläufe und Prozesse. Denn das neue „Normal“ ist nur dank leistungsfähiger Software machbar. Völlig unerwartet verstarb Firmengründer Franz Jürgens am 06.10.2021. HANSALOG war sein Lebenswerk. Die Geschäfte der HANSALOG GRUPPE führen die Tochter von Franz Jürgens, Frau Simone Gövert sowie Herr Gerrit Gowarsch weiter. Beide sind seit Jahren in der Geschäftsleitung der Unternehmensgruppe tätig und werden das Werk Ihrer Väter fortführen.

HANSALOG GmbH & Co. KG Am Lordsee 1, 49577 Ankum Tel. + 49 5462 765 0 info@hansalog.de www.hansalog.de


DONNERSTAG, 28. OKTOBER 2021

SPEZIAL TRANSPORT & LOGISTIK

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Dass in klassischenGewerbegebietenvielFlächeversiegelt wirdundneueLogistik-UnternehmendesÖfterenweitereVerkehremit sichbringen,findetinder Öffentlichkeitnichtnur Beifall.

Fotos:Jörn Martens

Logistikflächen bald deutlich grüner? Für Unternehmen in der Branche ist es momentan nicht einfach, neue Grundstücke für eine Ansiedlung zu finden Kommunen prüfen Flächenanfragen sehr genau. Kaum Zuspruch bei reinen Verlade-Tätigkeiten. IHK betont systemische Relevanz für den Standort. VON MARCUS ALWES OSNABRÜCK/BRAMSCHE/RIESTE

Für Logistik-Unternehmer ist es in diesen Tagen nicht unbedingt einfach, im Raum Osnabrück neue Gewerbeflächen für eine Ansiedlung zu finden. Entsprechende Anfragen sorgen in den Rathäusern der Region beziehungsweise bei den kommunalen Wirtschaftsförderern nicht für Jubelsprünge – auch wenn kaum jemand gerne öffentlich darüber redet. „Die Bestandspflege ist bei der Entwicklung von Gewerbeflächen für Kommunen ein großes Thema in der Region. Sie bemühen sich darum, dem Erweiterungsbedarf der Betriebe gerecht zu werden“, sagt Susanne Menke. Sie ist Prokuristin bei der Osnabrücker-LandEntwicklungsgesellschaft mbH (Oleg) und verantwortlich für Ansiedlungen und Gewerbeflächen. „Aber auch Kommunen mit einem größeren Angebot an Flächen machen sich neben der Bestandspflege mittlerweile sehr genau Gedanken darüber, an wen sie noch Flächen in ihren Gewerbegebieten vergeben.“ Betriebe aus der Logistikbranche seien an einigen Standorten „beispielsweise zurzeit eher nicht gewünscht, weil sie naturgemäß viel Verkehr mit sich bringen“, so Menke. Zudem sprächen die gute Arbeitsmarktlage und Vorbehalte aus der Bevölkerung sowie der Wunsch nach einer naturnahen, nachhaltigen Entwicklung in vielen Orten gegen Logistik-Ansiedlungen. In manchen Kommunen werde das Nein zu einer entsprechenden Vergabe von Flächen inzwischen sogar schon in Leitlinien oder in den entsprechenden Bebauungsplänen

DieverfügbarenGewerbeflächeninderRegionsindlautFachleuten„inattraktiverLagedeutlichkleinergeworden“.AucheineAusweisungweitererFlächenwerdeimmerschwieriger.UnserBildzeigt dasnoch jungeGewerbegebiet inBelm-Vehrte, dasmomentanmitUnterstützungderOsnabrücker-Land-Entwicklungsgesellschaftvorangetriebenwird.

für neue Gewerbegebiete festgeschrieben, ergänzt die Oleg-Sprecherin – und verweist dabei auf noch nicht lange zurückliegende Entscheidungen aus der Gemeinde Belm und aus der Stadt Melle. Ein Beispiel für einen bislang vergeblichen Anlauf, sich Flächen zu sichern, war zuletzt der AmazonKonzern. Über Projektentwickler suchte er offenbar eine große Fläche in einem Gewerbegebiet für ein Verteilzentrum. Im Osnabrücker Nordkreis wurde hinter vorgehaltener Hand von Anfragen für den Online-Versandhändler entlang der

„Planer und Ortspolitiker haben gelernt: Logistik ist nicht immer gleich Logistik.“ Klaus Sandhaus, Wirtschaftsförderer der Stadt Bramsche

Autobahn 1 berichtet – im Niedersachsenpark bei Rieste und Neuenkirchen-Vörden, in BramscheSchleptrup sowie in Wallenhorst. Die Projektentwickler holten sich aus ganz unterschiedlichen Gründen jedoch überall (vorerst) einen Korb. Ziel von Amazon sei es, den „Kundenservice zu verbessern“ und die „Zustellwege effizienter zu machen“, so Unternehmenssprecher Steffen Adler im Sommer auf Anfrage unserer Redaktion. „In einem Verteilzentrum sortieren wir Pakete aus den Logistikzentren für die Auslieferung an die Kunden mit Lieferfahrzeugen“, hieß es ferner in der Stellungnahme aus der deutschen Pressestelle des US-Konzerns in München. Die Sendungen werden schließlich auf der sogenannten letzten Meile durch Fahrer von Partnerfirmen – Amazon nennt sie „lokale unabhängige Lieferpartner“ – zu den Kunden gebracht. Der Wirtschaftsförderer der 31 000-Einwohner-Stadt Bramsche, Klaus Sandhaus, äußert sich auf Anfrage unserer Redaktion nicht zum börsennotierten Handelsgiganten Amazon, sondern bleibt mit Blick auf die Logistik-Branche eher allgemein. In den letzten Jahren sei die Anfrage nach Gewerbeflächen „aus dem Logistikbereich stark angewachsen“, so Sandhaus. Dies habe unter anderem mit der „guten verkehrlichen Lage“ zu tun. Auf der anderen Seite sei die verfügbare Gewerbefläche in der Region „in at-

traktiver Lage deutlich kleiner geworden“ und eine Ausweisung weiterer Flächen werde somit immer schwieriger. Bei der Vermarktung der Flächen lege die Stadt Bramsche daher großen Wert „auf einen nachhaltigen Beschäftigungseffekt und einen guten diversifizierten Branchenmix“, um konjunkturellen Schwankungen gegenüber widerstandsfähiger zu sein. „Reine Verlade- Tätigkeiten haben es da bei einem großen Flächenbedarf aktuell schwer, ganz oben auf die Liste zu rutschen“, sagt Sandhaus. In Bramsche hätten die Planer und Ortspolitiker aber gelernt, „dass Logistik nicht immer gleich Logistik ist“. Kämen weitere Teile der Wertschöpfungskette zum reinen Verladevorgang hinzu, „schauen wir uns das immer genau an“, betont der Wirtschaftsförderer. Auch Uwe Schumacher bestätigt im Grundsatz eine solche Herangehensweise. Zuletzt habe es sich bei den interessierten Logistik-Unternehmen, die in den Niedersachsenpark an der A1 wollten, jedoch um „solche mit deutlich zu wenig Arbeitsplätzen oder solche mit deutlich zu vielen Arbeitsplätzen gehandelt“, so der Geschäftsführer der interkommunalen Betreibergesellschaft. Im erstgenannten Fall wäre eine unverhältnismäßig große Flächenversiegelung das Problem. Im zweiten wären die Auswirkungen auf die umliegenden Kommunen ganz enorm. Es müssten gegebenenfalls

zügig einige Folgeentscheidungen getroffen werden. Denn bei Zuzügen von neuen Arbeitskräften (und deren Familien) muss die soziale Infrastruktur in der Region zeitnah mitwachsen können. Es geht um Möglichkeiten für einen Hausbau und um genügend Wohnungsangebote aller Art. Es geht um ausreichend Kindertagesstättenplätze und Schulangebote für den Nachwuchs der zugezogenen Arbeitnehmer. Es geht um einen gut getakteten Personennahverkehr (ÖPNV und SPNV) oder um mehr Kultur-, Freizeit- und Sport-

„Bestandspflege ist bei der Entwicklung von Gewerbeflächen für Kommunen ein großes Thema.“ Susanne Menke, Osnabrücker-LandEntwicklungsgesellschaft

angebote. Das alles müssten Kreisund Rathausverwaltungen sowie die Ortspolitiker organisieren und stemmen können. „Aufgrund der aktuellen Situation beschäftigen wir uns zunächst mit Anfragen produzierender Betriebe“, sagt Uwe Schumacher. Größere Logistiker sieht er bei der Flächenvergabe und bei Ansiedlungen in seinem Sektor erst mittelfristig wieder besser im Rennen. Der Geschäftsführer stellt zudem klar, dass ein möglicherweise weiter wachsendes Verkehrsaufkommen durch zusätzliche LogistikUnternehmen im Niedersachsenpark „eben nicht das Problem“ sei. „Wir liegen an der Autobahn, wir können sehr, sehr gut Verkehre vertragen“, macht Schumacher deutlich. „Sie stören keinen.“ In absehbarer Zeit rechnet er auch mit dem Bau der zweiten A1-Anschlussstelle in Park-Höhe. Das werde die An- und Abfahrten weiter entzerren, hofft der Wirtschaftsfachmann. Und wie lässt sich nun die Situation und die Verhandlungsposition der Logistik-Firmen verbessern, die nach Grundstücken für Neuansiedlungen suchen? Die Industrie- und Handelskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim (IHK) forderte jüngst in einem Papier zur Wirtschaftspolitik dazu auf, eine Verwendung bestehender Logistikflächen für andere Zwecke möglichst zu vermeiden. Kommunen sollten neue Logistikflächen ausweisen. „Um Vorbehalte gegen die Logistikbranche abzubauen, sollten ihre systemische Relevanz und die Vorteile von Investitionen dieser Branche für den Standort herausgestellt werden“, so die Industrie- und Handelskammer. Es werde eine Zukunftsaufgabe sein, den Spagat zwischen „notwendiger Logistik für ansässige produzierende Betriebe sowie für die Versorgung der Bürger mit Waren und Dienstleistungen und den genannten konkurrierenden Aspekten in Einklang zu bringen“, erklärt unterdessen Oleg-Sprecherin Susanne Menke. „Denn wohldosiert und gesteuert wird Logistik für die Region auch weiterhin unerlässlich sein.“ Dabei würden die entstehenden Logistikflächen künftig deutlich nachhaltiger und grüner werden, sagt Menke voraus.


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SPEZIAL TRANSPORT & LOGISTIK

Warum zwei junge Menschen aus der Region Lkw fahren Annika Rose und Nick Kubitz sind gern unterwegs / In Deutschland fehlen bis zu 80000 Berufskraftfahrer VON ANDRÉ POTTEBAUM Frei und unabhängig sein, mit dem Lkw durch Deutschland und Europa fahren, an den schönsten und abgelegensten Orten Rast machen und dabei noch Geld verdienen. In den 70er-Jahren glich das Bild des Berufskraftfahrers ebenjener Asphalt-Romantik, die heute so wohl kaum noch existiert. Von Zeitdruck, rauem Umgangston, langen Arbeitszeiten und schlechter Bezahlung ist stattdessen die Rede. Junge Leute schreckt das negative Bild, das seit Jahrzehnten über Lkw-Fahrer gezeichnet wird, mehr und mehr ab. Doch der Traum von Freiheit und Unabhängigkeit, von einsamen Straßen und der Ruhe hinter dem Lenkrad ist noch immer präsent. Für Nick Kubitz (21) und Annika Rose (24), die ihre Ausbildung zum Berufskraftfahrer absolvieren beziehungsweise bereits abgeschlossen haben, ist jene Asphalt-Romantik noch längst nicht Geschichte. „Ich habe Spaß daran, auf den Straßen unterwegs zu sein. Ich fahre raus und bin für mich. Du hast keinen, der schlecht gelaunt ist und dich anquatscht“, sagt Nick Kubitz, der im zweiten Ausbildungsjahr zum Berufskraftfahrer ist. Der gebürtige Mettinger kam im August 2020 zum Osnabrücker Unternehmen Overnight TiefkühlService, einer hundertprozentigen OSNABRÜCK

IhreWeltsinddieAutobahnen:AnnikaRoseundNickKubitz.

schäftigt, sieben weitere befinden sich in der Ausbildung. Kubitz hatte zuvor eine zweijährige IHK-Ausbildung zum Fachpraktiker für Lagerlogistik abgeschlossen. Doch wirklich zufrieden war er damit nicht. „Ich hatte immer noch den Traum,

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Berufskraftfahrer zu werden“, sagt er rückblickend und bewarb sich so kurzerhand neu. Als Kind, so sagt er, sei er bereits mit seinem Onkel, der Lastwagenfahrer sei, mitgefahren und „auf den Straßen unterwegs gewesen“. Sein Bruder mache derzeit ebenfalls eine Ausbildung zum Lkw-Fahrer. In der Schule habe er bereits die Idee gehabt, diesen Beruf zu erlernen, sich jedoch Sorgen gemacht, ob er das hinbekomme, wie er selbst sagt. Hinzu kam, dass ihm viele Leute davon abgeraten hätten, als Lastwagenfahrer zu arbeiten – selbst diejenigen, die schön länger in der Branche tätig seien. „Davon habe ich mich jedoch nicht abhalten lassen“, sagt der 21-Jährige selbstbewusst. Eine Einstellung, die auch Lars Siepmann, Leiter Fuhrparkmanagement und Disposition bei Overnight, zu schätzen wissen dürfte. Denn Nachwuchs zu finden wird zunehmend schwieriger, sagt der 48-Jährige. 2007 habe das Unternehmen angefangen, Berufskraftfahrer selbst auszubilden. „Seitdem versuchen wir jedes Jahr gute und ausreichend Azubis zu finden“, so Siepmann. Kein leichtes Unterfangen, wie sich zeigt. Neben den Imageproblemen des Berufsstandes sowie der Logistikbranche allgemein wirke sich negativ aus, dass immer mehr junge Leute studierten und sich gegen eine Ausbildung entschieden. Dabei sei der Job als Berufskraftfahrer abwechslungsreich und „die Bandbreite extrem groß“. Zudem fehle durch die Abschaffung der Wehrpflicht, durch die viele Fahrer einst kostenlos ihren Lkw-Führerschein machen konnten, ein weiteres Standbein bei der Rekrutierung von Fahrern. Die Sorgen des Unternehmens spiegeln dabei die allgemeine Entwicklung der Branche wider. Nach Angaben des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) fehlen bereits jetzt 60 000 bis 80 000 Berufskraftfahrer deutschlandweit. Jedes Jahr gehen demnach 30 000 Fahrer in Rente – doch nur circa 17 000 neue kommen nach. Eine Entwicklung, die sich nach Einschätzung des BGL weiter zuspitzen dürfte. In den kommenden Jahren könnte es demnach zu einem Versorgungsengpass kommen, ähnlich wie es derzeit in England zu beobachten ist. Grund sind strikte Brexit-Visabestimmungen, die zu einem erheblichen Fachkräftemangel geführt hatten. Massive Liefer-

probleme bei Benzin und Lebensmitteln sind die Folge. 100 000 Fahrer fehlen landesweit, erst jüngst musste die Armee einspringen und aushelfen. Eine Entwicklung, die auch Fuhrparkleiter Siepmann mit Sorge verfolgt. Konsumverhalten und Nachwuchssorgen könnten die Probleme hierzulande ebenfalls befeuern und auf Dauer zu Versorgungsengpässen führen, so der Fuhrparkchef. Umso erfreulicher sei, wenn junge Leute nach der Ausbildung den Weg zum Osnabrücker Unternehmen fänden. Annika Rose ist eine von ihnen. Die 24-Jährige hatte 2017 ihre Ausbildung zur Berufskraftfahrerin begonnen und diese im vergangenen Jahr erfolgreich abgeschlossen. Einige Jahre zuvor hatte die gebürtige Rheinerin Maler- und Lackiererin gelernt. Doch ihrem ursprünglichen Job wollte sie nicht mehr nachgehen. „Ich war viel mit dem Auto unterwegs, und Fahren ist das, was ich gerne mache“, sagt die junge Frau und entschied sich schließlich dafür, Pinsel und Farbe gegen Lenkrad und 40-Tonner zu tauschen. Mit dem Lkw unterwegs zu sein sei für sie ein „Gefühl von Freiheit“. Auch wenn es manchmal einsam sein könne, wenn während der Arbeit niemand zugegen sei, mit

„Es wäre definitiv cool, wenn das mehr Frauen machen würden. Wir sind eindeutig zu wenige.“ Annika Rose, Lkw-Fahrerin

dem man sich unterhalten könne. Dass sie als junge Frau in einem männerdominierten Beruf unterwegs sei, spiele für sie keine Rolle – auch wenn es durchaus Vorbehalte und Sorgen, etwa von der eigenen Familie, gegeben habe. „Ich habe noch nie erlebt, dass ich dumm angemacht wurde. Meistens werde ich positiv wahrgenommen. Die älteren Fahrer sagen zwar manchmal; ,Frauen gehören nicht hinters Steuer‘, aber die meisten Kunden freuen sich auch, mal eine Frau als Lkw-Fahrerin zu sehen“, sagt Rose. Dabei wäre es längst an der Zeit, mehr Frauen in diesem Beruf zu sehen. „Es wäre definitiv cool, wenn das mehr Frauen machen würden. Wir sind eindeutig zu wenige.“ Um nicht nur mehr Frauen, sondern auch junge Männer für den Beruf zu begeistern, geht das Unternehmen an Schulen aktiv auf junge Menschen zu. Nicht ganz einfach, denn den Lkw-Führerschein zu machen ist auch immer eine Frage des Alters. Vor allem sei es wichtig, so heißt es vom Unternehmen, dass die angehenden Berufskraftfahrer mindestens ein Jahr Fahrpraxis während ihrer Ausbildung sammeln könnten. Dabei gehe es auch darum, Verantwortung im Umgang mit den Fahrzeugen zu lernen. Würden sich die jungen Erwachsenen dann für die Ausbildung entscheiden und diese positiv wahrnehmen, könnten Freunde oder Bekannte für den Job begeistert werden. Eine Art Schneeballsystem, wie Lars Siepmann sagt. Gleichzeitig hemmen der negative Ruf der Branche und das Image der Berufskraftfahrer die Chancen, ausreichend Personal zu gewinnen. Dabei sei die Logistikbranche als solche unverzichtbar, sagt Siepmann. „Manche Menschen akzeptieren nicht, dass es Lkw braucht, um all die Dinge in die Innenstädte zu bringen.“ Auch deshalb wünscht sich Nick Kubitz mehr Verständnis und Zuspruch für sich und seine Kollegen. „Die Leute, die die Güter kaufen, sollten das eigentlich schon wertschätzen, auch weil die Dinge gebraucht werden. Irgendwann ist es dann so wie in England, dann sind beispielsweise die Tankstellen leer“, sagt er. Dass sich Annika Rose und Nick Kubitz trotz Vorurteilen und Vorbehalten für den Job als Berufskraftfahrer entschieden haben, spricht für sich. Denn für beide ist die Leidenschaft des Brummifahrens schon in jungen Jahren allgegenwärtig – und der Traum von Freiheit und Unabhängigkeit keine Erfahrung vergangener Jahrzehnte mehr.


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DONNERSTAG, 28. OKTOBER 2021

SPEZIAL TRANSPORT & LOGISTIK

„Wir sind ein vergessener Verkehrsträger“ Über die Binnenschifffahrt werden jährlich Millionen Tonnen an Gütern transportiert VON ANDRÉ POTTEBAUM OSNABRÜCK Die Binnenschifffahrt wird gerne als vergessener Verkehrsträger bezeichnet, auch weil Lastwagen und Güterzüge in der öffentlichen Wahrnehmung deutlicher präsenter sind. Dabei haben Wasserwege auch in der Region eine wichtige Bedeutung. Im März dieses Jahres sorgte die Havarie eines großen Containerschiffes im Suezkanal für weltweite Aufmerksamkeit. Der 400 Meter lange und 59 Meter breite Frachter „Ever Given“ der taiwanesischen Reederei Evergreen war während eines Sandsturms bei starkem Wind manövrierunfähig geworden, vom Kurs abgekommen und auf Grund gelaufen. Tagelang blockierte das Schiff eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt, auf der rund zwölf Prozent des internationalen Seehandels abgewickelt werden. Hunderte Schiffe standen Schlange – Reedereien, Unternehmen und private Kunden mussten auf ihre Güter warten. Der wirtschaftliche Schaden dürfte in die Millionen gehen: Allein ein Tag in der Warteschlange bedeutet für die Reedereien Verluste von rund 100 000 US-Dollar pro Schiff. Die Havarie der „Ever Given“ zeigte einmal mehr die Abhängigkeit der Wirtschaft von der Schifffahrt. Und das gilt nicht nur für die Seewege, sondern auch für die Binnenschifffahrt. Fast 190 Millionen Tonnen Güter wurden 2020 allein in Deutschland durch Binnenschiffe transportiert, ein Anteil von 6,9 Prozent am gesamten deutschen Güterverkehr. Doch wirklich präsent sind die schwimmenden Transportriesen in der öffentlichen Wahrnehmung nicht. „Wir sind der vergessene Verkehrsträger“, sagt Martin Deymann, Geschäftsführer der gleichnamigen Reederei mit Sitz in Haren. Lastwagen auf den Straßen, Güterzüge auf den Schienen – darum gehe es, wenn darüber diskutiert werde, wie Möbel, Lebens-

mittel, Benzin und Co. von A nach B transportiert würden. Deymann selbst ist gelernter Binnenschiffer. Als Kind lernte er bei seinem Vater Rudolf das Handwerk, steuerte später jahrelang selbst eigene Schiffe, um sich Anfang der 2000er-Jahre mit seiner Reederei selbstständig zu machen, zunächst mit einigen wenigen Tankschiffen, wie er selbst sagt. Mittlerweile besitzt das Unternehmen 23 Tank- und 17 Frachtschiffe, zwölf weitere Schiffe werden von den Emsländern befrachtet. Rund fünf Millionen Tonnen werden so jedes Jahr in Summe transportiert – drei Millionen per Tank-, zwei Millionen per Containerschiff. Neben Mineral- und Heizöl werde extrem viel Kohle gefahren, aber auch Baustoffe wie Kies, Zement und Klinker gehörten dazu, ebenso Futtermittel oder Waren in der Erntezeit. „Egal ob es Ikea oder Hornbach ist – alle nutzen den Weg der Binnenschifffahrt“, sagt Deymann. Laut dem Statistischen Landesamt Niedersachsen wurden 2020 vorzugsweise Erze, Steine, Erden und andere Bergbauerzeugnisse (3,6 Millionen Tonnen) auf diese Art und Weise transportiert, gefolgt von Gütern der Land- und Forstwirtschaft sowie der Fischerei (3 Millionen Tonnen), chemischen Erzeugnissen (1,7 Millionen Tonnen), Lebensmitteln (1,6 Millionen Tonnen) und Kohle (1 Million Tonnen) – wobei Letztere einen massiven Einbruch von rund 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr hinnehmen musste. Zu den wichtigsten Häfen in Niedersachsen gehört demnach Lingen, das mit rund zwei Millionen Tonnen umgeschlagener Güter landesweit an zweiter Position steht, nach dem Hafen in Salzgitter. Der Standort in Osnabrück liegt mit 375 000 Tonnen im hinteren Bereich. Für das hiesige Unternehmen Q1, Tankstellenbetreiber mit rund 230 Standorten bundesweit, ist der Hafen in Osnabrück dennoch

Der Hafen Rotterdam: Hier holt das Osnabrücker Unternehmen Q1 in der Regel seine Ware ab. RotterdamgehörtzudenARA-Häfen. Foto:MarijanMurat/dpa

Fast 190MillionenTonnen Güter wurdenzuletztperBinnenschiffinDeutschlandtransportiert.

wichtige Anlaufstelle. Im vergangenen Jahr, so sagt Martin Hoffschröer, Leiter Einkauf und Tankläger bei Q1, seien rund 50 Prozent der 130 Millionen Liter Diesel und Heizöl, die in Osnabrück umgeschlagen worden seien, per Schiff transportiert worden; der Rest wird per Kesselwagen abgeholt oder ans Ziel gebracht, etwa zu den regionalen Tanklagern, von denen die Kraft- und Brennstoffe weiter verteilt werden. „In der Regel holen wir die Ware in Rotterdam ab“, sagt Hoffschröer. Rotterdam gehört zum sogenannten ARA-Raum, zu dem auch die Seehäfen in Amsterdam und Antwerpen zählen. Die niederländischen Standorte gelten als erster Anlaufpunkt in Europa, um Waren zu entladen oder aufzunehmen. Reedereien wie das Harener Unternehmen Deymann werden dann beauftragt, um mit ihren Schiffen Hunderte Container oder Tausende Tonnen per Tankschiff über die hiesigen Wasserwege zu befördern. Vor allem wenn es um größere Mengen oder unterschiedliche Güter gehe, die transportiert werden müssten, sei die Binnenschifffahrt gefragt. Ein Schiff könnte derzeit etwa so viel transportieren wie 36 Lkw, zumindest an den Hafen nach Osnabrück, sagt Martin Hoffschröer von Q1. Mit dem Ausbau des Osnabrücker Hafens für Schiffe mit größerem Tiefgang dürfte sich die Kapazität weiter erhöhen – möglicherweise benötige man dann 41 Lkw, um ein Containerschiff zu ersetzen, schätzt Hoffschröer. Doch auch die zeitliche Komponente spielt bei der Wahl des Transportmittels eine Rolle. Für Kunden gelte vor allem die Maxime, so günstig, so sicher und so schnell wie möglich Waren ans Ziel zu bringen, sagt Reeder Deymann. Von Rotterdam nach Os-

nabrück dauert eine Lieferung circa zwei bis drei Tage, bis Lingen einen. Um beispielsweise 400 Container von Rotterdam nach Mainz zu bringen, dauere es rund 55 Stunden – eine Zeitspanne, die mit Dutzenden Lkw nicht zu leisten sei, so Deymann. Auch deshalb setzen Unternehmen wie die Lingener Raffinerie BP auf Wasserwege. „Wir nutzen Binnenschiffe zum Transport von Flüssigprodukten – hauptsächlich Benzin und Diesel – und Gasen, dabei geht es sowohl um die Logistik von Produkten rund um unsere Raffinerien in Gelsenkirchen und Lingen als auch um die Versorgung unserer Tankläger, von wo aus die Aral-Tankstellen mit Kraftstoffen beliefert werden“, heißt es dazu auf Nachfrage vonseiten des Unternehmens. Binnenschiffe als Transportmittel seien demnach „ein wichtiger Bestandteil in unserem Logistik-Portfolio und wir setzen uns dafür ein, die Potenziale der Binnenschifffahrt für die Zukunft weiter auszubauen und zu nutzen.“

Foto: RolandWeihrauch/dpa

Ein Punkt, der auch bei Q1 Anklang findet. „Wasserwege müssen weiter ausgebaut werden und ,state of the art‘ sein. Wir müssen auch versuchen, mehr Volumen auf die Schiffe zu bekommen“, sagt

„Wasserwege müssen weiter ausgebaut werden und ,state of the art‘ sein.“ Martin Hoffschröer, Einkaufsleiter bei Q1

Hoffschröer. Gleichzeitig würden die natürlichen Grenzen die Möglichkeiten, die Binnenschifffahrt in Anspruch zu nehmen, begrenzen. Wer sein Unternehmen etwa im Landesinneren habe, könne nur bedingt Güter per Schiff transportieren; außerdem spiele der Tiefgang der Wasserstraßen eine wesentliche Rolle. Deymann sowie die Unternehmen wünschen sich, dass die Bedeutung der Binnenschifffahrt in Zukunft stärker wahrgenommen wird. Die Fahrt mit dem Schiff werde immer noch als zu „romantisch“ angesehen, findet Deymann, dabei stecke hinter der Binnenschifffahrt harte Arbeit. Zudem hätte nicht nur die Havarie im Suezkanal gezeigt, wie abhängig die Wirtschaft von den Schiffen sei. Das extreme Niedrigwasser 2018 auf dem Rhein, das etwa zu Versorgungsengpässen bei Tankstellen geführt habe, habe deutlich gemacht, dass die deutsche Wirtschaft nicht ohne Wasserwege und Binnenschifffahrt auskomme.

Fürdie BP-Raffinerie in Lingen sindBinnenschiffealsTransportmitteleinwichtigerBestandteildesLogistik-Portfolios.

Foto: BPLingen


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SPEZIAL TRANSPORT & LOGISTIK

SPEZIAL TRANSPORT & LOGISTIK

„Es bräuchte ein komplett neues Bahnnetz für Güter“ Wirtschaftstalk: Ulrich Boll und Andreas Wolke-Hanenkamp sprechen über Stärken und Schwächen der Logistikregion, Fachkräfte und eine ehrlichere Politik Region ist verkehrstechnisch gut angebunden. Trotz politischen Drucks: Kapazitäten auf der Bahn sind limitiert. E-Mobilität bedingt andere Infrastruktur und Ausbau des Netzes. VON NINA KALLMEIER UND BERTHOLD HAMELMANN Leere OSNABRÜCK/MEPPEN Supermarktregale und fehlender Sprit an den Tanksäulen in Großbritannien – ist so etwas auch in Deutschland möglich? Die Wahrscheinlichkeit besteht, sagt Nosta-Geschäftsführer Andreas Wolke-Hanenkamp. Ulrich Boll, Geschäftsführer der Georg Boll GmbH, pflichtet ihm bei und ergänzt: „Eigentlich ist es gut, was gerade in England passiert. Denn so bekommt die Politik mit, dass das Fachkräfteproblem und damit verbundene Versorgungsengpässe, vor denen die Logistikbranche seit Jahren warnt, tatsächlich eintreten können. Und wenn das Logistikgewerbe nicht funktioniert, funktioniert Deutschland nicht. Da nützt auch keine gut ausgebaute Infrastruktur, wenn niemand den Lkw oder Zug auf diesen Strecken fährt.“ Gerade diese Infrastruktur ist ein Vorteil der Region Osnabrück, des Emslandes und der Grafschaft Bentheim, sind sich WolkeHanenkamp und Boll einig. „Das zeichnet uns aus.“ Die Lage zwischen den Häfen Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam (ARAHäfen) und den deutschen Häfen sei günstig, so der Meppener Unternehmer Boll. „Wir sind quasi das Hinterland dieser Häfen. Ob ein Container über Hamburg, Bremen oder die ARA-Häfen läuft, macht im Nachlauf keinen großen Unterschied.“

„Wie gehen wir als Gesellschaft mit Fahrern um? Das ist das Thema.“ Ulrich Boll, Geschäftsführer der Georg Boll GmbH

Foto:imago/blickwinkel

Hinzu kommen die Straßenverkehrsachsen in Richtung Skandinavien, Benelux und Osteuropa, die durch die Region verlaufen. Auch, wenn Ulrich Boll abseits der Hauptachsen A 1 und A 30 mit dem Ausbau der Nebentangente E 239 im Emsland noch Potenzial sieht. Und auch der Osnabrücker Wolke-Hanenkamp sieht vor allem die Vorzüge der guten Straßeninfrastruktur. „Wir können innerhalb von 24 Stunden Millionen von Konsumenten und Kunden erreichen. Das macht die Region nicht nur für Logistikbetriebe, sondern auch für Produktion und Handel interessant“, ist er überzeugt. Ein daraus entstehendes starkes Logistiknetzwerk mit vielen Traditionsunternehmen, die die Region weiter vorantreiben, ist für den Nosta-Geschäftsführer – anders als an anderen Standorten, an denen die Unternehmensgruppe tätig ist – eine logische Konsequenz. „Auch wir haben natürlich einen harten Wettbewerb, aber wenn es um Kooperationsthemen geht, kooperieren wir.“ Eines dieser Kooperationsprojekte in der Region ist das neue Kombi-Terminal am Osnabrücker Hafen. Die Nosta-Gruppe ist Mitgesellschafter der Betreibergesellschaft. Hier schließt sich der Kreis für Wolke-Hanenkamp auch zu einem Aspekt, in dem die Region für ihn Nachholbedarf hat. „Multimodale Verkehrskonzepte umzusetzen ist zurzeit noch schwierig möglich. Mit den Terminals in Dörpen und jetzt auch in Osnabrück sind zunächst gute Voraussetzungen geschaffen worden, dass die Region überhaupt multimodal und damit auch klimaschonender erreichbar geworden ist“, sagt er. Wobei das Terminal in Osnabrück wie auch jenes im emsländischen Dörpen zunächst einmal nur Ankunfts- und Abfahrpunkte sind. „Mit Schiff oder Bahn kommen Güter nur überschaubar gut aus der Region heraus oder in die Region rein. Freie und attraktive Trassen zu Wirtschaftszentren in Nordoder Süddeutschland zu bekommen ist aufgrund der limitierten Kapazität auf den Schienenwegen ein großes Problem. Und gerade diese Verkehre werden künftig an Bedeutung gewinnen.“ Große Hoffnungen setzt Wolke-Hanenkamp in die Seehafen-Hinterland-Verkehre. „Ab Januar wird es auch ein erstes Angebot in diese Richtung geben.“ Ein limitierender Faktor, wenn es um die Diskussion einer Verlagerung von Gütern von der Straße auf die Schiene geht. „Das sehen wir auch in Dörpen“, sagt Ulrich Boll. „Warum funktionieren diese Hubs nicht so, wie wir es gerne hätten? Das liegt nicht am Willen der Unternehmer, sondern an der Bahn“, betont er. Für Boll eines der größten Probleme: Die Politik mache Druck, Güter vom Lkw auf die Schiene zu verlagern, ohne an der Bahn etwas zu verändern. „Wir müssen erst einmal Infrastruktur und Ressourcen schaffen und dann verlagern. Das tun wir aber nicht.“ Und Wolke-Hanenkamp ergänzt: „Wenn wir über eine Verlagerung von Gütern schwerpunktmäßig auf die Bahn spre-

STECKBRIEF

Ulrich Boll, Geschäftsführer Georg Boll GmbH & Co. KG

I

n fünfter Generation führt Ulrich Boll das Familienunternehmen Georg Boll GmbH & Co. KG mit Sitz in Meppen. Alleine am Hauptsitz sind rund 330 der insgesamt 500 Mitarbeiter beschäftigt. Der Fuhrpark des 1865 gegründeten Unternehmens umfasst 150 eigene Fahrzeuge und etwa 50 weitere von Subunternehmern. Die Spedition verfügt über ein nationales und europaweites Stückgutnetzwerk mit 36 Stationen allein in Deutschland und europaweit mehr als 400 Emp-

Foto:Hermann-JosefMammes

fangspartnern. Das Unternehmen war jedoch auch Gründungsgesellschafter der Unitrans-Gesellschaft und kooperiert heute als Exklusivpartner mit dem größten weltweit operierenden Logistikkonzern, der DHL. Entsprechend kann Boll alle Verkehrsträger vom Lkw über das Schiff bis hin zum Flugzeug nutzen, um Güter zu befördern. In der Region engagiert sich Boll unter anderem seit Jahren als Vorsitzender des Fachausschusses Verkehr der Industrie- und Handelskammer.

STECKBRIEF

Andreas Wolke-Hanenkamp, Geschäftsführer Nosta Logistics

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chon seit 1991 ist Andreas Wolke-Hanenkamp Geschäftsführer des Logistik Dienstleisters Nosta-Gruppe und verantwortet seit 2007 als Geschäftsführer die Nosta Logistics GmbH. Im Frühjahr dieses Jahres er außerdem im Management Board der Nosta Holding GmbH die strategische Verantwortung für die Business Units Road, Warehousing sowie Logistics international übernommen. In der Region engagiert sich der Manager auch in der Industrie-

chen, dann gehört zur Ehrlichkeit dazu, dass die Bahn in absehbarer Zeit keine gleichwertige Alternative zum Lkw-Transport sein wird.“ Zumal der Rückbau von Gleisen und Gleisanschlüssen in der Vergangenheit nicht zur Stärkung der Bahninfrastruktur beitrage, im Gegenteil. Wobei Boll zu bedenken gibt: Anders als beim Ausbau der Straßeninfrastruktur sei es bei der Bahn nicht damit getan, ein zusätzliches Gleis an bestehende Strecken zu bauen. „Die Trassen verlaufen vielerorts direkt durch die Städte. Insofern können sie nicht einfach erweitert werden. Eigentlich bräuchte es ein komplett neues Bahnnetz für den Güterverkehr“, sagt er. Da kommt der Faktor Zeit ins Spiel: Bis Infrastruktur-Großprojekte in Deutschland realisiert sind, vergehen Jahrzehnte. Doch was ist bis dahin? Wie in Großbritannien fehlen in Deutschland Lkw-Fahrer. „Wir schmunzeln zurzeit, und der eine oder andere freut sich, dass die Briten jetzt die Quittung für den Brexit bekommen. Dabei vergessen wir: Wir haben das gleiche Problem. Den klassischen Fernfahrer findet man heute kaum noch“, betont Ul-

Foto:NostaGroup

rich Boll. Und Andreas WolkeHanenkamp ergänzt: „Wenn ich mir überlege, wie viele Mitarbeiter bei uns in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen, werden die Sorgenfalten größer.“ Eine Lösung des Problems? Bislang nicht in Sicht. „Ich komme gerade aus Polen zurück. Mithilfe von Fachkräften unseres Nachbarlandes hat die Branche in den letzten fünf bis zehn Jahren das Fachkräfteproblem gelöst“, so der Nosta-Geschäftsführer. Allerdings seien die Zeiten vorbei. „Polnische Unternehmen haben selbst keine Fahrer mehr. Die Versorgungslücke mithilfe von Osteuropa zu schließen wird immer schwieriger.“ Und auch in der Ukraine oder dem Baltikum gibt es nur begrenzt Ressourcen. „Es geht soweit, dass man zum Beispiel auch über philippinische Aushilfskräfte spricht. Aber zurzeit fehlt mir die Fantasie zu sehen, dass das funktionieren könnte“, so Wolke-Hanenkamp. Mit dem Resultat: Es könne in den kommenden Jahren zu einem empfindlichen Engpass nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen wichtigen Wirtschaftsregionen kommen. Im

und Handelskammer. Dort hat Wolke-Hanenkamp derzeit den stellvertretenden Vorsitz des Verkehrsausschusses inne. Die Ursprünge der Osnabrücker Nosta-Group gehen bis in Jahr 1978 zurück. Zuerst national ausgerichtet, besteht die Gruppe mit 750 Mitarbeitern inzwischen aus mehreren Landes- und Produktgesellschaften und ist mit mehr als 25 Standorten in Deutschland, 40 in Europa sowie einem Standort in den USA international tätig.

schlimmsten Fall müssten Fuhrparks reduziert werden. „Was nützt mir ein Lkw auf dem Hof ohne den Fahrer, der ihn bewegen kann?“ Die Bezahlung sieht Ulrich Boll als einen Faktor, wenn auch nicht den wichtigsten dafür, dass der Berufskraftfahrer als Ausbildung nicht immer hoch im Kurs stehe. „Ein Fahrer im Fernverkehr verdient bei uns im Schnitt rund 2700 Euro brutto im Monat plus Spesen etc. Das ist nicht viel, aber im Vergleich zu anderen gewerblichen Mitarbeitern unserer Branche auch nicht wenig“, so der Emsländer. Allerdings passe der Lohn nicht zu den Investitionen, die im Vorfeld anstünden, wie dem LkwFührerschein, der vor Beginn der Ausbildung absolviert werden müsse. Doch dafür könnten mit den Unternehmen Lösungen gefunden werden, so Boll. Gravierender seien die Faktoren Image und Arbeitszeiten. „Wie gehen wir als Gesellschaft mit Fahrern um? Das ist das Thema“, sagt er. „Es braucht mehr Respekt für das Berufsfeld“, ergänzt auch Wolke-Hanenkamp. „Das sind Facharbeiter und ein kostbares Gut. So müssen sie auch anerkannt werden.“ In der Hin-

sicht habe sich in den vergangenen Jahren schon viel getan, man dürfe aber nicht nachlassen, so der Nosta-Geschäftsführer. „Logistik ist die drittgrößte Industrie in Deutschland, und gerade die Corona-Pandemie hat gezeigt, welch wichtige Funktion sie übernimmt. Das setzt sich auch immer mehr bei jungen Leuten durch.“ Die Pandemie hat auch einen Trend hervorgebracht, der Logistikern hinsichtlich der Fahrerproblematik in die Karten spielen könnte. „Wir sehen bei uns im Sammelgut-Geschäft eine Tendenz zu kleineren Sendungen“, sagt Ulrich Boll. Und auch das B2C-Geschäft – Business to Customer – habe deutlich zugelegt. „Vor Corona gab es das kaum, heute liegt der Anteil am Geschäft etwas unter 20 Prozent. Ich glaube, dass diese Entwicklung nachhaltig ist.“ Nosta spürt die zunehmende Kleinteiligkeit in den Logistiklägern. „Es gibt eine Vielzahl von Anfragen. Kunden springen auf das Multi-Channel-Geschäft auf “, so Wolke-Hanenkamp. Bei Boll führen die Veränderungen dazu, dass auch der Fuhrpark angepasst wird. „Unsere Fahrzeuge, die Handelsund Industriekunden beliefern,

haben in einem Wohngebiet nichts verloren. Insofern mussten wir die Nahverkehrsversorgung neu organisieren.“ Mit dem Resultat: Um die eingesetzten 3,5-Tonner zu bewegen, braucht es keinen Lkw-Führerschein. Und die weltweiten LogistikStröme? Wenn ContainerFrachtpreise gerade aus Fernost weiterhin so hoch bleiben, sieht Ulrich Boll durchaus die Möglichkeit, dass Verlagerungen stattfinden. „Waren werden ja gerade deshalb oft per Container verschifft, weil die Fracht wenig kosten darf. Importeure reagieren da in der Regel recht empfindlich“, sagt er. „Und die Störung der Logistikketten wird sich in den nächsten Wochen und Monaten nicht auflösen“, ist Wolke-Hanenkamp überzeugt. „Die Häfen sind weltweit voll, es fehlen Logistiker, die die Ware weitertransportieren.“ Die Konsequenz merke der Verbraucher zum Beispiel am fehlenden Holz im Baumarkt. Für die Textilbranche könnte die Türkei wieder eine größere Rolle spielen. „Und dann sind wir wieder bei den Landverkehren“, kommt Boll auf die Herausforderungen der Straßen- und Schienenlogistik zurück. Eine Herausforderung, die weder durch den demografischen Wandel noch die Klimaziele der EU und Deutschlands kleiner wird. „Die fehlende Schienenkapazität haben wir angesprochen. Eine wirkliche Alternative zum Verbrennungsmotor im Lkw gibt es für uns Logistiker jedoch auch nicht“, sagt Ulrich Boll mit Blick auf die politisch gewollte Elektro-Offensive für den Straßenverkehr. Den Verbrennungsmotor sterben zu lassen ist für Boll eine falsche Entscheidung. „Wir brauchen ihn als Übergangstechnologie weiter. Bislang gibt es auf Strombasis keine serienreifen Alternativen.“ Einige Kollegen würden als Übergangstechnologie auf LNG- oder Bio-LNG-Antrieb setzen. „In den Ballungszentren mag das gehen. Im Fernverkehr fehlt die Infrastruktur.“ Fahrzeuge mit wasserstoffbetriebener Brennstoffzelle hingegen seien siebenmal so teuer wie ein Verbrenner. „Das ist wirtschaftlich selbst mit Förderungen nicht darstellbar“, sagt der Emsländer. Hinzu kommt für ihn: Mit einer Umstellung des Fuhrparks ist die Sache nicht getan. „Unsere ganze Infrastruktur muss umgestellt werden. Wenn wir auf Elektromobilität auch im Nutzfahrzeugbereich setzen, brauchen wir zum Beispiel in unseren Werkstätten demnächst statt unserer Kfz-Mechaniker dann Starkstromtechniker.“ Und: Das Stromnetz müsste deutlich ausgebaut werden. „Wir haben gerade erst unsere Gabelstapler elektrisiert. Mehr können wir nicht umstellen, da die Ladekapazitäten ausgeschöpft sind. Wenn ich mir jetzt vorstelle, dass von unseren 150 Lkw an einem Freitag 30 Fernverkehrsfahrzeuge reinkommen und alle an den Strom angeschlossen werden? Dann geht in Meppen das Licht aus.“ Bis ein elektrischer Fuhrpark funktioniere, brauche es Zwischenschritte, die auch durchaus skurril sein könnten. „Es wird Stilblüten geben, auch das

„Was nützt mir ein Lkw auf dem Hof ohne den Fahrer, der ihn bewegen kann?“ Andreas Wolke-Hanenkamp, Nosta-Geschäftsführer

gehört zur Ehrlichkeit.“ Als Beispiel nennt Boll die Ladestation für Elektroautos an der Raststätte Geiselwind an der A 3 zwischen Erlangen und Würzburg. „Weil nicht genug Strom da ist, wird sie mit einem Dieselmotor betrieben.“ Was erwartet man in der Logistikbranche da von einer nächsten Bundesregierung aus Sozialdemokraten, Grünen und der FDP? Da müssen Boll wie auch Wolke-Hanenkamp schmunzeln. „Ich bin erst einmal froh, dass es nicht Rot-RotGrün geworden ist“, sagt Ulrich Boll. „Gerade mit Blick auf infrastrukturelle Themen erwarten wir viel. Allerdings ist der Ansatz, den die Grünen im Wahlkampf geäußert haben, keine neue Infrastruktur zu bauen und nur alte zu erhalten, aus meiner Sicht problematisch.“ Wolke-Hanenkamp ergänzt: „Meine größte Sorge ist, dass wir uns in ideologischen Debatten verzetteln. Die letzte Bundesregierung und auch die davor hat den Bereich Verkehr eigentlich ganz gut bespielt. Jetzt müssen die zur Verfügung gestellten Mittel nur auch vernünftig eingesetzt werden.“ Das größte Problem sei hier die fehlende Planungskapazität. „Das hören wir auch aus unserer Region.“ An welchen Stellen die Gelder dann eingesetzt werden, da ist der Osnabrücker offen. „Es gibt so viele Möglichkeiten. Es braucht einen sinnvollen Lückenschluss auf den Straßen, es gibt Brückenprojekte und die Schiene, ganz zu schweigen von Investitionen in Wasserstraßen und Schleusen. Es gibt genug zu tun.“ Auch hinsichtlich der Digitalisierung, die für die Logistik noch viel Potenzial biete. „Auch hier ist eine vernünftige Infrastruktur notwendig“, sagt Wolke-Hanenkamp. „Es gibt nichts Schlimmeres als Bahnwaggons, von denen keiner weiß, wo sie stehen, weil sie digital nicht mehr lückenlos erfasst werden.“

Foto:imago/blickwinkel


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DONNERSTAG, 28. OKTOBER 2021

SPEZIAL TRANSPORT & LOGISTIK

Niedersächsische Seehäfen setzen auf ihre Nischen Umschlag von 24 Millionen Tonnen Gütern im ersten Halbjahr / Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven ein Corona-Profiteur

OLDENBURG Die neun niedersächsi-

schen Seehäfen haben im ersten Halbjahr 2021 ein stabiles Umschlagsergebnis erzielt. Mit rund 24 Millionen Tonnen sind im Seeverkehr ein Prozent mehr Güter umgeschlagen worden als im Vergleichszeitraum 2020. „Besonders erfreulich ist, dass der Abwärtstrend gestoppt werden konnte und es in Teilen schon wieder bergauf geht“, sagt André Heim, Geschäftsführer der Marketinggesellschaft Seaports of Niedersachsen, die die neun Seehäfen vertritt. Die Corona-Pandemie habe die Schwerpunkte der Seehäfen verändert. So wurde in Nordenham und Brake vermehrt Holz verschifft, über alle Standorte hinweg insgesamt 500 000 Tonnen Rund- und Schnitthölzer. „Und durch den Ausfall von Produktionsstätten und unterbrochene Lieferketten sanken die Zahlen im Automobilbereich“, erläutert Heim. „Der Containerumschlag dagegen zieht jetzt wieder an, und im Bereich der Stückgüter, inklusive rollender Ladung, haben wir ein Wachstum von 12 Prozent verzeichnet.“ Für die zweite Jahreshälfte 2021 erwartet der SeaportsGeschäftsführer ein ähnlich stabiles Umschlagsniveau. Die landeseigenen Häfen, darunter die Seehäfen Brake, Cuxhaven, Emden, Stade und Wilhelmshaven,

Die niedersächsischen Seehäfen

CUXHAVEN

Gesamtumschlag der Seehäfen im Seeverkehr im ersten Halbjahr 2021

2020: 0,96 Mio. Tonnen 2021: 1,18 Mio. Tonnen Veränderung: +23 Prozent

Ostfri es ische In seln WILHELMSHAVEN 2020: 13,72 Mio. Tonnen 2021: 14,17 Mio. Tonnen Veränderung: +3 Prozent Quelle: Seaports of Niedersachsen · Grafik: NOZ Medien

VON JANA PROBST

EMDEN 2020: 1,76 Mio. Tonnen 2021: 1,94 Mio. Tonnen Veränderung: +10 Prozent

NORDENHAM 2020: 1,04 Mio. Tonnen 2021: 0,97 Mio. Tonnen Veränderung: –6 Prozent

2020: 6502Tonnen 2021: 17 741 Tonnen Veränderung: +273 Prozent

STADE 2020: 3,36 Mio. Tonnen 2021: 3,10 Mio. Tonnen Veränderung: –9 Prozent

Hamburg

Bremerhaven BRAKE

OLDENBURG 2020: 36782 Tonnen 2021: 46501 Tonnen Veränderung: +26 Prozent

2020: 415274 Tonnen 2021: 337998 Tonnen Veränderung: –19 Prozent

Nachdem der Umschlag von Neuwagen im Zuge der Corona-Pandemie fast vollständig eingebrochen sei, normalisiere sich die Situation, allerdings auf niedrigem Niveau, sagt Banik. In Emden wurden mit 554736 Automobilen im ersten Halbjahr dieses Jahres 32 Prozent mehr umgeschlagen als im Ver-

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PAPENBURG

betreibt das Unternehmen Niedersachsen Ports mit Sitz in Oldenburg. Für diese fünf ergibt sich im ersten Halbjahr 2021 ein gemischtes Bild. Geschäftsführer Holger Banik zeigt sich „verhalten optimistisch“. Zweistellige Zuwächse beim seeseitigen Umschlag melden Emden und Cuxhaven.

Sc hlesw ig-

.

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gleichszeitraum 2020 (421 807 Fahrzeuge). Damit liegt das Ergebnis noch weit unter dem Vorkrisenniveau (715 772 Neuwagen im ersten Halbjahr 2019) – allerdings mache sich auch der weltweite Chipmangel in dieser Branche bemerkbar. Als Profiteur der Pandemie-Auswirkungen wertet der Niedersachsen-Ports-Chef nach einem schwierigen Jahr 2020 den Jade-WeserPort in Wilhelmshaven. Nachdem der internationale Warenverkehr durch die Blockade des Suezkanals und die zeitweise Schließung chinesischer Häfen infolge der Pandemie aus dem Rhythmus geraten sei, erreiche den Jade-Weser-Port nun mehr Gelegenheitsverkehr, erläutert Banik. „Die anderen Häfen sind voll.“ Zwar verzeichnet der Seehafen insgesamt nur ein kleines Umschlagsplus von drei Prozent im ersten Halbjahr. Am bundesweit einzigen Tiefwasserhafen ist der Containerumschlag allerdings um 36,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen (2021: 303 000 TEU, 2020: 222 000 TEU). Zudem erhoffe man sich positive Effekte durch die Beteiligung der Hapag-Lloyd AG am Eurogate-Containerterminal. Im September hatte die größte Reederei Deutschlands angekündigt, den Anteil des dänischen Konkurrenten Maersk von 30 Prozent am Terminal zu erwerben. Den deutlichsten Rückgang im Seeschiffsverkehr verzeichnet man in Papenburg, Standort von Niedersachsens südlichstem Seehafen. Um 19 Prozent ist der Umschlag des von der Stadt betriebenen Hafens im Vergleich zum ersten Halbjahr 2020 eingebrochen, von 415 000 auf rund 338 000 Tonnen. „Wir glauben nicht, dass das ein Trend ist“, versichert Bürgermeister Jan-Peter Bechtluft. Er macht neben den Auswirkungen der Pandemie zwei Faktoren für den starken Rückgang verantwortlich: zum einen die geringe Auslastung der Meyer Werft, die deshalb deutlich weniger Anlieferungen von Bauteilen über den Seeweg bekommen habe. Zum anderen die Sperrzeiten der Seeschleuse im Zuge ihres Umbaus. Schon 2020 sei die Schleuse deshalb an 99 Tagen geschlossen gewesen. Die Modernisierung des mehr als 100 Jahre alten Bauwerkes ist für Bechtluft gleichzeitig aber ein positives Zeichen. Immer wieder traten in den vergangenen Jahren technische Probleme auf, die eine Sperrung der Schleuse nach sich zogen. Nun investieren das Land Niedersachsen, der Landkreis Emsland und die Stadt Papenburg 21,5 Millionen Euro allein in das Außenhaupt, das im Mai 2022 fertigge-

2020: 2,76 Mio. Tonnen 2021: 2,51 Mio. Tonnen Veränderung: –9 Prozent Bremen

stellt sein soll. Zwei weitere Bauabschnitte sollen folgen. Zudem steuert das Land mehr als 9 Millionen Euro zu den Kosten der Baggerarbeiten im Hafenbecken bei, mit denen die Stadt alljährlich gegen den tidebedingten Schlickeintrag aus der Ems kämpft. „Die öffentliche Hand hat die Weichen auf Zukunft gestellt“, bewertet Bechtluft die Investitionen. Und die Unternehmen legen nach: Klasmann-Deilmann aus Geeste hat den Neubau einer Substratfabrik am Hafen für rund zehn Millionen Euro angekündigt, die Firma Arnold Lammering nimmt für einen Neubau eine ähnliche Summe in die Hand. Und auf dem BeraHafenterminal entsteht ebenfalls für einen zweistelligen Millionenbetrag eine neue Anlage für die Kunststoffverwertung. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen rechnet Bechtluft damit, dass sich der Gesamtumschlag in den nächsten fünf Jahren einem Wert von 1,5 Millionen Tonnen annähern und sich auf diesem Niveau dauerhaft einpendeln wird. „Das muss die Zielsetzung sein“, betont der Bürgermeister. Besonders bei den Schüttgütern, etwa Torf und Blumenerde, sei schon jetzt eine positive Entwicklung zu erkennen. In den vergangenen Jahren ist der Gesamtumschlag im Hafen kontinuierlich gestiegen – von 617 000

„Die öffentliche Hand hat die Weichen auf Zukunft gestellt.“ Jan-Peter Bechtluft, Bürgermeister von Papenburg

Tonnen im Jahr 2014 auf 983 000 Tonnen im Corona-Jahr 2020. Nach der Corona-Pandemie haben die niedersächsischen Häfen den Weg zurück zur Normalität eingeschlagen. Doch wie sieht ihre langfristige Perspektive aus? Einen Wettbewerbsvorteil der niedersächsischen Seehäfen sieht Niedersachsen-Ports-Geschäftsführer Holger Banik in deren Spezialisierung: In Emden die Neufahrzeuge, in Brake Getreide, Rohöl und Kohle in Wilhelmshaven, die Möglichkeit zum Umschlag chemischer Produkte in Stade. „Das gibt es eben nirgendwo anders“, sagt Banik. „Nicht jeder hat so eine Nische“. Gleichzeitig müssten sich die Hafenbetreiber auf die Entwicklungen der kommenden Jahre einstellen. Durch die Energiewende verliere Kohle immer mehr an Bedeutung. Der Seehafen Wilhelmshaven als „Energiedrehscheibe Deutschlands“ richte den Fokus von dem fossilen Brennstoff auf einen Energieträger der Zukunft: Mehrere Großprojekte rund um grünen Wasserstoff sind in Planung, unter anderem der Anschluss ans geplante deutsche Wasserstoffstartnetz. Erst im Juli lud Umweltminister Olaf Lies beteiligte Unternehmen zu einem „Runden Tisch Wasserstoff “ nach Wilhelmshaven. In Stade will die Hanseatic Energy Hub GmbH ihre Pläne für ein LNG-Terminal in diesem Jahr zur Genehmigung vorlegen. Vor diesem Hintergrund sieht Niedersachsen-Ports-Geschäftsführer Holger Banik die landeseigenen Seehäfen „auf einem guten Pfad“. Er geht davon aus, dass die Umschlagzahlen gegen Ende des Jahres über dem Vorjahresniveau landen werden. Seaports-Chef André Heim betont in diesem Zusammenhang die Bedeutung von Infrastrukturanpassungen. Nicht nur die Wasserstraßen müssten den Anforderungen entsprechen, wie etwa Außenems und Unterweser, deren geplante Vertiefungen in Planfeststellungsverfahren stecken, sondern auch die Hinterlandanbindungen über Schiene und Straße. Nur so könnten die niedersächsischen Häfen „im internationalen Wettbewerb weiterhin optimal bestehen und so ihre Rolle für die deutsche Wirtschaft erfüllen“. Auch die vermeintlich kleineren Häfen werden langfristig eine wichtige Rolle in der Hafengruppe spielen, sagt Heim. Die Investitionen in den Seehäfen Papenburg und Oldenburg, sowohl von Unternehmen als auch der öffentlichen Hand, untermauerten dies.


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SPEZIAL TRANSPORT & LOGISTIK

Wenn Luftfracht nicht immer per Flugzeug kommt und geht 12000 Tonnen Waren sollen 2021 am FMO umgeschlagen werden

VON NINA KALLMEIER GREVEN Sportklamotten aus Vietnam befinden sich laut Aufschrift in einigen Kartons. Andere beinhalten Kühlbehältnisse mit Embryonen aus den USA für die Rinderzucht in Deutschland. In wiederum anderen der braunen Pappboxen im Lagerhaus der Wisag FMO Cargo Service GmbH & Co. KG neben dem Terminal des Flughafens Münster/Osnabrück (FMO) befinden sich Pflanzen. Für sie geht es von Greven aus nach Japan. Noch sind Mitarbeiter jedoch damit beschäftigt, den Laderaum eines Lkw zu entladen. Es ist wieder Ware in Pappkartons. Das sei typisch, sagt Margot Kriege. Sie ist Geschäftsführerin der Wisag FMO Cargo Service GmbH & Co. KG. Doch auch ein deutlich größeres Frachtstück für die Erdgas- und Erdölindustrie steht verzurrt in der Lagerhalle und wartet darauf, weiter auf die Reise zu gehen. Vor der Corona-Pandemie wickelte der FMO zuletzt 15 877 Tonnen Fracht ab. Zum Vergleich: Am Flughafen Frankfurt waren es 2019 etwas mehr als zwei Millionen Tonnen. Das Allzeithoch in Greven lag 2018 bei 17 519 Tonnen. Im Pandemie-Jahr 2020 waren es deutlich weniger. Doch die Wirtschaft zieht wieder an, beobachtet man im Lager am Flughafen. „In den vergangenen drei Monaten hat das Frachtvolumen wieder deutlich mehr geworden“, sagt Margot Kriege. 1200 Tonnen habe die Wisag jeweils pro Monat abgefertigt. „Etwas mehr als die Hälfte, 750 Tonnen Ware, gehen davon in den Export“, so Kriege. Insgesamt geht die Wisag-Geschäftsführerin davon aus, dass im Jahr 2021 wieder die 12 000 Tonnen Fracht geknackt werden. Obwohl von Luftfracht am FMO die Rede ist, landet nur ein sehr geringer Teil der Waren tatsächlich in einem der Flugzeuge auf der Landebahn des Flughafens. „Etwa 98 Prozent kommen und gehen per Luftfrachtersatzverkehr mit dem Lkw“, so Kriege. Getruckte Luftfracht nennt sich das. Der Grund dafür ist für die Wisag-Geschäftsführerin in Greven ganz einfach. „Bei uns landen keine 747 oder große Frachtflugzeuge.“ Diese Lkw-Verkehre operieren jedoch unter einer Flugnummer der Airlines – für knapp über 100 von ihnen sei der FMO tätig, macht Margot Kriege die Bedeutung deutlich. Die Lkw machten sich von Greven aus auf den Weg zu Flug-Hubs wie Frankfurt und München oder Düsseldorf und Berlin – oder kämen von dort. „Wie bei normaler Luftfracht kann Platz auf einem solchen Lkw gebucht werden“, erklärt die WisagGeschäftsführerin.

Nur einkleinerTeil derWaren, die vomFMOausin dieWelt gehenoderdortausanderen Ländernankommen,wirdimFlugzeugtransportiert.

Das Angebot nutzen nicht nur Unternehmen aus dem Raum Münster und Osnabrück, sondern auch aus Ostwestfalen, wie Kriege betont. Denn in Lippe gebe es kein Luftfrachtumschlaglager. Eines dieser Unternehmen aus OWL ist die Gerry Weber AG aus Halle. „Bei Gerry Weber wickeln wir primär Ware aus der Türkei via FMO ab. Aber auch Ware aus Asien wird über den FMO geroutet“, heißt es seitens des Modekonzerns auf Anfrage. Ein Teil der Ware für Gerry Weber gehört auch zu den 2 Prozent, die auch tatsächlich per Flugzeug am FMO landen. „Teilweise wird aber auch via Frankfurt zum FMO geroutet.“ Doch die geografische Lage beziehungsweise die Nähe und Performance des Flughafens in Greven würden den Standort als Drehkreuz besonders wertvoll machen. Die Textilindustrie ist einer der

„Bei uns landen keine 747 oder große Frachtflugzeuge.“ Margot Kriege, Geschäftsführerin Wisag FMO Cargo Service

Sie ist Geschäftsführerin der Wisag FMO Cargo Service GmbH & Co. KG am Flughafen in Greven: MargotKriege. Foto:NinaKallmeier

Wirtschaftszweige, die Margot Kriege zufolge vor allem den FMO nutzen. Aber auch die chemische Industrie, die Pharma- und Möbelindustrie oder der Maschinen- und Anlagenbau seien stark mit Fracht vertreten. Lebensmittel hingegen werden Kriege zufolge eher weniger über den Flughafen an der A 1 abgewickelt, doch ab und zu rieche es in der 2500 Quadratmeter großen Lagerhalle auch schon mal nach Gewürzen. „Unser Kerneinzugsgebiet erstreckt sich auf einen Umkreis von rund 150 Kilometern“, so Kriege. In diesem Umkreis liegt auch der Maschinenbauer Windmöller & Hölscher (W&H) aus Lengerich. An diesem Tag steht eine mannshohe Kiste im Lager am FMO, die in die USA geflogen wird. „Für W&H als Maschinenbauer mit über 90 Prozent Umsatz außerhalb Deutschlands hat der Flughafen Münster/Osnabrück zwei enorm wichtige Bedeutungen“, erklärt CEO Peter Steinbeck. Zum einen sei das die gute Erreichbarkeit des Technologiezentrums zur Präsentation und zum Test von Produkten für die weltweiten Kunden des Unternehmens. Immerhin rund 5000 Besucher kommen Steinbeck zufolge pro Jahr. Hinzu kommt: Für die mehr als 300 W&HServicetechniker aus Lengerich ist der FMO Startpunkt für weltweite Einsätze. „2019 waren dies rund 1700 Flüge vom FMO, der Großteil zu europäischen oder interkontinentalen Zielen“, sagt Steinbeck. In 2020 sei das Flugaufkommen aufgrund der Corona-Situation deutlich geringer ausgefallen. Insofern sagt auch Margot Kriege: „Gäbe es den FMO nicht, würde das für Unternehmen einen deutlichen Mehraufwand bedeuten.“ Zumal die Abfertigung an einem kleinen Flughafen wie in Greven deutlich schneller gehe als in einem Logistik-Hub wie Frankfurt. „Auch der Zoll direkt nebenan ist für Firmen ein Vorteil“, so die Wisag-Geschäftsführerin. Ob das auch für die Ware in der mannshohen Holzkiste eine Rolle spielt? Laut CEO Steinbeck bietet der Flughafen Münster/Osnabrück die „äußerst wichtige Infrastruktur, Luftfracht täglich zu übernehmen“. Wie auch bei Gerry Weber gilt jedoch: Nicht alles ist von Anfang an direkt geladene Luftfracht. Der Anteil sei aufgrund des derzeitigen Flugplans eher gering, so Steinbeck. „Doch insbesondere von den ansässigen Spediteuren am FMO profitiert W&H“, betont er. Der FMO fungiere so als Annahmestelle und bietet durch den Weitertransport den

täglichen Anschluss an alle weltweiten Destinationen. Und: „Das vorhandene Netzwerk ist auch in der Lage, kurzfristig ungeplante oder zeitkritische Sendungen zu übernehmen.“

Foto: FMO

Diesen Montagmorgen sei es vor allem Importware, die abgewickelt werde, sagt Wisag-Geschäftsführerin Margot Kriege. 14 Mitarbeiter arbeiten aktuell im Lager. Vor Corona waren es etwas mehr. Dass lediglich 2500

Quadratmeter Lagerfläche zur Verfügung stünden, ist Kriege zufolge nicht schlimm – viele Supermärkte sind größer. „Nur ein Bruchteil dessen, was heute angeliefert wird, ist morgen noch hier. Daher reicht der Platz.“

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SPEZIAL TRANSPORT & LOGISTIK

Alltag inBallungsgebieten undaufstarkfrequentiertenAutobahnabschnittenwie hierim BereichA1/Lotter Kreuz:DierechteSpurgehörtdenTruckern,dieTagfürTagdieVersorgungvonIndustrie,HandelundVerbrauchernsicherstellen.

Foto: Jörn Martens

Lkw reiht sich an Lkw und doch fehlen Tausende Fahrer Corona-Pandemie unterbricht weltweite Lieferketten / Ausreichende Transportkapazitäten in Deutschland stets vorhanden VON BERTHOLD HAMELMANN Ein alltägliches Bild im Herbst 2021: In Ballungsgebieten und auf stark frequentierten Strecken reiht sich auf deutschen Autobahnen Lkw an Lkw. Die rechte Fahrspur gehört längst den Truckern. Die Lkw-Schlangen spiegeln gleichsam die Lebensadern einer industriellen Welt wider. Je kräftiger der Pulsschlag, desto besser geht es der Wirtschaft – der LkwVerkehr als ein Konjunkturindikator. Doch der Kollaps droht. Die Lkw-Lawine bremst vielfach den gesamten Verkehr aus. Schon deshalb sorgte jüngst die Warnung vor einem „schleichenden Versorgungskollaps“ angesichts eines drohenden Fahrermangels für Aufmerksamkeit. Professor Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL), schaut bei seiner Einschätzung über den Tellerrand hinaus: „Mittlerweile sind fehlende Fahrer ein weltweites Problem.“ Die breite Öffentlichkeit in Deutschland bekomme dies aber kaum mit, „weil im Moment bei uns noch alles funktioniert“. Doch allein der Blick nach Großbritannien verdeutliche die brisante Situation: „Der dortige Fahrermangel hat seine Ursachen nicht nur im Brexit. Der Brexit hat das Ganze nur beOSNABRÜCK

schleunigt.“ So seien etwa die osteuropäischen Fahrer, die auf der Insel im Einsatz waren, in ihre Heimatländer zurückgekehrt. Versorgungsengpässe seien die Folge. Da in ganz Europa inzwischen händeringend Lkw-Fahrer gesucht würden, „kann sich dieser Personenkreis das Land aussuchen, wo er arbeiten möchte“. Nach BGL-Zahlen fehlen in Deutchland bis zu 80 000 Fahrer. Jährlich gingen 30 000 Lkw-Fahrer in Rente. Die Nachwuchszahlen bewegten sich im gleichen Zeitrahmen zwischen 13 000 und 17 000. Das Problem verschärfe sich. Den oft im Verborgenen ablaufenden Kraftakt, den in Deutschland viele Mittelständler vollbringen, um die Versorgungsketten aufrechtzuerhalten, untermauert Engelhardt mit einem anekdotenhaft anmutenden Beispiel. Bei einem großen Mittelständler mit 300 Lkw seien die beiden Geschäftsführer zu letzten Preisverhandlungen mit einem Lebensmittelkonzern mit einem eigenen Lkw gefahren, um im selben Atemzug auch Ware zustellen zu können. Als Interessenvertreter von etwa 7000 in seinen Landesverbänden organisierten Unternehmen sieht der BGL mit Sorge, „dass schon jetzt nicht alle Aufträge bedient werden können, dass stellenweise Mittelständler gar nicht an Ausschreibun-

gen teilnehmen und auch Kundenaufträge ablehnen“. Derzeit würden über 40 Prozent der nachgefragten Waren, die in Deutschland transportiert werden, von „gebietsfremden“ Fahrzeugen aus anderen EUStaaten bewegt. Dass die deutsche Verladerschaft etwa seit 2004 über Jahre hinweg immer gerne billige Fahrer speziell aus Osteuropa eingesetzt habe, „fällt uns jetzt auf die Füße“. Denn auch in Osteuropa fehle der Nachwuchs. Dieses Reservoir existiere nicht mehr. „Wenn jetzt die Wirtschaft noch weiter anzieht, werden fehlende Fahrer der limitierende Faktor sein“, prognostiziert Engelhardt. Und die Kostensituation? Je nach „Verkehrsträger“ (Straße, Schiene, Luft- oder Seefracht) müsse bei der Betrachtung der Transportraten differenziert werden, so Sven Eisfeld. Der Geschäftsführer Deutschland des international tätigen Transport- und Logistikunternehmens Hellmann Worldwide Logistics weist auf die im Zuge der Corona-Pandemie starken Veränderungen im Lieferverkehr hin. „Die globalen Lieferketten sind außer Takt geraten.“. Kapazitätsengpässe hätten zu massiven Preissteigerungen im Bereich Luft- und Seefracht geführt. Die Einflussfaktoren seien vielfältig und reichten von der Havarie des Containerschiffs „Ever Gi-

ven“ und der folgenden Blockade des Suezkanals bis zum extremen Mangel an Containern. Im nationalen Markt sei die Situation nicht „eins zu eins vergleichbar“. Die Kosten und damit die Preise würden tendenziell zwar steigen, aber nicht in einer Art und Weise wie im globalen Bereich. Hintergrund sei, dass in Deutschland Transportkapazität auch in CoronaZeiten nicht urplötzlich weggebrochen ist.

„In bestimmten Bereichen wird nicht mehr alles heute oder morgen verfügbar sein.“ Sven Eisfeld, CEO Deutschland bei Hellmann Worldwide Logistics

Als entscheidenden Kostenblock sieht Eisfeld weiterhin den Faktor Personal an. „Daran ändert auch der gerade extrem hohe Dieselpreis wenig, der in den letzten Jahren immer wieder stark geschwankt hat, was aber letztlich zu höheren Preisen für den Endverbraucher führen kann.“ Viel wichtiger bleibe der Fahrer, der die zu erbringende Dienstleistung „deutlich mehr beeinflusst“. Genau dieser Punkt ist ein kontinuierlich steigender Kostenfaktor im Arbeitsmarkt in Europa. Veränderungen in der Zukunft erwartet Eisfeld auch beim Kunden- und Konsumverhalten. „Die coronabedingten Auswirkungen spürt doch inzwischen jeder.“ Wer auf Waren zurückgreifen wolle, die in anderen Ländern oder Kontinenten hergestellt würden, müsse langfristiger planen. „Es wird in bestimmten Bereichen nicht mehr alles heute oder morgen verfügbar sein.“ Während in den ersten Monaten des laufenden Jahres gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019 andere Transportwege wie Binnenschifffahrt und Schiene deutlich an Transportvolumen einbüßten, erreichte der Lkw-Verkehr neue Rekordmarken. Die Zahlen sprechen für sich. Das Lkw-Ladevolumen machte bereits im vergangenen Jahr mit 3,77 Milliarden Tonnen über 85 Prozent des

gesamten Transportaufkommens in der Bundesrepublik aus. Der März 2020 ist längst vergessen. Hier brach die Lkw-Fahrleistung infolge der Corona-Pandemie um 5,8 Prozent im Vergleich zum Vormonat ein. Dies war der bis dahin stärkste Rückgang überhaupt und übertraf sogar den vormals größten Crash im Zuge der Finanzkrise im Jahr 2009. Der Negativ-Rekord wurde direkt im April nochmals übertroffen. Insgesamt sank die Fahrleistung um 10,9 Prozent – fast doppelt so viel wie der Rückgang vom Vormonat. In den drauffolgenden Monaten stieg nach Angaben des Statistischen Bundesamtes die Fahrleistung jedoch und erreichte im Dezember 2020 ein neues AllzeitHoch. Die Anzahl der Lastkraftwagen in Deutschland beläuft sich laut Kraftfahrt-Bundesamt im Jahr 2021 auf rund 3,4 Millionen Fahrzeuge. Davon verfügen rund 3,2 Millionen über einen Dieselantrieb. Knapp 150 000 Lkw werden mit Benzin betrieben. 65 200 Lkw verfügen über alternative Antriebe. Wirtschaftsfaktor Logistik: Die Einnahmen aus der Lkw-Maut betrugen 2020 rund 7,4 Milliarden Euro. Das mautpflichtige Streckennetz auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen umfasst etwa 52 000Kilometer.

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Das große Summen Azubis und Profis kümmern sich um Bienen auf Firmendächern / Bei Vermarktung des Honigs sind mehrere Kompetenzen gefragt Firma Bee-Rent bietet Rundum-Service für Unternehmen. Ertrag von mehreren Tonnen pro Jahr. Gläser mit eigenem Honig als Werbegeschenk. VON JANA PROBST OSNABRÜCK/HAREN Eine Wabe nach der anderen zieht Golo Martin aus den rechteckigen Kästen und begutachtet sie. Jede ist dicht besetzt mit wimmelnden Honigbienen, die sich auf den kommenden Winter vorbereiten. Sechs seiner insgesamt 100 Völker stehen auf dem Firmengelände des Planungsbüros Hahm in Osnabrück – es ist einer seiner letzten Besuche, bevor der Berufsimker die Bienen ins Winterquartier holt. Auf der schmalen Rasenfläche hinter dem Bürogebäude stehen mehrere Apfelbäume, am Zaun entlang wachsen Blumen – zusammen mit den Lindenbäumen an der Straße und der Vegetation rund um das Rückhaltebecken der Stadt gegenüber sei der Standort ein „Schlaraffenland für die Bienen“, sagt der Imker. Und das trägt Früchte: 180 Kilo Honig hat der Osnabrücker in diesem Jahr von den sechs Völkern geerntet. Den Firmensitz im „Ingenieurforum am Thie“ am Stadtrand von Osnabrück hat das Unternehmen erst vor zwei Jahren eingeweiht. Umweltverträglichkeit gehört hier zur Firmenidentität: Das Gebäude ist energieeffizient, die Außenanlagen aufwendig gestaltet und die Dachflächen begrünt – Honigbienen passten da perfekt ins Bild, sagt Geschäftsführer Berthold Uphoff. „Dann kann man mit dem, was man hat, auch etwas Gutes tun.“ Die Idee, mit eigenen Bienen gegen das Insektensterben vorzugehen, hatte Uphoff selbst. Zwei Jahre lang kümmerte sich der Osnabrücker Verein Himbeerbunt (früher unter dem Namen Blaubeergrün) um die Völker auf dem Firmengelände, bis dieser die Betreuung wegen Personalmangels einstellen musste. Deshalb wandte sich der Hahm-Chef an Imker Golo Martin. „Er hat das sofort als tollen Standort identifiziert“, sagt Uphoff – und sei schon bald mit sechs Bienenvölkern angerückt. So profitierten beide Parteien von der Vereinbarung, sagt Martin: Er hat einen gut geeigneten Standort für seine Bienen; das Unternehmen nimmt ihm einen Teil des Honigs ab und kann diesen als Werbegeschenk nut-

Kümmert sich professionellum Bienenvölker inder Region:BerufsimkerGolo Martin.

RegerFlugbetriebherrschtvoreinemBienenkasten.DiekleinenTierchen sindperfekteBotschafter füreingesundesLeben.

zen. „Die Kunden finden das auch total toll“, bestätigt Uphoff. „Und am Ende profitieren wir ja alle.“ Zur Aufmunterung während der Pandemie wurden die Gläser mit den firmeneigenen Etiketten auch an die Belegschaft verschenkt. Zwei Mitarbeiterinnen posten außerdem regelmäßig Neuigkeiten und Fotos von den Bienen auf dem firmeneigenen Instagram-Account. Bienen halten und damit das Firmenimage aufbessern – für den Hobbyimker Dieter Schimanski war das anfangs eher eine „Spaß-Idee“, sagt er. 2015 hat der Ganderkeseer das Unternehmen Bee-Rent gegründet. 2016 gewann er dafür den Wettbewerb „Ideen für Bremen“ – und immer mehr Unternehmen wurden auf sein Angebot aufmerksam. Das Konzept: Für einen Pauschalbetrag stellt Bee-Rent Bienenvölker auf dem Grundstück des Kunden auf, kümmert sich um die anfallende Bürokratie für die Nutztiere und stattet ihnen zehn bis 15 Besuche pro Jahr ab. Das Unternehmen übernimmt auch die Honigernte und das Abfüllen in Gläser. Einmal im Jahr bekommen die Kunden dann den Honig ihrer eigenen Bienen. „Schöner können Sie gar nicht kommunizieren, dass Sie nachhaltig aktiv sind“, sagt Schimanski.

Heute betreut Bee-Rent rund 1000 Bienenvölker bei deutschlandweit etwa 500 Kunden, darunter neben Unternehmen wie Amazon und Telekom auch Vereine, Schulen und Privatleute. 40 Franchisenehmer, allesamt Hobby- oder Berufsimker, vertreten das Unternehmen in ganz Deutschland. Langfristig will der Unternehmer auch ins Ausland expandieren, zudem ist ein Mietmodell für Insektenhotels in Planung. Allein ist Schimanski mit seinem Angebot nicht – etliche Start-ups und Imkereien haben die Vermietung von Bienenvölkern für sich entdeckt. Und die Nachfrage reißt nicht ab, berichtet der Bee-Rent-Chef. Vier Tonnen Honig habe er 2020 für seine Kunden verarbeitet – in diesem Jahr war es doppelt so viel, obwohl die Wetterbedingungen nicht optimal waren. Schimanski sieht einen grundsätzlichen Wertewandel bei Unternehmen: Heute gelte es nicht nur, Ressourcen zu schonen, sondern darüber hinaus im Bereich der Nachhaltigkeit aktiv zu werden. Sein Geschäftsmodell bediene aber nicht nur einen aktuellen Trend, sagt Schimanski. Bei Bee-Rent profitierten neben den Kunden auch die beteiligten Imker. Denn sie werden in jedem Fall für ihre Arbeit bezahlt, statt auf einen hohen Ertrag beim Honig hoffen zu müssen wie ihre Kollegen, um ihre Kosten zu decken. Und nicht zuletzt unterstützten die vermieteten Bienen die Pflanzenwelt vor Ort das ganze Jahr über, statt von einem Rapsfeld zum nächsten gefahren zu werden, sagt Schimanski. Beim Kunststoffspezialisten Röchling in Haren im Landkreis Emsland sind die drei Bienenvölker auf dem Firmengelände Teil eines Nachwuchsprojektes. Auszubildende aus allen Unternehmensbereichen kümmern sich um die Pflege der Tiere und ihrer Bienenkästen, um die Ernte des Honigs und dessen Vertrieb. Gestartet ist das Projekt Ende 2019, nachdem die Firma eine Fläche an der Südseite des Standortes von der Stadt Haren erwarb. Neben den dort

Fotos:MichaelGründel

Perfektes Gelände für Bienenvölker: das begrünte Dach des Planungsbüros Hahm in OsnabrückmitMitarbeiterinLauraWinkelmannund ChefBertholdUphoff.

neu gebauten Produktionshallen blieb eine ungenutzte Freifläche. Die Idee, dort Bienenvölker anzusiedeln, entstand bei einem Vertriebsseminar – und fand Anklang bei der Geschäftsführung. „Viele Jugendliche können damit nichts anfangen“, sagt Simon Schumacher. „Man denkt, Bienen sind uncool.“ Der 18-Jährige ist im dritten Lehrjahr seiner Ausbildung zum Verfahrensmechaniker bei Röchling und war von Anfang an am Projekt beteiligt. Dessen Reiz sieht er nicht nur darin, sich um die Bienen zu kümmern. Es seien Wissen und Fertigkeiten aus mehreren Bereichen gefragt, von der Fertigung bis hin zu Marketing und Vertrieb. Neben interessierten Azubis meldeten sich vier Hobbyimker aus der Belegschaft, die das Projekt als Paten betreuen. Einer von ihnen ist Heiner Tieben, bei Röchling in der Entwicklung beschäftigt. „Da sind viele fachliche Sachen, die zu beachten sind“, sagt der Hobbyimker, der privat sechs Bienenvölker hält. Wer Bienen züchten wolle, müsse einige rechtliche und bürokratische Auflagen beachten. „Bienen sind Nutztiere. Ein Nutztier muss beim Landkreis angemeldet werden.“ Zudem musste die zuvor stark gedüngte Wiese gemäht, der Schnitt abgefahren und eine geeignete Blühmischung angepflanzt werden. Experten vom Deutsch-Niederländischen

Bienenzentrum in Haren und vom Landkreis Emsland prüften die Gegebenheiten vor Ort, Letzterer stellte über eine Förderung einen Teil des Saatgutes. Die Auszubildenden bauten aus den Kunststoffplatten, die am Standort in Haren hergestellt werden, eigene Bienenkästen, die sogenannten Beuten, und dazu eine Hütte für die Lagerung der Materialien. Einige er-

„Dann kann man mit dem, was man hat, auch etwas Gutes tun.“ Berthold Uphoff, Planungsbüro Hahm

hielten dafür zuerst einen Schweißerlehrgang, andere arbeiteten mit dem Produktdesigner zusammen, der die Beuten am PC entwarf. Mit ein paar Monaten Verspätung standen im Sommer 2020 drei Bienenvölker auf dem Firmengelände, erworben vom Harener Bienenzentrum. Seither kümmern sich die Azubis in Kleingruppen mit jeweils einem Imkerpaten abwechselnd um ihre Bienen. Im Sommer statteten sie ihnen alle neun Tage einen Besuch ab, nach Ende des Bienenjahres im Herbst seltener. Im September wurden die Völker gegen die Varroamilbe behandelt, die Drohnenbrutwaben entfernt, in denen sich dieser Schädling am liebsten einnistet, und das Winterfutter verteilt. Nach Ansicht von Projektleiterin Lena Telgen kann der Unternehmensnachwuchs bei dem Projekt wertvolle Erfahrungen sammeln – auch dass Vorhaben auch mal „in die Hose gehen“ können. Ein größerer Rückschlag kam im Frühjahr dieses Jahres: Eine Königin verendete, ihr Volk zog keine neue nach – ein Totalverlust. „Das passiert Jungimkern ganz schnell“, sagt Imkerpate Tieben. Die beiden verbliebenen Völker haben in diesem Jahr allerdings „gut Honig gemacht“, betont Tieben. Zwischen 25 und 30 Kilo konnten die Auszubildenden aus den Waben schleudern und abfüllen. Der Honig wird in Gläsern mit selbst entworfenem Etikett an Kunden und Mitarbeiter verschenkt – mit durchweg positiven Reaktionen, sagt Lena Telgen. „Das ist nichts, was man kaufen kann“, sagt auch Bee-Rent-Chef Dieter Schimanski. Honig von den eigenen Bienen, die direkt am Firmensitz ausschwärmen und dabei Tausende Blüten bestäuben – das sei persönlicher und regionaler als ein Zertifikat für im Regenwald gepflanzte Bäume. Seiner Einschätzung nach steckt auch weiterhin Potenzial in diesem Geschäftsmodell. Und der Trend zeige bereits Wirkung: „Der Honigbiene geht es besser“, meint Schimanski. „Für die Natur ist das das Optimalste.“


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Junger Mann lernt altes Präzisionshandwerk Justus Pittke wird Büchsenmacher / Verantwortungsvoller Umgang mit Waffen ein Muss

VON NINA STRAKELJAHN FÜRSTENAU Eine Jagdwaffe ist komplex. Schaft, Lauf und Zielfernrohr müssen präzise aufeinander abgestimmt sein, damit ein waidgerechter Schuss bei der Jagd gelingt, das Tier also nicht leiden muss. Das Zusammenspiel all dieser handwerklichen Komponenten übt auf Justus Pittke eine Faszination aus. Die hat ihn dazu bewegte, eine Ausbildung als Büchsenmacher bei Jagdwelt24 zu beginnen. Für das Fürstenauer Unternehmen ist es eine Premiere. „Ich finde es cool, dass ich der Erste sein darf “, sagt der 21-Jährige, der in den nächsten Jahren unter anderem lernt, wie verschiedene Jagdwaffen gefertigt werden. Seit seiner Kindheit kennt sich Justus Pittke mit dem Jagen aus. Mit seinem Nachbarn ging er schon damals zur Jagd. Später machte er selbst den Jagdschein, lernte den respektvollen Umgang mit den Waffen genauso wie mit den Tieren und der Natur. Denn wer einfach nur eine Waffe abfeuern will, ist beim Jagen falsch. Darauf legt Justus Pittke sehr viel Wert. Als Jäger habe man eine verantwortungsvolle Aufgabe. Es gehe dabei um die Verbundenheit mit der Natur und dem heimischen Wild. Nur die Tiere, die im Sinne des Bestands auch zum Abschuss freigegeben seien, dürften erlegt werden. Das Erlösen kranker Tiere oder das Eindämmen von Krankheiten und Seuchen in den Beständen gehöre dabei zu den wichtigsten Aufgaben. Aktuell müsse beispielsweise vor allem in Ostdeutschland Jagd auf Wildschweine gemacht werden, da dort die Afrikanische Schweinepest (ASP) auf dem Vormarsch sei. Wer aber jagen will, muss sich mit allen Regeln und auch den Waffen auskennen. Wann nutzt man die Flinte, wann die Büchse – und was bedeutet das eigentlich? All das muss der 21-Jährige auch wissen, wenn er die Ausbildung zum Büchsenmacher durchläuft. Im Moment hat er allerdings eher selten eine Jagdwaffe in seinen Händen. Seine Hauptbeschäftigung: Feilen üben. „Eine gerade Oberfläche feilen zu können, das ist absolut notwendig“, sagt Falk Hennigs, Abteilungsleiter Waffen bei Jagdwelt24. Denn es komme auf Präzision an. Genauso müsse sich ein Büchsenmacher mit den

EinBüchsenmachermuss wissen, wojedes Teilhingehört.Das Montiereneiner Jagdwaffemitden richtigenEinstellungenistTeilder Ausbildung. Fotos:Angelika Engelmann

Ein genauesAugeundgrößteSorgfalt sindVoraussetzungen fürdieArbeiteinesBüchsenmachers:JustusPittkelerntin Fürstenaudiesen äußerst seltenenBeruf.

verschiedenen Materialien auskennen, die verbaut würden: Holz, Metall und Kunststoff. Gerade der Werkstoff Holz hat es Justus Pittke angetan. Eigentlich hatte er schon nach der Schule mit dem Gedanken gespielt, eine Ausbildung zum Büchsenmacher anzufangen. Aller-

„Ich finde es cool, dass ich der Erste sein darf.“ Azubi Justus Pittke

dings ist die Lehre selten geworden, und es gibt nur noch wenige Betriebe, die selbst ausbilden. Es gibt zudem nur zwei Schulen in Deutschland, die einige 100 Kilometer von seinem Heimatort Bippen entfernt sind. Deshalb entschied er sich zunächst für die für ihn attraktivere Ausbildung zum Zimmermann. Doch aufgrund gesundheitlicher Probleme musste er sich umorientieren. Da er schon in der Fürstenauer Filiale von Jagd24 arbeitete und sich gut in das Team integrierte, nutzte er seine Chance, als die Ausbildung angeboten wurde. Dabei nahm das Unternehmen auch erschwerte Rahmenbedingungen in Kauf, wie Angelika Engelmann, Leitung operatives Geschäft, berichtet. Unter anderem stellt die Ausbildung hohe Anforderungen an den Ausbildungsbetrieb in Bezug auf Werkstatt und Lehrinhalte. Dennoch entschied sich das Unternehmen, den Ausbildungsberuf anzubieten, denn Fachkräfte werden gebraucht. Und der Beruf des Büchsenmachers ist selten geworden. Einen Büchsenmachermeister beschäftigt die Firma bereits, sie will diesen Bereich ausbauen. „Denn es ist wie beim Arzt“,

sagt Falk Hennigs. Seine Jagdwaffe überlasse man auch nur jemandem, dem man vertraue. Früher wurden Jagdwaffen noch überwiegend in Handarbeit gefertigt. Daher gab es nicht nur den Büchsenmacher, sondern auch Laufmacher, Büchsen- und Systemmacher sowie Schäfter. Heute vereine der Beruf das alles. Zudem sei eine Tendenz hin zu industriell gefertigten Waffen zu sehen und weg von den traditionellen Maßanfertigungen. Bei vielen Jagdwaffen könne man jedoch die Einzelteile nach Wunsch zusammenstellen. Doch auch wenn die Waffen allgemein nur noch selten per Hand gefertigt werden, gehen sie noch immer durch die Hände eines Büchsenmachers. Denn nur mit den richtigen Einstellungen gelingt auch der Schuss. Zu den alltäglichen Arbeiten gehört beispielsweise das Montieren von Optiken, das Anpassen der Schaftlängen oder auch die chemische Reinigung von Läufen. Bis aber Justus Pittke so weit ist, wird es wohl noch einige Zeit dauern. Dabei wird seine Hauptarbeit in Zukunft weniger darin bestehen, eine Jagdwaffe zu bauen, als vielmehr darin, sie zu warten und zu reparieren. „Jagdwaffen sind oft schon viele Jahre alt“, sagt Falk Hennigs. Jäger hingen aber oft an ihren Waffen, zumal sie je nach Modell schon einen Wert im vierstelligen Bereich hätten. Deshalb wünschten sich viele Reparaturen. Doch weil die Jagdwaffen oft schon älter sind, ist es nicht immer leicht, überhaupt Ersatzteile zu bekommen, vor allem wenn die Waffen noch in Handarbeit gefertigt sind. „Da muss der Büchsenmacher dann selbst Lösungen finden“, sagt Hennigs. Während sich erfahrene Büchsenmacher ein Papier nehmen und schnell das Ersatzteil konstruieren können, müssen gerade Auszubildende das in Ruhe lernen. Und dann kommt auch wieder das Feilen ins Spiel, das Justus Pittke derzeit so fleißig übt. Denn Teil seines Berufs ist es nicht nur,

die individuellen Teile zu erdenken, sondern sie auch herzustellen, damit die Jagdwaffen weiterhin funktionieren. „Büchsenmachen ist ein Handwerk“, betont Hennigs. Genau das findet Justus Pittke aber auch so spannend. „Man macht nicht jeden Tag dasselbe, weil man oft erst herausfinden muss, was kaputt ist“, sagt er. Dafür sei es aber unerlässlich, die Funktionsweise einer Waffe perfekt zu kennen. „Ein erfahrener Büchsenmacher nimmt eine Waffe auseinander und kann sie ohne Probleme wieder zusammensetzen“, sagt Hennigs. Auszubildende müssten das oft erst üben. Deshalb werde ihnen auch immer gepredigt, nach einem System vorzugehen, damit sie genau wissen, wo welches Teil hingehöre. Wer mit Waffen umgehe, müsse wissen, dass es gefährlich sein

„Die Jagdwaffe überlässt man nur jemandem, dem man vertraut.“ Falk Hennings, Abteilungsleiter Waffen

Foto: Nina Strakeljahn

könne. Waffenrecht und der Umgang mit Waffen sind daher wichtige und komplexe Grundlagen für die Arbeit. Eine goldene Regel, betont Justus Pittke, sei zum Beispiel, niemals mit dem Lauf einer Waffe in Richtung eines Menschen zu zeigen, auch wenn sie vermeintlich nicht geladen sei. Das lerne man schon beim Jagdschein, und das gelte im Beruf genauso. Warum das alles so wichtig ist, verdeutlicht er anhand der verschiedenen Waffen: Eine Flinte, die Schrot verschießt, habe einen Druck von 700 bis 800 Bar, damit könne man noch in 300 Meter Entfernung Schaden anrichten. Eine Büchse verschieße die Kugeln sogar mit 2500 Bar und könne in fünf Kilometern noch gefährlich sein. Justus Pittke ist gespannt, was ihn in seiner Ausbildung noch alles erwartet. Auch der Verkauf und die Beratung im Bereich Jagdwaffen gehören übrigens dazu. Jäger wollen oft vom Experten wissen, wie die Jagdwaffen funktionieren – auch deshalb ist es gut, dass Pittke selbst Jäger ist, wie übrigens nahezu alle Büchsenmacher. „Es ist ein sehr außergewöhnlicher Beruf “, sagt der 21-Jährige. „Aber es ist auch ein Beruf mit Zukunft“, fügt er hinzu. Denn das Jagen sei auf dem Vormarsch, und nur mit einer zuverlässigen Jagdwaffe könne man dieser Passion sicher nachgehen. Bei Jagdwelt24 ist er in der Regel von Kollegen und Kunden umgeben, die sich in ihrem Alltag mit der Jagd auseinandersetzen. Doch wie sieht das eigentlich außerhalb seiner Arbeitsstätte aus? Jagen ist nicht jedermanns Sache, und jagdlich geführte Waffen werden immer wieder mit Waffen im Allgemeinen in Verbindung gebracht. Justus Pittkes Freunde haben damit aber eigentlich kein Problem. „Sie finden es spannend, dass ich diesen Beruf lerne“, sagt er. „Meine Freunde kommen aber auch alle aus einem ländlichen Umfeld, da ist man mit der Natur oft eng verbunden“, ergänzt er. Bei vielen gehöre die Jagd eben dazu – wie sie auch bei Justus Pittke schon seit der Kindheit dazugehört.


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VON NINA KALLMEIER HASELÜNNE/HAMBURG/ OSNABRÜCK Die Zeiten, in denen es

im Markt für Erfrischungsgetränke neben Cola, Fanta, Sprite und Apfelschorle nichts gab, sind lange vorbei. Ein Blick in die Supermarktregale und auf die Getränkekarten der Gastronomie machen deutlich, wie viele mitmischen. Zwar ist Coca-Cola mit einem Absatz von zuletzt fast 3,2 Milliarden Litern weiterhin der unangefochtene Platzhirsch. Doch um die unverkennbare transparente Flasche mit rot-weißer Banderole ist es bunt geworden auf dem LimoMarkt. Das hat für Oliver Schwegmann, Vorstand der Berentzen Gruppe, zu der neben dem gleichnamigen Schnaps unter anderem die Marke MioMio gehört, auch damit zu tun: Mit den sozialen Medien ist es einfacher geworden, bekannt zu werden und sich eine Fangemeinde aufzubauen. Auch MioMio hat sich seinerzeit zunächst im Berliner Raum Sporen verdient, bevor das Vertriebsgebiet erweitert wurde. Der Wettbewerb findet, so Schwegmann, innerhalb der Branche statt. „Das ist mittlerweile ein sehr zersplitterter Markt.“ Auch deshalb, weil einige Marken, hinter denen kleine Start-ups stehen, nur regional oder gar lediglich in Bars und Kneipen zu haben sind. „Das verändert den Wettbewerb von Stadt zu Stadt und manchmal auch Getränkemarkt zu Getränkemarkt“, sagt der Berentzen-Vorstand. So regional fing kurz nach der Jahrtausendwende auch für das Hamburger Unternehmen Fritz Kola – heute Fritz Kulturgüter – alles an. „Ein Start-up sind sie aber schon lange nicht mehr“, sagt Schwegmann über die Konkurrenz aus der Hansestadt. Auch wenn diese traditionell Umsatzzahlen geheim hält, im Jahr vor der Pandemie sei der Umsatz erwartungsgemäß deutlich gewachsen, heißt es im Bundesanzeiger. Bei Berentzen machten alkoholfreie Getränke zuletzt im vergangenen Jahr rund 40 Prozent des Umsatzes aus. Für dieses Jahr erwartet die Unternehmensgruppe insgesamt Umsätze zwischen 145 und 150 Millionen Euro.

„Konsumenten sind probierfreudiger“ Auch wenn der Absatz von Erfrischungsgetränken insgesamt sinkt, können sich norddeutsche Marken behaupten

Foto:imago/Panthermedia

Was den Markt für Erfrischungsgetränke angeht, so sei dieser ein reiner Verdrängungswettbewerb, sagt Schwegmann. Das lassen auch Berechnungen der Wirtschaftsver-

„Das ist mittlerweile ein sehr zersplitterter Markt.“ Oliver Schwegmann, Vorstand Berentzen

Die Entwicklung von MioMio freut Berentzen-Vorstand Oliver Schwegmann.Auch in der Pandemieistder Umsatzgestiegen. Foto: FrisoGentsch/dpa

einigung Alkoholfreier Getränke (wafg) vermuten. 114,4 Liter Cola, Schorlen, Limos, Energydrinks und Aroma-Wässer hat jeder Bundesbürger im vergangenen Jahr konsumiert – sieben Liter weniger als noch im Jahr zuvor. Zwar dürften auch der Wegfall von Veranstaltungen sowie die weitenteils geschlossene Gastronomie daran ihren Anteil gehabt haben, doch der Trend hält seit einigen Jahren an. Sorgenfalten auf die Stirn bringt die Entwicklung Berentzen-Vorstand Schwegmann nicht. Unter anderem deshalb nicht, weil die Konzernmarke MioMio sich gegen den Trend entwickelt und seit Jahren zweistellig wächst – auch im Corona-Jahr 2020. Obwohl auch die Universitäten, für Berentzen-Vorstand Oliver Schwegmann ein klassischer Ort, an dem zu MioMio gegriffen wird, auf Präsenzveranstaltungen verzichtet haben. Und auch in diesem Jahr erwartet Berentzen für MioMio ein starkes Wachstum – nicht nur durch neue Sorten, sondern auch, weil die Marke zunehmend auch im Süden Deutschlands eine Rolle spielen soll. „Wir sind gerade eine Kooperation mit einem Lohnabfüller eingegangen, um den Markt besser bedienen zu können“, so Schwegmann. Man habe den Anspruch, eine nationale Limo-Marke zu sein, betont der Berentzen-Vorstand. Der Konsument sei deutlich probierfreudiger geworden als früher – sowohl was die Sorten als auch was die Marken angehe, sagt der Berentzen-Vorstand. Das birgt für Hersteller einen Nachteil und Vorteil zugleich: „Kunden sind nicht mehr so loyal wie früher.“ Ein Vorteil, weil so die Chance besteht, Platzhirschen Konsumenten abzuluchsen. Ein Nachteil, weil sich Kunden eben umorientieren.

Die Erfahrung musste der Bio-Limo-Hersteller Bionade um die Jahrtausendwende machen. In den 2000er-Jahren war der Pionier der Biolimonaden in aller Munde und füllte zwischenzeitlich bis zu 200 Millionen Flaschen pro Jahr ab. Seit gut drei Jahren gehört Bionade zum hessischen Getränkehersteller Hassia, ein Familienunternehmen mit 1750 Mitarbeitern und knapp 280 Millionen Euro Umsatz. Und versucht, an alte Erfolge anzuknüpfen. Mit Erfolg: Zumindest wächst die Marke ähnlich wie MioMio laut Unternehmen wieder zweistellig. Und die Marke will auch in einen Markt vordringen, in dem Berentzen derzeit zusammen mit der

Brauerei Loscher aus Münchsteinach in der Metropolregion Nürnberg dominiert: Getränke auf Mate-Tee-Basis. Aktuell teilen sich Club-Mate und MioMio Mate rund 90 Prozent des auf 25 Millionen Liter geschätzten Volumens in Deutschland, heißt es in der Branche. Für Schwegmann ist klar: MioMio ist längst mehr als Mate, obwohl die Geschmacksrichtung immer noch stark nachgefragt sei und im Volumen wachse. „Wir sind jedoch früh in die Breite gegangen und haben die Marke auf mehreren Sorten aufgebaut. Mit mehr als 50 Prozent hat MioMio eine für die Branche hohe Wiederkaufrate.“

Auf der einen Seite brauche es spezielle Sorten, mit denen man sich vom Wettbewerb absetze. Gerade die junge Zielgruppe in den urbanen Zentren setze immer wieder Trends. „Der ländliche Raum ist aber kein verschlafenes Dorf “, betont der Haselünner. Um erfolgreich zu sein, brauche es neben dem Ausgefallenen aber auch die Klassiker. Und da ist der Limo-Markt eindeutig: Rund drei Viertel des Absatzes entfällt auf klassische Sorten wie Zitrone und Orange. Fritz Konsumgüter ist eine der wenigen neuen Marken, die es aus der Nische auf den nationalen Markt geschafft haben. In deren Anfangsgeschäft, den Kola-Markt, hat sich auch Berentzen seit mittlerweile rund sechs Jahren erfolgreich vorgewagt. „Der Markt ist spannend, und man nimmt uns die Kompetenz ab“, sagt Schwegmann. Schließlich sei das Getränk schon zur besten Kola Deutschlands gekürt worden. Für den Berentzen-Vorstand bleibt weiterhin viel Bewegung im Markt – mit immer wieder neuen Playern. Jüngst kündigte Schokoladenhersteller Ritter Sport an, eine Limo aus Kakao-Fruchtfleisch auf den Markt zu bringen. Rapper Capital Bra brachte seinen eigenen Eistee heraus. „Das sorgt für Aufmerksamkeit, solche Produkte steigen innerhalb kurzer Zeit auf“, sagt Schwegmann zur Künstler-Kooperation. Ähnliches kommt für ihn zum Beispiel für MioMio jedoch nicht infrage. „Wir suchen nicht den Thomas Gottschalk der Getränkeindustrie.“ Auch so läuft es rund für das Unternehmen aus Haselünne. Gerade erst hat die Berentzen-Gruppe ihre Gewinnerwartung nach oben korrigiert. Ende des Jahres rechnen die Emsländer mit einem Gewinn vor Steuern und Zinsen (EBIT) zwischen sechs und sieben Millionen Euro. Nicht alkoholische Getränke werden dabei wieder eine große Rolle spielen. „Wir eifern niemandem nach“, so Schwegmann. „Wir sind selbstbewusst und entwickeln unsere Marke mit breiter Brust weiter.“ Trotz zuletzt rückläufigen Gesamtmarktes.

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LEBEN & LEIDENSCHAFT

Jeder macht sein eigenes Ding Die Idee der Coworking-Spaces hält auch in ländlichen Regionen Einzug / Corona-Pandemie treibt Auslastung voran VON CORINNA CLARA RÖTTKER UELSEN In den Großstädten gehören Coworking-Spaces längst zum Stadtbild. Doch auch in ländlichen Regionen trifft man immer häufiger auf Gemeinschaftsbüros, in denen Menschen mit unterschiedlichen Berufen und aus verschiedenen Branchen zwanglos zusammenkommen, um gemeinsam, aber nicht unbedingt miteinander zu arbeiten. Sie teilen sich flexibel Arbeitsplätze und Infrastruktur – vom W-Lan über den Drucker bis hin zur Kaffeemaschine. Jeder macht sein eigenes Ding, muss aber nicht allein zu Hause sitzen. Die ursprünglich im amerikanischen Silicon Valley entstandene Arbeitsform erscheint auf dem Land vielen als verheißungsvoll: Städtern, weil sie von einem entschleunigten Leben im Grünen träumen, und Landbewohnern, weil sie sich eine Belebung ihrer Region erhoffen. Geert Schippers ist einer von ihnen. Seit Mai 2021 betreibt der frühere Handwerksmeister in der Grafschaft Bentheim den CoworkingSpace Vision in Uelsen. Am Rande der Samtgemeinde gehört Schippers ein Grundstück samt Halle und Nebengebäude. Beides hatte der Frührentner jahrelang an ein Spielcasino vermietet „Als dann das alte Bürogebäude frei wurde, kontaktierte ich einen Immobilienberater, um mit ihm verschiedene Vermietungsund Nutzungsmöglichkeiten zu besprechen, zumal das Gebäude renovierungsbedürftig war“, erzählt der 55-Jährige. Der Immobilienberater zeigte ihm dann die Möglichkeit eines Coworking-Space auf. „Ich hatte zuvor noch nie etwas davon gehört, doch die Art und Weise, so zu arbeiten, hat mich fasziniert. Ich war mehr als neugierig, ob so was auch bei uns auf dem Land funktionieren würde, und sah es als Chance, von der auch Uelsen profitieren könnte.“ Schippers nahm 150 000 Euro in die Hand, renovierte das alte Gebäude und errichtete auf 120 Quadratmetern den Coworking-Space. Dieser besteht aus einem großem Raum mit zehn Arbeitsplätzen, großen Fenstern, vielen Pflanzen

und Sichtschutzwänden an jedem Platz. Zudem gibt es einen Konferenzraum sowie eine Art Telefonzelle für private Gespräche. „Das Risiko ist für mich überschaubar: Das Gebäude musste so oder so saniert werden, und bis auf das Inventar habe ich keine großen weiteren Investitionen getätigt. Sollte also der Coworking-Space langfristig nicht funktionieren, kann ich das Gebäude anderweitig wieder vermieten“, sagt Schippers. Interessierte müssen sich zunächst auf der Webseite als Mitglied registrieren und können anschließend online einen Arbeitsplatz buchen. Die Tarife unterscheiden sich je nach Buchungsdauer: Wer einen Tisch für zehn Stunden im Monat buchen will, zahlt 45 Euro, eine Woche kostet 85 Euro, der Monat 245 Euro. Zudem gibt es Jahres- (195 Euro pro Monat) und Halbjahrestarife (225 pro Monat) sowie separat buchbare Extras wie einen eigenen Spind. Bislang zählt Schippers drei Jahresmieter – ein Autohändler aus den Niederlanden, ein Fitnessstudio sowie seine Tochter Laurine, die als selbstständige Mediengestalterin in dem Coworking-Space arbeitet. „Mir gefallen die lockere Atmosphäre, der offene Austausch mit branchenfremden Menschen und dass ich jederzeit monatlich kündigen kann“, sagt sie. Die Nachfrage nehme langsam zu. „Selbst aus Hamburg hat man

„Das Risiko ist für mich überschaubar.“ Geert Schippers, Coworking-Space-Betreiber in Uelsen

EineBüroflächefürmehrere, unabhängig voneinanderarbeitende Menschen,diesichdie notwendigeInfrastruktur teilen –das istderGedankedes Coworking.

uns schon angefragt“, erzählt Schippers. Damals fehlte jedoch noch der Breitbandanschluss, den es mittlerweile aber gibt. Dass das Konzept in der Provinz immer beliebter wird, zeigt auch die Statistik: So ist das Angebot der Coworking-Spaces außerhalb von Ballungsgebieten innerhalb weniger Jahre auf inzwischen über 140 gestiegen. Treiber seien hier die Digitalisierung und zuletzt vor allem die Corona-Pandemie, sagt HansAlbrecht Wiehler, Leiter des Landesbüros Niedersachsen der Genossenschaft Coworkland, die Spaces auf dem Land unterstützt und vernetzt. „Coworking-Spaces in ländlichen Räumen ermöglichen mehr Menschen, auf dem Land zu leben und dennoch Jobs nachzugehen, die in den Städten verankert sind.“ Auch die Kommunen profitieren, wirtschaftlich wie sozial: „Die

Spaces wirken als Keimzelle, bringen Versorgungsstrukturen zurück in die Provinz und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Attraktivität einer Kleinstadt oder eines Dorfes“, so Wiehler. Nicht zuletzt deshalb werden sie oft von Gemeinden und anderen kommunalen Organisationen unterstützt. Eine Zuwendung, die vor allem zu Beginn enorm hilfreich ist. Denn auf dem Land ist Coworking nur langfristig rentabel. „CoworkingSpaces sind nicht der Weg zum schnellen Geld“, sagt Wiehler. Das Problem: In Ballungsgebieten haben rentable Gemeinschaftsbüros Flächen über 1000 Quadratmeter. Auf dem Land hingegen sind sie häufig weniger als 500 Quadratmeter groß. Das Geschäft ist auch bei Geert Schippers bisher nicht ertragreich, dafür brauchte er fünf bis sechs Jahresmieter, wie er sagt. Zudem

erhielt er keine finanzielle Unterstützung aus öffentlicher Hand. „Doch auf dem Gelände haben wir in der Halle weitere Vermietungen, mit denen wir eine ausreichende Einnahmequelle haben.“ Gerade bei ländlichen Coworking-Spaces ist es keine Seltenheit, dass viele Betreiber noch eine zusätzliche Einnahmequelle haben. Und hier sind Funktionen und Nutzungsszenarien von Coworking-Spaces deutlich umfassender und kreativer als in Ballungszentren. Dort reicht es häufig aus, wenn ein Space lediglich die entsprechende Infrastruktur bietet. Genutzt werden die Büros hier insbesondere auch deshalb, weil viele Städter kleine Wohnungen und kein separates Arbeitszimmer haben, Büromieten zudem teuer sind. Auf dem Land hingegen sind es der Zugang zu Netzwerken und die Gemeinschaft, die das Modell attraktiv ma-

Foto: imago/Westend61

chen, so Wiehler. „Um langfristig Zulauf zu haben und wirtschaftlich zu arbeiten, integrieren viele ländliche Coworking-Spaces deswegen weitere Angebote wie Kitas, Cafés, Werkstätten oder Kulturveranstaltungen, was wiederum zu einer nachhaltigen Regionalentwicklung beiträgt.“ Geert Schippers plant, das Angebot in seinem Coworking-Space in Uelsen weiter auszubauen. So will etwa das Fitnessstudio, das bereits als Coworker Mieter ist, in der Halle direkt nebenan im Frühjahr eine neue Sportstätte eröffnen. „Wir wollen dann unser Angebot bündeln, sodass unsere Coworker mit einem Jahresvertrag dann die Möglichkeit haben, gratis im Fitnesscenter nebenan zu trainieren. Das könnte weitere potenzielle Nutzer unseres Space anlocken und macht Uelsen zudem attraktiver.“

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LEBEN & LEIDENSCHAFT

Die erste Münzliste entstand auf einer Reiseschreibmaschine Münz- und Goldhandlung Fritz Rudolf Künker besteht seit 50 Jahren / Es begann mit einem Fund in einem schwarzen Schrank VON HOLGER ZANDER OSNABRÜCK „Das ist ein historischer Moment“, sagt Fritz Rudolf Künker respektvoll. Gemeinsam mit Sohn Ulrich legen die international hoch anerkannten Münzexperten aus Osnabrück den schwarzen Koffer aus Übersee auf den Schreibtisch. Eine freudige Anspannung wie zu Weihnachten flutet den Raum. Behutsam, neugierig und mit leuchtenden Augen öffnen sie den Koffer und nehmen eine der vielen schmalen Schachteln in die Hand. In jeder Box sind zahlreiche Münzen einzeln verpackt und mit einer persönlichen Notiz versehen. Über 7000 Münzen und Medaillen aus dem privaten Nachlass der bekannten Sammler Mark und Lottie Salton aus den USA sind eingetroffen. Für Geschäftsführer Ulrich Künker endet damit eine kleine Odyssee. „In ihrem Testament hat die Familie Salton uns mit dieser Aufgabe betraut. Nach über einem Jahr Organisation sind wir jetzt überglücklich, diese bedeutsame Sammlung hier zu haben und – wie unsere Freunde es wünschten – in die Auktion zu bringen und den Erlös jüdischen karitativen Organisationen zugutekommen zu lassen.“ Und jetzt startet die Arbeit: Die Numismatiker begutachten und schätzen den Wert jedes einzelnen Objektes, bevor es die Künker-Qualität – sozusagen einen Echtheitsstempel – erhält und in die Auktion geht. Da vergehen schnell ein paar Wochen. Die Münzen- und Goldhandlung Fritz Rudolf Künker feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Jubiläum. Wer gedacht hat, die beiden Brüder Fritz Rudolf und Horst-Rüdiger Künker sind weltfremde Sammler und leben in ihrem eigenen Kosmos, der irrt gewaltig. Die Künkers sind keine Prahler oder Wichtigtuer, sondern Unternehmer, die sich Schritt für Schritt entwickelt haben. Anfang der 70er-Jahre verkauften die Münzhändler ihre Ware selten auf Auktionen, sondern über Lagerlisten, die an Kunden versendet wurden. Seine erste Liste schrieb Fritz Rudolf Künker auf einer einfachen Reiseschreibmaschine ohne Korrekturtaste in den Ferien am Jadebusen. „Ich hatte gerade meine Firma gegründet, und an Urlaub war nicht zu denken“, so der Sammler. „Wir waren in einem dieser neumodischen Bungalows untergebracht, die unglaublich hellhörig waren. Und so fragten die Nachbarn meine Frau, ob ich mir mein Geld als Schriftsteller verdienen würde.“ Künker verfügte wohl über schriftstellerische Fähigkeiten, denn die Münzen waren in der

Arbeitsplatz fürDutzende Experten:die Künker-Firmenzentraleander Nobbenburger Straßein Osnabrück.

Lagerliste so gut beschrieben, dass „sie sich wie warme Semmeln verkauften“. Heute arbeiten im Stammsitz in der Nobbenburger Straße über 70 Experten und erzielen einen Jahresumsatz von mittlerweile 100 Millionen Euro. Junge und begeisterte Numismatiker, die hier die Chance erhalten, ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen. Die engagierte Marketingabteilung prägt ein modernes und weltoffenes Unternehmen, das den Münz- und Goldhandel revolutioniert hat. Sowohl über klassische Kataloge als auch übers Internet können Sammler und Händler aus aller Welt an Auktionen teilnehmen und persönlich vor Ort Goldprägungen sowie Münzen aus längst vergangenen Tagen erwerben. Zurzeit arbeitet das Team an einer eigenen Auktionsplattform, damit die numismatische Welt weiter zusammenwächst. Daran war im April 1973 nicht zu denken, als Fritz Rudolf Künker sein erstes Ladengeschäft mitten in der Osnabrücker Innenstadt in der Heger Straße eröffnete. „Das war eine glückliche Fügung.“ Hermann Löffler, Chef des Eisenwarengeschäftes Rewwer&Oelfke, reagierte auf eine Anzeige und hat in einem Brief mitgeteilt, dass er in Münzen investieren wolle. „Hermann Löffler hat mir damals erklärt, dass wir eine ordentliche Vorzeigeadresse brauchen, um ernst genommen zu werden“, erinnert sich Künker. „Ich war zunächst skeptisch, doch das Angebot war verführerisch. Wir rechneten hin und her und hatten große Sorgen, dass wir die Miete nicht bezahlen konnten, aber es war eine Chance.“ Die Brüder griffen zu. „Ich war 23 Jahre alt und stolzer Besitzer von 70 Quadratmetern in Innenstadtlage. Die Inneneinrichtung haben wir dann auf Raten bezahlt.“ „Münzen sind lebendige Geschichte und ein hohes historischkulturelles Gut“, sagt Fritz Rudolf Künker. Zu fast jeder Münze, die durch seine Hände geht, kennt er die historischen Zusammenhänge. „Durch meine Leidenschaft habe ich viele Länder bereisen dürfen und dabei interessante Menschen kennengelernt und Freundschaften fürs Leben geschlossen. Wir verkaufen etwas, was Menschen eigentlich gar nicht brauchen. Die Kunst besteht darin, die richtigen Leute zu finden, die Münzen unbedingt haben wollen.“ Münzen sind für Künker eine Begegnungsstätte, die auf Werten wie Vertrauen, Ehrlichkeit und Fairness aufgebaut ist. Jeder Münzhändler verfügt über ein umfangreiches Lager, das in Tresoren aufbewahrt

StolzpräsentiertFritzRudolfKünker (links)dieSilbermünze, mitderseineSamelleidenschaftvorJahrzehntenbegann.RechtsseinSohnUlrichmitderFirmenchronik.

wird. „Früher war es selbstverständlich, Kunden oder Händler vor dem offenen Tresor allein zu lassen. Mein Bruder und ich haben oft stundenlang Tablett um Tablett rausgezogen und fremde Lager allein nach Münzen durchsucht. Wir Münzhändler haben uns vertraut und unseren guten Kunden auch.“ „Unser Erfolgsrezept sind und bleiben diese Werte, in denen Vertrauen und Wertschätzung eine große Rolle spielen“, sagt Geschäftsführer Ulrich Künker. „Auf die Schätzungen können sich unsere Kunden verlassen, und unsere Garantie gewährleistet die Echtheit der Objekte.“ Zusammen mit Dr. Andreas Kaiser führt er das Unternehmen in der zweiten Generation.

Er hat BWL studiert, in Berlin bei einer IT-Firma gearbeitet und sich erst mit 29 Jahren überlegt, in das Familienunternehmen einzusteigen. „Es war zunächst ein Versuch. Mein Vater und ich haben uns sechs Monate Probezeit gegeben, aus denen nun 16 Jahre geworden sind“, erläutert Ulrich Künker. „Ich konnte meine eigenen Ideen umsetzen, habe spannende Menschen kennengelernt und durfte auf Augenhöhe mitgestalten. Das hat mich überzeugt.“ Der 46-Jährige hätte damals nie gedacht, selbst einmal unter die Münzensammler zu gehen. „Wer Münzen und Kunst mit Demut und Respekt behandelt, der wird begeistert sein.“ Diese Begeisterung spürte der sechsjährige Fritz Rudolf Künker, als er im heimischen Hilter eine Silbermünze in einem schwarzen Kleiderschrank fand. Der Junge hielt ein Fünf-Mark-Stück von König Georg von Sachsen aus dem Jahr 1903 in seinen Händen. Fasziniert von der ersten Sekunde an, löste diese Münze seine Sammelleidenschaft aus, die zunächst Großvater Friedrich kontinuierlich förderte. Der junge Fritz Rudolf ahnte nicht, wie „historische Münzen“ sein Leben beeinflussen würden. Er fragte zunächst Freunde, Verwandte, Bekannte und nutzte das Netzwerk seines Vaters, um seine Münzsammlung zu vergrößern. „Meine Freude von damals war noch nicht von Fachwissen geprägt“, erläutert der heute 72-Jährige mit einem Lächeln und erklärt, warum seine Leidenschaft für die Numismatik Ende

der 60er-Jahre mit Beginn des Studiums, erst an der technischen Universität in Berlin und später an der Universität in Münster, neu entfacht wurde. Der junge Student erkannte den Trend, dass viele Menschen ihr Geld inflationssicher in Münzen anlegen wollten. Er entschied sich gegen eine akademische Laufbahn und machte sich als Münzhändler mit seiner jungen Familie selbstständig. Vater Helmuth unterstütze ihn

„Wer Münzen und Kunst mit Demut und Respekt behandelt, der wird begeistert sein.“ Geschäftsführer Ulrich Künker

Foto: HolgerZander

mit einer Bürgschaft für das Startkapital, und somit erfolgte im August 1971 der erste Schritt in eine erfolgreiche unternehmerische Laufbahn. Den zweiten Schritt vollzog der Jungunternehmer beim familiären Weihnachtsfest. Er überzeugte seinen jüngeren Bruder Horst-Rüdiger, in das Unternehmen einzusteigen. Während sich Fritz Rudolf Künker auf den klassischen Münzhandel konzentrierte, baute Horst-Rüdiger Künker mit dem Goldhandel das zweite Standbein des Familienunternehmens auf. „Ich bin Karl der Große und mein Bruder der Krügerrand“, scherzt Künker. Heute blicken die Brüder auf eine 50-jährige Erfolgsgeschichte zurück, die in einer Chronik mit vielen Zeitzeugen, Anekdoten und persönlichen Geschichten festgehalten wurde, aber die längst noch nicht zu Ende erzählt ist. „Jetzt im Alter habe ich wieder die Zeit und die Muße, ein paar Münzen zu kaufen und zu sammeln“, sagt er und hält dabei seine erste Silber-Münze in den Händen, die er als sechsjähriger Junge zu Hause im schwarzen Schrank gefunden hat. Im Büro von Fritz Rudolf Künker öffnen Vater und Sohn vorsichtig weitere Schachteln. Ohs und Ahs kommen über ihre Lippen. „Wissen Sie, Münzensammeln ist wie ein Jungbrunnen. Es macht neugierig auf Geschichte, und gleichzeitig beschäftigt man sich mit der Zukunft und denkt, welche Münze ich als nächste in meinen Händen halten werde.“


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DONNERSTAG, 28. OKTOBER 2021

LEBEN & LEIDENSCHAFT

TERMINE

11.11.2021 | 13.00 UHR Fördermittel (GründerhausSprechtag in Osnabrück)

DER WIRTSCHAFT

ICO INNOVATIONSCENTRUM OSNABRÜCK, ALBRECHTSTR., OSNABRÜCK

28.10.2021 | 13.30 UHR

11.11.2021 | 14.00 UHR

Impulsberatung Unternehmensnachfolge (WIGOS-Sprechtag)

Unternehmenssteuerung (WIGOS-Online-Seminar)

WIGOS-VERANSTALTUNG, ONLINE PER ZOOM UND MIT ANMELDUNG

28.10.2021 | 16.00 UHR

SiegerdesGründerpreisesNordwest2021,dermit2500Eurodotiertist:dieSKASPS-TechnikGmbHausSögel.

Treffpunkt Innovation: KI in der unternehmerischen Praxis

undSergejKlassen(SKA SPS-Technik)undJohannesKonen(Sparkasse Emsland).

WFO, ICO OSNABRÜCK; IM ICO ODER ALS LIVESTREAM MIT ANMELDUNG

30.10.2021 | 10.00 UHR jobmesse emsland 2021 (auch am 31.10. ab 10 Uhr) JOBMESSE DEUTSCHLAND, EMSLANDARENA LINGEN

WIGOS OSNABRÜCKER LAND MBH, ONLINE-SEMINAR MIT ANMELDUNG

Von links: Geschäftsführer Gründerpreis Nordwest Jürgen Brüna, Schirmherrin Gitta Connemann, Alexander

12.11.2021 | 09.00 UHR

Foto:ThomasPertz

DIE GESICHTER DER WIRTSCHAFT

Freude über dieAuszeichnung „TopAusbildung“ (v. l.): Eckhard Lammers (stellv. IHK-Hauptgeschäftsführer), Anne Dietrich (vorne, Mitte), Ausbildungsleiterin und Prokuristin Marketing OsnabrückGmbH,mitMitgliederndesTeams. Foto:IHK

Niedersächsischer Unternehmerinnen-Kongress HANNOVERIMPULS GMBH, ONLINEVERANSTALTUNG MIT ANMELDUNG

15.11.2021 | 13.30 UHR

Suchmaschinen & Plattformen (Ems-Achse-Seminarreihe)

Zukunft Mittelstand – Daten oder Mindset?

EMS-ACHSE-VERANSTALTUNG, ONLINE MIT ANMELDUNG

WFO, NACHHALTIG.DIGITAL KONFERENZ 21, ONLINE MIT ANMELDUNG

02.11.2021 | 18.00 UHR

15.11.2021 | 17.00 UHR

Energiepreise 2021: Wohin geht die Reise?

03.11.2021 | 09.00 UHR

Finanzplan (GründerhausSprechtag in Osnabrück) UlrichBoll,VorsitzenderdesWirtschaftsverbandesEmslande. V.,konntedenvietnamesischenBotschafter,SeineExzellenzDr.NguyenMinVu,sowieDelegationsmitgliederzuGesprächenübereineZusammenarbeitbegrüßen.AmEmpfangnahmenauchVertreteremsländischerUnternehmenteil. Foto:WirtschaftsverbandEmsland

Hellmann Worldwide Logistics feierte 150. Firmenjubiläum: Jost Hellmann und Klaus Hellmann bilden die vierte GenerationbeiHellmanninOsnabrück. Foto:SwaantjeHehmann

Forum Produktion & IT (auch am 17.11. ab 9.00 Uhr)

WACHSTUMSREGION EMS-ACHSE, CAMPUS EMDEN, CONSTANTIAPLATZ

WACHSTUMSREGION EMS-ACHSE, HALLE IV UND IT-ZENTRUM, LINGEN

03.11.2021 | 17.00 UHR

18.11.2021 | 10.00 UHR

Einstieg in die Existenzgründung (Online-Seminar)

04.11.2021 | 17.00 UHR REFA am Puls der Zeit (MEMANetzwerk/Kunststoffnetzwerk) LANDKREIS EMSLAND, KREISHAUS III, HERZOG-ARENBERG-STR., MEPPEN

09.11.2021 | 11.00 UHR

GRÜNDERHAUS-VERANSTALTUNG, ICO, ALBERT-EINSTEIN-STR., OSNABRÜCK

16.11.2021 | 09.00 UHR

Karrieretag an der Hochschule Emden/Leer

GRÜNDERHAUS OSNABRÜCKER LAND, ONLINE MIT ANMELDUNG

WIGOS, VDI, LOGIS.NET, HOCHSCHULE OSNABRÜCK, IM ICO OSNABRÜCK

13.11.2021 | 10.00 UHR

02.11.2021 | 10.00 UHR

MEMA-NETZWERK, LANDKREIS EMSLAND, KREISHAUS 1, MEPPEN

Nachhaltige Antriebskonzepte (Osnabrücker Logistik-Forum)

innovate! Convention für Start-ups und Innovationen Landrätin Anna Kebschull gratulierte WIGOS-GeschäftsführerSiegfriedAverhagezumSonderpreis„KommunedesJahres“ für ein bundesweit einmaliges Beratungsangebot zur Wirtschaftsförderung. Foto:EckhardWiebrock

Neben dem erfolgreichenVWT-Roc-Cabriolet läuft jetzt imVolkswagenWerk Osnabrück auch derArteon ShootingBrakevomBand.DerStandortrealisiertdiekompletteEndmontagevoninEmdengepresstenundlackierten KarosseriendesArteonShootingBrake.TeilederBelegschaft,derArbeitnehmervertretungsowiederGeschäftsführungderVolkswagenOsnabrückGmbHpräsentierenhiereinfertigesFahrzeug. Foto:Volkswagen

WFO/INNOVATE GMBH OSNABRÜCK, ALANDO BALLHAUS, OSNABRÜCK

02.12.2021 | 08.30 UHR Visualisierung im Qualitätsmanagement

EinfrühererBundestagspräsidentzuGastbeimIndustriellenArbeitgeberverbandOsnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim (v. l.):Axel Busch (Hauptgeschäftsführer bzw. GeschäftsführerderArbeitgeberverbände),Prof.Dr.NorbertLammert,AndreaHenning(ZF

DGQ, KUNSTSTOFFNETZWERK, MEMA, LK EMSLAND, KREISHAUS I, MEPPEN

FriedrichshafenAG)undOlafPiepenbrock(IAV-Vorstandsvorsitzender).

07.12.2021 | 17.00 UHR

Foto:IAV

Google My Business: Ihr Draht zu Google (WIGOS-Talk)

Marketing 1 (Marktanalyse) (Seminar in Osnabrück)

„UNTERNEHMEN. WISSEN TO GO!“, ONLINE MIT ANMELDUNG

GRÜNDERHAUS, ICO OSNABRÜCK, ALBERT-EINSTEIN-STR., OSNABRÜCK

10.11.2021 | 09.30 UHR

15.12.2021 | 17.00 UHR

Firmenkontaktmesse Chance 2021 (auch am 11.11. ab 9.30 Uhr)

Ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb: Marco Graf (IHK-Hauptgeschäftsführer, 2. v. l.) überreichte die Urkunde „Top Ausbildung“ an Arnulf Piepenbrock, Ann-Kathrin Budke und Claudia Schopf (Piepenbrock Service GmbH + Co. KG). Zum zweiten Mal nach 2016erhieltdasUnternehmendasIHK-Ausbildungssiegel. Foto:IHK

HOCHSCHULE OSNABRÜCK, AULA UND FOYER, ALBRECHTSTR., OSNABRÜCK

Lüftungs- und Klimatechnik

Absauganlagen und Filtertechnik

Einstieg in die Existenzgründung (Gründerhaus-Seminar) GRÜNDERHAUS, ICO OSNABRÜCK, ALBERT-EINSTEIN-STR., OSNABRÜCK

Heizungstechnik und Heizprodukte

Service und Schaltschrankbau

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Oeseder Feld 9 - 15 • 49124 Georgsmarienhütte Tel.: 05401 8606-0 • Mail: info@poetter-klima.de

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