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RÜDIGER GRAMSCH ist Gründer und Mitgesellschafter der Medienagentur Maitis Media. WWW.MAITIS-MEDIA.DE
RÜDIGER GRAMSCH
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TEXT Lars Tielesch BILD Heiko Hermann
Rüdiger Gramsch war 17 Jahre lang Redaktionsleiter der NWZ Göppingen. Seit 2015 ist er Mit-Inhaber der Medienagentur Maitis Media. Wir trafen ihn auf einen Kaff ee im Waldeckhof in Jebenhausen und sprachen mit ihm über sein Leben, die NWZ, drei Oberbürgermeister und das PIG.
MAITIS MEDIA Seit 2015 ist Rüdiger Gramsch selbstständig als Autor tätig und Mitgesellschafter der Medienagentur Maitis Media. Sie verlegt unter anderem regionale Magazine wie Albeins, Lebenswege, Hochzeitsfi eber und Grünzeit. Die Agentur initiiert zudem Events wie den internationalen Schlagerwettbewerb Stauferkrone.
Rüdiger, Du wurdest im Rheinland geboren und bist im Schwarzwald aufgewachsen. Wie bist du zum Journalismus gekommen? Meinen ersten Berührungspunkt mit dem Journalismus hatte ich ganz klassisch mit einer Schülerzeitung am Gymnasium in Titisee-Neustadt. Da wurde ein Lokalredakteur auf mich aufmerksam, ich wurde freier Mitarbeiter und absolvierte dann später ein Zeitungsvolontariat beim Südkurier. Ich kam dann als Redakteur nach Titisee-Neustadt zum Südkurier zurück. Zwei Jahre später wählte mich der Gemeinderat von Feldberg im Schwarzwald zum Leiter der Kurverwaltung.
Das klingt ungewöhnlich. Mit deinem erlernten Beruf als Redakteur hatte das wenig zu tun? Das war sogar sehr ungewöhnlich und ich hatte auch lange überlegt, ob ich das tun sollte. Aber das Angebot gab es mir doch die Möglichkeit, die andere Seite des Schreibtisches kennenzulernen. Ich war verantwortlich für die gesamte Öff entlichkeitsarbeit, die Organisation von Veranstaltungen und sogar die Vermarktung der Skilifte gehörte dazu. Mit 21 Jahren hatte ich einen Etat von 12 Millionen Mark zu verwalten. Es waren drei herausfordernde Jahre, die mir aber sehr viel Spaß gemacht haben.
Dennoch bist du dann wieder bei Journalismus und schließlich in einer schwäbischen Kleinstadt gelandet? Ja. Wie aus dem Nichts bot sich mir die Möglichkeit, Redaktionsleiter beim Schwarzwälder Boten in Titisee-Neustadt zu werden. Es war fi nanziell ein sehr lukratives Angebot, das ich als junger Mensch schlicht nicht ablehnen konnte. Im Anschluss war ich acht Jahre Redaktionsleiter in Villingen-Schwenningen. 1997 kam ich dann zur NWZ nach Göppingen. Kleinstadt? Göppingen sollte sich nicht kleinreden…
Reinhard Frank war damals Oberbürgermeister der Stadt Göppingen. Böse Zungen behaupten ohne Rüdiger Gramsch wäre Guido Till 2004 niemals sein Nachfolger geworden. Frank und du hatten einen off enen Konfl ikt? Ja, das ist richtig. Leider muss ich sagen.
Es ist weder gut für ein Blatt und für einen selbst, als auch für einen Oberbürgermeister, sich in solch eine off ene Konfrontation zu begeben. Ich glaube aber nicht, dass diese Auseinandersetzung die Wahl beeinfl usst hat. Dafür war das Ergebnis zu deutlich.
Worum ging es genau? Entzündet hatte sich alles am Thema Nichtöff entlichkeit und am Umgang mit Kritik. Ich erinnere mich da zum Beispiel an eine Gemeinderatssitzung mit 26 Tagesordnungspunkten, die nach einer halben Stunde bereits beendet war, weil alle Punkte nur zur Abstimmung auf gerufen wurden. Zudem gab es die schier endlose Geschichte um das Impuls- und Gründerzentrum (IGZ) im Stauferpark, die viele kritische Fragen aufwarf. Im Zuge unserer Auseinandersetzungen hat mir Frank erklärt, dass er es nicht mag, wenn man ihm kritisch auf die Finger guckt. So eine Haltung eines Oberbürgermeisters geht aber nicht. Schließlich wurde nur noch über Anwälte korrespondiert und am Ende trafen wir uns sogar vor Gericht. Das war alles nicht vergnügungssteuerpfl ichtig. Frank verlor am Ende die Wahl, Guido Till wurde sein Nachfolger. Wie beurteilst Du seine Amtszeit, die du vollständig in Göppingen mitbekommen hast? Dass Frank abgewählt wurde, hatte ich übrigens nicht für möglich gehalten. Schließlich konnte er eine beachtliche Leistungsbilanz vorlegen. Aber Till hat der Stadt seinerzeit gut getan, weil vieles durch ihn off ener wurde und er sich off en für Neues gezeigt hat. Zuvor hatte ich den Eindruck, dass die Göppinger Kommunalpolitik noch im Mief der 50-er Jahre feststeckt. Was ich bedauere ist, dass es Till bei all seinen Verdiensten nicht geschaff t hat, Göppingen nach außen wie nach innen wirkungsvoll zu vermarkten. Die Stadt hat so viel, was einzigartig ist – aber es wird leider viel zu wenig daraus gemacht. Dass es Till für eine dritte Amtszeit nicht gereicht hat, kam für mich nicht überraschend. Nach 16 Jahren wollen Menschen neue Gesichter sehen – erst Recht in einer Zeit, in der das Visuelle so eine
ZEITUNGEN große Rolle spielt.
MÜSSEN Mit Alex Maier erlebst du nun den dritten Oberbürger-IMPULSE GEBEN meister in Göppin-UND INITIATIVE gen. Dein Eindruck?
ZEIGEN Ich fand den Wechsel gut und hoff e, dass ein neuer erster Mann im Rathaus auch wieder frischen Wind mitbringt. Allerdings ist der Wind aktuell immer noch ein Lüftchen. Da fehlt es noch an Kraft, Mut und Visionen. Es wird Zeit, dass Alex Maier mal ein paar Pfl öcke einrammt, damit Göppingen den Anschluss nicht verliert und er bei der nächsten Wahl was vorweisen kann.
Tageszeitungen wie die NWZ werden gefühlt immer mehr von Älteren gelesen. Jüngere informieren sich heute in Echtzeit über soziale Medien. Das Fußballergebnis des Lieblingsvereins in der Kreisliga verfolgt man heute im Live-Ticker. Wird es in zehn Jahren noch Tageszeitungen in der heutigen Form geben? Wenn die Zeitungsverleger wieder an das Produkt glauben und aufwachen, dann ja. Zeitung muss sich generell neu erfi nden, sonst hat sie keine Zukunft mehr. Eine Generation wieder zurückzugewinnen, die ohne Tageszeitung aufgewachsen ist,
Rüdiger Gramsch war 17 Jahre lang Redaktionsleiter der NWZ Göppingen. ist verdammt schwer. Meines Erachtens müssen Zeitungen täglich – auch sonntags - neugierig machen, eine Mischung aus gut recherchiertem Hintergrund und frischem Entertainment bieten. Und sie müssen sich bis zu einem gewissen Grad aktiv in die Gesellschaft mit einbringen, Impulse geben und Initiative ergreifen. Die Rolle als kommentierender Beobachter, der sich vornehm zurückhält, reicht längst nicht mehr. Ich weiß allerdings auch, dass da viele in der Branche anders darüber denken. Eine Frage brennt uns am Ende natürlich auf den Nägeln: was dachtest du als du zum ersten Mal ein PIG in den Händen gehalten hast? Ich habe mich zum einen gefreut, dass es in Göppingen ein Stadtmagazin gibt – eine Bereicherung der Medienlandschaft. Auf der anderen Seite war ich etwas traurig, dass wir damals im Verlag das nichts selbst initiiert hatten, obwohl es in Strategiesitzungen oft Thema war, ein Produkt für jüngere Menschen auf den Markt zu bringen. Wenn die Zeitungen da aber zaudern und zögern, dann ist es richtig und wichtig, dass andere die Initiative ergreifen.
Und was denkst du heute, wenn du ein PIG in der Hand hältst? Also das PIG hat sich in den letzten Jahren super entwickelt. Das muss man anerkennen. Speziell was die Themenvielfalt angeht ist das klasse. Ich würde mich aber schon freuen, wenn es in Zukunft noch etwas journalistischer gemacht wäre. Man merkt an der einen oder anderen Stelle schon, dass da die Profi s in der Redaktion fehlen. Ich hoff e, ihr nehmt mir das nicht übel jetzt.
Tun wir nicht, wir sind hart im Nehmen. Lieber Rüdiger, vielen Dank für das Gespräch und für deine Zeit.
ALEX MAIER SOLLTE MAL EIN PAAR PFLÖCKE EINRAMMEN
SEHENSWERT
Net ix, Amazon Prime, Disney +, Joyn - manchmal weiß man vor lauter Serien gar nicht wo anfangen und wo aufhören. Deswegen haben wir Euch hier eine Übersicht der Serienstarts im aktuellen Monat.
DIE AHNUNGSLOSEN ENGEL STAFFEL 1
Disney +, ab Mittwoch, 1. Juni Drama, 8 Episoden
In der Serie „Die ahnungslosen Engel“, verliert Antonia (Cristiana Capotondi) ihren Mann Massimo (Luca Argentero) durch einen Unfall. Nach seinem Tod, erfährt Antonia, dass er eine Aff äre mit einem jungen Mann namens Michele (Eduardo Scarpetta) hatte. Die Witwe erforscht daraufhin das geheime Leben des Verstorbenen und freundet sich mit Michele und seiner exzentrischen Clique an, die für Massimo eine zweite Familie war. (ls)
THE BOYS STAFFEL 3
Amazon Prime, ab Freitag, 3. Juni Action, 8 Episoden
In einer Welt in der Superhelden, die dunkle Seite ihrer Berühmtheit und ihres Ruhms auskosten. Nimmt es eine Gruppe von Selbstjustizlern namens The Boys auf sich, die korrupten Helden aus dem Weg zu räumen. Dabei haben sie allerdings nur ihre Bauernschläue und den Mut schmutzig zu kämpfen zur Verfügung. Die neue Staff el konzentriert sich auf Soldier Boy und sein Team namens Payback. Dabei geht es um seine Abenteuer im Zweiten Weltkrieg. (ls)
PEAKY BLINDERS STAFFEL 6
Amazon Prime und Net ix, ab Dienstag, 10. Juni Drama, 6 Episoden
Großbritannien im Jahr 1919 ist eine turbulente Mischung aus Verzweifl ung und Hedonismus. Eine Nation, die von den Extravaganzen des Großen Krieges gesäubert wurde. Soldaten die Heimkehren, neue Revolutionäre und kriminelle Banden kämpfen in einer vom wirtschaftlichen schwachen Industrielandschaft um ihr Überleben. Thomas Shelby und seine Familie leiten die gefürchtetste und mächtigste lokale Bande, die Peaky Blinders. (ls)