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September/Oktober 2015

€ 7,– Österreich € 7,80 Schweiz 13,40 sfr

Das Magazin für Finanzchefs

In der Defensive Finanzchefs zwischen Abwehrkampf und Verhandlungsmarathon SGL Carbon — CFO Michael Majerus über die geplante Aufspaltung

HSBC — Die erste Zwischenbilanz der Firmenkundenoffensive ü

China-Schock — Die deutschen Blue Chips geraten unter Druck


FINANCE präsentiert seine Strategischen Partner:

Das Konzept der „Strategischen Partnerschaft“ Die Strategischen Partner von FINANCE repräsentieren die verschiedenen Berater der Finanzchefs in Unternehmen. Als Markenanbieter zählen sie zu den führenden Adressen in ihren jeweiligen Märkten. Sie unterstützen das Magazin FINANCE vielfach schon seit dessen Gründung im Jahr 2000 vor allem fachlich und mit ihren Netzwerken. Darüber hinaus tragen die Partner – neben vielen anderen Marktteilnehmern – maßgeblich als Werbekunden zum Erfolg der FINANCE-Plattform bei. Alle Strategischen Partner respektieren ohne Einschränkungen die Unabhängigkeit der Redaktion und tragen zugleich durch ihre Unterstützung zu deren nachhaltiger Sicherung bei.

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EDITORIAL

Übernahmen: Das Geschäft mit Defense-Mandaten treibt teilweise seltsame Blüten

Wir geben Ihrer Entwicklung Auftrieb. Markus Dentz – Chefredakteur

— Im Juli war die Überraschung groß, als der Potash-Konzern seine Fühler nach K+S ausstreckte. Die Kanadier wollen die Kasseler übernehmen und haben dabei wohl gar keine schlechten Chancen. Zu Redaktionsschluss war die finale Entscheidung indes noch nicht gefallen, vieles deutet auf eine längere Hängepartie hin. Für Manager, speziell CFOs, sind derlei Situationen eine Herausforderung der besonderen Art: Viel Zeit und Geld geht für die Verteidigung drauf. Gleichzeitig dürfen sie aber auch das operative Geschäft nicht vernachlässigen. Viele probieren sich in Trockenübungen und versuchen, sich auf Abwehrsituationen vorzubereiten. Helfen kann das jedoch nur bedingt, wenn der Aktienkurs zu schwach oder kein Ankeraktionär vorhanden ist. Wir haben in der aktuellen Titelgeschichte mit CFOs und Beratern über die Dos und Don’ts in Abwehrsituationen gesprochen: Dabei ist FINANCE-Redakteurin Sabine Reifenberger auf spannende Erkenntnisse gestoßen (mehr dazu ab Seite 10). Manch seltsame Blüte treibt das Geschäft mit den Defense-Mandaten übrigens auch: Die Art, wie Investmentbanken vermeintlich bedrohten Unternehmen ihre Dienste verkaufen, erinnert bisweilen mehr an Schutzgeldzahlungen im Rotlichtmilieu denn an die ehrbaren Leistungen der Hochfinanz – in Frankfurt sind beide Branchen bekanntlich eng benachbart. Viel Unruhe schwappt aus China gerade über die weltweiten Börsen. Noch ist unklar, ob die Schockwelle eine notwendige Korrektur oder der Vorbote der nächsten globalen Krise ist. Für deutsche Unternehmen ist das gebremste Wachstum im Reich der Mitte jedenfalls kein gutes Signal. Auf Volkswagen & Co. dürften schwerere Zeiten zukommen – und damit auch für deren mittelständisch geprägte Zulieferindustrie. Mehr über die „Taifune in den Bilanzen“ erfahren Sie ab Seite 76.

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INHALT

Unternehmen & Märkte 6

Persönlich & Personal

Portal: Scholz gerät wieder in Bedrängnis, die RenminbiAbwertung wird oft falsch eingeschätzt.

38 Portal: John Cryan will im Vorstand der Deutschen Bank aufräumen, Uwe Bögershausen füllt den Fragebogen aus.

TITELTHEMA

40 CFO-Wechsel: Steven Tomsic verlässt Sky Deutschland, Olaf Klinger folgt bei Symrise auf Bernd Hirsch.

10 M&A-Targets: Wie CFOs bei Offerten das Beste rausholen – für die Aktionäre und sich selbst. 16 SGL Carbon: Mit einem einschneidenden Umbau will CFO Majerus den Konzern wieder auf Kurs bringen.

43 Eingewechselt: Dagmar Steinert wird Anfang 2016 Finanzchefin bei Fuchs Petrolub. SCHWERPUNKT PERSONAL

20 Merz: Wie das Pharmaunternehmen den Wegfall von Einnahmen kompensieren will, erklärt CFO Beat Neukom.

44 Interimschef: Immer häufiger werden CFOs zu InterimsCEOs berufen. Diese Zeit können sie für sich nutzen.

23 Jack Wolfskin: Eigentümer Blackstone musste Kapital nachschießen und dadurch die Gläubiger abwehren.

48 Hubert Stücke: Der CFO von Nestlé Deutschland spricht über seine Karrierestationen in Berlin, in der Milchindustrie im Allgäu und im Vorstand in Frankfurt.

24 Coffee Fellows: Mit Hilfe neuer Partner will die Kaffeekette hierzulande den US-Riesen Starbucks überholen. 28 HSBC: Die Halbjahresbilanz zeigt, wie die Offensive bei deutschen Firmenkunden vorankommt. 30 Eurofactor: Mit frischem Geld der französischen Mutter Crédit Agricole will der Factoringanbieter angreifen.

51 Gehalt: Qualifizierte Mitarbeiter sind gesucht. Gehaltsübersichten zeigen, wie viel CFOs ihnen bieten müssen. 52 Marco Nix: Beim Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz muss der frischgebackene CFO ein 5 Milliarden Euro schweres Capex-Programm finanzieren.

32 Anleihen: In Nordeuropa boomt das Geschäft mit MiniBonds. Was die Skandinavier alles besser machen.

56 Thomas Schierack: Der Bastei-Lübbe-Vorstand über Abitur im Internat, prominente Autoren und die Aufgaben eines Zeugwarts.

10 Titelthema

44 Schwerpunkt Personal

In der Defensive

Nur eine Zwischenlösung?

Mit einem Übernahmeangebot beginnt für die CFOs im Zielunternehmen ein taktisches Spiel um Macht und Geld. Die Angreifer sind dabei oft einen Schritt voraus.

In den vergangenen Monaten sind mehrere CFOs zu CEOs auf Zeit berufen worden. Finanzchefs können diese Phase bewusst für sich nutzen, wenn sie nach Höherem streben.

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FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


INHALT

Strategie & Effizienz

Rubriken & Service

62 Portal: IFRS 15 wird erst ein Jahr später zur Pflicht, Fintechs entdecken den Markt für Supply Chain Finance.

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64 Private Debt: Die Finanzaufsicht hat es Anbietern von Debt-Fonds erleichtert, in Deutschland Kredite zu vergeben. Das kann den Markt verändern.

27 Gewinner / Verlierer: Die Drogeriekette dm positioniert sich als Robin Hood. Goldman Sachs entdeckt einen ungewollten Zwilling in China.

68 Controlling: Viele deutsche Krankenhäuser haben große Schwächen in der Liquiditätsplanung und der Deckungsbeitragsrechnung – das kann Ihre Existenz bedrohen.

55 Veranstaltungen: 11. Structured FINANCE in Stuttgart

72 Anlage: Unternehmen investierten zuletzt stärker als andere Investorengruppen in Aktien. Jetzt steigt jedoch der Wunsch nach besserer Absicherung. 76 Absatz: Nach dem Börsencrash gerät der Wachstumsmotor China ins Stottern. Autobauer, Chemie-Riesen und Elektrokonzerne müssen ihre Pläne kräftig revidieren.

Editorial: Das Geschäft mit Defense-Mandaten treibt teilweise seltsame Blüten.

60 FINANCE-TV: Stabilus hat seinen High-Yield-Bond durch eine neue Kreditlinie abgelöst. Tomorrow Focus sortiert mit M&A-Deals sein Portfolio neu. 67 Impressum 74 Alles was Recht ist: Nach einer Auslagerung hat Heideldruck die Rechtsabteilung zurückgeholt. 80 FINANCE-Multiples: Schwerpunktbranche Maschinenund Anlagenbau 82 Postausgang: Das ist doch Mist, Peter Weinzierl

FINANCE täglich online

76 China

Taifune in den Bilanzen Der Börsencrash in China war auch für einige deutsche Konzerne ein Schock. Viele sind in den vergangenen Jahren von China abhängig geworden. FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015

— Mehr Beiträge zu Marktentwicklungen und Personalien lesen Sie auf www. finance-magazin.de. Stöbern Sie in unseren Themenseiten, im CFO-Almanach „FINANCE-Köpfe“ oder in unserem Fußballfinanzen-Blog „3. Halbzeit“.

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PORTAL

Unternehmen & Märkte ZITAT

„Kredit war früher für uns ein notwendiges Übel.“

Deutsche Börse AG

— HSBC-Deutschlandchefin Carola von Schmettow über den Paradigmenwechsel in der Bank (mehr auf Seite 28).

Die Deutsche Börse hat sich 360T gesichert.

SCHOLZ

Recycler Scholz nach RatingAbstufung wieder in Bedrängnis

DER DEAL

Ärgernis für die Banken — Vielen Finanzern, insbesondere den Spezialisten aus dem Treasury, ist die Firma mit dem seltsamen Namen bereits ein Begriff: 360T. Die gleichnamige Plattform ist in den vergangenen Jahren zum Standard im Handel mit FX-Derivaten geworden, 29 von 30 Dax-Unternehmen setzen sie nach eigenen Angaben ein. Unternehmen können über die Plattform Preise für Sicherungsgeschäfte anfragen und den billigsten Anbieter wählen – zum Leidwesen vieler Geldhäuser. Eben jene Plattform hat die Deutsche Börse Ende Juli übernommen, zum stolzen Preis von 725 Millionen Euro. Vor Jahren, so erzählen Insider es gegenüber FINANCE, wäre der Einstieg noch viel, viel billiger gewesen. Doch das Gebot der Börse war damals einfach zu schlecht, der Abschluss scheiterte. Als finanzkräftiger Partner will die Börse 360T nun international voranbringen, denn überregional dominiert Thomson Reuters nach der Akquisition des 360T-Wettbewerbers FXall vor rund drei Jahren. Um den unternehmerischen Spirit zu erhalten, dürfte Gründer Carlo Kölzer gute Chancen haben, in das Management der Börse einzuziehen. Vielleicht sogar bald schon in einer herausragenden Rolle, wie man sich in Frankfurt erzählt. mad

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— Die schwere Stahlkrise macht die bisherigen Sanierungsbemühungen des Schrott-Recyclers Scholz zunichte. Die Geschäftsentwicklung ist schwach, 2014 sank der Umsatz von 3,7 auf 3,1 Milliarden Euro. Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag in der Bilanz schwoll dagegen von 73 auf 217 Millionen Euro an. Zuletzt senkte Euler Hermes das Rating von B auf B–. Das Votum ist eindeutig: „Die Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Scholz Gruppe hängt von der Zuführung zusätzlichen Kapitals ab“, glaubt Euler Hermes. Die Suche nach einem neuen Finanzierungspartner läuft auf Hochtouren. Das Rückgrat der Scholz-Finanzierung bildet zurzeit ein syndizierter Kredit, der Ende 2014 mit 447,9 Millionen Euro valutierte. Deutlich zurückgeführt von 149,5 auf 50,3 Millionen Euro hat Scholz die Verbindlichkeiten aus Schuldscheindarlehen. Noch müssen die Banken stillhalten, bis Ende des ersten Quartals 2016 sind Unternehmensangaben zufolge auf Ebene der Scholz Holding keine Financial Covenants vereinbart. Dennoch drängt die Zeit: Der Kredit und „ein Großteil der Schuldscheindarlehen“ laufen nach Angaben von Scholz noch bis Januar 2017. Im März 2017 wird auch die 150 Millionen Euro schwere Mittelstandsanleihe fällig. Kommt kein frisches Eigenkapital ins Unternehmen, droht womöglich eine Lösung über die Debt-Seite, wie seinerzeit etwa bei Solarworld und ATU. Allerdings ist die Scholz-Anleihe nach österreichischem Recht begeben und damit nur schwer restrukturierbar. mih FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


PORTAL

SCHWEIZ

Aufreger: Pensionen

33 — Nur 33 Mitarbeiter mussten bei dem fränkischen Modellbahnproduzenten Fleischmann zuletzt die Pensionen von mehr als 600 ehemaligen Mitarbeitern erwirtschaften. Diese Belastung war zu hoch. Mit einer Insolvenz soll nun der Neustart gelingen. sar

Schweizer Unternehmen rechnen mit Gewinnrückgang — Nach der Franken-Aufwertung im Januar erwarten Schweizer Unternehmen, dass sich ihre Gewinnmargen im Durchschnitt um 10 Prozent reduzieren werden. Das hat eine Analyse der Beratung AlixPartners Schweiz ergeben, für die rund 50 Unternehmen befragt wurden. Während Konzerne mit mehr als 3,5 Milliarden Franken Umsatz nur einen durchschnittlichen Margenrückgang um 6,4 Prozent erwarten, gehen Unternehmen mit weniger als 500 Millionen Franken Umsatz von einem Einbruch um fast 14 Prozent aus. Allerdings haben die Firmen nach eigener Einschätzung schnell reagiert. Am häufigsten haben sie Verträge mit Zulieferern optimiert, ihre Preise angepasst, Einstellungsstopps verhängt, Personal abgebaut und zum Teil bereits Standorte ins Ausland verlagert. Die Unternehmen gehen davon aus, nach Umsetzung aller geplanten Gegenmaßnahmen den negativen Einfluss der Währungsaufwertung auf die Marge im Durchschnitt von 10 auf 4 Prozent verringern zu können. sar

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PORTAL

TUT NICHTS ZUR SACHE

WÄHRUNGEN

Ein Hersteller veganer Kondome lädt uns zu einer Demo für multiple Orgasmen ein. Findige Marketing-Profis haben sich als Veranstaltungsort den „Pariser Platz“ ausgesucht – ausgerechnet. +++ Brauereien dürfen ihr Bier nach einem Gerichtsurteil nicht mehr als „bekömmlich“ bewerben. Die Bezeichnung „lecker“ soll weiterhin erlaubt bleiben. +++ Fifa-Präsident Joseph Blatter sagte im BBC-Interview, es gebe keine Korruption im Fußball. Klar, und die Erde ist eine Scheibe.

AKTIONÄRE

Aktivisten legen zu — Aktivistische Aktionäre litten lange unter ihrem Ruf, doch inzwischen scheinen die Hemmungen zu schwinden und die Fonds gewinnen an Einfluss. Laut Hedge Fund Research haben die aktivistischen Investoren ihre finanzielle Ausstattung deutlich ausbauen können: Die Assets under Management erreichten im zweiten Quartal dieses Jahres 129,7 Milliarden US-Dollar. sar

Assets under Management in aktivistischen Hedgefonds (in Milliarden US-Dollar) 119,2

129,7

93,1 46,8

50,9

2010

2011

65,5

2012

2013

2014

Q2-2015

Quellen: HFR Industry Reports ©HFR, Inc.; J.P. Morgan

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— Währungskrieg, Wechselkursmanipulation: Die Rhetorik, die einige Ökonomen nach der Abwertung des Renminbi gegen China nutzten, war scharf. Sicher, die Abwertung stützt den schwächelnden chinesischen Export, und die Behörden haben mit ihrer unglücklichen Kommunikation nicht eben für Klarheit gesorgt. Doch schaut man sich das Vorgehen der Zentralbank People’s Bank of China (PBoC) genauer an, erkennt man: Sie übt tatsächlich nicht mehr, sondern weniger Einfluss auf den Renminbi aus als zuvor. „Bislang hat die PBoC die tägliche 2-Prozent-Spanne, in welcher der Renminbi gegenüber dem US-Dollar in beide Richtungen schwanken kann, immer unabhängig vom Vortagskurs festgesetzt“, sagt Sven Jürgensen, Head of Corporate FX Sales bei der HSBC in Deutschland. „Jetzt orientiert sich das Fixing am Schlusskurs des Vortages. Damit überlasst China den Renminbi stärker den Marktkräften.“ Nach der neuen Methode könnte die Währung nun um bis zu 10 Prozent innerhalb einer Woche schwanken. Auch der Inter-

Liufuyu/iStock/Thinkstock/Getty Images

Die Hintergründe der RenminbiAbwertung

Chinas Währung ist eigentlich freier denn je.

nationale Währungsfonds (IWF) hat China für den Schritt gelobt. Es darf sich damit Hoffnung machen, dass seine Währung in einem Jahr in den Korb der Sonderziehungsrechte des IWF aufgenommen wird. Das wäre ein wichtiger Schritt für China, das den Renminbi als Reservewährung für internationale Zentralbanken etablieren will. Ungewöhnlich war, dass China die Reform nicht angekündigt hatte, doch unvorbereitet waren die meisten CFOs nicht: Viele haben den Renminbi in ihr FX-Management integriert (mehr auf Seite 76). deb

FINANCE-ECHO

Was wurde eigentlich aus ... Juwi? — Erst im Dezember hatte der Mannheimer Energieversorger MVV Energie den angeschlagenen Projektierer Juwi mit seinem mehrheitlichen Einstieg gerettet (FINANCE Februar 2015). Im Rahmen einer Kapitalerhöhung hatten die Mannheimer damals 50,1 Prozent der Juwi-Anteile übernommen. Doch jetzt musste MVV Energie bereits Eigenkapital nachlegen. Hintergrund dürfte ein Covenant sein, den das Konsortium aus 40 Finanzierungspartnern an den Ende 2014 für Juwi bereitgestellten Kreditrahmen über 300 Millionen Euro geknüpft hat. Demnach ü

„muss erstmals zum 31. Dezember 2015 eine Eigenkapitalquote von mindestens 15 Prozent zu den Bilanzstichtagen eingehalten werden“, heißt es im Nachtrag zum Geschäftsbericht 2013 der Juwi AG. Ende 2013 lag die Eigenkapitalquote nur bei 5,0 Prozent, nach 16,6 Prozent Ende 2012. Neuere Zahlen liegen bislang nicht vor. MVV Energie und Juwi sagten, der Schritt solle Juwis Wachstumskraft stärken. Die Mannheimer legten 70 Millionen Euro nach und halten jetzt 63 Prozent an Juwi. Der Rest liegt bei den Gründern Fred Jung und Matthias Willenbacher. sar FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


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UNTERNEHMEN & MÄRKTE: TITELTHEMA

In der Defensive Mit einem Übernahmeangebot beginnt für die CFOs im Zielunternehmen ein taktisches Spiel um Macht und Geld, bei dem die Angreifer einen Schritt voraus sind. Wer es geschickt angeht, kann dennoch einiges rausholen – für die Aktionäre, aber auch für sich selbst. Text: Sabine Reifenberger

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UNTERNEHMEN & MÄRKTE: TITELTHEMA

— Die kanadische Provinz Saskatchewan ist ein rauer Ort: Im Sommer ist es heiß und trocken. Im Winter lassen starker Wind und arktische Kaltlufteinbrüche die Temperatur auf bis zu 50 Grad unter null sinken. Die größte Stadt Saskatoon hat nicht einmal 250.000 Einwohner. Von dort aus bahnte sich Ende Juni eine Attacke mit Seltenheitswert an: der Versuch, einen deutschen Dax-Konzern zu übernehmen – zur Not feindlich. Mit einer Offerte über 41 Euro je Aktie meldete sich Potash bei der Kasseler K+S. Insbesondere das in Saskatchewan entstehende Kaliwerk „Legacy“ von K+S hat den Beutehunger der Kanadier geweckt. Der Übernahmeversuch ist für K+S-CFO Burkhard Lohr ein Déjà-vu. Bereits 2010 erlebte er als Hochtief-Finanzchef, wie die spanische ACSGruppe ihren Anteil an dem Baukonzern gegen den Widerstand des Managements auf über 30 Prozent ausbaute. „Die M&A-Schlacht gegen ACS war psychisch und physisch das Intensivste, was ich je erlebt habe“, sagte Lohr einmal rückblickend. Nun stemmt er sich erneut gegen eine Offerte. Zu den bisherigen Abwehrbemühungen von K+S gehen allerdings die Meinungen stark auseinander. Die einen sehen eine geradezu lehrbuchhafte Abfolge: Strategie erläutern, Medien bespielen, Politik einschalten, Aktionäre befragen. Andere finden, K+S habe geschlafen und hätte im Vorfeld intensiver nach Wegen suchen müssen, die Performance zu steigern oder einen Ankerinvestor an Bord zu holen. Nach hektischen ersten Wochen haben sich die Kasseler und die Kanadier in ihren Gräben verschanzt. Bis Redaktionsschluss lag noch kein formelles Angebot von Potash vor.

Arndt Benedikt

Angreifer sitzt am Steuer Der Schwebezustand, bevor eine Transaktion tatsächlich abgeschlossen oder abgeblasen wird, ist für CFOs im Zielunternehmen ein Ausnahmezustand. Strategisch kann die streitsame Erfahrung, wie sie K+S-CFO Lohr mit ACS gesammelt hat, ein Vorteil sein. Es ist kein Geheimnis, dass CEOs und CFOs in großen Konzernen sich mit Trockenübungen auf Abwehrsituationen vorbereiten und in Rollenspielen üben, was zu tun und zu sagen ist. Die Zielunternehmen müssen sich vorbereiten, denn taktisch sind sie bei unabgestimmten Offerten im Nachteil: Der Angreifer bestimmt, wann er Kontakt aufnimmt, wann er sein Angebot vorlegt, ob er dieses erhöht. „Das Zielunternehmen hat die Fäden nicht selbst in der Hand und kann in den meisten Fällen nur reagieren“, sagt Alexander Doll, CEO bei Barclays Deutschland. „Einem schlecht vorbereiteten Target kann der Angreifer seine Agenda diktieren.“ ü FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015

Die Vorbereitung in den Vorstandsetagen zielt darauf ab, bei unerwünschten Offerten einen Handlungsspielraum zu bewahren. Die Angriffe machen schließlich nicht nur Arbeit, sie kosten auch Geld. Vom ersten Tag an fallen Kosten für Berater und PR-Strategen an. Um effizient handeln zu können, spielt man in vielen Vorstandsetagen mögliche Szenarien vorab durch – nicht ohne Grund: „Man kann für eine Reihe von Konzernen in Dax und MDax ein Angriffsszenario finden“, meint ein Frankfurter Investmentbanker. Während er an seinem Wasser nippt, geht er im Geiste die möglichen Angriffsziele durch. Adidas schwächelt – vor dem Zuschlag eines PE-Investors rettet das Unternehmen seiner Meinung nach nur seine schiere Größe. Für Konzerne mit mehreren Sparten wie BASF oder Bayer könnte man ein Zerschlagungsszenario kon-

»Die Offerte rückt sofort in den Fokus.« — Andreas Segal, Deutsche Wohnen

struieren. Die US-Investmentbank Goldman Sachs kürte vor wenigen Wochen den im MDax gelisteten Triebwerksbauer MTU und den Mobilfunkanbieter Drillisch aus dem TecDax zu Top-Übernahmezielen. Wirklich sicher fühlen können sich allenfalls Konzerne mit starkem Ankeraktionär, wie BMW mit der Unternehmerfamilie Quandt im Rücken. Ist das Unternehmen unterbewertet und hat keinen starken Ankeraktionär, sind dies klassische Schwachstellen, die ein Angreifer nutzen kann. Es sind aber zugleich Ansatzpunkte für eine präventive strategische Verteidigung. „Den Spielraum dafür hat das Management – allerdings nur, solange noch keine Übernahmeofferte auf dem Tisch liegt“, sagt Adam Bolek, Managing Director und Leiter des Deutschlandgeschäfts bei Mediobanca. Auch bei K+S waren die beiden Punkte entscheidende Faktoren. Der Aktienkurs hatte seinen Höchststand im Sommer 2008 bei mehr als 90 Euro. Als fünf Jahre später von einer Branchenkrise die Rede war, rutschte er zwischenzeitlich unter 20 Euro. Ankerinvestoren gibt es nicht, der Streubesitz der Aktie liegt bei 100 Prozent, davon gehören 70 Prozent institutionellen Investoren. Doch Angriffspunkte für Übernehmer entstehen nicht von heute auf morgen. „Ein Vorstand im Dax oder MDax, der von einem Übernahmeangebot vollkommen überrascht wird, hat im Vorfeld wichtige Signale übersehen“, sagt Ken Oliver Fritz, Co-Head der Investmentbank Lazard in Deutschland. In Beraterkreisen ist man sich sicher, dass zumindest in Dax und MDax die meisten Konzerne ein „Defense Manual“ in der Schublade haben, in dem strategische Überlegungen und mögliche Giftpillen aufgelistet sind. Allerdings ist fraglich, »

Dämpfer für den M&A-Markt Nach monatelangem Hin und Her gab Monsanto Ende August die geplante Übernahme der Schweizer Syngenta auf – ein Ereignis, das im Markt auch als Dämpfer für die K+S-Übernahme gesehen wird. Der US-Konzern hatte das Angebot von zunächst 449 Franken nochmals nachgebessert auf 470 Franken (basierend auf den Aktien- und Währungskursen von April). Die SyngentaAktie brach nach dem Rückzug unmittelbar um 18 Prozent auf unter 310 Franken ein.

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UNTERNEHMEN & MÄRKTE: TITELTHEMA

Weißer Ritter Ein befreundetes Unternehmen, das in die Bresche springt, ist für Aktionäre ein gutes Signal. Zwar wird das eigene Unternehmen dennoch verkauft, aber oft zu einem besseren Preis. Bei der Übernahme von Techem durch Macquarie trieb ein Gegenangebot von BC Partners den Preis. Bayer sprang Schering als Weißer Ritter bei, nachdem Merck eine Offerte vorgelegt hatte, die von den Leverkusenern deutlich überboten wurde. Bei K+S gilt der Rohstoffkonzern BHP Billiton als möglicher Weißer Ritter, Aktivitäten in diese Richtung wurden aber bislang nicht bekannt.

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Stoff für Wirtschaftskrimis Viel Zeit bleibt nicht, um Antworten zu finden. Liegt ein Angebot auf dem Tisch, muss das Zielunternehmen sofort entscheiden, wie es die Offerte einstuft. „Die zwei bis drei Tage nach dem Bekanntwerden des Angebots muss ein Target bestmöglich nutzen, um seine Argumente bei Aktionären und in der Öffentlichkeit zu platzieren“, sagt Lutz Golsch, der den Bereich für strategische Kommunikation bei FTI Consulting in Deutschland leitet. Anrufe von PR-Beratern bei Journalisten sind in diesen Phasen an der Tagesordnung. Käufer und Verkäufer wollen Interpretationshilfe zu den jüngsten Vorgängen leisten, bereiten Statements vor, liefern später auch Bilder von Mitarbeiterdemos. Neben den zentralen Aussagen zu finanziellen Aspekten und industrieller Logik hält Golsch auch diese emotionale Seite für wichtig. „Dadurch kann man in der Belegschaft, ü

aber auch in der Region rund um den Standort viel erreichen.“ Bei den zahlenorientierten Finanzern ist dafür Überzeugungsarbeit notwendig: „Von CFOs und Investmentbankern wird dieser Aspekt teilweise unterschätzt“, beobachtet Golsch. Es ist der Mix aus Strategie, Finanzen und Emotionen, der eine Übernahme so komplex macht und zugleich dafür sorgt, dass die Öffentlichkeit sich keinen Zug entgehen lässt. Ein Poker um Macht und Geld – der Stoff, aus dem Wirtschaftskrimis entstehen. Viele Vorstände geben sich auch Jahre nach Transaktionen zugeknöpft. Zu groß ist die

K+S

was davon in der konkreten Übernahmesituation wirklich sinnvoll einsetzbar ist. Ein Brancheninsider geht sogar so weit, die Manuals als Marketingmaßnahme für Investmentbanken einzustufen, die bei Unternehmen als Berater einen Fuß in die Tür bekommen wollen. Liegt eine Offerte auf dem Tisch, setzen die meisten Vorstände ein Pokerface auf – auch wenn in Beraterkreisen durchaus Geschichten von lädierten Egos kursieren, die erst einmal besänftigt werden müssen. Emotionale öffentliche Auseinandersetzungen wie vor einigen Jahren zwischen Continental und Schaeffler sind allerdings selten geworden. Doch auch wenn sie professionell an das Thema herangehen, ist ein nicht abgestimmtes Übernahmeangebot für CFOs eine kräftezehrende Doppelbelastung. „Die Offerte rückt sofort in den Fokus“, erinnert sich Andreas Segal. Der heutige CFO der Immobiliengesellschaft Deutsche Wohnen war Co-CEO des Wettbewerbers GSW, als dieser in das Visier der Deutschen Wohnen geriet. Ende 2013 war die Übernahme in trockenen Tüchern. „Parallel zum Tagesgeschäft steht eine sehr intensive Kommunikation mit Mitarbeitern, Aktionären und Öffentlichkeit an. Das beansprucht das Management stark“, sagt Segal, der schließlich einen Vorstandsposten im fusionierten Unternehmen erhielt. Die Vorstände dürfen das Tagesgeschäft, das sie ohnehin gut auslastet, nicht leiden lassen. Zugleich müssen sie im Interesse des Unternehmens und der Aktionäre entscheiden, wie es weitergeht. Die Eigenständigkeit mit allen Mitteln verteidigen? Einen möglichen konkurrierenden Bieter suchen? Oder ist man vielleicht intern gar nicht so abgeneigt – sofern vielleicht der Preis noch etwas steigt und Standortund Arbeitsplatzgarantien gegeben werden?

Déjà-vu als Target: Burkhard Lohr, K+S-CFO

Sorge, sich im Nachhinein angreifbar zu machen. Einige Berater sagen dagegen ganz offen, dass ihnen die Beratung von Abwehrmandaten richtig Spaß macht: Wie kann ich dem Angreifer Steine in den Weg legen? Welche taktischen Möglichkeiten habe ich noch? Ein erster Schritt passiert meist automatisch, er liegt in der Information selbst: K+S vermeldete Ende Juni ad hoc, dass Potash einen „schriftlichen Vorschlag zur Übernahme aller Aktien“ vorgelegt hat. Ein übliches Vorgehen, um den Markt zu informieren. Doch solche Meldungen treiben den Aktienkurs in Vorfreude auf eine mögliche Übernahmeprämie verlässlich in die Höhe – was den Angreifer unter Druck setzt, will er das Angebot attraktiv halten. Auch die K+S-Aktie schnellte um mehr als 35 Prozent nach oben. Zugleich können solche Meldungen ein Signal an weitere Wettbewerber sein, die noch als Weißer Ritter in den Prozess eingreifen könnten. Diese taktischen Spielchen kennen auch die Angreifer. Auch wenn Giftpillen eine Attacke selten verhindern, können sich Kapitalerhöhungen unter Ausschluss des Bezugsrechts oder die Suche nach einem White Knight doch finanziell für das Zielobjekt auszahlen. K+S-CFO Lohr erlebte es selbst während seiner Zeit bei Hochtief: Der Baukonzern brachte nach dem angekündigten Vorstoß von ACS im Dezember 2010 das Emirat Katar als GroßakFINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


UNTERNEHMEN & MÄRKTE: TITELTHEMA

das Unternehmen eigene Aktien im Volumen von bis zu 10 Prozent des Grundkapitals erwerben und in bestimmten Fällen unter Ausschluss des Bezugsrechts verkaufen kann. Diese könnten im Fall der Fälle etwa einem Weißen Ritter angedient werden. Allerdings ist bei der Aufnahme von Ankerinvestoren Vorsicht geboten: In Marktkreisen ist bereits von Fällen zu hören, in denen bestimmte Fonds für die Übernahme eines Ankerpakets einen Diskont auf die Papiere gefordert haben. CFOs werden solche Kuhhandel nur in größter Not eingehen. Bei allen Verteidigungsstrategien und Giftpillen sollten Vorstände zudem nicht in eine grundsätzliche Abwehrposition verfallen, findet DeutscheWohnen-CFO Segal. „Bei kapitalmarktnotierten Unternehmen liegt es in der Verantwortung des Managements, für Corporate-M&A offen zu sein – sowohl aktiv als auch passiv. Eine pauschale Abwehrhaltung kann einem Unternehmen auch strategisch sinnvolle Opportunitäten verbauen.“ Besonders schwierig wird es für CFOs, wenn die Rollen zwischen Angreifer und Verteidiger nicht klar verteilt sind. Manchmal gibt es nur Gerüchte über eine mögliche Übernahme. Doch wie verteidigt man sich gegen einen Angreifer, den es

tionär ins Spiel, Katar kaufte über eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechteausschluss 9,1 Prozent der Hochtief-Anteile. Das verhinderte die Übernahme zwar nicht, verwässerte aber den Anteil des unliebsamen Angreifers ACS. Wenige Tage später erhöhten die Spanier ihr Umtauschangebot und boten neun statt acht eigener Aktien für fünf HochtiefPapiere. Für die Hochtief-Aktionäre ein Gewinn. „Ein entschlossener Bieter wird sich durch Giftpillen nicht aufhalten lassen – aber man kann oftmals zumindest den Preis für die Aktionäre nach oben treiben“, sagt Gerald Reger, Partner im Münchener Büro der Kanzlei Noerr.

Vorsicht, Kuhhandel Auch K+S, dem Vernehmen nach von Goldman Sachs, der Kanzlei CMS und der PR-Beratung Brunswick beraten, hat vorgesorgt. Eine syndizierte Kreditlinie über 1 Milliarde Euro sowie drei Anleihen aus den Jahren 2012 und 2013 können bei einem Kontrollwechsel gekündigt werden, der Angreifer müsste die Finanzierung ablösen. Die letzte Hauptversammlung gab zudem grünes Licht, dass

Ankeraktionäre Dass standhafte Gesellschafter die beste Abwehr sind, zeigte der Feuerschutzspezialist R. Stahl bei der Offerte durch Wettbewerber Weidmüller. Die Familienmitglieder, die zusammen eine Mehrheit halten, widerstanden dem Werben der Angreifer. Auch den Einstieg von Voith bei Kuka sehen Marktteilnehmer als Verteidigungsmanöver gegen mögliche Private-Equity-Bieter oder Interessenten aus Fernost, wie den chinesischen Klimaanlagenhersteller Midea, der sich Ende August mit 5,43 Prozent bei dem Roboterbauer eingekauft hat.

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UNTERNEHMEN & MÄRKTE: TITELTHEMA

Zukäufe als Abwehr

Helmut Stettin

Zukäufe des potentiellen Targets können diesem zu Wachstum verhelfen oder Kartellwiderstände schaffen. So legte Mannesmann ein Angebot für den britischen Wettbewerber Orange vor, als im Markt schon über ein Vodafone-Interesse an Mannesmann gesprochen wurde. Der Deal sollte die Angreifer abschrecken, da Orange nach einer Übernahme durch Vodafone weiterverkauft werden musste. Vodafone blieb bekanntermaßen dennoch hartnäckig und zahlte umgerechnet 190 Milliarden Euro in Aktien. Zukäufe zur Abwehr sind umstritten, da oft offen bleibt, ob die Transaktion in sich strategisch gerechtfertigt ist.

offiziell überhaupt nicht gibt? Uwe Bögershausen musste 2011 eine Antwort finden. Als Finanzvorstand hatte der CFO, der heute bei SLM Solutions arbeitet (siehe auch Steckbrief auf Seite 38), im Februar 2011 das Cloppenburger Fahrradunternehmen Derby Cycle an die Börse gebracht. Nach wenigen Wochen hatte Derby Cycle mit dem niederländischen Wettbewerber Accell Group schon den ersten Großaktionär: Accell kaufte erst knapp 6 Prozent der Anteile, baute die Position danach weiter aus und hielt wenig später 22 Prozent. „Da hatten wir im Vorstand schon ein mulmiges Gefühl“, erinnert sich Bögershausen. „Es gab zwar nie ein offizielles Angebot, aber man macht sich doch Gedanken.“ Auch von anderen Aktionären kamen Rückfragen. Anfang September 2011 veröffentlichte der Vorstand deshalb ein Statement zur jüngsten AccellAufstockung: Man gehe davon aus, „dass die Accell Group eine von uns als Vorstand nicht erwünschte Übernahme des Unternehmens plant“, hieß es darin. Zugleich dementierte Derby Cycle sein Interesse an einer Zusammenarbeit. Die Meldung brachte einiges in Gang: Nur drei Wochen nach dem Statement konnte Derby Cycle vermelden, dass man sich mit dem niederländischen Konzern Pon auf ein Business Combination Agreement geeinigt hatte.

Rät zur Vorbereitung: Barclays-Banker Alexander Doll

Damit war Pon im Grunde ein Weißer Ritter, wenn auch gegen einen Konkurrenten, der nie öffentlich geboten hatte. Für Derby Cycle und seine Aktionäre hat sich das Angebot ausgezahlt: Pon gab eine Standortgarantie ab und zahlte 28 Euro pro Aktie in bar – nur wenige Monate, nachdem Derby Cycle für 12,50 Euro pro Aktie an die Börse gegangen war. Auch Accell diente seine Aktien an. Für CFO Bögershausen bleibt die Transaktion als Erlebnis in Erinnerung, von dem er noch seinen Enkeln erzählen wird: Die Ungewissheit, was die nächsten Schritte von Accell sein könnten. Die Besprechungen, die Telefonkonferenzen bis spät in die Nacht und am

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Wochenende – und letztlich die Erleichterung, als man sich mit Pon auf eine gemeinsame Linie verständigt hatte. Der Finanzchef nimmt aus diesem Erlebnis die wichtige Lehre mit, Lösungswege offen zu prüfen. Auch wenn das bedeutet, sich von früheren Zielen zu verabschieden. Derby Cycle war erst wenige Tage im SDax, als der Titel aufgrund eines zu geringen Streubesitzes wieder aus dem Index fiel. „Wir haben die Eigenständigkeit geschätzt. Aber als Vorstand muss man sich immer auch mit Alternativen beschäftigen – im Sinne der Gesellschaft“, sagt der CFO. „Der Zusammenschluss mit Pon war letztlich der aussichtsreichere Weg.“

Karrierefaktor Übernahme Mit der Übernahme gibt es nicht nur im Aktionariat einen neuen Herrscher. Oft genug wechseln die neuen Machthaber auch den Vorstand aus – sofern dieser nicht von selbst geht. Bögershausen gab im April 2012 das CFO-Mandat bei Derby Cycle ab und blieb anschließend noch eine Weile als Berater an Bord. Der heutige K+S-CFO Burkhard Lohr nutzte wie der gesamte damalige Hochtief-Vorstand 2011 seine Change-of-Control-Klausel und ging nach dem Vordringen von ACS. Laut Geschäftsbericht stand ihm damals eine Abfindung von zweieinhalb Jahresbezügen zu. Gemessen am 2011er-Gehalt wären dies mehr als 3 Millionen Euro. Bei K+S ist ebenfalls ein goldener Handschlag denkbar: Wird ein Vorstandsvertrag durch eine Übernahme aufgelöst, erhalten die Vorstände laut Geschäftsbericht ihre fixe Vergütung sowie Tantieme bis zum Ende der ursprünglichen Vertragslaufzeit ausbezahlt, zuzüglich einer Ausgleichszahlung in Höhe des 1,5-fachen Jahresfixums. Anders als bei Hochtief haben die Vorstandsmitglieder bei einem Kontrollwechsel allerdings kein Sonderkündigungsrecht. Und die Abfindung ist auf maximal drei Jahresvergütungen gedeckelt. Noch ist offen, wie intensiv sich die K+S-Vorstände mit den Zahlenspielen befassen müssen. Die lange Zeitspanne zwischen dem ersten Bekanntwerden der Potash-Offerte und dem Einreichen des Angebots ist ungewöhnlich. Die Verteidiger nutzen sie, um ihre Argumente bei Aktionären, Medien und Politik zu platzieren. Auch aktivistische Hedgefonds können sich in aller Ruhe einkaufen. Doch das Momentum der ersten Phase ist jetzt verpufft. Der Aktienkurs von K+S lag bei Redaktionsschluss wieder deutlich unter 35 Euro. Potash könnte auch einfach abwarten und in einigen Monaten mit einem finalen, möglicherweise niedrigeren Angebot auf die Aktionäre zugehen. Wer weiß das schon genau – es ist alles Taktik. sabine.reifenberger@finance-magazin.de FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


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UNTERNEHMEN & MÄRKTE: SGL CARBON

Hoffen auf den Wunderstoff

Tobias Hase/picture alliance/dpa

Seit Jahren verspricht SGL Carbon den Aktionären mehr Wachstum. Jetzt stellt das Management um CFO Michael Majerus das rückläufige Kerngeschäft ins Schaufenster. Eine Option für das Segment wäre naheliegend. Text: Desirée Backhaus

Schieflage bei SGL Carbon: Das Management um CFO Michael Majerus muss das Portfolio zurechtrücken.

— Der Juli 2015 wird vermutlich als Zäsur in die Geschichte von SGL Carbon eingehen. Das Management um CEO Jürgen Köhler und CFO Michael Majerus kündigte an, das Graphitelektrodengeschäft bis Ende 2016 rechtlich zu verselbstständigen. Zunächst soll das Kerngeschäft, in SGLSprache als Performance Products (PP) bekannt, zwar als Teilkonzern in der Familie bleiben. Doch: „Uns bieten sich damit grundsätzlich alle Optionen – vom Verkauf an einen Strategen oder einen Finanzinvestor, über eine Fusion mit einem Wettbewerber bis hin zu einem IPO“, sagt Majerus gegenüber FINANCE. Kurz: Der Abschied ist absehbar. Die Manager handeln nicht aus einer Position der Stärke heraus, sie ziehen die Reißleine: In den abgelaufenen beiden Geschäftsjahren schrieben die Wiesbadener in Summe mehr als eine halbe Milliarde Euro Verlust. Das SDax-Unternehmen verbrennt Jahr für Jahr Cash und türmt Schulden auf. Die

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Ratingagenturen Moody’s und Standard and Poor’s sehen SGL mit B2 und B+ tief im spekulativen Bereich, jeweils mit negativem Ausblick. Zudem sehen sich Köhler und Majerus mit einer schwierigen Kombination konfrontiert: Der Umsatz der einstigen Cashcow PP ist seit 2012 rückläufig, die Zukunftsfelder mit dem ultraleichten Wunderstoff Carbonfaser (Geschäftsbereich CFM) und Graphit-Spezialanwendungen (GMS) verfehlen ihre eigenen Wachstumsziele.

Aktionäre werden unruhig Die Großaktionäre, zu denen neben BMW-Erbin Susanne Klatten (27,46 Prozent) auch BMW (18,44 Prozent) und VW (9,88 Prozent) gehören, verlieren langsam die Geduld. SGL zahlte ihnen seit 1998 überhaupt nur zweimal eine Dividende, gegenüber FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


UNTERNEHMEN & MÄRKTE: SGL CARBON

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2011 schrumpfte der Börsenwert auf ein Drittel. Bei der Kapitalerhöhung im Oktober 2014 zogen die Aktionäre mit und stärkten dem Management so den Rücken. Jetzt wollen sie aber Ergebnisse sehen. Robert Koehler, der die Geschicke von SGL seit der Ausgliederung aus dem Hoechst-Konzern in den Neunzigerjahren lenkte, hat das bereits zu spüren bekommen. Er musste nach dem Katastrophenjahr 2013 gehen. Offiziell als Generationswechsel deklariert – der im Mai dieses Jahres verstorbene Koehler war damals 64 Jahre alt –, soll es hinter den Kulissen schon länger nicht mehr gepasst haben zwischen dem bisweilen ruppig auftretenden Alphatier und der BMW-Erbin Klatten. „Nach 20 Jahren unter Koehler waren die Strukturen verkrustet“, sagt ein Beobachter heute. Mit Verve haben sich CEO Köhler und CFO Majerus daran gemacht, diese Kruste aufzubrechen.

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Rigoroser Restrukturierer Dem CFO kommt bei dem Unterfangen eine wichtige Rolle zu. Majerus weiß, wie Restrukturierung geht. Eine schwierige Lage erlebte er als Finanzchef des Pharmagroßhändlers Phoenix, der im Zuge der Finanzkrise in Liquiditätsnöte kam. In Mannheim stemmte er eine umfangreiche Refinanzierung und ermöglichte dem Konzern so den Neustart. „Herausragende Leistungen“ attestierte das Unternehmen seinem Finanzchef zum Abschied 2013. Die muss Majerus nun auch bei SGL Carbon abliefern. Seit Juli 2014 ist der 54-Jährige CFO des kriselnden Unternehmens und macht seinem Ruf als rigoroser Restrukturierer bereits alle Ehre: In seinen ersten 100 Tagen krempelte er die Konzernsteuerung um, verschärfte das Sparprogramm „SGL2015“ und führte eine Kapitalerhöhung über 267 Millionen Euro durch. Dennoch wird der Konzern 2015 wohl zum dritten Mal in Folge rote Zahlen schreiben. Seine Kompetenz ist auch bei Finanzierungen gefragt: SGL finanziert sich über einen Bond, der bis 2021 läuft, einen Kredit mit einer Laufzeit bis Ende 2017 sowie zwei Wandelanleihen, von denen eine im Juni 2016 fällig wird. Den Anleihebetrag von 130 Millionen Euro will SGL aus seinen liquiden Mitteln zurückzahlen. Die Position – zum Ende des ersten Halbjahrs 2015 wird sie mit 239 Millionen Euro angegeben – dürfte damit weiter abschmelzen. Beim Kredit wird derweil die Luft dünner: Seit Mitte 2014 heißt es in den Risikoberichten, es bestehe die Möglichkeit, dass „wir bei weiterhin schwieriger Geschäftsentwicklung die einschlägigen Finanzkennzahlen (Financial Covenants) in den Folgequartalen teilweise nicht erreichen könnten“. Entsprechend viel Wert legt der CFO auf die Entschuldung: Der Verhältnis Net Debt/Ebitda » FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015 ü

SGL Carbon Der im SDax notierte Wiesbadener Konzern hat mit einer schwierigen Konstellation zu kämpfen: Das Kerngeschäft mit Graphitelektroden leidet unter den Überkapazitäten am globalen Stahlmarkt, Nachfrage und Preise sinken. Die als Wachstumsfelder ausgerufenen Segmente Carbonfaser und GraphitSpezialanwendungen wiederum bleiben seit Jahren unter den Erwartungen. Das Unternehmen schreibt seit 2013 rote Zahlen und wird von Moody’s mit B2 sowie von S&P mit B+ bewertet, jeweils mit negativem Ausblick.

21. September Köln 25. September Hannover 30. September Zürich 06. Oktober Hamburg 07. Oktober Innsbruck 08. Oktober Frankfurt 13. Oktober Linz 15. Oktober Stuttgart 20. Oktober Dortmund 23. Oktober München 28. Oktober Wien

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UNTERNEHMEN & MÄRKTE: SGL CARBON

Aktienkurs von SGL Carbon (in Euro) 40 35 30 25 20 15 10 2011

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Quelle: finanzen.net

Hitco-Verkauf Die Aufräumarbeiten im Portfolio kommen SGL auch im Geschäftsjahr 2015 wieder teuer zu stehen: Im Juli hat der Konzern endlich einen Abnehmer für seine defizitäre Tochter Hitco gefunden. Die kanadische Avcorp Industries übernimmt das Geschäft mit Flugzeugbauteilen. Allerdings legt SGL umgerechnet 40 Millionen Euro Cash als Mitgift drauf, hinzu kommen nicht cashwirksame Abschreibungen in Höhe von 53 Millionen Euro.

soll von 4,6 Ende 2014 auf höchstens 2,5 sinken, der Free Cashflow soll nachhaltig positiv werden, die Eigenkapitalquote von aktuell 24 auf mindestens 30 Prozent steigen. Bis wann diese Zielvorgaben erreicht werden sollen, will der Finanzchef nicht verraten:„Es handelt sich um ein Mehrjahresprogramm, und es fließt in die Vergütung von Vorstand und oberem Management ein.“ Herzstück des neuen Kennzahlensystems ist die Kapitalrendite (Ebitda zu eingesetztem Kapital, ROCE), die künftig mindestens 15 Prozent betragen soll. Im ersten Halbjahr 2015 lag sie für den Gesamtkonzern bei 7,2 Prozent: „Wir wollen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Kapital eine wertvolle Ressource ist und wir den Einsatz optimieren müssen“, erklärt Majerus und übt damit unterschwellig Kritik an seinem CFO-Vorgänger Jürgen Muth. Dieser hatte die kapitalintensive SGL Carbon nach der Umsatzrendite gesteuert. Den ROCE-Test hat das Segment PP nicht bestanden, wie die Carve-out-Ankündigung nahelegt: Die für den Zähler wichtigen Preise und Absatzmengen sinken, im Nenner bleiben die Kapitalanforderungen für die Graphitelektrodenherstellung hoch. Für die Carbonfaser und die Graphitspezialanwendung sieht das Management dagegen Potential, die Kapitalrendite auf 15 Prozent hochzuschrauben. Zumindest in dieser Einschätzung bleiben Köhler und Majerus ihren Vorgängern treu.

Majerus verrät Details Einzelheiten über die neue Struktur hatte SGL bislang noch nicht preisgegeben. Im Gespräch mit FINANCE gibt Majerus nun aber einen ersten Einblick: Bis Ende dieses Jahres sollen die Planungen und Vorbereitungen abgeschlossen sein, bis Ende 2016 dann die Umsetzung. Ziel sei es, einen Teilkonzern zu schaffen, der alle weltweiten Gesellschaften von Performance Products bündle. Gleichzeitig sollen Prozesse verschlankt und Kosten gedrückt werden. „Wir profitieren davon, dass nahezu alle

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Standorte der SGL dezidierte Standorte für einen der drei Geschäftsbereiche sind“, so der CFO. Lediglich drei der weltweit 42 Produktionsstandorte – Meitingen in Deutschland und die zwei polnischen Werke – seien gemischte Standorte. „Dies macht im Einzelfall auch Sinn, muss aber natürlich rechtlich noch getrennt werden“, räumt Majerus ein. Bei den Zentralfunktionen Verwaltung und Finanzen werde es darüber hinaus keine parallelen Strukturen geben: „Das würde aus Kostengesichtspunkten keinen Sinn machen.“ Stattdessen solle der Teilkonzern – der wahrscheinlich die Rechtsform einer GmbH annehmen wird – im Rahmen eines Service-Level-Agreements versorgt werden.

Fusion mit GrafTech? Eine eigene Finanzabteilung wäre auch gar nicht notwendig, wenn die derzeit wahrscheinlichste Variante für den neuen Teilkonzern PP eintritt: die Fusion mit einem Wettbewerber. Darauf lässt nicht nur die Äußerung von CFO Majerus schließen, man rechne mit einer Konsolidierung im Markt, an der man teilnehmen wolle. Auch die Situation des wichtigsten Wettbewerbers im Bereich der Graphitelektroden, GrafTech, spricht dafür: Der US-Konzern wurde kürzlich von dem PE-Investor Brookfield übernommen. „Ich könnte mir gut vorstellen, dass Brookfield auch bei SGL anklopft“, sagt Marc Gabriel, der den SDax-Konzern für das Bankhaus Lampe beobachtet. Kurzfristig sei das aber keine Option: „Derzeit hätten sie gemeinsam einen Marktanteil von 40 Prozent, da dürften die Wettbewerbsbehörden nicht mitmachen.“ Erstmal müssen also beide Seiten ihre Hausaufgaben machen und Kapazitäten reduzieren. Dann könnte es aber ein attraktiver Deal für SGL werden: Für GrafTech war Brookfield immerhin bereit, auf Basis der 2014erZahlen ein Ebitda-Multiple des fast Zehnfachen zu bezahlen, obwohl der Konzern rote Zahlen schreibt. Die SGL-Sparte steht trotz der Schwierigkeiten besser da als GrafTech – und soll durch die Verselbstständigung noch einmal aufgehübscht werden. SGL-CFO Majerus hält sich im Hinblick auf die Frage nach dem Kaufpreis erwartungsgemäß bedeckt: „Die Frage stellt sich für uns nicht.“ Zwar streitet er nicht grundsätzlich ab, dass SGL einen möglichen Erlös gut gebrauchen könnte: Die Wiesbadener wollen in den beiden Bereichen CFM und GMS bis 2020 ein organisches Wachstum von 50 Prozent gegenüber den 2014er-Werten erreichen und außerdem selektiv zukaufen. „Wir haben aber in der Vergangenheit in beiden Segmenten bereits viel investiert“, sagt Majerus. Auch deshalb sei die Nettofinanzverschuldung auf 523 Millionen Euro angeschwollen. „Damit haben wir eine gute Grundü

FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


SGL Group

UNTERNEHMEN & MÄRKTE: SGL CARBON

Greift rigoros durch: SGL-CFO Michael Majerus

lage gelegt, unser Wachstumsziel auch ohne große Neuinvestitionen zu erreichen.“

BMW und Batterie lassen hoffen Wachstum erwartet sich SGL vor allem von der Lithium-Ionen-Industrie, für die die SGL-Sparte GMS das Anodenmaterial liefert. Der Konzern hofft, Zulieferer des amerikanischen E-Autopioniers Tesla zu werden, der derzeit in der Wüste von

Nevada die weltgrößte Fabrik für Lithium-IonenBatterien hochzieht. Die zweite Hoffnung von SGL ruht auf dem Joint-Venture-Partner BMW, der nach i3 und i8 nun auch im neuen 7er serienmäßig Carbon einsetzt. „Die Carbonfasern kommen dort unter anderem in den Dachrahmen zum Einsatz, um das Gewicht des Autos zu reduzieren“, sagt der Finanzchef. Damit will SGL endlich beweisen, dass der Wunderstoff auch für die Massenfertigung wettbewerbstauglich ist. Bislang ist er den Autobauern schlicht zu teuer. Mit solchen Versprechen hält SGL seine Investoren allerdings schon seit Jahren bei der Stange, ohne zu liefern. Das muss sich jetzt ändern: Das Sparprogramm „SGL2015“ läuft Ende des Jahres aus, große Einsparpotentiale gibt es nicht mehr. Die wichtige Kapitalrendite wird CFO Majerus durch ein Working-Capital-Programm noch etwas steuern können. Wichtiger ist aber, was im Zähler beim Ebitda passiert. Insofern ist die rechtliche Verselbstständigung des rückläufigen Graphitelektrodengeschäfts die richtige Antwort. Ein Verkauf kann Liquidität und damit Zeit bringen, bis das Geschäft mit der Carbonfaser endlich durchstartet.

Michael Majerus Der promovierte Betriebswirt ist seit Juli 2014 CFO bei SGL Carbon und lässt seither kaum einen Stein auf dem anderen, um den Konzern zu restrukturieren. Für den 54-Jährigen, der seine Karriere 1989 im Controlling von Mannesmann begann, ist es die dritte CFOPosition auf Konzernebene: Von 2009 bis 2013 war Majerus Finanzchef bei Phoenix Pharmahandel, zuvor war er seit 2006 CFO des Siemens-Spin-off Qimonda.

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Merzrevolution Merz bricht durch den Wegfall von Patenteinnahmen in den kommenden Jahren fast ein Drittel des Umsatzes weg. CFO Beat Neukom steht vor der Aufgabe, den Umbruch des Traditionsunternehmens finanziell zu untermauern. Text: Jakob Eich

Merz Pharma Das Unternehmen wurde 1908 von Friedrich Merz gegründet und sitzt seit dieser Zeit an der Eckenheimer Landstraße in Frankfurt am Main. Besonders bekannt geworden ist Merz durch den Verkauf seiner „Spezial Dragees“ in den sechziger Jahren.

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— Ein Scheck über 600 Millionen Euro nach einem Monat im Job: Viel Zeit zum Eingewöhnen hatte Beat Neukom bei seinem neuen Arbeitgeber Merz Pharma nicht, als er im Juli 2014 die Rechnung für die größte Übernahme in der mehr als einhundertjährigen Geschichte des Frankfurter Familienunternehmens unterschrieb. Die stattliche Summe zahlte Merz für den US-amerikanischen Medizingerätehersteller Ulthera. „Da musste ich schon erst einmal schlucken, als ich den Betrag letztlich freigeben musste“, sagt Neukom über den M&A-Deal rückblickend. Wenige Wochen zuvor hatte er die CFO-Nachfolge von Mark Jehle übernommen, der die Finanzen des Unternehmens nach dem Abgang des langjährigen Finanzchefs Matthias Vogt Ende 2013 kommissarisch geleitet hatte. Es sind bewegte Zeiten in den Merz-Headquarters, mitten im Frankfurter Stadtteil Nordend, wo das Unternehmen Anfang des 20. Jahrhunderts gegründet wurde. In der immer wieder durch Umbrüche geprägten Geschichte des Unternehmens steht wieder eine Revolution bevor: Die Lizenzeinnahmen für das Star-Produkt Memantine, ein Präparat gegen Alzheimer, laufen in den kommenden Jahren aus – dieses Jahr in den Vereinigten Staaten, 2019 in Japan. Die Erlöse aus dem Medikament machen derzeit mit 300 Millionen Euro fast ein Drittel des Umsatzes aus. Auch für ein momentan in Sachen Cash komfortabel aufgestelltes Unternehmen ist das ein ordentlicher Batzen Umsatz und Ertrag. Dass Merz schwierige Zeiten bevorstehen, konnten Beobachter bereits in der Bilanz von 2013/14 (30. Juni) erkennen. Das operative Ergebnis (Ebit) lag mit 247 Millionen Euro um mehr als ein Viertel unter dem Vorjahr, was in etwa dem Niveau von 2011/12 entspricht. Für das gerade abgeschlossene Geschäftsjahr wird der Gewinn wohl auf diesem Level verharren. „Für Merz wird das ein kompletter Wandel“, sagt Neukom im Hinblick auf den Umbruch, vor dem sein Unternehmen steht. Er gibt sich aber zuversichtlich, dass dieser gelingen wird. Um die Neuordnung aktiv anzugehen, öffnet sich Merz jetzt externen Finanziers. Bereits Neukoms Vorgänger Matthias Vogt hatte gemeinsam ü

mit seinen Vorstandskollegen mit dem Gedanken gespielt, sich zur Finanzierung der Wachstumsstrategie dem Kapitalmarkt zu öffnen. „Es ist durchaus denkbar, dass wir an den Kapitalmarkt gehen, zum Beispiel mit einem Bond oder einem Schuldschein“, sagte Vogt im März 2012 gegenüber FINANCE-TV. Diese Pläne blieben zunächst allerdings in der Schublade – und wurden erst vor kurzem wieder herausgeholt, allerdings in modifizierter Form. Im Juni dieses Jahres zapfte CFO Beat Neukom erstmals in der Unternehmensgeschichte den Kreditmarkt an. Merz, das im Ende Juni abgelaufenen Geschäftsjahr 2014/15 mit dem Umsatz erstmals die Milliardenmarke geknackt hat, nahm in seiner Debüttransaktion einen Konsortialkredit über 500 Millionen Euro auf. Der 44-jährige Neukom setzte die Transaktion um, obwohl er Merz nach den

»Das derzeitige Zinsumfeld ist sehr interessant.« — Beat Neukom, CFO bei Merz

verschiedenen Akquisitionen der vergangenen Jahre mit einer Eigenkapitalquote von etwa 70 Prozent finanziell sehr gut aufgestellt sieht. „Das derzeitige Zinsumfeld ist sehr interessant“, sagt Neukom. Zu den genauen preislichen Konditionen wollte er sich gegenüber FINANCE nicht näher äußern. Merz will – auch mit den Fremdmitteln – in den kommenden Jahren weiter wachsen und notfalls schnellen Zugang zu frischem Kapital erlangen. Wohl auch aufgrund des stagnierenden Gewinns beobachtet Manager Neukom eine für viele Familienunternehmen untypische Offenheit für Veränderungen. Merz steht unter Zugzwang: „Wir haben eine relativ hohe Risikobereitschaft“, sagt Neukom. „Das hat mich überrascht. Ich dachte, Merz wäre deutlich konservativer.“ Die Zusammenarbeit mit dem Gesellschafter- und Aufsichtsrat beschreibt Neukom als „harmonisch, aber auch herausfordernd“. Diese unverhoffte Freiheit in der Finanzierung spielt Neukom natürlich in die Hände. Merz wolle sich in dieser Hinsicht für die ZuFINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


Merz

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Merz-Zentrale im Frankfurter Nordend: Das Familienunternehmen muss in Zukunft die Einnahmen aus dem Star-Produkt Memantine ersetzen.

kunft wappnen: „Das Thema Finanzierung kann man gar nicht früh genug angehen“, sagt Neukom und gibt in dieser Hinsicht schon einmal den Takt vor. Im Gegensatz zu seinem langjährigen Arbeitgeber, dem US-Healthcare-Unternehmen Johnson & Johnson, sei Merz – glücklicherweise – nicht vom Kapitalmarkt getrieben. Etwas näher an Fremdkapitalinvestoren heranrücken wollte CFO Neukom mit Merz dann aber allem Anschein nach doch. Als Lead Arranger agierten bei der Transaktion Merz’ Hausbanken Deutsche Bank und HSBC. „Komplementär war uns wichtig, mit der Frankfurter Sparkasse eine lokale Bank dazu zu nehmen.“ Zu dem Konsortium gesellt sich zudem mit der DZ Bank ein genossenschaftliches Geldhaus, das Neukom zufolge aufgrund seiner guten Kreditbonität gut zu den Frankfurtern passt. Komplementiert wird das Syndikat schließlich durch eine internationale Bank, die immer stärker in den deutschen Firmenkundenmarkt drängt: die BNP Paribas. „Mit der BNP haben wir aber schon vorher zusammengearbeitet“, sagt Neukom. Verhandelt wurde mit den Banken lediglich ein Covenant, der die unternehmerische Freiheit nicht einschränke. Da es sich bei dem Konsortialkredit um eine für das familiengeführte Unternehmen Merz ungewohnte Transaktion handelt, dauerte die Emission laut Neukom etwas länger als üblich. Das Knowhow im Unternehmen für eine solche FinanzierungsFINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015

maßnahme war bereits vorhanden: „Wir haben einen Gesellschafterrat, der nah am Geschäft ist“, erklärt Neukom. „Die Mitglieder kennen sich alle mit modernen Finanzierungen sehr gut aus.“ Merz hat sich schließlich dazu entschieden, die Transaktion in zwei Teile aufzuteilen, in Treasury und Recht. „Wir haben für den Konsortialkredit den LMAStandard übernommen.“ Der Kredit läuft über fünf Jahre und hat zwei Optionen für eine Verlängerung – die derzeit typische Struktur. Eine andere Struktur kam für Neukom und sein Team nicht in Frage. Ihm ging es zusätzlich darum, bei den Banken „einen Fuß in die Tür“ zu bekommen. „Ich gehe davon aus, wenn wir verlängern wollen, steht dem nichts im Wege“, zeigt sich der Manager selbstbewusst.

Memantine Seit 2002 bieten die Frankfurter das Alzheimermedikament Memantine an, dessen Patente rund 300 Millionen Euro Umsatz bringen, aber bald auslaufen. Zwischendurch steuerte das Medikament mehr als die Hälfte des Umsatzes bei.

Internationalisierung voranbringen Aus dem Kredit werden die Frankfurter bei Bedarf zunächst einmal lediglich 200 Millionen Euro ziehen: „Das haben wir gemacht, um Freiheiten in unserer Finanzierung zu erhalten“, sagt Beat Neukom. Falls Merz sich jedoch dazu entschließen sollte, die offenen 300 Millionen Euro auch zu ziehen, könnten noch weitere Banken das Konsortium ergänzen. Mit dem Konsortialkredit will Merz auch das weitere Wachstum finanzieren, besonders international. Das Unternehmen hat im vergangenen Geschäftsjahr allein sieben neue Ländergesell- » ü

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Beat Neukom

Merz

Der gebürtige Schweizer ist seit Juli 2014 CFO von Merz Pharma. Vor seiner Position bei dem Unternehmen war er als CFO und Co-Gründer für den Schweizer Hüftprothesenhersteller Orthimo tätig. Neukom verbrachte zudem mehr als zehn Jahr im US-HealthcareKonzern Johnson & Johnson in verschiedenen Managementpositionen.

schaften in Asien gegründet, zwei in Lateinamerika. Unter anderem dadurch soll das angepeilte Umsatzwachstum von etwa 10 Prozent im Jahr in den beiden strategischen Bereichen Ästhetik und Neurotoxine erreicht werden. „Das birgt für den Finanzbereich dann auch gewisse Herausforderungen, beispielsweise in der IT“, sagt Neukom zum rasanten Wachstum. „Wir benötigen ein neues System, neue Leiter, eine neue Organisation“, erklärt der Schweizer. Man müsse darauf aufpassen, dass die Strukturen und Prozesse nicht individualisiert werden, sondern standardisiert. „Das ist absolut das wichtigste Projekt in der Finanzabteilung für die kommenden Jahre.“ Wichtig sind für die Merz-Strategie auch M&A-Deals, wie im vergangenen Jahr mit Ulthera bereits durchexerziert. Das Unternehmen verspricht sich von dem Rekordzukauf gute Synergieeffekte, auch wenn das Kerngeschäft des übernommen USUnternehmens, die Herstellung von Ultraschallgeräten, eher untypisch für die Frankfurter ist. Gemein haben die beiden Unternehmen jedoch ihre Kunden: ästhetische Dermatologen und Chirurgen. Auf deren Urteil verließen sich Neukom und sein Vorstandskollege Hans-Jörg Bergler, Executive Vice President bei Merz und verantwortlich für den M&A-Bereich, dann auch.

Gibt den Takt vor: Merz-CFO Beat Neukom

Denn Merz hatte von seinen Kunden positive Rückmeldungen zu dem Ulthera-Produkt, das der Hautstraffung dient, bekommen. Aber die USAmerikaner bieten noch einen weiteren Vorteil: „Wir können bei Ulthera unsere Möglichkeiten in der globalen Vermarktung gut ausnutzen.“ Ulthera, das vor der Übernahme etwa 100 Millionen Dollar Umsatz erwirtschaftete, sei zunächst primär in den USA vertreten gewesen, Merz vertreibe seine Produkte hingegen global. „Der Übertritt vom vorherigen Distributorennetzwerk zum Vertrieb von Merz ging dabei schneller, als wir geplant hatten“, erklärt der Schweizer. Die Wachstumserwartungen,

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die Merz mit der Transaktion verknüpft habe, sind dem Finanzchef zufolge bislang sogar übertroffen worden. Doch Merz kauft nicht nur zu, sondern sortiert auch aus. Im Februar dieses Jahres vollzog das Traditionsunternehmen den Verkauf des in Lütjenburg bei Kiel ansässigen Dental-Geschäfts an das japanische Unternehmen Shofu. Ein Kaufpreis wurde nicht kommuniziert. Ausschlaggebend für den M&A-Deal war, dass es zwischen den Sparten Dental und Ästhetik kaum Synergien gab. Um den Umbruch zu bewältigen, setzt Merz in Zukunft auf die Ästhetik- und Neurotoxin-Märkte. Die für das Unternehmen relevanten Märkte haben dabei eine Größe von etwa 4 Milliarden Euro und wachsen laut CFO Neukom um 8 bis 10 Prozent jährlich. „Wir sind in unserem Markt derzeit die Nummer drei, insofern haben wir noch Luft nach oben.“ Neukom schließt nicht aus, dass die teilweise bereits umgesetzte Neuausrichtung das wegbrechende Geschäft überkompensieren könnte.

Neues Venture-Capital-Programm Nach neuen Umsatzquellen sucht Merz nicht nur bei etablierten Unternehmen. Vor kurzem haben die Frankfurter unter der Führung des für das Thema M&A zuständige Hans-Jörg Bergler ein VentureCapital-Programm über 25 Millionen Euro angestoßen. Mit dem Wagniskapital will sich Merz neben der eigenen Forschung den Zugang zu neuen Produkten und Technologien im Ästhetik-Bereich sichern. Geplant sind Minderheitsbeteiligungen, zum Beispiel mit Co-Investoren. Im Idealfall findet sich hier ein neues Star-Produkt, das Memantine ersetzen kann. In überschaubarem Rahmen investiert Merz hier. Beat Neukom hat ein strammes Programm bei dem sonst eher ruhig agierenden Familienunternehmen vor sich. Dabei hatte sich der Manager eigentlich für die kommenden Jahre in der Heimat gewähnt: „Ich hatte erwartet, in der Schweiz zu bleiben“, sagt Neukom. Doch dann kam das Angebot von Merz auf den Tisch. „Es hat mich gleich fasziniert, was das Unternehmen zu bieten hat. Es war der richtige Moment für den Schritt.“ Nach Rücksprache mit seiner Familie sagte Neukom schließlich zu. So hat der Finanzchef nun einen spannenden Fall an der Hand und kann helfen, einen der traditionsreichsten deutschen Hidden Champions neu aufzustellen und für die Zukunft auszurichten. Viel Zeit, um den wegbrechenden Umsatz aus den Lizenzeinnahmen zu ersetzen, bleibt nicht mehr. Doch wichtige Schritte sind getan. jakob.eich@finance-magazin.de ü

FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


UNTERNEHMEN & MÄRKTE: JACK WOLFSKIN

Zum Heulen — Bei Jack Wolskin geben sich derzeit die Manager die Klinke in die Hand. Die selbst erst im November 2014 angetretene Chefin Melody Harris-Jensbach hat jüngst mit Imen Wong und Jutta Brenneisen neue Managerinnen ernannt, um den kriselnden Outdoor-Spezialisten wieder auf Kurs zu bringen. Auch auf dem CFO-Posten hat sich was getan: Im März trat Axel Mau die Nachfolge von Christian Brandt an. Nach nur wenigen Wochen im Amt hatte der neue Finanzchef bereits seine erste große Prüfung zu bestehen. Der neue CFO musste bereits anstrengende Verhandlungen mit den Gläubigerbanken hinter sich bringen, weil ein Bruch der Kreditklauseln drohte. Dem Management von Jack Wolfskin ist es dabei gelungen, das finanzielle Korsett deutlich zu lockern, wie der Nachrichtendienst Debtwire Analytics berichtet. So soll die Laufzeit der Betriebsmittellinie, der sogenannten Revolving Credit Facility (RCF), von August 2017 auf Mai 2018 verlängert worden sein. Außerdem wurde der Leverage-Covenant über die gesamte Laufzeit auf das 6,4-fache Ebitda gesetzt. Damit gewinnt Jack Wolfskin deutlich mehr Spielraum für Ebitda-Abweichungen, lag der Covenant zuvor doch in der Größenordnung des Fünffachen. Jack Wolfskin wollte sich gegenüber FINANCE dazu allerdings nicht äußern.

Blackstone schießt nach Um dieses Ergebnis überhauptz zu erreichen, musste der PE-Investor Blackstone tief in die Tasche greifen. 75 Millionen Euro soll der Eigentümer von Jack Wolfskin nachgeschossen haben. Das Geld soll dazu dienen, einen Teil einer Kredittranche zurückzuzahlen. Zunächst hatte der PE-Investor lediglich 25 Millionen Euro bieten wollen, was den Gläubigern als zu gering erschien. Erst nachdem Blackstone die Offerte nachgebessert hatte, kam es zu der Einigung. Neben der Kapitalspritze steigen die Margen der revolvierenden Kreditfazilität um 50 Basispunkte auf 500 Basispunkte plus Euribor. Zusätzlich muss Jack Wolfskin sogenannte Waiver Fees bezahlen – Gebühren für die Genehmigung der Neuregelung. „Hätte Blackstone kein frisches Geld FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015

Horst Galuschka/Picture Alliance/dpa

Bei Jack Wolfskin musste Eigentümer Blackstone Kapital nachschießen. Hätte der Private-Equity-Investor nicht gehandelt, hätten die Gläubiger das Ruder übernommen. Text: Markus Dentz

Jack-Wolfskin-Filiale in der Kölner Innenstadt

nachgeschossen, wäre es ein zweiter Fall Klöckner Pentaplast geworden“, glaubt ein Frankfurter Restrukturierungsspezialist, der nicht genannt werden möchte. Vor rund drei Jahren musste Blackstone den Folienhersteller aus Montabaur nach einem Schuldendrama an den Distressed-Fonds Strategic Value Partners (SVP) abgeben. Obwohl Jack Wolfskin bisher seine Covenants einhalten konnte, sehen Gläubiger das Bekleidungsunternehmen aus Idstein im Taunus zunehmend kritisch. Hintergrund ist die schwierige Geschäftslage: Der Händler muss Abnehmern preisliche Zugeständnisse machen, um seine Ware zu verkaufen. Händler fahren die Auslage wegen der Zurückhaltung der Kunden herunter, wie einzelne gegenüber der Lebensmittelzeitung berichteten. Blackstone hatte dem Bekleidungsunternehmen beim Kauf eine hohe Schuldenlast aufgebürdet. Rund 700 Millionen Euro soll der Finanzinvestor den Vorbesitzern Quadriga und Barclays Private Equity (heute Equistone) gezahlt haben, fast 500 Millionen Euro davon fremdfinanziert. Damals hatten verschiedene Geldhäuser die Übernahmefinanzierung arrangiert. Inzwischen sollen Teile der Kredite bereits unter par auf dem Sekundärmarkt gehandelt werden – ein untrügliches Krisensignal.

Jack Wolfskin Der OutdoorBekleidungsspezialist gehört seit drei jahren dem PE-Investor Blackstone. Damals haben verschiedene Geldhäuser wie die Bank of America Merrill Lynch, IKB, Morgan Stanley und UBS die Übernahmefinanzierung arrangiert. Zu den Krediten zählten ein siebenjähriges Darlehen über 350 Millionen Euro, eine Betriebsmittellinie über 80 Millionen Euro sowie ein SecondLien-Darlehen über 45 Millionen Euro, das mit stolzen 9,5 Prozent (plus Euribor) verzinst wird.

markus.dentz@finance-magazin.de ü

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UNTERNEHMEN & MÄRKTE: COFFEE FELLOWS

Mit einem Schuss Private Equity Coffee Fellows war vor Starbucks in Deutschland, konnte aber lange Zeit keinen Stich gegen den übermächtigen Konkurrenten landen. Jetzt hat Gründer Stefan Tewes einen Investor ins Boot geholt und sich mit einem Raststättenbetreiber verbündet. So will er den US-Kaffeeriesen endlich überholen. Text: Florian Bamberg

Coffee Fellows 1999 gründete Kathrin Tewes den ersten Laden in der Münchener Leopoldstraße. Jetzt hat die Kette 80 Geschäfte – rund 40 werden von Pächtern, die anderen 40 von Franchisenehmern betrieben. Der Außenumsatz liegt bei 25 Millionen Euro.

— Frankfurt Innenstadt, Kaiserstraße: Der Schriftzug von Coffee Fellows prangt am stuckverzierten Eckhaus. Daneben ragt die Commerzbank-Zentrale in die Höhe, das größte Gebäude Frankfurts. Direkt gegenüber plätschert ein Springbrunnen. Vor dem Laden sitzen Banker, Touristen und Shopper mit Filterkaffee, Espresso und Latte Macchiato in der Sonne. Die Filialen der Konkurrenten Starbucks und Balzac sind zwar nah – aber nicht in einem Eckhaus untergebracht. Im Vergleich zu Coffee Fellows gehen sie unter. So ähnlich sollte jedes Geschäft aussehen, geht es nach Stefan Tewes: „Wichtig sind eine kaufkräftige Lage, eine hohe Sichtbarkeit und viel Außensitzfläche“, bringt der 47-jährige CEO die Erfolgsformel im Interview mit FINANCE auf den Punkt. Lange um den heißen Brei herumzureden ist nicht seine Art. Als seine Frau Kathrin 1999 den ersten Kaffeeladen in der Münchener Innenstadt aufmachte, lief Stefan Tewes noch als Berater von Roland Berger durch die Gebäude der Dax-Konzerne. Doch das Geschäft seiner Gattin kam an – so hängte Tewes seinen Job 2000 an den Nagel. Von da an war die Rollenteilung klar: Kathrin Tewes kümmert sich um Ausstattung und Design der Läden, Stefan lenkt die Kette operativ und finanziell.

Starbucks im Vorhinein kopiert Auch bei der Ausrichtung von Coffee Fellows herrschte Einigkeit. Von der Innenausstattung (dunkles Holz) über das Angebot (neben Kaffee vor allem Bagels) bis zum schablonenhaften Logo und dem amerikanischen Namen war die Kette von Ehepaar Tewes von Anfang an der Import des Starbucks-Konzepts, lange bevor der übermächtige US-Konkurrent überhaupt nach Deutschland kam.

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Heute hat Coffee Fellows 80 Filialen. Die Hälfte davon wird durch Franchisenehmer betrieben. Diese finanzieren die Ladeneinrichtung und zahlen die Miete. Vom Umsatz überweisen sie 7 Prozent an die Coffee-Fellows-Zentrale im exklusiven Münchener Vorort Grünwald. Die andere Hälfte der Filialen wird von Pächtern geführt. Die müssen sich nicht beteiligen, aber zahlen dafür einen Pachtzins. Beide Modelle haben eins gemeinsam: Coffee Fellows gibt den Filialisten eine etablierte Marke und Produkte – und kassiert dafür. Das Ehepaar Tewes war mit dieser Idee nicht allein: 1997 und 1998 haben in Hamburg Balzac

»Der Gewinn, den wir jetzt machen, ist uns gar nicht so wichtig. Wichtig ist, Läden zu eröffnen.« — Stefan Tewes, Coffee Fellows

Coffee und World Coffee kurz hintereinander den ersten Laden aufgemacht, wie der von Tewes und seiner Ehefrau ein Coffee Shop nach US-Stil. 2000 folgte San Francisco Coffee Company als lokaler Wettbewerber in München. Doch Coffee Fellows hat seine deutschen Konkurrenten längst abgehängt. Balzac hat sich zwar World Coffee einverleibt, kommt aber trotzdem nur auf 50 Standorte – Tendenz sinkend. Die damals arg heruntergewirtschaftete San Francisco Coffee Company wechselte Anfang 2013 für 1 Euro den Besitzer, es sind noch 16 von damals 22 Filialen übrig. „Von den deutschen inhabergeführten Coffee-Shop-Ketten hat Coffee Fellows sich als die erfolgreichste herauskristallisiert“, fasst es Andreas Bauer, Kaffeemarkt-Experte bei der Unternehmensberatung Roland Berger, zusammen – Coffee Fellows gehört nicht zu seinen Kunden. FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


Coffee Fellows

UNTERNEHMEN & MÄRKTE: COFFEE FELLOWS

Stefan Tewes hat mit seiner Kette Coffee Fellows viel vor.

Dafür sieht sich Tewes jetzt dem Erfinder des eigenen Geschäftsmodells gegenüber: 2002 machte Starbucks die erste Filiale in Deutschland auf. Mittlerweile hat der Konzern hier 160 Läden – der drittgrößte Markt in Europa.

Gründer Tewes will die Krone Doch Stefan Tewes will dem übergroßen Konkurrenten ganz offensichtlich die Marktführerschaft abnehmen. Der smarte Ex-Berater hat gleich zweimal in die Trickkiste gegriffen, um das ins Stocken geratene Wachstum seiner Kette wieder anzukurbeln. Zuletzt haben die 80 Filialen den Franchisenehmern und Pächtern laut dem M&A-Fachdienst Mergermarket einen so genannten Außenumsatz von 25 Millionen Euro in die Kassen gespült. Davon sind als Innenumsatz 8 Millionen Euro bei Coffee Fellows angekommen. Der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen lag bei 2,5 Millionen Euro. Tewes' Manöver: Er hat den PE-Investor BWK mit einer Beteiligung von 22 Prozent in das Unternehmen gelassen, nachdem mit Paarl ein anderer Investor ausgestiegen war. Damit dürfte das Stuttgarter Private-Equity-Haus einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag eingezahlt haben – Coffee Fellows FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015

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hat nach Angaben Tewes' 4 Millionen Euro Eigenkapital und weniger als 1 Million Euro Fremdkapital. Das Geld von BWK will die Kette vor allem zur Expansion benutzen. Womit wir bei Tewes' zweitem Kunstgriff wären: Im vergangenen Jahr wurde bekannt, dass Coffee Fellows drei Kaffeebars in Autobahn-Raststätten des Marktführers Tank & Rast aufmacht. Damals schenkte niemand der Nachricht große Beachtung. Jetzt hat FINANCE auf Nachfrage von Tank & Rast erfahren, dass schon 13 Coffee-Fellows-Läden in den Raststätten des Betreibers aufgebaut sind. Bis Ende des Jahres sollen es knapp 30 werden. Damit hat Coffee Fellows einen ersten Sieg gegen Starbucks errungen. Die Amerikaner wollten ursprünglich mit Tank & Rast zusammenarbeiten, aber die Parteien wurden sich nicht einig.

Wachstumspakt mit Tank & Rast Nun springt der schlank organisierte deutsche Mittelständler Coffee Fellows in die Lücke, die der Gigant hinterlässt. Die Partner schweigen sich zu Details der Kooperation aus. Wahrscheinlich ist, dass eine üppige Pacht an Tank & Rast fließt – entweder von Coffee Fellows oder von seinen Filialisten. Für die Kaffeehauskette dürfte dennoch genug her- »

BWK Der Stuttgarter Investor legt für seine Geldgeber nicht in Fonds an, sondern in einer sogenannten Evergreen-Struktur. So kann er im Gegensatz zu klassischen PE-Häusern zehn Jahre und länger an Unternehmen beteiligt bleiben. Die größten Eigner von BWK sind die Landesbank Baden-Württemberg mit 40 Prozent und die Versicherung Wüstenrot & Württembergische mit 35 Prozent.

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UNTERNEHMEN & MÄRKTE: COFFEE FELLOWS

Die Kooperation mit Tank & Rast

wickeln und dabei die Cashflows von Jahr zu Jahr steigern.“ Neben der Million von BWK und den – so hoffen die Beteiligten – steigenden Barmitteln durch das wachsende Filialnetz sieht Tewes noch eine weitere Geldquelle: Fremdkapital. „Bis auf ein paar Leasingverträge haben wir so gut wie keine Verbindlichkeiten. Kredite zu auskömmlichen Konditionen zu bekommen ist für uns kein Problem.“ Und der PE-Investor meldet schon jetzt Bereitschaft an, seinen Anteil aufzustocken: „BWK begleitet Unternehmen sehr langfristig“, sagt Chef Jochen Wolf. Das ist in diesem Fall nicht nur eine leere Worthülse: Im Gegensatz zu den meisten PE-Investoren legt BWK das Geld seiner Investoren nicht über Fonds an, die den Druck mit sich bringen, innerhalb einiger Jahre eine auskömmliche Rendite zu produzieren. Stattdessen investiert BWK in einer sogenannten Evergreen-Struktur, so dass das Geld oft jahrzehntelang in den Firmen steckt. „Dass wir

Coffee Fellows

Coffee Fellows hat schon 13 Läden in den Filialen von Tank & Rast eröffnet, bis Ende des Jahres sollen es 30 so genannte Shop-in-Shops werden. Zuvor hatte Starbucks mit Tank & Rast verhandelt – doch die Parteien wurden sich offenbar nicht einig.

umkommen: Wer an einer Raststätte haltmacht, hat wenig Alternativen, wenn es ihn nach Kaffee dürstet. Und der Durchlauf ist hoch. Doch mit dem Geld von BWK will Coffee Fellows nicht allein deutsche Raststätten erobern. Auch an zwei weiteren Fronten rüstet Tewes auf: Zum einen ist seine Kette in der oberen Hälfte Deutschlands noch deutlich seltener vertreten als im Süden. Das will der grauhaarige Unternehmer ändern. Besonders in Berlin sieht er Potential: Die Hauptstadt sei „unproblematisch, weil der Markt groß ist“ – wenn Stefan Tewes das sagt, klingt die Expansion so lässig wie ein Frozen Chai Latte. Und nicht nur gen Norden soll Coffee Fellows wachsen, sondern auch nach Süden und Westen: In der Luxemburger Innenstadt versorgt bald eine Filiale die Finanzelite mit dem Koffein, das sie für ihre täglichen Geschäfte braucht. In der Schweiz eröffnet Tewes die erste Kaffeebar im nächsten Jahr, auch nach Österreich will er expandieren.

Ob eine Filiale Erfolg hat oder nicht, entscheidet vor allem die Lage.

Alles in allem will Tewes die Anzahl der Filialen bis Ende des Jahres von 80 auf 100 gesteigert haben. Weitere Wachstumspläne, auch die mit Tank & Rast, gießt bis jetzt keiner der Beteiligten in Zahlen. Doch 2016 und danach wird Coffee Fellows mindestens genauso Gas geben wie seit dem Einstieg von BWK im Mai – da sind sich alle einig. Tewes gibt den Takt vor: „Wir fühlen uns als junges Unternehmen, das viel in sein Wachstum investiert. Der Gewinn, den wir jetzt machen, ist uns gar nicht so wichtig. Wichtig ist, Läden zu eröffnen.“ BWKChef Jochen Wolf ist genauso heiß auf Expansion: „Wir wollen Coffee Fellows gemeinsam weiterent-

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auch nachinvestieren, wenn das sinnvoll ist, haben wir in den letzten 25 Jahren wiederholt gezeigt.“ Alles in allem sind die Taschen von Coffee Fellows auch nach dem Investment durch BWK längst nicht so tief wie die von einem Weltkonzern wie Starbucks. Aber für den US-Konzern ist Deutschland längst nicht mehr erste Priorität – die Augen der Starbucks-Manager richten sich auf Asien. Das ist Tewes' Chance. Wenn er das Geld von Investor BWK und den Heimvorteil geschickt einsetzt, ist ihm zuzutrauen, den Kaffee-Giganten zwischen Alpen und Nordsee zu übertrumpfen. florian.bamberg@finance-magazin.de FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


GEWINNER / VERLIERER

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Der Drogeriemarkt dm verbannt eine Zahnpasta aus dem Regal und poliert damit sein Image auf.

Eine Leasingfirma im chinesischen Shenzhen macht einen auf Goldman Sachs.

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Drogeriemarkt dm: Robin Hood der Zahnpasta

Das Original: die US-Investmentbank Goldman Sachs

— Öffentlich ausgetragene Konflikte sind selten gut. Doch der Drogeriemarkt dm hat mit seinem Kleinkrieg gegen Colgate-Palmolive ein Glanzstück der Imagepflege abgeliefert. Weil der Kosmetikkonzern den Inhalt seiner Dentagard-Zahnpasta reduzierte, den Preis aber gleich lassen wollte, verbannte dm die Tuben aus den Regalen. Die meisten Kunden hätten wohl einfach eine andere Zahnpasta gewählt, hätte nicht dm extra noch ein Schild mit einer Erklärung anfertigen lassen: Schuld am leeren Fach sei die Mogelpackung. Derart hervorgehoben fiel der Leerstand selbst Kunden auf, die gar keine Zahnpaste kaufen wollten. Gestiegene Kosten versteckt weiterzureichen ist im Handel keine Seltenheit. Doch selten wird dies publik. dm dürfte den Lieferanten Colgate-Palmolive ordentlich verärgert haben. Ein ungewöhnlicher Schritt, aber ein geschickter: dm positionierte sich als Kämpfer für Gerechtigkeit, als Robin Hood der Zahnpasta, der sich mit einem Großkonzern anlegt, um den schützenswerten Kleinbürger beim nächsten Zahnpastakauf vor finanziellem Schaden zu bewahren. Die Aktion schaffte es in alle großen Nachrichtenportale und Zeitungen. Eine Anzeigenkampagne dieses Umfangs wäre für dm ungleich teurer geworden. Colgate-Palmolive konnte nach diesem Aufschlag unmöglich auf stur stellen und gab nur kleinlaut bekannt, man bemühe sich um „eine einvernehmliche Lösung“. Der Drogeriemarkt steht mit blütenweißer Weste da. Und die Marketingstrategen werden ihr strahlendstes Lächeln zeigen. sar

— Die Firmengeschichte der US-Bank Goldman Sachs reicht zurück bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Damals machte sich Marcus Goldman aus Franken auf den Weg nach New York, wo er eine Investmentbank gründete. Kurze Zeit später nahm er seinen Schwiegersohn Samuel Sachs an Bord, und noch heute heißt das Unternehmen Goldman Sachs. So weit, so nachvollziehbar. Weniger gut erschließt sich die Namensfindung der Goldman Sachs Financial Leasing in Shenzhen. Das Finanzinstitut ist seit 2013 in China tätig, Hinweise auf ausgewanderte Franken unter den Gründervätern gibt es bislang nicht. Auch handelt es sich nicht um den chinesischen Leasingarm der berühmten Investmentbank. Und doch nutzt sie für sich dieselben Schriftzeichen, mit denen auf Mandarin der Name der US-Bank dargestellt wird. Aber natürlich nicht absichtlich! Nach eigenem Bekunden haben sich die Chinesen tatsächlich rein zufällig so genannt! Ob den chinesischen Goldmännern einfach der Klang des Namens gefiel? Oder ob er ihnen vielleicht sogar auf wundersame Weise irgendwie vertraut war? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Jetzt könnte man wieder auf den laxen Markenrechtsschutz in China schimpfen. Aber vielleicht ist der Vorfall ja auch ein Zeichen. Dafür, dass die Globalisierung noch nicht alle Bereiche durchdrungen hat, wenn ein chinesisches Finanzinstitut im Jahre 2013 tatsächlich noch nichts von einer der größten US-Banken mitbekommen hat. Obwohl, wenn wir so darüber nachdenken – wohl eher nicht. sar

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UNTERNEHMEN & MÄRKTE: HSBC

Zwischenbilanz Mit ihrer Halbjahresbilanz hat die HSBC die Fakten auf den Tisch gelegt. Die Zahlen zeigen, wie die Bank hierzulande mit ihrer Firmenkundenoffensive vorankommt – und wo noch Baustellen sind. Text: Markus Dentz — In neuem Glanz erstrahlen die Innenräume der Düsseldorfer HSBC-Zentrale nach einer aufwendigen Sanierung. Mit schweren Steinplatten und einer minimalistisch gehaltenen Einrichtung hat der Architekt einen Kompromiss zwischen Tradition und Moderne gesucht. Diesen Spagat vollzieht die Bank auch im Geschäft: Einerseits öffnet sie sich derzeit gegenüber neuen Kundengruppen so stark wie selten zuvor, andererseits will sie dabei tradierte Werte nicht völlig aufgeben. Erstmals ordnet die neue Deutschlandchefin Carola von Schmettow vor Journalisten die Zahlen der ersten sechs Monate des Jahres ein, nachdem Ex-Chef Andreas Schmitz im Frühjahr noch die Bilanz des Jahres 2014 präsentiert hatte. Der langjährige Bankchef ist inzwischen in den Aufsichtsrat aufgerückt. Während draußen die warme Augustsonne auf die belebte Düsseldorfer Einkaufsstraße Kö scheint, dreht sich drinnen das meiste um die Kundengruppe, die seit knapp zwei Jahren besonders im Fokus steht: der Mittelstand. Damit einher ging ein ziemlicher Paradigmenwechsel im Traditionshaus. „Kredit war früher für uns ein notwendiges Übel“, sagt von Schmettow. Die Zeiten haben sich geändert: Inzwischen gewährt die Bank gerne Fremdkapital. „Ohne Kredit geht nichts mehr“, ist jetzt die Devise der Düsseldorfer.

Roland Weihrauch/Picture Alliance/dpa

Neue Kunden, mehr Risiken

HSBC-Zentrale an der Düsseldorfer Kö: Ohne Kredit geht nichts mehr.

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Die neue Lust am Fremdkapital schlägt sich in den Zahlen nieder: Die Forderungen an Kunden sind zum Halbjahr 2015 deutlich um 16,2 Prozent auf rund 7,6 Milliarden Euro gestiegen. Rund 220 Mittelstandskunden hat die Bank nach eigenen Angaben seit Jahresbeginn hinzugewonnen. Die Bank setzt damit heimische Platzhirsche unter Druck, die zuletzt deutlich weniger gewachsen sind. Bei den Kunden tun sich Lücken indes nur vereinzelt auf – zum Beispiel da, wo sich Player wie die Royal Bank of Scotland zurückziehen. „Wir wachsen auf der Firmenkundenseite stärker als der Markt“, sagt von Schmettow. Dabei scheut sich die Bank auch nicht, die Zielratings der ü

FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


UNTERNEHMEN & MÄRKTE: HSBC

Klare Ansage an Unternehmen Das Vertrauen der Kreditgewährung kommt aber mit einer klaren Message: Die Bank will am Zusatzgeschäft verdienen. Beim Kredit ist das momentan kaum möglich, hinterlässt die EZB-Politik des billigen Geldes doch tiefe Spuren – auch im Zinsergebnis der HSBC: Der Überschuss ist lediglich um 1,5 Prozent gestiegen, obwohl die Forderungen an Kunden deutlich stärker, insgesamt um mehr als 16 Prozent, gewachsen sind. Anlagegelder wehrt die HSBC nach eigenem Bekunden nicht ab. Strafzinsen für Firmenkunden seien momentan zwar kein Thema, die meisten erhalten aber nichts für ihre Einlage. Anders verhält es sich lediglich bei einzelnen Großanlegern. Mit dem Zusatzgeschäft ist es der Bank allerdings gelungen, einen Provisionsüberschuss von 15 Prozent zu erzielen, worauf man in Düsseldorf sichtlich stolz ist. Der Schlüssel dafür seien eine gute Produktkompetenz und Service. „Wir müssen ein breites Produktspektrum zur Verfügung stellen“, sagt Norbert Reis. Punkten will die Bank zum einen mit dem internationalen HSBC-Netzwerk. Gut aufgestellt sieht der Vorstand sich zum anderen bei Spezialprodukten wie Cash Pooling in China, generell bei Bondplatzierungen, derzeit speziell bei Hybridanleihen. In den volatilen WährungsFINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015

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märkten seien speziell auch „intelligente HedgingInstrumente“ gefragt gewesen – mehr als die relativ unflexiblen Devisentermingeschäfte. Auch die Sicherung von Hard Commodities nehme eine stärkere Rolle als früher ein. „Aufholbedarf sehe ich noch in Bereichen wie M&A und Equity Capital Markets“, sagt Reis. Hier will die Bank noch weiter in den League Tables aufsteigen und sich bei Unternehmen als relevanter Player positionieren.

Neuerliche Kapitalerhöhung? Allerdings steigen auch die Kosten für Personal und neue Niederlassungen, zuletzt wurde im Januar eine in Hannover eröffnet. Die Investitionen sorgen dafür, dass die Relation Kosten zu Ertrag („Cost Income Ratio“) bei über 70 Prozent liegt. Mit dem Wert, der international gesehen deutlich über den Benchmarks liegt, dürfte die Bank auf Dauer nicht zufrieden sein. Doch diesen zwischenzeitlichen Anstieg durch höhere Verwaltungskosten nimmt die HSBC gern in Kauf für die zukünftigen Gewinne, auf die man durch die Expansion hofft. Die harte Kernkapitalquote gab zwar im Vergleich zum vorherigen Bilanzstichtag leicht auf 10,2 Prozent nach. Eine neuerliche Kapitalerhöhung steht dieses Jahr aber nicht zur Diskussion. Erst im vergangenen Jahr hatten die Düsseldorfer das Kapital angepasst. Beobachter rechnen damit, dass die Bank in den kommenden zwei Jahren noch einmal

HSBC in Deutschland Die HSBC Deutschland heißt noch offiziell HSBC Trinkaus & Burkhardt AG. Der Zusatz fällt bei den Düsseldorfern aber inzwischen weg. 80,7 Prozent der Aktien hält die HSBC Holdings, rund 19 Prozent liegen bei der Stuttgarter LBBW. Seit 2013 hat die Bank eine Firmenkundenoffensive ausgerufen und neue Niederlassungen eröffnet.

Carola von Schmettow

Jochen Manz/HSBC

Firmenkunden auszuweiten. Das dürfte mittelfristig zu höheren Ausfällen und einer höheren Risikovorsorge führen. Allerdings ist es um diese wegen der stabilen Verfassung von Corporate Germany momentan besonders gut bestellt: Wegen geringer Ausfälle lag die Risikovorsorge im zweiten Quartal bei 1,2 Prozent. Die große Frage, die sich auch für andere Banken stellt: Was passiert, wenn die Ausfallquoten wieder in die Höhe schnellen oder gar eine Großinsolvenz ins Kontor schlägt? Von derlei düsteren Szenarien ist am sonnigen Sommertag in Düsseldorf aber nicht die Rede. Ein Rückzug, wie ihn die Bank gerade in Brasilien mit dem Verkauf der Banco Bradesco vollzogen hat, stehe in Deutschland ohnehin nicht zur Debatte. Selbst die Kosteneinsparungen der internationalen Gruppe treffen die deutsche Einheit nicht, ist die klare Ansage. „Unsere Strategie ist langfristig“, sagt auch Norbert Reis, als Vorstand zuständig für das Global Banking und damit die Großkunden. In dieser Klientel ist es deutlich schwieriger, neue Adressen zu gewinnen; sie sind bekannt. Ausnahmen stellen lediglich Konzernabspaltungen dar, wie aktuell von Bayer („Covestro“) oder Eon („Uniper“). Es gehe nun eher darum, das Geschäft mit bestehenden Kunden auszuweiten. „Wir wollen hier tiefer in die Kundenbeziehung eintreten“, sagt Reis.

Carola von Schmettow blick optimistisch ins zweite Halbjahr.

nachlegen wird. Wann genau, ist noch offen. Zuversichtlich blickt Carola von Schmettow nach vorn: „Die Pipeline für das zweite Halbjahr ist gefüllt.“ Auch wenn die neue HSBC-Deutschlandchefin dabei keine übertriebene Euphorie verbreitet, so muss man die Worte auffassen als das, was sie sind: eine unverhohlene Kampfansage an die Konkurrenz.

Seit der Hauptversammlung im Juni ist die Mathematikerin Sprecherin des Vorstands des Düsseldorfer Geldhauses. Carola von Schmettow ist bereits seit 1992 bei HSBC Trinkaus und seit 2006 Vorstandsmitglied. Seitdem hatte sie leitende Rollen unter anderem im Treasury und dem Risikomanagement inne. Vorgänger Andreas Schmitz ist in den Aufsichtsrat aufgerückt.

markus.dentz@finance-magazin.de

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UNTERNEHMEN & MÄRKTE: EUROFACTOR

In Lauerstellung

Jan Haas/Picture Alliance/dpa

Im Kampf um die Vorherrschaft im Factoring hat sich Eurofactor bislang eher zurückgehalten. Das soll sich jetzt ändern: Die französische Mutter Crédit Agricole will deutlich mehr Geld zur Verfügung stellen. Text: Markus Dentz

Crédit Agricole in Frankfurt: Die Bank stellt mehr Mittel zur Verfügung.

Eurofactor Die Factoringgesellschaft ist bereits seit mehr als 25 Jahren in Deutschland aktiv. Die Zentrale liegt in Oberhaching bei München. Von dort aus betreibt Eurofactor auch das Geschäft in Benelux. Die Factoringgesellschaft ist über die Crédit Agricole Leasing & Factoring Teil der Crédit Agricole Gruppe.

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— Der deutsche Factoringmarkt ist seit längerer Zeit schwer umkämpft. Zweistellige Wachstumsraten locken neue Anbieter an, auch im ersten Halbjahr 2015 wuchsen die Umsätze der Mitglieder des Deutschen Factoring-Verbands um mehr als 11 Prozent. Erstmals knackten die Gesellschaften gemeinsam die 100-Milliarden-Euro-Umsatzgrenze in einem Halbjahr. In der Vergangenheit lieferten sich die beiden Mainzer Rivalen Coface und Heller Bank (heute GE Capital) lange eine regelrechte Schlacht um die Vorherrschaft im deutschen Factoringmarkt. Obwohl Eurofactor zu den Top-Fünf-Gesellschaften gehört (Volumen 2014: 16,5 Milliarden Euro), hielten sich die Oberhachinger bislang vornehm zurück und mischten sich nicht in die Scharmützel ein. Der ü

langjährige Vorstand Klaus Taube führte das Geschäft relativ unaufgeregt durch die vergangenen 13 Jahre. Ihm ging es weniger um Umsatzwachstum als vielmehr um stabile Renditen, wie er mehrfach gegenüber FINANCE betonte. Der Ansatz soll nun offensiver werden, geht es nach der Mehrheitseigentümerin Crédit Agricole und dem neuen Geschäftsführer Jens Hoter. Der 46-Jährige hat Anfang dieses Jahres das Zepter bei der Factoringgesellschaft von seinem Vorgänger übernommen. Hoter ist ein waschechter Factoringprofi, der in seinem Lebenslauf auf Stationen bei Coface, DG Diskontbank und – am Anfang seiner beruflichen Laufbahn – bei der Heller Bank verweisen kann. Zwischenzeitlich agierte er auch als CFO im Mittelstand, aber nut vorübergehend. „Ich habe mich Ende 2014 wieder auf meine eigentliche Kernkompetenz konzentriert“, sagt er. Eurofactor hat zuletzt durch weitere Wachstumsschritte und eine prominente Personalie von sich reden gemacht. Mit Stefan Wagner hat ein Vorstandsmitglied die Gesellschaft nach 13 Jahren verlassen. Ein Zerwürfnis ist FINANCE nicht bekannt. Aufsichtsrat und Vorstand dankten Stefan Wagner in einer Mitteilung „ausdrücklich für sein langjähriges Engagement“ und „für seine hervorragende und erfolgreiche Arbeit“. Inzwischen ist bekannt, dass Wagner zur Kölner ABN Amro Commercial Finance stößt. Gleichzeitig mit dem Wechsel verkündete Eurofactor, dass das Unternehmen seine Rechtsform von einer Aktiengesellschaft in eine GmbH ändert, Mitte Juli wurde der Wechsel vollzogen. Die Geschäftsführung der Eurofactor GmbH besteht jetzt aus Hoter, als Sprecher der Geschäftsführung verantwortlich für den Bereich Markt, sowie aus Peter Klaus, als Geschäftsführer zuständig für den Bereich Marktfolge.

Markt im Umbruch Das Timing für einen ambitionierteren Antritt ist nicht schlecht: Coface Finanz konzentriert sich, erzwungen durch die französische Versicherungsmutter, eher auf kleinere Factoring-Engagements. Der FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


UNTERNEHMEN & MÄRKTE: EUROFACTOR

500 Millionen Euro für Neugeschäft Jetzt will die französische Mutter, dass sich Eurofactor klarer positioniert. „Die Muttergesellschaft Crédit Agricole hat Eurofactor mit einem klaren Wachstumsauftrag versehen“, sagt Hoter. In Zahlen: Die Großbank stellt der Factoringgesellschaft satte 500 Millionen Euro mehr für die Refinanzierung zur Verfügung – bisher lag das Budget bei 1 Milliarde Euro. Damit stehen der Factoringgesellschaft deutlich mehr Mittel zur Verfügung, um im Mittelstand Kredit zu vergeben. Mit der Klientel der Mutter bestehen indes nur wenige Überschnei-

Jens Hoter

Eurofactor

Marktführer GE Capital steht zum Verkauf, was Wettbewerber zum Anlass nehmen, ihm Kunden abzuwerben. Als Käufer handeln Branchenexperten Adressen wie Wells Fargo oder BNP Paribas. Letztere ist im ersten Halbjahr durch ordentliches Marktwachstum aufgefallen. Vor kurzem hatte die französische Großbank über ihre Tochter Arval bereits das europäische Flottenleasing von GE Capital übernommen. Parallel formiert sich in der Sparkassen-Finanzgruppe mit der Deutschen Leasing ein stärkerer Player: Die Bad Homburger sind nach der Übernahme der Universal-Factoring aus dem Nachlass der WestLB kürzlich als Käufer der Deutschen Factoring-Bank mit Sitz in Bremen in Erscheinung getreten. Experten spekulieren, dass früher oder später noch die Südfactoring, eine LBBW-Tochter, dazustoßen könnte. Das weitere Schicksal der Branchengröße PB Factoring, die zur Postbank gehört, ist indes ungewiss, da der Verkauf der Bank im Raum steht. Interessiert verfolgt Jens Hoter das rege Geschehen am Markt. In der Vergangenheit soll auch Eurofactor schon zum Target geworden sein. Indes, die Mutter Crédit Agricole hat immer an ihrer Beteiligung festgehalten.

Jens Hoter ist seit Anfang des Jahres für Eurofactor tätig.

dungen: Die Investmentbank Crédit Agricole bedient hierzulande vor allem größere Unternehmen, wohingegen sich Eurofactor auf den Mittelstand konzentriert. Allerdings fällt die Eurofactor-Offensive in eine Zeit, in der auch die Preise am Boden sind. „Die Konditionen sind im Keller“, räumt Hoter freimütig ein. Da Anbieter sich über den Preis fast nicht differenzieren können, sind im Factoring eine moderne IT-Anbindung, guter Service und eine gute Kundenbindung umso wichtiger. In allen Bereichen sieht Hoter Eurofactor gut aufgestellt. „Die IT-Systeme haben wir in den vergangenen Jahren modernisiert, und wir werden sie kontinuierlich weiter verbessern.“ Auch in Sachen Kundenbindung hält Hoter seine Gesellschaft für vorbildlich. „Die Client-Retention liegt bei 98 Prozent“, erklärt er im Marketingdeutsch. Mit den Oberhachingern, so viel steht fest, wird im Factoringmarkt zu rechnen sein.

Der erfahrene Factoringspezialist kam Anfang des Jahres zu Eurofactor. Er war früher für die Heller Bank (heute GE Capital) und die DG Diskontbank tätig. 2002 wechselte er zur Coface Finanz, wo er zwischen 2007 und Ende 2013 die Geschäftsleitung innehatte. Anschließend war Hoter beim Hamburger Logistikdienstleister Lexzau als Mitglied der Geschäftsleitung für die Bereiche Finanzen, Controlling und Human Resources verantwortlich.

markus.dentz@finance-magazin.de

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UNTERNEHMEN & MÄRKTE: ANLEIHEN

Das nordische Mini-Bond-Wunder

Thinkstock/Getty Images

In Deutschland ringt der Mini-Bond-Markt ums Überleben, in Nordeuropa boomt das gleiche Geschäft wie verrückt. Die Skandinavier machen so gut wie alles besser als die Deutschen. Aber auch ihr Mini-Bond-Wunder ist bedroht. Text: Michael Hedtstück

Norwegens Hauptstadt Oslo zieht immer mehr ausländische Bondinvestoren an. Die Skandinavier machen vieles richtig, was am deutschen Mini-BondMarkt falsch läuft.

— Der deutsche Mini-Bond-Markt hat den Blues. Zwar werden die Hiobsbotschaften und Pleitefälle seltener, doch der Markt liegt am Boden. Neuemissionen sind rar, mit der Steubing Bank hat sich erst vor wenigen Wochen einer der Marktführer Knall auf Fall aus dem Geschäft mit der Begleitung von Mittelständlern an den Bondmarkt zurückgezogen. „Die Entwicklung ist enttäuschend“, zieht Eric Leupold von der Deutschen Börse Bilanz.

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Skandinavische Bondexperten und Investmentbanker verfolgen den Niedergang der deutschen Mittelstandsanleihen mit Erstaunen und Fassungslosigkeit, denn zwischen Oslo, Stockholm und Kopenhagen spielt sich ein Mini-Bond-Wunder ab, das inzwischen auch das Interesse deutscher Marktteilnehmer geweckt hat. „Der skandinavische Anleihemarkt ist für High-Yield-Investoren sehr interessant“, findet Dieter Kaiser, Geschäftsführer von FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


UNTERNEHMEN & MÄRKTE: ANLEIHEN

Kein Spielfeld für Loan-to-own-Funds Die entscheidende Frage der deutschen Emissäre liegt auf der Hand: Wie haben die Skandinavier es bloß geschafft, einen starken mittelständischen High-Yield-Markt zu etablieren? Jo Forfang glaubt die Antwort zu kennen. Nachdenklich blickt er aus seinem Büro hinaus auf den Oslofjord und deutet auf die Schiffe, die vor einem blauen Sommerhimmel sanft auf die norwegische Hauptstadt zuschippern. „Wir haben gelernt, in schwerer See Kurs zu halten.“ Forfang, seit Jahrzehnten am nordischen High-Yield-Markt aktiv, rattert eine Kurzgeschichte des Marktsegments herunter, die an ihren düsteren Stellen frappierend dem ähnelt, was das deutsche Pendant gerade durchmacht. Der Markt nahm Fahrt auf in den späten Neunzigern. Damals begaben vor allem junge, spekulative Ölunternehmen Bonds, um an hochriskanten Bohrprojekten im norwegischen Kontinentalschelf zu partizipieren. Die Bonds waren so nah am Eigenkapital, wie ein Bond nur sein kann, hochgradig spekulativ, manchmal kaum besichert. „Als die Ölpreise anzogen, haben viele Leute eine Menge Geld gemacht“, erinnert sich Forfang. Kurz vor der Finanzkrise hob der Markt regelrecht ab, das jährliche Emissionsvolumen verzehnfachte sich von 0,9 Milliarden Euro im Jahr 2004 auf fast 9 Milliarden Euro 2007 – Goldgräberstimmung im Ölgewand. Dann kam der Knall. „Wir haben in kürzester Zeit mehr als 60 Emittenten mit über 120 ausstehenden Anleihen verloren“, erzählt Forfang. Manche Firmen gingen insolvent, manche retteten sich durch eine Umschuldung. 2009 sprang die Ausfallrate der ü — SEPTEMBER/OKTOBER 2015 FINANCE

Bonds aus dem Energiesektor auf über 30 Prozent, die der übrigen Papiere auf 20 Prozent. Am globalen High-Yield-Markt gipfelte die Ausfallrate bei weniger als 15 Prozent (Grafik auf Seite 34). Forfang war mittendrin. Er sitzt im Management der Institution Nordic Trustee, in der vie-

Nordic Trustee

Robus Capital, einem Investmenthaus, das sich auf Hochzinsinvestments in mittelständische Unternehmen fokussiert hat, den deutschen Mittelstandsanleihenmarkt aber links liegenlässt. Aus einem guten Grund, wie Kaiser meint: „Im Vergleich zum deutschen Mittelstandsanleihemarkt hat sich in Skandinavien ein sehr großer, gut funktionierender Markt mit professionellen Strukturen etabliert.“ In der Tat sind die Zahlen beeindruckend. Am nordischen Mini-Bond-Markt sind in den vergangenen 14 Jahren rund 1.500 mittelgroße HighYield-Bonds begeben worden, das Volumen aller ausstehenden Bonds erreicht 27 Milliarden Euro. Seit Jahren sammeln Emittenten am nordischen Bondmarkt jährlich rund 8 Milliarden Euro ein (Grafik auf S. 34). Auch der Sekundärmarkt ist sehr liquide. Das haben auch die Deutschen mitbekommen: „Seit ein paar Monaten mehren sich die Besuche von Kollegen aus Deutschland, die sich für unseren Markt interessieren“, funkt ein Veteran des nordischen Mini-Bond-Marktes nach Frankfurt.

»Wir haben in kürzester Zeit über 60 Emittenten verloren.« — Jo Forfang, Nordic Trustee

le den Schlüssel der Erfolgsstory sehen. Nordic Trustee ist mächtig. Forfangs Leute definieren die Best-Practice-Standards, liefern das Rahmenwerk für die Loan-Agreements der Bondemissionen und vertreten vom Emissionstag an die Interessen der Anleihegläubiger. „Seit unserer Gründung 1993 sind oder waren wir schon bei über 2.000 Anleihen engagiert“, sagt Forfang stolz. Kommt ein Emittent in schweres Fahrwasser, tritt Nordic Trustee in Aktion. Die Spezialisten analysieren das Ausmaß der Unternehmenskrise, tüfteln an möglichen Lösungen und halten dem Unternehmen aktivistische Loan-to-own-Investoren vom Hals. „Dieses System verhindert, dass einzelne Anleihegläubiger einseitige Schritte gegen einen Emittenten einleiten, was in anderen Bondmärkten häufig ungeordnete Ausfälle provoziert. Außerdem können so schnell und pragmatisch Lösungen gefunden werden, solange die Emittenten die Investoren rechtzeitig über aufkommende Zahlungsschwierigkeiten informieren“, erklärt Forfang. Besonders gefragt war das Krisenmanagement nach der Finanzkrise: „Wenn die notleidenden Anleihen restrukturiert wurden, haben Investoren im Schnitt 59 Prozent ihrer Forderungen wiederbekommen. Bei Anleihen, deren Emittenten in die Insolvenz gingen, waren es nur 36 Prozent“, rechnet Forfang vor. „Seitdem versuchen wir immer als Erstes, Anleihen rechtzeitig zu restrukturieren.“ »

Nordic Bonds Geboren in Norwegen, haben sich die Marktstandards inzwischen auch in Schweden, Dänemark und Finnland etabliert. Auch Emittenten aus Amerika und Asien besorgen sich dort regelmäßig Kapital. Es werden Bonds in allen skandinavischen Währungen sowie in Euro und US-Dollar begeben. Dominierend sind jedoch der Dollar und die Norwegische Krone, die jeweils knapp 47 Prozent des ausstehenden Bondvolumens auf sich vereinen.

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UNTERNEHMEN & MÄRKTE: ANLEIHEN

Der skandinavische Mini-Bond-Hype

Riskantes Segment (Ausfallraten am nordischen

(Emissionsvolumen nordischer High-Yields in Mio. Euro)

High-Yield-Markt im Vergleich, in Prozent)

8.986

8.714

8.689

7.586

30 25 20 15

5.209

5.020

4.536 3.733

10  5

2.767

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2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Nordic Trustee Die Organisation befindet sich im Besitz verschiedener Banken und vertritt gebündelt die Interessen der Bondholder gegenüber den Emittenten. Aber auch die Emittenten schätzen das vermittelnde Auftreten des Nordic Trustees, das sie ihrerseits davor schützt, harten Aktionen einzelner Investoren ausgeliefert zu sein. Der Nordic Trustee hat norwegische Wurzeln, übt über Schwesterfirmen die gleiche Funktion inzwischen aber auch in Schweden, Dänemark und Finnland aus.

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2007 M Energie

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M Nicht-Energie

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M Moody‘s Global Default Rate

Quelle: Nordic Trustee

Quelle: Nordic Trustee

In Deutschland hingegen stünde Nordic Trustee meist auf verlorenem Posten. Viele der mittlerweile über 20 Mini-Bond-Pleiten kamen aus heiterem Himmel, die verantwortlichen Manager überboten sich gegenseitig in Verharmlosung und Durchhalteparolen. Bei den meisten Ausfällen gingen die Bondgläubiger am Ende leer aus. Die gemeinsamen Anleihevertreter, die hierzulande nach einem Insolvenzantrag antreten, können häufig nur Acht geben, dass der juristische Prozess geordnet verläuft, und darauf hinarbeiten, dass den Bondgläubigern wenigstens nicht auch noch die letzten Krümel auf dem Tisch weggenommen werden.

der Region wie DNB, Nordea, Danske und SEB, vergeben Emissionsratings quer durch die gesamte High-Yield-Welt, von BBB bis CCC. Während bei deutschen Mittelstandsanleihen bislang Emittentenratings der Blechstandard sind, ziehen die Skandinavier auch die Struktur der Anleihen mitsamt der Sicherheiten ins Kalkül. Das wirkt: Zwar liegen die Ausfallraten der nordischen Bonds historisch betrachtet leicht über dem, was die ursprünglichen Ratings erwarten ließen, aber das gilt auch für die Recovery-Raten, also den Anteil des Geldes, den die Investoren nach einem Ausfalls zurückbekommen. In Skandinavien funktionieren die Selbstreinigungskräfte des Marktes also ganz offensichtlich. Und die Investoren sind auch professionell genug, die Emittenten zu differenzieren. Die Kupons nordischer High-Yield-Bonds rangieren von Libor plus 200 Basispunkte bis zu Fixkupons von 15 Prozent. Über die Einheitskupons der deutschen Mittelstandsanleihen von 6,5 bis 8 Prozent – ungeachtet der Qualität der Emittenten und der Struktur der Bonds – schütteln die Skandinavier den Kopf.

Die Banken machen die Ratings Die Mini-Bonds in Skandinavien lassen sich auch deshalb leichter restrukturieren als die deutschen, weil die meisten ordentlich besichert sind. Dies macht auch den Ratingprozess einfacher. Während in Deutschland mittelständische Ratingagenturen wie Creditreform, Scope und Feri mit teils groben Fehleinschätzungen ihre Glaubwürdigkeit verspielt haben, stammen am nordischen Mini-Bond-Markt die Ratings direkt von den Emissionsbanken, die eine umfassende Kreditanalyse betreiben. Ein Interessenskonflikt? „Theoretisch ja“, räumt Oyvind Hamre ein, Leiter des Credit Research bei der Osloer Investmentbank Pareto, einem der Marktführer, der inzwischen ebenfalls in ganz Skandinavien expandiert hat. „Aber es ist unser wichtigstes Anliegen, unabhängiges Research zur Verfügung zu stellen. Wir wissen, dass die Wahrung unserer Integrität entscheidend ist, um im Geschäft zu bleiben.“ Einen anderen Integritätsanker gibt es nicht, denn in der Regel nehmen die Bondarrangeure nicht einmal einen kleinen Teil der von ihnen begleiteten Emissionen auf die eigene Bilanz. Aber die Ergebnisse geben Hamre bislang recht. Die Banken, unter ihnen inzwischen auch alle führenden Großbanken ü

Oslo vs. New York Hört man sich in Oslo, der Wiege des nordischen Mini-Bond-Wunders, um, wird neben der disziplinierenden Wirkung des Nordic-Trustee-Konzepts immer wieder auch die Qualität der Investoren als Erfolgsfaktor genannt. Rund die Hälfte von ihnen kommt aus der Region. Die nordischen Vorsorgekassen und Pensionsfonds sind alte Hasen am Bondmarkt, viele von ihnen haben vom ersten Tag an einen Teil ihrer Gelder dort angelegt. Die gute Performance hat auch Privatanleger angelockt, die Milliardensummen in Bondfonds gesteckt haben, die die einschlägigen Banken verwalten. Seit dem ersten Boom im Vorfeld der Finanzkrise tummeln sich aber auch Hunderte Bond- und Hedgefonds sowie institutionelle Investoren aus der FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


UNTERNEHMEN & MÄRKTE: ANLEIHEN

Das Marktidyll ist bedroht Doch der Erfolg der Skandi-Bonds am internationalen Kreditmarkt wird langsam auch zu seiner größten Bedrohung. „Die ausländischen Investoren sind eine echte Herausforderung für uns“, gibt Forfang zu. Diese tun sich schwer mit den schlanken Dokumentationen der nordischen High-YieldDeals, die meist nicht mehr als 20 bis 100 Seiten Prospekt und Investorenpräsentation umfassen. Viele neue Emissionen, die vorwiegend an Investoren aus Übersee vertrieben werden, weisen schon jetzt starke Ähnlichkeit mit den komplizierten Londoner und New Yorker High-Yield-Standards auf. „Aber die meisten hiesigen Marktteilnehmer haben kein Interesse daran, dass der nordische Markt eine Nachbildung des angloamerikanischen High-YieldMarktes wird“, glaubt Forfang. Er fürchtet um die guten Sitten, den informellen Konsens, den Markt in Ordnung zu halten: Die Emittenten liefern Transparenz und warnen frühzeitig vor Problemen, die Investoren verhalten sich im Gegenzug zurückhaltend und überlassen das Reden dem Nordic Trustee. Doch die internationalen High-Yield-Investoren sind aktiver als die einheimischen, und ihre Verhaltensweisen färben langsam auch auf die skandinavischen Pensionsfonds ab. Der Ton wird rauer, Oslo hat sich zum Magneten für international versierte Kapitalmarktrechtler und Topkanzleien entwickelt.

Keine Deutschen weit und breit Die Traditionalisten in Oslo hoffen jetzt auf die schwedische Private-Equity-Industrie als Alliierten. In kaum einem Land der Welt hat Private Equity so ein Gewicht wie in Schweden, Top-Adressen wie EQT, Triton oder Nordic Capital haben dort ihren Ursprung. Seit der nordische High-Yield-Markt die Grenzen Norwegens übersprungen hat und mit den gleichen Grundsätzen und Playern auch in Schweden angekommen ist, nutzen diese Häuser ihn FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015

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regelmäßig, um ihre Portfoliounternehmen mit nordischen High-Yield-Bonds zu refinanzieren. EQT & Co. schätzen die niedrigen Zinskosten, vor allem aber die Pufferwirkung des Trustee-Konzepts, denn wenn Banken wackelnde Buy-out-Kredite am Sekundärmarkt verkaufen, klopfen bei den Eigentümern nicht selten Loan-to-own-Hedgefonds an, die den Schlüssel haben wollen. Das zunehmende Gewicht der schwedischen, dänischen und finnischen Player setzt dem Einfluss der Angloamerikaner eine andere Form der Marktentwicklung entgegen: mehr Bonds von klassischen Industrieunternehmen mit Performance-orientierten Covenants statt der klassischen norwegischen Hochrisiko-Anleihen aus der Energie- und Schifffahrtswelt. Keiner wagt eine Prognose, wohin sich die Waagschale senken wird. Die Deutschen sind bei diesem spannenden Kräftemessen komplett außen vor. Kaum ein deutsches Unternehmen zeigt Interesse an einer Emission in Skandinavien, deutsches Geld strömt auch nicht in den Markt. Das könnte sich womöglich ändern, wenn die Malaise am deutschen Markt für

Die Player Pareto Securities ist einer der führenden Player am skandinavischen Bondmarkt. Die norwegische Boutique ist in den vergangenen Jahren mit Übernahmen und Büroeröffnungen in viele weitere nordeuropäische Länder und sogar nach Übersee expandiert. Inzwischen machen es regionale Großbanken wie DNB, Handelsbanken und Nordea den kleinen Häusern wie Pareto im Emissionsgeschäft aber schwerer als früher. Selbst US-Investmentbanken mischen mittlerweile am nordischen Bondmarkt mit.

Pareto

angelsächsischen Finanzwelt am nordischen HighYield-Markt. Die kürzlich von dem Branchendienst „Marine Money Offshore“ zum „Deal des Jahres“ gekürte 725 Millionen Dollar große Emission des aufstrebenden, aktuell aber wegen der sinkenden Ölpreise unter Druck stehenden mexikanischen Ölbohrdienstleisters Oro Negro etwa platzierte die arrangierende Bank Pareto nur zu 8 Prozent in den Portfolios skandinavischer Investoren, aber zu mehr als zwei Dritteln bei Investoren aus Großbritannien und den USA. Diese Investoren wissen Emissionen zu beurteilen und angemessen zu bepreisen.

»Unsere Integrität ist essentiell, um im Geschäft zu bleiben.« — Oyvind Hamre, Leiter Credit Research, Pareto

Mittelstandsanleihen anhält. Doch die ersten deutschen Mittelständler könnten in Skandinavien ihr blaues Mini-Bond-Wunder erleben: Hochprofessionelle Investoren und Emissionsbegleiter, Equityartige Verzinsung für Equity-artige Finanzierungen, vierteljährliche Investoren-Calls und die obligatorische Bilanzierung nach IFRS – mit einer klassischen deutschen Mini-Bond-Emission hat ein skandinavischer High-Yield-Deal nichts zu tun. Das dürfte der Hauptgrund für die unterschiedliche Tonart sein: In Deutschland regiert der Blues, in Skandinavien bunter Pop auf internationalem Niveau. michael.hedtstueck@finance-magazin.de

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11. Structured FINANCE

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Steen Ejlskov Hansen, CFO, KAEFER Isoliertechnik GmbH & Co. KG

Stefan Hansen, CFO, Prym Group

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Stephan Knuppertz, Senior Vice President Corporate Financial Services, Heidelberger Druckmaschinen AG

Jan van Laar, CFO China, HeidelbergCement Group

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Peter Mohnen, CFO, KUKA AG

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Dr. Axel Rebien, CFO, TOM TAILOR Holding AG

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Lars Schnidrig, Managing Director Finanzen und Treasury, Deutsche Annington Immobilien SE

Martin Söffge, Mitglied des Vorstands, CFO, TRIMET Aluminium SE

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VERANSTALTER ü


PORTAL

Persönlich & Personal CFO VOR DER WAHL

VORSTANDSROCHADE

Uwe Bögershausen, SLM Solutions

Wegerich vor Neustart mit Youmex Invest

Kopfrechnen oder Taschenrechner? Warum nicht gleich Excel?

Das Ordnungssystem auf dem Schreibtisch: verstehen nur Sie oder verstehen auch andere? Ich schicke gerne ein Bild und dann kann jeder für sich diese Frage beantworten … Ich komme zurecht. CFO oder CEO? Ich mag die Arbeit mit Investoren und beschäftige mich gerne mit Zahlen. Da passt der CFO schon ganz gut. Überstunden: früher anfangen oder länger bleiben? Ich bin notorischer Frühaufsteher und wecke den Hahn. Reisen: Bungee-Jumping oder Strandkorb? Ich sehe keinen Sinn darin, mich im Urlaub über Kopf an einem Seil aufhängen zu lassen. Definitiv Strandkorb! London oder Frankfurt? In London gibt es viele gute indische Currys – das ist ein Argument … Für Notizen: Zettel und Stift oder Tablet und Smartphone? Ich steige immer mehr aufs Tablet um. Controlling: bottom-up oder top-down? Es ist zur Mode geworden, alles „bottom-up“ zu machen. Echte Führung muss aber auch mal Dinge vorgeben und vorleben können. Die Mischung macht’s. sar

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— In der Corporate-Finance-Beratung Youmex sind die Karten über den Sommer neu gemischt worden. Alles deutet darauf hin, dass sich das Corporate-Finance-Haus wohl aufspaltet. Dabei wird der Corporate-Finance-Berater Andreas Wegerich (Bild) den für Wertpapierplatzierung und Emissionsmanagement zuständigen Zweig Youmex Invest weiterführen. Wegerich, der nach eigenen Angaben Hauptgesellschafter der Youmex Invest ist, war Ende Juli überraschend aus dem Vorstand der beiden Unternehmensteile Youmex sowie Youmex Invest abberufen worden. Beide Sparten waren zwar rechtlich voneinander getrennt, traten am Markt aber in der Vergangenheit de facto als eine Einheit auf. Wegerich hat sich inzwischen juristisch erfolgreich gegen die Abberufung bei Youmex Invest gewehrt. Mitte August hat er den Chefposten dort wieder von der zwischenzeitlich nachgerückten Marianne Maindl übernommen. Offizielle Angaben zu den weiteren Plänen der Youmex Invest lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor. FINANCEInformationen zufolge arbeitet Wegerich jedoch intensiv daran, noch in diesem Herbst wieder mit einer neuen CorporateFinance-Beratung an den Start zu gehen. Deren Keimzelle dürfte dann die bisherige Youmex Invest sein. Die Schwestergesellschaft Youmex AG unter Führung von Vorstand Martin Attenhauser und Aufsichtsrat Kai Hartmann wird sich unternehmensnahen Kreisen zufolge künftig wohl auf das Immobiliengeschäft konzentrieren. mih Youmex

SLM Solutions

— FINANCE-Fragebogen: Zettel oder Tablet, London oder Frankfurt? Uwe Bögershausen, CFO des 3D-Druckerspezialisten SLM Solutions, verrät es.

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PORTAL

DEUTSCHE BANK

— „Some Heads are gonna roll“ laute der Titel eines bekannten Rockklassikers. Eine Vorliebe für die britische Heavy-Metal-Ikone Judas Priest sagt man John Cryan zwar nicht nach, doch es verdichten sich immer mehr die Gerüchte, wonach Cryan noch einmal aufräumen wird im obersten Gremium der Bank. Im Visier hat der Neuling auf dem Chefsessel die vorbelasteten Kandidaten im obersten Deutsche-Bank-Gremium. Besonders zittern müssen diejenigen, die in die Libor-Affäre verwickelt sein sollen. Dazu zählen Risikovorstand Stuart Lewis und Stephan Leitner, jetzt zuständig für Europa (ohne Deutschland und Großbritannien), Personal und Compliance. Zu den Wackelkandidaten zählen Beobachter aber auch Stefan Krause. Der ehemalige CFO hatte erst im Frühjahr die Non-Core-Unit und das Global Transaction Banking (GTB) übernommen. Besonders das Geschäft mit dem Zahlungsverkehr, dem Cash Manage-

Steffen Schmidt/Picture Alliance/dpa

John Cryan könnte für heißen Herbst sorgen

Der Neue stellt vieles auf den Prüfstand.

ment und der Handelsfinanzierung galt lange als langweilig, zählt inzwischen jedoch zu den festen Ertragsbringern der Bank – und damit auch zu den Hoffnungsträgern der „Strategie 2020“ (vgl. FINANCE-Titelgeschichte Juli 2015). Käme es dazu, würde auf einmal wieder ein anderer Manager ins Rampenlicht treten: Werner Steinmüller. Der 61-Jährige hat das GTB in den vergangenen

zehn Jahren groß gemacht, hatte am Ende aber das Nachsehen gegenüber dem zehn Jahre jüngeren Krause. Für Steinmüller, der nicht als vorbelastet gilt, wäre dies sicher die Krönung seiner langen Banklaufbahn. Er könnte den Übergang in die nächste Generation sicherstellen, bis ein geeigneter Nachfolger aufgebaut ist. Steinmüller ist momentan Teil des erweiterten Führungszirkels, des sogenannten Group Executive Committees. Nach Informationen des Handelsblatts, das sich wiederum auf zwei Insider beruft, denkt Cryan darüber nach, dieses Gremium komplett abzuschaffen. Damit würde er Komplexität und teure Doppelstrukturen beseitigen – beides ausgemachte Ziele des Briten. 2002 war der Kreis vom damaligen Bankchef Josef Ackermann ins Leben gerufen worden, damals mit 13 Mitgliedern. Nach zwischenzeitlich 24 Mitgliedern sitzen derzeit 19 Personen in dem erlesenen Kreis der höchsten Führungskräfte. mad

PERSONALIEN AUS BANKEN UND BERATUNGEN

Gezählt: Gehaltslücke

Fitch

ING-DiBa Pressebild

— Martin Krebs hat seinen im Juli 2016 auslaufenden Vertrag als Firmenkundenvorstand der ING-DiBa nicht verlängert, er will eine neue Herausforderung annehmen. Der 47-Jährige kam 2003 als Generalbevollmächtigter zur ING-DiBa und wurde 2006 Mitglied des Vorstands, wo er unter anderem das Commercial Banking mit dem Firmenkundengeschäft der Bank verantwortet. Krebs nimmt seine Aufgaben weiter wahr, bis über eine Nachfolge entschieden ist. — Jens Schmidt-Bürgel verlässt Fitch. Der Country Head stand bei der Ratingagentur seit 2002 an der Spitze des Deutschlandgeschäfts. Fitch sucht bereits nach einem Nachfolger. Unterdessen mehren sich die Hinweise, dass Schmidt-Bürgel zum Wettbewerber Moody’s wechseln könnte, bestätigt ist dies aber noch nicht.

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— Vorstände in privaten Unternehmen heben sich gehaltlich stärker vom Kollegium ab: In der Privatwirtschaft kann der Vorstand etwa 19-mal so viel verdienen wie die übrigen Angestellten, ein Verhältnis von 19:1 gilt als angemessen, zeigte eine Umfrage von Kienbaum. In öffentlichen Unternehmen dagegen liegt die akzeptierte Vergütungsrelation im Schnitt nur bei 9:1. sar

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PERSÖNLICH & PERSONAL: CFO-WECHSEL

Bitzer

Vapiano

Sky Deutschland

Sesselwechsel im Juli und August: Steven Tomsic verlässt Sky Deutschland im Herbst dieses Jahres. Symrise beruft Olaf Klinger zum Nachfolger des langjährigen Finanzvorstands Bernd Hirsch.

Sven Steinkuhl

Steven Tomsic

Frank Hartmann

Vapiano: Sven Steinkuhl sagt ade

Tomsic verlässt Sky Deutschland

Bitzer-Treasurer Hartmann neuer CFO

— Vapiano-CFO Sven Steinkuhl verlässt die Restaurantkette spätestens Anfang 2016. Er wird dann Geschäftsführer der Stockheim-Gruppe, die auf Event- und Messe-Caterings spezialisiert ist und 1.100 Mitarbeiter beschäftigt. Die Suche nach einem Nachfolger hat Vapiano bereits eingeleitet. Steinkuhl kam 2007 zu dem Unternehmen und war dort zunächst Direktor Finanzen. Seit 2012 ist er Finanzvorstand und betreut seither den Finanz- und IT-Bereich der Kette. Erst im August 2014 hatte Steinkuhl seinen Vertrag bei Vapiano um drei Jahre verlängert. Das 2002 in Hamburg gegründete Unternehmen erzielte 2014 weltweit einen Umsatz von 386 Millionen Euro.

— Steven Tomsic, langjähriger CFO von Sky Deutschland, verlässt den PayTV-Anbieter in diesem Herbst. Wie das Unternehmen mitteilte, wird er sein Amt nach fast fünf Jahren niederlegen. Wohin es den Manager zieht, ist nicht bekannt. Zu den Highlights seiner Amtszeit gehören die Platzierung einer Wandelanleihe und eine Kapitalerhöhung über insgesamt 300 Millionen Euro. Tomsics Nachfolge bei dem in Unterföhring ansässigen Sky Deutschland soll Ende September Simon Robson antreten, der bislang stellvertretende Finanzchef des Unternehmens. Robson war zuvor 18 Jahre in den Bereichen Finanzen und Strategie bei der Muttergesellschaft in Großbritannien tätig.

— Frank Hartmann ist neuer Finanzchef des Klimatechnikspezialisten Bitzer. Wie das Unternehmen (Umsatz 2014: rund 660 Millionen Euro) bekanntgab, übernahm der 41-Jährige das Amt von Jürgen Kleiner, der die Position interimistisch bekleidet hatte. Kleiner verlasse das Sindelfinger Unternehmen (bei Stuttgart) nach 23 Jahren laut Bitzer „auf eigenen Wunsch“ und im gegenseitigen Einvernehmen. Hartmann war bei Bitzer bislang Director Corporate Finance und Treasury. Zuvor war er unter anderem als Vice President bei der Deutschen Bank tätig. Er hat somit Erfahrung im Finanzsektor und soll zukünftig als Geschäftsführer intensiven Kontakt zu den Finanzierungspartnern pflegen.

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Symrise

Webasto

Schenck Process

PERSĂ–NLICH & PERSONAL: CFO-WECHSEL

JĂźrgen Reimer

Othmar Belker

Olaf Klinger

JĂźrgen Reimer zieht in Webasto-Vorstand ein

Belker geht zu Schenck Process

Symrise: Olaf Klinger folgt auf Bernd Hirsch

— JĂźrgen Reimer ist zwei Jahre nach seiner Berufung zum Finanzchef nun Anfang August auch in den Vorstand des Automobilzulieferers Webasto berufen worden. Der 45-Jährige verantwortet neben dem Finanzbereich auch das IT-Ressort. Reimer ist bereits seit 2008 fĂźr Webasto tätig und war zunächst Finanzvorstand des grĂśĂ&#x;ten Unternehmensbereichs Dachsysteme. 2013 war er dann zum CFO aufgestiegen, allerdings noch ohne Vorstandsfunktion. Er war seinerzeit auf Matthias Rapp gefolgt.

— Der Ende März bei Norma abgetretene CFO Othmar Belker ist seit August neuer Finanzchef des Darmstädter Messtechnikspezialisten Schenck Process. Dort lĂśst er Wolfgang Kleinschmidt ab, der nach Ăźber 20 Jahren, davon drei Jahre als CFO, das Unternehmen „auf eigenen Wunsch“ verlässt. Bei Norma hatte Belker acht Jahre lang das Amt des CFO bekleidet und das Unternehmen aus Private-Equity-Hand an die BĂśrse gebracht. Zudem hatte Belker Norma zu Rekordergebnissen gefĂźhrt.

— Olaf Klinger Ăźbernimmt ab Februar 2016 die CFO-Nachfolge von Bernd Hirsch bei dem Duft- und Geschmackstoffanbieter Symrise. Klinger kommt von dem privaten Klinikbetreiber Ameos, wo er ebenfalls Finanzchef war, wenn auch nur fĂźr acht Monate. Dort betreute der 50-Jährige neben den Finanzen auch die IT. Noch-CFO Hirsch ist seit sechs Jahren Finanzchef bei Symrise, verlässt den MDax-Konzern jedoch Ende des dieses Jahres nach Firmenangaben auf eigenen Wunsch.

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PERSÖNLICH & PERSONAL: CFO-WECHSEL

— Michael Andersen tritt als CFO bei dem Anlagenbauer Krones die Nachfolge von Christoph Klenk an. Klenk wird Anfang des Jahres 2016 CEO des MDax-Konzerns. Zum gleichen Zeitpunkt übernimmt Andersen das Finanzressort bei dem im bayrischen Neutraubling ansässigen Unternehmen. — Andrea Bauer ist seit Anfang September Finanzchefin von VDM Metals, einem Hersteller von Nickel-, Titan- und Zirkoniumlegierungen sowie hochlegierten Sonderedelstählen. Sie folgt auf Ulrike Meiritz, die sich laut Mitteilung neuen beruflichen Herausforderungen stellen wird. — Hans-Ulrich Engel bleibt fünf weitere Jahre Finanzvorstand bei dem Chemiekonzern BASF. Engels neuer Vertrag bei dem Dax-Konzern läuft nun bis 2021. — Albrecht Förster ist seit August CFO bei dem südhessischen Energieversorger HSE. Er tritt die Nachfolge von Kristian Kassebohm an, der das Unternehmen im Winter 2014 überraschend verlassen hatte. — René Grieder ist neuer Finanzvorstand des schweizerischen Heizkörperherstellers Zehnder. Der Schweizer Manager folgt auf Josef Brügger, der krankheitsbedingt zurücktritt. Neu-CFO Grieder ist seit 2009 für Zehnder tätig. — Rolf Hellermann ist neuer CFO der Bertelsmann-Tochter Arvato. Der bisherige Finanzvorstand Ulrich Cordes übernimmt die Leitung für die Bereiche Digital Marketing, Print, IT und Replication. Der 38-jährige Hellermann tritt seine neue Rolle zusätzlich zu seinen bisherigen Aufgaben als Leiter der Bertelsmann-Hauptabteilung Zentrales Controlling sowie Strategie an, die er seit 2012 verantwortet. Hellermann startete seine Karriere 2004 im Bertelsmann-Controlling.

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— Arndt Laßmann ist seit August CFO und Vorstandsmitglied des Stahlentwicklers Wuppermann. Er verantwortet in seiner Position die Bereiche Finanzen, Rechnungswesen, Steuern, Controlling und IT bei dem Familienunternehmen. Der 54-jährige Laßmann folgt auf Theodor Wuppermann, der als Familienmitglied weiterhin Vorstandssprecher bleibt. — Frank Lutz bleibt auch nach der Umfirmierung im September CFO von Covestro, vormals Bayers Kunststoffsparte MaterialScience. Covestro soll Mitte 2016 an die Börse gehen. Der 46-Jährige übernimmt bei dem Unternehmen zudem die Funktion des Arbeitsdirektors von Michael Bernhardt. — Dirk Kaliebe hat bei Heidelberger Druckmaschinen interimistisch die CEO-Position übernommen. Unternehmenschef Gerold Linzbach wird krankheitsbedingt auf zunächst unbestimmte Zeit ausfallen. — Jens Madrian ist nicht länger CFO bei RWE Npower, der britischen Tochter des Energiekonzerns. Auch CEO Paul Massara verlässt das Unternehmen laut RWE auf eigenen Wunsch. Madrian wird durch Martin Miklas ersetzt, derzeit CFO von RWE Polska. Neuer CEO ist Paul Coffey. Neuer COO wird Dirk Simons, derzeit CFO der auf erneuerbare Energien spezialisierten RWE-Tochter Innogy. — Jean-Michel Richard legt sein Amt als CFO bei Dialog Semiconductor nieder. Richard werde noch bis Anfang des vierten Quartals für die Finanzen des Halbleiterherstellers verantwortlich sein. Ein Nachfolger für den CFO-Posten wurde nicht genannt, soll aber „zeitnah“ berufen werden. — Frank Roseen ist seit Anfang September Vorstandsmitglied der Immobilienfirma WCM. Er ist als CFO und Chief Investment Officer für die Bereiche Akquisitionen und Finanzen zuständig. — Lars Schöneweiß übernimmt Anfang Oktober die CFOPosition beim Sportartikelhändler Sportscheck. Er folgt auf Guido Jaenisch, der sich neuen Herausforderungen stellen will. — Jörg Wahlers ist im August zum Interims-CEO bei der Modefirma Escada aufgestiegen. Der Wechsel kam zustande, weil Vorstandschef Glenn McMahon das Unternehmen nach nur wenigen Monaten wieder verlassen hatte. — Thomas Winkelmann wird zum 1. November CFO der Lufthansa Passage, dem Kerngeschäftsbereich der Airline. Bislang ist der 55-Jährige CEO der Lufthansa-Tochter Germanwings. Als CFO der Lufthansa Passage folgt Winkelmann auf Thomas Klühr, der eine noch nicht genannte neue Rolle im Vorstand der Lufthansa-Gruppe übernehmen soll. — Arnd Zinnhardt hat seinen Vertrag bei der Software AG bis Juli 2021 verlängert. Der heute 53-Jährige ist seit 2002 CFO des Unternehmens und verantwortet neben dem Finanzbereich unter anderem die Ressorts Controlling, M&A und Treasury. ü

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PERSÖNLICH & PERSONAL: EINGEWECHSELT

Große Fußstapfen Dagmar Steinert übernimmt Anfang 2016 das Finanzressort bei Fuchs Petrolub. Kein leichtes Erbe, hat doch Vorgänger Alexander Selent die Finanzabteilung in den vergangenen 16 Jahren geprägt. Text: Jakob Eich

»Steinert muss die Investoren von ihren Finanzqualitäten überzeugen.« seit 2004 zusätzlich als stellvertretender Vorstandsvorsitzender geprägt. Die Performance dieser Zeit kann sich sehen lassen: Innerhalb von zehn Jahren schafften die Mannheimer es, die Marktkapitalisierung von 170 Millionen Euro auf rund 4 Milliarden Euro anzuheben. Im ersten Halbjahr 2015 lag der Umsatz bei mehr als 1 Milliarde Euro. Der zweifache Familienvater Selent hat das Unternehmen auch mit dem Performance-Programm „Fuchs Value Added“ geprägt. Die Initiative war ein wichtiger Baustein für den sehr erfolgreichen Wachstumskurs, den das Mannheimer FamilienunFINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015

Dagmar Steinert

Fuchs Petrolub

— Es war ein unerwarteter Schritt, den der Schmierölkonzern Fuchs Petrolub Mitte Juli verkündete. Dagmar Steinert wird Anfang 2016 neue Finanzchefin des in Mannheim ansässigen Unternehmens. Die Managerin ist gleich in zweifacher Hinsicht keine alltägliche Besetzung: Zum einen ist Steinert die erste Frau, die in der mehr als achtzigjährigen Geschichte des Unternehmens das Finanzressort führen wird. Zum anderen leitete sie zuletzt mit dem Bereich Investor Relations keine typische Station einer CFO-Vita. Doch bei genauerer Betrachtung passt sie gut. Den Mannheimer Hersteller von Schmierstoffen kennt sie gut, seit zwei Jahren leitet sie die Investor Relations. Einschlägige Erfahrung im Finanzbereich hat die Managerin nach ihrem BWL-Studium als Wirtschaftsprüferin gesammelt. Zehn Jahre war sie in der Branche tätig, ihre letzte Station war PricewaterhouseCoopers, wo Steinert als Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin tätig war. Bevor sie ihre Stelle bei Fuchs Petrolub antrat, war sie mehrere Jahre bei dem Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall in der Finanzabteilung. Mit ausgezeichneten Finanz- und IR-Kenntnissen war ihr Weg an die Spitze geebnet. Bei Fuchs Petrolub tritt sie in große Fußstapfen. Vorgänger Alexander Selent hat die Finanzabteilung der Mannheimer seit 1999 als CFO und

Dagmar Steinert tritt 2016 als CFO in große Fußstapfen.

ternehmen, das trotz der Börsennotierung noch immer von der Gründerfamilie Fuchs dominiert wird, in Selents Ägide genommen hat. Auf Dagmar Steinert warten neue Herausforderungen. Sie muss das Unternehmen nun mit CEO und Gründerenkel Stefan Fuchs fit für die Zukunft machen. 2014 kam das Umsatz- und Gewinnwachstum des Unternehmens, das weltweit jährlich rund 35 Millionen Tonnen Schmiermittel produziert, zum Erliegen. Ab diesem Jahr soll die Dynamik aber zurückkehren, wie Firmenchef Fuchs erst vor wenigen Wochen bei FINANCE-TV ankündigte – auch dank des gesunkenen Ölpreises und des schwachen Euro. Das Umfeld ist rau: In den Tagen nach Steinerts Berufung verlor die Fuchs-Aktie zunächst 5,5 Prozent und notierte zwischenzeitlich bei 38,52 Euro, legte nach der Übernahme der Sparte Statoil Fuel & Retail des Schmierstoffanbieters Couche Tard und starken Halbjahresergebnissen allerdings wieder zu. Die China-Krise drückte den Kurs dann zwischenzeitlich wieder unter 38 Euro. Jetzt ist die Finanzchefin an der Reihe, die Investoren von ihren Qualitäten als Finanzmanagerin nachhaltig zu überzeugen.

Die 50-jährige Managerin ist seit 2013 für den Bereich Investor Relations bei dem Schmierstoffhersteller Fuchs Petrolub zuständig. Zuvor war sie in leitenden Funktionen bei dem Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall tätig. Ihre Karriere begann Steinert nach ihrem BWL-Studium als Wirtschaftsprüferin.

jakob.eich@finance-magazin.de ü

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PERSÖNLICH & PERSONAL: SCHWERPUNKT

Nur eine Zwischenlösung? In den vergangenen Monaten wurden CFOs vermehrt zu Interimschefs berufen. Um nicht als Zwischenlösung zu gelten, können Finanzchefs diese Zeit gut nutzen. Text: Jakob Eich

Wenn der Finanzer am Cheftisch sitzen bleiben möchte, sollte er operative Qualitäten mitbringen.

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PERSÖNLICH & PERSONAL: SCHWERPUNKT

— Den Plan, CEO zu werden, hatte Joachim Lutz nicht wirklich, wie er glaubhaft bekundet. Trotzdem hat der Finanzmanager von CropEnergies geschafft, wovon viele CFOs träumen: Er ist seit April dieses Jahres Chef von Deutschlands größtem Bioethanolproduzenten. „Mit Gewalt zu sagen, man will jetzt unbedingt CEO werden, klappt aus meiner Sicht nicht“, sagt Lutz. Er habe vielmehr davon profitiert, dass er, seit er bei den Mannheimern angefangen habe, in seiner CFO-Funktion gleichberechtigt mit seinem jeweiligen Vorstandskollegen war. Im April ging dann Chief Operating Officer und zweites Vorstandsmitglied Marten Keil. CropEnergies hatte ein schwieriges Geschäftsjahr 2014/15 hinter sich, indem das Unternehmen einen Jahresfehlbetrag von 58 Millionen Euro erwirtschaftet hatte. CFO Lutz wurde diese Entwicklung allem Anschein nach nicht negativ angerechnet, und CropEnergies brauchte einen erfahrenen Manager. Lutz ist seit 2006 Finanzvorstand des Unternehmens mit 827 Millionen Euro Umsatz, begleitete die Abspaltung von Südzucker und den IPO von CropEnergies. Durch die enge Zusammenarbeit mit seinem ehemaligen Vorstandskollegen war er gut vorbereitet, um das Unternehmenszepter zu übernehmen. „Wir haben uns jeweils gegenseitig vertreten und gemeinsam entschieden. Daher kam ich mit allen betrieblichen Themengebieten in Berührung und musste sie verstehen“, sagt der Manager. Zuletzt ging es für das Unternehmen wieder bergauf.

moodboard/Thinkstock/Getty Images

Viele Interimsmandate Langfristig CEO werden allerdings nur wenige Finanzchefs. Zuletzt häuften sich die Fälle, in denen CFOs zu interimistischen CEOs berufen wurden. Bei dem Modeunternehmen Escada ist Finanzchef Jörg Wahlers Anfang August zum CEO ad interim aufgestiegen, nachdem CEO Glenn McMahon das Unternehmen nach nur wenigen Monaten wieder verlassen hatte. Eine weitere Interimsberufung war Mitte August Thomas Dittrich, CFO des Industriekonzerns Sulzer. Er führt das Unternehmen nun, bis ein Nachfolger für Ex-CEO Klaus Stahlmann gefunden wird. Dirk Kaliebe, langjähriger Finanzvorstand der Heidelberger Druckmaschinen, rückte Mitte Juli aufgrund einer längeren Erkrankung von CEO Gerold Linzbach an die Unternehmensspitze. Hans-Jürgen Wiecha hatte während seiner Zeit beim Stahlkonzern Schmolz + Bickenbach die Interimsspitze Anfang 2014 für wenige Monate übernommen. Das Unternehmen brauchte einen Manager, der das damals kriselnde Unternehmen führte, bis ein Nachfolger für Johannes Nonn gefunden war. Im März 2014 berief das Unternehmen dann Clemens Iller als neuen CEO, und Wiecha kümmerü FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015

te sich wieder um die Finanzen. Im Februar 2015 verließ der Manager das Schweizer Unternehmen und ist mittlerweile CFO des Baustoffherstellers Xella. Warum ausgerechnet der Finanzchef temporär die Lücke an der Unternehmensspitze füllen darf, hat laut Peter Behncke, Partner bei dem Personalberater Heidrick & Struggles und spezialisiert auf die Besetzung von Führungspositionen im Finanzbe-

»Als CFO reicht es nicht, nur die Zahlen zu sehen.« — Joachim Lutz, CEO, CropEnergies

reich, einen einfachen Grund: „Durch sein Zahlenwissen hat der CFO einen umfassenden Überblick über das Unternehmen.“ Besonders wenn das Unternehmen kapitalmarktorientiert sei, würden viele Investoren den Finanzer bereits kennen, was die Übergangsphase erleichtere. „Der Finanzchef kann den Konzern dann gut auf dem Status quo halten“, sagt Behncke. Doch wie sieht es mit Visionen für neues Wachstum aus? „Die CEO-Position entspricht nicht dem Naturell vieler Finanzchefs“, sagt der Berater. Behncke unterscheidet CFOs daher in zwei Typen: „Es gibt CFOs, die wollen etwas anderes sehen und auch mal strategisch etwas anpacken“, beobachtet er. „Es gibt aber auch den klassischen Finanztechnokraten, der eine CFOAusbildung hat und sich in dem Gefilde wohlfühlt.“ Dieser Typ wolle nichts anderes machen und wird die CEO-Position nur vorübergehend übernehmen. CropEnergies-CEO Lutz ist Typ 1. „Auch als CFO reicht es nicht, nur die Zahlen sehen“, sagt er zu seiner Finanzchefphilosophie.

Nicht jeder will CEO werden

Joachim Lutz Lutz war von 2006 bis April dieses Jahres CFO des Bioethanolproduzenten CropEnergies. Seitdem ist er als CEO für das Mannheimer Unternehmen tätig. Zuvor arbeitete er mehr als zehn Jahre in der Finanzabteilung der ehemaligen Muttergesellschaft SüdzuckerGruppe, die seit dem CropEnergies-IPO 2006 immer noch größter Aktionär ist.

Im Gespräch mit Lutz wird schnell klar, warum er im Unternehmen nicht den Ruf eines reinen Finanzers hat. „Man muss den Vorgang hinter einer Zahl erfassen und neugierig sein, wieso sie sich in diese Richtung bewegt.“ Leidenschaftlich redet der Manager in seinem verglasten Büro über Bioethanol, das Hauptprodukt des Unternehmens, und darüber, dass CropEnergies Bioethanol eben nicht wie oft vermutet aus Brot-, sondern aus Futtergetreide erzeugt. Man dürfe zudem keine Scheu zeigen, nachzufragen, wenn man etwas Technisches nicht verstehe. Seine Erfahrung aus dem Finanzbereich möchte er dabei jedoch nicht missen: „Ich sehe Vorgänge und habe gelernt, rasch zu überschlagen, wie sich das in Zahlen ausdrückt“, sagt der Manager. Es gibt aber auch genug Beispiele von CFOs, die sich nach einem Ausflug an die Unterneh- »

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PERSÖNLICH & PERSONAL: SCHWERPUNKT

CFOs als Interims-CEO CFO

Unternehmen

Story

Thomas Dittrich

Sulzer

Ist seit August Interims-CEO, nachdem Sulzer-Chef Klaus Stahlmann den Konzern überraschend verlassen hat.

Dirk Kaliebe

Heidelberger Druckmaschinen

Seit Juli 2015 Interims-CEO aufgrund einer längeren Erkrankung von CEO Gerold Linzbach.

Alexei Kovalenko

Militzer & Münch

Ist seit September 2013 CEO, wird wieder einfacher Finanzchef, wenn der neue Unternehmenschef seinen Posten antritt.

Klaus Rosenfeld

Schaeffler

Von Herbst 2013 bis Mitte 2014 interimistischer CEO. Setzt sich gegen den bereits berufenen Klaus Deller durch und ist heute fester CEO.

Jörg Wahlers

Escada

Seit Anfang August CEO ad interim. Unternehmen sucht einen Nachfolger für Ex-CEO Glenn McMahon.

Hans-Jürgen Wiecha

Schmolz + Bickenbach

Mehrere Monate Unternehmenschef, danach wieder Finanzvorstand. Mittlerweile für Xella als CFO tätig.

Lorenz Zwingmann

Knorr-Bremse

War 20 Monate CEO, ging danach wieder ins Finanzressort.

Quelle: FINANCE

Klaus Rosenfeld Der Manager war seit 2009 Finanzvorstand des Maschinenbaukonzerns Schaeffler. Im Herbst 2013 wird er Interims-CEO. Mitte 2014 beruft Schaeffler mit Klaus Deller einen neuen Vorstandschef. Rosenfeld will seinen Platz aber nicht räumen, setzt sich am Ende gegen Deller durch und ist seitdem CEO.

mensspitze wieder den Finanzen gewidmet haben. Ein Manager, der nach fast zwei Jahren an der Unternehmensspitze in den kommenden Monaten ins Finanzressort zurückkehrt, ist Alexei Kovalenko, Finanzvorstand von Militzer & Münch (M&M), einem Speditions- und Logistikkonzern mit Sitz im Schweizer St. Gallen. Kovalenko hatte das Amt im September 2013 von Ewald Kaiser übernommen und wird es spätestens Anfang 2016 an Lothar Thoma übergeben. Ein weiteres Beispiel ist Lorenz Zwingmann, langjähriger CFO von Knorr-Bremse, einem Hersteller von Bremssystemen für Schienen- und Nutzfahrzeuge. Der seit Ende 2008 amtierende Finanzvorstand übernahm von 2011 bis 2013 vorübergehend die CEO-Position des Konzerns. Nachdem die vakante CEO-Stelle neu besetzt wurde, zeigte sich Zwingmann fast erleichtert, wieder in seine Finanzposition zurückkehren zu dürfen. „Man muss in den Spiegel schauen und sich dann ganz ehrlich fragen, was man ist. Für mich gilt:

»Es hilft, operative Verantwortung vorweisen zu können.« — Peter Behncke, Partner bei Heidrick & Struggles

Qua Persönlichkeit und qua Anspruch bin ich kein CEO-Typ“, sagte Zwingmann seinerzeit gegenüber FINANCE. Er sieht sich eher als CFO, der die langfristige Unternehmensausrichtung mitträgt und seinen CEO so unterstützt. Eine interessante Querverbindung gibt es zu dem wohl bekanntesten – und umstrittensten – Fall eines CFO, der nicht auf seinen Posten zurückwollte. Der heutige Knorr-Bremse-CEO Klaus Deller war bereits designierter CEO von Schaeffler. Allein, Interims-CEO Klaus Rosenfeld wollte seinen Platz nicht räumen. Im Juni 2014 verkündeten die Fran-

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ken, Rosenfeld erhalte einen Vertrag als Vorstandsvorsitzender. Deller trat sein Amt nie an, er kehrte zurück zum Münchener Bremsenhersteller. Die Episode soll die Unternehmerfamilie eine Nichtantrittsprämie in Höhe von 11 Millionen Euro gekostet haben. Geholfen hat Rosenfeld wohl auch, dass er seit 2009 Finanzvorstand bei Schaeffler war und sich in schweren Zeiten das Vertrauen der Familie erworben hatte.

Situation für sich nutzen Finanzchefs, die die Unternehmensspitze angepeilt haben, können eine Interimssituation also durchaus für sich nutzen. „CFOs mit Aspirationen auf den Chefsessel hilft es, wenn sie im Lebenslauf eine operative Verantwortung vorweisen können oder einmal im Sales tätig waren“, sagt Personalberater Peter Behncke. Dann sei der Finanzvorstand prädestiniert, um den Chefsessel zu übernehmen. „Natürlich fühle ich mich jetzt der Aufgabe des CEO gut gewachsen, sollte sie einmal wieder aktuell werden“, zeigt sich auch Interims-CEO Alexei Kovalenko von M&M nun selbstbewusst. Trotzdem sei von Anfang an klar gewesen, dass er das Amt nur übergangsweise übernehmen werde. „Ich bleibe gerne nach diesem Ausflug in die Welt des CEO in meiner Funktion als CFO für die Militzer & Münch-Gruppe tätig“, sagt er. Besonders anspruchsvoll sei die hohe Arbeitsbelastung in seiner Doppelfunktion als CFO und CEO gewesen. Joachim Lutz von CropEnergies hatte schon vor seiner Zeit als Unternehmenschef durch seine Gleichberechtigung im Vorstand in die Bereiche Einkauf, Verkauf und Produktion hereingeschaut. Dadurch konnte er Wissen anhäufen, dass über die klassische CFO-Expertise hinausging. „Das hat mir den Schritt zum CEO sehr erleichtert.“ jakob.eich@finance-magazin.de FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


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PERSÖNLICH & PERSONAL: SCHWERPUNKT

Wie ich CFO wurde … Von der Berliner Schokoladenfabrik über die Milchindustrie im Allgäu auf den Frankfurter Vorstandssessel bei Nestlé Deutschland – Hubert Stücke spricht über seinen Weg zum CFO in der Nahrungsmittelbranche. Interview: Vanessa Wilke

Nestlé Deutschland AG

nach hinten geschoben, der Fokus auf den neuen Markt gesetzt. Damals war man der Auffassung, dass es wichtig sei, Unternehmen aus der ehemaligen DDR als Partner zu gewinnen. Auch wir brachten ein Unternehmen aus Ostberlin ein – das war meine erste M&A-Transaktion.

CFO Stücke empfiehlt jungen Leuten, funktionsübergreifend Erfahrungen zu sammeln.

Herr Stücke, Sie sind seit über 30 Jahren für Nestlé Deutschland tätig. Welche Stationen waren die entscheidenden für Ihre jetzige Position als CFO der Nestlé Deutschland AG? Nach meinem BWL-Studium in Münster habe ich 1984 als Assistent des kaufmännischen Leiters bei der Nestlé Chocoladen GmbH im Berliner Sarotti-Werk angefangen. Das war natürlich ein super Start: Als junger Mann in der Schokoladenfabrik anzufangen war ein Traum. Hubert Stücke Er kennt Nestlé Deutschland wie kaum ein anderer. Hubert Stücke ist Finanzvorstand, aber darüber hinaus auch mehr. Nach über 30 Jahren Konzernzugehörigkeit und Erfahrungen in unterschiedlichen Tochtergesellschaften unterstützt er den jungen Vorstand auch bei strategischen Fragen.

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Warum ausgerechnet Food? Ich kam direkt in eine spannende Phase. Die deutsche Nahrungsmittelindustrie stand ziemlich unter Druck. Wir hatten in Deutschland einen sehr großen Wettbewerb, ein niedriges Preisniveau und eine wachsende Dichte an Verkaufsstätten. Überall standen Restrukturierungen an, die Effizienz musste gesteigert werden. Damals fing es an, dass erste Unternehmen aufgrund des starken Wettbewerbs schließen mussten. 1988 stieg ich bei Sarotti zum kaufmännischen Leiter auf, und dann kam die Wiedervereinigung. Die Restrukturierungen wurden

1992 wechselten Sie dann zu Nestlé Alete ins Allgäu und wurden dort Werksleiter. Was hat Sie an dem operativen Job interessiert? Ich wurde ins Allgäu versetzt, weil ich dort ein neues, aktives Controlling einführen sollte. Der Controller sollte entlang der gesamten Wertschöpfungskette arbeiten. Die dafür notwendigen Erfahrungen hatte ich bereits bei Sarotti gesammelt. Wenn man den Chefcontroller als Kopiloten versteht, muss er in der Lage sein, das Flugzeug selbst fliegen zu können. Nachdem ich alle wichtigen Prozesse und kritischen Kontrollpunkte kannte, wurde ich Werksleiter.

»Controller, die nur Zahlenfriedhöfe abarbeiten, akzeptiere ich nicht.« — Hubert Stücke, CFO

Inwiefern konnten Sie später als Finanzchef von der Erfahrung als Werksleiter profitieren? Man muss erst alle Fragen entlang der Prozesskette beantworten können, bevor man betriebswirtschaftliche Rückschlüsse ziehen kann. Nestlé ist ein Unternehmen, das viel selbst produziert. Da ist es wichtig, eine Fabrik zu verstehen, denn erst dann verstehen Sie auch, wie die Nahrungsmittelindustrie funktioniert. Das ist wichtig, das versuche ich auch unserem Nachwuchs beizubringen. Die Jahre bei Alete waren für mich wichtig, um einen Teil der gesamten Wertschöpfungskette zu durchdringen und Führungskompetenzen aufzubauen. Welche Leadership-Qualitäten konnten Sie von dort mitnehmen? Bei Alete musste ich viele Verhandlungen mit den Lieferanten führen. Das waren die ortsansässigen Bauern – keine einfachen Verhandlungspartner, wie FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


PERSÖNLICH & PERSONAL: SCHWERPUNKT

Sie sich denken können. Wenn die Bauern mit ihren Traktoren vor Ihrem Privathaus stehen, bleiben Sie geerdet. Man muss seine Lieferanten verstehen und lernen, Kompromisse zu machen. Und unter dem Strich ist es entscheidend, glaubwürdig zu bleiben, andere zu respektieren und zufrieden zu sein. Nach der Werkserfahrung im Allgäu hat es Sie in die Nestlé-Zentrale nach Frankfurt verschlagen. Konnten Sie dort noch Ihre Kenntnisse aus der Milchindustrie einsetzen? O ja, als Geschäftsführer der Nestlé-Erzeugnisse habe ich trotz starker Skepsis in der Unternehmensleitung die Bärenmarke-Frischmilch auf den Markt gebracht und damit die Bärenmarke aus dem Kondensmilchzeitalter auf den allgemeinen Milchmarkt geführt. Ich hatte mich damals mit einem kleinen Team auf Marketing und Sales konzentriert. Ich wollte verstehen, welche Kriterien für die Vermarktung wichtig sind. Deshalb bin ich mit den Vertriebsmitarbeitern im Außendienst viel unterwegs gewesen. Meine Erfahrungen aus der Milchindustrie kamen mir dabei sehr zugute. Später haben wir das Segment Bärenmarke gemeinsam mit Lünebest an Hochwald abgegeben. Das ist mir nicht leichtge-

fallen, denn eine bestimmte Emotionalität und Leidenschaft gehören im Markenbusiness dazu. 2002 setzte Sie Paul Bulcke, damals Market Head der Nestlé Deutschland AG und heute CEO der Nestlé S.A., dann als CFO bei Eismann in Mettmann ein. Welche Aufgabe hatten Sie dort? Nestlé kaufte damals Eismann zusammen mit Schöller, und Eismann hatte zu der Zeit große Probleme. Zu dritt waren wir plötzlich für 5.000 Mitarbeiter in Europa zuständig und sollten den Turnaround schaffen. Ich hatte bis dahin keine Ahnung von Direct Delivery und fuhr erst mal mit den Eismännern mit, um auch hier das Geschäft zu verstehen. Wir setzen bei den Einkaufspreisen an und arbeiteten daran, die Motivation der Eismänner herzustellen. Nach zwei Jahren war uns der Turnaround mehr oder weniger gelungen, Eismann wurde wieder verkauft, und ich ging zurück in die Konzernzentrale. Warum sind Sie nach dem Verkauf nicht bei Eismann geblieben? Wäre der Austritt aus dem Konzern für Sie eine Option gewesen? Ich hätte mir das vielleicht vorstellen können, aber der Käufer brachte eigene Leute für die Ge-

Nestlé Deutschland Nestlé Deutschland erwirtschaftete 2014 mit 12.504 Mitarbeitern an 20 Standorten einen Umsatz in Höhe von 3,52 Milliarden Euro. Im Juli 2015 hat Béatrice Guillaume-Grabisch den Vorstandsvorsitz übernommen und Gerhard Berssenbrügge abgelöst, der nach acht Jahren in dieser Position in den Ruhestand gegangen ist.

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PERSÖNLICH & PERSONAL: SCHWERPUNKT

Was lernten Sie im internationalen Geschäft? Mit dem Exportgeschäft hatte ich noch keine Erfahrungen gesammelt, und es ging, neben den 500 Millionen Konzernumsatz, um ein selbstvermarktetes Volumen von 25 Millionen Euro. Ich lernte internationale Gepflogenheiten kennen und wie man in verschiedenen Ländern verkauft. In den USA verkauften wir zum Beispiel Maggi Fix für „HuntingSchnitzel“ an die Soldaten der US-Army, die aus Deutschland zurückgekehrt waren, oder koffeinfreien Caro Kaffee an die Mormonen in Salt LakeCity. An die Homesick-Stores in Kanada verkauften wir Thomy-Produkte, und in Russland war Bübchen der größte Anbieter für Babypflegeprodukte.

Die Branche Die Lebensmittelindustrie ist laut Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie mit einem Umsatz von rund 172,2 Milliarden Euro der drittgrößte Industriezweig Deutschlands. Der stagnierende Inlandsmarkt, der schwache Export, hohe Produktionskosten und zunehmender internationaler Wettbewerb setzen die für ihre Stabilität bekannte Foodbranche derzeit unter Druck.

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Andere Länder, andere Sitten: Was war das interessanteste Erlebnis im Ausland? In China erklärte mir ein Geschäftspartner, wir müssten zunächst Freunde werden, um miteinander ins Geschäft zu kommen. Wir wanderten also zwei Tage über die Chinesische Mauer, besuchten die verbotene Stadt, und erst nach fast einer Woche gingen wir zum Geschäftlichen über. Auch hier waren meine Glaubwürdigkeit zum einen und meine Erfahrungen als Finance- und Factory-Manager zum anderen die zentralen Vorteile, die ich mitbrachte. Nach 23 Jahren in unterschiedlichsten Bereichen des Konzerns haben Sie viele Erfahrungen im operativen und strategischen Bereich gesammelt und scheinen kein reiner Finanzmann zu sein. Füllt Sie die Rolle des CFOs aus? Als ich Anfang 2007 CFO der Nestlé Deutschland AG wurde, habe ich mich zunächst auf die Themen des Finanz- und Rechnungswesens gestürzt. Mit 17 Gesellschaften haben wir eine komplexe Struktur. Nach zwei Jahren hatte ich mich auch hier eingearbeitet und das richtige Team zusammengestellt, so dass ich anschließend wieder mehr Fokus auf betriebswirtschaftliche Themen legen konnte. Heute betätige ich mich zu etwa 60 Prozent als Kopilot, befasse mich also mit Businessthemen, und die restliche Zeit mit Finance- und Governance-Themen. Anfangs war das Verhältnis umgekehrt. Ich koordiniere inzwischen auch das Außer-Haus-Geschäft und nach wie vor den Export. Vor dem Hintergrund, dass ich diese umfassenden Erfahrungen im Nestlé-Konzern mitbringe, habe ich im Vergleich zu anderen Finanzvorständen viele Extragebiete. Das macht meine Aufgaben sehr abwechslungsreich. ü

Welche Anforderungen stellen Sie an Ihre Mitarbeiter in der Finanzabteilung? Wir brauchen aktive, flexible und dynamische Mitarbeiter, um an unserer Effizienz zu arbeiten. Dinge einfacher zu machen und Prozesse zu optimieren steht im Vordergrund. Controller, die nur Zahlenfriedhöfe erstellen und abarbeiten, akzeptiere ich nicht. Meine Philosophie ist es, dass wir verstehen müssen, was das Unternehmen treibt, was uns nach vorne bringt und wo wir eingreifen müssen.

Nestlé Deutschland AG

schäftsführung mit, und es war klar, dass ich zurück in die Zentrale gehen würde. Dort übergab man mir die Leitung der Exportdivision, um mir die Möglichkeit zu geben, Auslandserfahrungen zu sammeln. Für bestimmte Positionen bei Nestlé ist dies Voraussetzung.

Hubert Stücke ist es wichtig, Prozesse zu verstehen.

Was empfehlen Sie jungen Leuten für Ihre Karriere in der Finanzabteilung eines Konzerns? Jungen Einsteigern rate ich von einer zu spezifischen Channelkarriere ab. Es ist mir wichtig, dass Nachwuchskräfte zunächst die Basis im Finanzbereich lernen; das heißt, sich Tools- und Planungsprozesse oder auch Kalkulationsmodelle anzueignen. Anschließend sollten sich künftige Manager auch mit funktionsübergreifenden Themen auseinandersetzen, um verschiedene Blickwinkel innerhalb eines Unternehmens kennenzulernen. Diese Erfahrungswerte runden die Mitarbeiterprofile erheblich ab. Können Sie mit dem Schlagwort Work-Life-Balance etwas anfangen? Wir arbeiten viel, aber die Work-Life-Balance zu halten ist wichtig. Am Wochenende muss es einem gelingen runterzufahren. Für mich kann das heißen, einen Rotwein mit Zigarre in der Smokers-Lounge im Garten oder eine Tour mit der Vespa durch den Taunus zu genießen. Es ist egal, was man tut, man muss es schaffen, zwischendurch abzuschalten. Sind Sie beruflich am Ziel angekommen? Ich bin noch nicht müde, aber mein Vertrag als CFO läuft noch einige Jahre. Aufgaben und Herausforderungen gibt es aktuell noch genug, so dass es mir als CFO sicher nicht langweilig wird. vanessa.wilke@finance-magazin.de FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


PERSÖNLICH & PERSONAL: GEHALT

Sprechen wir über Geld Qualifizierte Mitarbeiter sind in den Finanzabteilungen so gesucht wie lange nicht. Gehaltsübersichten zeigen, wie viel CFOs ihren Mitarbeitern bieten müssen – und mit welchem Fixgehalt sie selbst rechnen dürfen. Text: Sabine Reifenberger — Finanzexperten auf Jobsuche dürften zurzeit die Qual der Wahl haben. Mehr als 40 Prozent der Finanzchefs wollen in der zweiten Jahreshälfte 2015 neue Stellen schaffen, ergab kürzlich eine Umfrage des Personaldienstleisters Robert Half unter 200 deutschen CFOs. Noch einmal so viele wollen offene Stellen neu besetzen. Die Nachfrage nach Spezialisten für die Finanzabteilung spiegelt sich auch in der Gehaltsentwicklung wider. Im Wissen um die hohe Nachfrage schießen die Kandidaten allerdings mitunter über das Ziel hinaus: In einer Umfrage unter Personalmanagern beklagten diese, dass fast jeder dritte Bewerber inzwischen überzogene Gehaltsvorstellungen habe. Dabei zeigen Gehaltsübersichten recht gut, welche Orientierungswerte gelten. Für Finanzexperten geht die Tendenz dabei weiter nach oben. Zu den Spitzenverdienern in der Finanzabteilung zählen die Treasurer. Ein Senior Treasurer mit sechs bis neun Jahren Berufserfahrung kann der Gehaltsübersicht 2015 von Robert Half zufolge beim Bruttojahresgehalt (ohne Boni und ande-

Das verdienen Spezialisten im Finanzbereich (Jährliches Gehalt in Euro ohne Zulagen, 6 bis 9 Jahre Berufserfahrung ) 240.000 180.000 120.000  60.000 CFO

Leiter Treasury

Leiter Finanzen

Leiter Leiter Controlling Buchhaltung

Quelle: Robert Half

re Zusatzleistungen) zwischen 71.500 und 87.000 Euro verdienen. Das ist ein Plus von immerhin 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Deutlich mehr Verhandlungsgeschick in Gehaltsfragen brauchen Mitarbeiter im Controlling, wo die Gehaltsspanne mit 66.500 bis 83.000 Euro für Senior Controller um einiges größer ist. Anders gelagert ist die Gehaltsstruktur auf der Führungsebene. Dort gab es FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015

zuletzt beim Bruttogehalt ebenfalls leichte Steigerungen, wirklich attraktiv werden die Leitungspositionen aber in aller Regel durch Vereinbarungen über Boni, Pensionszulagen oder sonstige Sonderzahlungen. Bei den CFOs selbst ist die Spanne beim Bruttogehalt enorm – sicherlich auch abhängig davon, ob sie bei einem Konzern oder Mittelständler arbeiten. Finanzchefs mit sechs bis neun Jahren Erfahrung liegen ohne Boni bei etwa 126.000 bis 211.000 Euro jährlich. Zumindest den unteren Rand dieser Gehaltsspanne können auch Leiter Treasury erreichen: Die Spezialisten verdienen im Schnitt zwischen 121.000 und 136.000 Euro (siehe Grafik).

Nur wenige CFOs erwarten ein Plus Die Leiter Finanzen folgen mit einer breiten Spanne von 94.500 bis 121.500 Euro sogar erst dahinter. Das ist überraschend, da der Leiter Finanzen in der Regel direkt unterhalb des CFOs angesiedelt ist und damit dem Leiter Treasury überstellt ist. Allerdings können bei einem Leiter Treasury auch Zusatzzahlungen wie Boni oder leistungsabhängige Zusatzvergütungen für einen Ausgleich sorgen. Wer einen erfahrenen Leiter Controlling sucht, muss damit rechnen, dass der Kandidat ein Grundgehalt von 80.000 bis 95.000 Euro aufruft. Das niedrigste Verdienstniveau im Finanzbereich erzielen die Buchhalter, ein Leiter Buchhaltung kommt auf etwa 70.000 bis 81.000 Euro jährlich. Die Bruttogehälter steigen zwar leicht, ein deutliches Plus ist aber nicht überall zu erwarten. Nur gut 40 Prozent der befragten CFOs erwarten der Robert-Half-Befragung zufolge, dass die Gehälter in ihren Teams ansteigen. Und auch über Zusatzzahlungen lässt sich das Personal nicht locken: Nur knapp ein Drittel der Befragten rechnet mit steigenden Bonuszahlungen. Wer sich im wachsenden Konkurrenzkampf um die besten Talente durchsetzen will, könnte sich mit einer solchen Haltung allerdings leicht selbst ins Aus schießen. CFOs werden sich bei Neueinstellungen weiter auf harte Gehaltsverhandlungen einstellen müssen.

Frankfurt ist bei Gehältern top In Deutschland können Finanzspezialisten in Frankfurt am Main den höchsten Verdienst einstreichen. Das Gehalt liegt dort bei 115 Prozent des bundesweiten Durchschnitts. Auch Stuttgart (111 Prozent) und München (109 Prozent) liegen über dem Schnitt. Unterdurchschnittlich verdienen Finanzer in Freiburg (83 Prozent), Essen (84 Prozent) und Berlin (90 Prozent).

Zusätzliche Leistungen Neben dem Bruttogehalt zahlen viele Unternehmen zusätzliche Leistungen. Von 200 befragten HR-Managern gaben 53 Prozent an, dass ihr Unternehmen flexible Arbeitszeiten oder Telearbeit anbietet. Ebenfalls mehr als die Hälfte der Firmen bietet Unterstützung bei Aus- und Fortbildungen, jedes zweite Unternehmen fördert die Altersvorsorge der Mitarbeiter. 41 Prozent bieten Sonderzahlungen.

sabine.reifenberger@finance-magazin.de ü

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PERSÖNLICH & PERSONAL: MARCO NIX

»Uns haben die Augen getränt« Marco Nix ist seit Anfang Juli CFO des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz. Der frischgebackene Finanzchef spricht über die Pläne zur Finanzierung des 5 Milliarden Euro schweren Capex-Programms. Interview: Jakob Eich

Marco Nix Nix ist seit Anfang Juli CFO von 50Hertz. Er übernahm die Position von Udo Giegerich. Nach FINANCEInformationen sollen Differenzen zwischen Giegerich und CEO Boris Schucht zum Wechsel geführt haben. Der 40-jährige Nix leitete zuvor seit 2009 das Controlling bei dem Berliner Übertragungsnetzbetreiber. Davor hatte er verschiedene Positionen im schwedischen Vattenfall-Konzern inne. Diplom-Kaufmann Nix startete seine Karriere 2001 bei dem Berliner Energieversorger Bewag.

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Herr Nix, seit Anfang Juli sind Sie vom Controllingchef zum Finanzchef bei 50Hertz, einem der vier großen Übertragungsnetzbetreiber Deutschlands, aufgestiegen. Was hat sich seitdem für Sie verändert, neben der Positionsbezeichnung? Zunächst einmal bin ich eine Etage höher gezogen (lacht). Das ist die sichtbarste Änderung. Aber vor allem ist mein Blick weiter geworden, ich muss jetzt das große Ganze sehen. Mit den klassischen CFOThemen habe ich mich während meiner Karriere schon befasst, beispielsweise mit dem Controlling und Accounting. Insofern habe ich für die CFOPosition schon ein gutes Rüstzeug mitgebracht. Ihre bisherige Karriere hat den Mittelpunkt Berlin: Nach dem Studium an der HumboldtUniversität kamen Sie zur Bewag und sind jetzt Finanzchef von 50Hertz, ebenfalls in Berlin ansässig. Eine bewusste Entscheidung? Nein, das hat sich einfach so entwickelt und war nicht wirklich eine bewusste Entscheidung. Der Druck, nach einer neuen Herausforderung außerhalb Berlins zu suchen, hat sich für mich schlicht nie ergeben. Die attraktiven Aufgaben lagen bei mir einfach oft vor der Haustür. Es gab immer spannende Aufgaben hier, und das hat mich getrieben. Also warum in die Ferne schweifen? Bei 50Hertz wird die Finanzierung des Wachstums eine wichtige Rolle spielen. Ihr Vorgänger Udo Giegerich ist kurz vor seinem Abschied aktiv gewesen – zum einen mit einem Konsortialkredit über 750 Millionen Euro, zum anderen mit einer Unternehmensanleihe über 500 Millionen Euro. Waren Sie in diese Transaktionen bereits involviert? In die beiden Transaktionen war ich vollständig mit eingebunden. Die Roadshow unseres Unternehmens mit Udo Giegerich und unserem CEO Boris Schucht habe ich bereits begleitet. Das wurde von den Banken und Investoren sehr gut aufgenommen. ü

So konnten unsere Investoren und ich uns schon einmal beschnuppern. Sie haben das letzte Fenster für diese Transaktionen gerade noch nutzen können, bevor die Griechenlandkrise eskaliert ist … Ja, danach hat man erst einmal keine Transaktion dieser Art im deutschen Markt gesehen. Im Vergleich zu den Konditionen, die wir noch im Mai hätten haben können, haben uns dann schon ein wenig die Augen getränt. Mit dem Kupon von 1,875 Prozent bei zehn Jahren Laufzeit lagen Sie ja ganz gut. Was wäre noch drin gewesen? Zu dem Zeitpunkt und dem Marktumfeld waren wir am Ende wirklich zufrieden mit der Transaktion. Einige Wochen früher wären diese Konditionen auch mit einer 15-jährigen Laufzeit erzielbar gewesen. Aber es hilft ja nichts, dem nachzutrauern.

»Der Kreditrahmen lässt uns nachts besser schlafen.« Mit Ihrer neuen Aufgabe haben Sie jetzt ein ordentliches Programm vor der Brust, das auch weitere Finanzierungen beinhalten wird. In den kommenden zehn Jahren will 50Hertz 5,4 Milliarden Euro investieren. Wie sieht Ihre Strategie für den Zehnjahreszeitraum aus? Wir haben momentan einen großen Nachholbedarf beim Ausbau der Netze. Dazu kommen die Netzanschlüsse in der Ostsee. Da müssen wir bis 2017 und 2018 viel erledigen. Im laufenden Jahr werden wir voraussichtlich ein Investitionsvolumen von mehr als 800 Millionen Euro ausweisen. Auch im nächsten und übernächsten Jahr werden die CapexAufwendungen deutlich über dem Durchschnittswert liegen. Wir gehen aber davon aus, dass es dann auf einen Schnitt von ungefähr 500 Millionen Euro geht. Diese Investitionssumme muss natürlich fiFINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


50Hertz

PERSÖNLICH & PERSONAL: MARCO NIX

5 Milliarden, Nix dahinter: Der neue 50Hertz-CFO Marco Nix will in den kommenden zehn Jahren über 5 Milliarden Euro investieren.

nanziert werden. Dafür werden wir auch weiterhin funktionierende Kapitalmärkte benötigen. Um als Investitionsoption attraktiv zu bleiben, brauchen wir eine starke Innenfinanzierungskraft, die wiederum stark von stabilen regulatorischen Rahmenbedingungen abhängt. Mit dem Geld will 50Hertz die Übertragungsnetze weiterentwickeln. Was verbirgt sich dahinter? Rein technisch investieren wir in den Standardausbau des Netzes. Wir suchen dabei nach intelligenten Lösungen, um beispielsweise unsere Stromtrassen zu modernisieren. Da sind dann auch neue Technologien dabei, wie beispielsweise Hybridleitungen … ... eine Kombination aus Gleich- und Wechselstrom … Ja, das ist derzeit die präferierte Lösung neben der Erdverkabelung. Hybridleitungen gibt es so noch nicht in Deutschland. Das ist ein wesentliches Element, um unseren Netzausbau so zu beschleunigen, dass wir unser Investitionsprogramm bewältigen ü FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015

können. Wir sind aber auch an neuen Techniken per se interessiert. Converter und Hybrid sind noch nicht so stark in unserem Portfolio vertreten. Mit diesen Technologien wollen wir unsere Netze weiterentwickeln. Gibt es weitere Investitionsschwerpunkte? Ja, operativ wollen wir auch in die IT investieren und die Bereiche Cloud und Big Data nutzen, um unsere Stromnetze intelligenter zu gestalten. Dafür müssen wir ebenfalls eine Menge Geld für unsere Systeme in die Hand nehmen. Sie haben große Pläne, die Finanzen bieten auch noch Spielraum: Ende 2014 lagen die Nettofinanzschulden von 50Hertz bei 47 Millionen Euro bei einem Ebitda von 359 Millionen Euro. Das Rating sieht Moody’s bei Baa1 und damit solide im Investmentgrade. Wird sich das durch das neue Investitionsprogramm stark ändern? Meine Politik ist es, weiterhin eine konservative Finanzierungsstrategie zu verfolgen. Risikoaversion schafft bei uns den größten Mehrwert, weil sich »

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PERSÖNLICH & PERSONAL: MARCO NIX

50Hertz 50Hertz Transmission ist einer der vier großen Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland. Das in Berlin ansässige Unternehmen machte 2014 einen Umsatz von 8,5 Milliarden Euro und ist hauptsächlich in Nord- und Ostdeutschland aktiv. 60 Prozent der 50Hertz-Anteile hält der belgische Übertragungsnetzbetreiber Elia System Operator, die anderen 40 Prozent liegen bei der australischen Investmentgesellschaft IFM Investors. Bis 2010 gehörte 50Hertz zum Energieriesen Vattenfall.

50Hertz in einem sehr regulierten Umfeld bewegt. Wir können mit mehr Risiko nicht mehr gewinnen oder mehr Umsatz generieren. Das gilt auch im Bereich Finanzierung. Die Herausforderung ist eine Synchronisation von Investitionsgeschehen und Finanzierungsaktivitäten. Um die Investitionen zu finanzieren, sind wir, wie gesagt, von einer stabilen Regulierung abhängig. Das honorieren die Kapitalmärkte und Ratingagenturen auch.

tensteuerung eine gewisse Disziplin vorweisen. Darauf werde ich besonders achten.

Das bisher aufgenommene Geld dürfte für die Pläne nicht reichen. Wie wollen Sie die hohen Investitionen generell finanzieren? Ein wichtiger Eckpfeiler unserer Finanzierungsstruktur ist ohne Frage der öffentliche Kapitalmarkt. Für die Volumina, die wir benötigen, reichen bilaterale Kredite allein nicht aus. Wir werden für die Finanzierung wieder auf Corporate Bonds, ähnlich dem vom Juni, zurückgreifen. Eventuell wollen wir auch Privatplatzierungen oder bilaterale Kreditverträge beimischen.

Mit Risikomanagement kennen Sie sich ja durch Ihre Zeit beim Vattenfall-Konzern aus, für den Sie lange gearbeitet haben. Wann kamen Sie erstmals in Kontakt mit 50Hertz? Nach meiner Aufgabe im Risikomanagement bin ich ins Accounting gewechselt. In dieser Position habe ich als Leiter eines Fachgebiets Netz- und Wärmegesellschaften mit rund 20 Mandanten betreut, darunter war dann die Transmission.

Die Projekte im Netzausbau sind allerdings nicht immer exakt planbar – das erschwert die Finanzplanung. Wie gehen Sie mit der Unsicherheit um? Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht überfinanzieren und am Ende auf den Kosten sitzenbleiben. In der Hinsicht müssen wir einen Gleichklang zwischen Investitionen und Finanzierung herstellen. Das wird nie perfekt gelingen, aber das ist eine unserer Hauptaufgaben – vor allem im Treasury. Wie oft planen Sie denn, den Kapitalmarkt anzuzapfen? Im Schnitt werden wir in den kommenden Jahren wohl eine Kapitalmarkttransaktion pro Jahr machen. Diese sollte in der Größenordnung eines Benchmark-Bonds liegen, also 500 Millionen Euro und mehr. Ich gehe auch davon aus, dass wir dieses Jahr noch einmal tätig werden, in etwa am Anfang des vierten Quartals. Aber auch neben den Anleihen haben wir uns noch genug Luft verschafft, um Situationen wie Griechenland überbrücken zu können. Dazu gehört dann auch der Konsortialkredit mit einem Capex-Revolver, der uns ermöglicht, eine gewisse Durststrecke zu überbrücken, falls die Kapitalmärkte mal nicht mitspielen. Der Kreditrahmen lässt uns nachts alle besser schlafen. Schmerzt es Sie als Controller, der ja berufsbedingt gern auf die Kosten schaut, so große Investitionen tätigen zu müssen? Ich scheue Kosten nicht, wenn sie zu Wachstum führen. Da habe ich als ehemaliger Controller klar einen eher wertorientierten Ansatz. Man muss das Wachstum nur solide herbeiführen und bei der Kos-

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Inwiefern? Wir müssen einfach unseren bisherigen Ansatz weiter verfolgen. Es ist immer schwierig, 30 bis 40 Jahre in die Zukunft zu schauen, was wir in unserer Branche aber tun müssen. Wenn wir Risiken eingehen, müssen diese sich auch klar auszahlen.

»Wenn sich ein M&ADeal anbietet, dann würden wir ihn natürlich anschauen.« 2010 verkaufte Vattenfall 50Hertz an den belgischen Stromnetzbetreiber Elia, der bis heute 60 Prozent der Anteile an 50Hertz hält, und an den australischen Infrastrukturfonds IFM Investors mit 40 Prozent Anteil. Wie haben Sie den M&ADeal erlebt? Bei dem Verkauf habe ich noch viel Due Diligence gemacht und viele Fragen auf Seiten von 50Hertz beantwortet. Ich war ja 2009 zum Leiter Controlling bei 50Hertz aufgestiegen. Der Carve-out damals passierte ziemlich abrupt, weshalb wir nach der Übernahme durch Elia und IFM Investors einige lose Fäden im Controlling hatten, an denen ich mit meinem Team gearbeitet habe. Wir haben in der Zeit unter anderem Steuerungsmodelle eingeführt und sind weg von der Ebit-Denke hin zum ausschüttungsrelevanten Ergebnis, da diese Zahl für unsere Anteilseigner wichtiger ist. Seit der Übernahme durch Elia ist es um 50Hertz M&A-technisch still geworden, Übernahmen sind in Ihrer Branche schwierig. Sind M&A-Deals trotzdem denkbar, oder beschäftigen Sie sich mit dem Thema derzeit nicht? Jeder, der in den vergangenen Jahren ein solches Investment getätigt hat, ist sehr glücklich, dass er es getan hat. Wenn sich Möglichkeiten für einen M&A-Deal bieten, dann würden wir die natürlich anschauen. Aber derzeit ist das nicht absehbar. Wir haben auch ohne Zukäufe große Wachstumsmöglichkeiten. jakob.eich@finance-magazin.de FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


VERANSTALTUNGSKALENDER

FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH/A. Varnhorn

11. Structured FINANCE in Stuttgart — Strukturierte Finanzierungsprodukte wie syndizierte Kredite, Schuldscheine und Projektfinanzierungen sind inzwischen etabliert. Auf der Structured FINANCE tauschen sich Finanzentscheider zu Trends und Herausforderungen in der Unternehmensfinanzierung aus. CFOs und Treasurer berichten am 25. und 26. November in rund 90 Roundtables über innovative Finanzierungen. Höhepunkt ist die Preisverleihung für den „CFO des Jahres“ und das „Treasury des Jahres“. Details und Anmeldeinformationen finden Sie unten in der Übersicht.

Termin

Veranstaltung/Event

Thema

Veranstaltungsort

Kontakt über

16.09.

36. FINANCERoundtable Mergers & Acquisitions

Geschlossene Veranstaltung für M&A-Verantwortliche und Geschäftsführer in Unternehmen

Frankfurter Presseclub, Ulmenstraße 20, 60325 Frankfurt am Main

(0 60 31) 73 86-17 08

22. – 23.09. 29. Stuttgarter Controller-Forum

Aktuelle Themen aus den Bereichen Controlling und Unternehmenssteuerung

Haus der Wirtschaft, Willi-Bleicher-Straße 19, 70174 Stuttgart

Horváth & Partner GmbH (07 11) 6 69 19-36 13 scf@horvath-partners.com

23.–24.09.

TSI Kongress 2015

Europas Wirtschaftsfinanzierung auf dem Weg von der Bank- zur Kapitalmarktfinanzierung

Radisson Blu Hotel, Karl-Liebknecht-Straße 3, 10178 Berlin

True Sale International GmbH (TSI) Telefon: (069) 2 99 2-17 33 monika.simm@tsi-gmbh.de

30.09. – 01.10.

11. Deutscher Kämmerertag

Geschlossene Veranstaltung für Finanzentscheider des öffentlichen Sektors

Humboldt Carrée, Behrenstraße 42, 10117 Berlin

(0 60 31) 73 86-26

14. – 15.10. Kompaktkurs „Der zertifizierte Risikomanager“

Überblick über die zentralen Methoden und Instrumente im Risikomanagement

Radisson Blu Media Harbour, Hammer Straße 23, 40219 Düsseldorf

Management Circle AG (0 61 96) 47 22-70 0 anmeldung@managementcircle.de

14.10.

20. FINANCERoundtable Private Equity

Geschlossene Veranstaltung für Investmentmanager von PE- und VC-Gesellschaften

Deloitte & Touche GmbH, Am Rosenheimer Platz 4, 81669 München

(0 60 31) 73 86-17 08

22. FINANCERoundtable Structured Finance

Geschlossene Veranstaltung für Banker aus dem Bereich Strukturierte Finanzierung

F.A.Z., Raum „Pagode“, Hellerhofstraße 9, 60327 Frankfurt am Main

(0 60 31) 73 86-17 08

14. FINANCERoundtable Investment Ideas

Geschlossene Veranstaltung für Investmentbanker, Private-EquityInvestoren und M&A-Verantwortliche

F.A.Z., Raum „Pagode“, Hellerhofstraße 9, 60327 Frankfurt am Main

(0 60 31) 73 86-17 05

meet@hochschulerheinmain

Firmenkontaktmesse

Dieter-Fladung-Haus, Bertramstraße 27, 65185 Wiesbaden

IQB Career Services GmbH Tel.: (0 69) 79 40 95 55 besucherinfo@iqb.de

24. – 25.11. 4. Jahrestagung Swiss Payment Forum 2015

Mobile Payment, Mobile Commerce, Mobile Banking und innovative Payment-Modelle

Swissôtel Zürich, Schulstraße 44, 8050 Zürich/Schweiz

Vereon AG +41 (41) 7 16 77 87 21 www.swisspaymentforum.ch/kontakt

25.– 26.11. 11. Structured FINANCE

Die Kongressmesse für Unternehmensfinanzierung

Internationales Congresscenter, Messepiazza 1, 70629 Stuttgart

05.11.

11.11.

11.–12.11.

FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015

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(0 60 31) 73 86-17 08 www.finance-magazin.de/events

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PERSÖNLICH & PERSONAL: THOMAS SCHIERACK

Auf einen Latte Macchiato mit Thomas Schierack In der Schule musste Thomas Schierack häufiger um die Versetzung bangen, heute leitet er den börsennotierten Verlag Bastei Lübbe. Mit FINANCE sprach der Rheinländer über seine Zeit im Internat, die Geburtstagsfeier von Starautor Ken Follett und seine Rolle als Zeugwart im Betriebssportclub. Text: Sabine Reifenberger

Der CFO Nach seinem Jurastudium arbeitet Thomas Schierack zunächst ab 1989 als Anwalt und von 1992 an als Partner in mehreren Rechtsanwaltskanzleien. Im Januar 2008 wird er Geschäftsführer bei Bastei Lübbe und im Zuge des Börsengangs 2013 CEO. Schierack ist für die Ressorts Finanzen, Recht, Personal und IT verantwortlich. Ende August übernimmt er nach dem Ausstieg von Vorstand Jörg Plathner auch die Verantwortung für das Segment Digitale Medien, das er bereits bis August 2014 geführt hatte.

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— Im Foyer steht ein roter Jaguar E, das bevorzugte Fahrzeug von Romanheld Jerry Cotton, an den Wänden prangen die Namen der bekanntesten Autoren, daneben ein Regal mit aktuellen Büchern: So empfängt der Verlag Bastei Lübbe im Kölner Stadtteil Mülheim. Von dort sind es nur wenige Schritte bis zum Restaurant Werkshase. Die Umgebung ist rustikal, aber stimmungsvoll: Alte Industrieanlagen, rote Backsteinfassaden, dazwischen Container, aber auch Bäume und kleine Gärten. Im hinteren Gebäudeteil des Werkshasen lagern Kulissen des Kölner Schauspiels, Arbeiter hantieren neben dem Eingang mit Kisten und Lastwagen. Regelmäßig geht Bastei-Lübbe-Vorstand Thomas Schierack im Werkshasen essen. 2010 zog der mit Romanheften bekanntgewordene Verlag von Bergisch-Gladbach nach Köln-Mülheim – ein Glücksgriff, findet Schierack, der selbst mit seiner Frau und seinen zwei Töchtern im Süden Kölns wohnt. Seit 2008 ist der Rheinländer, der sich mit seinen 57 Jahren eine jungenhafte Ausstrahlung bewahrt hat, als kaufmännischer Geschäftsführer bei Bastei Lübbe. Schon vorher hatte er das Unternehmen eng begleitet. Der Kontakt entstand, als Thomas Schierack Ende der neunziger Jahre Stefan Lübbe kennenlernte, den inzwischen verstorbenen Sohn des Verlagsgründers Gustav Lübbe. Schierack arbeitete damals als Rechtsanwalt und beriet in den folgenden Jahren bei Konflikten im Gesellschafterkreis sowie in Finanzierungs- und Strategiefragen. Als 2007 der damalige kaufmännische Geschäftsführer den Verlag verließ, war schnell klar, dass Schierack die Nachfolge antreten würde. Im Januar 2008 kam er als Geschäftsführer an Bord. Dabei deutete in seiner Jugend zunächst wenig darauf hin, dass Schierack einmal eine führende Position in einem Unternehmen ergattern würde – im Gegenteil. Er spielte Tischtennis, Volleyball und Fußball und engagierte sich in den entsprechenden Schulmannschaften. Doch damit endete das schuli-

sche Engagement auch. Ein Fakt, mit dem Schierack offen umgeht – er lacht gern und viel, und wenn nötig auch über sich selbst. So erzählt er freimütig von seiner Teenagerzeit, als seine Interessen eher im sportlichen Bereich lagen. Mehrfach war seine Versetzung gefährdet und er rutschte gerade noch so durch. Mit 14 reichte es dann nicht mehr: Schierack blieb sitzen. Seine Mutter, damals hochschwanger, war entsetzt: „Sie hat sich so aufgeregt, dass noch in der Nacht die Wehen einsetzten. Meine Schwester kam dadurch einen Monat zu früh auf die Welt.“ Schierack musste eine Ehrenrunde drehen – was keineswegs bedeutet, dass späterer Erfolg ausgeschlossen ist, wie bereits Thomas Mann und Winston Churchill zeigten.

Abitur im Jesuiteninternat Das schlechte Zeugnis machte Schierack nicht nur binnen 24 Stunden zum großen Bruder, sondern auch zum Internatsschüler. Am Jungeninternat der Jesuiten in Bad Godesberg nahm er einen zweiten Anlauf zum Abitur. Eine Umstellung: „Es waren immer Leute um einen herum, das war anfangs für mich ungewohnt. Dafür war aber auch immer etwas los. Nach einigen Monaten überwog der Spaßfaktor deutlich.“ Obwohl die Schule streng war, erinnert Schierack sich an „Highlife“ und wilde Partys. Und noch wichtiger: Er schaffte sein Abitur. Schierack, der in Bonn geboren wurde und nach mehreren beruflichen Stationen seines Vaters schließlich mit den Eltern in Bad Neuenahr im nördlichen Rheinland-Pfalz sesshaft wurde, entschied sich für ein Studium in der damaligen Bundeshauptstadt. Volkswirtschaftslehre sollte es sein, doch nach fünf Semestern brach er ab. Das Studium erschien ihm zu mathematisch. Erneut nahm er einen zweiten Anlauf, dieses Mal mit der Rechtswissenschaft, Vorlesungen hatte er bereits im Rahmen des VWL-Studiums belegt. Das Vorurteil, Jura sei FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


Daniel Schumann Photography

PERSÖNLICH & PERSONAL: THOMAS SCHIERACK

Vom Juristen zum Verlagsvorstand: Die Kontaktpflege zu wichtigen Autoren gehört bei Bastei Lübbe zu Thomas Schieracks Aufgaben.

ein trockenes Fach, kann der lebhafte Rheinländer nicht nachvollziehen. „Da wurden Fälle aus dem richtigen Leben diskutiert, das fand ich spannend“, sagt Schierack.

Fasziniert von Jura Die Faszination hielt an. Schierack legte beide Staatsexamina ab und arbeitete anschließend rund 20 Jahre lang als Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Gesellschafts- und Steuerrecht in verschiedenen Kanzleien, lernte über den Beruf auch seine spätere Frau kennen. 2000 wechselte er als Partner zur Kanzlei Arcon und einige Jahre später zur neu gegründeten Wirtschaftskanzlei Avocado Rechtsanwälte. Auf das Firmenlogo mit der Avocado als Abbildung war man damals sehr stolz, erinnert sich Schierack – auch wenn es zu Missverständnissen kam: „Wir hatten nicht bedacht, dass die Abbildung bei Faxnachrichten nur schwarzweiß übermittelt wird. Dadurch sah die Avocado eher aus wie eine Handgranate. Das kam bei Gericht nicht so gut an.“ Anekdoten wie diese streut Schierack immer wieder ein, oftmals gemischt mit Ausdrücken, die üFINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015

nur im Rheinland gebräuchlich sind. Er versteht es, seine Zuhörer zu unterhalten. Auch wenn ihm die Arbeit als Rechtsanwalt Spaß machte, reizte ihn der Wechsel auf die Unternehmensseite. Nicht zuletzt, weil er sich mehr Zeit für seine Familie wünschte. Zwar gibt der Kapitalmarkt bestimmte Fristen vor, doch wie er seine Zeit einteilt, kann Schierack, der im Rahmen des Börsengangs 2013 zum CEO des Verlags aufstieg, in weiten Teilen selbst entscheiden. „Als Anwalt springt man auch am späten Abend noch bei jedem Telefonklingeln auf, weil es ein wichtiger Mandant sein könnte. Als Vorstand kann ich mir den Luxus herausnehmen, für unkritische Themen erst wieder am folgenden Morgen im Büro erreichbar zu sein.“ Nach vielen Jahren, in denen er eng am Geschehen dran war, meinte Schierack die Aufgaben und die Mitarbeiter bei Bastei Lübbe schon im Vorfeld gut einschätzen zu können. Doch ein Praxisschock blieb nicht aus. „Es ist manchmal ganz gut, wenn man etwas blauäugig an eine Sache herangeht. Sonst würde man wohl viele Dinge überhaupt nicht anpacken“, sagt Schierack rückblickend. Die Finanzlage des Konzerns war angespannt, der Umgang mit den Banken alles andere als einfach. Die Finanzierung sicherte er schließlich über eine »

Das Lokal Im Werkshasen sitzt man draußen zwischen Pflanzkübeln mit Zwiebeln und Mangold, im Innenraum zwischen umfunktionierten Sportgeräten und Industrierohren. Das Ambiente ist rustikal, aber gemütlich. Der Werkshase ist die Kantine für die Mitarbeiter der Bühnen Köln, ist aber auch für Restaurantbesucher geöffnet.

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PERSÖNLICH & PERSONAL: THOMAS SCHIERACK

Daniel Schumann Photography

Mittelstandsanleihe, die 2016 ausläuft. Den höheren Kupon nahm Schierack im Gegenzug für die langfristige Sicherheit in Kauf. Dennoch wird er bei der Refinanzierung wieder auf Banken setzen – das Zinsumfeld ist weiterhin günstig, der Ruf des Mittelstandssegments nach vielen Ausfällen dagegen

Schierack hat große Erwartungen an digitale Produkte.

Die Serie Um die Menschen hinter den Zahlen und Jahresabschlüssen zu zeigen, trifft die FINANCE-Redaktion in loser Folge Finanzchefs zum lockeren Gespräch abseits von Tagungszentren und Besprechungszimmern. Wo es hingeht, suchen sich die CFOs selbst aus. Beim Bier, beim Kaffee oder einem gemeinsamen Essen wollen wir von den Finanzchefs erfahren, was sie außerhalb des beruflichen Umfelds bewegt.

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arg ramponiert. Bei Bastei Lübbe ist Schierack als CEO weiterhin auch für die Finanzen verantwortlich. Die Abwägung zwischen Investitionsmodus und Sparen, die ein CEO oft mit seinem CFO aushandelt, muss er selbst treffen. Sein Sparringspartner ist sein kaufmännischer Leiter, der die Rolle des Gegenparts übernimmt, wenn Vorstand Schierack wieder zu sehr investitionsgetrieben denkt. Es ärgert ihn, wenn Bastei Lübbe noch heute in erster Linie mit Romanheftchen assoziiert wird – auch wenn die Jerry-Cotton-Reihe ein Erfolgsgarant war. Doch inzwischen geht das Geschäft weit darüber hinaus. Das Unternehmen hat viel investiert, insbesondere in das digitale Verlagsgeschäft. Im Dreimonatsbericht 2015/16, der den Zeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni 2015 umfasst, kletterte der Anteil der digitalen Umsätze bereits auf 32,4 Prozent. Allerdings schlagen die Investitionen auf die Zahlen durch: Bastei Lübbe erwirtschaftete bei einem Umsatz von 20,7 Millionen Euro ein Ebitda von minus 0,5 Millionen Euro, nach einem Plus von 1,1 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Für Schierack ist das laufende Jahr ein Übergangsjahr auf dem Weg zu einem digitalen Medienkonzern. „Ich bin überzeugt, dass die Geschäftsanteile mit der Digitalisierung neu verteilt werden“, sagt Schierack, der Ende August auch im Vorstand wieder die Verantwortung für den Digitalbereich übernommen hat. Die Digitalisierung bedeutet auch verlagsintern einen Umbruch: Der CEO muss langjährige Mitarbeiter, deren berufliche Leidenschaft dem gedruckten Buch gehört, mit neuen Kollegen aus der digitalen Welt vereinen.

Auch Kontakte zu den wichtigsten Autoren pflegt der Vorstand persönlich – eine Tradition, auf die man in dem mittelständischen Verlag seit jeher Wert legt. Schierack kennt Dan Brown, dessen Thriller er auch privat gern liest, und war auf dem 65. Geburtstag des Autors Ken Follett. Das Ambiente hat den bodenständigen Rheinländer spürbar beeindruckt: „Wir waren auf seinem Anwesen in der Nähe von London, im Garten stand ein Zelt für 300 Leute, alle kamen in Abendgarderobe.“ Um der Kleiderordnung „White Tie“ gerecht zu werden, musste der Bastei-Lübbe-Vorstand mit seinen Kollegen zuvor erst einmal einen Herrenausstatter aufsuchen.

Zeugwart auf dem Platz Man merkt Schierack an, dass es ihm wichtig ist, mit den Menschen in seiner Umgebung gut auszukommen. Auch nach seinem Einstieg als Geschäftsführer wollte sich der langjährige Fan des 1. FC Köln bei Bastei Lübbe schnell integrieren. Als eine Rundmail zum Fußballtraining der Betriebsmannschaft mit dem klangvollen Namen „TuS Nelda“ einlud, sagte Schierack kurzerhand zu. Hatte er keine Sorge, dass die Mitarbeiter skeptisch reagieren könnten, wenn die Geschäftsführung plötzlich mit ihnen trainiert? „Ehrlich gesagt habe ich mir die Frage vorab nicht gestellt, das war eine Impulsentscheidung“, räumt Schierack ein. „Ich spiele gerne Fußball, also bin ich da einfach hin.“ Mit seinen Mannschaftskollegen duzt er sich, auch im Büro. Ansonsten gilt: Was auf dem Fußballplatz geschieht, das bleibt auch dort. „Die Leute dürfen auch mal motzen, ich nehme das keinem übel und erzähle es auch nicht weiter.“

»Auf dem Fußballplatz dürfen die Leute auch mal motzen.« — Thomas Schierack

Immer montags trainiert die Mannschaft in der Halle, inzwischen ist auch Vorstandskollege Felix Rudloff Teil des Teams. Da der Verlag zu zwei Dritteln Frauen beschäftigt, spielen in der Fußballmannschaft Frauen und Männer gemeinsam. Das Training leitet eine Kollegin. Schierack hat eines der weniger prestigeträchtigen Ämter: Er ist Zeugwart. Die schmutzige Wäsche der Teamkollegen muss er zwar nicht reinigen, dafür aber Bälle und Trainingsgeräte durch die Gegend schleppen. Wie er dazu kam? „Alle anderen Positionen waren schon besetzt“, grinst Schierack. Er sieht das pragmatisch. Auf dem Fußballplatz sei er einer von vielen, gerne auch Zeugwart. Nur im Verlag, da ist er dann doch lieber der Teamchef. sabine.reifenberger@finance-magazin.de FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


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FINANCE-TV

Alle Fotos: FINANCE-TV

Die Highlights von FINANCE-TV: Stabilus spart Zinsen, die Deutsche Wohnen schielt auf den Dax, und Tomorrow Focus mistet mit Hilfe von M&A seinen Bauchladen aus.

Stabilus-CFO Mark Wilhelms mit FINANCE-TV-Moderatorin Desirée Backhaus: „Mit dieser Finanzierung werden wir sehr gut fahren.“

»Unsere neue Finanzierung spart uns 13 Millionen im Jahr«

FINANCE-TV Kritische Interviews, die „3 Fragen von FINANCE-TV“ und vieles mehr: www. finance-magazin.de/ finance-tv

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Sie haben Ihren High-Yield-Bond durch eine neue Kreditlinie abgelöst. Wie stark entlastet das die Passivseite von Stabilus? Zinsen zahlen wir jetzt natürlich nur für die gezogenen Darlehen. Dadurch erreichen wir dieses Jahr eine Zinsverbesserung von 13 Millionen Euro, ausgehend von 20 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Und mit der Rückzahlung des Bonds haben wir auch unseren Ratingagenturen gekündigt. Das spart uns weiteres Geld, aber auch Zeit in der Betreuung. Ihr Leverage liegt aktuell bei 2,3x Net Debt zu Ebitda. Die Höhe der Zinsen auf Ihren Kredit hängt auch von der Höhe Ihrer Schulden ab. Welchen Leverage-Korridor peilen Sie an? ü

Unser langfristiges Ziel ist ein Leverage von 1,5x Ebitda, aber der Leverage-Korridor unserer neuen Finanzierung ist ausreichend groß. Sofern sich keine gravierenden Veränderungen bei uns ergeben, werden wir mit dieser Finanzierung die nächsten Jahre sehr gut fahren. Anlass zu einer Neuorientierung könnten Zukäufe bieten. Sind Deals in Ihrer M&A-Pipeline? Natürlich – bei einem Autozulieferer gehört das ja zu den guten Sitten. Wir wünschen uns mehr Präsenz in Asien und im Industriebereich, um das Gesamtunternehmen etwas stärker abzurunden. Aktuell ist das Automobilgeschäft bei uns etwas überrepräsentiert. Konkret in Arbeit ist aktuell aber nichts. FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


FINANCE-TV

»Wir können noch viele Unternehmen absorbieren«

Deutsche-Wohnen-CFO Andreas Segal

Die Deutsche Wohnen ist erst durch mehrere Fusionen ein ImmobilienRiese geworden. Haben Sie die Deals schon alle verdaut? Ja, und sogar noch mehr. Wir haben in den vergangenen Jahren eine Organisation aufgebaut, die in der Lage ist, regelmäßig neue Unternehmen und große Immobilienbestände zu absorbieren. Gleichzeitig verkaufen wir auch regelmäßig ab. Da hat sich ein Knowhow herausgebildet, das uns auch ermöglicht, in Zukunft weiter zu wachsen, gerne auch durch Zukäufe.

Sie sind der zweitgrößte Konsolidierer am deutschen Wohnungsmarkt. Warum sind Sie so forsch? In den vergangenen Jahren war es in Deutschland leichter, durch anorganisches als durch inneres Wachstum Renditen zu erzielen. Das wird sich jetzt etwas verschieben. Trotzdem hätte es Sinn für unsere Branche, ein Dax-Unternehmen zu haben, denn Größe bringt am Kapitalmarkt viele Vorteile. Das ist der Hintergrund der Spekulationen, die sich um eine mögliche Fusion zwischen uns und der Deutschen Annington drehen.

»Wir sind noch nicht durch mit M&A«

Tomorrow-Focus-CFO Dirk Schmelzer

Sie haben Ihren Bauchladen aufgeräumt, Elite Partner und Focus Online verkauft und auf das Reisegeschäft fokussiert. Warum? Focus Online haben wir benutzt, um bei den zugekauften Portalen wie Elite Partner und Holidaycheck Reichweite aufzubauen. Am Ende hatten unsere einzelnen Portale ganz unterschiedliche Profile und Monetarisierungsmethoden. Mitte 2014 haben wir uns entschieden, uns zu fokussieren und alles zu verkaufen bis auf das Reise- und Buchungsgeschäft rund um Holidaycheck.

Ihren Konglomeratsabschlag sind Sie mit Ihrer unterdurchschnittlichen Kursentwicklung aber noch nicht los geworden. Die einzelnen Asset-Verkäufe wie zum Beispiel die Abgabe von Focus Online an Burda Digital hat der Markt durchaus honoriert, zum Teil mit hohen Kurszuwächsen am Tag der Ankündigung. Und wir sind ja noch nicht durch, gerade läuft der Verkaufsprozess für unser Gesundheitsportal Jameda. Bis zum Oktober erwarten wir dort die ersten Angebote.

»Die Griechen haben lange Zeit super verhandelt« Wie beurteilen Sie den Verhandlungsstil der Griechen in den Rettungsverhandlungen? Sie haben verstanden, dass im Grunde alles verhandelbar ist und zu Beginn die maximal plausible Forderung eines Schuldenschnitts vorgebracht. Das war clever. Doch dann haben die Griechen überzogen und ihre Verhandlungspartner persönlich angegriffen. Das war dumm.

Verhandlungsprofi Jörg Risse FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015

Warum? Man unterhielt sich von da an nicht mehr auf sachlicher Ebene miteinander, ü

sondern trug persönliche Konflikte aus, vor allem der griechische Finanzminister Varoufakis. Das trieb die Verhandlungszufriedenheit der Gläubiger in den Keller. Aber auch die EU-Politiker haben Fehler gemacht. Welche denn konkret? Sie haben sich unprofessionell verhalten, in den Verhandlungen den Menschen nicht vom Problem getrennt. Wie manche Top-Politiker der Euro-Zone sehr freundschaftlich mit Alexis Tsipras umgegangen sind, das war nicht sachlich und damit amateurhaft.

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PORTAL

Strategie & Effizienz MARKTANALYSE

BörseGo

Lufthansa

»Eine Alternative zu Bloomberg« — Die Märkte im Blick zu behalten ist für Finanzabteilungen eine ständige Herausforderung. Robert Abend, Betreiber des Portalanbieters BörseGo und verantwortlich für eine Fintech-Plattform, über die Bedeutung von Marktanalysen und sein Vorhaben, Bloomberg mit einer Web-Applikation herauszufordern.

Herr Abend, welche Daten braucht man, um den Finanzmarkt einordnen zu können? Unsere Lösung bietet Nachrichten, Kurse, Charts, Analysetools und Einschätzungen von Profitradern, mit denen man sich in Echtzeit austauschen kann. Damit können nach unserer Einschätzung Privatpersonen, Finanzberater und Vermögensverwalter an den Finanzmärkten agieren. Seit kurzem bauen wir Guidants zur Multi-BrokeragePlattform aus. Die DAB Bank ist als erster Online-Broker dabei, weitere sollen noch dieses Jahr folgen. In den Finanzabteilungen ist ein fundiertes Marktwissen vorhanden. Wie wollen Sie die Zielgruppe erreichen? Mit einem guten Kosten-Nutzen-Verhältnis und damit als Alternative zu Lösungen großer Anbieter wie Reuters oder Bloomberg. Oft benötigen institutionelle Anleger mehrere Terminals, damit die verschiedenen Entscheider alle Entwicklungen im Blick behalten können. Nicht selten mit viel zu vielen Funktionen. Unsere Lösung ist browserbasiert und bietet den Mitarbeitern die Möglichkeit, sich über ein beliebiges Gerät anzumelden. Viele Services sind derzeit kostenlos. Wie verdienen Sie? Wer professioneller agieren will, kann über die Basisversion hinaus Zusatzpakete abonnieren, für einen erweiterten Funktions- und Datenumfang. mad

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Die Lufthansa ist Referenzkunde der Plattform CRX Markets.

FINANZIERUNG

Fintechs entdecken den Markt für Supply Chain Finance — Neue Spieler machen sich am Markt für Lieferantenfinanzierung breit: Die Start-ups Taulia und CRX Markets haben in den vergangenen Wochen große Referenzkunden im Bereich Supply Chain Finance präsentiert und wollen weiter wachsen. Seit Anfang dieses Jahres wirbt der Anbieter Taulia in Deutschland um die Gunst von CFOs und Treasurern, 15 Mitarbeiter arbeiten zurzeit in der deutschen Niederlassung in Düsseldorf. Weitere Neueinstellungen sollen folgen. „Mit zwei großen deutschen Einzelhändlern führen wir bereits gute Gespräche“, sagt Produktchef Markus Ament, der das Unternehmen 2009 mit Bertram Meyer und Philip Stehlik im Silicon Valley gründete. Mit dem Getränkekonzern Coca-Cola hat das Start-up bereits einen großen Referenzkunden vorzuweisen. Basis der Idee ist das Prinzip des Dynamic Discounting: Für frühzeitig bezahlte Rechnungen kann Coca-Cola höheres Skonto bei Lieferanten einfordern, eine Vermittlungsgebühr geht an Taulia. Auch die Plattform CRX Markets will den Markt zur Finanzierung von Lieferantenforderungen besetzen. Das Unternehmen hat mit der Lufthansa bereits einen deutschen Großkonzern als Referenzkunden gewonnen. Hinter CRX stehen die kürzlich von der Deutschen Börse übernommene Handelsplattform 360T als Hauptaktionär sowie die Commerzbank als strategischer Partner. Referenzkunde Lufthansa zählte auch zu den ersten Nutzern von 360T. deb, jae FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


PORTAL

BILANZIERUNG

— Bei der Nachricht dürften viele CFOs aufgeatmet haben: Der Internationale Standardsetzer IASB hat endgültig entschieden, den Zeitpunkt für die verpflichtende Erstanwendung des Bilanzierungsstandards IFRS 15 um ein Jahr auf den 1. Januar 2018 nach hinten zu verschieben. IFRS 15 wird den Themenbereich „Umsatzerlöse aus Kundenverträgen“ regeln. Trotz der verschobenen Frist für die verpflichtende Anwendung haben Unternehmen allerdings nach wie vor die Möglichkeit, den Bilanzierungsstandard freiwillig bereits früher anzuwenden. Der IASB folgt mit der Verschiebung der Frist einer Entscheidung des US-amerikanischen Standardsetzers FASB, der sich bereits vor mehreren Wochen für eine Verschiebung entschieden hatte. Dadurch soll den Unternehmen mehr Zeit gegeben werden, die Abläufe auf die Erfordernisse des neuen Bilanzierungsstandards umzustellen. In der Vergangenheit hatten etliche Unternehmen

Kritik an IFRS 15 geäußert, schließlich betrifft der Standard mit dem Umsatz eine der wichtigsten finanziellen Kennzahlen. Von den neuen Vorgaben besonders betroffen sind vor allem Unternehmen mit sogenannten Mehrkomponentengeschäften wie etwa Telekommunikationsunternehmen. In den Mehrkomponentenverträgen werden verschiedene Leistungen geregelt: Bei Telekommunikationsanbietern kann dies beispielsweise zum einen der Erwerb eines Mobiltelefons sein, zum anderen eine monatlich zu zahlende Servicegebühr. Der neue Standard hat Auswirkungen auf die Frage, zu welchem Zeitpunkt Unternehmen die Erlöse aus diesen Kundenverträgen in welcher Höhe bilanzieren dürfen. Viele Unternehmen müssen dafür ihre Verträge überprüfen oder sogar neu aufsetzen – das verursacht vielfach hohe Umstellungskosten. Betroffen sind außerdem alle Unternehmen, bei denen durch den Verkauf

adrian825/iStock/Thinkstock/Getty Images

IFRS 15 wird erst ein Jahr später zur Pflicht

Viele CFOs werden die längere Frist brauchen.

einer Leistung weitere zukünftige Leistungsverpflichtungen gegenüber einem Kunden entstehen. Beispiele für solche Konstellationen sind unter anderem Bonusprogramme, aber auch Kundenkarten oder Garantieversprechen gegenüber Kunden. Auch Wechselwirkungen des Standards IFRS 15 mit anderen Bilanzierungsstandards müssen die Unternehmen bei der Implementierung im Blick behalten – das zusätzliche Jahr zur Vorbereitung werden viele betroffene CFOs daher gut gebrauchen können. jus

BIG DATA

Zielsicher: Reisekosten

— Rund 80 Prozent der deutschen Geschäftsreisenden haben in ihrem Unternehmen Richtlinien zu den Reisebudgets, hat der „Business Traveller Report“ von Concur ergeben. Allerdings gab jeder dritte Befragte zu, sich nicht immer innerhalb der Vorgaben zu bewegen. Unter den Abweichlern halten besonders viele die Kostenvorgaben nicht ein (29 Prozent). sar

FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015

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Unternehmen punkten bei Investoren mit Datenanalyse — Analysten und Investoren bewerten kapitalmarktorientierte Unternehmen positiver, wenn sie eine Strategie zur Analyse von Unternehmens-, Markt- und Kundendaten verfolgen. Bei einer Umfrage der Unternehmensberatung KPMG unter 270 institutionellen Investoren, Investmentbanken und Analysten weltweit gaben 62 Prozent der Befragten an, sie würden eher in ein Unternehmen investieren, das in der Lage ist, seine Gesamtleistung durch Datenanalyse zu verbessern. Kostenkontrolle, Lagerhaltungskosten oder Ressourcenallokation könnten durch Datenanalysen positiv beeinflusst werden. Rund die Hälfte der Befragten ist der Meinung, dass Unternehmen mit einer Datenanalysestrategie spätestens in zwei Jahren eine bessere Performance zeigen werden als die Wettbewerber. Deutlich stärker ist der Effekt im Dienstleistungssektor: Dort erwarten 73 Prozent der Analysten, dass die Unternehmen, die eine intensive Datenanalyse betreiben, sich in den kommenden zwei Jahren besser entwickeln werden. sar

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STRATEGIE & EFFIZIENZ: PRIVATE DEBT

Schattenbank war gestern

coldsnowstorm/iStock/Thinkstock/GettyImages

Die Finanzaufsicht erleichtert Debt-Fonds die Kreditvergabe in Deutschland. Wie reagieren die Anbieter? Und wird das Instrument damit interessanter für Unternehmen? Text: Philipp Habdank

Die Bafin bringt Licht ins Schattenbankensystem und erleichtert Debt-Fonds die Kreditvergabe in Deutschland. Viele Fonds sitzen aber noch in London.

— Die Datingplattform Parship soll eigentlich Menschen auf der Suche nach der großen Liebe zusammenführen. Seit Mai gelingt das Parship aber auch mit den beiden Branchen Private Equity und Private Debt. Im Rahmen eines LeveragedBuy-Outs (LBO) ging Parship vom Venture-Unternehmen der Verlagsgruppe Holtzbrinck an den britischen Private-Equity-Investor Oakley Capital. Finanziert wurde der Deal durch den Debt-Fonds von Permira, das bisher vor allem für Private-Equity-Investments bekannt war. Permira ist damit nicht allein, immer mehr Geld fließt in den Private-Debt-Sektor. In Amerika und vielen Teilen Europas seit Jahren gang und gäbe,

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kommt der Markt langsam auch in Deutschland ins Rollen, wie der Mid-Cap-Monitor der Finanzierungs- und M&A-Boutique Altium zeigt. Dieser untersucht LBO-Deals in der DACH-Region in Bezug auf Targets mit Private-Equity-Hintergrund, einem Teilbereich der Private-Debt-Welt. Betrug der Marktanteil der Bankenfinanzierung bei LBOs in Deutschland im Jahr 2012 noch 100 Prozent, sind es zum ersten Halbjahr 2015 nur noch 71 Prozent. Der Marktanteil von Debt-Fonds in Deutschland macht damit fast ein Drittel im Geschäft mit den Übernahmefinanzierungen aus. Besonders die Summe der Deals im Senior- und Unitranche-Bereich hat in den vergangenen Jahren stark zugelegt: AusFINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


STRATEGIE & EFFIZIENZ: PRIVATE DEBT

gehend von 28 Transaktionen im Jahr 2012 waren es zwei Jahre später bereits 63. Im ersten Halbjahr 2015 steht der Zähler schon bei 29 Deals.

Neue Investoren drängen in den Markt Vor allem die Private-Equity-Branche ist zunehmend von ihrem Debt-Pendant angetan und gründet verstärkt „Patchwork-Familien“. Zwar hatten die großen Private-Equity-Häuser auch früher immer mal wieder Fonds und Töchter, die sich dem Direct-Lending verschrieben haben. „In letzter Zeit drängen jedoch auffällig viele Private-Equity-Anbieter mit eigenen Debt-Fonds auf den Markt“, sagt der Managing Director eines großen Debt-Fonds, der nicht namentlich genannt werden möchte. Dazu gehört beispielsweise die schwedische EQT, die zuletzt einen Direct-Lending-Fonds aufgelegt hat. Aber auch der PE-Investor Permira, der Ende Juli seinen Private-Debt-Fonds „Permira Credit Solutions II“ mit 800 Millionen Euro geschlossen hat, oder die Texas Pacific Gourp (TPG) sind Marktteilnehmer. Das britische Haus Pemberton hat erst im Juli einen 547 Millionen Euro schweren paneuropäischen Fonds emittiert. Das Gedränge auf dem Markt nimmt neben bereits etablierten Adressen wie Ares, Alcentra, BlueBay, Babson Capital oder GE Capital weiter zu. Rein deutsche Anbieter wie Prime Capital oder die IKB mit ihrem Valin Fonds bleiben in der Minderheit. Der Grund für die Kapitalzuflüsse in die Anlageklasse ist relativ simpel: In Zeiten niedriger Zinsen versprechen die Fonds ordentliche Renditen. „Abhängig von der Fondsstruktur können hier zwischen 9 und 15 Prozent rausspringen“, meint ein großer Debt-Fonds-Anbieter. Unter Hinzunahme von „etwas Leverage“ sei die Rendite sogar noch „etwas höher“, ergänzt der Manager. Bei der Fondsstruktur kommt es darauf an, ob das Debt-Instrument Unitranche-, Mezzanine- oder Second-Li-

Die aktivsten Debt-Fonds im europäischen Unitranche-Markt Name

Dealzahl im Jahr 2015

Ares Capital

24

Alcentra

11

Bluebay

8

ICG

7

Tikehau

7

GE Capital

6

Hayfin

5

Crescent

5

Quelle: Altium Mid-Cap-Monitor, Stand Q2/2015 ü — SEPTEMBER/OKTOBER 2015 FINANCE

en-Charakter aufweist. Interessant ist Private Debt laut Eric Lloyd, Head of Global Private Finance bei Babson Capital, vor allem für mittelständische Unternehmen im Non-Investmentgrade-Bereich, da Debt-Fonds weniger reguliert sind und den Kredit bei der Laufzeit, Tilgung und dem Leverage flexibler gestalten können (mehr dazu im Interview in der FINANCE-Ausgabe Juli 2015).

Bafin erleichtert Kreditvergabe Dass der Private-Debt-Markt mehr und mehr aus dem Schatten des grauen Kapitalmarkts heraustritt, liegt auch an der Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin, die mit ihrer Gesetzeslockerung im Mai den Debt-Fonds die Hand gereicht hat und Barrieren bei der Kreditvergabe abbauen will. Die Änderung der Verwaltungspraxis für Alternative Investmentfonds (AIF), zu deren Familie auch die Debt-Fonds gehören, erlaubt es den Private-Debt-Anbietern nun ganz offiziell, eigene Kredite an Unternehmen zu vergeben – nicht mehr über den Umweg einer vorgeschalteten „Fronting-Bank“ oder anderer Vehikel. Was auf den ersten Blick wie ein Meilenstein in der deutschen Finanzierungsgeschichte aussieht, relativiert sich jedoch auf den zweiten. Auf Nachfrage von FINANCE sei der Grund für die Lockerung laut Bafin die Intention, „ihre Verwaltungspraxis an die europäische Rechtslage anzupassen“. Was zunächst wie das Entgegenkommen der Bafin aussieht, geschieht letztlich auf Druck der EU. Damit vollzieht Deutschland einen Schritt, der in anderen Märkten bereits Standard ist. „In den USA und weiten Teilen Europas gehört das Direct-Lending längst zur Finanzierungsstruktur der Unternehmen“, sagt Alexander Bode, Berater beim Investmenthaus BB Alternatives. Und: Es gab auch bisher Wege und Mittel, damit Debt-Fonds Kredite vergeben konnten. Die Debt-Fonds können unter drei Möglichkeiten wählen. Entweder sie nutzen eine FrontingBank, die den Kredit platziert und anschließend an die Debt-Fonds verkauft. Der Kredit kann außerdem mit Hilfe einer Investmentbank zu einem Wertpapier umgebaut werden, das dann nicht mehr unter die Regelungen des KWGs fällt, erklärt ein Berater. Manchmal hätten sich die Debt-Fonds aber auch eines juristischen Kniffs bedient – der sogenannten „Reverse Solicitation“. Um in Deutschland Kredite vergeben zu können, bedarf es prinzipiell einer Banklizenz und der Beachtung des Kreditwesengesetzes (KWG) – doch es gibt Ausnahmen: „Wenn ein Kreditnehmer in Deutschland die Initiative ergreift und mit dem ausländischen Anbieter in Kontakt tritt, fällt das Kreditgeschäft unter die passive Dienstleistungsfreiheit, was von der Bafin so »

Private Debt Private Debt gewinnt als Finanzierungs- und Anlageform derzeit an Bedeutung. Über Private Debt stellen überwiegend institutionelle Investoren Unternehmen im NonInvestmentgradeBereich Fremdkapital zur Verfügung. Derzeit wird das sogenannte „Direct-Lending“ hauptsächlich im Rahmen von LBOs und M&A-Deals angewandt. Hier profitieren Kreditnehmer von der höheren Flexibilität.

Bafin-Regelung Die Bafin hat im Mai ihre Verwaltungspraxis für Alternative Investmentfonds (AIFs) überarbeitet und an das EU-Recht angepasst. Sie erlaubt AIFs, und damit Debt Fonds, nun offiziell die eigene Vergabe von Krediten. Bis März 2016 will die Bafin diese Änderung in einen gesetzlichen Rahmen gießen. Bis dahin sollen sich Debt-Fonds an Handlungsempfehlungen halten.

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STRATEGIE & EFFIZIENZ: PRIVATE DEBT

Dealzahl im deutschen Markt (Senior & Unitranche)

Marktanteil Debt-Fonds im deutschen Markt

15 100% 48

2%

2%

14%

24%

5% 24%

84% 74%

71%

5 32

7

28

22

0

2012 M Senior

2013

2014

HJ 2015

2012

M Unitranche

M Banken

2013 M Unitranche

2014

HJ 2015

M Debt Fund in Senior Deal

Quelle: Altium Mid-Cap-Monitor, Stand Q2/2015

Schattenbanken Die Bafin definiert in Zusammenarbeit mit dem Financial Stabillity Board (FSB) den Begriff „Schattenbank“ als System der Kreditintermediation, in das Akteure und Aktivitäten außerhalb des regulären Bankensystems involviert sind. Diese weite Definition umfasst somit auch die Debt-Fonds.

grundsätzlich anerkannt ist“, erklärt Jens H. Kunz, Anwalt und Bankenexperte bei der Kanzlei Noerr. Damit konnten Debt-Fonds mit Sitz im Ausland auch in der Vergangenheit schon relativ problemlos Kredite vergeben. Diese zum Teil fragwürdigen Umwege sind seit Mai aber nicht mehr nötig, das Direct-Lending vereinfacht sich damit in Deutschland.

Bafin lässt Fragen offen Noch sind die Regelungen aber mit Vorsicht zu genießen, da sie bisher noch nicht gesetzlich festgehalten sind. Die Bafin änderte lediglich ihre Verwaltungspraxis und sprach einige Handlungsempfehlungen aus, die die Fonds besser einhalten sollten, um von einer späteren Regulierung nicht überrascht zu werden.

ßerdem sollen die Fonds ein gewisses Liquiditätspolster vorhalten. „Das lässt viel Spielraum zur Interpretation“, meint ein hoher Angestellter eines großen internationalen Debt-Fonds. Das Problem sei, dass noch zu viele ungeklärte Fragen bestehen würden: Können die zugesagten Gelder der Fondsinvestoren dem Liquiditätspolster angerechnet werden? Wie hoch muss das Polster sein? 2 Prozent, 5 Prozent oder 10 Prozent des Fondsvolumens? Bis zu welchem Grad gilt der Leverage als „gering“? Viele Fragen, die der Betreiber des Debt-Fonds aufwirft und die in Marktkreisen ähnlich gestellt werden. Die Bafin kündigte gegenüber FINANCE an, bis März 2016 die geänderte Verwaltungspraxis in einen rechtlichen Rahmen gießen zu wollen. Prinzipiell ist der Bafin-Entscheid für die deutsche Direct-Lending-Branche aber positiv. So sparen Debt-Fonds sich künftig beispielsweise die Gebühren für die Fronting- oder Investmentbank, was laut Investmentspezialist Bode schon 0,5 bis 1 Prozent der Darlehenssumme ausmachen kann.

BB Alternatives GmbH

Private Debt bleibt Spezialgebiet

Alexander Bode: „Debt-Fonds können den Kredit optimal an die spezielle Situation des Unternehmens anpassen.“

Die Aufsicht rät den Debt-Fonds beispielsweise, keine Kredite an private Personen zu vergeben, keine Fristentransformation zu betreiben und den Leverage auf ein geringes Maß zu begrenzen. Au-

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Doch selbst nach Umsetzung der Regel wird sich der Markt nicht völlig drehen, glauben Experten. Für das dann weniger schattige Geschäft dominieren weiter Sondersituationen wie Übernahmefinanzierungen mit Private-Equity-Hintergrund. Debt-Fonds in Unternehmenssituationen bleiben die Ausnahme. Berater und Anbieter sehen das Verhältnis zwischen dem PE-gesponserten und dem nicht-PE-gesponserten Direct-Lending aktuell bei 90 zu 10. Das liegt nach Ansicht eines Debt-Fonds-Vertreters an drei Punkten: „Wir als Debt-Fonds benötigen von unseren Kunden verschiedene Due-Diligence.“ PE-gesponserte Unternehmen liefern diese in der Regel problemlos. Mittelständler in Familieneigentum lassen sich allerdings ungern so stark FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


STRATEGIE & EFFIZIENZ: PRIVATE DEBT

in die Karten schauen – schon gar nicht, wenn es ein angelsächsisch geprägter Fonds ist. „Das zweite K.O.-Kriterium ist meistens unser hoher Preis, den wir als Debt-Fonds aufrufen.“ Dem schließt sich auch Alexander Bode weitestgehend an: „Für einen Kredit bei einem Debt-Fonds zahlt man derzeit im Schnitt 800 Basispunkte über Libor oder Euribor“. Ein Debt-Fonds-Manager ergänzt: „Bei uns kommt noch ein Floor von rund 1 Prozent dazu“. In der Private-Equity-Welt würde dieser im Gegenzug für die höhere Flexibilität akzeptiert. Nicht so aber beim durchschnittlichen deutschen Mittelständler, der sich nach wie vor als erstes an seine Hausbank wendet und dort aktuell wegen der hohen Konkurrenz der Banken günstigere Konditionen durchsetzen kann. Sollte ein Mittelständler die ersten beiden Kriterien erfüllen, komme er jedoch meistens für den Debt-Fonds nicht in Betracht. „Dann handelt es sich oft um Distressedoder Restrukturierungsfälle, die für uns wirtschaftlich zu schwach sind“. Ein weiteres Hemmnis ist die deutsche Finanzierungskultur, die seit jeher extrem stark durch den klassischen Bankkredit oder den derzeit boomenden Schuldschein geprägt ist, was Debt-Fonds laut Bode den Zugang zu den Unternehmen erschwert. Dazu kommt, dass die Banken den Private-Debt-Markt selbst befeuern. Die HSBC hat Ende Juli einen 480 bis 500 Millionen Euro schweren Dachfonds lanciert, der gänzlich von institutionellen Investoren

Impressum Verlag FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH Der F.A.Z.-Fachverlag, Frankenallee 68–72, 60327 Frankfurt am Main, E-Mail: verlag@frankfurt-bm.com Gründungsherausgeber: F.A.Z.-Institut für Management-, Markt- und Medieninformationen GmbH; manager magazin Verlagsgesellschaft mbH; Dr. Günther Würtele Information GmbH HRB Nr. 53454, Amtsgericht Frankfurt am Main Geschäftsführer: Torsten Bardohn, Dr. André Hülsbömer

Aussichten

Herausgeber: Bastian Frien

Die Aussichten für Private-DebtInvestoren haben sich durch die Lockerung der Bafin verbessert. Zwar gab es auch bisher Mittel und Wege für Debt-Fonds, um in Deutschland Kredite zu vergeben. Der Bafin-Entscheid zieht Debt-Fonds aber stärker aus dem Schatten des grauen Kapitalmarkts.

Chefredaktion: Markus Dentz (Print, V.i.S.d.P.), Michael Hedtstück (Online) Redaktion: Desirée Backhaus (deb), Florian Bamberg (fba), Jakob Eich (jae), Philipp Habdank (phh), Antonia Kögler (ako), Sabine Reifenberger (sar), Julia Schmitt (jus), Vanessa Wilke (van) Telefon: (069) 75 91-24 93 Telefax: (069) 75 91-32 24 E-Mail: redaktion@finance-magazin.de Verantwortlich für Anzeigen Dominik Heyer, Geschäftsbereichsleiter Sales Telefon: (0 60 31) 73 86-17 15 Telefax: (0 60 31) 73 86-17 09 E-Mail: dominik.heyer@frankfurt-bm.com FINANCE Leserservice VDS Versand- und DatenService Matthias Bick e.K., FINANCE, Hauptstraße 42a, 37412 Herzberg am Harz Telefon: (0 55 21) 85 54 88 Telefax: (0 55 21) 85 54 99 E-Mail: aboservice@finance-magazin.de Jahresabonnement – Inland: 40,50 Euro inkl. MwSt. und Porto (für Studenten: 32,50 Euro). – Ausland: auf Anfrage. Der Bezug des „FINANCE“ Magazins ist in den Mitgliedsbeiträgen des Internationalen Controller Vereins enthalten. ISSN: 1616-0274 Erscheinungsweise: 6 Ausgaben jährlich

»Das zweite K.O.Kriterium ist meist unser hoher Preis.«

Druck: Westdeutsche Verlags- und Druckerei GmbH, Kurhessenstraße 4–6, 64546 Mörfelden Vertrieb: Axel Springer Vertriebsservice GmbH, Süderstraße 77, 20097 Hamburg Internet: www.asv-vertrieb.de

— Ein Debt-Fonds-Manager

Gestaltung Daniela Seidel, FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH

gespeist wird und in zwei Londoner Kreditfonds investiert. Diese wiederum greifen dann auf dem Direct-Lending-Markt an. Da der Dachfonds rechtlich selbständig ist und eigene Kredite vergeben darf, muss die HSBC keines der Darlehen in ihre eigenen Bücher nehmen. Die höhere Rechtssicherheit könnte das DirectLending für viele Unternehmen aber zumindest interessanter machen, da sich die Debt-Fonds nicht mehr innerhalb des grauen Kapitalmarktes bewegen. Und für bestimmte Situationen kann die höhere Flexibilität eines Debt-Fonds-Kredits durchaus den hohen Preis wert sein, glaubt Alexander Bode: „Debt-Fonds können den Kredit optimal an die spezielle Situation des Unternehmens anpassen.“ Für die langfristige Finanzierung durch die Banken dürfte durch die Debt-Fonds kein ernsthafter Wettbewerber entstehen – wohl aber ein interessantes Tool, das deutsche Finanzchefs auf dem Schirm haben sollten.

Konzept: Arndt Benedikt, Multidisciplinary Design, Frankfurt am Main Titelbild: Arndt Benedikt, Multidisciplinary Design, Frankfurt am Main © Alle Rechte vorbehalten. FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH, 2015. Die Inhalte dieser Zeitschrift werden in gedruckter und digitaler Form vertrieben und sind aus Datenbanken abrufbar. Eine Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, sofern sich aus dem Urheberrechtsgesetz nichts anderes ergibt. Es ist nicht gestattet, die Inhalte zu vervielfältigen, zu ändern, zu verbreiten, dauerhaft zu speichern oder nachzudrucken. Insbesondere dürfen die Inhalte nicht zum Aufbau einer Datenbank verwendet oder an Dritte weitergegeben werden. Vervielfältigungs- und Nutzungsrechte können Sie beim F.A.Z.-Archiv unter nutzungsrechte@faz.de oder Telefon: (069) 75 91-29 86 erwerben. Nähere Informationen erhalten Sie hier: www.faz-archiv.de/nutzungsrechte. Haftungsausschluss: Alle Angaben wurden sorgfältig recherchiert und zusammengestellt. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhalts von „FINANCE“ übernehmen Verlag und Redaktion keine Gewähr. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und unverlangt zugestellte Fotografien oder Grafiken wird keine Haftung übernommen. Mitglied der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (IVW)

philipp.habdank@finance-magazin.de FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015

Vorsitzender der Geschäftsleitung: Bastian Frien

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STRATEGIE & EFFIZIENZ: CONTROLLING

Controlling auf der Intensivstation

George Doyle/Stockbyte/Thinkstock/Getty Images

Schwaches Liquiditätsmanagement, fehlende Deckungsbeitragsrechung: Im Controlling deutscher Krankenhäuser besteht noch viel Nachholbedarf. Für manche Klinik könnte es jetzt bedrohlich werden. Text: Julia Schmitt

Viele deutsche Krankenhäuser haben wenig Ahnung vom finanziellen Herzschlag ihres Unternehmens.

— Ein Arzt stattet dem Patienten im Krankenhaus einen Besuch ab. Unterm Arm hat er ausnahmsweise nicht ein Sammelsurium an Laborwerten, Akten und Röntgenaufnahmen, sondern nur ein iPad. Darauf zeigt er dem Patienten seine Werte, zoomt in Röntgenaufnahmen rein und gibt anschließend Daten wie Behandlungskosten, Diagnose oder Aufenthaltsdauer direkt vor Ort in den Computer ein. Diese für das Controlling relevanten Angaben landen direkt im ERP-System und können sofort von der Finanzabteilung verwendet werden, um sich einen Überblick zu verschaffen. So könnte das moderne Krankenhaus-Controlling in Krankenhäusern von heute schon aussehen. Doch die Realität zeichnet häufig ein ganz anderes Bild. „Im Controlling vieler deutscher Krankenhäuser besteht noch erheblicher Nachholbe-

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darf“, sagt Nils Crasselt, Inhaber des Lehrstuhls für Controlling an der Schumpeter School of Business der Bergischen Universität Wuppertal. Er ist Mitautor der aktuellen „Krankenhaus-ControllingStudie“ der Uni Wuppertal, des Deutschen Vereins für Krankenhaus-Controlling DKVC und der Unternehmensberatung Zeb, in der Missstände aufgedeckt werden. Es gibt einige Defizite, die vor allem angesichts der gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen der vergangenen Jahre für so manches Krankenhaus durchaus existenzbedrohend werden könnten. Das zeigt sich nicht zuletzt auch darin, dass viele Kliniken schließen müssen oder von privaten Trägern übernommen und auf Wirtschaftlichkeit getrimmt werden. So wird seit Jahren schon vom „Kliniksterben“ in der Branche gesprochen. Zu den größten Veränderungen der vergangenen FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


STRATEGIE & EFFIZIENZ: CONTROLLING

Jahre gehört vor allem die Einführung der DRG (Diagnosis Related Groups)-Fallpauschalen 2003. Dabei handelt es sich um ein Abrechnungsverfahren, mit dem Patienten anhand von medizinischen Daten wie beispielsweise im Krankenhaus durchgeführten Prozeduren, gestellten Diagnosen, demographischen Variablen oder Verweildauer klassifiziert werden. Entsprechend dieser Klassifikation – und unabhängig von den tatsächlich entstehenden Kosten – erhalten Krankenhäuser ein pauschales Entgelt von den Krankenkassen. Das brachte zum Teil dramatische Änderungen mit sich: Früher war die Erstattung umso höher, je länger die Verweildauer war. „Krankenhäuser wurden dadurch geradezu zu unwirtschaftlichem Verhalten motiviert“, erinnert sich Nicolas Krämer, Kaufmännischer Geschäftsführer vom Lukaskrankenhaus Neuss. Heute ist es umgekehrt: Krankenhäuser müssen die Verweildauer möglichst senken, um eine Kostendeckung zu erreichen. Doch dafür müssen sie erst einmal überhaupt einen Überblick über die Verweildauer oder andere relevante Daten bekommen. „Diese neue Herausforderung hat überhaupt erst dazu geführt, dass sich viele Krankenhäuser näher mit dem Thema Controlling beschäftigt haben“, so Krämer. Die Folgen: Bis heute dominiert in vielen Krankenhäusern ein hemdsärmeliges Controlling, das mit dem Controlling von Industrieunternehmen nicht mithalten kann. Beispiel Liquiditätsplanung: Besonders hier scheint es einigen Nachholbedarf zu geben, zeigt die Studie zum Krankenhaus-Controlling. Nur gut die Hälfte der befragten Krankenhäuser macht eine Analyse der kurz- und langfristigen Zahlungsfähigkeit. Rund ein Drittel der Krankenhäuser verfügt

nicht über eine operative Liquiditätssicherung. Auch das Lukaskrankenhaus Neuss hat hier vor einiger Zeit nochmal nachgebessert. Als Finanzchef Krämer Mitte 2014 ins Unternehmen kam, fiel ihm auf, dass die Zeit zwischen der Entlassung der Patienten und der Rechnungsstellung sowie in der Folge der Kostenerstattung durch die Krankenkassen viel zu lang ist. Krämer hat daraufhin ein WorkingCapital-Projekt aufgesetzt, um diese Zeit zu verkürzen – mit Erfolg. „Damals hat es 19 Tage gedauert, inzwischen liegen nur noch 9 bis 10 Tage zwischen Entlassung und Fakturierung“, sagt er. Die Folge: Seit Januar hat das Krankenhaus mehrere Millionen Euro zusätzlich an Liquidität gewonnen. Laut Krämer gibt es gerade hier bei vielen Krankenhäusern noch Optimierungspotential. Größere Unterschiede ergeben sich vor allem bei der Krankenhausgröße, die Art der Träger hat hingegen kaum Einfluss auf die Professionalität des Controllings, sagt Professor Crasselt. Dass das Lukaskrankenhaus vergleichsweise besser aufgestellt ist, passt in die Studienergebnisse: Mit 518 Betten gehört es zu den größeren Klinken in Deutschland.

Sorgenkind Deckungsbeitragsrechnung Ähnlich problematisch wie bei der Liquiditätsplanung sieht es beim Thema Deckungsbeitragsrechnung aus: Eigentlich ein klassisches Controlling-Tool, mit dem Unternehmen einen Überblick darüber bekommen können, wie hoch die variablen sowie fixen Kosten in ihren Abteilungen sind. Doch viele Krankenhäuser führen keine Deckungsbeitragsrechnung durch oder legen erhobene Zahlen »

Kliniksterben Jeder fünften Klinik in Deutschland droht 2015 die Insolvenz, prognostiziert der „Krankenhaus Rating Report“ des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung, des Institutes for Health Care Business sowie von Accenture. Bei vielen ist die Schuldenlast zu groß, es kommt zu Investitionsstau. Die Folgen sind Insolvenz, Fusionen oder Übernahmen.

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STRATEGIE & EFFIZIENZ: CONTROLLING

Lukaskrankenhaus Neuss

dem Management nicht vor, hat die Studie ergeben. Dabei kann man sich durch eine Deckungsbeitragsrechnung einen ersten Überblick darüber verschaffen, wie profitabel einzelne Abteilungen sind. Für viele Krankenhäuser mit Finanzproblemen wären das wichtige Anhaltspunkte, denn gegebenenfalls kann man Abteilungen auslagern oder mit anderen

„Die CFOs sind gefragt“, sagt Finanzchef Nicolas Krämer.

Krankenhäusern zusammenlegen, um wirtschaftlicher zu werden. „Vor dem Hintergrund der aktuellen Lage ist es völlig verrückt, keine Deckungsbeitragsrechnung zu haben“, sagt Krankhaus-CFO Nicolas Krämer. „Viele haben offenbar noch nicht gemerkt, dass es fünf vor zwölf ist.“ Laut Studienautor Crasselt hängt auch dieses Defizit mit den früheren Regelungen zusammen: „Früher bestand das Krankenhaus-Controlling vor allem daraus, Kosten zu erfassen und sie gegenüber den Krankenkassen abzurechnen.“ Wie Kostenstruktur oder gar Profitabilität genau aussehen, war eher unwichtig. Eine Herangehensweise, die bei größeren Industrieunternehmen kaum vorstellbar wäre. Auch die Rolle der Controller in Krankenhäusern unterscheidet sich stark von der in Industrieunternehmen: Dort kristallisiert sich zunehmend der Trend heraus, dass Controller mehr als nur Zahlenlieferanten sind. Sie wollen stärker als Berater des Managements wahrgenommen werden. In Krankenhäusern verbringen Controller hingegen den Großteil ihrer Zeit mit der Sammlung, Aufbereitung und Analyse von Daten, hat die Untersuchung ergeben. „Bei uns haben die meisten Controller eine Beratungsfunktion, denn Zahlenfriedhöfe alleine bringen mir nichts“, sagt CFO Krämer, dessen Controlling-Abteilung aus acht Mitarbeitern besteht. Eine gute Kommunikation zwischen Controllern und dem Finanzchef sowie den Ärzten versucht das Krankenhaus durch monatliche Gespräche herzustellen, was laut Krämer, der bereits in anderen Krankenhäusern tätig war, nicht selbstverständlich sei. Durch die Gespräche sollen auch die beiden Un-

MedizinControlling Medizin-Controlling analysiert die Zusammenhänge zwischen medizinischen und ökonomisch-betriebswirtschaftlichen Aspekten der Patientenversorgung und steuert nach Kennzahlen wie beispielsweise Aufenthaltsdauer oder Behandlungskosten. In vielen deutschen Krankenhäusern sind Medizin- und FinanzControlling schlecht miteinander verzahnt, bemängeln Kritiker.

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terabteilungen – das Medizin-Controlling und das Finanz-Controlling – stärker verzahnt werden. Gerade hier herrscht bei vielen Krankenhäusern Nachholbedarf, hat auch Professor Crasselt beobachtet.

Hoffnungsträger IT-Systeme Doch es gibt auch positive Entwicklungen: In den vergangenen Jahren haben sich Krankenhäuser mit Blick auf die IT besser aufgestellt. „Viele Krankenhäuser arbeiten inzwischen deutlich professioneller und nutzen Data-Warehouse-Lösungen“, sagt Crasselt. Mittlerweile nutzen 60 Prozent der Befragten solche Systeme, die Daten aus unterschiedlichen Quellen in einem einheitlichen Format zusammenfassen. Je größer das Krankenhaus, desto moderner die IT-Infrastruktur, haben die Studienergebnisse ergeben. Durch die professionellere EDV würden sich automatisch professionellere Strukturen aufbauen, hofft Crasselt. Daneben gibt es auch immer noch viele Krankenhäuser, bei denen Excel die zentrale Software ist. Das Tabellenkalkulationssystem ist bekanntlich nutzerfreundlich, hat aber viele Nachteile wie die fehlende Revisionssicherheit. „Je nach Größe des Krankenhauses ist das auch in Ordnung, gerade bei kleineren sind die Prozesse ja viel informeller“, sagt Crasselt. Beim Lukaskrankenhaus sieht das allerdings anders aus, mit Excel alleine würde Nicolas Krämer nicht weit kommen. Die Finanzabteilung nutzt SAP für ihr ERP-System und macht auch von iPads bei Patienten Gebrauch. „Es gibt allerdings einzelne Prozesse, bei denen wir immer noch mit Excel arbeiten“, räumt Krämer ein. „Da haben wir jetzt angesetzt und wollen bis zum Ende dieses Jahres

»Viele haben nicht gemerkt, dass es fünf vor zwölf ist.« — Finanzchef Nicolas Krämer

eine Data-Warehouse-gestützte Cockpitlösung einführen.“ Dass viele Krankenhäuser immer nur einen Hilferuf nach mehr Geld an die Politik adressieren, kann der Finanzchef nicht nachvollziehen. „Die CFOs sind jetzt gefragt, sie müssen schnell etwas ändern.“ Bevor Krämer in die Finanzabteilungen von Krankenhäusern wechselte, war er viele Jahre als Berater und Wirtschaftsprüfer bei KMPG tätig – das erklärt vielleicht seine Herangehensweise. Auch Crasselt hat beobachtet, dass viele CFOs inzwischen aus der Beratung kommen und dadurch eine höhere Professionalisierung mitbringen. Für die Problemfälle unter den Krankenhäusern wären das gute Nachrichten. julia.schmitt@finance-magazin.de FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


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STRATEGIE & EFFIZIENZ: ANLAGE

Suche nach Sicherheit Unternehmen investieren stärker in Aktien als andere Investoren, womit sie bisher gut fuhren. Angesichts der volatilen Märkte steigt allerdings der Wunsch nach besserer Absicherung. Text: Antonia Kögler

zhudifeng/iStock/Thinkstock/Getty Images

fondsanlagen der Gruppe. Dabei zeigte sich aber auch: Die vergangenen Wochen haben den Erträgen vieler Unternehmensportfolios einen deutlichen Dämpfer verpasst. „Die Performance der Spezialfondsanlagen von Unternehmen ist im Juni durch die Marktkorrektur um 2,54 Prozent zurückgegangen“, sagt Markus Neubauer. Bei anderen institutionellen Anlegern haben sich die aktuellen Entwicklungen nur mit einem Minus von 2,12 Prozent niedergeschlagen.

Die aktuellen Schwankungen an den Aktienmärkten halten die Investoren in Atem.

Die Studie Anhand realer Fondsdaten hat Universal-Investment untersucht, wie Unternehmen und andere institutionelle Anleger ihre Spezialfondsanlagen auf der Master-KVGPlattform strukturieren. Das Gesamtvolumen der analysierten Assets liegt bei 176 Milliarden Euro. Bei 43,4 Milliarden Euro davon handelt es sich um Gelder, die Unternehmen über die Plattform anlegen.

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— Selten waren die Sommerwochen so unruhig wie in diesem Jahr: Gefühlt minütlich hielten Nachrichten aus China, den USA, Griechenland und der Ukraine Marktbeobachter auf Trab. Die meisten Nachrichten sind negativ, weswegen die Schwankungen an den Aktienmärkten weltweit in den vergangenen Wochen stark angestiegen sind. Der Dax-Kurs verbuchte einige Verluste und rutschte erstmals seit langem wieder unter die Marke von 10.000 Punkten. Für Unternehmen wird dadurch das Umfeld bei der langfristigen Geldanlage immer verzwickter: Einerseits werfen Rentenpapiere immer noch sehr wenig ab, andererseits unterliegen Aktien einem erhöhten Kursrisiko. Allerdings warten viele noch ab und üben sich in ruhiger Hand. „Die Unternehmen haben bisher noch keine Gelder wegen der Unsicherheiten am Markt umgeschichtet“, sagt Markus Neubauer, der als Geschäftsführer bei der Frankfurter Kapitalverwaltungsgesellschaft Universal-Investment das institutionelle Geschäft verantwortet. Er bezieht sich dabei auf eine aktuelle Analyse seines Hauses über die gesamten Spezialü

Hoher Aktienanteil Viele Unternehmen sind besonders im langfristigen Bereich auf gute Renditen für ihre angelegten Gelder angewiesen. Das Niedrigzinsumfeld setzt sie vor allem durch ständig steigende Pensionslasten unter Druck. Bisher konnten viele Unternehmen die zusätzlichen Verpflichtungen durch gute Anlagestrategien zumindest ein wenig abfedern. Wie die Analyse zeigt, haben Unternehmen einen deutlich höheren Aktienanteil in ihren Spezialfonds als andere Anleger, was auch den aktuell stärkeren PerformanceRückgang erklärt. Die Quote liegt aktuell bei etwa 35 Prozent. Das ist der höchste Stand des Aktienanteils seit Anfang 2012, dem Beginn der Datenerhebung. Im Durchschnitt aller Anlegergruppen liegt dieser Anteil lediglich bei 30 Prozent. „Unternehmen sind als Investoren Aktien gegenüber grundsätzlich aufgeschlossener als andere Kundengruppen. Darüber hinaus geht der Anstieg des Aktienanteils zum größten Teil auf Kurssteigerungen an den Aktienmärkten zurück“, erklärt Neubauer. „Unternehmen sind als Anleger weniger starren Regularien unterworfen als andere institutionelle Anleger“, sagt er. „Dadurch haben sie eine höhere Flexibilität und können auch stärker an den gut laufenden Aktienmärkten partizipieren.“ Im Hinblick auf die vergangenen zwölf Monate ist diese Strategie auch aufgegangen. Unternehmen erreichten eine Performance von 8,25 Prozent. Im Durchschnitt aller Anlegergruppen waren es lediglich 6,87 Prozent. Einige Unternehmen hätten in den vergangenen Jahren aufgrund der guten Börsenentwicklung immer wieFINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


STRATEGIE & EFFIZIENZ: ANLAGE

der einmal Gewinne aus Aktienengagements mitgenommen und damit gleichzeitig ihren Aktienanteil auf unter 40 Prozent reduziert. Derzeit werde allerdings auch neues Geld investiert. „Wir sehen, dass freigewordene Gelder aus fälligen Rentenpapieren zum Teil in Aktien und alternativen Anlagen investiert werden, anstatt wieder in den Rentensektor zu fließen“, beschreibt Neubauer.

Rentenanteil sinkt Insgesamt sinkt der Rentenanteil bei allen Anlegergruppen. Der Anteil an Anleihen im Portfolio von Unternehmen hat deutlich abgenommen und liegt derzeit bei rund 51 Prozent. Bei allen institutionellen Investorengruppen sind es mit durchschnittlich 49,3 Prozent etwas weniger. Innerhalb des Rentenanteils haben Unternehmen – ebenso wie andere Anleger – in den vergangenen Jahren deutlich umgeschichtet und sind von Staatsanleihen stärker in Unternehmensanleihen gegangen. Die restlichen Anteile des Portfolios verteilen sich auf Dachfonds, Zertifikate und Cash. Auch Investitionen in den Bereichen Private Equity und Immobilien wachsen langsam. Die Ende August aufgekommenen Unsicherheiten an den Aktienmärkten weltweit könnten ein weiteres Absinken des Rentenanteils erst einmal verhindert haben. Verschrecken lassen sich die Unternehmen allerdings nicht. „Wir glauben, dass Unternehmen bei ihrem Ansatz bleiben werden und weiterhin stark in Aktien investiert bleiben“, sagt Neubauer. Seiner Ansicht nach verfügen die Unternehmen über genügend Reserven, um die Schwan-

Asset Allocation von Unternehmen auf der UI-Plattform in Spezialfonds – Juni 2015 Aktien (inkl. Aktienfondsanteile) 35,14%

Kasse 4,93% Zertifikate und Derivate 0,61% Fondsanteile (exkl. Aktien und Renten) 7,94%

Renten (inkl. Rentenfondsanteile) 51,38%

Quelle: Universal-Investment

kungen auszuhalten. Der Wunsch nach stärkerer Absicherung steige allerdings. „Es gibt derzeit einen Trend hin zu Overlay-Strategien oder Wertsicherungskonzepten.“ Aktuell seien diese Konzepte allerdings noch kein Standard. „Bisher nutzen vor allem große Unternehmen diese Konzepte für sich.“ Allerdings zahlen die Unternehmen, die sich dafür entscheiden, auch einen Preis für die höhere Sicherheit. Dabei kann die Höhe der „Versicherungsprämie“ je nach Assetklasse, Komplexitätsgrad und Volumen unterschiedlich ausfallen. Ob diese Mechanismen auf Dauer ausreichen werden, wird davon abhängen, wie sich die Märkte in den kommenden Monaten entwickeln. Falls sich die Turbulenzen verstärken, werden die Unternehmen darüber entscheiden müssen, ob sie ihre Aktienquote aktiv wieder senken und damit auch auf zukünftige Renditechancen verzichten.

Absicherung Es gibt unterschiedliche Konzepte, mit denen Anleger sich gegen Verluste in ihrem Portfolio absichern können. Mit Wertsicherungskonzepten schützen Investoren ihre Anlagen durch Wertuntergrenzen gegen negative Marktentwicklungen. Durch OverlayStrategien können sie ihr Verlustrisiko über das gesamte Portfolio hinweg begrenzen.

antonia.koegler@finance-magazin.de

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ALLES WAS RECHT IST

— Im Jahr 2005 hat das Unternehmen Heidelberger Druckmaschinen seine Rechtsabteilung ausgelagert. Zehn Jahre später kommt die Rolle rückwärts: CFO Dirk Kaliebe und CEO Gerold Linzbach holen die Bereiche Recht und Compliance jetzt wieder ins Unternehmen zurück. Seit Anfang 2015 leitet Oliver Heeb die neu aufgebaute Abteilung. Bis zu Heebs Antritt wurden Rechtsangelegenheiten von Heideldruck an die Kanzlei Adjuga weitergegeben, die im Zuge der Auslagerung von drei ehemaligen Mitarbeitern der Heidelberger-Rechtsabteilung gegründet worden war. Heeb und Kaliebe teilen die Ansicht, dass Heidelberger durch das Outsourcing bei den Kosten zwar flexibler geworden war, unter dem Strich für Rechtsangelegenheiten aber mehr bezahlen musste. Man habe gemerkt, dass Heidelberger die Grundlast intern „deutlich kostengünstiger“ erledigen kann, sagt Heeb. Neben dem Kostenaspekt habe auch der Wunsch des Vorstands eine wichtige Rolle gespielt, wieder eigene juristische Ansprechpartner im Unternehmen zu haben. Mit Heeb kamen drei weitere Angestellte – zwei unterstützen ihn im Wirtschafts-, Zivil- und Kapitalmarktrecht, eine Kollegin ist als Compliance-Beauftragte speziell für die internen Regeln von Heideldruck zuständig. „Weil wir viel im Bereich M&A und Corporate Finance umsetzen, ist geplant, dafür eine weitere Stelle zu schaffen“, sagt Heeb. Adjuga bekommt weiter Aufträge von Heidelberger Druckmaschinen, vor allem bei komplexen Projekten, die das

Heidelberger Druck

Heidelberger Druckmaschinen: Darum holte CFO Dirk Kaliebe die Rechtsabteilung zurück ins Unternehmen

Heidelberger Druckmaschinen holt seine Rechtsabteilung zurück, und das nicht nur aus Kostengründen.

Unternehmen nicht selbst stemmen kann – entweder, weil es zu viel ist, oder weil das Spezialwissen fehlt, wie bei einer Kooperation mit Fuji, die Heidelberger Druckmaschinen gerade verhandelt. Das Verhältnis zwischen Heideldruck und Adjuga war laut Heeb deutlich enger, als das zwischen Unternehmen und Kanzleien üblich ist. „Jetzt haben wir ein Mandatsverhältnis wie jedes andere auch – der Rahmenvertrag muss einem Drittvergleich standhalten“, sagt Heeb. Vorbei ist die Zeit, in der die Fachabteilungen direkten Kontakt zu Adjuga aufnehmen konnten. Der erste Ansprechpartner für die Mitarbeiter ist seit August Heebs Team. Insgesamt spart sich Heideldruck laut Heeb schon jetzt 10 bis 20 Prozent. fba

Deutsche Bank: Rechtsabteilung wird Chefsache

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Dodds und Dryander berichten sollen. Das Blatt bezieht sich dabei auf interne Dokumente, welche die Deutsche Bank auf FINANCE-Nachfrage nicht näher kommentierte. phh

Deutsche Bank

— Die Deutsche Bank befindet sich im Umbruch: Anshu Jain ist bereits gegangen, Co-CEO Jürgen Fitschen wird folgen. Der neue starke Deutsch-Banker ist der Brite John Cryan, der sich in seiner früheren CFO-Rolle bei der Schweizer UBS den Ruf eines knallharten Sanierers erworben hat. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Cryan als eine seiner ersten Amtshandlungen die Aufräumarbeiten in der Rechtsabteilung zur Chefsache erklärt hat. Der bisherige Chefjurist Richard Walker gibt zudem die operative Leitung der Rechtsabteilung an seine beiden Stellvertreter Simon Dodds und Christof von Dryander ab, soll der Bank aber in beratender Funktion erhalten bleiben. Medien berichten zudem über weitere organisatorische Veränderungen. Laut dem Handelsblatt sollen neben den bestehenden fünf regionalen Chefjuristen weitere Chefjuristen für die vier Geschäftsfelder geschaffen werden, die alle an

Die Rechtskosten bei der Deutschen Bank schlagen auf den Profit. Jetzt räumt der Chef persönlich auf. FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


2. StadtwerkeFinanzforum Gemeinsame Themen – gemeinsame Lösungen Innovatives Finanzmanagement für kommunale Unternehmen 3. DEZEMBER 2015, WOLKENBURG, KÖLN

Die Referenten 2015 Alexander Fromme, Leiter Finanzen, STEAG GmbH

Michael Heidkamp, Vertriebsvorstand, EWE AG

Dr. Peter Langner, Stadtkämmerer, Stadt Duisburg

Dr. Veronika Richter, Credit Analyst, Fixed Income Research, Talanx Asset Management GmbH

Gabriele C. Klug, Stadtkämmerin, Stadt Köln

Die Themen

Mit mehr Wettbewerb zur Energiewende Finanzwirtschaftliche Herausforderungen M&A im Energiesektor – mehr als eine Frage der Finanzierung

Stadtwerke und der Kapitalmarkt: Schuldscheindarlehen als Baustein Mit Milliardeninvestitionen zur Ökostadt 2025 Rücklagen bilden oder Gewinne ausschütten? Stadtkämmerer und Stadtwerker im Gespräch Referenten- und Programmauszug

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STRATEGIE & EFFIZIENZ: ABSATZ

Taifune in den Bilanzen

An Xin/Picture Alliance/dpa

Blind vertraute die deutsche Großindustrie auf den Absatzmotor China. Nach dem Börsencrash gerät die Wachstumsmaschine ins Stottern. Autobauer, Chemie-Riesen und Elektrokonzerne müssen ihre Pläne kräftig revidieren. Wie abhängig die Unternehmen von China geworden sind, lässt sich jetzt an den Bilanzen ablesen. Text: Günter Heismann

Börsencrash in China: Besonders Autobauer dürften von einer Nachfrageschwäche im Reich der Mitte betroffen sein – aber nicht nur.

— Nie zuvor haben deutsche Industriekonzerne so stark auf einen einzelnen Markt gesetzt. Unaufhaltsam brausten die Autohersteller gen China, das größte und lange Zeit am kraftvollsten wachsende Schwellenland. Der VW-Konzern verkauft dort jedes dritte Auto, das weltweit unter den Marken Audi, Seat, Škoda und Volkswagen vom Band rollt. Auch der Flugzeugbauer Airbus, der Chemie-Riese BASF und der Elektrokonzern Siemens vertrauten nahezu blind darauf, dass das Rekordwachstum in China unbegrenzt anhalten werde. Die Volksrepublik wurde für die deutsche Großindustrie buchstäblich zum Reich der Mitte. Jetzt jedoch kommt nach dem großen Rausch ein böser Kater. An den chinesischen Finanzmärkten ist eine gigantische Blase geplatzt, die sich über Jahre hinweg aufgebaut hatte. Obendrein ächzen im Immobiliengeschäft viele Player unter Schulden, die sie womöglich nie zurückzahlen können. Vor al-

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lem aber schrumpft das Wachstum der chinesischen Volkwirtschaft. Für das erste Halbjahr meldete Chinas Statistikbehörde noch ein Wachstum von 7 Prozent. Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) hält selbst diese Zahl noch für deutlich zu hoch. Der Li-Keqiang-Index, den der „Economist“ als Wachstumsbarometer kreiert hat, stieg in den ersten beiden Quartalen 2015 nur um 4,3 und 4,4 Prozent – also erheblich geringer als in den Vorjahren. Symbol für die Krise, in der sich das einstige Billiglohnland China verfangen hat, ist das verheerende Chemie-Unglück in Tianjin. Die Explosionen forderten nicht nur Dutzende von Todesopfern und unzählige Verletzte. Es wurde auch der Hafen von Tianjin schwer beschädigt, über den rund 40 Prozent aller chinesischen Pkw-Importe laufen. Audi, BMW und VW waren gezwungen, insgesamt rund ein Dutzend Autofrachter, die Tianjin anlaufen sollten, zu anderen chinesischen Häfen umzudirigieren. FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


STRATEGIE & EFFIZIENZ: ABSATZ

Nicht zu schwarze Farben Konzernchefs und Finanzvorstände warnen jedoch davor, die Lage in allzu schwarzen Farben zu malen. „Wir sollten jetzt nicht in übertriebene Hektik verfallen“, sagt Guido Kerkhoff, Finanzchef bei ThyssenKrupp. Das Unternehmen ist in China vor allem mit Aufzügen und Autoteilen präsent. Bei Liften und Rolltreppen berichtet Kerkhoff von stagnierenden Auftragseingängen. Bei Komponenten für die Automobilindustrie würden die Umsätze hingegen schrumpfen. ThyssenKrupp erzielt allerdings nur 6 Prozent seiner weltweiten Umsätze in China – ein Bruchteil so viel wie BMW, Siemens oder Volkswagen. In weit größerem Ausmaß als ThyssenKrupp ist BASF auf den Fernen Osten angewiesen. Neben den USA war die Volksrepublik in den vergangenen Jahren stets der große Wachstumstreiber bei dem Unternehmen aus Ludwigshafen. „Im ersten Halbjahr 2015 blieb das Wachstum der Weltwirtschaft, der globalen Industrieproduktion sowie der Chemieproduktion hinter unseren Erwartungen zurück. Dies lag vor allem an der gedämpften Konjunkturentwicklung in China und den USA“, heißt es bei BASF. Wohin Vorstandschef Kurt Bock auch blickt, sieht er in China in erster Linie Probleme. Vor allem in den zyklischen Absatzmärkten läuft es schlecht. So lahmt beispielsweise der Neubau von Wohnungen, für die BASF Farben und Kunststoffteile liefert. Zugleich haben einheimische Mitbewerber neue Produktionsanlagen für chemische Grundstoffe in Betrieb genommen. Jetzt drücken Überkapazitäten auf die Margen von BASF China. Hinzu kommen steigende Fixkosten, die aus dem Bau neuer Produktionsanlagen resultieren. Relativ gut läuft es für BASF in China derzeit nur bei den technologieorientierten Geschäftsfeldern. Hierunter fallen ü — SEPTEMBER/OKTOBER 2015 FINANCE

hochwertige Lacke und Katalysatoren für die Autoindustrie. Alles in allem aber kann Bock mit der Situation in China nicht zufrieden sein. Die Volksrepublik hat den mit Abstand wichtigsten Chemiemarkt der Welt. Doch BASF erzielt dort nur einen winzigen Bruchteil der globalen Erträge. Bei den Tochtergesellschaften in Asien ist der Gewinn im ersten Halbjahr 2015 um drei Viertel auf insgesamt nur noch 45 Millionen Euro eingebrochen. In den USA fuhr BASF hingegen Erträge von rund einer halben Milliarde Euro ein, in Europa waren es sogar 1,5 Milliarden. Der Gewinn-Notstand in Fernost drückt auf die Ertragslage im ganzen Unternehmen. Ähnlich wie bei BASF fegt bei den deutschen Autoherstellern ein Taifun durch die Bilanzen. Das Wachstum in China, dem heute größten Automarkt der Welt, wurde in den vergangenen Monaten hart abgebremst. Im ersten Halbjahr 2015 stieg der Absatz der gesamten Branche lediglich um 6,7 Prozent. In den ersten sechs Monaten des Vorjahres hatten die Autoverkäufe in China hingegen um 13,4 Prozent zugelegt. Im Juli legte die Branche dann den Rückwärtsgang ein: Laut dem Verband der Automobilindustrie (VDA) konnten in China nur noch rund 1,2 Millionen Neuwagen verkauft werden. Dies waren 6 Prozent weniger als im Juli 2014. Besonders arg gebeutelt werden die deutschen Hersteller: Sie erreichten im ersten Halbjahr zumeist nicht einmal die ohnehin stark gefallenen Wachstumsraten des Gesamtmarktes. BMW konnte die Auslieferungen auf dem chinesischen Festland in den ersten sechs Monaten nur noch um rund 2,5 Prozent auf rund 230.000 Fahrzeuge erhöhen. Audi

Abhängigkeit Die deutsche Wirtschaft ist in den vergangenen Jahren zunehmend abhängig von China geworden. 2001 betrugen die Exporte in die Volksrepublik erst 12,1 Milliarden Euro. 2014 erreichten sie hingegen 74,5 Milliarden Euro, also das Sechsfache. Gleichzeitig stiegen die deutschen Importe aus China von 19,9 auf 79,4 Milliarden Euro. Volkswirte von Morgan Stanley haben errechnet: Fällt die Nachfrage aus China um 10 Prozent, sinkt das Wachstum hierzulande um 0,3 Prozentpunkte.

Siemens

Die deutschen Industriekonzerne müssen ihre Pläne, Ziele und Prognosen für den chinesischen Markt entschlossen auf den Prüfstand stellen. Besorgt fragen sich Finanzchefs in Ingolstadt und Ludwigshafen, in München und Stuttgart, welche Löcher die Turbulenzen in Fernost in ihre Bilanzen schlagen werden. „Die Wachstumsdynamik in der chinesischen Industrieproduktion bleibt kraftlos. Vor allem Investitionsgüter wie Maschinen und Anlagen zeigen nur ein schwaches Wachstum“, hat Ralf P. Thomas erkannt, Finanzvorstand von Siemens. Im zweiten Quartal 2015 brach der Umsatz des Elektrokonzerns in China um 8 Prozent ein, der Auftragseingang sank um 2 Prozent. Ähnlich schrumpften die Exporte der deutschen Maschinenund Anlagenbauer nach China in den ersten fünf Monaten um 3 Prozent.

Siemens-CFO Ralf Thomas schaut mit Sorgen nach China.

hat im ersten Halbjahr 2015 knapp 274.000 Autos an chinesische Kunden übergeben. Dies sind lediglich 1,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Audi-Konzernmutter Volkswagen rutschte sogar ins Minus: VW konnte in den ersten sechs Monaten in China und Hongkong nur noch 1,74 Millionen Fahr- »

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STRATEGIE & EFFIZIENZ: ABSATZ

An Chinas Aktienmarkt hatte sich eine gewaltige Blase gebildet, die unvermeidlich platzen musste. Der Börsenindex Shanghai Composite, der Anfang 2014 noch bei rund 2.000 Punkten verharrt hatte, erreichte im Juni 2015 einen Höchststand von 5.178 Punkten. Dies entspricht einem Anstieg von mehr als 150 Prozent. Bis Anfang August stürzte der Index dann auf rund 3.750 Punkte. Rein rechnerisch wurde dabei ein Vermögen von 4 Billionen Dollar vernichtet.

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Ursachen des Debakels Für das Debakel gibt es viele Ursachen: In Metropolen wie Peking, Schanghai und Guangzhou, die von Smog und Verkehrsstaus geplagt werden, begrenzen die Behörden strikt die Zulassung von Neuwagen. Zugleich drängen einheimische Hersteller mit Billigmodellen auf den Markt. Vor allem aber haben die Verwerfungen an den Börsen den Autoboom urplötzlich zum Stoppen gebracht. Die Baisse hat bis Anfang August rein rechnerisch ein Vermögen von umgerechnet 4 Billionen Dollar vernichtet. Obendrein gerieten die Immobilienpreise ins Wanken. Nun haben Millionen von Privatanlegern nicht mehr genug Geld, um sich ein neues Auto leisten zu können. Besonders stark fielen die Pkw-Verkäufe im Juni, als die Börsenkurse lotrecht in die Tiefe stürzten. Das Ende des Autobooms hinterlässt Bremsspuren in den Bilanzen. Besonders betroffen ist Volkswagen. Analyst Arndt Ellinghorst schätzt, dass der Konzern rund 60 Prozent seiner weltweiten Nettoerträge in China erwirtschaftet. Da VW dort Gemeinschaftsunternehmen mit lokalen Herstellern betreibt, werden die Gewinne aus dem China-Geschäft nicht im operativen Ergebnis verbucht, sondern fließen in das Finanzergebnis ein. Diese Erträge verharrten in den ersten sechs Monaten mit insgesamt 2,7 Milliarden Euro auf dem Niveau des Vorjahres. Finanzchef Hans Dieter Pötsch hofft, dass diese Entwicklung im gesamten Geschäftsjahr anhält. Eine unerlässliche Voraussetzung dafür ist jedoch, dass Volkswagen entschlossen im ChinaGeschäft aufräumt. Der Konzern dürfte gezwungen sein, den Ausbau der lokalen Produktion einzu-

schränken oder aufzuschieben. Erst im Februar hatte China-Vorstand Jochem Heizmann verkündet, dass die Kapazitäten in China von 3 auf 5 Millionen Fahrzeuge pro Jahr erhöht werden sollen. Bis 2019 will VW gemeinsam mit seinen Partnern fünf neue Fabriken bauen, die insgesamt 22 Milliarden Euro verschlingen werden. Es drohen womöglich gigantische Fehlinvestitionen. Auch die Premiumhersteller müssen prüfen, ob der geplante Bau neuer Fabriken und Montagelinien wirklich in jedem Fall sinnvoll ist. Die Unsicherheit ist groß. Handelt es sich bei der Absatzkrise um eine vorübergehende Schwäche? Oder zeichnet sich ein grundlegender Trendbruch ab? BMW rechnet damit, dass der Absatz in den kommenden Jahren erheblich langsamer zunimmt. „Uns war immer klar, dass sich die zweistelligen Wachstumsraten auf dem chinesischen Automobilmarkt der vergangenen Jahre nicht unendlich in die Zukunft fortschreiben lassen würden. Der Markt in China normalisiert sich schnell, und das war absehbar“, sagte der neue BMW-Chef Harald Krüger kürzlich in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Die vielzitierte neue Normalität schlägt sich auch in den Renditen nieder. Rabattschlachten erwarten Experten zwar nicht. Doch die bislang sehr auskömmlichen Margen dürften unter Druck geraten, wie die Großbanken BNP Paribas und Credit Suisse prognostizieren. Luxusautos aus Europa sind keine Selbstläufer mehr. Aus diesem Grund

ThyssenKrupp

Kurssturz

zeuge verkaufen. Dies waren 3,9 Prozent weniger als im gleichen Vorjahreszeitraum. Es ist das erste Mal seit zehn Jahren, dass der Absatz von Volkswagen in China schrumpft. Daimler ist der einzige deutsche Autohersteller, der sich dem Trend widersetzen konnte. „Wir haben im ersten Halbjahr über 165.000 MercedesBenz-Fahrzeuge in China verkauft. Dies entspricht einem Absatzplus von 21,6 Prozent“, verkündete stolz ein Unternehmenssprecher. Daimler hat in den vergangenen Monaten in China mehrere neue Modelle auf den Markt gebracht – dies kurbelt jetzt den Verkauf an. Der Zuwachs bei den Premiumherstellern konnte den Rückgang beim Massenproduzenten VW allerdings nicht ausgleichen: In der Summe verkauften die deutschen Autobauer im ersten Halbjahr 2015 in China rund 40.000 Limousinen, SUVs und Sportwagen weniger als im entsprechenden Zeitraum des Vorjahres. Dies entspricht einem Rückgang von 1,7 Prozent.

ThyssenKrupp-CFO Guido Kerkhoff: nicht in Hektik verfallen

will BMW das Geschäft in China breiter aufstellen. Neben dem reinen Verkauf von Neuwagen werden die Händler in China künftig zusätzliche Leistungen anbieten, etwa die Finanzierung des Autokaufs, After-Sales-Services und Gebrauchtwagenhandel. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg will Audi seinen gut 400 Händlern in China ebenfalls mit einer Finanzspritze unter die Arme greifen. „Medienberichte über angebliche UnterstützungsFINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


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leistungen kommentieren wir nicht“, sagt ein Firmensprecher. Er fügt jedoch hinzu: „Im zunehmend intensiven Wettbewerb setzt Audi auf ein finanziell gesundes Händlernetz, hohe Servicequalität für den Kunden und stabile Preise.“ Es wird für die erfolgsverwöhnten deutschen Hersteller zunehmend schwieriger und aufwendiger, in China Autos zu verkaufen.

AM 22. OKTOBER 2015 ... teilen Experten und Entscheider Praxiswissen miteinander.

Der Renminbi wertet ab Überdies hat die chinesische Regierung im August den Yuan kräftig gegenüber dem Dollar abgewertet, um die Exporte der einheimischen Wirtschaft zu fördern. Die Großunternehmen sehen sich gut vorbereitet für die Währungswirren in China (mehr zur Währungsdebatte auf Seite 8) So hat Daimler sein Währungs-Exposure in China weitgehend mit Wechselkurssicherungsgeschäften gehedgt. Die Umsatzerlöse, die der Autohersteller im laufenden Jahr aus dem China-Geschäft erwartet, seien nahezu vollständig abgesichert, sagt eine Sprecherin. Das Yuan-Exposure, das Daimler für 2016 prognostiziert, sei zu mehr als 60 Prozent gedeckt. Andere Autohersteller wie Volkswagen setzen auf Natural Hedging: Sie produzieren nach Möglichkeit dort, wo sie verkaufen wollen. Die VWTochter Audi fertigt rund 80 Prozent der in China vertriebenen Fahrzeuge im Lande selbst. Auch der Hausgerätehersteller Bosch-Siemens betreibt in der Volksrepublik zahlreiche Werke. Wenn Unternehmen konsequent auf eine physische Abdeckung von Währungsrisiken setzen, wäre es vorteilhaft, wenn sie ihre Investitionen in China auch in chinesischer Währung finanzieren könnten, um Wechselkursrisiken abzubauen. Erste Schritte hat es bereits gegeben. Bosch, Siemens und Volkswagen platzierten in den vergangenen Jahren in Hongkong erfolgreich Anleihen, die auf Yuan lauten. „Dim Sum Bonds“ heißen diese Papiere im Jargon der Finanzindustrie. Auch auf dem Festland wurden bereits Bonds platziert. Die chinesische Regierung hat in der Tat verkündet, die Finanzmärkte schrittweise weiter zu liberalisieren. Nach dem Börsencrash tat sie jedoch genau das Gegenteil. Peking pumpte nicht nur immense Summen in die Börsen, um den Kursrutsch zu bremsen. Die Behörden verhängten obendrein weitgehende Restriktionen für den Handel mit Aktien und anderen Wertpapieren. Solche massiven Eingriffe in die freien Märkte wären in westlichen Industrieländern kaum vorstellbar. Nun fragen sich viele Finanzchefs deutscher Großunternehmen, wie ernst Chinas Regierung es mit der angekündigten Liberalisierung der Kapitalmärkte meint.

STRATEGIE & EFFIZIENZ: ABSATZ

TRANSFORMATION WORLD

... trifft sich das deutschsprachige SNP Netzwerk. ... wird ERFAHRUNGSAUSTAUSCH groß geschrieben.

Rückwärtsgang Die deutschen Autohersteller haben in China im ersten Halbjahr 2015 insgesamt 2,42 Millionen Fahrzeuge verkauft. Dies waren 1,7 Prozent weniger als im Vorjahr. Den Rückwärtsgang legte vor allem Volkswagen ein, wo der Absatz um 3,9 Prozent auf 1,74 Millionen Autos einbrach. Audi und BMW konnten nur noch ein mageres Wachstum von 1,9 bzw. 2,5 Prozent erzielen. Hingegen gelang es Daimler dank mehrerer neuer Modelle, den Absatz um 21,6 Prozent zu steigern.

Die Transformation der bestehenden SAPSysteme in eine S/4HANA Umgebung kann jetzt schon vorbereitet werden. Mit unserem Programm „Streamline Your SAP“ bereiten Sie Ihre jetzige SAP-Landschaft auf die neue Business Suite vor. Auf der zweiten Konferenz profitierten die Teilnehmer von dem einmaligen Erfahrungsschatz zahlreicher Praktiker. Sichern Sie sich Ihre Teilnahme, wir freuen uns auf Sie, am 22. Oktober 2015 in der Print Media Academy in Heidelberg!

Agenda Anmeld & ung unter snp-ag.c om/wor ld 22.10.15

redaktion@finance-magazin.de ü FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015

SNP | The Transformation Company 79


FINANCE-MULTIPLES

Schwerpunktbranche Maschinen- und Anlagenbau – Unternehmen sind den globalen Megatrends auf der Spur — Innovative Unternehmen aus der Branche Maschinen- und Anlagenbau sind zurzeit gefragt wie selten zuvor. Die Bewertungsmultiplikatoren haben sich in den vergangenen Jahren positiv entwickelt und bewegen sich seit Ende 2014 auf sehr hohem Niveau seitwärts. Wer sich gut positionieren will, muss sich allerdings großen Herausforderungen stellen: Die Maschinenbauer brauchen Antworten auf globale Megatrends, um sich erfolgreich von der Masse abzuheben. Gefragt sind innovative Lösungen im Bereich Umwelttechnik. Aber auch der digitale Wandel, die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine, sowie der effiziente Einsatz von Energie und Ressourcen sind Themen, bei denen Maschinen- und Anlagenbauer mit innovativen Lösungen punkten können. Dabei haben die Zielgruppen unterschiedliche Bedürfnisse: Während in den Industrienationen eher High-

end-Produkte gefragt sind, benötigen Schwellenländer häufig standardisierte Lösungen. Investoren schätzen an den Maschinenbauunternehmen besonders das solide und stabile Ertragsniveau der vergangenen Jahre. Dies macht gut positionierte Unternehmen nicht nur für strategische Käufer interessant, sondern auch für Private-Equity-Investoren. Sanierungsfälle sind hingegen derzeit nur schwer zu vermitteln. Demgegenüber können gut aufgestellte Unternehmen zurzeit auch überdurchschnittliche Verkaufspreise erzielen. Als klassische mittelständisch geprägte Branche wird der Maschinen- und Anlagebau zudem stark von Familienunternehmen geprägt. In einigen eigentümergeführten Betrieben steht die Nachfolge an – ein weiterer Treiber für Transaktionen. Dass das Label „Made in Germany“ gefragt ist, zeigt unter anderem die Übernahme von Gildemeister durch die

japanische DMG Mori Seiki. Allerdings werden nach Einschätzung von Marktbeobachtern die meisten Transaktionen mit Kaufinteressenten aus Europa oder den USA abgewickelt, während insbesondere China auf den Aufbau einer eigenen Maschinenbaubranche setzt. Insgesamt ist die Dealaktivität hoch. Ein starkes Innovationsprofil und eine gute internationale Aufstellung sorgen für hohe Preise. Eine zu starke Fokussierung auf eine Nische wird dagegen von Käufern häufig eher als Risiko denn als Vorteil gewertet. Die Multiples werden nach Einschätzung von Experten weiterhin auf dem hohen Niveau bleiben. Wer ein gut aufgestelltes Branchenunternehmen verkaufen möchte, hat damit zurzeit sehr gute Karten. Quellen: Hübner Schlösser & Cie, Network Corporate Finance, SBCF & Cie., VR Corporate Finance

EBIT- und Umsatzmultiplikatoren für den Unternehmenswert, September 2015 BRANCHE

BÖRSEN-MULTIPLES EBITMultiple

EXPERTEN-MULTIPLES SMALL-CAP* EBIT-Multiple

UmsatzMultiple

von

bis

6,4 á

8,5 á

0,63 â

1,08 â

6,9 á

9,2 á

Software

13,9 á

1,06 á

7,0 â

9,9 á

0,96 á

1,66 á

7,5 â

11,2 á

Telekommunikation

15,7 á

1,73 á

7,0 á

9,0 á

0,75 â

1,05 â

8,1 á

10,4 á

Medien

15,9 â

3,69 â

6,2 â

8,4 â

0,80 â

1,23 â

7,1 â

8,9 â

0,49 â

6,2

8,5 á

0,60 á

1,00 á

7,3 â

Handel und E-Commerce

bis

EBIT-Multiple

Beratende Dienstleistungen

von

EXPERTEN-MULTIPLES M

Umsatz-Multiple

von

bis

9,5 â 10,4

Transport, Logistik und Touristik

10,2 á

0,56

6,4 â

8,2 â

0,51

0,82 â

7,2 â

9,6 â

Elektrotechnik und Elektronik

16,2 á

1,92 á

7,2 á

9,2 á

0,58 â

0,91 â

7,5

9,6 á

Fahrzeugbau und -zubehör

11,9 â

1,06 â

6,4 á

8,3 á

0,63 á

0,91 â

6,7

8,9 â

Maschinen- und Anlagenbau

14,5 á

1,27 á

6,3

8,2 â

0,62 á

0,94 â

7,5 á

9,5

Chemie und Kosmetik

11,9 â

1,21 â

7,2 á

9,3 á

0,85 â

1,24 â

7,5 á

9,7 â

Pharma

13,1 á

1,78 á

8,1

10,5 á

1,22 á

1,74 á

8,9 á

11,3 á

Textil und Bekleidung

12,9 á

1,34 á

6,0

8,0

0,69 â

1,06 â

6,6 â

8,3 á

0,52 á

6,9 á

8,9 á

0,87 á

1,29

7,5 â

13,4 â

0,63 â

Nahrungs- und Genussmittel Gas, Strom, Wasser Umwelttechnologie und erneuerbare Energien Bau und Handwerk

13,5 â

1,55 â

8,7 â 10,3

6,1

8,0 â

0,80 á

1,21

7,2

9,3 á

6,1 á

7,9 â

0,76 á

1,13 â

6,9 â

9,4 â

5,7 â

7,5 á

0,55 á

0,80 â

6,4 â

8,3 á

* Small-Cap: Unternehmensumsatz unter 50 Mio. Euro; Mid-Cap: 50-250 Mio. Euro; Large-Cap: über 250 Mio. Euro; Pfeile zeigen niedrigeren/gestiegenen Wert gegenüber vorherigem Wert.

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FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


FINANCE-MULTIPLES

EBIT- und Umsatz-Multiples Maschinen- und Anlagenbau Mid-Cap im Rückblick 16 x EBIT 15 14 13 12 11 10  9  8  7  6  5  4  3 07/05

07/06

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07/14

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1,3 x Umsatz 1,2 1,1 1,0

Die Multiples

0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 07/05

07/06

07/07

07/08

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07/13

07/14

07/15

M FINANCE-Multiples Minimum M FINANCE-Multiples Maximum M Börsen-Multiples

Quelle: FINANCE-Multiples

MID-CAP*

FINANCE-Expertenpanel

EXPERTEN-MULTIPLES LARGE-CAP* Umsatz-Multiple von

bis

0,72 á

1,17 á

1,08 á

1,70 á

0,83 â

EBIT-Multiple von

Umsatz-Multiple

bis

von

bis

7,7 â

10,5 â

0,79 á

1,31 â

8,3 â

11,1 â

1,09 â

1,81 â

1,20 â

8,5 á

10,9 á

1,03 â

1,49 â

0,94 â

1,42 â

8,2 â

10,8 â

1,09 â

1,75 â

0,69 â

1,11 â

7,9 â

11,4 â

0,74

1,39 á

0,65 á

0,92 â

7,8 â

10,4 â

0,61 â

0,98 â

0,67 â

1,04 á

8,1 á

10,6 á

0,69 â

1,09 â

0,69

1,00 á

7,7

10,4 á

0,81 á

1,17 á

0,69 á

1,05 á

7,8

10,5 á

0,84 á

1,16 â

0,90 á

1,32

8,5 â

11,8 â

1,02 â

1,53 â

1,32 á

1,83 á

9,2 á

12,2 á

1,37 á

2,16 á

0,73 â

1,06 â

7,9

10,1 â

0,84 â

1,23 â

0,85 á

1,20 á

8,8 á

11,9 á

0,92 á

1,42 â

0,75 á

1,12 á

7,2 â

9,8 â

0,81

1,19 â

0,73 â

1,11 â

7,5 á

9,8 â

0,80 á

1,21 á

0,57 á

0,83 á

6,9 á

9,1 á

0,58 á

0,86 á

FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015

Die FINANCE-Multiples basieren auf Markteinschätzungen von Experten aus M&A-Beratungshäusern. Insgesamt werden Korridore für die EBIT- und Umsatzmultiplikatoren von 16 Branchen abgefragt und gemittelt. Viermal jährlich werden die Zahlen aktualisiert.

— Besteht aus Professionals folgender Institutionen: Allert & Co, Angermann M&A International, Aquin & Cie, Aschenbach Corporate Finance, C.H. Reynolds Corporate Finance, Clairfield International, Equinet Bank, Hübner Schlösser & Cie, IEG – Investment Banking, IMAP M&A Consultants, Interfinanz, Ipontix Equity Consultants, Keller & Coll., Lincoln International, Mayerhöfer & Co, Network Corporate Finance, SBCF & Cie., VR Corporate Finance. Des Weiteren sind das FINANCE-eigene Research der FINANCE-DealBank sowie Börsendaten in die MultipleErmittlung eingeflossen. Quelle der Börsendaten ist die OSIRIS-Datenbank von Bureau van Dijk Electronic Publishing, Frankfurt am Main. Quelle der Gewichtungen ist die Gruppe Deutsche Börse AG. Weitere Angaben zu den Multiples finden Sie unter www.finance-magazin.de/research/multiples

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POSTAUSGANG

Das ist doch Mist, Peter Weinzierl „Mit der FMA geht der Banker gleich ,freundlich‘ um wie mit der Staatsanwaltschaft, die seit Jahren ermittelt: ‚Bei Heta und Hypo hat man im U-Ausschuss festgestellt, dass es wesentliche Aufsichtsmängel gab. Die FMA hat sich damit kein Ruhmesblatt verdient und den Steuerzahler Milliarden gekostet. Und diese Behörde sagt, dass ich nicht fit and proper sei?‘, ätzt Weinzierl. Zur Erklärung: Bankmanager müssen sogenannte Fit-and-proper-Voraussetzungen erfüllen, um als Vorstand oder Aufsichtsrat tätig zu sein.“ Wirtschaftsblatt.at, 3. August 2015

Lieber Herr Weinzierl, Vorstand der Meinl Bank und Finanzmarkt-Hasardeur, bewegten sich im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich. Damit nicht genug: Um Investoren beim Schwestervehikel Meinl International Power, kurz MIP, warb auch der ehemalige österreichische Finanzminister Karl-Heinz Grasser – bekannt durch sein makelloses Aussehen und zahllose Affären (Wirtschaftsskandale, versteht sich). So profitierte die Wiener Schickeria auf Kosten des einfachen Mannes.

wenn es nach der österreichischen Finanzaufsicht FMA geht, sind Sie Ihren Job als Vorstand der Meinl Bank Ende Oktober los. Nun wehren Sie sich – und dabei ist Ihnen offenbar jedes Mittel Recht. Auch der Vergleich mit dem Skandal um die ehemalige Hypo Alpe Adria, bei der die österreichische Finanzaufsicht FMA versagt habe. Die Frage sei erlaubt: Was hat das mit Ihrer Meinl Bank zu tun? Bitte kehren Sie doch erst mal vor der eigenen Tür, denn da hat sich über die Jahre genug Mist angesammelt.

Zuletzt kam bei der Meinl Bank auch noch der Verdacht der Geldwäsche auf. Forensiker der Wirtschaftsprüfung PwC hatten die Unterlagen durchforstet und waren auf „Treuhandkreditfälle mit Auslandsbezug“ gestoßen – betroffene Länder seien beispielsweise Russland und die Ukraine. In nahezu allen Fällen besteht laut PwC der Verdacht auf Geldwäsche. Die Reaktion der Meinl Bank daraufhin: „Völlig subjektiv, unsachlich, schlampig“ sei der Bericht der Wirtschaftsprüfer. Ihre Strategie, Kritiker zu diskreditieren, hat Methode. Meinl scheute sich in der Vergangenheit auch nicht, den Wirtschaftsprüfern von Deloitte Austria einmal „Anitsemitismus“ zu unterstellen.

Wer den Namen Meinl bisher mit der Wiener Kaffee-Dynastie in Verbindung gebracht hat, dem dürfte seit den Eskapaden des exzentrischen Unternehmenserben Julius Meinl V. (ja, er heißt wirklich so) der Schluck im Hals stecken geblieben sein. Meinls Vertrauter, das waren in all der Zeit Sie. Blicken wir zurück ins Jahr 2007: Damals kam ein handfester Skandal rund um verschiedene Meinl-Vehikel ans Tageslicht, insbesondere um die Immobiliengesellschaft Meinl European Land. Meinl hatte damals Milliardenbeträge bei ahnungslosen Privatanlegern über die sogenannten Austrian Depositary Certificates eingesammelt, um sie über die Gesellschaft in Immobilien in Osteuropa zu investieren.

Zugegeben: Mit Ruhm bekleckert hat sich die österreichische Finanzaufsicht in den vergangenen Jahren sicher nicht. Nun scheint sie aber einen Schritt nach vorn zu machen, ist sie doch auf gutem Wege, Ihnen das Handwerk zu legen. Der Vorwurf sind mutmaßliche Bilanzierungsfehler und – indirekt – Zweifel an Ihrer persönlichen Integrität. Sie fürchten, Ihre Karriere sei damit „zerstört“. Ehrlich gesagt: Wir hoffen es.

Während die Investitionen eher schleppend anliefen, machte die Gesellschaft mit Sitz auf Jersey insbesondere durch Zertifikatrückkäufe von sich reden – zum Nachteil Tausender Anleger. Bei all den Finanztransaktionen rund um die Investorengelder profitierte meist eine Institution: die Meinl Bank. Denn die Beratungsgebühren für zweifelhaften Transaktionen

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Mit freundlichen Grüßen, Ihre FINANCE-Redaktion ü

FINANCE — SEPTEMBER/OKTOBER 2015


T R A N S AT L A N T I C Business Conference

The Transatlantic Marketplace 2015: Entrepreneurial Responsibility in a Changing World 9. Transatlantische Jahreswirtschaftskonferenz Erfahrungsaustausch, Strategien und Impulse für die wirtschaftliche und politische Partnerschaft 28./29. Oktober 2015 Commerzbank Tower, Frankfurt am Main • Hilton Frankfurt Airport, Frankfurt am Main Referenten und Moderatoren u.a. (in alphabetischer Reihenfolge):

Elmar Brok, MdEP, Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten

Reinhard Clemens, Vorstandsmitglied, Deutsche Telekom AG; CEO, T-Systems International GmbH

John Cryan, Co-Vorsitzender des Vorstands, Deutsche Bank AG

Dr. Wolfgang Eder, CEO, voestalpine AG

John B. Emerson, Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika in Deutschland

Andrew Goldstein, Managing Director, Deloitte Digital GmbH

José Manuel GonzálezPáramo, EU Chair, TABD; Executive Member of the Board of Directors, BBVA

Ulrich Grillo, Präsident, Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) e.V.

Carsten Knop, Verantwortlicher Redakteur für Wirtschaftsberichterstattung und Unternehmen, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Bernhard Mattes, Präsident, AmCham Germany

Mathias Müller von Blumencron, Chefredakteur Digitale Medien, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Penny Pritzker, US Secretary of Commerce

Michael Reuther, Vorstandsmitglied, Commerzbank AG

Gisbert Rühl, CEO, Klöckner & Co SE

Prof. Dr. Siegfried Russwurm, Mitglied des Vorstands, Siemens AG

Wayne T. Smith, Mitglied des Vorstands, BASF SE

Julie Sweet, Group Chief Executive North America, Accenture

Dr. rer. pol. Johannes Thimm, stellvertretender Leiter Forschungsgruppe Amerika, Stiftung Wissenschaft und Politik

Jürgen R. Thumann, Vorsitzender des Beirats, Heitkamp & Thumann Group

Kurt Tong, Principal Deputy Assistant Secretary for the Bureau of Economic and Business Affairs, US Department of State

Dr. Christoph von Marschall, Diplomatischer Korrespondent, Der Tagesspiegel

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Weitere Informationen: Karin Gangl, FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH – Der F.A.Z.-Fachverlag, Frankenallee 68–72, 60327 Frankfurt am Main, T +49 69 7591-2217, E transatlantikkonferenz@frankfurt-bm.com ü

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IHR ZUGANG ZU WELTWEITEM KAPITAL. ETWAS, AN DEM WIR JEDEN TAG ARBEITEN. Ihre Anforderungen an anspruchsvolle Finanzierungslösungen sind so individuell wie Ihre Unternehmensstrategie. Sie erwarten genaue Analysen und globale Expertise, kompetent und bedarfsgerecht. HSBC bietet Ihnen die komplette Palette klassischer und innovativer Finanzierungsalternativen über den gesamten Kapitalmarkt. Unsere Kunden schenken uns wiederholt ihr Vertrauen für öffentliche Emissionen und Privatplatzierungen in allen wesentlichen Währungen. Mit unserer internationalen Strukturierungsund Platzierungskompetenz öffnen wir Ihnen den Weg zu weltweiten Unternehmensfinanzierungen. Was können wir für Sie tun? www.wachstum.hsbc.de Düsseldorf · Baden-Baden · Berlin · Dortmund · Frankfurt · Hamburg Hannover · Köln · Mannheim · München · Nürnberg · Stuttgart

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