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ER SPRENGT DIE LAWINEN

«LIEBER EINE SPRENGLADUNG MEHR ALS WENIGER»

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Peter Bühler kennt das Schilthorngebiet wie seine Westentasche: Seit 20 Jahren ist er Leiter Wintersport, seit 2011 zusätzlich Leiter Pisten- und Rettungsdienst am Piz Gloria. Tage mit viel Neuschnee mag er besonders – dann rücken der 60-Jährige und sein Team den steilen Hängen mit Sprengstoff zu Leibe.

Peter Bühler, was braucht es, damit die Gäste auf dem Schilthorn sichere Pisten vorfinden? Genügend Schnee, eine gute Pistenpräparierung, Markierungen sowie die nötigen Sicherungen gegen Lawinen. Wir beobachten die Schneesituation laufend und wollen sicher sein, dass nichts passiert.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus? Ab 6.30 Uhr bin ich in der Wintersaison unterwegs und prüfe zunächst die Schneemengen in Mürren. Anschliessend sehe ich mir die Werte der übrigen Mess- und Windstationen im Gebiet am Computer an. Anhand dieser Informationen entscheide ich, welche Anlagen geöffnet werden können. Mit dem Team treffe ich mich um 7:30 Uhr, anschliessend finden Kontrollfahrten im Gebiet statt. Sobald die Pisten geöffnet sind, kümmere ich mich um Routinearbeiten: beispielsweise Zäune flicken oder Schneeschaufeln.

Was ist anders, wenn es Neuschnee gibt? Wenn sehr viel Schnee gefallen ist, haben wir Zeit, das ist am Praktischsten. (schmunzelt) Dann bereiten wir die Hand- und Helikoptersprengungen vor. Bei Neuschneemengen von bis zu 30 Zentimeter ohne Wind, ist dies nicht der Fall, da werden nur die Pisten nochmals präpariert.

Warum wird es ab 30 Zentimetern Neuschnee kritisch? Ebenso wichtig wie die Neuschneemenge sind Rahmenbedingungen wie Windstärke und Temperaturen. Sind mit dem Neuschnee grosse Schneeverwehungen entstanden und bestehen bereits heikle Unterschichten, können kritische Lawinensituationen entstehen. Dazu kommt: Das Gelände am Schilthorn ist zum Teil sehr steil; wir sprengen hier an bis zu 25 Tagen pro Wintersaison, das ist häufiger, als es in anderen Skigebieten nötig ist. Insgesamt benötigen wir pro Saison rund 1,5 Tonnen Sprengstoff.

Wie laufen die Sprengungen ab? Zunächst entscheide ich gemeinsam mit meinem Stellvertreter Toni von Allmen, ob eine Sprengung nötig ist und wie diese ablaufen soll. Bei günstigen Flugbedingungen sprengen wir vom Helikopter aus. Der Sprengsatz wird im Helikopter gezündet und abgeworfen. Idealerweise löst die Druckwelle der Detonation eine Lawine aus. Am Schwarzgrat, in der Nähe von Birg, gibt es drei fix installierte Sprengmasten, die wir von Mürren per Funk auslösen können. Drei weitere Sprengmasten befinden sich im Gebiet Blattwang/Kanonenrohr. Zudem verfügen wir über zwei Sprengseilbahnen. Häufig sind wir mit den Skiern unterwegs, um Lawinensprengungen von Hand durchzuführen.

Geht manchmal auch etwas schief? Gefährlich sind die Sprengungen im Normalfall nicht – es braucht jedoch Gespür und Erfahrung. Und man sollte bei der Sache sein, vor allem bei Handsprengungen im Gelände, wenn die Sicht nicht optimal ist. Wichtig ist, sich selber nicht in Gefahr zu bringen. Was vorkommen kann, ist, dass der Sprengsatz nicht zündet. Dann müssen wir diesen, nach 15 Minuten Wartezeit, wieder einsammeln. Wir führen ein Protokoll über sämtliche Sprengungen, um die Übersicht zu behalten. Sind die Anforderungen an die Sicherheit in den letzten Jahrzehnten gestiegen? Früher wurde das Skigebiet an heiklen Tagen eher geschlossen und es wurde weniger gesprengt. Im Zusammenhang mit Schnee bleibt immer ein Restrisiko; es wird heute jedoch erwartet, dass nichts passiert. Lawinenunfälle auf der Piste sind glücklicherweise sehr selten. Für uns geht in jedem Fall Sicherheit vor: Wir benutzen lieber eine Sprengladung mehr als weniger.

Was motiviert Sie, fast täglich in die Skischuhe zu steigen? Die erste Abfahrt am Morgen! (lacht) Im Ernst: Mir ist wichtig, dass die Verhältnisse am Schilthorn möglichst gut sind und die Gäste Freude am Skifahren haben. Ich liebe die Umgebung hier oben, schätze mein 44-köpfiges Team, bin gerne draussen und beschäftige mich am liebsten handwerklich. Zu tun gibt es immer etwas, auch an schönen Tagen – dann habe ich Zeit für die Büroarbeit, die muss schliesslich auch noch erledigt werden.

Für die Sprengung notwendig: Zünder (links), Zündschnur und Sprengstoff (rechts) OBEN

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