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Galerie Ziegler
Schräg gegenüber dem Kunsthaus, im Gebäude des Schauspielhauses, entführt uns der Lift in die hohe Welt der Kunst, in die Galerie Ziegler. Besucher werden höflich empfangen, keine Spur von elitärem Verhalten. Renée (RZ) und Maurice Ziegler (MZ) erwarten mich für das Interview, sie gelten mit ihrer 1959 in Zürich gegründeten Galerie in Zusammenarbeit mit der zweiten Generation, Sandra und Serge Ziegler, als ältestes aktives Galeristenpaar der Schweiz – und wahrscheinlich darüber hinaus.
Ihr habt Euch in Paris kennengelernt? RZ: Mein Patenonkel Hermann Rupf aus Bern verschaffte mir ein Praktikum bei Daniel-Henry Kahnweiler in der Galerie Louise Leiris. Wir lernten Künstler wie Pablo Picasso, André Masson oder Fernand Léger persönlich kennen! Das prägte uns, es war eine traumhaft schöne Zeit, die wir genossen. Viele Türen haben sich damals für uns geöffnet. MZ: Ja, das waren bewegte Zeiten, in Paris traf sich die Kunstwelt. Zu dieser Zeit arbeitete ich als Architekturstudent im Büro von Bernard Zehrfuss am UNESCO-Gebäude in Paris. Und ich konnte meine Leidenschaft für das aktuelle Kunstgeschehen mit Renée teilen, das war wunderbar. RZ: Zurück in Zürich wollten wir uns unbedingt für Kunst einsetzen, das war für uns wie eine innere Verpflichtung. Es gab damals erst wenige Galerien für zeitgenössische Kunst in der Schweiz. Die Kunst, welche wir kennen- und lieben gelernt hatten, wurde hier nicht gezeigt. MZ: Kahnweiler unterstützte uns für die erste Ausstellung mit einigen Léger-Grafiken. Wir brachten danach weitere französische Künstler in die Schweiz und entdeckten gleichzeitig Schweizer Künstler wie 1961 z.B. Bernhard Luginbühl, mit dem wir danach während fast 15 Jahren zusammenarbeiteten.
1963 in New York, das war ein einschneidendes Erlebnis?
RZ: Diese Reise hat uns neue Welten in der Kunst eröffnet. So konnten wir nach unserer Rückkehr in die Schweiz unserem Publikum einen direkten Zugang zur neuen us-amerikanischen Künstlergeneration eröffnen. MZ: Dank Arnold Rüdlinger, dem damaligen Direktor der Kunsthalle Basel, hatte es sich ergeben, dass wir uns einer Reisegruppe des Kunstvereins Nordrhein- Westfahlen für eine dreiwöchige New York-Reise anschliessen konnten. Diese charterte eine Constellation für die 250 Teilnehmer! Wahrscheinlich waren wir mit die ersten, welche New Yorker Künstler in ihren Ateliers besucht haben, überall waren wir herzlich willkommen, und lernten grossartige Künstler der aktuellen Szene wie Al Held, George Sugarman, Mark Rothko und Tony Smith kennen, zwei Jahre später auch Kenneth Noland und Bob Huot. 1985, auf dem Weg an die Chicago Art Fair, entdeckten wir zwei junge Graffiti-Künstler. Wir luden Rammellzee und Phase Two sowie ihre Galeristen im Folgejahr in unsere Galerie nach Zürich ein. Die Werke für die Ausstellungen entstanden vor Ort.
Gleichzeitig habt ihr Euch auch der jungen Schweizer Kunst angenommen?
RZ: Neben Bernhard Luginbühl hatten wir eine langjährige Zusammenarbeit mit Dieter Roth, Daniel Spoerri, Richard Paul Lohse, Gianfredo Camesi, und später auch mit Jean Tinguely und Meret Oppenheim. MZ: 1974, vor ihrer ersten Ausstellung bei uns, schockte uns Meret mit der Ansage, dass sie ihre Verkaufspreise verdoppelt habe! Denn, nachdem sie nun so lange für kleine Preise nichts verkauft habe, könne sie ebensogut für doppelte Preise nichts verkaufen! Die Ausstellung wurde ein Riesenerfolg.
Wie haben Auktionen und Messen die Kunstwelt verändert?
MZ: Die Messen kamen in den 70er-Jahren auf. In den Entstehungsjahren der Art Basel, 1971-1976, war ich Mitglied des Beirats. Über die Jahre hinweg ist zu beobachten, dass Messen, ja, der Kunstmarkt überhaupt, Dimensionen angenommen haben, die zum Teil abstrus sind. Früher kam es kaum vor, dass es Sammlern genügte, ein Werk, das sie nie gesehen hatten, einfach in ihrem Depot zu haben.
Es scheint als hätten wir es mit Parallelwelten zu tun: Einerseits die uns seit jeher bekannten klassischen Galeriebesucher und -kunden, die aus eigenem Antrieb Interesse an Kunst bekunden und sich visuell schulen, kunstaffin sind, und die zunehmende Investorenschar, die an Auktio nen und grossen Messen unterwegs ist. Eine wichtige Vermittleraufgabe nehmen viele Kunstmuseen wahr, wobei einige leider wie platte Unternehmen geführt werden – dort mangelt es an Passion. Ein umfassenderes Kunstverständnis würde auf jeden Fall zur Gesundung des aktuellen Kunstmarktes beitragen.
Letztlich war und ist es immer unser Ziel, Menschen für Kunst zu begeistern. Nimmt doch die Kunst den Betrachter mit auf innere Reisen. Es ist die geistige Reise zu neuen Kunst-Ufern, was uns angetrieben hat und was wir mit unseren Möglichkeiten weitergeben möchten.
WWW.GALERIEZIEGLER.CH 8001 Zürich | Switzerland