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Der Eiskeller meiner Großeltern, Annemarie Ebner

Der Eiskeller meiner Großeltern

Annemarie Ebner

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Meinen Großeltern Elisabeth und Nikolaus Schultz gehörte ab 1935 das Gasthaus mit der Kegelbahn vis-a-vis vom Bahnhof.

Meine Tante Anna Jobba (et Schultze Änny) erzählte uns vor einigen Jahren vom Eiskeller, nachdem meine Kinder mal wieder was von „friejer“ hören wollten. „Selmols hat et noch khe elektrische Kiehlschrenk genn. For dass mer em Sommer gekiehlte Getränke (vor allem Bier) ausschenge hat khenne, hat mer Eis gebraucht. Et es en onsrem Eiskeller en der Neigass gelagert gen.“ Der Eiskeller meiner Großeltern befand sich im Hof ihres Hauses in der Neugasse Nr. 729 (hier wohnte später Familie Undi), „ofm Tenn, am Scheed zum Schank/DoneHaus“.

Der Eiskeller war im Schatten von Bäumen unterirdisch angelegt – ca. 3 m tief, 4 m breit und 6 m lang. Die Wände waren rundherum mit Ziegelsteinen gemauert und mit „Schtokketur“ (Schilfrohrrmatten mit Lehm verbunden) und Stroh isoliert. Nach unten konnte das Schmelzwasser im Boden versickern. Der Eingang zum Eiskeller war klein. Von oben wurde er durch ein dickes Schilfrohrdach, das bis zum Boden reichte, gedämmt.

Um Natureis zu gewinnen, brauchte es eine längere Frostperiode. Dann konnte der Eiskeller in wenigen Tagen gefüllt werden. „Em Wender, wann et Neigässer Wasser zugfror war on et Eis etwa 25 - 30 cm dick war, hat mer et gebroch. Das war a schwäri Arweit on alles es met der Hand gemach gen.“ Das „Neigässer Wasser“ war hinter der Neugasse und der Blumengasse. Daran können sich wahrscheinlich nicht mehr viele Billeder erinnern.

Große Brocken wurden aus der Eisdecke herausgebrochen und mit Eishaken ans Ufer gezogen, dort mit Hilfe von „dreizwingiche Gawwle (die Zwinga ware wie Kralle nunnerzus geboo)“ auf den Pferdewagen oder -schlitten aufgeladen und dann zum Eiskeller gebracht. „Do hat mer et Eis iwwer Bredder en de Keller retsche geloss. For dass die Eisstecker besser zsammgfreere, hat mer of jedi Schicht Eis gut Salz gschtraut. Zuletscht hat mer das Ganzi met Stroh/Schilf gut zugedeckt. Et Eis hat bis zum näkschte Wender reiche misse.

Im Gasthaus meiner Großeltern gab es zur Kühlung der Getränke und so mancher Lebensmittel dickwandige und gut „isoleerte Eiskaschte. Sie waare aus Holz, weiß lackeert on han of vier Holzfieß gschtann. Onne em Boddem von de Eiskaschte war a Loch. So hat et Wasser vom offgelaante Eis en a Gfäß ablaafe khenne. Enwenzich en de Eiskaschte war rondrom verzinktnes Blech“. Sie hatten Kühlfächer und einen Einsatz/Behälter, in den man das zerkleinerte Eis füllte.

Ein solcher „Eiskaschte“ ist mir gut in Erinnerung geblieben. Er stand noch geraume Zeit bei meiner Oma in der Speis. Nach dem Krieg wurde der Eiskeller meiner Großeltern nicht mehr genutzt. Wenn meine Schwester und ich in der Neugasse bei der Kathigood und dem Hanspatt waren, sind wir öfters mit Kathi und Franz um den Eiskeller geschlichen, um viel-

leicht doch mal nach unten schauen zu können. Doch weit gefehlt, der Keller war durch das dicke Schilfrohrdach rundherum dicht. Etwa 1960/61 wurde der Eiskeller endgültig zugeschüttet.

Franz erinnert sich noch daran, „dass Nochberschleit Schutt en et Loch geworf han on dass ne derbei war, wie sei Ota metm Waan Erd for Offille gebrong hat.“ Abbildung: „Es ist Ware gekommen“ (A venit marfă) Links im Bild die unverkennbare Fassade des ehemaligen Warenhauses der Familie Tenner. Auch hier, bei Nr. 241, befand sich ein Eiskeller. Nach 1949 ist hier die Konsumgenossenschaft (Cooperativa) eingezogen. Später wurden die Räumlichkeiten als Wirtshaus, Geschäft und Lagerraum genutzt. Das Aquarell ist nicht signiert, erkennbar ist jedoch der Malstil unseres Heimatmalers Stefan Jäger. (Text: Hans Rothgerber)

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