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Paul Lawrie: 1999 frisch geduscht ins Play-Off
Der Franzose Jean Van de Velde gehört zu jenen Golfern, die zwar durchaus Erfolge gefeiert haben, deren Name aber vor allem durch grosse Niederlagen in Erinnerung bleiben. 2005 verlor Van de Velde die Open de France im Stechen gegen Jean-François Remésy, Swiss-Seniors-Open-Champion 2018. 1999 gab er im Stechen «The Open» aus der Hand – es siegt Paul Lawrie, ein Swiss-Seniors-Open-Rookie 2022.
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Wer erinnert sich noch an die British Open 1998? Wer weiss noch, was an den British Open 2003 und 2004 alles los war? Wohl nicht viele. «The Open» 1999 im schottischen Küstenplatz in Carnoustie dagegen dürfte einigen noch etwas sagen. Es war das Turnier, an dem Jean van de Velde am letzten Loch sein Desaster erlebte und den sicher scheinenden Sieg verspielte. Der Schotte Paul Lawrie, heuer erstmals am Swiss Seniors Open in Bad Ragaz zu sehen, war damals mittendrin statt nur dabei.
Jean Van de Velde hatte drei Schläge Vorsprung, als er den Ball am 18. Loch der Schlussrunde aufteete. Zu dem Zeitpunkt war Paul Lawrie seit Stunden geduscht und umgezogen im Clubhaus. Er hatte auf dem ultraschweren Platz – das Siegerscore lag zuletzt bei 6 über Par – mit 67 Schlägen (4 unter Par) in einem relativ frühen Flight die mit Abstand beste Schlussrunde im ganzen Feld abgeliefert. Es war die beste Runde des Turniers überhaupt. Nicht im Traum hätte er daran gedacht, dass er sich wieder in die Berufskleidung würde stürzen und die Golftasche aus dem Kofferraum holen müssen – oder dürfen.
Aber Van de Veldes legendäres Triple-Bogey machte es möglich. Angesagt war jetzt ein Stechen unter drei Spielern: Van de Velde, Lawrie und der Amerikaner Justin Leonard. Letztgenannter hatte die British Open zwei Jahre vorher in Royal Troon gewonnen. Nach dem Habitus des ältesten Turniers führte die Kurzentscheidung über vier Löcher im Strokeplay. Paul Lawrie rang beide Konkurrenten nieder.
1999 war überhaupt Lawries bestes Jahr. Früh in der Saison hatte er das Katar-Masters gewonnen. Die beiden Siege und weitere Topklassierungen trugen ihm einen Platz im Ryder-Cup-Team ein. Er war einer von nur drei Europäern, die ihre Einzel am Sonntag in Brookline bei Boston gewannen. Zuletzt jubelten die Amerikaner. Lawrie erarbeitete sich viel später eine weitere Chance, im Ryder Cup zu triumphieren. 2012, in seiner zweiten hervorragenden Saison, siegte er erneut in Katar und überdies in Gleneagles. Diesmal – abermals auf amerikanischem Boden, in Medinah bei Chicago – klappte für ihn auch am Ryder Cup alles. Lawrie kanterte seinen Widersacher Brandt Snedeker im Einzel mit 5&4 nieder, und die Europäer unter Captain José Maria Olazabal hatten am Ende mit 14,5:13,5 die Nase vorn. Lawries Einzelsieg war demnach matchentscheidend.
Und jetzt dürfen wir uns also darauf freuen, diesen renommierten Golfer aus Aberdeen erstmals in Bad Ragaz willkommen zu heissen. Gut möglich, dass auch Jean Van de Velde nach 2018 erneut nach Bad Ragaz kommt. Er hat mit Paul Lawrie noch eine Rechnung offen.