Für Rätemacht und Revolution!
KLASSENKAMPF
Nummer 29 | JÄNNER 2017 | 2,-- | Zeitung der Gruppe Klassenkampf, öst. Sektion des Kollektivs permanente Revolution
Das schwarz-blaue Gruselkabinett
Einheitsfront der Arbeiterorganisationen gegen die Pläne der Bürgerblockregierung! Kräfte sammeln, organisieren, Widerstand mobilisieren! Unter anderem in dieser Ausgabe: ÖSTERREICH: Bilanz der ersten Monate von Schwarz-Blau / Burschenschafter als Rauchbombe / Analyse des Regierungsprogramms INTERNATIONAL: Iran / Palästina / Deutschland AUS DEN ARCHIVEN DES MARXISMUS: Ein Interview mit Leo Trotzki von 1918
ISSN: 22200657
Innenpolitik
Klassenkampf 29/2018
Einheitsfront der Arbeiterorganisationen gegen die Pläne der Bürgerblockregierung! Kräfte sammeln, organisieren, Widerstand mobilisieren!
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icht einmal einen Monat hat es gebraucht, damit die Regierung Kürz und Streiche - pardon: Kurz und Strache ihr wahres Gesicht gezeigt hat. Wobei dieses Gesicht eher eine Fratze ist. Und das wundert uns wenig, weil ja im Regierungsprogramm beider Parteien ohnehin alle Kürzungen, Streichungen, Angriffe auf soziale Errungenschaften, Pläne zur Verstärkung von Überwachung und polizeilicher Repression, Ausgrenzung von Migranten und Migrantinnen, soziale Barrieren beim Zugang zur Bildung, Verschärfung der Ausbeutung durch längere Arbeitszeiten und und und offen angekündigt werden. Der unverbindliche Dampf plauderer Basti Kurz und sei ne Freunde von der asozialen Heimatpartei machen genau das, was sie angekündigt ha ben: Eine Politik für die Rei chen, eine Politik des Kampfes gegen die sozial Schwachen, eine Politik, die nicht einmal mehr den An schein erweckt, dem vielstra pazierten „kleinen Mann“ (die „kleine Frau“ spielt im Welt bild der Koalitionäre eh keine Rolle) zu dienen. Per „Umlaufbeschluss“ wurden zum Jahresende die „Aktion 20.000“ und der Be schäftigungsbonus beseitigt – zwei Maßnahmen, für die sich die SPÖ in der letzten Regie rung stark gemacht hatte, um ihrer Basis zu zeigen, dass sich nach wie vor ein Herz für die „sozial Schwächeren“ ha be. Dass in Wahrheit beide Maßnahmen primär die Pri vatunternehmen und den ka pitalistischen Staat entlasten sollten, blieb natürlich unge sagt. Die Aktion 20.000 sollte NGOs zu Gute kommen, auf die immer mehr Aufgaben im
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FPÖ: Rezepte aus den 30er Jahren!
Sozialbereich ausgelagert werden, die früher staatlich organisiert und finanziert wurden. Die faktische Privati sierung im Bereich Sozialar beit, Flüchtlingsbetreuung, Altenpflege etc. ist letzten En Das Kleine Blatt 24. 5. 1932, Seite 2 des eine Sparpolitik auf dem In dieser und in der nächsten Woche stehen rund 40.000 Arbeitslose — Rücken der Betreuten und in Wien allein 20.000 bis 25.000! — vor der Gefahr, selbst den Bettel der Notstaudsunterstützung zu verlieren, der ihnen gerade nur das der Beschäftigten gleicher Hinvegetieren ermöglicht hat. Die sozialdemokratischen Abgeordneten maßen. Mit dem „Beschäftig haben im Herbst die Regierung gezwungen, zwölf Millionen Schilling tenbonus“ ging die SPÖ vor für die Notstandsunterstützungen herzugeben. Diese zwölf Millionen sind aufgebraucht, die Industriellen Bezirkskommissionen sind fertig, der Forderung der WKÖ und sie haben kein Geldmehr — die Folge also ist, dass eine Verschärfung der Industriellenvereinigung der Bestimmung für den Bezug der Notstandsunterstützung verfügt in die Knie, die Lohnneben wurde — 40.000 Arbeitslose werden dadurch betroffen, sie werden ausgesteuert, bekommen keinen Groschen mehr, 20.000 bis 25.000 kosten zu senken. Einige Ar allein in Wien. beitslose konnten von der „Aktion 20.000“ – Jobverspre Arbeitsministerin Beate kannt gab, dass die Not chungen im sozialen Bereich Hartinger (FPÖ) und Wirt standshilfe abgeschafft und in individuell profitieren. schaftsministerin Margarete ein „Arbeitslosengeld neu“ Schramböck (ÖVP) haben umgewandelt wird. Während ABER SELBST DIESE den entsprechenden Antrag sie vor laufenden Kameras BESCHEIDENEN gestellt – wir werden uns das noch blauäugig meinte, es REFORMISTISCHEN gut merken! Auch wenn Har werde „kein Hartz IV“ geben, MASSNAHMEN SIND FÜR DIE tinger im ORFInterview zu wurde sie umgehend vom KURZ-STRACHE-REGIERUNG rückruderte und betonte, sie Jungkanzler zurückgepfiffen: habe die Aktion 20.000 nur tatsächlich wird das Arbeits OFFENBAR SO „ausgesetzt“ und werde die losengeld zeitlich begrenzt UNERTRÄGLICH SOZIAL, ses Modell „evaluieren“. werden, und die Mindest DASS MAN SIE MIT EINEM Hartinger war es auch, die sicherung danach wird auch FEDERSTRICH BESEITIGEN nach der Regierungsklausur – in Österreich davon abhängig wenn auch beschönigt! – das gemacht, dass zunächst die MUSS. Ziel der Bundesregierung be eigenen Rücklagen aufge
Klassenkampf 29/2018 braucht werden müssen. Ziel ist es offensichtlich, wie in der 1. Republik mit einem Heer von „Ausgesteuerten“, also Menschen ohne Lohn und Unterstützung, eine Re servearmee von arbeitslosen Lohndrücker_innen zu schaffen – was eine hervorra gende Ergänzung zu den An griffen auf Arbeitszeit und Kollektivverträge wäre. Im Gesundheitsbereich und bei den Pensionen ist mit der nächsten großen Angriffs welle zu rechnen. Die vor al lem von der FPÖ vehement geforderte Zusammenlegung der Krankenkassen zu einer „Österreichischen Kranken kasse“ soll in erster Linie, wie seit Jahren von der Industriel lenvereinigung gefordert, der Senkung der Lohnnebenkos ten dienen. Die im Regie rungsprogramm als wahrer Modernisierungsschub ver kaufte „Digitalisierung und Telemedizin“, in Tateinheit mit der immer wieder be schworenen „Eigenverant wortung“ der Versicherten, bedeutet im Klartext eine massive Absenkung der ärzt lichen Betreuungsleistungen. Dazu passend sollen die Rah menbedingungen für „private Gesundheitsanbieter“ verbes sert werden. In ihrem Eifer, möglichst rasch die sozialen Errungen schaften, für die Generatio nen von Arbeiterinnen und Arbeitern in diesem Land ge kämpft haben zunichte zu machen, stolpern die Koali tionäre geradezu übereinan der beim vorwärts – oder besser: zurückdrängeln. Auch wenn, vor allem in der FPÖMinisterriege und ih rem Umfeld, Figuren aus dem neonazistischen Milieu zu fin den sind (gilt hier die Un schuldsvermutung?), ist die FPÖ keine „Nazipartei“ und die türkis angefärbelte ÖVP keine austrofaschistische Volksbewegung. Ein Auszah
Innenpolitik nen in beiden Parteien gibt es aber, und es ist unüberseh bar, dass der politische Kurs der Koalitionäre in Richtung Aufweichung der demokra tischen Strukturen und die Stärkung autoritärer Herr schaftsinstrumente ist. Das zeigt sich im verächtli chen Umgang mit den Ein richtungen des parlamentarischen Systems, dem vor allem die FPÖ den verlogenen Gegenpol „direkte Demokratie“ gegenüber stellt. Gemeint ist damit aber kei neswegs ein Modell der Machtausübung durch die Mehrheit der Bevölkerung – nämlich die Arbeiter_innen, die Arbeitslosen, die „Ich AGs“, die Werktätigen, die nur ihre eigene Arbeitskraft ausbeuten – durch von ihnen selbst gewählte, jederzeit re chenschaftspflichtige und ab setzbare Delegierte. Diese Form der Demokratie ist un möglich, solange die Kapita listen die Macht über den Staat innehaben – und genau diese Macht will Schwarzblau zementieren. Die „direkte De mokratie“ des Herrn Streiche bedeutet, sich in emotional aufgeputschten Fragen durch Pseudovolksbefragungen freie Hand für immer neue re aktionäre Gesetze zu holen. Schon die ersten Wochen der neuen Regierung haben diese Verhöhnung der bisher nie offen angegriffenen bürgerlichparlamentarischen Republik gezeigt. Sowohl FPÖ also auch ÖVP parkten Par teigänger in Funktionen wie jenen der Nationalratspräsi denten, um sie dann als Ministerinnen und Minister abzuziehen und durch Hinter bänkler zu ersetzen. Wäh rend die Regierung vollmundig von Einsparun gen bei der Verwaltungs pricht, setzt sie Generalsekretäre in den Ministerien ein, die Spitzen verdiener sind – und nicht
demokratisch legitimiert, sondern brave Parteisoldaten der jeweiligen Ministerinnen und Minister sind. Diese Ge neralsekretäre sind nur dem Ressortchef verantwortlich, können aber den Beamten Weisungen geben – und sich selbst jederzeit in den Beam tenrang versetzen. So hat et
in Randbezirken will, in denen Flüchtlinge konzentriert wer den sollen. Wer angesichts dieser ra biaten Angriffe auf Arbei ter_innenrechte und die demokratischen Freiheiten Widerstand von der SPÖFüh rung oder dem ÖGB erwartet, steht vermutlich ziemlich lan
Die erste Großdemonstration gegen die reaktionäre Regierung am 13. Jänner 2018 weist den richtigen Weg. Wichtig: Jetzt müssen auch die Gewerkschaften aktiv werden, sollen die arbeiterfeindlichen Pläne von Streiche/Kürz zu Fall gebracht werden!
wa der ultrareaktionäre FPÖVerteidigungsminister Mario Kunasek mit Wolfgang Baumann einen erfahrenen FPÖFunktionär und Berufs soldaten an seiner Seite, der, wie nett, in den letzten Jah ren beim Heeresnachrichten amt tätig war. Ganz reibungslos gehts beim Gedränge um den er sten Platz bei reaktionären Wortmeldung aber nicht zu. Fordert H.C. Streiche die Un terbringung von Asylwerbern in Kasernen und gleich eine Ausgangssperre dazu, pfeift ihn nicht nur Sebastian Kürz zurück (so richtig dagegen ist er ja nicht, aber das klingt nun doch schon sehr nach Aufhebung von Grund rechten). Sogar Kamerad Ku nasek wird frech und sagt, eigentlich mag er keine „Asylanten“ in seinen Kaser nen. Dafür watscht Streiche seinen Wiener Statthalter Gu denus ab, weil der Großlager
ge im Regen. Ja, Christian Kern findet das alles recht unsozial, außer dem dauern den Appell an die FPÖ, doch nicht „ihre Wähler zu verra ten“ fällt dem Manager an der Spitze der SP wenig ein. Auch die ÖGBSpitzen ap pellieren in erster Linie an die FPÖ, ihre „Wahlversprechen“ einzuhalten – immerhin konn te sich ÖGBPräsident Foglar (SPÖ) noch 2016 eine SPÖ/ FPÖRegierung „vorstellen“. Durchaus richtig kritisieren SPGewerkschafter die arbei terfeindlichen Inhalte des Regierungsprogramms. Aber: Was unternehmen sie gegen diese Angriffe? Wie wollen sie den Sozialabbau verhindern? Offensichtlich hoffen sie, auch unter der neuen, reak tionären FPÖVPKoalition mit den alten Rezepten der Sozi alpartnerschaft Erfolge zu ha ben. Verhandeln da, kompromisseln dort – nur: Das wird es unter Kürz und
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Streiche nicht spielen. Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, hat die gelbe Gewerkschaft der FPÖ, die „Freie Gewerkschaft“, am 27. Oktober deutliche Worte ge sprochen:
„WIR STEHEN AM BEGINN EINER NEUEN ART DER AR BEITNEHMERVERTRETUNG, EINER NEUEN ART DER SO ZIALPARTNERSCHAFT, DER SOZIALPARTNERSCHAFT 21.1. DIE NEUE REGIE RUNG, DIE SICH VORAUS SICHTLICH AUS ÖVP UND FPÖ ZUSAMMENSETZEN WIRD, HAT VOM WÄHLER DEN KLAREN AUFTRAG, IHRE WAHLVERSPRECHEN UMZU SETZEN UND DIE PFLICHT MITGLIEDSCHAFTEN BEI DEN KAMMERN, DIE VORMACHT STELLUNG DES ÖGB UND DAMIT AUCH DIE VOM ÖGB ‘ANGEMASSTE’ KOLLEKTIV VERTRAGSFÄHIGKEIT ZU BE ENDEN“. Was schlagen wir den Ar beiterinnen und Arbeitern an gesichts dieser unerhört rasanten und aggressiven Politik der Bürgerblockregie rung vor? • Bilden wir in den Be trieben, Schulen, Universitä ten, Stadtteilen und Dörfern einheitliche, überparteiliche Komitees gegen die Politik von Schwarzblau, für die Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter, egal welcher Nationalität oder Religion! Setzen wir dem medialen Trommelfeuer der Regierung und ihrer kriecherischen Un terstützer in den Boulevard zeitungen und den Privatsendern eine ständige
Wichtiger denn je: Die Wahrheit über die Pläne der herrschenden Klasse verbreiten, geduldig Propaganda für die Mobilisierung gegen die Regierung machen
Gegeninformation – im per sönlichen Gespräch, durch Flugblätter, in den sozialen Medien – entgegen! Stärken wir bestehende „Basismedi en“, bauen wir ein Netzwerk von Gegenmedien auf! • Fordern wir Betriebsrä te dazu auf, Betriebsver sammlungen zu den geplanten Angriffen zu orga nisieren, damit wir gemein sam diskutieren können, welche Widerstandsaktio nen die erfolgreichsten sind! • Stellen wir den Strei chungen und Kürzungen das positive Programm der Ar beiter_innenklasse gegen über! • Aufteilung der Arbeit auf alle Hände bei vollem Lohnausgleich – keine Ver längerung der Arbeitszeit, ganz im Gegenteil! Schaf fung von Arbeitsplätzen durch staatliche Wirt schaftsprojekte im Dienste der arbeitenden Bevölke rung – Infrastruktur, Wohn bau, Errichtung von Kindergärten, Schulen und
medizinischen Zentren! • Automatische Anpas sung der Löhne an die Teue rung! Erstellung eines realistischen Warenkorbs durch Komitees der arbei tenden und arbeitslosen Konsument_innen! Senkung der Mieten, Beschlagnah mung und Verteilung leer stehender Wohnungen oder solcher Liegenschaften, die als Spekulationsobjekte die nen! • Für das Recht migran tischer Arbeiter_innen und Studierender, von Flüchtlin gen und Asylwerbern zu gleichen Bedingungen hier zu arbeiten und zu leben wie Werktätige mit österrei chischer Staatszugehörig keit; Vertretung ihrer Interessen durch Betriebsrä te und Gewerkschaften. • Förderung der Leh rer_innenausbildung auf al len Ebenen! Senkung der Klassenschülerzahlen, mehr Lehrer_innen für den För der– und Sprachunterricht ab der Vorschule! Völlige Trennung von Reli
gionen und Staat – keine reli giöse Indoktrinierung in öffentlichen Bildungseinrich tungen. Für das Recht der freien Religionsausübung, aber ohne besondere staatli che Schutzbestimmungen („Blasphemieparagraf“). Keine österreichischen Polizisten und Soldaten ins Ausland! Beendigung aller „Auslandseinsätze“! Gegen die Kriegspolitik der ausländi schen und heimischen Impe rialisten!Keine österreichische Beteiligung an FrontexEinsätzen! • Organisierung von de mokratisch gewählten Komi tees zur Durchsetzung dieser Forderungen, die al len Arbeiter_innen offen ste hen! Die derzeitige Situation zeigt, dass derzeit keine Kraft in diesem Land existiert, die den Widerstand gegen die Regierung innerhalb der Mas se der Bevölkerung organisie ren kann. Das liegt daran, dass es keine Partei gibt, die auf einer klaren Klassenposi tion steht und sagt: Unser Ziel ist nicht die Verwaltung oder bestenfalls die Reform des Kapitalismus, unser Ziel ist sein Sturz! So eine Partei müs sen wir erst aufbauen. Wir von der Gruppe Klassen kampf sagen, dass die Arbei ter_innenklasse in Österreich eine neue revolutionäre Ar beiter_innenpartei braucht, die gemeinsam mit den Werk tätigen der ganzen Welt gegen Ausbeutung, Krieg und Um weltzerstörung kämpfen wird. Dazu muss der Kapitalismus gestürzt und eine neue, sozia listische Gesellschaft aufge baut werden, in der der Mensch das höchste Wesen des Menschen ist.
Kontakt: gruppe.klassenkampf@gmail.com Die Gruppe Klassenkampf im Internet: www.klassenkampf.net 4
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Innenpolitik
Das türkis-blaue Regierungsprogramm – was es wirklich für die arbeitende Bevölkerung bedeutet
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ie neue reaktionäre Bundesregierung, die von Bundespräsident Alexander van der Bellen in entspannter Atmosphäre am 18. 12. 2017 angelobt wurde hat ein Regierungsprogramm vorgelegt, dass eine einzige Kriegserklärung an Arbeitende und Arbeitslose, an Frauen, Jugendliche, Migrant_innen ist. Der Bundespräsident, von seinen Anhängern als „Bollwerk gegen Rechts“ angepriesen, hatte nichts besseres zu tun, als der Kurz-Strache-Partie „wenig Stress“ zu wünschen. Heißt das: Wenig Widerstand gegen den Stress, den die Reaktionäre unserer Klasse machen?
W STAAT UND EUROPA: ZITAT:
ir beginnen mit diesem Beitrag eine Durchleuchtung des Regierunsprogramms – und seine Übersetzung in die Sprache der arbeitenden Bevölkerung.
eine Optimierung der Struk turen in den Schlüsselberei chen wie Bildung, Pensionen, Gesundheit, So ziales, Forschung oder För derungen.
Wir wirken auf europäi scher Ebene darauf hin, dass sich die EU im Sinne ÜBERSETZUNG: der Subsidiarität auf die wesentlichen, für gemeinsa FPÖVP setzen an zum me Lösungen geeigneten größten Sozialabbau der 2. Themen fokussiert. Nur so Republik in den oben genann kann die EU ihrer Rolle als ten Schlüsselbereichen. Wertegemeinschaft weiter hin gerecht werden. Ein in ZITAT: diesem Sinne starkes Euro pa kann Stabilität garantie Wir wollen die Verwaltung ren, Wachstum fördern und im österreichischen Staat Frieden sichern. grundlegend reformieren und vereinfachen. Dazu ge hört, dass wir nicht immer ÜBERSETZUNG: mehr Regeln schaffen, son FPÖVP befürworten den dern lieber die, die es EUImperialismus mit seinen schon gibt, ordentlich voll gemeinsamen militärischen ziehen. Dazu gehört auch, Einsätzen und erhoffen sich dass wir Doppelgleisigkei für das österreichische Kapi ten abbauen und klare Zu tal, künftig einen größeren ständigkeiten festlegen Teil vom Kuchen abschnei wollen. den zu können, d. h. größeren Einfluss auf die Weltmärkte ÜBERSETZUNG: zu erlangen. Eine Konzentration von Kompetenzen und Macht ZITAT: wird angestrebt. Länder und Wir benötigen insbesondere Gebietskörperschaften sollen
zugunsten des Bundes Kompetenzen abgeben. Damit überträgt Kurz die von ihm eingeleitete Machtkonzentra tion in der ÖVP auf den ge samten Staat.
ORDNUNG UND SICHERHEIT:
ZITAT: Bekämpfung von staats feindlichem Extremismus und staatsfeindlicher Radi kalisierung, um insbeson dere terroristischen Aktivitäten vorzubeugen
ÜBERSETZUNG: Unter dem Deckmantel der
Bekämpfung von islamis tischem Terrorismus sollen Repressionen gegen die Ar beiterbewegung legitimiert werden.
ZITAT: Beitrag für einen effizienten EUAußengrenzschutz durch Stärkung der Zusammenar beit zwischen den Mitglied staaten und FRONTEX und Gewährleistung der öffentli chen Ordnung und Sicherheit in Österreich durch Grenzraumkontrollen − Rückkehr zu Schengen, wenn die illegale Migration gestoppt und europäische Außengrenzen gesichert sind − Stärkung und Ausbau der österreichischen Grenz bzw. Grenzraumsicherung unter engem und regelmä ßigem Austausch mit Nachbarstaaten − Unterstüt zung von europäischen Ar beiten, um ein einheitliches hohes Grenzüber wa chungs und Personen kontrollniveau an europäischen Außengren zen sicherzustellen − EU Außengrenzschutz als einer der Schwerpunkte im Rah
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Klassenkampf 29/2018 ÜBERSETZUNG: Missliebigen Kunstformen werden Förderungen gestri chen werden. Kunst und Kultur sollen konservative und nationalistische Werte vermitteln.
ZITAT: Familien werden stärker als bisher gefördert, indem je des Kind das Nettoeinkom men erhöht. Im Wege des „Familienbonus Plus“ wird die Steuerlast pro Kind um bis zu 1.500 Euro reduziert.
ZITAT:
An diese „Spitzensportler“ denkt die Regierung und ihr famoser Sportminister H.C. Strache wohl kaum: Foto antifaschistischer Arbeiterfußballer bei der Arbeiterolympiade in Wien 1931
men des österreichischen nehmen. EURatsvorsitzes 2018
ÜBERSETZUNG: Flüchtlinge sollen ausge grenzt statt ihnen geholfen werden.
ZUKUNFT UND GESELLSCHAFT ZITAT: Erfolge im Spitzensport er höhen die Identifikation mit unserer Heimat, machen Österreich zum internatio nalen Aushängeschild und motivieren überdies unzäh lige Menschen, selbst ein sportliches und damit ge sünderes Leben zu führen.
ÜBERSETZUNG: Spitzensportler sind Wer beträger für den österreichi schen Imperialismus. Die Verbindung von Spitzensport und Bundesheer ist ein idea les Vehikel, um die körperlich fittesten Menschen für die Ideen des österreichischen Imperialismus zu gewinnen. Wie an anderer Stelle er wähnt, werden Auslandsein sätze des Bundesnheers an Häufigkeit und Bedeutung zu
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ZITAT: Unser Bildungssystem för dert in einem differenzier ten Schulsystem die individuellen Interessen und Begabungen der Schü ler innen und Schüler, ani miert sie zur Leistung und überprüft die Fortschritte auf Basis von Notenwahr heit.
ÜBERSETZUNG:
Ohne Zweifel spielt die Di gitalisierung als transfor mierende Kraft eine Schlüsselrolle für den Inno vationsstandort der Zukunft. Neue digitale Technologien wie künstli che Intelligenz, Robotik oder Blockchain werden noch nicht vorhersehbare Auswirkungen auf unsere Gesellschaft haben. Für Ös terreich gilt es, die Digitali sierung vor diesem Hintergrund aktiv als Chan ce zu nutzen. Das bedeutet, dass wir auf der einen Seite die öffentliche Verwaltung modernisieren und digitali sieren und auf der anderen Seite die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, wie den Breit bandAusbau und die Aus rollung des 5GStandards, damit Bürger und Unterneh men erfolgreich sind.
ÜBERSETZUNG: Ca. 45 % der Kinder wer den davon gar nicht profitie ren, weil ihre Elternteile keine Lohnsteuer zahlen. Die volle Leistung gibt es nur für Brut toeinkommen ab ca. EUR 26.000 jährlich. Der „Familien bonus“ soll erst 2019 ausbe zahlt werden und fällt durch die bis dahin anfallenden In flation (mit minderstens 2 % muss gerechnet werden) real entsprechend geringer aus.
ZITAT: Menschen, die arbeiten oder jahrelang einen Bei trag für Österreich geleistet haben, sollen finanziell besser gestellt sein als an dere, die das nicht tun oder getan haben. Eine Zuwan derung in den österreichi schen Sozialstaat über den Bezieherkreis der Sozialhil fe (Mindestsicherung) muss gestoppt werden. Die Geld leistung für Asylberechtigte und subsidiär Schutzbe rechtigte in der Mindest sicherung NEU wird daher auf 365 Euro Grundleistung sowie einen möglichen In tegrationsbonus von 155 Euro reduziert. Leistungen für eine Bedarfsgemein schaft werden mit 1.500 Eu ro gedeckelt.
Das Bildungssystem son diert, wie aus der künftigen Arbeitskraft der Schüler_in nen für die kapitalistische ÜBERSETZUNG: Wirtschaft der größte Mehr wert zu erzielen ist. Noten Die kapitalistische Ausbeu sind dabei das Instrument terklasse will die Digitalisie dieses Ausleseverfahrens. rung zur Erhöhung ihrer Profite nutzen und die daraus ZITAT: entstandene größere Wert Österreich ist eine starke schöpfung in die eigenen Ta Kunst und Kulturnation und schen stecken anstatt Löhne das soll auch in Zukunft so zu erhöhen bzw. die Wochen bleiben. Mit einer übergrei arbeitszeit zu verkürzen. Die fenden Kunst und Kultur durch die Digitalisierung neu strategie wird Österreich entstehenden Arbeitslosen ein Zielbild entwerfen, wie heere sollen das Lohnniveau ÜBERSETZUNG: es sich zukünftig internatio weiter drücken. nal bei diesem Thema posi Die Kürzung der Mindest tionieren will und Kunst sicherung für Asylberechtigte FAIRNESS UND und Kultur in Österreich wird diese in die Armut und GERECHTIGKEIT damit zwangsweise in die Kri nachhaltig stärken will.
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minalität treiben. Die dann kommission angepasst. höhere Kriminalitätsrate wird von der Regierung als Recht ÜBERSETZUNG: fertigung für die Erhöhung von Polizei und Miliärausga Die Erhöhung der Mindest ben verwendet werden. pension von netto EUR 890 derzeit auf EUR 1.137 künftig ist ein Fortschritt, relativiert ZITAT: sich jedoch durch die Gel Wer ein Leben lang gear dentwertung bis zu ihrer Ein beitet und Beiträge geleistet führung voraussichtlich am hat, dem muss das staatli 1.1.2019 und vor allem die che Pen sionssystem im noch zu erwartende Pensi Ruhestand soziale onsreform. Die Mindestpensi Sicherheit garantieren. Da on von EUR 1.331 netto sind her führen wir eine erhöhte EUR 665 pro Person und da Mindestpension von 1.200 mit klar unter der Mindest Euro für Menschen mit 40 sicherung. Beitragsjahren ein. Ehepaa re erhalten bei 40 Beitrags ZITAT: jahren eines Partners zumindest 1.500 Euro. Die Ein Bereich, in dem es im Pensionen werden jährlich mer noch viele Ineffizien auf Vorschlag der Pensions zen und
Doppelgleisigkeiten gibt, sind die Sozialversicherun gen. Wir wollen hier eine österreichweite Leistungs harmonisierung erreichen und gleichzeitig die Anzahl der Träger auf maximal vier bis fünf Träger reduzie ren. Die Zusammenlegung und Verschlankung der Strukturen in den Sozial versicherungen wird eines der großen Reformprojekte dieser neuen Bundesregie rung.
ÜBERSETZUNG:
terversicherung mit Selbstbe halten werden private Versicherer profitieren. Der neue Finanzminister kommt direkt vom Vorstand einer der größten Versicherungen Österreichs und wird Garant für die Durchsetzung der In teressen der österreichischen Versicherungswirtschaft sein. Fortsetzung in der nächsten Nummer unserer Zeitung! Mehr zur asozialen Regierungspoitik auf unse rer Homepage:
Eines der weltweit besten Sozialversicherungssysteme soll mit dem Prädikat „ineffi zient“ versehen und damit kaputt gespart werden. Von der daraus entstehenden Un
Die Burschenschafter sind nur Pickel das Problem sind Kurz, Strache und Kickl
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u Recht hat der politische Skandal um den Nicht-Sänger Udo Landbauer, den Spitzenkandidaten der niederösterreichischen FPÖ bei den Landtagswahlen, zu einem öffentlichen Aufschrei der Empörung geführt. Die Parteibasis der Freiheitlichen wurde durch antisemitische Gesänge in der Bude der Burschenschaft Germania allerdings nicht zum Umdenken gebracht.
Der „öffentliche Aufschrei“ blieb wie immer in solchen „Einzelfällen“ auf das übliche „demokratische“ und „antifa schistische“ Spektrum be schränkt. Während FPParteichef Strache sofort die üblichen Verdächtigen bezichtigte, eine „Schmutzkü belkampagne“ gestartet zu haben, um die armen nieder österreichischen Freiheitli chen um ihren Erfolg zu bringen, hüllte sich der Bundeskanzler wie immer in beredtes Schweigen. Heißt: Er
produzierte wieder einmal viel heiße Luft, ohne etwas zu sagen. Tatsache ist: mit der FPÖ ist eine Partei in der Regie rung vertreten, in der (teil weise führende) Funktionäre offen nationalsozialistische, antisemitische und rassis tische Äußerungen von sich geben. Mitglieder der FPÖ, auch solche, die öffentliche Ämter inne haben, treten bei faschistischen Aufmärschen und im Umfeld neonazis tischer Events auf.
Wenn die demaskierenden Sprüche an die Öffentlichkeit dringen und die Fakten klar auf dem Tisch liegen, gibt es halbherzige Dementis, den Versuch, die Aufdecker zu Schuldigen zu erklären und von den erwähnten „Einzel fällen“ zu sprechen. Ein Lehr beispiel für dieses faschistische Neusprech lie ferte der eingangs erwähnte Herr Landbauer. Er war zwar stellvertretender Vorsitzen der der Burschenschaft Ger mania, in deren Bude
Liederbücher lagerten, in de nen es von Naziliedern und antisemitischen Neudichtun gen wimmelte, er selbst habe das allerdings niemals be merkt. Antisemitismus? So was sei ihm nie aufgefallen. Und überhaupt sei die Ger mania so etwas wie eine kari tative Hilfsorganisation für ehrliche und fleißige Mittel schüler. Außerdem könne er gar nicht singen. Wobei Herr Landbauer trotzdem eine musikalische Ader zu haben scheint. Immerhin unterstütz
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Kickls wilde, verwegene Jagd Wie ein Echo aus vergangenen Zeiten mutet die Ankün digung von Innenminister Kickl an, eine berittene Polizei installieren zu wollen. Diese soll etwa auf der Wiener Do nauinsel, die von Kickl als ideales Terrain für berittene Polizeieinsätze gesehen wird für mehr Sicherheit sorgen. Auch ohne diesbezüglich vorliegende Studien darf ange nommen werden, dass sich die Sehnsucht der Wiener Frei zeitsportler_innen, beim Radfahren, Laufen oder Inlineskaten berittenen Polizeischutz genießen zu dürfen, in engen Grenzen hält. Kickl dürfte auch weniger die ver meintliche Sicherheit in Freizeitregionen als vielmehr die Einschüchterung von Demonstrant_innen am Herzen lie gen sofern es nicht gelingen sollte, Demonstrationen schon im Vorfeld etwa wegen "Geschäftsstörung" in den Einkaufsstraßen verbieten zu lassen. So sollen also Pferde zusätzlich zu Schusswaffen, Tränengas, gepanzerten Fahr zeugen und Kampfhunden das abschreckende Arsenal der Staatsmacht erweitern. Dabei steht den Pferden ein mona telanges Training bevor, das sie an Lärm und tumultartige Szenen gewöhnen und stressresistent werden lassen soll. Tierschützer_innen laufen gegen diese Pläne bereits Sturm. Tiere spielten von der Antike bis Anfang des 20. Jahr hunderts eine wichtige Rolle in der Kriegsführung. Tauben kamen als Boten zum Einsatz und Hunde als Transporteu re von Sprengladungen hinter die feindlichen Linien bzw. unter feindliche Panzer. In den 1930er Jahren gab es fa schistische Reiterverbände und im Bundespräsidenten wahlkampf 1986 wurde aufgedeckt, dass sogar ein Pferd bei der SA sein konnte. Warum 73 Jahre nach Ende des Nationalsozialismus Polizeireiterstaffeln notwendig sein sollen, erschließt sich wohl nur Innenminister Kickl sowie deutschtümelnden Burschenschaftern in der FPÖ, wenn das Absingen fragwürdiger Liederbücher Pause macht. Wie Friedrich Engels sinngemäß meinte, ist der bürger liche Staat eine Formation bewaffneter Menschen zum Schutz der herrschenden Klasse. Unter diesem Gesichts punkt sind auch die geplanten Budgetaufstockungen für Polizei und Militär zu sehen, welche als österreichische Vorleistung für die im Dezember 2017 in Brüssel beschlos senen Aufbau einer europäischen Verteidigungsunion zu werten ist. Widerstand dagegen zu organisieren ist das Ge bot der Stunde auf den Straßen, in den Schulen, Unis und Betrieben.
IMPRESSUM: Eigentümer, Herausgeber, Verleger, Druck: Gruppe Klassenkampf. Druckort: Wien. Offenlegung nach §25 Mediengesetz: 100%-Eigentümer der periodischen Druckschrift KLASSENKAMPF ist die im Parteienverzeichnis registrierte politische Partei GRUPPE KLASSENKAMPF (früher: Trotzkistische Gruppe Österreichs/TGÖ). Die Partei ist an keinen anderen Medienunternehmen finanziell beteiligt.
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Lauter ehrenwerte Männer? Die „Heimatseite“ der Burschenschaft Olympia spricht Bände...
te er vor ein paar Jahren einen rechtsextremen Verein namens „Junge Patrioten“, der auch nichts besseres zu tun hatte, als ein nationalso zialistisches Liederbuch zu produzieren. Durch die Regierungsbetei ligung der FPÖ sind zwei Bur schenschafter Minister (Hofer und Strache), 16 Abgeordnete der Freiheitlichen sind Bur schenschafter, andere „Schlagende“ sind Generalse kretäre in Ministerien bzw. in führenden Stellungen als Ministersekretäre und Bera ter; auch im neu eingefärbten ÖBBAufsichtsrat dürfen die schmissigen Kerle nicht feh len. Augenauswischerei und Blödstellen ist die Reaktion der Regierungsspitze, egal ob türkis oder blau. Kann irgend jemand (außer vielleicht no torischen Krone und ÖsterreichLeserinnen und Lesern) tatsächlich erstaunt sein, was da an brauner Scheiße aus den Buden quillt? Seit Jahren haben österreichi sche Journalistinnen und Journalisten, durchaus auch aus dem katholischen Lager, auf diesen deutschnationalen, antisemitischen Bodensatz in und um die FPÖ hingewiesen. Das muss sogar bis zu den Ohren des Bundeskanzlers gedrungen sein, können wir
annehmen (oder gilt hier die Taubheitsvermutung?). Nein, wir wollen hier nicht nochmals die bekannten Ar gumente über den Charakter der Burschenschaften herun terbeten. Wer fundierte Fak ten sucht, findet sie in den beiden Büchern des Journa listen Hans Henning Schar sach “Strache im braunen Sumpf“ und „Die stille Machtergreifung“ kompri miert und bestens aufberei tet. Wichtiger ist es, von der Fixierung auf die Burschen schafter wegzukommen. Sie sind nur ein äußerliches Phä nomen einer Regierung, die in ihrer Gesamtheit die reaktio närsten Interessen der öster reichischen herrschenden Klasse vertritt. Einen Land bauer kann man leicht opfern, wenn der Widerstand aus Mi klLeithanien sogar die Kanz lerpartei erfasst. Wer kommt stattdessen in die niederös terreichische Landesregie rung? Ein Gottfried Waldhäusl, der als Klubob mann der Blauen durch hem mungslose Demagogie und Aggressivität geglänzt hat. Aber er ist kein Burschen schafter, also regierungsfähig. Die Landbauer/Germania Affäre war für die FPÖ und die gesamte Regierung zwar ein unangenehmes Zwischen
Klassenkampf 29/2018 spiel nach Außen hin haben sich die Koalitionäre aber aus der Affäre ziehen können. Kurz durch erwähntes Nichtstun, Strache, der zwi schen Selbstmitleid und Di stanzierung pendelte. Sein Statement gegen den Anti semitismus am Akademiker ball (ausgerechnet dort) kann man glauben oder nicht ihm hat es jedenfalls auf diversen nazistischen und neurechten Internetseiten kräftige Wat schen eingetragen („Schlei merei“, „Kniefall vor den Demokraten“, „Verräter“). Das freut uns natürlich, über bewerten darf man die Quere len im „nationalen” Lager aber nicht. Noch sind die neonazis tischen Kräfte und ihre „neu en rechten“ Hilfstruppen trotz unbestreitbarer Fort schritte bei der Rekrutierung immer noch eine vernachläs sigbare Größe; von einer „neuen SA“ sind sie noch weit entfernt. Was sie aber aus der Geschichte der NSDAP ge lernt haben: Man kann die „nationale” Revolution durch aus auf parlamentarischem Weg beginnen und gewinnen. Während Sozialdemo krat_innen, Stalinist_innen und Zentrist_innen auf die Burschenschafter starren wie das Kaninchen auf die Schlan ge, hat das türkisblaue Gruselkabinett bereits eine ganze Reihe von Maßnahmen in Angriff genommen, die eine massive Verschlechterung für die arbeitende Bevölkerung, aber sogar für die traditionel le Klientel der ÖVP die klei nen Bauern und Kleingewerbetreibende be deuten. Dazu gehört der ideo logisch aufgeladene „Familienbonus“, der angeb lich Familien mit Kindern 1.500, netto im Jahr, mittels Steuersenkung, eintragen soll. Tatsächlich profitiert davon aber nur das einkommens stärkste Drittel der Bevölke
Innenpolitik Kickl und sein Verständnis vom „Hohen Haus“
Der jetzige Innenminister und Herr über die Geheimdienste, der Freund der Kavallerie und des Bundestrojaners, der geöffneten Privatbriefe und der „Konzentration“ von Flüchtlingen hat im Oktober 2016 vor dem von extrem reaktionären Burschenschaftlern, Identitären und Neonazis ausgerichteten Kongress der „Verteidiger Europas“ sehr offen gesagt, was er, im merhin Generalsekretär (man beachte im Screenshot den aparten Rechtschreibfehler beim Titel des Referenten!) der FPÖ, vom Parlament hält. Also: Der jetzige Innenminister fühlt(e) sich im Kreis von halb bis ganzfaschistischen Reaktionären deutlich wohler als im Plenum des Nationalrats. Sagt er zum Beginn seiner Ansprache ... "Ich muss ja sagen, es ist für mich sehr angenehm schon nach den ersten Vorgesprächen und auch jetzt, wenn ich hier herunterschaue, es ist ein Publikum wie ich es mir wünsche und wie ich es mir vorstelle, das ist etwas ganz anderes wie wenn man im Parlament steht, dort redet, und in diesen frustrierten dauerbetroffenen linken Flügel der Roten und der Grü nen hineinschaut, wo‘s nur noch mieselsüchtige Gestalten gibt“.
rung die anderen gehen leer aus, weil sie aufgrund ihrer niedrigen Einnahmen nicht von der Steuerbegünstigung profitieren können. Das treu herzige Versprechen der Her ren Kurz und Strache, die ärmeren Schichten der Bevöl kerung durch eine Senkung
der Beiträge zur Arbeitslo senversicherung zu „entlas ten”, ist Humbug und Wahlkampfrhetorik: Denn 40 % der arbeitenden Menschen verdienen weniger als 1.648, EUR Brutto und sind daher ohnehin von der Abgabe ganz oder teilweise befreit.
Während die Regierung nach wie vor überlegt, wie man die Beseitigung der Not standshilfe am besten verkau fen kann („Sozialschmarotzer” heißen jetzt „Durchschummler”), fährt Herr Kickl nach Mün chen, um sich „ein Bild“ von
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Innenpolitik
Polizeireiterstaffeln zu ma chen. Denn im Weltbild der FPÖ sind 24 schneidige Reiter im einstmals „Roten Wien“ bereits beschlossene Sache. Dass selbst nach eigenen Schätzungen aus dem Innen ministerium alleine die Hal tungskosten für die Rösser 350.000 Euro im Jahr ausma chen könnten, spielt keine Rolle. Wir werden uns in einem eigenen Artikel mit der ge planten Zerschlagung der AU VA (die einzig und allein die Kapitalist_innen begünstigt) beschäftigen, eine Analyse des Regierungsprogramms
auf unserer Homepage und hier im KLASSENKAMPF zeigt, welch bürgerlichreaktio nären Geistes Kind die regie rende Koalition ist. Während die Augen vieler, die am 13. Jänner gegen Kurz und Strache demonstriert ha ben, gebannt auf den Bur schenschaftern ruhten, hat die Regierung die Kürzung des Kindergeldes für im Aus land lebende Kinder von in Österreich ihre Arbeitskraft verkaufenden Menschen be schlossen. Der Rauchvorhang erfüllt offenbar seine Schul digkeit. Der Kampf gegen die fa
Klassenkampf 29/2018 schistischen Eiterbeulen am Körper der Regierungspartei en darf kein Selbstzweck sein. Wenn sie entfernt sind, ist das höchstens ein kosme tischer Eingriff. Ziel muss es vielmehr sein, diese Regie rung so schnell wie möglich durch entschlossenen Wider stand in den Betrieben, Schu len, Universitäten und auf der Straße zu stürzen. Dazu be darf es kämpferischer Gewerkschaften, Komitees der Betroffenen der reaktio nären Regierungspolitik, und letzten Endes einer politischen Führung, die eine wirkliche Alternative zeigen
kann: Den Weg einer echten direkten Demokratie der Herrschaft der gewählten und rechenschaftspflichtigen Räte in den Betrieben und Stadttei len, der Verteilung der Arbeit auf alle Hände bei vollem Lohnausgleich, der entschä digungslosen Enteignung der Ausbeuter unter Arbeiter_in nenkontrolle. Diese sozialis tische Perspektive erfordert den Aufbau einer revolutio nären Arbeiter_innenpartei, im nationalen wie im interna tionalen Rahmen. Dafür kämpfen wir.
Glawischnigs Handschlag mit dem einarmigen Banditen
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ls die Grünen bei den letzten Nationalratswahlen aus dem Parlament flogen, ging ein tiefer Seufzer der Verzweiflung durch das urbane kleinbürgliche Lager. Die letzte moralische Bastion in einer unmoralischen Zeit war gefallen – nicht zuletzt wegen der egoistischen Ambitionen des Peter Pilz (das war zumindest die parteioffizielle Lesart), der sich postwendend angeblich als übler Grapscher entpuppte. Wenigstens hatte man noch mit Alexander van der Bellen einen Fels der Rechtschaffenheit im Meer der Verkommenheit in die Hofburg katapultiert. Ja, trotz aller Anfeindungen – ein Mann für alle Österre icherinnen und Österreicher, der das Gruselkabinett des Herrn Sebastian Kurz durchaus kurzweilig angelobte. Ein Mann, der Rauchzeichen setzt, wenn man das so salopp sagen darf. Daher scheint er auch sehr milde zu sein, wenn's um die Postenvergabe durch die türkisblaue Koalition geht bis hinauf zu schmissmäßig etwas lädierten Höchst richtern. Aber jetzt, aber jetzt – jetzt
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verkauft sich die Ex Bundessprecherin Eva Glawischnig an Novomatic. Acht Monate nach ihrem Rückzug von der Parteispitz der Grünen wird sie beim international agierenden Glücksspielkonzern, für den bekanntlich immer und überall die Unschuldsver mutung gilt, zur verantwortlichen Managerin für "Nachhaltigkeit", wie sie es definiert. Sprich: Das ehemalige Aushängeschild jener Partei, die (unabhängig von ihrem Klassencharakter) völlig zu Recht das kleine Glückspiel und die Verfilzung zwischen dem Weltkonzern (Bilanzsumme 2016: 2,4 Mrd EUR) und aktiven und abgehalfterten Politikern aller
Art kritisiert hatte, drückt jetzt bei der großen Weißwaschmaschine den Startknopf und zeigt, dass Novomatic eigentlich eh ganz leiwand ist. Frau Glawischnig versteht die Aufregung eh nicht. Moderner Mensch, der sie ist, hat sie die „Internationalität“ des Konzerns beeindruckt. Und bodenständig ist er auch noch: Konzernsitz in Gumpoldskirchen – was will man mehr? Die Bioweinbauern gleich um's Eck das kann nichts Schlechtes sein! Hand auf's Herz: Liebe Leserin, lieber Leser – bist Du wirklich erstaunt über die „ganz persönliche Entschei dung“ Glawischnigs? Wurden hier wirklich „Prinzipien“ über Bord geworfen? Mit lobenswerter Ehrlichkeit hat die ExPolitikerin gestanden, dass sie – ganz persönlich – dem kapitalistischen Grundsatz anhängt: „Jeder ist sich selbst der Nächste“. Ex
SPÖVorsitzender Alfred Gusenbauer betätigte sich als Ezzesgeber für transkaukasische Diktatoren; SPDExKanzler Schröder macht(e) für Gazprom und Rosneft den „Grüßaugust“. Wenn Auslagenpuppen der bürgerlichen Arbeiterparteien locker den Hopps über die Klassenlinie schaffen, warum dann nicht auch eine kleinbürgerliche Expolitikerin, die den Kapitalismus ja auch nur ein bisschen begrünen wollte? Der Reanimation der schnaufend am Boden liegenden grünen Partei hat Glawischnig jedenfalls nicht genützt. Vielleicht konnte sie aber bei jenen Mitgliedern der Partei, die immer noch Illusionen hatten, dass die Grünen eigentlich eine "linke" Partei sind, einen Umdenkprozess einleiten, der sie irgendwann in's einzige fortschrittliche Lager führt jenes der revolutionären Arbeiter_inenbewegung.
Klassenkampf 29/201 CoReP / Kollektiv Permanente Revolution
Gemeinsame Erklärung von CoReP und Patronsuz Dünya
Die Arbeiterklasse im Iran erhebt ihr Haupt
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wischen 28. Dezember und 5. Januar marschierten Zehntausende von Arbeitern und Jugendlichen trotz erheblicher Risiken in vielen Städten des Irans durch die Straßen. Arbeiter, Angestellte, Arbeitslose, Bauern und Studenten protestierten für die Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage und forderten so das despotische Regime der Islamistischen Bourgeoisie heraus.
Das derzeitige Regime ist aus der Konterrevolution von 1979-1981 hervorgegangen
nachdem die Massenbewegung den Schah gestürzt und der inmitten der politischen Katastrophe ernannte Premierminister unfähig scheint, die Revolution einzudämmen. Die schiitische Geistlichkeit hat sich stets der Modernisierung 1978 beginnt eine proletarische Revolution im Iran. Sie des Landes widersetzt. Die islamistische Reaktion spielte beim stürzt das despotische Regime des Schah Mohammad Reza Militärputsch 1953, der den bürgerlichen Nationalisten Pahlavi, das eine Säule der amerikanischen Weltordnung ist. Mossadegh stürzte und die Monarchie wieder her stellte eine Ab Februar 1978 kommt es in den großen Städten zu Unruhen. wichtige Rolle. Die Monarchie unterdrückt gewaltsam mit Hilfe Der Schah unterdrückt sie gewaltsam durch die Armee, deren der Regierungen der USA die Arbeiterklasse, die Studenten, Basis aus Wehrpflichtigen besteht. Am 10. Oktober 1978 nationale Minderheiten. Khomeini und andere schiitische streiken die Arbeiter in der Raffinerie in Abadan. Die Dynastie Geistliche widersetzen sich der „weißen Revolution“ des bricht zusammen, als die Arbeiterklasse im November 1978 Schahs, weil diese eine Landreform begann, die Industrie und einen Generalstreik beginnt, sich am 1. Februar die Kurden die Banken auf Kosten des Handels und Wuchers begünstigte, erheben, als Regimenter in die rechtliche Gleichstellung der Teheran am 9. Februar 1979 auf die Frauen begann und historische Seite des Volks wechseln. Kontinuität des Iran bis zurück in Guerillaorganisationen (PDKI, die Antike (also vor der Komala, Fedajin, Mojahedin ...) Islamisierung Persiens) pries. verteilen, wie in der Hauptstadt, Seit 1978 macht die klerikale Waffen in Kurdistan und bieten den Guerillaorganisation der zur Monarchie loyalen Truppen Volksmodschahedin einen Kniefall militärisch die Stirn. vor den Ayatollahs. Im Namen der Binnen einiger Wochen wird die „Revolution in Etappen“ und der Meinungsfreiheit durchgesetzt und „antiimperialistischen Arbeiterräte (Shoras) entstehen in Einheitsfront“ ordnet die Mehrheit großen Unternehmen. Aber die Die Arbeiter spielten vom ersten Tag an eine zentralle Rolle der Arbeiterbewegung die Arbeiterklasse ist sozial in der Minderheit und es gibt keine Ausgebeuteten und Unterdrückten einem Flügel der nationalen revolutionäre Arbeiterpartei, die in den Shoras intervenieren Bourgeoisie unter. Die mit der Bürokratie der UdSSR und sie weiterentwickeln könnte. In den vorhergehenden zehn verbundene Partei (Tudeh), die castristischen oder Jahren haben die zentristischen Strömungen, die mit der maoistischen Organisationen (Fedajin, Peykar) sowie eine reformistischen TudehPartei gebrochen haben und sich auf pseudotrotzkistische Gruppe (HKE) präsentieren Khomeini als den Guerillakampf zu bewegten, der Arbeiterklasse den „progressiv“ und „antiimperialistisch“. Rücken gekehrt. 1978 stehen Fedajin und Komala Peykar, ohne Tatsächlich übernimmt Khomeini schon kurz darauf die es zu wissen, der Partei der Sozialrevolutionäre im Jahr 1917 Führung des bürgerlichen Staates und rettet den iranischen näher als der bolschewistischen Partei. Kapitalismus. Die Ayatollahs vereinen die schiitische Um die Revolution zu stoppen, spielte die lokale Geistlichkeit, die Handelsbourgeoisie, die Armee der Bourgeoisie mit Unterstützung des französischen Monarchie, die Großgrundbesitzer, die Lumpen aus den Imperialismus die Karte des religiösen Führers, Ayatollah Elendsvierteln, Kleinbauern und eine Minderheit von Ruhollah Mussawi Khomeini, aus. Er kehrte am 1. Februar mit Studenten gegen die soziale Revolution. Ihre faschistischen einer von der französischen Regierung gecharterten Schläger (die Hezbollahi), die Organisationen angreifen die Sondermaschine aus Frankreich zurück. Tatsächlich ist das die sich sozialistisch nennen, entwaffnen die Massen, schließen einzige konsequente Kraft die der Bourgeoisie geblieben ist, für zwei Jahre die Universitäten, zerschlagen eine nach der
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anderen die revolutionären gesellschaftlichen Kräfte: Frauen, Parlamentswahlen und die Präsidentschaftswahl aus. Die 12 die sich dem Verschleierungszwang widersetzen, Studenten, Wächter werden vom Führer ausgewählt. die Gegner des Schah waren, das kleine und führungslose Der „Präsident“ regiert unter der Autorität des Führers. Er Proletariat, aufständische nationale Minderheiten (Kurden, wird für vier Jahre bei allgemeinen Wahlen gewählt. Araber, Turkmenen ...). Die „Partei Gottes“ verbietet und Eine „islamische beratende Versammlung“ ist das Parlament zerstört eine Organisation der Arbeiterbewegung nach der (Majlis), das den Staatshaushalt und andere anderen. In keinem Moment leistet eine Einheitsfront der Rechtsvorschriften unter Kontrolle des Wächterrats Arbeiter dem Islamofaschismus Widerstand. genehmigt. Sie besteht aus fünf Vertretern der zugelassenen Im März 1979 organisiert die Partei der Islamischen religiösen Minderheiten und 285 Mitglieder, die durch Republik ein Referendum (ohne Wahlgeheimnis) für die allgemeinen Wahlen gewählt werden. „Islamischen Republik“, bei dem sie 99,7% der Stimmen erhält Die militärische Aggression gegen den Irak im September (die Modschahedin und Tudeh rufen zum „Ja“ auf). Im April 1980, die von den westlichen imperialistischen Mächten feiert Khomeini die Armee; im Juni verkündete er eine gefördert wird, konsolidiert das klerikale konterrevolutionäre Amnestie für Militärs und Polizisten; im Juli verbietet er Regime, das sich als “Verteidiger des Vaterlands” aufspielt. Der Anzeigen gegen Mitarbeiter der Repressionskräfte; im August Iran beschafft sich Waffen aus der UdSSR, Nordkorea, China, verhängt er die Zensur (mit und, im Geheimen, den Zustimmung der Tudeh). Vereinigten Staaten (in der Um sich ein damaligen Rhetorik der antiimperialistisches Islamisten der „Große Mäntelchen umzuhängen, Satan“) sowie Israel lässt Khomeini am 4. ( „Mutter des Satans“). November 1979 für 444 Das totalitäre Regime Tage die Besetzung der ermordet zwischen 1981 Botschaft der Vereinigten und 1985 mindestens 8.000 Staaten durch „islamische Gegner. Im Juli 1988, als es Studenten“ zu. Das ist ein den Waffenstillstand mit Ablenkungsmanöver, rein dem Irak unterzeichnet, symbolisch, im Gegensatz exekutiert es in vier zum revolutionären Krieg in Wochen 2.800 Gefangene, Vietnam und sogar den meist Aktivisten der realen Maßnahmen von Die Konterrevolution wurde von einem massiven Personenkult rund um Arbeiterbewegung (HKS, Nasser oder Mossadegh. Khomeini begleitet Komala, Fedajin, Peykar, Aber Idioten aller Art Tudeh ...). applaudieren der iranischen Geistlichkeit zur gleichen Zeit, als Heute glauben Strömungen, die beanspruchen, Trotzkisten diese die Konterrevolution durchführt: der französische zu sein (LOI in Argentinien, CWG in Neuseeland, SWP in Philosoph Foucault, der Führer der PLO, Arafat, die Großbritannien, RKOB in Österreich, IS in Argentinien ...) stalinistischen Parteien in der ganzen Welt, die Revisionisten immer noch, dass die Islamisten AntiImperialisten, sogar des Trotzkismus (vor allem die amerikanische SWP und die Revolutionäre, seien. Die Bilanz der islamischen britische WRP). Konterrevolution im Iran ist, dass in den beherrschten Khomeini misstraut der vom Schah geerbten Armee. Er Ländern religiöse Führer in der Lage sind, fanatisierte Lumpen schafft im Mai 1979 die Pasdaran (“Revolutionswächter“) und zu mobilisieren, um physisch das Proletariat und die im November 1979 die Basiisj (“Mobilisierte”). Innerhalb der nationalen Minderheiten zu vernichten. islamistischen Koalition setzen sich die Ayatollahs, die über In diesem Sinne leistet der Islamismus dem weltweiten eine hohe Popularität und fanatisierte bewaffnete Banden imperialistischen System den größten Dienst. Die weitere verfügen, gegenüber ihren zivilen bürgerlichen Rivalen durch. Entwicklung der Islamischen Republik bestätigt die Theorie Bazargan wird im November 1979 beseitigt, Banisadr im Juni der permanenten Revolution, die ausgehend von der Erfahrung 1981 trotz der Unterstützung durch die MEK (Mojahedin) der russischen und chinesischen Revolution formuliert wurde: davongejagt. in der imperialistischen Epoche ist keine Fraktion der Am 2. und 3. Dezember 1979 bestätigt ein Referendum mit Bourgeoisie der unterdrückten Länder in der Lage, die 98% der Stimmen die von den Ayatollahs maßgeschneiderte imperialistischen Mächte tatsächlich zu bekämpfen. Verfassung. Die bärtigen Turbanträger geben vor, dass sich Die Widersprüche der Diktatur der der Staat auf ihren Gott gründet. Da sich Gott kaum selbst islamistischen Bourgeoisie spitzen sich zu äußert, herrschen nun die religiösen Spitzen über das gemeine Volk. Der Islamofaschismus benutzte 19781981 eine anti Die wichtigste Institution ist der „Führer“. Es wird von imperialistische und sogar die Gleichheit betonende Sprache. einem „Expertenrat“ bestehend aus 86 religiösen Führern Aber die untergeordneten Klassen, die dem Klerus folgten, ernannt. sind betrogen worden, und das Land bleibt dem weltweiten Der „Wächterrat“ prüft die Übereinstimmung von Gesetzen Kapitalismus untergeordnet. mit der islamischen Religion und wählt die Kandidaten für Im Jahr 1979 konnte sich die nationale Bourgeoisie halten.
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Klassenkampf 29/201 CoReP / Kollektiv Permanente Revolution Das Familienunternehmen des Schahs und der Kapitalisten, die schmeichelt dem Nationalgefühl, sind aber sehr teuer für ein mit ihm geflohen waren, wurden verstaatlicht. Neue Land, das in vielerlei Hinsicht unterentwickelt bleibt. Ein kapitalistische Spieler sind aufgetaucht, vor allem staatlich weiterer Rückschlag ist, dass die ursprüngliche Forderung des geförderte religiöse Stiftungen mit undurchsichtiger theokratischen Regimes, alle Muslime der Welt zu führen, auf Buchhaltung, die jeglicher Besteuerung entgehen. Religiöse die Verteidigung der Schiiten, eine kleine Minderheit im Islam, Institutionen (einschließlich dem Obersten Führer und die reduziert ist. Pasaran) sind wahre kapitalistische Konzerne, die Waffen, Die Spitzen des Staates und der iranischen Bourgeoisie Energie, Telekommunikation, Chemie, Landwirtschaft …, zerfleischen sich sowohl wegen der internationalen wie der produzieren und verkaufen. Daher verschärft sich die Innenpolitik. Diese Spaltung hat zum Verschwinden der Ungleichheit von Einkommen und Vermögen. Einheitspartei (der “Partei der islamischen Revolution“ ) 1987 Mit Öleinnahmen finanziert der bürgerliche Staat einen geführt. Sie kam nach dem Tod von Khomeini im Jahr 1989 ans aufgeblähten Apparat, der einem Teil der deklassierten Licht. städtischen Schichten und der ruinierten Bauernschaft Die „Konservativen“ um den Obersten Führer (Khamenei, Arbeitsplätze (Beamte, Revolutionsgarden, Basij) bietet. Mit 78, designierter Nachfolger von Khomeini 1989) verweigern den Öleinnahmen subventioniert der Staat auch Treibstoff und demokratische Zugeständnisse, weil sie fürchten, dass die Grundnahrungsmittel. Massen sie zum Sturz der Der von den Vereinigten islamischen Republik Staaten trotz der benützen werden. Vereinbarungen von 2015 Die „Reformer“ um den aufrechterhaltene Druck, Präsidenten (Hassan die anhaltende Schwäche Rohani, 69, im Jahr 2013 der Industrie und gewählt, 2017 Landwirtschaft sowie der wiedergewählt) versucht Rückgang der Preise für Öl durch Verhandlungen mit und Erdgas im Jahr 2014 den imperialistischen stellen das Regime vor Bourgeoisien für wirtschaftliche, politische Investitionen zur und ideologische Ankurbelung der Wirtschaft Schwierigkeiten. Die beizutragen und so die Lohnabhängigen sind Opfer Infragestellung der von Privatisierung, Internationaler Frauentag 2011 in Teheran: Massive Proteste gegen das Islamischen Republik zu Outsourcing, Prekarisierung islamistische Regime vermeiden. der Beschäftigung und dem Im Sommer 2009 starten Verbot von Gewerkschaften und Streiks. Kleinbauern werden die „Reformer“ eine Welle von massiven Protesten nach der durch die Konzentration von Land und die Umweltkrise Wiederwahl des „konservativen“ Präsidenten Ahmadinejad ruiniert. Kleine Händler stehen in Wettbewerb mit neuen (genannt “grüne Bewegung”). Viele junge Menschen und Einkaufszentren. Die Jugend beider Geschlechter ist gebildeter Frauen beteiligen sich an Demonstrationen in großen Städten. als in anderen Ländern in der Region, aber sie sehnt sich auch Obwohl gewaltsam unterdrückt (über 150 Tote), eröffnen sie nach mehr Beschäftigung, Meinungsfreiheit und dem Ende der einen Reigen von Volksaufständen in der Region gegen die sexuellen Apartheid. Frauen lehnen zunehmend ihre fälschlich antiimperialistisch genannten und tatsächlich Demütigung und die religiöse Sittenpolizei ab. Die despotischen Regimes (Tunesien Ende 2010, Anfang 2011 ausgebeuteten und halb ausgebeuteten Klassen leiden massiv Ägypten und Syrien im Frühjahr 2011, etc.). unter Arbeitslosigkeit, hoher Inflation, steigenden Mieten ... Jedoch darf man weder den inneren Zusammenhalt jedes Die iranische Regierung machte 2015 Zugeständnisse bei Pols noch die Unterschiede zwischen ihnen überschätzen: alle seinem Atomprogramm. Im Gegenzug erwartete sie, dass die sind aus der Konterrevolution von 19791981 hervorgegangen. mitunterzeichnenden imperialistischen Mächte des Beide Cliquen oder Seilschaften sind Kapitalisten; beide wollen Abkommens (Vereinigte Staaten, China, Frankreich, den iranischen Kapitalismus gegen äußere Bedrohungen Großbritannien, und Russland, allesamt mit einem Arsenal von verteidigen; beide verteidigen die „Theokratie“ (klerikale Massenvernichtungswaffen ausgestattet, sowie Deutschland) Willkür); beide sind sich einig in der Unterdrückung der die Wirtschaftssanktionen aufheben. Von solchen Sanktionen Arbeiter, Studenten, Frauen, Kurden; beide sind sowohl für sind weder Israel noch Pakistan, zwei Verbündete der USA, die Privatisierungen und Einschränkungen bei den Kernwaffen besitzen, betroffen. Die Regierung hofft, dass Sozialausgaben. Konzerne aus diesen Ländern im Iran investieren, aber dem Der Staatshaushalt für 2018 löst Massenproteste aus stehen der hohe Verwaltungsaufwand und die durch die US Obwohl alle Medien in den Händen des Regimes sind, Regierung verursachte Unsicherheit entgegen. erlauben es die Spaltung der islamischen Bourgeoisie und ihre Die Interventionen in der Region (Libanon, Irak, Syrien, gegenseitigen Angriffe, allen Menschen zu sehen, dass sich alle Jemen ...) finden unter Kontrolle des Führers und der Fraktionen hemmungslos bereichern, korrupt sind und die “Revolutionswächter” (Pasdaran) statt. Die diplomatischen Verelendung der Massen steigt. und militärischen Erfolge sind spektakulär und das Diese spontane landesweite Bewegung wurde von
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monatelangen Diskussionen über die steigende Ungleichheit in Iranians, 2. Januar 2018). Im Gegensatz scheint sich die sozialen Netzwerken, von verstreuten Bauernprotesten gegen Unzufriedenheit oft gegen die Ausgaben im Ausland, vor allem die Folgen der Dürre, durch Dutzende von Streiks und in Palästina (Gazastreifen, der von der sunnitischen Demonstrationen der Arbeiter gegen verspätete islamistischen Partei Hamas kontrolliert wird), Libanon Lohnauszahlungen und Entlassungen, durch die Auflehnung (schiitische islamistische Partei Hisbollah und ihren sozialen eines Teils der Frauen und Jugend gegen die Fesseln der und militärischen Aktivitäten) und Syrien (militärische Frömmler vorbereitet. Operationen der Pasdaran, der libanesischen Hisbollah und Die Spaltung der islamistischen Bourgeoisie und die Schiitenmilizen, die das AssadRegime gerettet haben) zu Schwächung ihres Zugriffs auf Arbeiter, Angestellte, Beamte richten. und Deklassierte erlaubte es den Demonstranten Ende 2017 bis Präsident Trump hat Iranern die Einreise in die Vereinigten Anfang 2018, gemeinsam auf die Straße zu gehen und das Staaten verboten. Die Vereinigten Staaten, Israel und Saudi gesamte Regime anzugreifen. Arabien stehen in Westasien in Konkurrenz mit Russland, der Im Dezember 2017 präsentierte Rohani den Budgetentwurf Türkei und dem Iran. Sie haben in den letzten Monaten die 2018 und enthüllte dabei die enormen Zuschüsse für Religiöse. Drohungen gegen den Iran vervielfacht. Die offene Die „Reformer“ versuchen, die Unzufriedenheit der Unterstützung von Trump und Netanjahu schwächt die Bevölkerung umzulenken, da Demonstrationen (die dieses Budget Subventionen Iraner wissen, dass der für Grundnahrungsmittel Imperialismus Staaten zum beseitigt (vor allem für Eier) Nachteil ihrer Bevölkerung und Benzin, und die zerstört) und stärkt das Sozialleistungen für die System (alle Fraktionen Armen halbiert. der Bourgeoisie und die Als Reaktion greifen Medien prangern die zahlreiche “ausländische Produktionsfirmen und Einmischung” an). Websites, die mit den Europäische Regierungen, Revolutionsgarden die die Öffnung des verknüpft sind, den Sparkurs iranischen Kapitalismus der Regierung an. Am 28. für ihr Kapital nützen Dezember veranstaltet der wollen, sind vorsichtiger. „konservative“ Ayatollah Die Frauen wichtige Trägerinnen des Widerstandes gegen den Islamo Russland und China Alomolhoda in Mashhad, der Faschismus unterstützen das Regime. zweitgrößten Stadt des Iran, Die Regierung eine Demonstration von 200 Frauen im Tschador gegen die zensuriert die sozialen Netzwerke. Die Repression ruht im hohen Lebenshaltungskosten und gegen Präsident Rohani. Wesentlichen auf der Polizei, die von der Regierung geführt Aber schnell überschwemmt in Machhad eine Masse von wird (und weniger als 2009 auf den Revolutionsgarden und den Arbeiterinnen und Arbeitern, Arbeitslosen und Jugendlichen Basij, die dem Obersten Führer unterstehen). Es gab 22 Tote, den ursprünglichen Demonstrationsmarsch und beginnt mit 3.700 Verhaftungen. Die Repression durch die „Reformer“ wird Sprechchören gegen das Regime, den Obersten Führer und die von massiven Gegendemonstrationen der „Konservativen“ Geldabflüsse im Namen einer “Hilfe ans Ausland”. Das gleiche ergänzt. Die jüngsten Proteste fanden in der Nacht vom 4. auf geschieht in Racht, und am nächsten Tag dehnen sich die den 5. Jänner statt. Proteste auf das ganze Land aus und erfassen 80 Städte. Für den Sturz der Islamischen Republik, für die Die Neuheit an den Demonstrationen des Winters 20172018 Arbeiter- und Bauernregierung ist: • sie entziehen sich der Kontrolle aller bürgerlichen Damit die nächste Welle siegt, die Forderungen durchsetzt Fraktionen und mit dem islamischen Regime Schluss macht, müssen nicht • sie erfassen auch kleine Städte (die bisher für nur die beiden Fraktionen des Regimes zurückgewiesen, „konservative“ Kandidaten stimmten); sondern auch alle Agenturen der westlichen imperialistischen • sie sind breiter als vorhergehende (Dominanz der Mächte wie die Monarchisten und rivalisierenden Islamisten Arbeiter, Studenten, Angestellte, Arbeitslose, verarmte (Modschahedin) weggeschoben werden. Die Liquidation der Bauern ...); islamistischen Bourgeoisie durch die sozialistische Revolution • die Forderungen sind nicht nur politisch, sondern auch wäre ein Schlag gegen die benachbarten Bourgeoisien, den sozial Zionismus, die ganze islamistische Reaktion und den Nach Angaben der britischen Website Hopi sind Slogans zu Weltimperialismus. Gunsten einer monarchischen Restauration, die durch die Die Arbeiterbewegung ist schwach, aber im Exil aktiv, in Zerstörung der Arbeiterbewegung erleichtert werden, selten Unternehmen und Universitäten. Sie kann im Kampf der und werden oft mit anderen Slogans beantwortet, die sowohl Unterdrückten und Ausgebeuteten die Führung übernehmen, die Monarchie wie auch die Theokratie zurückweisen wenn sie die Lehren aus den Verrätereien und Fehlern, die (Yassamine Mather, Protests by impoverished, hungry während der Revolution 1978 von der Tudeh und den Fedajin
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Klassenkampf 29/201 CoReP / Kollektiv Permanente Revolution (von denen sich eine Fraktion später der Tudeh angeschlossen hat) begangen worden sind: Man darf keinem einzigen Flügel der iranischen Bourgeoisie vertrauen. Unseres Wissens nach haben damals nur die Sozialistische Arbeiterpartei HKS, die kurdische Guerillaorganisation Komala und die Fedajin (Minderheit) auf Grund ihrer eigenen Erfahrungen verstanden, dass der Islamismus konterrevolutionär war. Aber wir müssen auch von den im Exil von HKI und HKKI (beide mit Wurzeln in Komala) begangenen Fehlern lernen: Man darf kein Vertrauen in irgendeine imperialistische Bourgeoisie setzen (aus dem Westen wie dem Osten). Die Kommunistische Partei Irans (HKI) und die Arbeiterkommunistische Partei Irans (HKKI) setzen als Ersatz für proletarischen Internationalismus Appelle an Bourgeoisien (einschließlich der imperialistischen), dass diese Druck auf das islamische Regime machen. HKI und HKKI fordern ebenfalls, dass die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) die Islamische Republik ausschließen soll. Nun ist aber die ILO keine Gewerkschaftsorganisation, sondern eine internationale bürgerliche Organisation, eine Einrichtung der UNO, die Regierungen, Kapitalisten und Gewerkschaftsbürokraten aller Länder zusammenfasst. In ganz ähnlicher Weise appelliert die HKKI an „das Volk der Welt“ (?), dass es „Druck auf die europäischen Regierungen ausüben soll, damit diese keine weiteren Zugeständnisse an die Islamische Republik machen und die diplomatischen Beziehungen abbrechen“ (WCPI, To the People of the World, 31. Dezember 2017). Nun ist aber der Iran ein vom Imperialismus dominiertes Land. Einer herrschenden Bourgeoisie eines imperialistischen Landes zu vertrauen ist noch gefährlicher als sich auf die Bourgeoisie eines beherrschten Landes zu verlassen. Das iranische Proletariat hat nichts durch (diplomatische, wirtschaftliche oder militärische) Sanktionen des Imperialismus gegen die „Islamische Republik“ zu gewinnen. Diese stärken nur das Regime. Der Verbündete des Proletariats des Iran ist das internationale Proletariat. Die Arbeiterbewegung im Iran muss sich an die anderen Arbeiterorganisationen der Welt wenden für: • Solidarität mit den Arbeiterinnen und Arbeitern des Iran, Freiheit für alle Klassenkriegsgefangenen! • Demokratische Freiheiten, Rechte für die Arbeiterinnen und Arbeiter im Iran, Gewerkschaften und Parteien zu organisieren, ihre eigene Presse zu veröffentlichen, Versammlungsfreiheit, Streikrecht, Recht zu demonstrieren! • Aufhebung aller europäischer und USSanktionen gegen den Iran! Recht für den Iran, ein Atomprogramm zu entwickeln! • Freizügigkeit aller Arbeiterinnen und Arbeiter,
Studenten und Studentinnen des Iran! Für den Iran hat die HKKI nie eine Perspektive der sozialistischen Revolution eröffnet, eines Arbeiterstaates, der Arbeiter und Bauernregierung. Sie äußerte sich nie dazu, was auf die bürgerliche „Islamische Republik“ folgen sollte, während es klar ist, dass es das Proletariat und die halb ausgebeuteten Klassen sein werden, die den Preis für den Sturz des Regimes mit ihrem Blut zahlen werden. Der einzige Weg, von der Erfahrung des Klassenkampfes im Iran und in der Welt zu profitieren besteht darin, so schnell wie möglich eine kommunistische und internationalistische Organisation zu gründen, um die Vorhut im Exil und innerhalb des Landes zu sammeln. Ziel dieser Organisation der Debatte und des Kampfs ist es, mit den Massen zu kämpfen, um eine revolutionäre Arbeiterpartei in Verbindung mit dem Aufbau der Revolutionären Arbeiterinternationale aufzubauen. Eine Internationale auf dem Boden des Programms des Bundes der Kommunisten, der Zimmerwalder Linken, der Kommunistischen Internationale, der IV. Internationale. • Freilassung aller inhaftierten Demonstranten und Gewerkschafter! • Demokratische Freiheiten, weltliche Republik, die durch eine demokratische konstituierende Versammlung geschaffen wird! • Vollständige Trennung des Klerus vom Staat, keine staatliche Finanzierung religiöser Einrichtungen! • Volle Gleichstellung von Frauen und Männern, Schluss mit der Verfolgung von Homosexuellen und Lesben! • Recht der nationalen Minderheiten auf Selbstbestimmung! • Zahlung der fälligen Löhne, Lohnerhöhungen, Anpassung der Löhne an die Preise! • Keine Religion in Schulen, allgemeine öffentliche Erziehung, gratis und weltlich! • Gesundheitsversorgung auf bestem Niveau für alle! • Verteidigung von Protesten und Streiks! Auflösung der Revolutionsgarden, der Basij, von Armee und Polizei! • Arbeitslosenunterstützung für alle, massive Schaffung von Arbeitsplätzen durch geplante Großprojekte! Enteignung der großen bäuerlichen Betriebe und kapitalistischen Konzerne einschließlich jener als gemeinnützige Organisationen getarnter Unternehmen unter Arbeiterkontrolle! • Arbeiter und Volksräte, Arbeiterregierung, gestützt auf die Shoras! • Sozialistische Föderation West und Zentralasiens! CoReP Patronsuz Dünya 12. Jänner 2018
Demnächst: KLASSENKAMPF Sondernummer zu Katalonien! Auf Grund einer Überfülle von Artikeln hatten wir keine Möglichkeit mehr, zwei lange und substanzielle Artikel der Genoss_innen einer neu gegründeten revolutionären Organisation im Spanischen Staat, der IKC (Internaciema Kolektivista Cirklo) zu veröffentlichen.
Da Katalonien und die nationale Frage aber sicherlich noch lange ein „Dauerbrenner“ sein werden, erscheint in den nächsten Wochen eine Sondernummer des KLASSENKAMPF, die sich ausschließlich diesem Thema widmen wird!
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CoReP / Kollektiv Permanente Revolution
Klassenkampf 29/2018
Gemeinsame Erklärung von PATRONSUZ DÜNYA und SOSYALiST ALTERNATiF
Afrin: Nein zum Krieg gegen die Kurden!
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as ErdoğanRegime hat mit der vollen Unterstützung der kemalistischen CHP eine militärische Invasionsoperation gegen die kurdische Stadt Afrin im Nordwesten Syriens begonnen. Die Bemühungen um die Freiheit der Kurd_innen und ihren Errungenschaften in einer von den Imperialisten zwischen der Türkei, dem Iran, dem Irak und Syrien aufgeteilten Region laufen Gefahr, von den großen imperialistischen Mächten wie den USA und Russland sowie den Regimes dieser vier Länder zerstört zu werden.
Der Name, den der türkische Staat dieser Militäroperation gegeben hat, drückt die Übereinstimmung zwischen diesen vier Staaten (auch wenn sie Feinde sind) gegen jeden Anspruch der Kurden aus, über ihr Schicksal selbst zu bestimmen: " der Ölzweig " gilt als Symbol des Friedens. Wir fordern als marxistische/sozialistische Revolutionäre alle Arbeiter_innen und Gewerkschaften auf, sich gegen diese Aggression zu stellen. Dieser Krieg ist ein Krieg gegen die Kurden und die zugrundeliegende Logik ist sehr klar: Die Kurden, die in vier Staaten aufgeteilt sind, werden von diesen Staaten unterdrückt und alle ihre demokratischen Rechte werden ihnen verwehrt. Die Errungenschaften, welche die Kurden in einem dieser Staaten erringen können, würden dazu führen, dass auch die Kurden unter der Herrschaft der anderen Staaten ihre Rechte einfordern und so die Bildung ihres Nationalbewusstseins beschleunigen.Dies beunruhigt die Regimes der unterdrückenden Staaten. Das erklärt, warum sie nicht zögern, alle Mittel, einschließlich Krieg und Massaker, anzuwenden, um diese Entwicklung zu ersticken. Die Möglichkeit der Erneuerung der nationalen Einheit nach dem 15. Juli [Datum des gescheiterten Staatsstreichs in der Türkei] bietet der offene Krieg, die seit Tagen verbreiteten Invasionsdrohungen, das tagelange Säbelrasseln des Präsidentenpalastes, die Propaganda, die das rassistische Gift durch die Medien in die Köpfe der Massen träufelt. Jede der " technischen " Analysen über die geographischen Bedingungen Afrins oder die Tatsache, dass eine solche
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Operation ohne Luftunterstützung nicht möglich wäre, kündigte ein militärisches Massaker an. Wir revolutionäre Marxisten stellen uns dem bis zum Ende entgegen. Das ErdoğanRegime hat dieser Operation den Namen „Olivenzweig“ gegeben, und seine Rechtfertigung ist der Kampf gegen den Terrorismus. All das ist eine große Lüge. Derjenige, der provokativ im syrischen Bürgerkrieg die Karte der Provokation gespielt hat, derjenige, der dschihadistische terroristische Organisationen unterstützt, derjenige, der terroristischen Organisationen wie den Islamischen Staat, der nicht nur in Syrien, sondern auch in vielen anderen Ländern Blut vergossen hat und der Feind der ganzen Menschheit ist, "wütende junge Leute" genannt hat, der die Selbstmordattentate in seinem eigenen politischen Interesse für den Weg zu einem Präsidentenregime genutzt hat, der die kurdischen Städte wie Cizre oder Sur in eroberte mittelalterliche Städte verwandelt hat, ist niemand anderes als das ErdoğanRegime selbst. Sie schrecken nicht einmal davor zurück, Dschihadisten in LKW aus der Türkei an die Stadt Afrin heranzuführen. Es genügt wohl zu erwähnen, dass sich das ErdoğanRegime als Beschützer blutbesudelter terroristischer Organisationen mit dem syrischen Regime und mit Russland während der Verhandlungen über Aleppo und, in jüngster Zeit von Idlib, an einen Tisch gesetzt hat. Auf der anderen Seite ist es auch das ErdoğanRegime, daß jede Form der Opposition gegen den Ausnahmezustand und die Gesetzesdekrete unterdrückt. Der wahre Feind ist nicht die Bevölkerung von Afrin, sondern das ErdoğanRegime. Das ErdoğanRegime versucht neue Bedingungen zu schaffen, um seine Macht zu verlängern. Zum Ausnahmezustand gesellt sich der Kriegszustand. Das Regime will sich bei der imperialistischen Aufteilung Syriens nicht ausschließen lassen und beschränkt den Spielraum der Opposition, indem sie das nationalistische Klima nützt – wobei die CHP seit langem einen Wettlauf mit der AKP und der MHP veranstaltet, wer der nationalistischere ist. Wir sehen, wie einige „sozialistische“ Kreise sich von diesem Wettlauf im Namen des " Patriotismus " mitreissen lassen. Erdoğan will sich als Nationalheld im Jahr 2019 plakatieren lassen. Der wahre Feind ist nicht das Volk Afrins, sondern das ErdoğanRegime, das mit der Macht des Staates selbst die geringsten demokratischen Forderungen unterdrückt. Was die
Klassenkampf 29/201 CoReP / Kollektiv Permanente Revolution Arbeiterklasse betrifft, deren Kinder in den Krieg geschickt werden, wird ihre Lage von Tag zu Tag schlimmer. Um der wachsenden Unzufriedenheit der arbeitenden Massen Herr zu werden, will das ErdoğanRegime diesen Krieg gegen die Kurden so wirksam wie möglich nutzen. Mit dem Vorwand des Krieges wird es für das Regime einfacher, sich diejenigen vorzuknöpfen, die ihre Rechte fordern, indem man ihnen vorwirft, den Terrorismus zu unterstützen. Mit Sicherheit werden wir ein Streikverbot für die Metallarbeiter erleben, die gerade den Streik vorbereiten. Als Erdoğan in der Stadt Kütahya den Beginn der Militäroperation gegen Afrin ankündigte, wurde er mit den Forderungen der Arbeiter der Zulieferfirmen empfangen. Es ist wahrscheinlich im Vertrauen auf das herrschende Klima, das er im Land geschaffen hat, dass er sich erlaubte, diese Arbeiter abzukanzeln, indem er ihnen sagte: „Ihr hört offenbar nicht auf das, was euch bis heute gesagt wurde, ihr gehorcht nicht, ihr kennt euch nicht aus. Wir haben oft öffentlich dazu gesprochen, auch im Parlament. Ihr versteht immer noch nicht ... " Solche Situationen werden sich mit dem Krieg und der Spaltung der Arbeiterklasse durch Rassismus, Nationalismus, Chauvinismus und Religion häufen. Oppositionsparteien und die Medien, die mit dem Erdoğan Regime einverstanden sind, erklären den Kampf gegen den Terrorismus als Rechtfertigung für die Operation und achten darauf, das Wort „Kurdisch“ so wenig wie möglich zu verwenden (dazu gehören auch Gruppen, die sich selbst Sozialisten nennen) deshalb wechselten sie schnell vom Ausdruck „kurdischer Korridor“ zum Ausdruck „terroristischer Korridor“, als Rojava im Norden Syriens gegründet wurde und sich, getreu einem imperialistischen Plan, Richtung Mittelmeer ausweitete. Aus diesem Grund erklärt auch die ultranationalistischrassistische MHPPartei: „Man kann nicht sagen, dass die MHP gegen die Kurden ist“. Die wirkliche Sorge ist das nationale Bewusstsein, das sich unter den Kurden entwickeln wird. Diese Partei ist der Feind der Errungenschaften und des Status der Kurden in Syrien. Ob in Syrien, in der Türkei, im Iran oder im Irak Kurden haben das Recht, nach eigenem Ermessen zu leben und ihr Schicksal zu bestimmen. Die Entwicklung des nationalen Bewusstseins der Kurden, dass sie demokratische Rechte beanspruchen, kann nur für die Herrschenden, nicht aber für die ausgebeutete Arbeiterklasse Anlass zur Sorge sein. Dass die Kurden ein kollektives nationales Bewusstsein haben, bedeutet, dass die bürgerlichen Parteien wie die AKPMHP, die CHP, die İYİPartei keine Unterstützung von den Kurden bekommen werden. Und das ist die Voraussetzung für den erfolgreichen vereinten Kampf der Arbeiterklasse der Türkei. Dies erfordert, dass die Arbeiterklasse in der Türkei die kurdischen Rechte kollektiv verteidigt (nicht nur auf individueller Ebene, sondern in einer organisierten Art und Weise). Nur so wird es möglich sein, das Vertrauen des kurdischen Volkes und damit seine
Unterstützung zu gewinnen, den Kampf für demokratische nationale Rechte mit dem Klassenkampf zu vereinen. Erdoğan, der die von den Kurden kontrollierten Gebiete als Terrorzentrum bezeichnet, führt die Operation vor Ort mit Hilfe der dschihadistischen Terrororganisationen durch. Indem es das kurdische Volk als Feind darstellt, legt es die Grundlage für neue interethnische [=zwischen den Völkern, der Übersetzer] Konflikte. Weder das kurdische Volk noch das syrische Volk sind für uns als Arbeiterklasse Feinde. Die wirklichen Feinde sind die Kapitalisten, die uns nichts als Arbeitslosigkeit, Armut, Ausbeutung, Blut, Tränen, Krieg und Tod geben; und die ErdoğanDiktatur, die Bosse, Diebe, Korruption, Mörder, Pädophile, Vergewaltiger und dschihadistische Terrororganisationen schützt. Eine Diktatur fällt niemals, bevor sie von ihren Opfern gestürzt wird. Die Opfer dieses Regimes sind die Arbeiter und die unterdrückten Türken, Kurden, Aleviten, Sunniten und alle anderen. Die AKPMHP, die CHP und die İYİPartei als chauvinistische Parteien reden der Arbeiterklasse ein, sie und die Kapitalistenklasse hätten unter dem Begriff „Nation“ ein gemeinsames Interesse. Wie auch immer ihre Religion, ihre Nationalität sein möge, die Interessen der Arbeiterklasse entsprechen nicht denen des Kapitals. Im Gegenteil, sie sind genau entgegengesetzt. Aus diesem Grund braucht die Arbeiterklasse angesichts der nationalistischen kapitalistischen Parteien eine eigene Klassenpartei. Nur die Einheit der Arbeiterklasse kann Kriege, den Imperialismus und seine Kollaborateure stoppen. Wir rufen daher alle Organisationen der Arbeiterklasse und insbesondere die Gewerkschaften auf, sich gegen den Krieg zu stellen, den der türkische Staat mit Unterstützung des russischen und amerikanischen Imperialismus gegen die Kurden entfesselt hat. Gewerkschaften an die Arbeit angesichts des Krieges, bereiten wir den Generalstreik vor! Lasst uns den Streik der Metallarbeiter mit dem Kampf gegen den Krieg vereinen! Beteilige dich nicht an der Invasion, sage nein zur Operation Afrin! Der Weg, sich ihr entgegenzustellen, ist die Einheitsfront der Unterdrückten und der Arbeiter. • Der wahre Feind ist nicht die Bevölkerung von Afrin, sondern das ErdoğanRegime. • Sofortiges Ende der Invasion! • Angesicht von Nationalismus und Religion es lebe die Einheit der Klasse! • Die einzige Lösung angesichts von Krieg, Ausbeutung, Unterdrückung und Armut ist die Sozialistische Föderation des Nahen Ostens auf freiwilliger Grundlage! • ErdoğanRegime, raus aus Afrin, raus aus Syrien!
PATRONSUZ DÜNYA SOSYALiST ALTERNATiF [Sozialistische Alternative]
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CoReP / Kollektiv Permanente Revolution
Klassenkampf 29/2018
Gemeinsame Erklärung von CoReP, Patronsuz Dünya und TML
Trump, Netanjahu, Hände weg von Jerusalem! Wohin führen die Verträge von Oslo? Nach seiner heftigen Kritik am Abkommen mit dem Iran am 17. Juli 2018 kündigte USPräsident Trump am 6. Dezember an, er werde die USBotschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen. Mit anderen Worten, die führende Macht der Welt erkannte Jerusalem offiziell als Hauptstadt Israels an. Der israelische Premierminister Netanjahu begrüßte diesen „historischen Tag“. 1967 annektierte Israel Jerusalem vollständig. Seitdem hat der zionistische Staat die arabische Bevölkerung im östlichen Teil der Stadt systematisch verfolgt und verjagt, während er die hebräische Kolonisierung vorantreibt, die er auch in der Westbank verfolgt. Angesichts der Entscheidung der Vereinigten Staaten äußerten die anderen imperialistischen Mächte (China, Russland, Deutschland, Japan, Frankreich, Großbritannien ...) ihre Unzufriedenheit. Der UN Generalsekretär hat Trumps Entscheidung als gegensätzlich zur „ZweiStaatenLösung“ verurteilt. Die Generalversammlung teilte diese Linie am 21. Dezember. Aber die UN billigte die gewaltsame Eroberung eines Teils von Palästina im Jahr 1947 durch die Anerkennung Israels. Niemals haben die zahlreichen früheren Resolutionen, die Israel verurteilen, irgendwelche praktischen Konsequenzen gehabt; Nie hat der UNSicherheitsrat die Vereinigten Staaten oder Israel sanktioniert. Diese Entscheidung ist kein exzentrischer individueller Akt. Trump hat damit die Republikanische Partei zufriedengestellt und hat das umgesetzt, was Obama und die Demokratische Partei zuvor vorgeschlagen hatten. Er versucht, die Positionen seiner Bourgeoisie und des amerikanischen Staates in einer Region zu konsolidieren, in der dessen Einfluss stark zurückgegangen ist. Die wirklichen Ziele von Trump und der Republikanischen Partei sind Iran und Russland; Palästinenser sind der „Kollateralschaden“. Indem sie Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennt, billigt die amerikanische
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„Demokratie“ die ethnische Säuberung, die in dieser Stadt stattfindet. Die Palästinensische Autonomiebehörde hat zu einem „Tag der Wut“ aufgerufen. Die Fatah, die sie leitet, ist eine komplett verbrauchte bürgerlichnationalistische palästinensische Partei. Ihr Gründer Arafat schloss 1993 mit den USA und dem israelischen Staat das Oslo Abkommen ab. Dieser Vertrag erkennt Israel und seine Kontrolle über einen Teil von Palästina an. Als Gegenleistung verspricht er einen palästinensischen Staat. Die „ZweiStaaten“ Lösung wurde von den Vereinten Nationen genehmigt. In der Tat gibt es auf der einen Seite einen echten, waffenstarrenden und atomar bewaffneten Staat, der von den Vereinigten Staaten unterstützt wird. Auf der anderen Seite gibt es ein riesiges Internierungslager für Araber, ohne eine Armee, wirtschaftlich abhängig von Israel, das am Tropf der Europäischen Union und der Golfmonarchien hängt. Das Westjordanland und Jerusalem sind vom Gazastreifen getrennt. Das Westjordanland selbst ist von zionistischen Siedlungen und der israelischen Armee durchzogen. Die FatahPolizei unterstützt die Kolonialarmee und die israelischen Geheimdienste. Die Hamas sagte voraus, dass Trumps Entscheidung „die Pforten der Hölle für amerikanische Interessen in der Region öffnet“. Die Hamas ist eine klerikale bürgerliche Partei, die von der Muslimbruderschaft gegründet wurde. Sie behauptet, dass Palästina moslemisch sein muss, obwohl dort immer Juden, Araber und christliche Armenier gelebt haben. Diese reaktionäre Partei konnte im Jahr 2007 die Kontrolle über den Gazastreifen übernehmen, weil die Fatah die nationale Sache verraten hatte. Wenn die Hamas den USImperialismus zurückdrängen könnte, wüsste man das schon längst. Tatsächlich kann sie nicht einmal verhindern, dass der israelische Staat (mit Hilfe des ägyptischen Staates) das Leben der Bewohner von Gaza zur Hölle macht. Insbesondere griff das israelische Militär
Klassenkampf 29/201 CoReP / Kollektiv Permanente Revolution 2008, 2012 und 2014 militärisch im Gazastreifen ein, massakrierte seine Bevölkerung und zerstörte seine Infrastruktur. Fatah und Hamas haben gemeinsam, dass sie von bürgerlichen Kräften geführt werden, sich dem Kampf des palästinensischen Proletariats widersetzen, sich auf benachbarte bürgerliche Staaten verlassen und unfähig sind, sich an die israelischen Arbeiter (Araber oder Juden) zu wenden. Darüber hinaus sind Fatah und Hamas in den letzten Monaten unter dem Druck von General AlSisi, dem Präsidenten Ägyptens, der jede politische Opposition unterdrückt, näher zusammen gerückt.
Für die Arbeitereinheitsfront gegen die Fortsetzung der Kolonisierung und die zionistischen Unterdrückung
Unterdrückung der Palästinenser, die Drohungen gegen den Iran, die militärischen Interventionen der amerikanischen, russischen, britischen, französischen Imperialisten in Syrien und im Irak ... müssen zur Angelegenheit der gesamten Arbeiterbewegung werden. Die beste Unterstützung für die Palästinenser ist der Kampf für den Sturz der Regierungen, die den zionistischen Staat unterstützen. Weltweit, vor allem in den USA und Israel, müssen alle Organisationen, die sich auf die Arbeiter berufen, fordern: • Ende der andauernden Kolonisierung von Ostjerusalem und der Westbank! • Die Aufhebung der GazaBlockade durch Israel und Ägypten! • Zerstörung der Apartheidmauer! • Freilassung aller palästinensischen Gefangenen! • Recht auf Rückkehr von Flüchtlingen und deren Nachkommen! • Keine Waffen, keine militärische Hilfe für Israel! • Keine militärische Bedrohung des Iran!
Die Monarchien am Golf und die jordanische Monarchie protestierten gegen Trumps Entscheidung, ebenso wie die islamischen Republiken Iran und Türkei. Aber die Palästinenser können sich nicht auf die bürgerlichen Staaten der Region verlassen. Für die Zerstörung des letzten Kolonialstaates Die Monarchie zerschlug 19701971 den palästinensischen Widerstand in Jordanien. Die christlichen Faschisten des Die Weltarbeiterklasse ist in dieser Frage, wie in anderen Libanon liquidierten 1982 mit Hilfe der israelischen Armee auch, durch die Politik ihrer Führungen gelähmt. Die Arbeiter Tausende von palästinensischen Flüchtlingen. Das syrische oder sozialdemokratischen Parteien, die Parteien BaathRegime schlug 1983 den palästinensischen Widerstand stalinistischen Ursprungs, viele zentristische Organisationen militärisch nieder. Die (SPEW, Sozialistische ägyptische und die syrische Alternative, LO, NPA ...), Regierung unterdrückten die unterstützen die „Zwei revolutionäre Bewegung von Staaten“Lösung der Vereinten 2011, deren Sieg eine Nationen . Perspektive für die Wir glauben nicht, dass das Palästinenser eröffnen hätte Verschwinden des Staates können. In den meisten Israel notwendig oder Nachbarstaaten werden wünschenswert ist. Wir palästinensische Flüchtlinge glauben sogar, dass seine oder Wanderarbeiter Existenz der gesamten überausgebeutet und arabischen und jüdischen diskriminiert. SaudiArabien Bevölkerung im Nahen Osten hat gerade seine Beziehungen von Nutzen sein könnte. (Lutte zu den Vereinigten Staaten und Ziemlich beste Freunde: Netanyahu und Trump. Werden zwar von den de Classe, Juli 1967); Eine Israel verstärkt; es interveniert Behörden ihrer Heimatländer gejagt, aber nicht wegen ihrer Arbeiterregierung in militärisch im Jemen und seine Nahostpolitik. Sad, so sad! Frankreich würde die Blockade verursacht Gründung eines Verheerungen unter der Zivilbevölkerung; es bedroht offen palästinensischen Staates in den Grenzen von 1967 (Arthaud, den Iran. Iran und die Türkei unterdrücken ihre nationalen LO Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen, die 2. April Minderheiten, darunter die Kurden. Die Türkei ist immer noch 2012) unterstützen. ein Mitglied der NATO unter Führung der Vereinigten Staaten. Das bedeutet, die gewaltsame Kolonisierung eines Teils von Die Türkei und die Golfmonarchien haben den Islamo Palästina und die Schaffung von Bantustans unter dem Stiefel Faschisten geholfen, Frauen und Männer in Syrien und im Irak Israels zu unterstützen. Die Führungen reformistischer zu unterdrücken und Arbeiteraktivisten, religiöse und Parteien schließen sogar Aktivist_innen aus, die sie in dieser nationale Minderheiten auszurotten. Ägypten erhält Waffen Frage lästig finden. Zum Beispiel wurde Tony Greenstein von und Geld aus den USA, und blockiert den Gazastreifen. der britischen LabourParty ausgeschlossen, Gerard Filoche Tausende von palästinensischen Arabern protestierten in aus der französischen SP. Jerusalem und Gaza. Am 15. Dezember verletzte die israelische Überall versuchen der israelische Staat und die zionistische Armee 160 von ihnen und tötete vier. Hunderttausende von Bewegung, Antizionisten mit antijüdischen Rassisten Menschen, besonders in arabischen oder muslimischen gleichzusetzen. Der französische Präsident Macron hat diese Ländern, protestierten gegen die Entscheidung der US Verleumdung aufgegriffen. Der österreichische Staat, der die Regierung. Aber die Kolonisierung Palästinas, die Entnazifizierung höchstens halbherzig durchdurchgeführt und
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CoReP / Kollektiv Permanente Revolution der jetzt eine Regierung hat, die eine in Richtung Faschismus ausfransende Partei einschließt, hat sogar gegen Aktivisten, die die Rechte der Palästinenser verteidigen, als angebliche „Antisemiten“ ermitteln lassen. Antisemitismus ist Hass auf die Juden als Juden. Der Antizionismus ist der Widerstand gegen Israel als Kolonialmacht und exklusivem jüdischen Staat. (Avi Shlaim, Professor in Oxford) Sicher findet man Antizionisten, die antisemitisch sind, aber es gibt auch viele ProZionisten, die antisemitisch sind, ganz in der Tradition von Lord Arthur Balfour oder Lord Winston Churchill. Die prozionistischen Regierungen der USA und der EU haben enge Verbindungen mit absoluten Monarchien und Islamisten, die weltweit die „Protokolle der Weisen von Zion“ verbreiten, eine antisemitische Fälschung der zaristischen Polizei aus dem Jahr 1901, die reichlich von Hitler zitiert wurde. Die internationalistischen Kommunisten, die seit 170 Jahren gegen Rassismus und Kolonialismus kämpfen, brauchen keine Lektionen von Macron, Trump und Netanjahu. Die zionistische Bewegung selbst passte sich im frühen 20. Jahrhundert oft dem Antisemitismus an, da diese beiden reaktionären Strömungen die Vorstellung teilten, dass Juden in den Ländern, in denen sie lebten, nicht assimilierbar seien. Angesichts des schlimmsten Antisemitismus der Geschichte widersetzte sich der jüdische bürgerliche Nationalismus kaum dem Dritten Reich, und einige seiner Führer arbeiteten sogar mit den Nazis zusammen. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente der Holocaust als Vorwand für die zionistische Bourgeoisie, Palästina zu kolonisieren. Die zionistischen Terrornetzwerke haben ganze Dörfer ausgerottet, Hunderttausende von Menschen ge und verjagt ... Die israelische Arbeiterpartei und die zionistische Gewerkschaft forderten damals ein Beschäftigungsverbot für Araber. Der israelische bürgerliche Staat diskriminiert seine Bürger nach ihrer ethnischen Zugehörigkeit und verfolgt eine Politik der „rassischen Säuberung“. So hat der jüdische bürgerliche Nationalismus eine winzige Minderheit der Juden der Welt in Unterdrücker verwandelt. Die Folge war die Verfolgung und erzwungene Emigration von Juden aus Nordafrika und dem Nahen Osten, wo sie seit zwei Jahrtausenden lebte, die keine Siedler waren, aber als Sündenböcke für die bürgerlichen arabischen nationalistischen Regimes dienten. Der Zionismus hat den ekelerregenden Antisemitismus der Islamisten auf der ganzen Welt erleichtert. Israel wurde mit Hilfe der westlichen imperialistischen
Klassenkampf 29/2018 Mächte (die die alten Nazis recycelten) und der Komplizenschaft der Bürokratie der UdSSR gegründet. Es führte Kriege gegen all seine Nachbarn. Es profitierte von der Hilfe des französischen Imperialismus, um Atomwaffen zu erwerben. Es arbeitete mit dem Apartheidregime in Südafrika, mit der Konterrevolution in Lateinamerika, und so weiter… zusammen. Das Ende der nationalen Unterdrückung der palästinensischen Araber wird die Zerstörung des rassistischen, kriegerischen und kolonialistischen Staates Israel durchlaufen müssen, dem Instrument des westlichen Imperialismus in Westasien. Gegen alle Bourgeoisien (amerikanische, hebräische, arabische, türkische, persische ...) wird die Mobilisierung der Arbeiter in Jerusalem, der Westbank, Gaza, Israel, Jordanien, der Türkei, Ägypten, Tunesien die Errichtung eines weltlichen und multiethnisches Palästina im gesamten Gebiet Palästinas durchsetzen, in dem Araber und Juden, Muslime, Christen und Atheisten zusammenleben können. Jerusalem mit seinen multikulturellen Traditionen wäre wahrscheinlich die Hauptstadt dieses Arbeiterstaates. Ein solches Palästina wäre nur durch die Ausdehnung der Revolution, die Abschaffung der durch die Kolonisierung ererbten Grenzen und die Errichtung der Sozialistischen Föderation der Levante lebensfähig. Am Ende des 20. Jahrhunderts verteidigten revolutionäre Organisationen mutig eine solche Perspektive in Israel (die ehemalige Matzpen) oder in den palästinensischen Lagern (die ehemalige FDPLP). Im Gegensatz dazu kann die palästinensische Bourgeoisie, ob panarabisch (Fatah) oder islamistisch (Hamas) Palästina nicht befreien, weil sie immer die Kollaboration mit den benachbarten bürgerlichen Staaten gegenüber einer Mobilisierung der Arbeiter in Stadt und Land bevorzugt hat, da dies zur Infragestellung des Privateigentums führen hätte können. Die nationale Bourgeoisie hat sich, indem sie betrügerisch die Einheit aller Araber oder Muslime predigte, als unfähig erwiesen, sich an die Arbeiterklasse der gesamten Region zu wenden. Indem die Arbeiterklasse die Bauern und Studenten um sich schart, ist sie die soziale Kraft, die in der Lage ist, die zionistische Kolonisierung und imperialistische Herrschaft zu liquidieren, die jungen Menschen und die Frauen zu befreien, den Bauern das Land zu geben, der Jugend Ausbildung, Beschäftigung für alle und wirtschaftliche Entwicklung zu garantieren. 22. Dezember 2017 CoReP, PD, TML
Das Kollektiv Permanente Revolution CoReP www.revolucionpermanente.com Frankreich: Groupe Marxiste Internationaliste www.groupemarxiste.info Österreich: Gruppe Klassenkampf www.klassenkampf.net
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Internationaler Kassenkampf
Vom Kraftprotz zur Partei der Angst Die SPD am Vorabend der Bekanntgabe ihres Mitgliedervotums am 03. März 2018, 09.00 Uhr
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er katastrophale ZickZack-Kurs der SPDFührung unter Martin Schulz seit seiner 100-%-Wahl zum SPD-Kanzlerkandidaten Anfang 2017 haben nur 1 Jahr später zu einer fast vollständigen Lähmung der SPD geführt. Alle warten nun auf ein Ende mit Schrecken. 100 % „Ja!“ zu Schulz verbreitete damals innerhalb der SPD und auch in der SPD geneigten Öffentlichkeit große Euphorie, zumal Schulz als innerparteilicher Gegner der Großen Koalition und einer Politik des „Weiter so!“ unter einer Kanzlerin Merkel galt. Ein Mitglied des SPD Unterbezirks Cuxhaven (10 Ortsvereine mit zusammen 2000 Mitgliedern) meinte zu diesem Wahlergebnis letzthin auf einer Versammlung des UB: „Wir waren alle froh, dass wir den Sigmar los waren.“ (Syker Kreiszeitung, 03.03.2018) Sigmar Gabriel, eher glückloser Parteivorsitzender, dafür beliebter Außenminister, der von vielen internationalen Amtskollegen derzeit Schützenhilfe genießt, hatte einfach zu wenig auf seine Verbindung zur Parteibasis geachtet. Diese Abwahl „versüßte“ er sich in der Folge während des Bundestagswahlkampfes mit immer wiederkehrenden Statements, die dem SPD Kanzlerkandidaten Schulz
und dem SPDVorstand in die Parade fuhren. Nach der krachenden Wahlniederlage der Parteien der Großen Koalition (GroKo) CDU, CSU und SPD am 24. September 2017 verkündete Martin Schulz in Abstimmung mit dem Parteivorstand sofort nach der Bekanntgabe der ersten offiziellen Hochrechnung: Die Große Koalition wurde abgewählt. Die SPD werde sich an einer Neuauflage nicht beteiligen. Das war konsequent und bestätigte die mehr als 30000 neuen SPDMitglieder, die 1917 wegen ihm und seiner im Wahlkampf skizzierten Politik eingetreten waren, das scheinbar Richtige getan zu haben.
Jamaika-Desaster, Angst vor Neuwahlen und der SPDBundespräsident als Ordnungsfaktor Doch, ach! Kaum war der JamaikaRegierungsbildungs versuch aus CDU, CSU, FDP und Bündnis‘90/Die Grünen gescheitert, begann ein neues Hauen und Stechen gerade innerhalb der Führungszirkel der SPD. Als Angstgespenst hielt ab jetzt Einzug: “Neuwahlen machen die AfD noch stärker. Sie gilt es zu vermeiden.“ Doch die SPD
Führung konnte nicht einfach um 180° kehrt machen. So kam der SPD Bundespräsident in seiner Rolle als oberster verfassungskonformer Schiedsrichter ins Spiel: Wer sich an den Wahlen zu einem Parlament beteilige, wolle ja die Regierung bilden. Es sei daher eine staatspolitische Notwendigkeit, in eine Regierung einzutreten, wenn die erforderliche Parlamentsmehrheit gegeben sei. Dies nahmen Teile der SPDFührung sofort zum Anlass, um ihre Kampagne für den Einstieg in eine erneute Koalition anzufachen. Dass der Bundespräsident sich nicht in gleicher Weise zum JamaikaDebakel äußerte, lag daran, dass nach dem Wahlergebnis vom 24.09.2017 zwei mögliche Varianten für eine Regierungskoalition gegeben waren. Die SPDFührung be schloss also die Aufnahme von Sondierungsverhand lungen.
Kaum wurden die ersten Ergebnisse aus den Sondierungsarbeitsgruppen bekannt, bildeten sich inhaltliche Konfliktlinien innerhalb der Partei heraus, die allesamt im sozialen Bereich liegen: • Abschaffung der Zwei Klassenmedizin durch Ein führung einer Bürger versicherung • Sofortige Abschaffung der sachgrundlosen Be fristung von Arbeitsver hältnissen • Sozialer Wohnungsbau • Es fehlen über 1 Mio. bezahlbare Wohnungen; bis zu 50% (!) der städtischen Bevölkerung haben An spruch auf Sozialwohnun gen. • Bekämpfung der Armut, von der vor allem alleinerziehende Mütter und RentnerInnen und junge Menschen, die noch nie mehr als befristete oder geringfügige Beschäftigungen erlebt haben, betroffen sind • Pflegenotstand • Jetzt schon fehlen über
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Internationaler Klassenkampf 15000 Pflegekräfte. Ein erneuter Parteitag im Januar 2018 sollte nun über die endgültige Aufnahme von Koalitionsverhandlungen auf der Grundlage des Sondierungsergebnisses ent scheiden. Für eine neue GroKo wurde eifrig die Werbetrommel gerührt. Die Pöstcheninhaber der bisherigen GroKo und möglichen Pöstcheninhaber bei einer neuen GroKo zitterten ein wenig vor dem Abstimmungsergebnis. Doch die Pöstcheninhaber der SPD hatten noch einmal gute Arbeit geleistet mit einem Mix aus Zuckerbrot („Das Papier trägt eine klare sozialdemokratische Hand schrift.“) und Peitsche („Wenn wir nicht in die neue GroKo gehen, dann kommen Neuwahlen. Und die werden der SPD noch mehr schaden.“) Merkel hat bisher einer Minderheitsregierung eine Absage erteilt, die ja formal auch möglich wäre. Auf der Grundlage der vorgelegten Sondierungs ergebnisse beschloss darauf hin der Sonderparteitag der SPD mit 54% Zustimmung, in die Aufnahme von Ver handlungen für eine neue Große Koalition einzusteigen. Einige zentrale Anliegen wurden der Verhandlungs kommission mit auf den Weg gegeben: • Abschaffung der Zweiklassenmedizin durch Einführung einer Bürger versicherung • Sofortige Abschaffung der Möglichkeit von Ketten befristungen durch sach grundlose Befristung von Arbeitsverträgen • Behebung des Pflege notstands • Absicherung des Ren tenniveaus auf mehr als 50%
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Postenschacher und innerparteiliche Demokratie Martin Schulz konnte sich bis jetzt immer noch als Parteivorsitzender halten. Er wurde als Verhandlungs führer für die Koalitionsgespräche bestimmt. Nun ging es erneut um konkrete Inhalte, die man einer kritischen SPD Mitgliederbasis als Erfolg würde verkaufen können. Gleichzeitig hatte sich unter Führung des JUSO Bundesvorstandes aber seit den ersten Sondierungsgesprä chen über eine mögliche neue Große Koalition eine innerparteiliche Opposition zum erneuten Kurs auf eine Große Koalition (GroKo) gebildet. Parallel begannen erste Debatten um die Nachfolge von Martin Schulz, Sigmar Gabriel als Außenminister und weitere Positionen. Wie der Spiegel in seiner Ausgabe 08/2018 heraus fand, mussten jedoch schon seit dem 21. Januar 2018, dem Bonner Sonderparteitag, Andrea Nahles und Martin Schulz über das zukünftige SpitzenpersonalTableau bei der SPD Gespräche im engsten Kreis geführt haben. Gleichzeitig beteuerten sie öffentlich, dass dies erst nach dem Mitgliedervotum geschehen würde. Anfang Februar ist die Katze aus dem Sack: Andrea Nahles soll Parteichefin werden (kom missarisch bis zur Wahl auf dem Parteitag im April), Schulz Außenminister. Martin Schulz war ebenso wie Andrea Nahles immer noch der Meinung, er hätte genug Rückhalt in der Partei. Plötzlich wollte er nun doch unter einer Kanzlerin Merkel in die zu Regierung eintreten, noch dazu im Wortbruch zu
Klassenkampf 29/2018
seinem Partei wie auch privaten Freund Sigmar Gabriel. Denn es wurde publik, dass Sigmar Gabriel und Martin Schulz schon in ihrem Gespräch vor der Kandidatur von Schulz für das Amt des Parteivor sitzenden und damit des SPD Kanzlerkandidaten vereinbart hatten, dass im Falle einer erneuten Großen Koalition Gabriel Außenminister und Schulz Parteivorsitzender bleiben sollten. Diese von Gabriel kolportierte Nach richt wurde von Schulz dementiert.
Angst vor Verlust der eigenen (sehr guten) materiellen Existenz bei Mandatsverlust Die Tröge der Macht waren zu verlockend. Keiner wollte und will von ihnen lassen. Dabei ist dann jedes Mittel recht, auch das Aushebeln der in der SPD ohnehin nur sehr rudimentär ausgeprägten innerparteilichen Demokratie. Eine parteiweite Wutreak tion war die Folge über diese Lust an der Selbstzer fleischung der SPDOberen. Erstmals hatte die Partei führung die Rechnung ohne den Wirt „Parteibasis“ gemacht. Selbst Landesver bände wie der von NRW, deren Führung ProGroKo eingestellt sind, sahen sich nun zu Kritik am Vorgehen von Nahles & Co. Gezwungen. Schnell übernahm der Hamburger Oberbürgermeister Scholz in seiner Funktion als Vizeparteichef die kommissarische Amtsführung des Parteivor sitzes. Schulz musste zurück treten.
„Lagerwahlkampf“ als Mittel gegen
den Parteiuntergang Nun blieb das SPD Mitgliedervotum nicht nur eine Abstimmung für oder gegen eine neue GroKo, sondern mutierte darüber hinaus zu einer Abstimmung über die SPDFührung ins gesamt. Im Januar 2018 auf dem Parteitag in Bonn meinte der JUSOBundesvorsitzende Kevin Kühnert noch: „Wir brauchen diese Partei noch.“ Für die Bundestagswahl 2021 fordert er nun schon jetzt, dass dies ein „Lagerwahl kampf“ werden müsse. „Lagerwahlkampf“: Das heißt, SPD und DIE LINKE ge meinsam gegen CDU, CSU, FDP, AfD und Bündnis‘90/Die Grünen. Das heißt: Die eigenen Klasseninteressen gegen die Klasseninteressen des Kapitals setzen. Dass Bündnis‘90/Die Grünen end gültig zum Kapital dazu gehören, wurde für jeden deutlich erkennbar an ihrer mit Vertragsinhalten belegten Bereitschaft zum Eintritt in eine JamaikaKoalition. Die Notwendigkeit einer Klasseneinheitsfront ergibt sich nicht nur bei einem Sieg des „JA!“ zur GroKo, sondern gerade auch bei einem Sieg des „NEIN!“. Die unvermeidlichen Neuwahlen werden nach bisherigen Umfrageergebnissen die SPD weiterhin abstürzen lassen und die AfD stärken. Ein erneuter JamaikaVersuch würde dann nur noch ohne Merkel gehen, da der FDP Vorsitzende Lindner Merkel eindeutig als Verursacherin des FDPNeins zum ersten JamaikaVersuch benannt hatte. Gegen die politische Neusortierung der deutschen Bourgeoisie hat die Arbeiter klasse nur eine Chance:
Klassenkampf 29/2018 Die Arbeitereinheitsfront gegen jedwede kommenden Angriffe des Kapitals, in welcher versüßten Form auch immer! „Lagerwahlkampf“ heißt: • NEIN! Zu jeder Form der Klassenzusammenarbeit! • NEIN! Zu jedem Angriff auf die Lebensgrundlagen der Arbeiterklasse! In Deutschland, Europa, in der ganzen Welt! • NEIN! Zu jeder direkten oder indirekten Unter stützung militärischer Ak tionen in anderen Staaten der Erde! NEIN zu Militärexporten! • JA! Zur bedingungs losen Solidarität mit allen Opfern kapitalistischer Pol itik, seien es Kriegs oder „Wirtschafts“Flüchtlinge, Frauen oder Männer, Junge oder Alte! • JA! Zum Recht auf Freizügigkeit für alle, ohne jede Einschränkung! • JA! Für die sofortige volle, uneingeschränkte Ge währ aller Bürgerrechte! In Deutschland, in Europa, in der ganzen Welt! Denn die Arbeiterklasse braucht für die Durchsetzung ihrer Interessen gerade dies!
Internationaler Kassenkampf
„Angst essen Seele auf!“ – Gegen die Politik der GroKo 2018! Die Mehrheit der SPD Mitglieder (stimmberechtigt wohl 482.761 nach eigener Umrechnung der von der SPD angegeben Absolut und Prozentzahlen der abge gebenen Stimmen) hat sich also von den Peitschenhieben der JA!Sager, oft gegen die eigene Meinung, in typisch sozialdemokratischer Manier für das scheinbar kleinere Übel entschieden. Die stellvertre tende SPDVizevorsitzende und rheinlandpfälzische Minister präsidentin Malu Dreyer meinte dazu: „Es ist eine wirkliche Zweckentscheidung geworden.“ Und Andrea Nahles assistierte, die Partei bleibe jetzt zusammen.
sich überhaupt nicht an der Abstimmung beteiligt. Wie ticken die? Was denken sie jetzt? Welche Schlussfol gerungen werden sie für ihr weiteres Dasein in der SPD (und Politik) ziehen? Und von 378.437 abgegebenen Stimmen wurden 363.494 „wirksam ab gegeben“, also 14.943 „unwirk sam“. Was bedeutet das? Was haben diese Stimmen verwirkt, dass sie nicht mitgezählt wurden? Wie denken diese Genossinnen und Genossen der SPD jetzt? Wussten sie schon bei der Stimmabgabe, dass ihre Stimme „unwirksam“ sein würde? Nur ganze 561 Stimmen wurden schließlich als ungültig erkannt. Das heißt, dass das Wahlverfahren den Kevin Kühnert, JUSOBun Mitgliedern doch gut genug desvorsitzender und in dieser erläutert worden sein musste. Eigenschaft ständiges Mitglied im Parteivorstand der SPD, sah Die GroKo-Gegner das ebenso: „Aus der SPD tritt jetzt in der SPD man nicht aus, aus der SPD nicht allein lassen! stirbt man raus.“ Schulter schluss allerseits, wenn auch ohne Siegestaumel auf der Kevin Kühnert meint nun, einen oder einem „Jetzt erst mit einer Kontrolle der recht!“Aufruf zur aktiven Umsetzung der im Koalitions Bekämpfung der GoKoPolitik vertrag beschlossenen auf der anderen Seite. Vorhaben eine vorwärtswei sende Perspektive geben zu Damit sind die Wogen können. Doch klingt dies eher innerhalb der SPD schon nach Resignation. Denn nur, wieder geglättet. Doch wäre es wenn diese Kontrollarbeit weit falsch, die aktiven NEIN! über den Rahmen der SPD Stimmen (123.329) zu igno hinaus organisiert wäre, rieren. Auch unter den aktiven könnte es zu tatsächlichen JA!Stimmen (239.604) befinden erfolgreichen Abwehrkämpfen sich viele, die lieber mit NEIN! gegen die GroKoPolitik kom gestimmt hätten, wenn da men. Er selbst sprach ja schon nicht diese „staatspolitische vom „Lagerwahlkampf“ in Verantwortung“ der SPD für 2021. das kapitalistische Deutsch land gewesen wäre. Nur 49,4% DIE LINKE plädiert aller SPDMitglieder haben da für einen für gestimmt, also nicht einmal gemeinsamen die Mehrheit. sozialen Aufbruch
Direkt als Antwort auf das Kommen der neuen GroKo rufen die beiden Partei vorsitzenden der Partei DIE LINKE, Katja Kipping und Bernd Riexinger, in ihrer Erklärung vom 4. März 2018 dazu auf, „gemeinsam ins Gespräch zu kommen und den Druck zu erhöhen für Abrüstung und Klimaschutz, gegen den Pflegenotstand und für bezahlbares Wohnen.“ In einem Schreiben an alle Kreisverbände der Partei DIE LINKE vom selben Tage “Gemeinsam mehr werden! – Sozialer Aufbruch der Vielen gegen den Rechtsruck“ fordert sie diese auf, vor Ort aktiv zu werden und zu Gesprächsforen einzuladen, Aktionskomitees zu bilden, mit „bestehenden oder potenziellen“ Partnern ins Gespräch zu kommen. Diese sehen sie in enttäuschten SozialdemokratInnen ebenso wie in linken Grünen, in kämpferischen Gewerkschafts aktiven ebenso wie in Kulturschaffenden und Wissen schaftlerInnen. Diesen Ansatz gilt es zu vertiefen zu einer umfassenden Bewegung gegen die Politik der Großen Koalition. Dazu gehört auch die explizite Auf forderung an die JUSOS und alle SPDMitglieder, in diesen offenen Komitees mitzu machen und sie zu echten Kontrollkomitees der Politik der großen Koalition werden zu lassen, zu einer echten EINHEITSFRONT gegen die bürgerliche Politik und die Angriffe des Kapitals! Bremen, 06. 03. 2018
119.828 Mitglieder haben
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CoReP / Kollektiv Permanente Revolution
Klassenkampf 29/2018
Arbeitende Frauen aller Länder, heraus zum Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung!
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eit die menschliche Gesellschaft in soziale Klassen gespalten ist, ist sie auch patriarchalisch: Männer herrschen über Frauen und Jugendliche. Seit Beginn des Kapitalismus sind berufstätige Frauen insgesamt stärker ausgebeutet als Männer. Selbst wenn Frauen die gesetzliche Gleichstellung erlangt haben, leisten die Frauen der ausgebeuteten Klassen immer noch den Großteil der unbezahlten Haus- und Familienarbeit. "Ehrenmorde", sexuelle Belästigung und Vergewaltigung richten sich in erster Linie gegen Frauen. Die Hälfte der Frauen, die auf der ganzen Welt ermordet werden, sterben durch ihnen nahestehende Täter. Mafiöse Zerfallserscheinungen der Gesellschaft (wie in Mexiko) und reaktionäre Kriege (wie in Syrien, Irak, Afghanistan ...) bekommen sie besonders zu spüren. Opfer von Zwangsprostitution sind überwiegend Frauen (jedes Jahr zwischen 400.000 und 1,6 Millionen). Jedes Jahr werden Millionen von Mädchen ungewollt verheiratet oder sexuell verstümmelt (zwischen 100 und 140 Millionen Frauen auf der ganzen Welt sind Opfer von Beschneidung oder Infibulation). Der systematische Angriff auf öffentliche Dienstleistungen durch alle Regierungen seit den kapitalistischen Krisen der Welt von 1973 und 2009 trifft direkt die Frauen. Der Aufstieg des Klerikalismus in all seinen Formen (christlich, muslimisch, hinduistisch, buddhistisch ...) verstärkt die Unterdrückung. Einige Länder erleben Rückschritte: Erdoğan behindert Verhütung und Abtreibung in der Türkei, Trump ist gegen Abtreibung weltweit, Putin entkriminalisiert die Gewalt von Ehemännern in Russland ... Frauen waren trotz der Feindseligkeit aller Geistlichen immer ein Bestandteil der Klasse der Lohnarbeiter. In den fortgeschrittenen Ländern repräsentieren sie mehr als die Hälfte der Lohnabhängigen. Aber ihre Verteilung ist nach den Branchen und Gewerben unterschiedlich. Sie sind schlechter bezahlt als Männer und sind besonders häufig Opfer von Prekarität, Teilzeitarbeit und Arbeitslosigkeit. Sie halten innerhalb der Familien den Großteil der Hausarbeit aufrecht. So wie der Kampf gegen die nationale Unterdrückung nicht dem bürgerlichen und kleinbürgerlichen Nationalismus überlassen werden kann, kann der Kampf gegen die geschlechtsspezifische Unterdrückung nicht dem bürgerlichen und kleinbürgerlichen Feminismus überlassen werden, der auf reaktionäre Art Frauen und Männer gegeneinander stellt oder sich einfach mit der Forderung nach mehr leitenden Positionen für Frauen in Politik oder kapitalistischen Unternehmen zufrieden gibt. So beruhte die #metooKampagne auf der legitimen Denunzierung von Vergewaltigungen von Schauspielerinnen durch einen Filmproduzenten. Manche benutzen sie, um eine konservative Moral wiederzubeleben, die jede außereheliche sexuelle Beziehung mit Gewalt gleichsetzt. Eine weitere missbräuchliche Instrumentalisierung der Kampagne besteht darin, eine Handvoll Kapitalisten, die ihren Reichtum und ihre Macht
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benutzen, um Frauen zu missbrauchen, als repräsentativ für alle Männer hinzustellen. Der 8. März geht auf einen Aufruf der ArbeiterInnenInternationale (18891914) und insbesondere der Bemühungen von Clara Zetkin, Marxistin, Revolutionärin, Internationalistin, zurück. Die russische Revolution (1917) gab den Frauen das Wahlrecht, legalisierte die Abtreibung , sicherte die Bildung für Mädchen und erleichterte so auch in anderen Ländern die Ausweitung des Wahlrechts (in Großbritannien, Deutschland, ...). Die Spanische Revolution (1936) hat mehr für die Emanzipation der Frauen getan als alle vorherigen republikanischen Parteien. Im Gegensatz dazu haben die Konterrevolutionen (der Faschismus in Italien, der Stalinismus in der UdSSR, der Nazismus in Deutschland, der Gottesstaat im Iran …) eine Erniedrigung der Frauen und einen Sprung zurück bedeutet. Aber überall erheben sich heute die Arbeiterinnen: Sie stehen an der Spitze der Kämpfe gegen die Unterdrückung, deren Opfer sie sind (wie die Demonstrantinnen im Iran, Polen, Amerika ...), sie beteiligen sich am Kampf gegen nationale Unterdrückung und Fremdenfeindlichkeit (wie kurdische Kämpferinnen, Migrantenaktivistinnen, diejenigen, die Migrant_innen unterstützen ...) und den Kampf gegen Ausbeutung (als Gewerkschaftsaktivistinnen in Bangladesch und allen anderen Ländern). Der Kapitalismus kann keine wirkliche Gleichheit zwischen den Geschlechtern herstellen, weil die Bourgeoisie das Patriarchat benutzt, um die Unterdrückten zu spalten und indirekt von der freien Hausarbeit der Frauen profitiert. Der Kampf für die Emanzipation der Frauen muss Sache der Arbeiterbewegung sein. Gewerkschaften und Arbeiterparteien haben die Verantwortung, den Machismus innerhalb ihrer Organisationen und in der Gesellschaft zu bekämpfen und im Kampf für die Emanzipation der Frauen die Führung zu übernehmen. Nur der Aufbau des Weltsozialismus wird den Machismus endgültig beseitigen.
• Völlige juristische Gleichstellung von Männern und Frauen! Trennung von Religionen und Staat! Gemischtgeschlechtliche und säkulare Bildung!
• Gleicher Lohn! Massive Schaffung von kostenlosen und hochwertigen Einrichtungen für die Betreuung und Bildung von Kleinkindern!
• Kostenloser und freier Zugang zu Verhütungsmitteln! Recht auf kostenlose Abtreibung, auch für Minderjährige! CoReP IKC / Spanischer Staat 8. März 2018