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Sündenbock statt Klassenkampf? Nicht mit uns!

Innenpolitik Klassenkampf 30/2018

Sündenbock statt Klassenkampf?Nicht mit uns!

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Seit 120 Tagen regieren in Österreich Kurz und Strache und diese immer noch verschmusten neuen Machthaber halten sich nicht lange auf, einen Diskurs über die Sinnhaftigkeit von bestimmten Maßnahmen zu führen. Mit einem über die Boulevard-Medien verbreiteten, unterstützten und damit suggerierten nachhaltigen Veränderungswunsch durch die über viele Jahre schweigenden Mehrheit der „recht“schaffenen und braven Bürger quasi-legitimiert gibt es trotz gegenteiliger Beteuerungen ein revival des speed-kills der Jahre 2000ff. Ein wenig staunend und wenig schlagkräftig haben die SPÖ und ihre Organisationen die bisher angekündigten oder bereits umgesetzten Aktionen der Bundesregierung beobachtet.

Eine schlagwortartige Liste der Maßnahmen, von der im Wesentlichen die Kapitalisten­Klientel der ÖVP profitiert, im Folgenden. Wobei diese Aufzählung der Klassenpolitik wirklich keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt:

• Vereinheitlichung der Mindestsicherung zu Lasten der Schwächsten, nämlich der Migranten

• Angriff auf die ArbeitnehmerInnen­Vertretung in der Sozialversicherung

• Reduktion der Unfallversicherungsbeiträge für Unternehmen als Dank und Dividende an ÖVP­Spender

• Abschaffung der Notstandshilfe und dann Zugriff auf Vermögen bei Mindestsicherung

• Senkung der Körperschaftssteuer als Geschenk an Großunternehmer

• Finanzminister stimmt für Streichung Panamas von der Liste der Steueroasen

• 200 Großbetriebssteuerprüfer werden gestrichen – großer Dank der Steuer­ Schummler an Sebastian

• Arbeitsmarktpolitische Hilfe für Langzeitarbeitslose

wurde abgeschafft

• Retro­Ziffernbenotung in der Schule, Geldstrafen für Schulschwänzen

• Wiedereinführung Studiengebühren

• 12­Stundentag wird als betriebliche Vereinbarung kommen

• NichtraucherInennschutz wird gegen Interesse der Gastro­Beschäftigten gekillt

• Unabhängige Journalisten werden unverhohlen in ihrer beruflichen Existenz bedroht

• Klimastrategie der Umweltministerin ein Hohn und Kniefall vor der Industrie und ihren Kapitaleignern

Bei Beschreibung dieser politischen Vorhaben als Mittel die Kapitalisten­Klasse zu stärken und zu bedienen, darf man selbstverständlich nicht übersehen und muss man zugleich betonen, dass die FPÖ­ Rhetorik, Vertreter des „kleinen Mannes“ zu sein, innerhalb kürzester Zeit einmal mehr als das entlarvt ist, was sie immer schon war: ein Täuschungsmanöver durch die redlichen und auf“rechten“ Deutschnationalen in diesem Land!

Dass die antisemitische Normalität (Liederbücher,

Keine schlechte Idee: In Hamburg über der Klingelliste der Mieter in einem Arbeiterstadtteil gesehen

tägliche Einzelfälle, Gudenus, Strache et al.) eines Großteils der FPÖ unter mindestens schweigender Duldung des im Biotop des snobistisch­abgehobenen Bürgertums des Juridicum sozialisierten Sebastian Kurz auf der offiziellen Bühne der österreichischen Politik Einzug gehalten hat, ist ein alarmierendes Signal und muss mit entschiedenster Härte bekämpft

werden. Die rhetorischen Taschenspieler­Tricks, um sich hier reinzuwaschen, sind ebenso durchschaubar wie erbärmlich. Wo ist eigentlich hier der von der „liberalen“ Gegenöffentlichkeit gewählte VdB? Eingeraucht?

AN DIESER STELLE SOLLABER NUR EIN KURZESSCHLAGLICHT AUF DIE NIE -DERTRÄCHTIGE TAKTISCHEHERANGEHENSWEISE VOR ALLEM DES „TEAM KURZ“GEWORFEN WERDEN, UM DIEOBEN SKIZZIERTEN UNDWOHL NOCH WEITERE DIEWERKTÄTIGEN BENACHTEILI-GENDE MASSNAHMEN DURCHZUSCHUMMELN:

Wenn man sich die oben erwähnten Punkte anschaut, geht es dabei im Großen und Ganzen immer um Interessengegensätze zwischen Besitzenden und Werktätigen, zwischen Kapitalisten und Lohnabhängigen, also um das, was man als Klassenkampf bezeichnet. Dieser in den gesellschaftlichen Verhältnissen vorhandene Antagonismus ist eine Tatsache und nicht erst mit der Machtübernahme der rechts­konservativen Partie hervor getreten, allerdings könnten die Gegensätze durch die gesetzten Maßnahmen unverschleierter sichtbar werden. Diesen offenen Blick auf die soziale Wirklichkeit, auf die Umstände, unter denen der Kapitalisten­Klasse gegeben wird, während man den Besitzlosen nimmt, will man seitens der Regierenden nicht haben.

Daher greift man auf das bewährte Sündenbock­Prinzip zurück, das ist im Fall von Kurz, der mit seinem Team hier Mastermind ist, und in der FPÖ einen historisch bestens geschulten Partner hat, das Thema Migration­Flüchtlinge­Islam. Seit seinen Putschvorbereitungen 2015 spielt Kurz dieses Thema, er hat damit auch den Wahlkampf bestritten und, unterstützt von den Boulevard­Medien, gibt es auch nach Regierungsantritt more oft the same, frei nach dem Motto „never change a winning team“.

Nicht zufällig war die erste kolportierte Maßnahme der Kurz­Regierung die Kürzung der Kinderbeihilfe für im Ausland lebende Kinder von hier schwer arbeitenden EU­Ausländern (Stichwort Pflegerinnen aus Osteuropa) ­ wenig „Einsparung“, aber gute Wirkung am Boulevard.

Dann die unvermeidliche „Kopftuchdebatte“, ein hervorragendes Beispiel, um einen Kulturkampf am Köcheln zu halten oder eigentlich

zu befeuern. Natürlich wird aber Religion mit ihren Symbolen an öffentlichen Orten, wie Schulen oder Gerichten, nicht generell verbannt, was selbstverständlich die verbündeten christlichen

Machthaber treffen würde, sondern es wird eine Stimmung erzeugt, in der MigrantInnen immer mehr ins Kreuzfeuer nationalistischrassistischer Angriffe geraten. Letztlich wird die Neiddiskussion im Bereich der sogenannten Mindestsicherung angefacht und hier tritt der Meister dieses Faches, Sebastian Kurz, höchstpersönlich auf und fragt treuherzig und tiefe Überzeugung mimend, ob es denn gerechtfertigt wäre, dass ein Mindest­Pensionist genauso viel Geld erhielte, wie eine Familie von Migranten, die noch nie „ins System“ einbezahlt hätte. Perfide wird hier zum einen

Die wahren Nutznießer der Regierungspolitik sitzen hier: Haus der Industrie in Wien.

der Solidaritätsgedanke mit Füßen getreten und zum anderen eine Mehrzahl von Personen (Familie) mit Einzelnen verglichen, womit man auch gleich eine Wertung von den hier Ansässigen mit Zugewanderten geschafft hätte, von wegen „Die Würde des Menschen ist unantastbar“!

Es wird also Klassenpolitik betrieben, ziemlich schamlos und brutal, es wird dies mit den Schlagworten „Veränderung“

und „Zeit für Neues“ überschrieben und es wird der Charakter dieser Politik verschleiert, indem Sündenböcke auf die Bühne gezerrt werden, die das Publikum vom tatsächlichen Geschehen

ablenken sollen.

Lassen wir diese Schmierenkomödie nicht zu, lassen wir es nicht zu, dass diese an der Macht befindlichen Hetzer die Menschen gegeneinander ausspielen, zeigen wir auf, welche Mechanismen in der Gesellschaft tatsächlich wirken und nehmen wir den Klassenkampf beherzt an!

Komm zum ROTEN TISCH der Gruppe Klassenkampf

Jeden zweiten Dienstag treffen sich Genossinen und Genossen der GKK mit Interessierten zu einer lockeren Gesprächsrunde.

Wir tauschen politische Informationen und Erfahrungen aus unserer Arbeitssituation aus. Fallweise gibt es Referate zu aktuellen oder theoretischen Fragen.

Schau einfach vorbei! Wenn Du wissen willst, welche Themen wir behandeln werden, schick uns einfach ein Mail!

Wir treffen uns im kurdischen Lokal

Nächste Treffen:22. Mai 5. Juni 19.juni

Zypresse Westbahnstraße 35a 1070 Wien Kontakt: gruppe.klassenkampf@gmail.com

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