FUKUSHIMA_flugi

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Gruppe KLASSENKAMPF Österreichische Gruppe des Kollektiv Permanente Revolution

Harrisburgh 1979 - Tschernobyl 1986 Fukushima 2011

LÜGEN, DASS SICH DIE BRENNSTÄBE BIEGEN

Nach dem Ausfall des Kühlsystems in einem 40 Jahre alten Atomkraftwerk im japanischen Fukushima ist nach einem schweren Erdbeben eine Kernschmelze und in Folge ein sogenannter Super GAU eingetreten. Auch aus anderen japanischen AKWs wurden Störfälle gemeldet. Seit der Atomkatastrophe von Tscher-

nobyl in der damaligen Sowjetunion sind 25 Jahre vergangen. Zeitzeugen erinnern sich an die damalige Informationspolitik von Ost und West. Die stalinistische, in ihrer Degenerationsphase befindliche Sowjetunion übte sich in Vertuschung und Schönfärberei, schickte zeitgleich Menschen als soge-

Auswirkungen der kapitalistischen Atompolitik: Militarisierung und radioaktive Verseuchung


Sozialistische Planwirtschaft statt atomarer Anarchie! nannte Liquidatoren in den sicheren Strahlentod und hat durch verspätete Evakuierungen und Desinformationspolitik weitere Menschenleben auf dem Gewissen. Heute gleicht Tschernobyl immer noch einer Geisterstadt und die Ukraine muss für die Erhaltung des den strahlenden Reaktor abschirmenden Sarkophags gigantische 5 % ihres Bruttoinlandsprodukts aufwenden. Doch auch der Westen übte sich sowohl nach dem Reaktorunfall im US amerikanischen Harrisburgh als auch 1986 nach dem Super GAU von Tschernobyl in perfekter Beschwichtigungspolitik. Trotz vielfacher Überschreitung der Grenzwerte behaupteten offizielle Stellen in Deutschland, dass keinerlei Gefährdung besteht und die SPÖ Wien sah keine Veranlassung, ihre Maidemonstration wenige Tage nach der Nuklearkatastrophe aus Sicherheitsgründen abzusagen. Nach dem Störfall im japanischen Fukushima gibt es ein Déjà-vu-Erlebnis für nicht mehr ganz junge Menschen. Ähnlich wie 1986 schwärmen Heerscharen von PolitikerInnen und von ihnen beauftragte "ExpertInnen" aus. Sie alle stehen im Dienst der kapitalistischen Atomindustrie und sind aus Leibeskräften bemüht, jeglichen Imageschaden für ihre Auftraggeber abzuwenden. Die Situation für die Atomlobby hat sich insofern verschärft, als dass das Märchen von der Beherrschbarkeit der Atomkraft nur noch schwer glaubhaft erzählt werden kann. Es wird offensichtlich, dass Tschernobyl kein einzigartiger Super GAU in einem Schrottreaktor mit überholter Technologie war und es auch in AKWs mit westlichen Standards keine absolute Sicherheit geben kann. Und wieder werden - wie in Tschernobyl - Arbeiter in den sicheren Strahlentod geschickt. Langsam mussten AKW Betreiber Tepco und die japanische Regierung das wahre Ausmaß der Katastrophe zugeben. Ein Areal mit einem Durchmesser von 20 km rund um das AKW Fukushima wurde mittlerweile

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zum absoluten Sperrgebiet erklärt. Vor allem in Japan inklusive dem Ballungsraum Tokio, aber auch weltweit, hat die Strahlenbelastung zugenommen. Die kapitalistischen Medien sind bemüht, bei der Berichterstattung aus Fukushima eine Normalität einkehren zu lassen, die es im Zusammenhang mit dem Anstieg von Krebserkrankungen oder der Tatsache, dass ganze Landstriche unbewohnbar werden, nicht geben kann. Vor allem nach dem Erreichen von "Peak Oil", der größten weltweit jemals erreichten Erdölfördermenge 2006 als Wendepunkt bei der Gewinnung fossiler Brennstoffe sowie der Entlarvung von kalorischen Kraftwerken als eine der Hauptproduzenten des Klimakillers CO² führten zu einer weltweiten Renaissance der Kernkraft. Große Industrienationen wie Deutschland verlängerten die Laufzeit ihrer AKWs, andere, wie Frankreich, entschlossen sich gar zu einem weiteren Ausbau der Kernkraft. Diese Entwicklung scheint nun gefährdet. Weltweit befinden sich Atomgegner seit Fukushima im Aufwind. In mehreren europäischen Ländern gibt es nun auf Druck der Bevölkerung die Aussetzung von Atomprogrammen und befristete Abschaltungen von AKWs in Kombination mit sogenannten Stresstests. Glaubwürdige Anti-Atompolitik sieht anders aus! Als rohstoffarmes Land setzt Japan als drittgrößte Wirtschaftsmacht der Erde vor allem auf die Atomkraft und hat 54 AKWs in Betrieb. Weitere 14 sind in Bau bzw. in Planung. Schon vor dem Bau der ersten AKWs war Japan der Erdbebenforschung als eines der Haupterdbebengebiete der Erde bekannt. Weiters hielten Seismologen ein starkes Erdbeben in Japan für überfällig. Trotz der nach dem verheerenden Erdbeben von Kobe 1995 verschärften Sicherheitsstandards haben die japanischen AKWs dem jüngsten Beben nicht standgehalten. Auf Grund der bekannten Sicherheitsproblematik stellt sich die berechtigte www.klassenkampf.net


Frage, warum Japan nicht schon längst seine Atomstromerzeugung durch die Entwicklung und Forcierung von Ökostromproduktion ersetzt hat. Die Antwort ist im kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem zu finden. Japan wurde von der Weltwirtschaftskrise, welche 2008 begonnen hat, besonders hart getroffen. Nach wie vor halten Deflation und hohe Schulden den Inselstaat fest im Würgegriff. Die derzeitige Katastrophe illustriert unsere These auf brutale Weise: Der Betreiber des AKW in Fukushima ist die private Tokioter Elektrititäsgesellschaft Tepco. Das Unternehmen kann auf eine lange Liste von Störfällen, Schlampereien und Vertuschungen zurückblicken: 2002/2003 war aufgeflogen, dass Sicherheitsüberprüfungen vorgeschwindelt worden waren, die nie stattgefunden hatten. 2004 kamen vier Arbeiter im TepcoAKW Mihama ums Leben, als Wasserdampf austrat; über das AKW Fukushima sind seit 1994 immer wieder Störfall-Berichte vorgelegt worden - unter anderem Risse in Wasserrohren und der Reaktorummantelung sowie Löcher in Brennstäben. Tepco hatte noch im Herbst vergangenen Jahres neue Aktienemissionen angekündigt, um in HigashiDori ein weiteres AKW mit einer Leistung von 1,385 Megawatt zu errichten, das 2017 in Betrieb gehen sollte. Da es in Japan aus verständlichen historischen Gründen eine starke Aversion gegen die Nutzung von Atomkraft gibt, hat Tepco gleichzeitig mit der geplanten Kapitalerhöhung eine Werbekampagne im Groß-

Harrisburgh - Tschernobyl - Fukushima raum Tokio begonnen, um den dort weit verbreiteten Gasverbrauch zugunsten der "sauberen" Atomenergie zurückzudrängen. Wie auch die letzten Weltumweltkonferenzen zeigen, lässt das profitorientierte Denken der kapitalistischen Wirtschaft eine globale Ökologisierung der Energiegewinnung nicht zu. Jede große imperialistische Macht, welche aus dem weltweiten Kampf um Absatzwärkte, Einfluss und Rohstoffe siegreich hervorgehen will, kann sich eine radikale Umstellung auf Stromgewinnung aus Sonnenenergie, Windkraft etc. nicht leisten. Billiger sind Laufzeitverlängerungen und Neubau von AKWs und kalorischen Kraftwerken. Erderwärmung mit verheerenden Auswirkungen wie großflächigen Überschwemmungen sowie Atomkatastrophen wie jene vom März 2011 in Japan werden in den kommenden Jahren verstärkt in den Weltnachrichten zu finden sein. Diese Entwicklung ist im Rahmen des kapitalistischen Systems nicht zu stoppen. Nur eine weltweit solidarisch geplante sozialistische Wirtschaft kann eine Ökologisierung der Energiegewinnung ermöglichen.

Angesichts der jüngsten Natur- und Atomkatastrophe in Japan ist die von Rosa Luxemburg aufgestellte Alternative "Sozialismus oder Barbarei" aktueller denn je und wird zunehmend zu einer Überlebensfrage für die gesamte Menschheit. Wien, 25. April 2011

En twed er Tri um ph de s Im pe alten Ro m, En tvö lke ru ng, Ve ria lismu s un d Un terga ng jeg liche r Ku ltu r, wi e im Sie g de s So zia lismu s, d. h. derö du ng, De ge ne ration , ein groß er Fri ed ho f; od er r Pro letari ats ge ge n de n Im pebe wu ssten Ka mp faktio n de s intern ati on ale n ria lismu s un d se ine Me th od e: de n Krieg. Rosa Luxemburg, 1915

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Sozialistische Planwirtschaft statt atomarer Anarchie!

MARXISTISCHER STUDIENZIRKEL ZUR PARISER COMMUNE Zwischen 1 8. März und 28. Mai 1 871 übten erstmals in der Geschichte die ArbeiterInnen selbst die Staatsmacht aus. Allerdings: Diese " Diktatur des Proletariats" blieb auf eine Stadt (Paris) beschränkt und musste sich gegen die Militärmacht der preussischen und der bürgerlichen französischen Regierung zur Wehr setzen. Welche Lehren haben die MarxistInnen aus dieser wichtigen Erfahrung gezogen?

Samstag, 1 4. Mai 201 1 , 1 7.00 Uhr, Café Sperlhof (Hinterzimmer), Große Sperlgasse 41 , 1 020 (U-Bahn Taborstraße)

Unsere Zeitung, unsere Strukturen Unsere Zeitung KLASSENKAMPF berichtet über österreichische und internationale Klassenkämpfe, wirtschaftliche und soziale Fragen und ergreift, ausgehend von der Theorie des revolutionären Marxismus, Partei für die Ausgebeuteten und Unterdrückten. Der Marxistische Studienzirkel ist ein von der Gruppe Klassenkampf angeregter Schulungskreis, in dem sich interessierte GenossInnen die theoretischen Grundlagen für ihre politische Arbeit erarbeiten können.

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