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La Sportiva - Von Bergmenschen für Bergmenschen

Dieser Name hat einen guten Klang. Kaum jemand im Berg- oder Skisport, dem La Sportiva nicht geläufig ist. Sei es auf dem Titlis, in Lech oder Zermatt, viele Mitarbeiter von Bergbahnen nutzen zum Beispiel den La Sportiva Nepal, einen Klassiker. «Die halten am längsten» so die Antwort auf dem Titlis. Das 1928 vom Schuster Narciso Delladio gegründete Unternehmen ist im Laufe von beinahe 100 Jahren von einer Nischenmarke zu einem «Global Player» avanciert. Unter Lorenzo Delladio wuchs die Anzahl der Mitarbeiter auf über 400, der Vertrieb erstreckt sich auf mehr als 70 Länder. Die 66 Jahre sieht man dem immer noch aktiven Sportler und CEO nicht an. Sobald wir ins Italienische wechseln legt Lorenzo Delladio wie die Feuerwehr los!

Wo steht La Sportiva aktuell?

Die Jungen – Giulia und Francesco – sind vielversprechend und arbeiten bereits in der Firma. Sie repräsentieren die vierte Generation! Giulia hat bereits eine Führungsposition inne, zeichnet für die Kollektionen verantwortlich. Das beruhigt mich, denn eine Person in der Familie hält die Marke in Händen, das Produkt selbst. Das ist die wichtigste Grundlage. Wir können vieles machen, schöne Büros bauen, aber ohne das Produkt gibt es kein Geschäft, es ist das Herzstück des Unternehmens.

Mit der gleichen Passion wie der Vater?

Absolut, ja. Die beiden hätten Ärzte, Rechtsanwälte oder Architekten werden können. Stattdessen arbeiten sie hier im Familienunternehmen und das bedeutet, dass sie Leidenschaft haben. Denn es gibt viele Probleme, die gelöst werden wollen. Außerdem gibt es da noch viele gute Mitarbeiter. Unternehmen bestehen aus Menschen, nicht aus Gebäuden und Strukturen. Jede und jeder der 412 Mitarbeiter:innen trägt seinen Teil dazu bei, dass dieses Unternehmen wächst und gedeiht. Wir brauchen heute globale Visionen und Menschen, welche diese umsetzen können.

Welches waren wichtige Meilensteine?

Der wichtigste Moment war wohl der, als wir Ende der 1970er Jahre die Eingebung hatten, fürs Klettern von harten Schuhen auf solche mit weichen Sohlen umzusteigen. Während meines Militärdienstes bat mich ein Kletterlehrer, dessen weiche Schuhe im alpinen Gelände schnell kaputtgingen, etwas Widerstandsfähigeres zu entwickeln, ohne auf die weichen Sohlen zu verzichten. Wir entwickelten die ersten Prototypen und verbesserten sie immer weiter, bis sie alle Härtetests bestanden. Das war sicher ein historischer Moment, denn unsere Schuhe entwickelten sich zur selben Zeit wie eine neue dynamische Sportart: das Freiklettern.

Und das Modell Mariacher brachte 1982 den Durchbruch?

Heinz Mariacher hatte die richtigen Ideen und Intuition – wir waren gut darin, diese in ein tolles Produkt zu übersetzen, den berühmten gelb- und lilafarbenen Mythos. Bis zu diesem Zeitpunkt waren Kletterschuhe grau oder schwarz, weshalb unsere Farbwahl ein gewisses Risiko darstellte, aber ich war von der Richtigkeit zutiefst überzeugt.

Geht Lorenzo Delladio gerne Risiken ein?

Ich glaube, beim Klettern und Bergsteigen lassen sich Risiken sehr gut kalkulieren. In das Unternehmen Geld zu investieren, empfinde ich als das größere Risiko (lacht). Geht Lorenzo Delladio gerne Risiken ein?

Wie steht es um die Verantwortung in Zeiten von Covid?

In einem Bergtal wie dem Val die Fiemme auf 1000 Metern Höhe einen Industriebetrieb mit 400 Mitarbeitern zu haben, schließt eine große soziale Verantwortung mit ein. Fast jede Familie hier im Tal stellt einen Mitarbeiter! Wir haben 2020 die Produktion eingestellt, mit etwa 30 Leuten aber Covid-Masken (ca. 600'000) produziert und diese der Provinz kostenlos zur Verfügung gestellt. Dabei wählten wir die 30 Angestellten aus, die am dringendsten Geld brauchten, um am Ende des Monats die Rechnungen zu bezahlen (der Staat hinkte mit den Auszahlungen hinterher). Wir entwickelten eine Maske mit wiederverwertbaren Filtern. Die Stratos-Maske: waschbar, langlebig, ökologisch. Eine wunderbare Idee, die viel Gutes bewirken konnte.

Thema Nachhaltigkeit?

Ein wichtiges Thema für uns, wir erstellen seit Jahren ausführliche NachhaltigkeitsReports. Was die Produktion anbelangt: Hier vor Ort stellen wir alle super-technischen Produkte her, vor allem Kletter- und Hochgebirgsschuhe. Darüber hinaus haben wir eine Fabrik in Venetien, in der wir leichtere Trekkingschuhe produzieren. Und wir haben Produktionsstätten in Rumänien und China. In China stehen uns Technologien zur Verfügung, die wir hier in Italien nicht haben. Wir kümmern uns auch dort um faire Arbeitsbedingungen und produzieren immer mehr Produkte, die mit dem Bluesign-Label versehen sind, einer unabhängigen Zertifizierungsstelle, die dem Kunden Gewissheit bezüglich Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit gibt. Nordeuropa und die USA sind hier schon weiter, daher liegt es an uns den Menschen klarzumachen, dass Nachhaltigkeit auch etwas kostet, sich aber auf jeden Fall lohnt.

Wie wichtig ist Leidenschaft?

Eine wunderbare Frage. Ich selbst habe unser Motto «Innovation with Passion» formuliert: Es spiegelt die Essenz des Unternehmens wider und ist zentral für den künftigen Erfolg! Es gilt voranzugehen, immer wieder neue Wege zu beschreiten. Aus dem zurückgelegten Weg schöpfen wir unseren Erfolg und unsere Leidenschaft. Beides habe ich versucht, meinen Kindern weiterzugeben.

Wann kam die Herstellung von Bekleidung hinzu?

Vor knapp 10 Jahren kam Samsung mit einem Joint Venture auf uns zu. Gemeinsam entwarfen wir einige Kollektionen, dann trennten sich unsere Wege im Guten. Wir machten weiter und entwickelten sehr hochwertige Sportbekleidung. Inzwischen sind wir mit der Entwicklung zufrieden. Der Schritt hat es uns ermöglicht, eigene Monobrand-Stores zu eröffnen. Wobei wir kein Image-Branding in Städten suchen, sondern dort präsent sein wollen, wo der Sport ausgeübt wird. Kleine Läden, die aber unsere Philosophie der Naturnähe widerspiegeln. Es ist wie ein kleiner Spielplatz, den ich persönlich für sehr wichtig halte.

Wer hatte den grössten Einfluss auf Lorenzo Delladio?

Das war definitiv mein Vater. Er hat mir zugehört, mich ermutigt, nie gebremst. Ein Bespiel war der erste FreeclimbingWettbewerb in Bardonecchia 1985. Ich zog mit einigen Prototypen unserer Kletterschuhe los und überzeugte unter anderem Stefan Glowacz, der mit ihnen den Wettkampf gewann. Welche Erfolgsgeschichte damit ihren Lauf nahm, hätte niemand voraussehen können. Und so wird Risiko manchmal belohnt, mit ein wenig Glück, das man im Leben manchmal braucht.

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La Sportiva Factory Store Via Ischia, 2, 38030 Ziano di Fiemme TN Mo - Sa 9 - 12h / 15:30 - 19h

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