KOHLE NICHT MEHR VERSICHERN Eine Bewertung von Versicherungen zu Kohle und Klimawandel
November 2017
KOHLE NICHT MEHR VERSICHERN
© Peter Caton/Greenpeace
Eine Bewertung von Versicherungen zu Kohle und Klimawandel
Herausgegeben von 350.org, CIEL, ClientEarth, Friends of the Earth France, Greenpeace Switzerland, Market Forces, Rainforest Action Network, Re:Common, Sierra Club, Sunrise Project, UK Tar Sands Network, Urgewald, and Waterkeeper Alliance Recherche: Kanchan Mishra, Profundo Autoren: Casey Harrell and Peter Bosshard Design: Design Action Collective Alle Bilder: copyright Greenpeace, copyright: cover image Kemal Jufri, page 2 image Tim Aubry, back cover image Jimmy Domingo November 2017 Der vorliegende Bericht und weitere Informationen zum Thema Kohleversicherung sind abrufbar auf www.unfriendcoal.com. Ausschlussklausel: Die als Herausgeber aufgeführten Organisationen befürworten den Inhalt dieses Berichts in seiner Gesamtheit, aber nicht jede Organisation unterstützt unbedingt jede Wertung für jedes Unternehmen.
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Versicherungen zu Kohle und Klimawandel
ZUSAMMENFASSUNG Angesichts des Klimawandels kehren immer mehr Versicherer dem Kohlesektor den Rücken. 15 Gesellschaften mit etwas mehr als 4 Billionen US-Dollar an Vermögenswerten haben Schritte gegen die Kohleindustrie unternommen.1 Sie haben Aktien und Anleihen von Kohleunternehmen im Wert von insgesamt rund 20 Milliarden US-Dollar veräussert oder aufgehört, Kohleprojekte zu versichern und Kohle damit effektiv unversicherbar gemacht. Diese Vorreiter repräsentieren rund 13 Prozent des gesamten von der globalen Versicherungsbranche verwalteten Vermögens. (siehe Abbildung 4). Die Abkehr der Versicherer von der Kohle hat an Tempo gewonnen und scheint sich einem Wendepunkt zu nähern. Die Zurich Versicherung hat eben bekanntgegeben, sie werde alle Beteiligungen an Unternehmen, die mehr als 50 Prozent ihrer Geschäfte im Kohlesektor tätigen, abstossen und keine weiteren Projekte solcher Firmen mehr versichern. Swiss Re und Lloyd’s ihrerseits haben den Herausgebern dieser Scorecard mitgeteilt, sie würden in den nächsten Monaten diesbezüglich neue Richtlinien erarbeiten. Diese gehen zum Teil noch weiter als die Massnahmen von Vorreitern wie Allianz, Aviva, AXA und SCOR. Während die meisten führenden europäischen Versicherer mittlerweile Schritte tun, um aus dem Kohlegeschäft auszusteigen, liegen ihre USKonkurrenten noch weit zurück. Bisher hat kein einziger amerikanischer Versicherer in Sachen Kohle und Klimawandel ernsthafte Massnahmen ergriffen und sogar Industriegiganten wie Berkshire Hathaway, AIG und Liberty Mutual haben sich bisher nicht zu den katastrophalen Klimarisiken geäussert, von denen ihre Kunden direkt betroffen sind. Von den grossen europäischen Firmen haben bisher namentlich Hannover Re, Chubb und Mapfre in Sachen Kohle nichts unternommen, während Generali und Münchener Rück lediglich Minischritte getan haben. Kohle ist mit Abstand die bedeutendste Quelle von klimazerstörenden CO2 -Emissionen. Bei ihrer jährlichen Überprüfung der globalen Klimaschutzmassnahmen 1 Die Summe von $4 Billionen umfasst bloss die Anlagewerte, die von Kohle-Divestitionsentscheiden betroffen sind, nicht alle von den betreffenden Versicherern verwalteten Vermögenswerte.
hat die UNO einen Stopp für neue Kohlekraftwerke und einen beschleunigten Ausstieg aus bestehenden Kraftwerken gefordert, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen und den Anstieg der durchschnittlichen Temperatur auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen.2 Auch der von der Internationalen Energieagentur vorgezeichnete Weg für einen 2-GradÜbergang erfordert, dass die weltweite Kohlenutzung bis 2050 zu 99 Prozent eingestellt wird.3 Versicherer haben ein lebhaftes Eigeninteresse daran, einen katastrophalen Klimawandel zu verhindern. 2017 dürfte als bisher schlimmstes KlimakatastrophenJahr für die Versicherungsindustrie in die Geschichte eingehen, und immer mehr Gegenden – zum Beispiel exponierte Küstengrundstücke – sind auf bestem Weg, unversicherbar zu werden. “Ohne Gegenmassnahmen”, stellt der britische Versicherer Aviva fest, wird der Klimawandel “bedeutende Teile der Wirtschaft unversicherbar machen und unseren Markt schrumpfen lassen”.4
2 UNEP, The Emissions Gap Report, 2017 3 Vgl. das 2-Grad Szenario der IEA (Kohle ohne Kohlenstoffsequestrierung und Lagerung) auf https://www.iea. org/etp/explore/ (Stand October 31, 2017) 4 Aviva’s strategische Antwort zum Klimawandel, Juli 2015, S. 14, eigene Übersetzung
Mindestens 15 führende Versicherer haben Vermögenswerte von über 20 Milliarden US-Dollar an Anleihen und Beteiligungen aus dem Kohlesektor abgezogen. Zudem geben vier der weltgrössten Erst- und Rückversicherer Kohleunternehmen und -projekten keinen Versicherungsschutz mehr. Lässt sich Kohle nicht mehr versichern?
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INSURANCE COMPANIES ASSESSED IN THIS REPORT
Versicherungsgesellschaften sind in einer einzigartigen Lage, den Übergang von Kohle zu sauberer Energie voranzutreiben, indem sie Kohleprojekte künftig weder versichern noch finanzieren helfen. Ohne Versicherungsschutz für die zahlreichen natürlichen, technischen, kommerziellen und politischen Risiken von Kohleprojekten können neue Kohlebergwerke und Kohlekraftwerke nicht gebaut und bestehende Betriebe müssten stillgelegt werden. Mit einem verwalteten Vermögen von rund 31 Billionen US-Dollar besitzen die Versicherer zudem einen bedeutenden Teil der globalen Aktien- und Anleihemärkte.5 Durch die Umlagerung ihrer Investitionen von Kohle zu sauberer Energie können sie den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft, die sich an den internationalen Klimazielen orientiert, enorm beschleunigen. Die Unfriend Coal Kampagne zieht die Versicherer für ihr Handeln und ihre Untätigkeit gegenüber Kohle und Klimawandel zur Verantwortung. Im Juni 2017 forderten 13 an der Kampagne beteiligte Organisationen 25 führende Versicherungsgesellschaften weltweit auf, keine Versicherungen mehr für Kohle zu vergeben, ihre Vermögenswerte aus dem Kohlesektor abzustossen, 5 TheCityUK, UK Fund Management, An Attractive Proposition for International Funds, November 2015
längerfristige Pläne für den Ausstieg aus anderen fossilen Brennstoffen zu erstellen und ihre Unterstützung für saubere Energielösungen auszubauen.6 Diese Scorecard bewertet die Leistungen von Versicherungsunternehmen im Bereich Kohle und Klimawandel. Die Resultate beruhen auf den Antworten von 17 der 25 Versicherer – eine Beteiligung von 68% – sowie auf anderen relevanten Informationen aus Industrieumfragen, Firmenliteratur und Websites. Bei vier führenden Versicherern antworteten die Vorstandsvorsitzenden persönlich, was die Bedeutung verdeutlicht, die sie dem Thema beimessen. Die Scorecard berücksichtigt nicht das ganze Arsenal von klima-relevanten Massnahmen, die der Versicherungsindustrie zur Verfügung stehen. Sie konzentriert sich auf einen wesentlichen Schritt – den Ausstieg aus der Kohle – ohne den alle anderen Klimaschutzmassnahmen Gefahr laufen, bedeutungslos zu werden. Seit mehr als 40 Jahren warnen Versicherungen vor den Risiken des Klimawandels. Ihre anhaltende Unterstützung für den Abbau und das Verbrennen 6 Der Brief wurde von folgenden Organisationen unterzeichnet: by 350.org, AVAAZ, Divest Invest Individual, Friends of the Earth Frankreich, Greenpeace Schweiz, Market Forces, Re:Common, ShareAction, the Sierra Club, the Sunrise Project, Rainforest Action Network, urgewald, und Waterkeeper Alliance
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von Kohle ist jedoch mit ihrem Anspruch auf die Führungsrolle beim Klimaschutz nicht vereinbar. Die Zeit für sinnvolle Klimaschutzmassnahmen ist bald abgelaufen und die Dynamik in der Versicherungswirtschaft muss beschleunigt und ausgeweitet werden. Die Vorreiter der Industrie müssen sich noch konsequenter engagieren. Die Nachzügler in den USA, in Teilen Europas und anderswo auf der Welt müssen noch vor ihren Jahresversammlungen von 2018 endlich zur Tat schreiten, sonst droht ihnen zunehmender Reputationsschaden indem sie als Klimaheuchler entlarvt werden.
Die Herausgeber dieses Berichts werden die Scorecard laufend aktualisieren, während die Versicherer weitere Massnahmen zum Ausstieg aus dem Kohlebergbau ergreifen. Sie werden Kunden sowie gegenwärtige und zukünftige Mitarbeiter der Versicherungsindustrie über die Rolle der Versicherer in Sachen Kohle-Versicherung und Klimawandel auf dem Laufenden halten. Klima-aktiven Versicherern wird weiterhin Anerkennung gezollt, während Nachzügler oder gar Verweigerer in der Öffentlichkeit klar als solche bezeichnet werden, damit die Versicherungsgesellschaften ihren eigentlichen Auftrag erfüllen können, nämlich die Gesellschaft vor katastrophalen Risiken zu schützen.
KLIMA, KOHLE UND DER VERSICHERUNGSSEKTOR Die Durchschnittstemperatur im Jahr 2016 lag 1,2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau, womit 2016 das heisseste bisher verzeichnete Jahr ist. Die beispiellose Zahl an verheerenden Fluten, Stürmen und Flächenbränden, die dieses Jahr viele Teile der Welt verwüstet haben, illustriert deutlich die schwerwiegenden Auswirkungen des Klimawandels. Im Abkommen von Paris haben sich Regierungen darauf geeinigt, den weltweiten Temperaturanstieg auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen und danach zu streben, ihn bis 2100 auf 1,5 Grad Celsius zu limitieren. Eine Untersuchung von Climate Action Tracker hat jedoch festgestellt, dass die Strategien, die Regierungen bis November 2016 beschlossen haben, immer noch in einem Temperaturanstieg von 3,6 Grad Celsius resultieren würden. Wenn die Regierungen die „national festgelegten Beiträge“ (Nationally Determined Contributions, NDCs), zu denen sie sich in Paris verpflichtet haben, komplett umsetzen würden, würde die Durchschnittstemperatur bis 2100 immer noch um geschätzte 2,8 Grad Celsius ansteigen.1 Klimawissenschaftler sagen vorher, dass ein mittlerer Temperaturanstieg von 3 Grad Celsius zu einem signifikanten Rückgang der landwirtschaftlichen Produktion und einem Anstieg von tödlichen Hitzewellen in Städten und Flächenbränden führen würde. Beide Pole würden schmelzen und der Meeresspiegel um etwa einen Meter alle 20 Jahre ansteigen, weshalb Millionen Menschen die Küsten 1 Climate Analytics, Ecofys, New Climate Institute, Climate Action Tracker Update, Paris Agreement in force, but no increase in climate action, November 2016
verlassen müssten. Rückkopplungen wie das Tauen der Permafrostböden würden voraussichtlich hinzukommen und es unmöglich machen, das Klima in der Zukunft zu stabilisieren. Kohle ist für 43 Prozent aller Kohlendioxid-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energien verantwortlich,2 die wiederum für 87 Prozent aller menschengemachten Emissionen verantwortlich ist.3 Zudem ist Kohle eine Hauptverschmutzungsquelle, die nach einer aktuellen Untersuchung zum Tod von etwa neun Millionen Menschen führt.4 Die Kosten für Energie aus Wind und Sonne fallen kontinuierlich, weshalb weltweit zahlreiche Kohlekraftwerke vorzeitig abgeschaltet werden und die Zahl neu projektierter Kohlekraftwerke abnimmt. Laut einem Bericht von Coal Swarm, Sierra Club und Greenpeace ist die globale Kapazität von Kohlekraftwerken im Jahr 2016 immer noch um 3 Prozent auf 1.964 Gigawatt angestiegen. Im selben Jahr ging jedoch der Baubeginn neuer Kohlekraftwerke um 62 Prozent zurück, ebenso nahmen die Vor-Bau Aktivitäten für geplante Kohlekraftwerke ab: um 48 Prozent von 1090 auf 570 Gigawatt. Nach den Erfahrungen von 2010-2016 werden nur 37 Prozent der geplanten Kohle-NeubauKapazität tatsächlich realisiert.5 2 International Energy Agency. CO2 Emissions from Fuel Combustion 2012 3 C. Le Quéré et al,. The global carbon budget 1959-2011, Earth System Science Data 5/2013 4 The Lancet Commission on pollution and health, October 19, 2017 5 Coal Swarm, Sierra Club, Greenpeace, Boom and Bust 2017, Tracking the Global Coal Plant Pipeline
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Die aktuelle Entwicklung weg von der Kohle ist positiv, aber nicht ausreichend. Coal Swarm’s „Global Coal Plant Tracker“ zeigt, dass die Emissionen der betriebenen und im Bau befindlichen Kohlekraftwerke zu hoch sind, um die 2 Grad Celsius Grenze einzuhalten und die Emissionen der im Betrieb befindlichen Kohlekraftwerke allein schon das Kohlenstoff-Budget für die 1,5 Grad Celsius Grenze überschreiten (siehe Abbildung 2). Eine andere Studie von Climate Analytics stellt fest, dass keines der geplanten Kohlekraftwerke gebaut werden darf, wenn die Weltgemeinschaft die Klimaziele des Pariser Abkommens auf kosteneffektive Weise erreichen will. „Neue geplante Kohlekraftwerke zu realisieren würde einer Entwicklung entsprechend den Temperaturzielen des Pariser Abkommens klar zuwiderlaufen“ schrieb der Thinktank im November 2016. Zudem müssen Industrieländer bis 2030 komplett aus der Kohle aussteigen, China bis 2040 und andere Entwicklungs- und Schwellenländer bis 2050. 1 Versicherer gehören zu den entscheidenden Risikomanagern unserer Gesellschaft. Sie verwalten insgesamt ein Vermögen von etwa 31 Billionen US-Dollar und gehören damit zu den weltgrössten institutionellen Investoren. Mit dem, was sie versichern und worein sie investieren, spielen sie eine grosse Rolle dabei, die 1 Climate Analytics, Implications of the Paris Agreement for Coal Use in the Power Sector, November 2016, Zitat eigene Übersetzung
industrielle Entwicklung der Welt zu gestalten. Die entscheidende Rolle der Versicherer liegt darin, ihre Kunden vor den Auswirkungen katastrophaler Risiken zu schützen. Versicherer wie die Münchener Rück gehörten zu den ersten Firmen, die schon 1973 vor den Risiken des Klimawandels warnten. Viele führende Versicherer unterstützen die Ziele des Pariser Abkommens. „Klimawandel stellt die Menschheit vor grosse Herausforderungen und Versicherer werden eine zentrale Rolle dabei spielen, der Gesellschaft zu helfen, die Auswirkungen abzumildern und sich daran anzupassen“, erklärte der Verband Insurance Europe im Oktober 2015. Leider bringen die meisten Versicherer bisher ihre Klimarhetorik nicht in Einklang mit ihrer Geschäftstätigkeit, wenn es um Kohle und andere fossile Energien geht. Berichte sowohl von Profundo als auch von Ceres haben festgestellt, dass 55 führende Versicherer in Europa und den USA gemeinsam mindestens 590 Milliarden US-Dollar in Anleihen und Aktien fossiler Energieunternehmen investiert haben. Die 40 US-Versicherer, die die Ceres Studie untersucht hat, waren mit etwa 12 Prozent ihrer Anleihen in fossilen Energien sogar noch stärker in dem Sektor vertreten als durchschnittliche Investoren.2 2 Simons, M. and J. de Wilde, The Involvement of European Insurance Groups in the Fossil Fuels Sector, Profundo, April 2017; Cynthia McHale and Rowan Spivey, Assets or Liabilities? Fossil Fuel Investments of Leading U.S. Insurers, Ceres, June 2016
ABBILDUNG 1: CO2 EMISSIONEN UND TEMPERATURANSTIEG BIS 2100 Aktuelle Politikprojektionen (Nov. 2016)
NDCs und andere Ankündigungen
3.6°C
2.8°C
Temperaturanstieg bis 2100
unter 2°C bis 2100 kompatibel
unter 1,5°C kompatibel bis 2100
Unter 2°C
Unter 1.5°C
Emissionen 2025 (GtCO2e)
55-57
52-55
39-43
35-40
Emissionen 2030 (GtCO2e)
58-61
53-56
36-40
29-36
Quelle: Climate Analytics, Ecofys, New Climate Institute, Paris Agreement in force, but no increase in climate action, November 2016
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Die Allianz führt mit 59 Milliarden US-Dollar in Aktien und Anleihen die Liste fossiler Investoren unter den Versicherern an. Die Summe entspricht dem Bruttosozialprodukt von Uruguay. Der deutsche Versicherungsriese hat 2015 angekündigt, seine Eigenanlagen aus Kohleunternehmen abzuziehen. Er verwaltet über PIMCO und andere Töchter jedoch grosse Summen für Dritte, auch durch Anlagen in fossile Energiefirmen.
Durch Absicherung und Investitionen in Kohle und andere fossile Projekte tragen Versicherer zu dem katastrophalen Klimawandel bei, vor dem sie ihre Kunden schützen sollten.
Durch ihre Rolle als Versicherer spielen die Unternehmen sogar eine noch grössere Rolle beim andauernden Bau und Betrieb von Kohleprojekten. Ohne die Absicherung der bedeutenden natürlichen, wirtschaftlichen, rechtlichen und politischen Risiken könnten grosse Kohleminen, -häfen und –kraftwerke nicht finanziert, gebaut und betrieben werden. Anders als über ihreInvestitionen, berichten Versicherer nicht öffentlich darüber, was sie versichern und die Versicherung spezifischer Projekte bleibt fast immer vertraulich. Fachveröffentlichungen und ihre Werbung zeigen jedoch, dass die meisten grossen Sach- und Unfallversicherungen aktiv fossile Energieunternehmen versichern, auch für Kohleprojekte. Die ProfundoRecherche stellte zum Beispiel fest, dass 11 der 15 grössten Mehrspartenversicherer sehr aktiv im
ABBILDUNG 2: KOHLEKRAFTWERKE ÜBERSCHREITEN DAS KOHLENSTOFFBUDGET DES PLANETEN
Geschätzte CO2-Emissionen laufender Kohlekraftwerke, im Bau befindlicher Kohlekraftwerke und geplanter Kohlekraftwerke verglichen mit Emissionsgrenzen für Kohlekraftwerke nach Paris 1,5°C und Cancun 2°C Abkommen
300
36 46
250 200
215
150 100
189
125
50 0
Paris 1.5C
Cancun 2C
Coal Plants
Kohlenstoffbudget für Kohlekraftwerke nach Paris und Cancun Abkommen Emissionen laufender Kraftwerke
Emissionen vorgeschlagener Kraftwerke
Emissionen von in Bau befindlichen Kraftwerken Quelle: Global Coal Plant Tracker (GCPT), January 2017.
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Versicherungsgeschäft für fossile Energieunternehmen sind. Versicherer haben nicht nur eine moralische Pflicht, ihre Geschäfte entsprechend den Zielen des Pariser Abkommens zu gestalten. Sie haben auch ein Eigeninteresse daran, Klimarisiken anzugehen. Die Regulierungsbehörde der Bank von England sieht drei Risikotypen für Versicherer, die sich aus dem Klimawandel ergeben: 3 PHYSISCHE RISIKEN: Extremwetterereignisse wie Hurrikane, Flächenbrände und Fluten, die zu massiven Verlusten bei den Versicherern führen können. Die meisten Versicherer gehen davon aus, dass sie sich diesem Risiko anpassen können, indem sie die Prämien erhöhen. Aber Standards & Poor’s hat gewarnt, dass „der Klimawandel zu einem plötzlichen Anstieg sowohl des Risikos als auch der Unbeständigkeit von Verlusten aus Wettereignissen führen kann, wenn bestimmte Kipppunkte erreicht sind“.4
3 Prudential Regulation Authority, The impact of climate change on the UK insurance sector, September 2015 4 S&P Global Market Intelligence, Insurers May Anticipate A Smooth Road Ahead On Climate Change, But Their View Could Be Restricted, November 16, 2015
TRANSFORMATIONSRISIKEN: Die Transformation hin zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft reduziert den Wert kohlenstoffintensiver Firmen wie Kohle-, Öl- und Gasunternehmen. Vermögen, das Versicherungen in solchen Firmen angelegt haben, kann sich somit in nichts auflösen. Lloyds hat gewarnt, dass der Klimawandel „möglicherweise ganze Regionen und globale Industrien in kurzer Zeit stranden lassen kann, was zu direkten und indirekten Auswirkungen auf Investitionsstrategien und Verbindlichkeiten führen kann.“ 5 HAFTUNGSRISIKEN: Akteure, die Verluste durch Klimachaos erleiden, versuchen immer öfter, diejenigen zur Verantwortung zu ziehen, die eine Mitverantwortung für den Klimawandel haben. Die Haftungsrisiken dieser Unternehmen können versichert sein. Die Regulierungsbehörde der Bank von England sieht in diesem Klimarisiko „das relevanteste für Allgemeinversicherer“. Sie stellt fest, dass Versicherer bisher Verluste aus Asbest-Schadensfällen in Höhe von 85 Milliarden US-Dollar erlitten haben. In den vergangenen Jahren haben vorausschauende Versicherer begonnen, zum Thema Kohle aktiv zu werden. Seit 2013 haben mindestens 13 grosse 5 Lloyd’s, Stranded Assets: the transition to a low carbon economy, Overview for the insurance industry, February 2017, p. 4, eigene Übersetzung
ABBILDUNG 3: DIE KOHLELIEFERKETTE HÄNGT VON VERSICHERUNGEN AB
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ABBILDUNG 4: INSURANCE ASSETS DIVESTED FROM THE COAL INDUSTRY
> $180 Billionen
weltweites Investitionskapital
> $31 ~ $4 Billionen Billionen ~ $20 Billionen
Vermögen von der Versicherungsvermögen, VersicherungsVersicherungsindustrie vermögen, das aus der das Divestmentverwaltet Entscheidungen Kohleindustrie abgezogen wurde unterliegt
Versicherer begonnen, in verschiedenem Umfang ihre Anlagen aus dem Kohlesektor abzuziehen. Dazu gehören Lebensversicherer wie Storebrand und Natixis, Mehrspartenversicherer wie AXA und Allianz und Rückversicherer wie Swiss Re und SCOR. Darüber hinaus haben Lloyds und Zürich die Herausgeber dieses Berichts darüber informiert, dass sie ebenfalls divestieren wollen.6 Beginnend mit AXA im April 2017 haben zudem einige führende Versicherer beschlossen, einige oder alle Kohleunternehmen nicht mehr zu versichern. Das gesamte verwaltete Vermögen von Versicherern, die Divestment-Entscheidungen getroffen haben, beträgt über 4 Billionen US-Dollar. Europäische Versicherer investieren etwa 15 Prozent ihres Portfolios in Aktien und 36 Prozent in Unternehmensanleihen, gesamt also 51 Prozent.7 Unternehmen, die mindestens die Hälfte ihrer Einnahmen aus Kohle beziehen, 6 Die aktuelle Liste von Versicherern mit Kohle-DivestmentEntscheidungen umfasst Aegon, Allianz, Aviva, AXA, California’s State Compensation Insurance Fund, CNP, HCF, Lloyd’s (wird vorbereitet), Münchener Rück, Natixis, Oslo Pension & Insurance, SCOR, Storebrand, Swiss Re, und Zürich. Einige dieser Unternehmen sind in diesem Bericht nicht behandelt, weil sie Kohle nicht versichern und nicht zu den grössten Investoren weltweit gehören. Zusätzlich haben mindestens 11 kleine US Versicherer mit Anlagen unter 10 Milliarden US-Dollar den kalifornischen Versicherungs-Bevollmächtigten informiert, dass sie nicht länger in Kohleunternehmen investieren werden. 7 Insurance Europe, Oliver Wyman, Funding the Future, Insurers’ role as institutional investors, June 2013.
machen etwa ein Prozent der Kapitalisierung des S&P Global 1200 Index aus8 und machen wohl in etwa einen ähnlichen Anteil bei Unternehmensanleihen aus. Daraus folgt, dass die Versicherer bisher etwa 20 Milliarden US-Dollar in Aktien und Anleihen von der Kohleindustrie abgezogen haben (siehe Abbildung 4). Um weitere Fortschritte zu erzielen und Versicherer für ihre Aktionen oder Untätigkeit zur Verantwortung zu ziehen, haben 13 Organisationen, die in der Unfriend Coal Koalition aktiv sind, im Juni 2017 insgesamt 25 führende Versicherer angeschrieben. Sie forderten die Versicherungen auf, ihre Anlagen aus Kohleunternehmen abzuziehen und diese nicht mehr zu versichern sowie ihr Geld in saubere Energiequellen anzulegen. Die Versicherer umfassen zehn grosse Mehrspartenversicherer, fünf grosse Rückversicherer, fünf Lebensversicherer, die Kohleprojekte nicht absichern, aber zu den grössten institutionellen Investoren gehören, vier grosse Nischenversicherer, die darauf spezialisiert sind, Energieprojekte abzusichern und der Versicherungsmarkt Lloyds. 9 Im Detail forderten die Unfriend Coal Campaigner von den Versicherern bis Oktober 2017 Folgendes zu tun:
1. Ein veröffentlichtes Regelwerk zu entwickeln und anzuwenden, nach dem Projekte für neue Kohleexploration, Kohleabbau, Kohlekraftwerke und Kohleinfrastruktur nicht mehr versichert werden und 8 Persönliche Kommunikation mit Toby Heaps, Corporate Knights, 30. Oktober 2017 9 Die Liste aller Versicherer findet sich in der Abbildung auf Seite 4.
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keine Versicherungen vergeben oder existierende Versicherungen erneuert werden für Unternehmen, die eines der folgenden Kriterien erfüllen: •
Sie erwirtschaften mindestens 30 Prozent ihrer Einkünfte oder ihres Stroms aus Kohle;
•
Sie fördern, handeln oder verbrauchen mindestens 20 Millionen Tonnen Kohle jährlich;
•
Sie planen Investitionen in neue Kohleminen, Kohlekraftwerke oder Kohleinfrastruktur. 10
Versicherungspolicies, die direkt Arbeitern in der Kohleindustrie zugute kommen, sollten davon nicht betroffen sein.
2. Öffentlich auszuschliessen, dass irgendeine Versicherung vergeben wird für die Unternehmen der Adani-Gruppe und ihre Partnerfirmen, die mit der Carmichael Kohlemine in Australien verbunden sind, eine der grössten Kohleminen weltweit.
3. Ein veröffentlichtes Regelwerk zu entwickeln und anzuwenden, nach dem innerhalb von sechs Monaten die Anlagen der Versicherer von Kohlefirmen divestiert werden, die die oben genannten Kriterien erfüllen. Diese Divestment-Entscheidung soll für Eigenanlagen gelten wie auch für Anlagen, die für Dritte verwaltet werden.
4. Nach Oktober 2017 soll ein Plan entwickelt werden, wie aus anderen fossilen Energiequellen (Öl, Gas und die dafür nötige Infrastruktur) divestiert und Versicherungsgeschäfte für sie beendet werden können, damit die Versicherungsgeschäfte kompatibel mit den Zielen des Pariser Abkommens werden.
5. Während sie Geld aus Kohle und anderen fossilen Energieprojekten abziehen, sollen die Versicherer mehr in saubere Energie-Unternehmen investieren, wenn diese internationale menschenrechtliche, soziale und ökologische Standards einhalten. Dieser Bericht bewertet die Antworten der 25 Versicherer auf diesen Forderungskatalog zu Kohle und Klimawandel. 10 Eine Liste von knapp 800 Mutter- und über 1000 Tochterunternehmen, die diese Kriterien erfüllen, wurde gerade als Global Coal Exit List veröffentlicht.
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In recent years, a growing number of far-sighted insurance companies have started to take action on coal. Since 2013, at least 13 major insurers—including life insurers such as Storebrand and Natixis, multi-line insurers such as AXA and Allianz, and reinsurers such as Swiss Re and SCOR—have divested their assets from the coal sector to varying degrees. In addition, Lloyds and Zurich have informed the publishers of this report that they will take this step now.11 Starting with AXA in April 2017, a few leading insurance companies have also decided to stop underwriting some or all coal companies. The total assets managed by insurance companies that are covered by coal divestment policies amount to just over $4 trillion. European insurers invest about 15% of their portfolios in equities and 36% in corporate bonds, for a combined total of 51%.12 Companies that derive at least half of their revenue from coal make up about 1% of the capitalization of the S&P Global 1200 index,13 and will likely take up a roughly similar share of corporate bonds. We can therefore assume that insurers have so far withdrawn about $20 billion in share capital and bonds from the coal industry (see the graphic). In order to encourage further progress and to hold insurance companies to account for their action or inaction on coal, 13 organizations engaged in the Unfriend Coal campaign wrote to 25 leading insurance companies in June 2017 asking them to shift their underwriting and divestment from coal to clean energy sources. The insurers included ten large multi-line insurers, five large reinsurers, five life insurers which don’t underwrite coal projects but are major institutional investors, four major niche insurers specialized in underwriting energy projects, and the insurance market Lloyd’s.14
11 The current list of insurance companies with coal divestment policies includes Aegon, Allianz, Aviva, AXA, California’s State Compensation Insurance Fund, CNP, HCF, Lloyd’s (under preparation), Munich Re, Natixis, Oslo Pension & Insurance, SCOR, Storebrand, Swiss Re, and Zurich. Some of these companies were not scored in this report because they don’t underwrite coal and are not among the world’s largest investors. In addition, at least 11 small U.S. insurers with assets of less than $10 billion each have informed California’s insurance commissioner that they will no longer invest in coal companies. 12 Insurance Europe, Oliver Wyman, Funding the Future, Insurers’ role as institutional investors, June 2013. 13 Personal communication from Toby Heaps, Corporate Knights, October 30, 2017 14 The full list of insurance companies addressed can be seen in the matrix on p. 10-11
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SCORING RASTER KOHLEVERSICHERUNG DEFINITION
SCHWELLENWERT
SPEZIFISCHE PROJEKTE
N/A
N/A
N/A
AUSSICHTEN
KOHLEINVESTITIONEN SUMME
DEFINITION
SCHWELLENWERT
VERWALTETES VERMÖGEN
DIVESTMENTTYPEN
ANDERE FOSSILE ENERGIEN TRANSPARENZ AUSSICHTEN
SUMME
DIVESTMENT
VERSICHERUNG
AIG Allianz Aviva
N/A
N/A
AXA Axis Capital Berkshire Hathaway Chubb
N/A
Generali Hannover Re Legal & General
N/A
N/A
N/A
N/A
N/A
N/A
N/A
N/A
N/A
N/A
N/A
N/A
N/A
N/A
N/A
N/A
N/A
N/A
N/A
Liberty Mutual Lloyd's
N/A
N/A
Mapfre MetLife Munich Re Prudential QBE
N/A
SCOR Sompo Swiss Re TIAA Family
N/A N/A
N/A
N/A
N/A
N/A
Tokio Marine W.R. Berkley
N/A
XL Catlin
N/A
Zurich
LEGENDE
Allbranchenversicherung
Rückversicherung
Lebensversicherung
Kommende Nachrichten die evtl. Auswirkungen auf die Police haben
INVESTITIONEN WEITERE KLIMAIN SAUBERE FÜHRERSCHAFT ENERGIEN
DIE KRITERIEN DIESER BEWERTUNG 1. KOHLEVERSICHERUNG Risiken absichern ist das zentrale Element im Geschäftsmodell von Versicherern. Die in der Unfriend Coal Kampagne aktiven Organisationen forderten von den Versicherern, Regelwerke zu entwickeln, nach denen Kohleprojekte ab Oktober 2017 ausgeschlossen werden. Das Abschneiden der Versicherer wurde nach den folgenden Kriterien bewertet: 1.1. UMFANG Wir erwarten von Versicherern, dass das Regelwerk alle Typen von Kohle, zumindest von thermischer Kohle (die anders als metallurgische Kohle leicht ersetzt werden kann) und alle Versicherungstypen umfasst. AXA’s Regelwerk umfasst alle relevanten Typen von Kohle und Versicherungen. Zürichs neue Regeln umfassen neue Kohleminen und alle neuen Kunden, die mehr als 50 Prozent ihres Geschäfts mit thermischer Kohle machen. SCOR’s Ankündigung dagegen betrifft nur direkte Versicherungen oder mögliche Rückversicherungen, die neue Kohleminen erst ermöglichen sowie eigenständige Braunkohleminen oder –kraftwerke. Somit schliessen SCOR’s neue Regeln die Mehrheit neuer Kohlekraftwerke aus, für die weiter eine Versicherung möglich ist. 1.2. SCHWELLENWERT Wir erwarten von Versicherern, keine Versicherungen für Unternehmen anzubieten, auf die eines der folgenden Kriterien zutrifft: • Sie erwirtschaften mindestens 30 Prozent ihrer Einkünfte oder ihres Stroms aus Kohle; • Sie fördern, handeln oder verbrauchen mindestens 20 Millionen Tonnen Kohle jährlich; • Sie planen Investitionen in neue Kohleminen, Kohlekraftwerke oder Kohleinfrastruktur. AXA definiert als Kohleunternehmen solche Bergbauunternehmen oder Energieversorger, die mehr als 50 Prozent ihres Umsatzes mit Kohle machen. Zürich nutzt einen 50 Prozent Schwellenwert für alle Neukunden und gewährt eine Übergangs-periode von bis zu 24 Monaten für Altkunden, die über 50
Prozent ihrer Einkünfte mit Kohle machen. SCOR’s Ankündigung nutzt eher einen qualitativen als einen numerischen Schwellenwert, um Kohleunternehmen zu definieren (und nutzt einen Schwellenwert von 30 Prozent für sein Divestment). Kein Versicherer schliesst eine Firma unabhängig von ihrem Kohleanteil aus, wenn diese jährlich mindestens 20 Millionen Tonnen Kohle fördert, handelt oder verbraucht. 1.3. SPEZIFISCHE PROJEKTE Als Testfall für unsere Forderungen, verlangten wir von den Versicherern, öffentlich auszuschliessen, Unternehmen zu versichern, die mit der gigantischen Carmicheal Kohlemine in Australien verbunden sind. Jedes umfassende Kohleausschluss-Regelwerk, sogar mit einem Schwellenwert schwächer als 50 Prozent, müsste Absicherung für das Carmichael Projekt ausschliessen. Generell machen Versicherer keine öffentlichen Aussagen zu spezifischen Projekten. Viele Unternehmen, die über keine Kohle-Ausschluss-Regeln verfügen, erklären, dass ihre internen Umwelt-, Sozialund Governance-Prüfungen (ESG) dazu führen können, Versicherungen für besonders zerstörerische Kohleund andere fossile Projekte auszuschliessen. Eine umfassende Kohle-Ausschluss-Regel ist natürlich vorzuziehen, zumindest aber sollten die Versicherungen, die solche Prüfungen durchführen, transparent machen, welche Projekttypen damit ausgeschlossen werden. Zürich hat Adani, den Entwickler der Carmichaelmine, explizit als Beispiel für eine Firma genannt, die von der Versicherung ausgeschlossen würde.
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2. KOHLE-DIVESTMENT Mit einem verwalteten Vermögen von geschätzten 31 Billionen US-Dollar gehören Versicherer (inklusive der Lebensversicherer, die keine Kohleprojekte absichern) zu den weltweit grössten institutionellen Investoren. Versicherer verwalten riesige Vermögen selbst; viele verwalten zusätzlich noch sehr grosse Vermögen für Dritte über gemeinsame Fonds und andere Instrumente. Das Abschneiden der Versicherer als Anleger wurde nach den folgenden Kriterien bewertet: 2.1. UMFANG Wir erwarten von Versicherern aus allen Unternehmen zu divestieren, die relevant mit Kohle assoziiert sind: Bergbauunternehmen, Energieversorger und Ausrüster. Allianz und Swiss Re gehören zu den Unternehmen, die klare Regeln für das Divestment von Bergbauunternehmen und kohleintensiven Energieversorgern haben. Die Versicherer sollten jedoch auch ihr Geld von Firmen abziehen, die andere Teile der Kohle-Lieferkette umfassen, vor allem grosse Ausrüster. 2.2. SCHWELLENWERT Wir erwarten von Versicherern, dass sie ihr Geld von Firmen abziehen, die eines der Kriterien unter 1.2. erfüllen. Allianz und Swiss Re haben einen Schwellenwert von 30 Prozent für die Definition eines Kohleunternehmens. AXA, Münchener Rück und SCOR nutzen einen Schwellenwert von 50 Prozent, was es ihnen erlaubt, Aktien und Anleihen von einigen der weltweit aggressivsten Kohleentwicklern zu halten etwa von KEPCO aus Südkorea, J-Power aus Japan und vom malaysischen Energieversorger Tenaga. Zürich hat ebenfalls einen Schwellenwert von 50 Prozent, mit einer 24-monatigen Übergangsperiode für Altkunden. SCOR hat inzwischen seine Regeln dahingehend verschärft, dass nun ein Schwellenwert von 30 Prozent gilt. Dem müssen andere Investoren folgen.
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2.3. EIGENE VS. VERWALTETE ANLAGEN Einige Versicherer verwalten zusätzlich zu ihren Eigenanlagen in grossem Massstab Gelder für Dritte. Wir erwarten von Versicherern, dass sie alles divestieren, was unter den Kohleausschluss-Schwellenwert fällt: Eigenanlagen und für Dritte verwaltete Anlagen, ausser, wenn die Anlagenbesitzer explizit Anweisung geben, dies nicht zu tun. Allianz hat seine Eigenanlagen aus Kohleunternehmen abgezogen, aber nicht die über eine Billion US-Dollar, die sie für Dritte verwalten. AXA IM und Zürich divestieren auch für Dritte verwaltete Gelder, allerdings mit einem schwächeren Schwellenwert als die Allianz ihn anlegt. Einige andere Versicherer, die aus Kohle divestiert haben, verwalten keine relevanten Gelder für Dritte. 2.4. ANLAGETYPEN Versicherer investieren den grössten Teil ihrer Anlagen in Anleihen und Aktien. Wir erwarten, dass sie das Geld aus allen Anlagetypen abziehen. Bei den meisten Versicherern mit Kohle-DivestmentEntscheidungen gilt dies für alle Anlagetypen, typischerweise werden die Aktien direkt verkauft und die Anleihen nicht erneuert, wenn sie auslaufen. Dies gilt jedoch nicht für die Münchener Rück, die Geld nur aus Kohleaktien abgezogen hat (mit einem wenig ambitionierten Schwellenwert von 50 Prozent) und weiter Anleihen von Kohleunternehmen besitzt, von denen sie keine Aktien mehr hält.
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DIE KRITERIEN DIESER BEWERTUNG 3. ANDERE KRITERIEN Der Fokus dieses Berichts liegt auf Kohle, es gibt jedoch noch weitere Kriterien, nach denen wir Unternehmen bewertet haben. 3.1. ANDERE FOSSILE ENERGIEN Wenn der weltweite Temperaturanstieg auf 1,5 bis 2 Grad Celsius begrenzt werden soll, müssen 85 Prozent beziehungsweise 68 Prozent aller bekannten Reserven fossiler Energien – nicht nur der Kohle – im Boden bleiben. 1 Deshalb haben wir von Versicherungen gefordert, dass sie nach Oktober 2017 einen Plan entwickeln sollen, um aus allen fossilen Energiequellen zu divestieren und diese nicht mehr zu versichern (Öl, Gas und die dafür nötige Infrastruktur), um ihr Geschäftsmodell an die Ziele des Pariser Abkommens anzupassen. Bisher hat kein Versicherer Schritte unternommen, um generell aus fossilen Energien zu divestieren oder sie nicht mehr zu versichern. Einige haben jedoch Regeln erarbeitet, um bestimmte besonders umweltverschmutzende Praktiken wie ÖlsandAbbau oder Ölbohrungen in der Arktis nicht mehr zu versichern. Swiss Re etwa versichert Ölsand-, oder arktische Ölbohrungsprojekte nicht. AXA hat die Herausgeber dieses Berichts gerade darüber informiert, dass sie arktische Ölbohrungen nicht mehr versichern wollen und aus Investitionen im ÖlsandSektor aussteigen wollen. ERGO, der Erstversicherer der Münchener Rück versichert keine arktischen Ölbohrungen. 3.2. TRANSPARENZ Die Offenheit, mit der Versicherer über ihren Ansatz zu Kohle sprechen wie auch die Veröffentlichung von ESG-Kriterien und klimarelevanten Angaben variiert stark. Das mag an den sehr unterschiedlichen Aktivitäten liegen, denn es ist schwierig, Details zu einem nicht-existierenden Kohle-Regelwerk und lauwarmen Ansätzen zur Klimakrise zu veröffentlichen. Tatsächlich ist jedoch auch die Offenheit bei den Vorreitern sehr unterschiedlich und der Versicherungssektor in seiner Gesamtheit ist sehr intransparent was konkrete Versicherungen und 1 Oil Change International, The Sky’s Limit, Why the Paris climate goals require a managed decline of fossil fuel production, September 2016
spezifische Transaktionen angeht. Lloyds, Swiss Re, XL Catlin und Zürich haben den Autoren dieses Berichts durch die Vorstandsvorsitzenden geantwortet. Dagegen haben Axis Capital, W.R. Berkley, Berkshire Hathaway, Chubb, Hannover Re, Liberty Mutual, MetLife und Mapfre gar nicht geantwortet, trotz wiederholter Erinnerung. AIG und Münchener Rück haben geantwortet, aber ohne detaillierte Informationen zu geben. Als Zwischenetappe hin zu verbesserter Transparenz haben wir die Versicherer auf der Grundlage der Informationen bewertet, die sie bezüglich der Kriterien dieses Berichts und zu weiteren Klima- und ESGThemen veröffentlichen. Wir haben die Versicherer untersucht anhand von überprüfbaren Informationen in den Antworten sowie anderen Berichten und Initiativen wie die Klimarisiko Veröffentlichungsstudie der kalifornischen Abteilung für Versicherer, das Climate Disclosure Project und die Global Reporting Initiative. 3.3. INVESTITIONEN IN SAUBERE ENERGIEN Um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, muss nicht nur die Mehrheit der fossilen Reserven in der Erde bleiben, sondern auch die Investitionen in saubere Energiequellen weltweit massiv ansteigen. Als Versicherer und grosse Investoren können Versicherungen eine Doppelrolle dabei spielen, den Übergang von fossilen zu sauberen Energien zu katalysieren. Wenn 55 Versicherer die 590 Milliarden US-Dollar, die sie verwalten, aus fossilen Unternehmen abziehen und sie in saubere Energie-Technologien investieren würden, könnten sie die aktuellen weltweiten Investitionen in erneuerbare Energien mehr als verdreifachen (siehe Abbildung 4). Wir haben die Versicherer nach Menge und Qualität ihrer Investitionen in Erneuerbare Energien bewertet. Dazu haben wir geprüft wie sie „saubere Energie“ definieren (ob etwa für sie problematische Projekte wie Grossstaudämme darunter fallen); ob sie aus
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schwammig definierten Green Bonds bestehen oder aus spärlicher Projektfinanzierung; und ob die Investitionen in Ländern stattfanden, wo sie leicht neue fossile Infrastruktur ersetzen können. Die Investitionen in saubere Energien unterscheiden sich stark zwischen Versicherungen, generell gilt aber, dass der gesamte Sektor genauere Informationen zu Investitionen in saubere Energien geben muss und zu spezifischen Versicherungsprodukten, die vergeben werden, um die Energiewende vorwärts zu treiben. 3.4. WEITERE KLIMAFÜHRERSCHAFT Es gibt viele Arten, auf die Versicherer den Kampf gegen den Klimawandel anführen und die Wider-standskraft gegen den Klimawandel stärken können. Wir haben Unternehmen auf der Grundlage ihrer Antworten, ihrer Nachhaltigkeitsberichte und weiterer Veröffentlichungen bewertet.
Zu den Kriterien gehören Forschung und Umwelterziehung zu Klimathemen, starker öffentlicher Einsatz für Klimaschutz und das Engagement der Firmen, ihre eigenen Treibhausgasmissionen zu begrenzen. Versicherer unterscheiden sich stark in ihrer Klimaführerschaft. Es überrascht nicht, dass es einen starken Zusammenhang gibt zwischen ihren Aktivitäten bei Kohleinvestitionen und –versicherung und anderen Aspekten von Klimaführerschaft. Die ersten Schritte der Unternehmen bestehen oft darin, ihre eigenen Treibhausgasemissionen zu reduzieren und in Gruppen und Komitees zu Klimawandel Mitglied zu werden. Echte Vorreiter haben einzigartige und oft frühe Aktivitäten unternommen, etwa durch innovative Forschung oder kontinuierliche Lobbyarbeit für starke, verbindliche Klimagesetzgebung auf globaler, nationaler und regionaler Ebene.
FIGURE 4: MÖGLICHE AUSWIRKUNGEN DURCH VERSICHERUNGEN UND IHREM INVESTITIONSWECHSEL
US Dollars (Milliarden)
600
590
500 400 300
242
200 100 0
Weltweite Investitionen in erneuerbare Energien 2016
Investitionen von Versicherungen in fossile Brennstoffe
Quelle: Asset or Liabilities? Fossil Fuel Investments of Leading U.S. Insurers, Ceres May 2016; The involvement of European insurance groups in the fossil fuels sector, Profundo April 2017; Global Trends in Renewable Energy Investment, UNEP and BNEF, April 2017
PROFILE DER VERSICHERUNGEN ALLIANZ Die Allianz ist, gemessen am verwalteten Vermögen, der weltgrösste Versicherer. Sie ist ausserdem stark in der Versicherung von fossilen Projekten involviert. Im November 2015 war die Allianz einer der ersten Versicherer, die aus Kohle divestiert haben. Mit einem Schwellenwert von 30 Prozent des Einkommens (bei Bergbaufirmen) und des erzeigten Stroms (bei Energie-
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versorgern) aus Kohle, hat die Allianz eine umfassendere Definition von Kohlefirmen als AXA, Zürich und andere Wettbewerber. Die Kohleregeln der Allianz enthalten zwei bedeutende Lücken: der Versicherer verwaltet Vermögen für Dritte in Höhe von über einer Billion US-Dollar und anders als etwa AXA oder Zürich bietet die Allianz keine
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kohlefreien Fonds als Standardoption an. Deshalb verwaltet die Allianz nach Recherchen von Profundo (2017) mit mindestens 59 Milliarden US-Dollar die meisten fossilen Anlagen von allen Versicherern. Darüber hinaus schliesst die Allianz Kohlefirmen und Kohleprojekte nicht von Versicherungen aus. Die Zahl der Versicherer, die aufhören Kohle abzusichern, steigt. Wenn die Allianz ein Vorreiter in Sachen Klimaschutz bleiben will, muss sie in diesem Bereich nachziehen. AXA AXA war der erste globale Versicherer, der im Mai 2015 aus Kohle divestiert hat, wobei ein relativ schwacher Schwellenwert von 50 Prozent des Einkommens genutzt wurde, um Kohlefirmen zu definieren. 2017 hat AXA sein Kohle-Divestment auf AXA IM ausgeweitet, die Vermögen für Dritte verwalten. Dies gilt jedoch nicht für AllianceBernstein, einen anderen Vermögensverwalter, der mehrheitlich AXA gehört. Ebenfalls im April 2017 hat AXA als erster grosser Versicherer angekündigt Kohlefirmen, die unter die Divestment-Entscheidung fallen, auch nicht länger zu versichern. „Wir glauben, dass wir in nicht nachhaltige Geschäftsbereiche nicht nur nicht länger investieren, sondern diese auch nicht mehr versichern sollten“, erklärt Sylvain Vanston, der Chef der AXA Nachhaltigkeitsabteilung. Die Hauptschwäche der Kohleregeln von AXA ist die schwache Definition was eine Kohlefirma ist. Der Schwellenwert von 50 Prozent erlaubt es AXA in einer Reihe von Firmen investiert zu bleiben, die aggressive Kohleexpansionspläne verfolgen. Da einige Wettbewerber ebenfalls aufhören Kohle zu versichern, muss AXA seine Definition von Kohlefirmen schärfen, um nicht den Anschluss zu verlieren. GENERALI Generali ist weltweit der viertgrösste Mehrspartenversicherer mit Aktivitäten in fossilen Energien sowohl als Investor als auch als Versicherer. Das Unternehmen vergleicht sich gerne mit Wettbewerbern wie Allianz, AXA und Zürich. Anders als diese hat Generali bisher jedoch nur Minischritte im Kohlebereich unternommen und der Status seiner diesbezüglichen Massnahmen ist eher verwirrend. Generali sagt, dass sie keine Untertage-Kohleprojekte versichern. Zudem sagt das Unternehmen in seinem
Nachhaltigkeitsbericht von 2016, dass es aus einigen kohleintensiven Firmen (nicht weiter definiert) divestiert hat und in seiner Antwort auf die Umfrage der kalifornischen Abteilung für Versicherer sagt Generali, dass sie nicht mehr in Firmen investieren, die mit mehr als 30 Prozent ihrer Geschäftstätigkeit von Kohle abhängen. In der Antwort an die Herausgeber dieses Berichts jedoch hat Generali angegeben, dass sie über keine Regeln zum Kohle-Divestment verfügen und erst eine umfassende Analyse zum Kohleanteil ihrer Geschäfte abschliessen wollen, bevor sie über Massnahmen zu Divestment und Kohleversicherungen entscheiden. Als einer der grössten Versicherer weltweit muss Generali schnell seine Position zu Kohle klären und aktiv werden, um mit seinen europäischen Wettbewerbern mithalten zu können. LLOYD’S Lloyds versichert Transaktionen nicht direkt, sondern bietet einen Handelsplatz und Service an für fast 90 Konsortien aus anderen Versicherern, inklusive einiger Firmen, die in diesem Bericht bewertet werden (wie Axis Capital, W.R. Berkley, Chubb, QBE und XL Catlin). Lloyds setzt zudem Minimalstandards, an die sich die Konsortien halten müssen. Lloyds Vorstandsvorsitzende Inga Beale hat die Herausgeber dieses Berichts darüber informiert, dass die Lloyds Corporation „eine Kohleausschluss-Regel einführt als Teil ihrer verantwortlichen Investitionsstrategie für den zentralen Fonds“, die im April 2018 in Kraft treten wird. Darüber hinaus werde Lloyds auf die Fragen von Kohleversicherung und Kohledivestment in den relevanten Marktverbänden aufmerksam machen. Im Februar 2017 hat Lloyds einen Bericht veröffentlicht, um Bewusstseinsbildung zu den Risiken zu leisten, die sich für Versicherer aus fossilen Investitionsruinen (Stranded Assets) ergeben. MÜNCHENER RÜCK UND SWISS RE Münchener Rück und Swiss Re sind die weltgrössten Rückversicherer. Beide Unternehmen haben innovative Klimaforschung betrieben und die Aktivitäten von Regierungen zu Klimawandel seit Jahrzehnten unterstützt. Swiss Re unternimmt nun entschiedene Schritte, um den eigenen Beitrag zum Klimawandel als Investor und Versicherer anzugehen. Seit Anfang 2016 hat das
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Unternehmen sein Geld aus Kohleunternehmen abgezogen mit einem strikten 30 Prozent Schwellenwert. Zudem hat das Unternehmen sich eine Regel gegeben, nach der die Versicherung von Schiefergas, Ölsanden und Ölbohrungen in der Arktis begrenzt werden. Swiss Re entwickelt zur Zeit einen KohlenstoffRisiko Steuerungsmechanismus, der dabei helfen soll, seine Geschäfte in Richtung einer kohlenstoffarmen Wirtschaft zu leiten. Der erste Teil dieses Mechanismus wird eine Nachhaltigkeits-Risiko-Rahmenregel, die Swiss Re’s Geschäfte im thermischen Kohlekraftwerksbereich und im Kohlebergbau begrenzen wird. Das neue Regelwerk tritt Mitte 2018 in Kraft und verfügt über eine Übergangsfrist . Im Vergleich dazu hat Münchener Rück bisher nur Minischritte gemacht, um seine Unterstützung für den Kohlesektor einzuschränken, indem Eigenanlagen von Unternehmen abgezogen werden, die mehr als 50 Prozent ihrer Einnahmen aus Kohle generieren. Anders als die Wettbewerber weigert sich Münchener Rück Informationen über sein Regelwerk zu veröffentlichen. SCOR Das französische Unternehmen SCOR ist weltweit der fünftgrösste Rückversicherer. Im November 2015 hat das Unternehmen entschieden aus Kohleunternehmen zu divestieren, allerdings mit dem eher schwachen Schwellenwert von 50 Prozent. Im September 2017 hat SCOR seinen DivestmentSchwellenwert auf 30 Prozent verschärft. Gleichzeitig hat das Unternehmen angekündigt, dass es als erster Rückversicherer weltweit bestimmte Kohleprojekte nicht mehr versichern werde. Diese neuen Regeln haben jedoch schwerwiegende Schlupflöcher: sie betreffen nur fakultative (Einzelfallbasis), nicht jedoch obligatorische (ganze Versicherungsbestände) Rückversicherungen. Zudem betrifft es Braunkohleprojekte und neue Kohleminen, nicht jedoch die tausenden existierenden und geplanten klimazerstörenden Kohlekraftwerke, die nicht mit Braunkohle betrieben werden.
U.S. VERSICHERER HINKEN HINTERHER U.S. Versicherer wie Berkshire Hathaway und AIG gehören weltweit zu den wichtigsten Versicherungen für Energieprojekte und Metlife sowie Prudential gehören zu den wichtigsten Lebensversicherern. Einige U.S. Versicherer haben positive Schritte gemacht und begonnen, Klimarisiken zu veröffentlichen, sich in internationalen Vereinigungen zu engagieren und in saubere Energie zu investieren. Ganz anders als in Europa hat jedoch bisher kein amerikanischer Versicherer begonnen, aus dem Kohlesektor auszusteigen. U.S. Versicherer haben Zugang zu neuesten Klimadaten in einem Land, in dem Klimawissenschaft und –erziehung heute behindert werden. Die Untätigkeit zu Kohle seitens der U.S. Versicherer und ihr fehlendes Engagement für Klimaschutz ist inakzeptabel. ZURICH Zürich ist weltweit der siebtgrösste MehrspartenVersicherer mit einer aktiven Rolle in fossilen Energien sowohl als Investor als auch als Versicherer. Das Unternehmen hat es zunächst abgelehnt aus Kohle zu divestieren oder sie nicht mehr zu versichern, aber hat im Herbst 2017 seinen Kurs geändert. Kurz vor der Veröffentlichung dieses Berichts hat Zürich entschieden, seine Eigenanlagen wie auch für Dritte verwaltete Anlagen aus Unternehmen abzuziehen, die mehr als 50 Prozent ihres Einkommens aus Kohlebergbau erwirtschaften oder über 50 Prozent ihres Stroms aus Kohle generieren. Darüber hinaus wird Zürich für die Unternehmen, aus denen es divestiert, keine Versicherung mehr anbieten mit einer Übergangsperiode von bis zu zwei Jahren für Altkunden. Für Investitionen in und Versicherung von Unternehmen, die zwischen 30 und 50 Prozent ihrer Geschäfte mit Kohle machen, wird Zürich zusätzliche ESG-Prüfungen durchführen
Es ist positiv, dass SCOR anerkennt, dass Nachhaltigkeitskriterien die Versicherungsseite genauso betreffen wie die Anlageseite. Wie Swiss Re muss SCOR nun seine Regeln verschärfen, so dass sie alle Kohleprojekte betreffen.
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ANHANG: FÜR SCORECARD VERWENDETE QUELLEN Wir haben in diesem Bericht eine Vielzahl von Quellen zur Beurteilung und Bewertung der Unternehmensleistung herangezogen. Die digitale Version des Berichts, die auf UnfriendCoal.com verfügbar ist, bietet aktive Links zu diesen Quellen. Im Juni 2017 haben wir alle in diesem Bericht aufgeführten Firmen angeschrieben und sie aufgefordert, Massnahmen zu ergreifen und uns detaillierte Informationen zu den Berichtskriterien zukommen zu lassen. 17 der 25 betroffenen Firmen antworteten bis Oktober 2017 auf unsere Anfrage. Links zu den betreffenden Websites haben wir wann immer möglich unten angeführt; weitere Quelleninformationen und Korrespondenz auf Anfrage. Bitte beachten: Axis Capital, W.R. Berkley, Berkshire Hathaway, Chubb, Hannover Re, Liberty Mutual, Mapfre und Metlife lehnten es trotz mehrfachem Nachfragen ab, auf die Fragen der Herausgeber dieses Berichts zu antworten. Zusätzlich haben wir Eingaben der Branche zu folgenden anderen relevanten Umfragen und Offenlegungen konsultiert: •
Climate Risk Disclosure Survey und die entsprechende analysis von Ceres
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Eingaben zum Carbon Disclosure Project
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California Department of Insurance database on fossil fuel divestment
Finally, we also referenced the following reports, interviews and documents, unique to each company: AIG: Corporate Citizen Update Report 2016 Allianz: Coal and Insurance, ESG Integration Framework, Statement on Coal-based Investments, 2016 Sustainability Report, Environmental Data, Company Climate Advocacy, Climate Strategy Aviva: Strategic Response to Climate Change, 2016 Corporate Responsibility Report, Strategic Response to Climate Change, various Climate Advocacy on: Fossil Fuel subsidies, Coal and Adani’s proposed Carmichael Coal Mine AXA: 2016 Annual Financial Report, Coal Investment Policy, Climate Related Disclosures, Climate Risks Report Axis Capital: Renewable Energy Insurance W.R. Berkeley: Environmental Stewardship Berkshire Hathaway: Gen Re Corporate Responsibility Chubb: 2016 Environmental Report Generali: Sustainability Report, Responsible Investment Guideline, Green Investments, Clean Energy Insurance Products, Climate Policy Hannover Re: 2016 Sustainability Report, Greenhouse Gas Footprint Legal & General: 2016 Corporate Responsibility Report Liberty Mutual: keine zusätzlichen Daten Lloyd’s: Stranded Assets: the transition to a low carbon economy, ClimateWise Report, 2016 Annual Report, Public Advocacy, Environmental Impact
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Mapfre: 2016 Corporate Social Responsibility Report, 2015 Corporate Social Responsibility Policy Metlife: 2016 Corporate Responsibility Report Munich Re: Clean Energy Insurance, Corporate Responsibility Reports, Investment Strategy, Financial Data and Sustainability Indicators, Climate Change Initiatives and Targeted Memberships Prudential: 2016 Sustainability Report, Environmental Work QBE: 2016 Sustainability Report, Green Bond Framework SCOR: 2016 ESG Report, September 2017 policy announcements, Corporate Social Responsibility Data, Climate Advocacy, again here. SOMPO: 2016 Sustainability Report, ESG integration in Investment Process, Renewable Energy Insurance Products Swiss Re: 2016 Sustainability Report, Sustainability Risk Framework, Investment Data, Wind Power Data and Climate Change Action TIAA Family: 2015 Responsible Investment Report, 2015 Corporate Social Responsibility Report Tokio Marine: 2013 Corporate Social Responsibility Report XL Catlin: February 2017 Climate Change Policy Statement, 2016 Corporate Sustainability Report Zurich: Green Bond Investment, Company Data, Corporate Responsibility Report, Investment Data, ESG Integration, Environmental Footprint
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Protest gegen Kohlekraftwerke in Batangas, Philippinen
Mindestens 15 führende Versicherer haben Vermögenswerte von über 20 Milliarden US-Dollar an Anleihen und Beteiligungen aus dem Kohlesektor abgezogen. Zudem geben vier der weltgrössten Erst- und Rückversicherer Kohleunternehmen und -projekten keinen Versicherungsschutz mehr. Lässt sich Kohle nicht mehr versichern? Der vorliegende Bericht analysiert die Rolle der Versicherungsindustrie im Kohlesektor, bewertet die Kohle- und Klimapolitik von 25 führenden Versicherunsgesellschaften und identifiziert die Vorreiter und Nachzügler der Branche.
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