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IELFALT
A MCGILL GERMAN STUDIES STUDENT JOURNAL EINE STUDENTENZEITSCHRIFT DER MCGILL GERMANISTIK REVUE ÉTUDIANTE D’ÉTUDES ALLEMANDES DE MCGILL
VOLUME 8 | 2017-18
MCGILL UNIVERSITY MONTRÉAL
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IELFALT
A MCGILL GERMAN STUDIES STUDENT JOURNAL EINE STUDENTENZEITSCHRIFT DER MCGILL GERMANISTIK REVUE ÉTUDIANTE D’ÉTUDES ALLEMANDES DE MCGILL
VOLUME 8 | 2017-18
MCGILL UNIVERSITY MONTRÉAL
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Taken in Frankfurt am Main, Deutschland
Editors: Dylan Kosek, Eric Storrer, and Martin Croquez Contributors: Daniel Galef, Emma Clark, Erika Kindsfather, Marina Saunders, Martin Croquez, Nicolas Dubé-Le Corff, and Philippe Chassé Special Thanks: We would like to extend our thanks to the Arts Undergraduate Society, the German Students’ Association at McGill, the Department of Languages, Literatures and Cultures at McGill University, and to the Goethe-Institut-Montréal for their generous support.
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VOLUME 8 | 2017-18
EDITORS’ NOTE/VORWORT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Martin Croquez, Dylan Kosek, & Eric Storrer
ANTIGONE, DIE ZERSTÖRUNGSÜBERLEBENDE . . . . . . . . . . . . . . . 8 Marina Saunders
EINE AUFWERTUNG DER MUSIK IN DER ÄSTHETIK KANTS . . . . 12 Nicolas Dubé-Le Corff
FOTOS VON DEUTSCHLAND UND ÖSTERREICH . . . . . . . . . . . . . . . 20 Daniel Galef
DAS BRECHEN VON BROT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Emma Clark
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CONSTRUIRE LE SOCIALISME À L’ÉCHELLE URBAINE: STALINSTADT ET NOWA HUTA ENTRE 1948 ET 1956 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Philippe Chassé
KEIN TITEL (EIN GEDICH) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Martin Croquez
BETWEEN AUTHORITY AND AFFECTION – MÄDCHEN IN UNIFORM AND CINEMATIC CONCEPTIONS OF LESBIANISM . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Erika Kindsfather
CONTRIBUTORS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
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Editors’ Note We are glad to present to you the eighth volume of Vielfalt! This year, we were once again blessed with very diverse contributions: not only did the various “typical” essays submitted all have different approaches (classics with the study of Brecht’s vs. Sophocles’ Antigone, philosophy with the revaluation of music in Kant’s Aesthetic, and what I will quite ignorantly call women and queer studies with the analysis of the representation of lesbianism in the 1930s movie Mädchen in Uniform), but we also received an analysis of the urbanism of the East German city of Stalinstadt, compared with that of its Polish counterpart. All this makes for a lot of diversity in our topics. What more could you ask for? Well, a couple breathers to let all that knowledge sink in, with a few beautiful pictures taken in Germany and Austria, as well as a poem. Granted, the latter is from one of the editors, but what’s the fun of publishing a journal if you don’t allow yourself a little selfpromotion. Last but not least, we left a small Easter Egg that we hope you’ll take for what it is: a little laugh. The following years may find that we were somewhat loose in our criteria for what could fall under German Studies, but it has always been the creed of the Journal to be inclusive, and so we think they will at least understand our logic. But most importantly, we hope you’ll enjoy reading this volume of Vielfalt!
- Martin Croquez, Dylan Kosek & Eric Storrer
Vorwort Wir freuen uns darauf, Ihnen die achte Ausgabe von Vielfalt vorzustellen! Dieses Jahr hatten wir nochmal das Glück, sehr verschiedene Beiträge zu erhalten. Die sozusagen typischen Aufsätze waren nicht nur in ihrem Fokus unterschiedlich (Altphilologie mit einem Vergleich zwischen Brechts und Sophokles Antigone, Philosophie mit einer Aufwertung von der Musik in der Ästhetik Kants, und das was ich unwissenschaftlich Frauen-und Queer-Studien nennen werde, mit einer Analyse der Reprästierung vom Lesbentum im Film Mädchen in Uniform (aus den30ern)), aber wir haben auch einen Vergleich zwischen dem Urbanismus der ostdeutschen Stadt Stalinstadt, und dem des polnischen Äquivalent Nowa Hutas zugeschickt bekommen. Es entsteht daraus eine große Themenvielfalt in dieser Ausgabe. Was könnte man sich noch wünschen? Vielleicht ein paar Pausen von dem Akademischen durch schöne Fotos von Deutschland und Österreich und ein Gedicht. Freilich ist das Gedicht von einem der Redakteuren, aber ein bisschen Eigenwerbung darf man sich schon gönnen. Zum Schluss haben wir ein kleines Etwas ins Journal versteckt, und wir hoffen, dass Sie es so verstehen, wie es gemeint ist: ein Witz. Die nächsten Redakteure werden vielleicht finden, dass wir mit unseren Kriterien zur Kategorie Germanistik zu locker waren, aber es war immer das Kredo des Journals, inklusiv zu sein, und so denken wir, dass sie zumindest unsere Logik verstehen werden. Aber am Wichtigsten bleibt natürlich, dass Sie das Lesen dieser Ausgabe genießen!
- Martin Croquez, Dylan Kosek & Eric Storrer
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ANTIGONE, DIE ZERSTÖRUNGSÜBERLEBENDE Marina Saunders
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ie Nachkriegszeit war eine ganze neue Zeit für die Deutsche Literatur. Bertolt Brecht war ein der Deutschen Autoren, die den Krieg in Exil gebracht hatte. Nach seiner Rückkehr nach Europa wohnte er zuerst in der Schweiz. Wie vielen anderen suchte er etwas in Trümmer, was er schaffen konnte. Er findet seine Antwort in eine der ältesten Gattungen der Western Literatur. „Die Antigone des Sophokles“ war 1948 hergestellt. Es war eine Adaptation des Theaterstücks, das 442 vor Christus zuerst ausgeführt war. Friedrich Hölderlin hat das Stück übersetzt. Es ist sehr interessant, dass das erste Theaterstück von Brecht nach dem Krieg eine Vermischung von zwei alten Teilen der Literatur war. Brecht modernisiert die Handlung und bricht mit vielen der Gepflogenheiten der Griechischen Tragödie. Antigone „galt unter Literaten und Philosophen als vollendeteste antike Tragödie.“1 Obwohl Tragödie war sehr beliebt in klassische Athens, haben von dieser Epoche Theaterstücke von nur drei Dramatiker überlebt; Aeschylus, Sophokles und Euripides. In den letzten zwei tausend Jahre wurden fast alle Tragödien verloren. Zur Zeit gab es Hunderte von Werke, jedoch überlebten nur zweiunddreißig. Deshalb ist Antigone wichtig als eine der letzten Tragödien und ist ein Beispiel von überlebendem Text. Das Theaterstück Antigone überstand mehr als zwei tausend Jahren von Geschichte und überlebte die Ende von Tragödie in Athens. Nach dem Krieg musste Brecht ein Stück finden, dass von Trümmern erschafft könnte. Seine Antwort war das Stück, das die Zerstörung der Jahrtausende überstand hatte, und das von einer Frau handelt, die der Stadtkrieg ihres Lands überlebte. Brecht entschied, das Schauspiel als seine erste Nachkriegswerke in Europa auszuführen, weil Antigone ein Symbol des Überlebens ist. Sophokles war der Mittel der Griechischer
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Tragödie und er lebte 496 bis 405 vor Christus. Seine Antigone ist eine seiner frühen Werke und ist der erste von der so genannten Thebanische Trilogie (zusammen mit König Ödipus und Ödipus auf Kolonos.) Antigone war Teil einer echten Trilogie aber die zwei anderen Werke sind verloren. Die traditionellen Handlungen der Theaterstücken kommen von der Epischen Zyklus mit vielen von der Trojanischen Zyklus. Antigone ist eine Geschichte aus der Thebanischen Zyklus, die von der Königsfamilie von Theben handelt. Brecht war nicht der einziger, Antigone zu adaptieren, zwar gibt es auch eine Antigone von Euripides. Antigone war auch in der deutschen Kultur vor Brecht als Christiane Zimmermann sagte „Antigone begeisterte nicht nur Literaten und Philosophen wie Hölderlin, Goethe und Hegel, sondern regte auch unzählige Dramatiker.“2 Normalerweise waren alle Tragödien in einer Entfernung von dem Publikum in klassischen Athens gestellt. Ein Dramatiker, Phrynichus, war gebüßt, weil sein Stück das Publikum zu viel von einer frischen Katastrophe erinnerte.3 Bei Brecht und sein Episches Theater ist es ganz anderes. Episches Theater soll das Publikum konfrontieren. Es ist ein provokantes Medium. Brecht bricht also diese Tradition und seine Antigone handelt von der nahen Vergangenheit des Kriegs. Das Vorspiel stellt das Publikum in Berlin, April 1945. Diese Gegenüberstellung mit der jüngsten Vergangenheit meinte, dass das Publikum sehr nah zum Handlung ist. Alle die Leute, die in der Schweizern Theater 1948 Antigone sehen, verstehen was es bedeutete, in Berlin April 1945 zu sein. Mit der Abstand der Mythologischen Vergangenheit ist es einfacher ein Publikum die Aktionen der Figuren zu entschulden. Hier aber müssen sie fragen, was würden sie tun, wenn sie an Antigones Stelle wären.
Eine Hauptfrage Brechts Antigone ist wer die Schuld an diesem Krieg hat. Creon ist der Anstifter, der dem Krieg gegen Argos führt. Aber der Chor ist auch schuldig, weil sie ihn unterstützen. Bei Brecht wusste man, dass alle, inklusiv der unausgesprochenen Unterstützern, schuldig sind. Kreon in Brechts Antigone hat klare Parallelen mit dem Dritten Reich. Als früher von Theben hat er den friedlichen Argos angrifft, weil sie viele Betriebsmittel hatten. Dieser Krieg entspricht den Deutschen Einmarsch in der Sowjet-Union. Die Antigone von Brecht ist eine Heldin, die nicht mehr willfährige mit dieser Regierung von Creon ist. Sie ist nicht mehr eine Prinzessin, sondern bei Brecht kommt die Revolution von unten. Bei Brecht konnte Antigone machen, was er glaubte Leute machen sollen hätten. Brechts Antigone hat die gleichen Probleme als die Antigone von Sophokles und musste zwischen Familien und Stadt wählen. Ihre zwei Brüdern, Eteokles und Polyneikes sind gestorben, der eine ist richtig begraben worden aber der andere ist unbegraben geblieben. Creon verbietet die richtige Beerdigung von Polyneikes bei Sophokles, weil er ein Stadtkrieg gegen Eteokles führt. Aber bei Brecht, wurde Polyneikes ein Soldat die dem Krieg gegen Argos nicht unterstützt hat und desertierte. Am Ende des Zweiten Weltkriegs waren Deserteurs sehr barsch behandelt.4 Polyneikes ist in der Straße verlassen bevor Antigone den Körper beerdigt. Polyneikes, der tragische Deserteur, ist bei Brecht der Grund dafür, dass Antigone rebelliert. Sie will nicht der Körper ihres Bruders in den Straßen lassen. Sie akzeptiert, dass ihre Tat gegen Creons Befehl war. Ihre Meinung nach repräsentiert Kreon nicht das Land, das sie liebte. Der Konfrontation zwischen Antigone und Kreon ist der Kern des Stücks. A: ‘s ist auch zweierlei, fürs Land und für dich streben. K: So ist kein Krieg? A: Doch, deiner. K:Nicht ums Land? A: Ein fremdes.5 In dieser Szene lehnte Antigone die Regierung Kreons ab. Antigone lehnte ab vom Krieg, in dem ihren Brüdern gestorben sind.
Dieser Widerstand ist was Brecht von dem Deutschen Volk während des Zweiten Weltkriegs wollte. Brecht hat auch ein Gedicht für das Programm geschrieben. Es fängt mit den Wörtern „komm aus dem Dämmer und geh vor uns her eine Zeit.“ an. Diesen Zeilen demonstriert Brechts Bedauern über den Widerstand, der nie kam. Bei Brecht lebte Antigone abermals eine Figur der Gegenwehr. Polyneikes war bei Sophokles der Anstifter eines Bürgerkriegs aber bei Brecht ist er immer tragischer. Er wurde zum Deserteur, der nicht an dem Krieg gegen Argos teilnehmen wollte. Antigone machte die Entscheidung, etwas zu machen, weil er ihr Bruder ist. Ihre Wahl wieder macht das Publikum nachdenken. Wenn muss man etwas tun? Sie machen nichts wenn der Deserteur ein Fremd ist aber sie hat recht etwas zu tun wenn es sein Bruder ist. Der Chor spielt eine sehr wichtige Rolle bei Griechischer Tragödie und ist der vierte Charakter des Stücks. Oft ist der Chor ein Fürsprecher des Publikums, der mit den Hauptfiguren spricht. Bei Sophokles war der Chor Athenischen Bürger, die als Thebenische Ältere spielten. Bei Brecht ist der Chor von zwölf reduziert zum vier. Diese Veränderung hat ein Zweibedeutende Erklärung. Einerseits ist es ziemlich schwer zwölf Sprecher auf dem Boden zu haben weil es lässt nicht genug platz für der Handlung des Stücks. Aber auch es ist notwendig wer der Chor sind. Sie sind Männer von Theben die kämpfen nicht an der Front. In Deutschen Städten, wie Berlin, gab es nicht April 1945 ein Gedränge von tauglichen Menschen die nicht in Abwehrkampf des Stadt beteiligt sind. Brecht reflektiert die Minderung des Deutschen Population durch der reduzierten Chor. Bei Brecht soll die tragische Auswirkung mehr als emotional oder moralisch sein, es soll intellektuell sein. Das Publikum soll die ganze Situation der Figuren verstehen stattdessen Mitgefühl zu haben.6 Deshalb ist es wichtig, der Chor zu verstehen. In der griechische Tragödie ist der Chor oft eine Darstellung des Publikums, die ihre Meinungen fördern könnten. Sie sprechen mit den Figuren und sie können fragen was die Betrachter wissen wollen. Bei Sophokles besprach der Chor ihre Missbilligung mit der Behandlung Antigone. Jedoch halten sie nicht
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Antigones Begräbnis in der Höhle. Antigone weiß der Chor stimmt zu ihrem Benehmen aber hat zu viel Angst vor Kreon, um etwas gegen ihre Strafe zu sagen. Doch ist es sehr wichtig wie Brecht der Chor durch seine Antigone charakterisiert. Oft ist der Chor eine Figur, die klare Moralen hat, aber bei Brecht sind sie nicht so klar gute Leute. Es ist unbequem für ein Publikum in 1948, sich mit dem Chor von Brecht zu identifizieren. Sie sind Unterstützern Kreons, die ihre Meinung wechseln, nur wenn sie nicht von seinen Aktionen profitieren. Wegen den klaren Parallelen zwischen Creon und der Dritte Reich ist es sehr unattraktiv mit ihnen zu identifizieren. Ein Publikum ist schnell die Mitschuld der Chor zu erkennen. Brecht konfrontiert immer das Publikum mit der Frage: Was hätte man gemacht, wenn man an der Stelle der Figuren wäre. Aber die Frage des Chors war nicht fremd für viele während des Kriegs, weil sie zwischen ihren Moralen und der Regierung wählen mussten. Es ist nur nach der Argivische Angriff Theben dass der Chor ihre Meinungen anderen. Sie sind gierig und unterstützten die Regierung, wenn es sie guttat. Der Chor beschuldigt Kreon nur nach der Gezeitenwechsel der Krieg. Der Chor ist eine klare Darstellung des deutschen Volkes. Die wechselnden Moralen des Chors sind realitätsnah für das Publikum gewesen. In der Tradition von Sophokles ist der zentrale moralische Konflikt des Theaterstücks zwischen religiösen familiäre Verantwortung und Treue zu der Regeln des Staats. Antigone entscheidet, dass die Götter wichtiger sind. Als sie sagt, „Ich habe mehr Zeit den Töten zu beglücken als die Leben.“7 Brechts Antigone handelt von einem moralischen Konflikt. Sie entscheidet, dass ihre Moral wichtiger als ihre Sicherheit ist. Antigone repräsentiert viel: als Stück ist es der Überlebende von zwei Jahrtausende und als Figur ist sie der Überlebende eines Kriegs. Bei Brecht ist Antigone ein Symbol eines Widerstands, der nie passiert ist. Als sein erste Werk nach dem Krieg in Europa, symbolisiert Antigone Beständigkeit. Brecht konfrontiert sein Publikum mit der antiken Tragödie, auf Deutsch von einem sehr berühmten Deutsche Hölderlin, und zeigt damit, dass der Hand-
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lung trotz archaische Sprache noch wichtig ist. Obwohl die Figur Antigone gestorben ist, lebt Antigone noch heute.
Quellen Brecht, Bertolt. Die Antigone des Sophkles. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 1967. Gerlach, Franziska Frei. “Antik? Oh, nee.” Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 39, no. 1 (June 2014): 1-30. Herodotus. The Histories. Translated by Robin Waterfield. Oxford: Oxford University Press, 1998. Hornung, Ela. Denunziation als soziale Praxis: Fälle aus der NS-Militärjustiz. Wien: Böhlau Verlag, 2010. Jones, Frank, and Gore Vidal. “Tragedy with a Purpose: Bertolt Brecht’s “Antigone”.” The Tulane Drama Review (The MIT Press) 2, no. 1 (Nov 1957): 39-45. Klessinger, Hanna. Postdramatik: Transformationen des epischen Theaters bei Peter Handke, Heiner Müller, Elfriede Jelinek und Rainald Goetz. Göttingen: Walter de Gruyter GmbH & Co, 2015. Sophocles. Antigone. Translated by Robert Fagles. London: Penguin Classics, 1984. Zimmermann, Christiane. Der Antigone-Mythos in der antiken Literatur und Kunst. Tübingen: Narr, 1993.
Notes 1 Gerlach, 2014, 2 2 Zimmermann,1993, s.1 3 Herodotus 6.21 4 Hornung, 2010 39 5 Brecht, Antigone, 407-411 6 Jones und Vidal, 1957, 43 7 Sophocles, Antigone, 88-89
Tricolor, taken by Daniel Galef in Helgoland, Deutschland
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EINE AUFWERTUNG DER MUSIK IN DER ÄSTHETIK KANTS Nicolas Dubé-Le Corff „Wenn man [...] den Wert der schönen Künste nach der Kultur schätzt, die sie dem Gemüt verschaffen, und die Erweiterung der Vermögen, welche in der Urteilskraft zum Erkenntnisse zusammen kommen müssen, zum Maßstabe nimmt: so hat die Musik unter den schönen Künsten sofern den untersten [...] Platz, weil sie bloß mit Empfindungen spielt.“ (§ 53)
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uf diese wenig schmeichelhafte Art und Weise ordnet Kant in seiner Kritik der Urteilskraft die Musik in seiner Klassifizierung der schönen Künste ein. Der vom hohen ästhetischen Wert der Musik überzeugte Musiker oder Musikliebhaber wird zwar brüskiert von einer solch abwertenden Behauptung; diese ist allerdings der Meinung Kants nach noch großherzig und optimistisch der Musik gegenüber, welche „eher zur angenehmen, als schönen Kunst gezählt zu werden verdient“ (§ 53, Bemerkung). Die Auffassung der Musik von Kant, und die ästhetische Abwertung die jener entspricht, haben zu der „weit verbreiteten Meinung“ geführt, dass Kant eine „schlichte Unkenntnis des Gegenstandes“ der Musik hat, und zu einer Bemühung von vielen, „die mangelnde musikalische Bildung Kants biographisch nachzuweisen“(1) . Wir werden hier zu zeigen versuchen, dass die Abwertung der Musik von Kant tatsächlich aus seiner ungeeigneten Auffassung der Musik folgt, und nicht aus seinem allgemeinen ästhetischen System selbst. Dabei werden wir uns an das Wort Hanslicks halten, der unterstreicht, „daß jede Kunst in ihren eigenen technischen Bestimmungen gekannt, aus sich selbst heraus begriffen sein will“ (2) , indem wir eine Auffassung der Musik vorschlagen, die unserer und vieler anderen Meinung nach die Essenz und Besonderheit dieser Kunst
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besser umreißt; wir werden danach zum Vorschein bringen, dass diese Neubestimmung der Musik auch eine Neuordnung und Aufwertung im kantischen ästhetischen System bedeutet. Dazu werden wir die zwei Auffassungen der Musik – Kants und unsere - verschiedenen Merkmale des Schönen, die Kant in der Kritik hervorhebt, gegenüberstellen, und sehen was sich bezüglich des ästhetischen Werts der Musik daraus ergibt. Kant betrachtet die Musik vor allem als ein Spiel „angenehmer Empfindungen“ (§ 51), welches „zu einer kontinuierlichen Bewegung und Belebung des Gemüts durch damit konsonierende Affekten und hiermit zu einem behaglichen Selbstgenusse“ führt (§ 53), und das „ohne Begriffe spricht, mithin nicht, wie die Poesie, etwas zum Nachdenken übrig bleiben läßt“ (§ 53). Kant verleugnet nicht, dass die Musik eine formelle und mathematische Organisation besitz. Jene erkennt er sowohl in „d[em] Mathematische[n], welches sich über die Proportion dieser Schwingungen in der Musik und ihre Beurteilung sagen läßt“ (§ 51), als auch in der „formale[n] Bestimmung der Einheit eines Mannigfaltigen“, der „Form in der Verbindung“ (§ 14) der Elemente einer musikalischen Komposition. Gleichwohl behauptet Kant, dass „die Mathematik sicherlich nicht den mindesten Anteil“ „an dem Reize und der Gemütsbewegung, welche die Musik hervorbringt“, hat (§ 53). Laut Kant unterliegen die formelle Organisation und die mathematische Regelmäßigkeit der Maximierung der angenehmen und rein subjektiven Gefühle, deren „Genuss“ die Musik anbietet, und werden an sich selbst nicht, oder nur nebensächlich betrachtet (3). Die hier vertretene Auffassung der Musik, die Elemente aus dem Buch Vom Musikalisch-Schönen Eduard Hanslicks sowie aus dem Aufsatz Musik und Zeit Susanne Her-
rmann-Sinais übernimmt, rührt vollständig von einer wichtigen Unterscheidung her, die von Kant vernachlässigt wurde und die ins Augen jedes Musikers oder Musikliebhabers springt: „Von Hegel wie von Riemann werden hinsichtlich des Klanges zwei Bewegungen unterschieden, die von Kant auf eine reduziert werden“ (4) Diese zwei Bewegungen sind die der Schwingungen der Schallwellen in der Luft und die der musikalischen Ideen. Laut Kant fallen diese zwei Bewegungen in dieselbe Kategorie der formellen und mathematischen Organisation, und wie vorher erwähnt haben sie „nicht den mindesten Anteil“ daran, dass wir die Musik mögen. Wir geben gerne zu, dass die Mathematik der Schallwellen in der Tat dem Interesse für die Musik fernsteht. Die Proportion der Schwingungen, und ihre Existenz als Ursache der Wahrnehmung der Klänge, werden erst a posteriori von der Wissenschaft herausgefunden; das Verständnis dieses physikalischen Phänomens, auch wenn es an der Entzückung vor der Natur teilhaben kann, hat tatsächlich mit der Erfahrung der Musik selbst nichts zu tun. Aber die Mathematik und die Organisation der musikalischen Ideen (die Struktur eines Stücks, seine rhythmischen Elemente, seine melodischen Muster, die Wahrnehmung deren Verhältnis und Mathematik unabhängig des Verständnisses des Mathematischen der Schallwellen ist) sind eigentlich sehr eng mit der Schätzung der Musik verbunden, zumindest im Rahmen ihrer ästhetischen Betrachtung. Wir werden im Folgenden des Textes zwischen der ästhetischen und angenehmen Betrachtungen der Musik unterscheiden. Die ästhetische Betrachtung wird als die Betrachtung und das Erleben der formellen Organisation der Musik verstanden. Die angenehme Betrachtung wird als die exklusive Betrachtung der angenehmen Gefühle verstanden, die unmittelbar von der Musik ausgelöst werden, ganz unabhängig von der Betrachtung der Form. Das Mathematische und die Struktur der musikalischen Ideen, oder eher das Bewusstwerden, durch das Hören von Musik, jener Struktur, führt zu einer abstrahierenden Organisation der Musik, die unsere einzelnen Intuitionen des Klangs subsumiert, auf eine vergleichbare Art und Weise wie die diskursiven
Begriffe unsere einzelnen Intuitionen aller Arten subsumieren und organisieren. Hanslick behauptet, „so ist der Ton nur ‚Stoff ‘ (Material) für die Musik.“ (5) Dieser Schallstoff wird zu dem Objekt einer abstrakten Gestaltung, durch die wir „musikalische Konzepte“ schaffen. Danach erkennen wir die einzelnen Töne eines Stücks als Erscheinungen dieser Begriffe. „Nur so lässt sich beispielsweise sagen, dass auf einem verstimmten Klavier ‚Quinten‘ gespielt werden können – wenn auch schiefe“,(6) bemerkt also Herrmann-Sinai. Damit dies möglich ist, ist es notwendig, dass wir uns das abstrakte Konzept einer Quinte geschafft haben, nachdem wir mehrmals und in mehreren Kontexten dieses Intervall gehört haben. Nur so „vermögen wir den Einzelfall, der ganz genau genommen keine reine Quinte ist, als Abweichung von der idealen reinen Quinte [...] zu hören.“ (7) Genauso erkennt man ein einziges Gebäude als ein Haus, obwohl wir noch nie ein genau gleiches Haus gesehen haben, weil es der Abstraktion entspricht, die wir uns durch die Betrachtung mehrerer einzigen Häuser geschafft haben. Auf diese Art und Weise schaffen wir uns Konzepte, die unterschiedlichen musikalischen Formationen entsprechen: Intervallen, Kadenzen, Akkordfolgen, melodischen Bewegungen, Rhythmen, Dynamiken, Timbres (Klangfarben), usw. Und jenseits des angenehmen oder unangenehmen Gefühls, das uns das musikalische Aggregat unmittelbar und pathologisch verschafft, erkennen wir jene Formation mittelbar als die Erscheinung einer musikalischen Abstraktion, die sich in eine von dem Komponist gedachte Organisation einordnet. Diese abstrakte musikalische Rede, durch eine umfassende formelle Betrachtung des wahrgenommenen Schallintuitiven ermöglicht, ist „als dasjenige ins Spiel, das über den flüchtigen Klangeindruck hinaus Musik zahlhaft und daher wiedererkennbar zu fassen vermag.“ (8) Die abstrahierten Elemente dieser musikalischen Sprache, dank denen wir die Musik als etwas Organisiertes und Verständliches betrachten können, werden im Folgenden „Topoi“ genannt werden. Durch die Kritik der Urteilskraft hindurch zerlegt Kant das Schöne aus verschiedenen Aussichten. Der gelangt dabei zu mehreren
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Merkmalen des Schönen und des Urteils über das Schöne, die hier überhaupt nicht in Frage gestellt werden. Vielmehr wird untersucht, inwiefern die gerade exponierten Auffassungen der Musik – die Kants und unsere – diesen Merkmalen unterschiedlich entsprechen, und dadurch wird ihren ästhetischen Wert im kantischen System Gemessen. Kant besteht auf die Wichtigkeit, zwischen den verschiedenen Typen von Gefallen strengzu unterscheiden, um die Besonderheit des Urteils über das Schöne zu verstehen. Das Gefallen, das Gefühl der Lust oder Unlust, das aus der Betrachtung eines schönen Gegenstands folgt, muss „in d[e]m Betracht [der Existenz der Sache] ganz gleichgültig sein“ (§ 2) und das Ergebniseiner uneigennützigen Reflexion sein. Wenn das empfundene Gefallen dagegen ein von der effektiven Anwesenheit des Gegenstands abhängiges Vergnügen ist, entspricht jenes Gefallen dem Angenehmen, welches nichts mit dem Schönen zu tun hat: „Es ist nicht ein bloßer Beifall, den ich [dem Angenehmen] widme, sondern Neigung wird dadurch erzeugt; und zu dem, was auf die lebhafteste Art angenehm ist, gehört so gar kein Urteil über die Beschaffenheit des Objekts, daß diejenigen, welche immer nur auf das Genießen ausgehen [...], sich gerne alles Urteilens überheben.“ (§ 3) Man konnte in der Vorstellung der Auffassung der Musik Kants sehen, dass das Gefallen, welches er mit ihr verbindet, dem Ergebnisse einer uninteressierten Reflexion fernsteht und eher das direkte Ergebnis des tatsächlichen Hörens ist. Daraus ergibt sich, dass das Gefallen beim Musikhören Kants Meinung nach dem Angenehmen entspricht. Das, was in der Musik die Struktur angeht und insofern prinzipiell imstande wäre, ein von den angenehmen Gefühlen unabhängiges Gefallen zu gründen, wird von jenem Angenehmen in den Schatten gestellt; das Angenehme allein erklärt vollständig „de[n] Reiz und d[ie] Gemütsbewegung“ (§ 53), die die Musik auslöst. Wir werden uns mit Kant darüber einig: die Kraft der angenehmen oder unangenehmen Gefühle, die unmittelbar durch das Hören von einem Stück und unabhängig von einer Reflexion über die Form ausgelöst werden, ist in keinen Fall so beschaffen, dass
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sie ein Urteil über das Schöne gründen könnte. Diesbezüglich bringt uns die zeitgenössische Wissenschaft zur Einsicht: die Forschung zeigt, dass die von der Musik ausgelösten Emotionen „mit Belohnung, Motivation und Erregung zusammenhängen“, und mit einem Molekül verbunden sind, das auch aktiv ist, „wenn Spieler eine Wette gewinnen oder Drogensüchtige ihre Lieblingsdroge nehmen.“ (9) Dazu kommt die vollständige Subjektivität dieser angenehmen Gefühle, die „in mehreren Individuen, zu andern Zeiten, verschieden“ (10) sind. Daher ist es gar nicht überraschend, dass „ einer [...] den Ton der Blasinstrumente, der andre den von den Saiteninstrumenten [liebt]“ (§ 7), dass einer den Jazz, der andere den Rock mag, dass einer diese Akkordfolge, der andere jene vorzieht. Unbestritten könnte ein solches Vergnügen, dessen biologischer Mechanismus dem des Drogenkonsums ähnelt und dessen Wirkung vollständig subjektiv ist, ein Urteil über das Schöne in der kantischen Ästhetik nicht gründen. Man kann auch nicht verleugnen, dass die musikalische Erfahrung vieler Menschen sich ausschließlich auf dieses pathologische Vergnügen bezieht, welches überhaupt nichts mit der Ästhetik zu tun hat; dies erklärt übrigens wahrscheinlich die fast universelle Beliebtheit der Musik. „[D]aß diese Kunst in einem lebhaften Zusammenhang mit unseren Gefühlen steht,“ bemerkt dennoch Hanslick, „rechtfertigt keineswegs die Behauptung, es liege in diesem Zusammenhange ihre ästhetische Bedeutung“ (11) , oder die Annahme, diese ästhetische Bedeutung dürfe nur in diesem Zusammenhang gesucht werden. Die ganz unästhetische Natur dieser Gefühle stellt also nicht das Verdikt des ästhetischen Unwerts der Musik dar: der Wert kann noch woanders gesucht und gefunden werden. In dieser Hinsicht sind wir mit Kant uneinig: Obwohl der Philosoph doch meint, dass der ästhetische Wert der Musik woanders gesucht werden kann, verleugnet er, dass er dort gefunden werden kann. Man darf jenen Wert im Mathematischen der Schallwellen und der formellen Organisation suchen; aber man findet ihn nicht, insofern als dieser formelle Aspekt Kants Meinung nach keine Rolle im Reiz der Musik spielt, und von den
angenehmen Gefühlen ganz verfinstert wird. Im Gegenteil argumentieren wir unsererseits, dass die Betrachtung der Form eine zentrale Rolle im Gefallen der Musik spielt, und dies erscheint mühelos im Schein unserer früheren Vorstellung der Musik. Der Musikliebhaber oder Musiker, der durch eine musikalische Ausbildung oder durch die Ausdauer eines aufmerksamen Hörens sowie einer Verständnisbemühung musikalische Konzepte in seinem Gemüt geschmiedet hat, beurteilt die Schönheit eines Musikstücks nicht nach den angenehmen Gefühlen, die sie auslöst, sondern nach der Erkennung einer Organisation, die nur durch die Kenntnis dieser Konzepte erlaubt ist. Deshalb, „[d]urch [die] Verschiedenheit der Gefühlswirkung“, die von Person zu Person und von Moment zu Moment nach mehreren Faktoren unterschiedlich ist, „ist jedoch die musikalische Schätzung vieler einst so aufregend wirkender Werke, der ästhetische Genuß, den ihre Originalität und Schönheit uns heute noch bereitet, an und für sich nicht alteriert.“ (12) Und dies ist dem zuzuschreiben, dass das, was das Angenehme angeht, vollständig beiseitegelegt wird, wenn man auf die Schönheit eines Musikstücks aufmerksam wird. Wenn man erörtert, dass ein Stück schön oder unschön ist, versucht man nicht, seine Verhandlungspartner davon zu überzeugen, dass die angenehmen oder unangenehmen Gefühle, die das Stück ihnen verschafft, ungültig sind; man widmet vielmehr seine Aufmerksamkeit, jenseits dieser subjektiven Gefühle, der formellen Organisation des Stückes, der Art und Weise, auf die der Komponist musikalische Bewegungen aufschichtet sowie aufeinanderreiht und dabei ein lebendiges Spiel zwischen den musikalischen Konzepten – die seine sachkundigen Zuhörer auch besitzen – und dem sensiblen Schallstoff entstehen lässt. Im neunten Absatz nimmt Kant die „Untersuchung der Frage [vor,] ob im Geschmacksurteile das Gefühl der Lust vor der Beurteilung des Gegenstandes, oder diese vor jener vorhergehe“ (§ 9). Dies ist eine Frage, die sehr spezifisch das anspricht, was beim Urteil über das Schöne in der Musik so problematisch ist. Kant kommt tatsächlich zu dem Schluss, dass
das Gefühl der Lust auf das Geschmacksurteil folgt; und es muss doch eingestanden werden, dass es in der Musik eine deutliche und ausgeprägte Lust gibt, die sich auf die angenehme Betrachtung bezieht, und die allem Urteil über den ästhetischen Wert eines Werks wohl vorangehen mag. Das kann uns dazu verleiten, genauso wie Kant zu glauben, dass das Genießen der Musik eher in den Bereich des Angenehmen als in den des Schönen fällt. Der in das formelle und konzeptuelle Verständnis der Musik eingeweihte Musiker ist dennoch fähig, das Spiel zwischen musikalischen Konzepten und sensiblem Schallstoff zu erkennen, und zwischen den angenehmen Gefühlen, die dem Geschmacksurteil vorangehen, und der Lust oder Unlust, die auf jenes folgt, deutlich zu unterscheiden. In der angenehmen Betrachtung der Musik ist die auf das Urteil folgende Lust vollständig von der dem Urteil vorangehenden Lust abgedunkelt; in der ästhetischen Betrachtung der Musik werden dagegen, wie wir vorbringen, die zwei Lüste voneinander unterschieden. Ist diese Unterscheidung aber möglich? Sind wir eigentlich während des Hörens eines Stücks in der Lage zwischen dem, was uns zu einem bloßen pathologischen Genuss leitet, und dem, was uns zu einem ästhetischen Genuss führt, zu unterscheiden? Beide können ja „sich nur durch Empfindung kenntlich machen.“ (§ 9) Falls diese Unterscheidung unmöglich ist, werden wir zugeben müssen, dass es die Musik doch betrifft, als Kant schreibt, dass ein Urteil „so viel weniger“ ästhetischen Wert besitzen kann, „als sich von [den angenehmen] Empfindungen unter den Bestimmungsgründen des Geschmacks befinden.“ (§ 13) Das Genießen der Musik könnte dann keinen hohen ästhetischen Wert, in Anbetracht des Angenehmen, das beim Musikhören so ausgeprägt ist. Allerdings werden wir uns vom Gegenteil überzeugen, indem wir bemerken, wie niedrig die Musikliebhaber die populäre Musik schätzen. Jene scheint maßgeschneidert erstellt, um bei dem Zuhörer angenehme Gefühle zu wecken, ohne dass die geringste Anstrengung von ihm erfordert wird. Die einfachen voraussehbaren Akkordfolge, die in populärer Musik bis zum Exzess wiederholt werden; die elementaren Strukturen der
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Lieder, deren Berechenbarkeit das Vergnügen der Vorwegnahme erlaubt; solche Elemente lösen auf die sicherste Art und Weise angenehme Gefühle aus.(13) Dennoch ist der Musiker selten versucht, derartige Musik für schön zu halten. Die Entwicklung des Stücks und die Kreativität des Gebrauchs der Topoi betrachtend,auf das Spiel zwischen musikalischen Konzepten und sensibler Exposition aufmerksam, fühlt er sehr deutlich die ästhetische Unlust die daraus folgt, ohne dass die oberflächlichen angenehmen Gefühle, die ihn überkommen, dieses Urteil beeinflussen. Kant selbst stellt irgendwann die Möglichkeit vor, den Einfluss des Angenehmen zu abstrahieren und ihn vom ästhetischen Urteil zu unterscheiden: „Dieses geschieht nun dadurch, daß m a n sein Urteil an anderer, nicht sowohl wirkliche, als vielmehr bloß mögliche Urteile hält, und sich in die Stelle jedes andern versetzt, indem man bloß von den Beschränkungen, die unserer eigenen Beurteilung zufälliger Weise anhängen, abstrahiert: welches wiederum dadurch bewirkt, daß man das, was in dem Vorstellungszustande Materie, d. i. Empfindung ist, so viel möglich wegläßt”. (§ 40) Kant hat das Ausgeprägte des Angenehmen beim Musikhören benutzt, um diese Kunst abzuwerten; diesbezüglich kann man auch einen anderen Aussichtspunkt vorschlagen. Insofern als die Unterscheidung zwischen dem Angenehmen der angenehmen Betrachtung und dem Schönen der ästhetischen Betrachtung sich als möglich ergibt, wie es gerade erschien, und insofern als das Angenehme, unter allen Künsten (14) , in der Musik sich am stärksten aufdrängt und uns am meisten von der freien Betrachtung der Form ablenkt, stellt sich die folgende Frage: ist die Musik nicht auch die Kunst, welche die allerbeste Anwendung der Urteilskraft und die allerhöchste Schärfe bei der Untersuchung der sinnlichen Empfindungen erfordert? Kant spricht mehrmals von „der Kultur der Gemütskräfte“ (§ 60), die für das ästhetische Urteil nötig ist; und weil die Musik, seiner Meinung nach, nur ein Spiel angenehmer Empfindungen ist, meint er, dass sie auch gar keine Kultur der Gemütskräfte bräuchte. Aus unserem Blickpunt macht
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aber das Ausgeprägte des Angenehmen die Abstrahierung der mit der uninteressierten Betrachtung des Gegenstandes verbundenen Lust umso feiner. Insofern erfordert die Musik eine Kultur der Gemütskräfte, die desto größer ist, je stärker das Angenehme unsere Sinne in Versuchung bringt. Eine subtile und wichtige These der dritten Kritik ist die „subjektive Allgemeinheit“ (§ 6) der Urteile über das Schöne. Diese erheben Anspruch auf die Möglichkeit, allgemeingültig zu sein; dennoch beruhen sie nicht auf bestimmten objektiven Prinzipien, und deshalb können sie nicht bewiesen werden. Das ästhetische Urteil ist also immer frei, insofern als das Schöne nicht zu bestimmten Regeln oder Begriffen zurückführbar ist: „Die Erkenntniskräfte, die durch [eine schöne Vorstellung] ins Spiel gesetzt werden, sind hierbei in einem freien Spiele, weil kein bestimmter Begriff sie auf eine besondere Erkenntnisregel einschränkt.“ (§ 9) Wir haben schon unterstrichen, dass laut Kant das Mathematische und Formelle gewissermaßen vom Angenehmen verfinstert wird. Aber auch ohne diese Finsternis scheint das Mathematische in der Musik nach Kant nicht imstande, jene Freiheit und Abwesenheit von bestimmten Regeln zu ermöglichen, die dem Schönen so grundlegend sind. Die Zusammenstellung von Tönen, die „auf dem Verhältnis der Zahl der Luftbebungen in derselben Zeit [...] beruht, [kann] mathematisch unter gewisse Regeln gebracht werden“ (§ 53); und die formelle Organisation des „Wechsels der Eindrücke“, „wodurch es möglich wird, sie zusammen zu fassen, und zu verhindern, daß diese einander nicht zerstören, sondern [...] zu einem behaglichen Selbstgenuss zusammenstimmen“(§ 53), ist auch zu etwas ganz Bestimmten zurückgeführt, nämlich zu der Begünstigung des Angenehmens. Der formelle und mathematische Aspekt der Musik, der allein das Potenzial hätte haben können, die Musik zur Schönheit zu erheben, erledigt eigentlich laut Kant das Gegenteil, indem er Regeln hinzufügt und das freie Spiel der Gemütskräfte unterdrückt: „Selbst der Gesang der Vögel, den wir unter keine musikalische Regel bringen können, scheint mehr Freiheit und darum mehr für den Geschmack zu enthalten, als selbst ein
menschlicher Gesang, der nach allen Regeln der Tonkunst geführt wird.“ (§ 22, Allgemeine Anmerkung zum ersten Abschnitte der Analytik) Dies ist bestimmt einer von den Auszügen, die erhebliche Widerstände hervorgerufen und „die mangelnde musikalische Bildung Kants“ nahegelegt haben. Kant geht sichtlich von der Voraussetzung aus, dass das, was er „musikalische Regeln“ nennt, im Dienst des Angenehmen steht, vom Komponist mechanisch gefolgt wird und „seinen Gemütskräften Fesseln [anlegt]“ (§ 45). Da, wo Kant willkürliche Regeln sieht, erkennen wir im Lichte der Auffassung der Musik, die hier vertreten wird, eher musikalische Konzepte und Topoi, Verallgemeinerungen, aus denen das Einzelne einer Komposition organisierbar und verständlich wird. Würde Kant behaupten, dass die abstrakten Begriffe der Sprache die Kreativität der Dichter fesselt? Dass das Wort „Haus“, welches ein Gebäude einer bestimmten Größe und für bestimmte Zwecke geeignet bezeichnet, nur eine willkürliche Regel ist, und dass der Dichter, der in einem Werk dieses Wort benutzt, in diesem Moment nicht frei ist? Mithin dass eine elementarere Sprache (wie der Gesang der Vögel), die keine konventionelle Definitionen und willkürliche Grammatik und Syntax besitzt, und mit der man irgendetwas artikulieren oder schreiben darf, mehr für den Geschmack enthalten würde, als selbst eine menschliche Sprache, die nach allen Regeln der Sprache geführt wird? Ganz sicher nicht. Die Freiheit des Dichters besteht eben in dem Spiel, das er zwischen den Konzepten und deren sensiblen Erscheinungen entstehen lässt. Genauso wird in der Musik eine abstrakte Organisation geschaffen, in welcher die verschiedenen Akkorde. Rhythmen, Taktangaben, Tonarten konventionelle Konzepte sind, die den sprachlichen Begriffen ähneln; die verschiedenen „Regeln“ der Harmonie oder des Kontrapunkts sind ihrerseits vergleichbar mit Syntax und Grammatik. Innerhalb dieser abstrakten Organisation kann der Komponist völlig frei den einzelnen und adäquaten klanglichen Ausdruck suchen, der sich in einer bestimmten Weise auf die Konzepte, die ihm entsprechen, bezieht. Die Errichtung einer musikalischen
„Sprache“, als das verständliche System der musikalischen Topoi verstanden,führt also nicht mehr zu einem Fehlen an Freiheit für die Komponisten als die Existenz der Sprache zu einem Fehlen an Freiheit für die Dichter führt. Dass die Wichtigkeit einer freien und von Regeln unabhängigen Kreativität genauso sehr die Musik angeht als die anderen Künste, erscheint deutlich in diesen Worten von Haydn, die an den talentierten jungen Beethoven gerichtet sind: „Sie haben großes Talent und werden noch mehr Talent erwerben, unermesslich mehr. Sie haben eine unerschöpfliche Fülle an Inspiration, Sie werden Gedanken haben, die keiner je hatte, Sie werden Ihre Gedanken nie für eine tyrannische Regel opfern, aber Sie werden Regeln für Ihre Fantasien opfern; denn Sie machen auf mich den Eindruck eines Mannes, der mehrere Köpfe, mehrere Herzen, ja mehrere Seelen hat.“ (15) Genauso wie „d[ie] ästhetischen Attribut[e] der Gegenstände [...] den logischen zur Seite gehen, und der Einbildungskraft einen Schwung geben, mehr dabei [...] zu denken, als sich in einem Begriffe [...] zusammenfassen läßt“ (§ 49), geben uns die ästhetischen Attribute einer einzigen Melodie, trotz der logischen Attribute der musikalischen Topoi, aus denen wir sie verstehen, den Schwung, viel mehr als nur diese abstrakten Topoi zu denken, und sind auf eine einfache Anwendung bestimmter Regeln nicht reduzierbar. (16) Eine inspirierte und kreative Melodie, während sie einigen Regeln folgt, gemäß welchen sie mit der sie unterstützenden Akkordfolge harmoniert, ist dennoch viel mehr als diese Regeln; ihr Autor hat völlig frei eine einzige Melodie entstehen lassen, die nicht auf die übergeordneten Prinzipien reduzierbar ist, denen sie dennoch entspricht. Der Schlagzeuger und Saxophonist einer Jazzband, die zusammen über ein bekanntes Thema improvisieren, lassen ihrer musikalischen Imagination freien Lauf, und das Zusammenspiel, welches sie spontan schaffen, ist auf keine Regel reduzierbar, auch wenn jenes Spiel bestimmten Regeln und Prinzipien entspricht, welche es auch verständlich machen; sie improvisieren derart, dass „innerhalb den Schranken [ge-
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gebener Begriffe]“ – die Abstraktionen der Struktur des Liedes und aller verständlichen Topoi ihres musikalischen Ausdrucks, „unter der unbegrenzten Mannigfaltigkeit möglicher damit zusammenstimmender Formen, diejenige darbietet, welche die Darstellung desselben mit einer Gedankenfülle verknüpft, der kein [Ausdruck] völlig adäquat ist, und sich also ästhetisch zu Ideen erhebt.“ (§ 53) Es ist uns gelungen, durch die Vertretung eines Modells der Musik, welches der Erfahrung der Musiker und Musikliebhaber besser entspricht als das Kants, die Rolle der formellen Organisation und der Abstraktion in der Musik zu erhöhen, ihre Wichtigkeit in der ästhetischen Betrachtung eines musikalischen Werks hervorzuheben, und dabei die Musik in der Ästhetik Kants aufzuwerten. Wir haben auch gezeigt, dass die Musikvorstellung Kants dagegen der angenehmen Betrachtung der Musik entspricht; die Musik hat gewiss, in jener pathologischen Betrachtung, keinen ästhetischen Wert. Wir gehen also auf die verbreitete Meinung zurück, dass die Abwertung der Musik von Kant eher eine Folge seiner begrenzten Musikvorstellung als ein notwendiges Ergebnis seines philosophischen Systems ist. Die Musikvorstellung Kants könnte dafür symptomatisch sein, dass die Leute, die ein genügendes Verständnis der Musik haben, um sie ästhetisch zu betrachten, sind viel weniger als die, welche ein ausreichendes Verständnis der Sprache haben, um das Schöne in der Literatur erkennen zu können. Fast alle Menschen, sobald sie geboren sind, werden von der Sprache umgeben, besitzen nach ein paar Jahren ihre Muttersprache, die zu einem der wichtigsten Werkzeuge ihres Lebens wird. Die Lage der Musik ist sehr unterschiedlich: die Immersion in die Musik ist selten vergleichbar mit der in die Sprache; die meisten Menschen, die Musik lernen, fangen zu spät an, um eine Beherrschung zu erreichen, die so tief wäre, wie die Beherrschung ihrer Sprache, ein Können das ihnen erlauben würde, das in der kantischen Ästhetik so wichtige Zusammenspiel zwischen Konzepten (sprachlichen oder musikalischen) und sinnlichen Erscheinungen deutlich zu erkennen. Daraus folgt, dass die Anzahl der Menschen,
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die imstande sind, schöne Musikstücke zu erzeugen und zu beurteilen, sicherlich viel geringer ist als die der Menschen, die schöne Wortwerke erzeugen und beurteilen können. Eine zweite Schwierigkeit, zusätzlich zu dieser gesellschaftlichen Tatsache, die sich der Musik anbietet, ist der schon oftmals erwähnte Aussprung der angenehmen oder unangenehmen Gefühle, die den ästhetischen Wert der Musik gar nicht angehen und diesen leicht verfinstern können. Diese zwei Schwierigkeiten, welche die ästhetische Vormacht der Wortkunst über die Musik erklären können, sind dennoch einigermaßen akzidentell, a posteriori festgelegt, gehören nicht zu der transzendentalen Philosophie, und dürfen aus diesem Grund keinesfalls den ästhetischen Wert der Musik vermindern. Der empirische Befund, dass die musikalische Entwicklung durchschnittlich unreif ist, und dass das Angenehme beim Musikhören ausgeprägt ist, ist kein Grund, die Schönheit der Musik abzuwerten, wie sie a priori schön sein könnte. Die angenehme Lust der Musik kann auch als eine zusätzliche und a priori unerwartete Eigenschaft der Musik betrachtet werden, welche, jenseits ihres überflüssigen und störenden Charakters in der Ästhetik Kants, beachtenswert ist: „Zu den schönsten, heilsamsten Mysterien gehört es ja, daß die Kunst solche Bewegungen ohne irdischen Anlaß, recht von Gottes Gnaden hervorzurufen vermag.“ (17) Den von der Musik ausgelösten kräftigen Gefühlen kann übrigens auch ein ästhetischer Wert, den Kant ihnen verweigert, erteilt werden, im Rahmen anderer philosophischen Systemen, z.B. bei Nietzsche: “Gott hat uns die Musik gegeben, damit wir erstens, durch sie nach oben geleitet werden. Die Musik vereint alle Eigenschaften in sich, sie kann erheben, sie kann tändeln, sie kann uns aufheitern, ja sie vermag mit ihren sanften, wehmütigen Tönen das rohesten Gemüt zu brechen. Aber ihre Hauptbestimmung ist, daß sie unsre Gedanken auf Höheres leitet, daß sie uns erhebt, sogar erschüttert.” (18)
Notes 1.Herrmann-Sinai, Susanne: „Musik und Zeit bei Kant“. In: Kant-Studien 100, 2009, 427-453: 427 2. Hanslick, Eduard : „Vom Musikalisch-Schönen“, Leipzig, 1922, emp. 105 (Kindle-Auflage) 3. Es wird in den nachkommenden Sektionen festgesellt werden, inwiefern diese Auffassung der Musik unheilvolle Folgen bezüglich ihres ästhetischen Werts in der kantischen Ästhetik hat. Wir können allerdings hier nebenbei erwähnen, dass die Abwertung der Musik auch durch manche von den übergeordneten Prinzipien der Ästhetik Kants unabhängige Bemerkungen spürbar ist, nämlich als Kant die Wirkung der Musik „mit der Ergötzung durch einen sich weit ausbreitenden Geruch“ vergleicht (§ 53), der sich Leuten aufdrängt, ohne dass sie es gesucht hätten. Man kann gewissermaßen einen Sophismus in diesem abwertenden Vergleich erkennen, der darauf zu abzielen scheint, die Vorstellung der Musik zu beschmutzen und dabei die allgemeine Wertminderung der Musik zu verstärken; dieser Vergleich beruht allerdings auf einer a posteriori Bemerkung, in einem Buch dessen Argumentation „bloß in transzendentaler Absicht angestellt“ sein sollte. (Vorrede) 4. Herrmann-Sinai, S. 450. 5. Hanslick, emp. 1592. 6. Hanslick, emp. 1592. 7. Herrmann-Sinai, S. 431. 8. Herrmann-Sinai, S. 431 9. Levitin, Daniel: „Der Musik-Instinkt“, Heidelberg, 2009, S. 238. 10. Hanslick, emp. 319. 11. Hanslick, emp. 136. 12. Hanslick, emp. 213.. 13. Levitin, S. 283-315. 14. Hanslick bemerkt, dass das Angenehme (oder Unangenehme) zu einem bestimmten Punkt in jede Kunst eindringt: „Bewegt uns nicht ein großes Geschichtsbild mit der Kraft eines Erlebnisses? Stimmen uns Raphaels Madonnen nicht zur Andacht, Poussins Landschaften nicht zu sehnsüchtiger Wanderlust? Bleibt etwa der Anblick des Straßburger Doms ohne Wirkung auf Unser Gemüt?“ (168) 15. J. et B. Massin, Ludwig van Beethoven,
1967, S. 45: « Vous avez beaucoup de talent et vous en acquerrez encore plus, énormément plus. Vous avez une abondance inépuisable d’inspiration, vous aurez des pensées que personne n’a encore eues, vous ne sacrifierez jamais votre pensée à une règle tyrannique, mais vous sacrifierez les règles à vos fantaisies ; car vous me faites l’impression d’un homme qui a plusieurs têtes, plusieurs cœurs, plusieurs âmes. » Obwohl der Brief wahrscheinlich ursprünglich auf Deutsch geschrieben wurde, konnte er nur in französischer Übersetzung gefunden werden. 16. Wir können nebenbei Folgendes bemerken: zusätzlich zu dem ästhetischen Wert einer musikalischen Komposition, als einziger gedanklichen Kreation, die durch ihre Qualitäten das Spiel zwischen Topoi und Intuitionen entstehen lässt, gibt es auch den ästhetischen Wert der Interpretation dieser Komposition, die als einzelne Erzeugung auf eine geeignete und schöne Art jenes Spiel wiedergibt, mithin den Genie des Komponisten wiedergibt. 17. Hanslick, emp. 220. 18. Nietzsche, Friedrich: Werke, III, 34f.
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PHOTOS TAKEN IN A RURAL LANDKREIS IN CUXHAVEN, GERMANY AND GRAZ, AUSTRIA Daniel Galef
Basilika Mariatrost, taken in Graz, Österreich
Matrix, Schloss Eggenberg in Graz, Österreich
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Windmühle, taken in Cuxhaven, Deutschland
Windmühle, taken in Cuxhaven, Deutschland
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DAS BRECHEN VON BROT Emma Clark Im Jahr 1946 von Wolfgang Borchert geschrieben, handelt „Das Brot“ von einem Ehepaar in der Nachkriegszeit, dessen Beziehung von einem ernsten Lebensmittelmangel getestet wird. In der Nacht geht die Frau in die Küche und sie erkennt, dass ihr Mann das Brot heimlich isst, das sie teilen müssen. Mittels des Brots als ein Symbol des Ehelebens, zeigt Borchert, wie die Ehe eine sehr komplizierte Beziehung ist, die täglich errichtet werden muss. In vielen Hinsichten sind eine Ehe und Brot ähnlich und Borchert betont diese Tatsache. Brot ist in vielen Kulturen ein alltägliches, einfaches Essen, das Menschen von vielen verschiedenen sozialen Klassen genießen. Vergleichbar mit einer Ehe ist das Brot ein grundsätzliches Element menschliches Lebens, das Leben tragen und bereichern kann. Ferner im Kontext der Nachkriegszeit stellt das Brot einen einzelnen Komfort dar, auf dem man während der sparsamen Zeit bauen kann. Drei Scheiben des Brots pro Mahlzeit erhalten das Paar aufrecht. Ebenso ist das Versprechen, zeitlebens für einander zu sorgen, nicht nur ein Komfort, sondern auch eine Quelle der Zuverlässigkeit während schwieriger Zeiten. Borchert bestätigt die Dauerhaftigkeit von Eheleben, als der Mann vorschlägt, dass seine Frau nicht barfuß in der Küche sein solle. In diesem angespannten Moment versucht er sich normal aufzuführen, um ihren Verdacht zu lindern, und sich um seine Frau Sorgen zu machen ist für ihn normal. Das Brot und die Einigung des Paars, das Brot zu teilen, repräsentiert dann gut die ideale Stabilität von Eheleben, aber die Handlung verrät, wie leicht diese Einigung scheitern kann. Die Handlung von Das Brot beweist die Zerbrechlichkeit einer Ehebeziehung, weil die Entscheidung, Ihr Leben miteinander zu teilen, eine laufende Entscheidung ist, die
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täglich bekräftigt werden muss. Der Mann und die Frau sind seit neununddreißig Jahren verheiratet. Trotzdem ist ihr harmonisches Verhältnis in einer Nacht zerstört. Wie ist das möglich? Als die Frau in die Küche kommt, merkt sie, dass ihr Ehemann eine Scheibe des Brots abgeschnitten hat, weil es Krümel auf dem Tischtuch gibt. Sie ist bestürzt, weil sie jeden Abend das Tuch saubermacht, und in diesem Moment fühlt sie eine Kälte. Ihr Leid kommt dann nicht nur aus seiner selbstsüchtigen Tat, sondern auch aus seinem Bruch ihrer Routine. Als der Mann still in der Nacht einen anderen Teil des Brots isst, wertet er seinen eigenen Hunger, Komfort und Lüste über seine Frau, ihres Wohls, und ihr Leben zusammen. Sie kann nicht ertragen, ihn anzusehen, als er versucht, seine Tat zu verbergen. Borchert zeigt dann, wie eine erfolgreiche Ehe von der Annahme abhängig ist, dass beide Partner regelmäßig selbstlose Wahlen treffen und die Struktur ihrer Beziehung unterstützen werden. Als der Mann heimlich eine zusätzliche Scheibe des Brots nimmt, bricht er diese Zustände und natürlich seine Ehe. Offensichtlich endet Borcherts Geschichte nicht mit einer Scheidung, aber das Ende ist nicht viel lustiger. Am nächsten Tag bietet die Frau ihrem Mann eine ihrer Scheiben des Brots an und sagt, dass sie abends nicht viel Brot essen wolle. Er sah nicht auf, als er widerstrebend die Scheibe akzeptiert. In diesem Moment wird ihre Beziehung ewig geändert: die Frau versteckt ihr Leid, der Mann versteckt seine Schuld, und die Ehe wird mit einer unsymmetrischen Wechselbeziehung weitergehen. Mittels des Brots als ein Symbol der Kompromissbereitschaft einer Ehe, beweist Borchert dann, wie eine Ehebeziehung täglich bekräftigt werden muss, um fortzubestehen.
Taken in Hildesheim, Deutschland
Eine Briefmarke von Hildesheim, 1902
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CONSTRUIRE LE SOCIALISME À L’ÉCHELLE URBAINE: STALINSTADT ET NOWA HUTA ENTRE 1948 ET 1956 Philippe Chassé
L
a Seconde Guerre mondiale laissa une Europe abattue et en ruines, où tout était à reconstruire, à redéfinir. Des villes démolies, n’étant plus que de simples amas de gravats, permirent de faire table rase, d’embrasser la modernité, voire l’utopie. Dans le bloc de l’Est, on tenta de créer un environnement à l’image du nouvel ordre sociétal et de faire de l’urbanisme l’une des pierres angulaires du socialisme. L’héritage de la cité capitaliste – dans laquelle le centre était réservé au commerce et les travailleurs confinés aux quartiers misérables – devait être effacé et remplacé par un modèle nouveau, concrétisant l’idéal ouvrier. Au cours de la période stalinienne, de nombreuses villes existantes furent réaménagées selon les principes du socialisme réaliste; une doctrine qui s’appliquait aux cinq arts hégéliens, dont l’architecture. La monumentale Stalinallee (aujourd’hui la Karl-Marx Allee) et l’outrancier Pałac Kultury i Nauki émergèrent à Berlin et à Varsovie. La construction de villes nouvelles, proclamées « socialistes, » était également récurrente dans les premiers plans quinquennaux et sexennaux de l’aprèsguerre. Ces dernières, entièrement planifiées par les autorités gouvernementales, devaient répondre aux divers besoins hypothétiques des travailleurs. C’est ainsi que virent le jour Stalinstadt1 en République démocratique allemande, Nowa Huta en Pologne, Sztálinváros2 en Hongrie et Dimitrovgrad en Bulgarie. Les deux cas étudiés dans cette recherche, soient ceux de Stalinstadt et de Nowa Huta, démontrent que malgré un objectif commun de construire le socialisme à l’échelle urbaine, les premières villes dites « socialistes » n’ont ni
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utilisé la même voie pour arriver à ce but, ni pas partagé le même succès à cet égard. Il semble, en effet, que Stalinstadt – malgré un résultat mitigé par certains problèmes de planification – ait mieux réussi à s’adapter aux besoins de ses citoyens et à accomplir ses aspirations initiales que Nowa Huta. Ce constat s’explique par deux facteurs principaux. En premier lieu, par les cibles plus réalistes et l’attitude plus flexible du gouvernement est-allemand et, en second lieu, par une plus grande participation citoyenne à l’élaboration des plans d’urbanisme de Stalinstadt. La planification irréaliste, inadéquate et centralisée de Nowa Huta semble ainsi être à l’origine de son incapacité à être un modèle exemplaire de la ville nouvelle, dédiée aux travailleurs. STALINSTADT LES ORIGINES DU PROJET Dès sa création en 1949, la République démocratique allemande fit face à certains problèmes irrésolus engendrés par la Seconde Guerre mondiale. Les installations sidérurgiques situées en Silésie, autrefois territoire allemand, étaient maintenant en sol polonais et celles de la région de la Ruhr n’étaient plus sous l’autorité du nouveau gouvernement. Le pays était amputé d’une part non négligeable de sa capacité industrielle et privé d’installations nécessaires à la production et à la transformation de matières premières.3 Ses villes principales étaient, quant à elles, affligées par une importante crise du logement encourue par la destruction de près de 35% des habitations urbaines est-allemandes lors de la guerre.4 En réponse à ces situations
problématiques, le gouvernement de la République démocratique allemande prévit, dans son premier plan quinquennal développé en 1950, la construction de nouvelles infrastructures vouées à la production de l’acier et du fer ainsi que la création d’une instance chargée de diriger et de superviser la planification urbaine, soit le ministère de la Reconstruction. Il annonça, dès lors, la mise en chantier de l’ensemble industriel Einsenhüttenkombinat Ost.5 Situé sur les rives de l’Oder près de la frontière polonaise, ce projet incluait, à l’origine, une usine sidérurgique et un complexe résidentiel voué uniquement à héberger de futurs travailleurs. Ce n’est qu’au cours de la planification des premières habitations qu’émergea la volonté de construire une cité socialiste modèle et que se concrétisa la ville qui devint Stalinstadt en 1952. Contrairement à Nowa Huta et à d’autres ensembles architecturaux monumentaux édifiés dans le bloc de l’Est, Stalinstadt ne devait pas, originellement, être une ville « socialiste. » Certains bâtiments furent même construits, par nécessité, avant même l’adoption du plan maître définitif.6 LES PREMIÈRES ÉBAUCHES DE LA VILLE SOCIALISTE MODERNE Deux plans d’urbanisme interprétant la ville « socialiste » différemment furent proposés au gouvernement de la République démocratique allemande. Le premier, dessiné par l’architecte Franz Ehrlich – élève de l’école du Bauhaus – était privilégié par le ministère de l’Industrie, car il incluait à la fois les ébauches des projets industriels et résidentiels. Minimaliste, ce plan impliquait un concept ouvert de l’espace urbain, où les complexes d’habitation seraient répartis sans ligne directrice claire sur le territoire. Finalement, il abordait la planification des services et des installations en fonction de l’offre et non en fonction de la demande citoyenne; il était, ainsi, rigide et centralisé.7 Le second plan, conçu par le directeur de l’École de planification urbaine de la Bauakademie de Berlin, Karl Walter Leucht, était le favori du ministère de la
Reconstruction. Les croquis de l’architecte, préparés pour une cité de 30 000 habitants, prévoyaient de larges avenues monumentales bordées de végétation et de grands espaces publics destinés à la population. Le centre était occupé par l’hôtel de ville, une grande place et un palais de la culture. Chaque quartier, composé essentiellement d’immeubles de quatre à cinq étages, possédait une crèche, une école primaire et des petits commerces de proximité.8 Cette ébauche n’était pas plus flexible que celle d’Ehrlich; comme pour cette dernière, les services et les installations étaient prévus avant la construction. Toutefois, l’aspect architectural des bâtiments proposé par Leucht s’inspirait des styles traditionnels prussiens et s’inscrivait, ainsi, à titre de compromis entre le respect de l’esthétisme historique de la région et la volonté de créer un modèle nouveau, à l’image du socialisme.9 Il semble ainsi que le plan de Leucht était moins aliénant et radical pour les futurs citoyens de Stalinstadt que celui d’Ehrlich qui ne basait pas sur des traditions architecturales répandues avant la guerre. Ce fut finalement l’ébauche proposée par Karl Walter Leucht que choisirent les autorités est-allemandes. Seule celle-ci respectait, en effet, les Sechzehn Grundsätze des Städtebaus, ou « seize principes de la construction urbaine, » que souhaitait promouvoir le gouvernement de la République démocratique allemande.10 Inspirés par la doctrine artistique du socialisme réaliste alors promulguée en Union des républiques socialistes soviétiques, ces principes, adoptés en 1950, définissaient la ville comme une entité purement fonctionnelle et devant répondre aux besoins essentiels des travailleurs. Le centre, composé d’immeubles plus élevés, devait être réservé aux activités institutionnelles et culturelles et comporter de grands espaces verts dédiés à la population. 11 Maintenant clairement défini par le régime est-allemand, l’objectif de la nouvelle ville modèle était « d’aménager l’espace pour faciliter l’éclosion d’une “moralité et d’un mode de vie socialiste.” »12
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LA CONSTRUCTION ET LA PARTICIPATION CITOYENNE La construction des premiers ensembles résidentiels de Stalinstadt débuta dès 1951, avant même l’adoption du plan maître de Karl Walter Leucht. Les premières habitations construites, simples, utilitaires et dénudées de toute décoration superflue, avaient été conçues par des firmes d’architecture basées à Berlin et ne respectaient pas l’esthétisme promu par les seize principes de la construction urbaine. Les premiers travailleurs engagés à l’Eisenhüttenkombinat Ost (EKO) provenaient de groupes hétéroclites : certains étaient d’anciens fermiers, d’autres, des jeunes, des femmes ou des réfugiés.13 Insatisfaits des premiers logements construits, ils formèrent rapidement un mouvement de contestation au sein, entre autres, d’Unser Friedenswerk, une association interne de l’EKO, pour demander de meilleures infrastructures résidentielles. C’est, cependant, la visite de Walter Ulbricht, alors secrétaire général du comité central du Parti socialiste unifié d’Allemagne (SED), qui fit progresser rapidement la cause des citoyens. En prenant part aux manifestations avec les ouvriers et en critiquant ouvertement les nouveaux logements qu’il ne trouvait pas dignes des travailleurs de la République démocratique allemande, ce dernier mena au changement immédiat des dimensions et de l’esthétisme des habitations de Stalinstadt.14 C’est, par ailleurs, à la suite de cet incident que Leucht fut nommé à la tête des travaux afin d’accomplir son plan d’urbanisme et que la volonté de faire de Stalinstadt la « première ville socialiste allemande » s’officialisa. Il est intéressant de constater que la participation citoyenne à la planification urbaine s’institutionnalisa au fil du temps à Stalinstadt, créant un fort sentiment d’appartenance à la ville. Il fut décidé, en 1952, que « tous les plans seraient discutés en détail et publiquement avec les travailleurs de l’Eisenhüttenkombinat Ost. »15 16 À de nombreuses reprises, les habitants de la ville rencontrèrent des représentants du ministère de la Reconstruction pour faire part de leurs besoins et demandes. Lorsque d’importants retards sur la construction des logements et
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des services émergèrent, certains ouvriers participèrent même à l’achèvement de certains complexes résidentiels.17 Stalinstadt put, ainsi, éviter les sévères pénuries de logements qu’ont vécus d’autres villes socialistes comme Nowa Huta. Dans le document Habitat DDR publié par le ministère de la Reconstruction, le gouvernement est-allemand mentionnait, d’ailleurs, qu’il favorisait fièrement les débats sur les travaux publics ainsi que la participation et les initiatives citoyennes. Selon ce même ouvrage, cette coopération permettait une plus grande efficacité et une meilleure allocation des ressources.18 Cette conclusion n’est pas sans rappeler la thèse de la « coproduction » défendue par la politologue Elinor Ostrom. Cette dernière, qui fut la lauréate du prix Nobel d’économie de 2009 pour ses théories sur la gestion des biens communs, arguait que les ressources publiques sont distribuées plus efficacement lorsque les citoyens participent à leur production. Selon elle, la proximité entre les gouvernements et les besoins des citoyens permet de mieux évaluer la demande, évitant ainsi les surplus et les pénuries.19 Stalinstadt, avec ses pénuries moindres et réglées plus promptement que celles de Nowa Huta semble confirmer cette règle. Il faut, néanmoins, rester critique et objectif face aux affirmations des autorités est-allemandes à l’égard de la participation citoyenne. Bien que Stalinstadt ait su s’adapter aux demandes de ses citoyens en ayant recours à une planification urbaine moins centralisée et plus flexible que celle des autres villes « socialistes, » elle fut, tout de même, majoritairement réalisée selon le dessein du ministère de la Reconstruction, de Karl Walter Leucht et des seize principes de la construction urbaine. Il est, par ailleurs, impossible de négliger l’apport de Walter Ulbricht dans l’avancement des doléances des ouvriers. Est-ce que de tels changements drastiques auraient été apportés à la « première ville socialiste allemande » sans l’appui du secrétaire général du parti au pouvoir? La réponse à cette question, bien qu’elle soit hypothétique, semble claire : non.
NOWA HUTA LES ORIGINES DU PROJET Bien qu’elle ait partagé l’objectif de construire le socialisme à l’échelle urbaine avec Stalinstadt, la ville de Nowa Huta différa grandement – de par ses aspirations et son exécution – de cette dernière. Le projet polonais, incluant un ensemble sidérurgique et une ville modèle, était le reflet d’une volonté forte de démontrer la capacité industrielle d’une Pologne enfin libérée de ses oppresseurs et prétendait être un symbole de la renaissance nationale.20 Il est souvent présumé, à tords, que Nowa Huta fut imposée aux autorités polonaises par l’Union des républiques socialistes soviétiques. Cette croyance omet, toutefois, l’intention imprégnée de nationalisme d’avoir des infrastructures comparables aux autres pays européens et exprimée par le gouvernement entre les deux guerres.21 Nowa Huta, qui représentait le plus grand investissement du premier plan sexennal de l’après-guerre, était également la plus ambitieuse des cités « socialistes » planifiées dans tout le bloc de l’Est. Contrairement à Stalinstadt, elle fut immédiatement projetée dans son intégralité. Le gouvernement y prévoyait une production d’acier équivalente à celle de toute la Pologne de l’avant-guerre et une population de plus de 100 000 citoyens.22 Le projet devait, à la fois, servir à des fins de propagande politique et être une source d’inspiration pour les travailleurs ainsi que pour le milieu culturel. À cet égard, il fut, hâtivement, le sujet d’œuvres littéraires comme Pocza̧ tek opowieści de Marian Brandy, de chants, comme Pieśni o Nowej Hucie de Witold Lutosławski et de films comme Kierunek Nowa Huta d’Andrzej Munk.23 Toutefois, certaines productions artistiques n’encensèrent pas, tel que prévu, le succès de la cité nouvelle. C’est le cas, entre autres, du film Człowiek z marmuru d’Andrzej Wajda. Les rives de l’Oder où fut construite Stalinstadt n’étaient pas insufflées de symbolisme ou d’histoire ; les quelques communes aux alentours n’étaient que de moindre importance. Nowa Huta, pour sa
part, fut planifiée à quelques kilomètres seulement de Cracovie, ville historique et culturelle notoire qui, à l’époque, ne comptait que 300 000 habitants. Le gouvernement polonais, influencé par Joseph Staline, souhaitait, à l’aide de son nouveau projet destiné aux travailleurs et à l’idéal socialiste, créer l’antithèse de Cracovie et de son château – le Wawel – qu’il considérait comme conservateurs et bourgeois.24 Cet objectif, empreint d’audace, voire d’effronterie, laissa cependant Nowa Huta vulnérable face à de possibles comparaisons et critiques. LE PLAN MAÎTRE DE TADEUSZ PTASZYCKI Le choix de l’architecte de Nowa Huta ne fut pas le résultat d’une compétition entre deux ministères et deux visions opposées comme cela avait été le cas à Stalinstadt. Dès 1949, Tadeusz Ptaszycki et le groupe Miastoprojekt, qui avaient fait leurs preuves en s’occupant du réaménagement de Wrocław,25 furent choisis par le gouvernement. Ils ne reçurent que très peu de directives – hormis du fait qu’ils fussent contraints par les règles de la doctrine artistique soviétique du socialisme réaliste adoptée par les autorités polonaises – et ne rencontrèrent que tardivement Bolesław Bierut.26 Le plan maître final, de forme semioctogonale, fut complété en 1951 et confirmé en 1952. De manière semblable aux esquisses de Karl Walter Leucht, celui-ci comportait de larges avenues monumentales, des places publiques gigantesques, ainsi que de nombreux espaces verts voués à impressionner et à offrir le confort aux travailleurs. Les appartements prévus étaient vastes et confortables : leurs plafonds étaient hauts et ils devaient offrir beaucoup de luminosité. Optimiste, le plan envisageait plusieurs théâtres, des installations culturelles variées, ainsi qu’une tour massive.27 À l’image du projet imaginé par le gouvernement de la Pologne, le plan proposé par Ptaszycki était ambitieux; voué à la propagande, il établissait les standards de la ville « socialiste » modèle par excellence. Il semble, néanmoins, intéressant de noter que malgré l’objectif de faire de Nowa Huta l’antithèse de Cracovie, l’ébauche qui
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fut proposée, à l’instar de celle de Leucht, intégrait des éléments architecturaux propres à la région. Ainsi, l’esthétisme des ensembles résidentiels fut inspiré par le château du Wawel.28 LA CONSTRUCTION ET LES RELATIONS AVEC LES CITOYENS En réponse à l’intensité de la crise du logement, le gouvernement polonais ordonna, dès juin 1949, la construction des premiers ensembles résidentiels, et ce, malgré l’absence des plans maîtres finaux de Ptaszycki et du groupe Miastoprojekt. Rapidement, les équipes de construction firent face à de nombreux problèmes d’ordre majeur qui ralentirent les travaux, créant ainsi des délais de livraison démesurés; le projet ambitieux devint une entreprise chaotique. La Pologne, en manque criant de monnaie forte, ne pouvait pas se permettre d’importer la machinerie et les outils nécessaires aux ouvriers responsables d’édifier Nowa Huta. Souvent, ceux-ci étaient contraints de travailler à l’aide d’un matériel déficient, se limitant parfois aux pelles et aux brouettes.29 Les premiers aménagements qui furent complétés étaient souvent bâclés, résultants des sols boueux difficiles à maîtriser, d’une piètre planification et de matériaux inadéquats. Une lettre publique, rédigée par le directeur des Industries associées pour la construction de Nowa Huta (ZPBNH), Michał Rojowski, démontre l’étendue de ce problème : « plus d’une fois, il fut nécessaire que [les travailleurs] démolissent des murs complets, des cheminées, ou même complètent de la tuyauterie souterraine et pour [ensuite] devoir tout recommencer à zéro, doublant ainsi le travail et retardant l’achèvement du plan. »30 31 Celle-ci atteste également de la dissension qui était présente entre les objectifs initiaux, le plan maître et l’exécution réelle; la volonté de l’État, trop ambitieuse, ne correspondait pas à ses capacités et s’avérait, en pratique, irréalisable. La majorité des ouvriers responsables de la construction de Nowa Huta était constituée de jeunes hommes natifs des zones rurales qui avaient été attirés par la propagande étatique omniprésente et qui étaient en quête de liberté,
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d’émancipation. Profitant de cet engouement, les autorités polonaises créèrent des « brigades jeunesse » composées de volontaires désireux de participer à l’édification de la cité socialiste modèle et de la Pologne nouvelle, qui « renaissait de ses cendres. »32 Elles espéraient, ainsi, former de nouveaux prolétaires, qualifiés et loyaux au régime socialiste. Bien que plusieurs membres de ces brigades s’établirent définitivement à Nowa Huta, nombreux furent ceux qui désillusionnèrent dès leur arrivée. Comme l’écrivit Edmund Chmieliński dans ses mémoires, les jeunes qui espéraient fuir la persécution et la pauvreté des petites communes polonaises furent surpris de retrouver un environnement similaire à celui qu’il avait fui ; les champs boueux ainsi que les quelques ensembles résidentiels épars et insalubres étaient loin de la ville « socialiste » grandiose promise par le régime.33 Beaucoup entretinrent, d’ailleurs, une relation ambiguë avec l’idéal ouvrier qu’ils devaient représenter. Seuls et dans l’anonymat offert par Nowa Huta, plusieurs développèrent des mœurs contraires à celles promues par le gouvernement : appréciation de la musique jazz, consommation d’alcool excessive, violence, hooliganisme et criminalité. Ces pratiques nuisirent, ultimement, à la réputation de la ville et ternirent son image de modèle.34 L’échec de Nowa Huta à titre de ville « socialiste » modèle se solda toutefois de par son incapacité à répondre aux besoins les plus élémentaires de ses citoyens. Le régime tenta d’encourager l’efficacité des ouvriers et de promouvoir l’éthique prolétaire en organisant des compétitions de travail d’inspiration stalinienne, mais celles-ci créèrent plutôt du conflit entre les citoyens et ne permirent vraisemblablement pas de réduire les retards de construction.35 Alors que Stalinstadt, malgré quelques retards, fut capable de limiter la pénurie du logement qui l’affligeait à l’aide de la participation de ses citoyens, Nowa Huta, dirigée centralement, vit sa crise prendre des dimensions record : en 1953, 23 000 sur 37 000 habitants vivaient encore dans des habitations temporaires, insalubres et propices aux épidémies de typhus.36 On pouvait dénombrer jusqu’à six personnes par chambre et les
délais d’attente, souvent de plusieurs années, étaient insoutenables. Ce qui, à la base, devait être la cité de rêve du travailleur devint son cauchemar. Nowa Huta ne réussit pas à être à la hauteur de ses ambitions et le plan de Ptaszycki, utopique, ne fut jamais entièrement mis en œuvre, faute de moyens. CONCLUSION Quoique partagée par les gouvernements est-allemand et polonais, la volonté de créer le socialisme à l’échelle urbaine ne s’est pas concrétisée de la même façon dans les deux cas étudiés dans cette recherche. Malgré quelques problèmes de planification, de construction et de délais, la cité modèle de la République démocratique allemande – Stalinstadt – semble avoir mieux réussi à combler ses aspirations initiales que son homologue polonaise, Nowa Huta. Victime d’attentes trop élevées, d’un plan maître irréaliste et d’autorités gouvernementales déconnectées des besoins de ses citoyens, cette dernière ne put, dans les premières années de son existence, représenter l’idéal « socialiste. » Vestiges d’une époque révolue, ces deux villes sont, aujourd’hui, les quelques restes tangibles d’un rêve éphémère et unique à l’après-guerre : celui de construire la cité de demain, où, enfin, les travailleurs pourraient pleinement s’épanouir. Seulement, était-il possible de le réaliser, ce rêve?
Bibliographie Åman, Anders. Architecture and Ideology in Eastern Europe during the Stalin Era: An Aspect of the Cold War History. Cambridge : MIT Press, 1992. Bolz, Lothar. Von deutschem Bauen. Reden und Aufsätze. Berlin : Verlag der Nation, 1951. Chignier-Riboulon, Franck et Nora Semmoud. « Identités, développement local et territoires : Nowa Huta et Cracovie. » La Pologne dans l’Europe d’aujourd’hui, vol. 80, n°1 (2005) : 27-34. Consulté le 10 mars 2017. DOI : 10.4000/
geocarrefour.927 Kosel, Gerhard. Habitat GDR: Socio-Political and Economic Conditions, Housing Construction, and Town and Settlement Planning in the German Democratic Republic. Berlin : Ministry for Building Construction of the German Democratic Republic, 1976. Lebow, Katherine. « Public Works, Private Lives: Youth Brigades in Nowa Huta in the 1950s. » Contemporary European History, vol. 10, n°2 (2001) : 199-219. Consulté le 28 janvier 2017. DOI : 10.1017/ S0960777301002028 Lebow, Katherine. Unfinished Utopia: Nowa Huta, Stalinism, and Polish Society, 1949-1956. Ithaca : Cornell University Press, 2013. May, Ruth. « Planned City Stalinstadt: A Manifesto of the Early German Democratic Republic. » Planning Perspectives, vol. 18, n°1 (2003) : 47-78. Ostrom, Elinor. « Crossing the Great Divide: Coproduction, Synergy, and Development. » Dans Polycentric Governance and Development, édité par Michael D. McGinnis, 346-376. Ann Harbor : University of Michigan Press, 1999. Rowell, Jay. « La ville socialiste introuvable : une catégorie d’action et de signification en RDA. » L’Année sociologique, vol. 58, n°1 (2008) : 143-167. Consulté le 10 mars 2017. DOI : 10.3917/ anso.081.0143 Note : Puisqu’il n’existe aucune traduction française officielle du Chicago Manual of Style, les notes de bas de page ainsi que les références bibliographiques ont été réalisées en suivant le guide de l’Université de Montréal. Les règles d’emplois de la ponctuation et des majuscules allemandes et anglaises sont respectées pour les titres dans ces langues. 1.
Note : Depuis 1961, cette ville se nomme Eisenhüttenstadt. Afin de simplifier la lecture et la
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compréhension de cette recherche, l’auteur utilisera uniquement son nom d’origine, soit Stalinstadt. Note : Cette ville se nomme Dunaújváros depuis 1961. Anders Åman, Architecture and Ideology in Eastern Europe during the Stalin Era: An Aspect of the Cold War History (Cambridge : MIT Press, 1992), 148. Gerhard Kosel, Habitat GDR: Socio-Political and Economic Conditions, Housing Construction, and Town and Settlement Planning in the German Democratic Republic (Berlin : Ministry for Building Construction of the German Democratic Republic, 1976), 25. Ruth May, « Planned City Stalinstadt: A Manifesto of the Early German Democratic Republic. » Planning Perspectives, vol. 18, n°1 (2003) : 51. Ibid., 63. Ruth May, 58. Jay Rowell, « La ville socialiste introuvable : une catégorie d’action et de signification en RDA, » L’Année sociologique, vol. 58, n°1 (2008) : 157, consulté le 10 mars 2017, DOI : 10.3917/anso.081.0143 Ruth May, 63. Note : Karl W. Leucht était, d’ailleurs, l’un des architectes qui avait élaboré cette doctrine architecturale. Lothar Bolz, Von deutschem Bauen. Reden und Aufsätze (Berlin : Verlag der Nation, 1951), 32-52. Jay Rowell, 159. Ruth May, 65. Anders Åman, 148. Beschluß über die Verbesserung des Aufbaus der Wohnstadt beim Eisenhüttenkombinat Ost, (Berlin: Bundesarchiv, 1952) dans Ruth May, « Planned City Stalinstadt: A Manifesto of the Early German Democratic Republic, » 67. Note: Traduit en français de
l’anglais. 17. Ruth May, 68. 18. Gerhard Kosel, 74-75. 19. Elinor Ostrom, « Crossing the Great Divide: Coproduction, Synergy, and Development, » dans Polycentric Governance and Development, édité par Michael D. McGinnis (Ann Harbor : University of Michigan Press, 1999), 347-351. 20. Katherine Lebow, Unfinished Utopia: Nowa Huta, Stalinism, and Polish Society, 1949-1956 (Ithaca : Cornell University Press, 2013), 2. 21. Katherine Lebow, Unfinished Utopia: Nowa Huta, Stalinism, and Polish Society, 1949-1956, 19. 22. Anders Åman, 151. 23. Anders Åman, 151. 24. Franck Chignier-Riboulon et Nora Semmoud, « Identités, développement local et territoires : Nowa Huta et Cracovie, » La Pologne dans l’Europe d’aujourd’hui, vol. 80, n°1 (2005) : 28, Consulté le 10 mars 2017. DOI : 10.4000/geocarrefour.927 25. Note: Cette ville originellement allemande, autrefois connue sous le nom de Breslau, avait été annexée à la Pologne à la suite de la Seconde Guerre mondiale. 26. Katherine Lebow, Unfinished Utopia: Nowa Huta, Stalinism, and Polish Society, 1949-1956, 30. 27. Anders Åman, 152. 28. Ibid. 29. Katherine Lebow, Unfinished Utopia: Nowa Huta, Stalinism, and Polish Society, 1949-1956, 38. 30. Michał Rojowski, ORZZWK dans Katherine Lebow, Unfinished Utopia: Nowa Huta, Stalinism, and Polish Society, 1949-1956, 37. 31. Note: Traduit en français de l’anglais. 32. Katherine Lebow, « Public Works, Private Lives : Youth Brigades in Nowa Huta in the 1950s, » Contemporary European History, vol. 10, n°2 (2001) : 200, consulté
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le 28 janvier 2017, DOI : 10.1017/ S0960777301002028 Edmund Chmieliński, Tu chciałem zyć dans Katherine Lebow, « Public Works, Private Lives : Youth Brigades in Nowa Huta in the 1950s, » 207. Katherine Lebow, « Public Works, Private Lives : Youth Brigades in Nowa Huta in the 1950s, » 216. Katherine Lebow, Unfinished Utopia: Nowa Huta, Stalinism, and Polish Society, 1949-1956, 75. Katherine Lebow, Unfinished Utopia: Nowa Huta, Stalinism, and Polish Society, 1949-1956, 66.
Interpretationsbild von Anonym
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KEIN TITEL EIN GEDICHT
Martin Croquez
Note to the reader: This poem was written as a final project for a course, and so I feel like a little background could be useful. The main inspiration for this is Adalbert Stifter’s Die Nachkommenschaften who tells the story of a perfectionist painter who tries to create a painting that would be a perfect reproduction of reality in his eyes. After each of his failed attempts, he burns the unsatisfying painting. Towards the end of the story, he gets married and loses his passion for art, but also finds a certain serenity. I’ve also tried to elude to other texts studied during this course (GERM 379, German Visual Culture), so sorry if it comes off as pretentious at times, it’s part of the point. Nevertheless, I think it’s an enjoyable poem, and I hope you will too. Ich male g’rade die schönste aller Bilder Brauner Dorf grüner Wald und goldene Felder Dazu weiße Wolke in dem blauen Himmel Sie werden aber grau und die Welt wird dunkel Aus einem nahen Baum fällt ein roter Apfel Unter diesem Baum kommt bald ein kleiner Vogel Er hat recht: es fängt an, kurz danach, zu regnen Wie die kalten Tropfen den Feldern begegnen! Vorher stille Himmel wird zum zornigen Meer Ich muss es akzeptier’n: mein Bild past jetzt nicht mehr! Und so als die Erde vermischt sich mit Wasser Geht meine Kunst im Wind verschlungen vom Feuer. Neuer Tag neue Chance mit einer neuen Landschaft. Leute auf dem Marktplatz bewegen sich in Wellen. Viele haben versucht, keiner hat es geschafft Dieser menschliche Schwarm recht treu darzustellen. Ich fänge sofort an, keine Zeit zu verlier’n, Erst male ich die Stadt mit Haüsern groß und klein. Ich muss sie wiederbau’n, nicht einfach imitier’n: Da gibt es ein aus Holz, da ist ein Haus aus Stein. Jetzt werd’ ich diese Stadt, mit Menschen erfüllen Dafür soll ich alle und jeden verstehen Essenz des Wirkliches, ich werd’ dich enthüllen! Es wird aus Einzelnen ein Ganzes entstehen! Ich nehme ‘ne Pause, betrachte mein Projekt Nehm’ ein kleinen Apfel aus meiner Handtasche Und nehme erst dann wahr: es ist gar nicht perfekt! Nehm das Bild zum Feuer, und macht es zur Asche. Ich habe seit Tagen ‘ne neue Obsession: Wenn nicht die Wirklichtkeit, vielleicht die Illusion Schaffe ich und dafür male ich Dachsteine
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Vielleicht schaffe ich es! Vielleicht doch nur eine! Ein roter Vogel kommt und landet auf den Dach Den ich male und singt. Mein ist aber zu flach! Dafür hat er den Dach und nicht meine Kopie Gewählt. Er singt lauter und seine Melodie Ist wie ein Trauermarsch gesungen von Raben Mein Traum ist gestorben, ich muss es begraben. Die Formen die Farben, ich mal’ sie brav und klug Aber es ist eitel, es wird nie gut genug. Mein Freund du verschwendst ja jeden von den Tagen In dem du so versuchst die Natur nachzuahmen Und wenn du mir nicht glaubst, muss ich dich dann fragen : Wie beschränkt man die Welt zu ‘nem kleinen Rahmen ? Kannst du die ganze Welt schaffen auf deinem Bild Wie Hephaïstos damals hammerte auf den Schild ? Du warst niemals froh mit deiner harten Arbeit Verlässt die Kunst des Raums. Versuch die Kunst der Zeit! Da brauchst du nicht immer schaffen dann zerstören Eine Note ist zwar nur ganz kurz zu hören Gut oder schlecht egal! Sie ist schon verschwunden. Es ist aber zu spät : du hast ‘ne Frau gefunden Und jetzt hat er vor Gott, der große Verbinder Die Ehe geschlossen. Bald kommen die Kinder Das Leben geht weiter und so schließt er den Kreis Der Nachkommenschaften. Und es hat einen Preis Er ist jetzt der Vater kann doch nicht mehr malen Sein heiliger Geist muss für den Sohn bezahlen. Das Kind isst den Apfel und macht den Vogel weg Aber damit geht auch die Kunst und ihrer Zweck Jetzt hat er zu malen überhaupt keine Lust Ist es aber wirklich ein so großer Verlust? Sein Perfektionismus war sein größter Dämon Davon befreit ist er eine neue Person. Er leidet nicht mehr von diesem Ungeheuer Doch seine Kunst ist weg, verschlungen vom Feuer.
Triagles, taken by Daniel Galef in Cuxhaven, Deutschland
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BETWEEN AUTHORITY AND AFFECTION – MÄDCHEN IN UNIFORM AND CINEMATIC CONCEPTIONS OF LESBIANISM Erika Kindsfather Women became increasingly visible in the public spaces of fin-de-siècle Germany as cities grew and Frauenkultur emerged with a call for equal status of women in marriage, participation in the new technologies of consumerism, and working rights.1 As female bodies became visible in urban spaces, their identity in relation to men became confused, further complicated by consumer culture and the deconstruction of clothing as indicators of class. Women’s awareness of this shift in visibility and access to consumerism lead to a rise of self-stylization to associate oneself with new modern identities, specifically the modern lesbian. Yet in the film, Mädchen in Uniform (1931), the identical stylization of students denies them access to the surface “individualism” that consumer culture facilitates. In refusing the students a means to express some quality of their selfhood on their bodily surface, the authoritative principal and her colleagues sought to impose a fascistic, patriarchal order upon the students. Despite this, the students exhibit an insatiable desire to modify their uniforms, cling to forbidden media and images, and involve themselves in the consumption of mass culture. But the girls’ transgressions of the principal’s ordered ideal move beyond the uniform to their internal states, hinging often on lesbian desires projected onto the kind Fraulein von Bernburg. I ask, if there are no opportunities to self-stylize in association with modern visualizations of lesbianism, then how do character identifications with female homosexuality materialize in Mädchen in Uniform? In the chapter “Female Pleasures and Perversions in the Silent and Early Sound
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Cinema,” Andrea Weiss argues that, even with the magnitude of technological and social transformations of modern Germany, film, since its conception, facilitated and affirmed lesbian identity through its unique visual capacities and mass cultural reach. Weiss writes: “Lesbians and the cinema made their first appearance in the western world at the same historical moment…The twin birth of modern lesbian identity and the motion picture in this fin de siècle era has meant that their subsequent developments have been irrevocably linked.”2 In accord with this assertion, I argue that the formal properties of film, namely the manipulation of lighting, framing of characters and space, and editing techniques facilitate a conception of lesbianism that a mass viewership could not access through any other media. Film’s portrayal of lesbianism moves beyond aligning female characters with homosexuality through subversive stylization (for example, wearing masculine clothing or adopting the Bubi style3) to coding essential qualities of their personality and narrative development with lesbianism. Further, film allows for a nuancing of character identification with lesbianism where authority denies them access to consumerist self-stylization, relying rather on filmic manipulations of diegetic space to facilitate identities. Weiss continues to name the fact that lesbianism rarely appears explicitly in film of fin-de-siècle Germany.4 I argue that this results from the multitude of often
conflicting perspectives that build a film and a financial need to appeal to the masses. Siegfried Kracauer writes, “the films of a nation reflect its mentality in a more direct way than other artistic media for two reasons: First, films are never the product of an individual… Second, films address themselves, and appeal, to the anonymous multitude.”5 Indeed, Mädchen in Uniform took the form of a composite endeavor, materializing through lesbian Christa Winsloe’s source material, director Leontine Sagan’s subversive politics, and producer Carl Froelich’s desire to maximize the film’s marketability.6 The composite status of film constructs its potential to capture the nuance through which it portrays lesbianism. Further, its production presupposes a mass viewership and essential goal of market success. I will examine three scenes in the film as they construct and deconstruct the film’s portrayal of lesbianism; Manuela and Fraulein von Bernburg’s first encounter on the stairs, their kiss in the dormitory and the moments preceding, and Manuela’s attempted suicide on the staircase. In my analysis of these scenes, I will prove that the unique capacities of film facilitate the codification of Manuela and Fraulein von Bernburg with lesbianism, while rendering this identification ambiguous to appeal to a multitude. Manuela and Fraulein von Bernburg’s first encounter occurs on the main staircase as the Fraulein spots Manuela descending the staircase following her uniform fitting. Fraulein von Bernburg appears in the archway to the stairs in a long shot. The camera follows her movement partially up the stairs in a tracking shot, capturing the stairway bathed in sunlight that casts a shadow of the banister on the wall in stark contrast. Once the Fraulein steps into the unobstructed stairwell space, her head turns towards the opening, and the camera cuts to a close-up of her, revealing a soft expression and a softly-lit face with no harsh chiaroscuro effects (Fig. 1). The camera cuts again to a medium close-up of Manuela adjusting her sleeve cuff, distanced
Fig. 1. Close-up of Fraulein von Bernburg. Mädchen in Uniform. Directed by Leontine Sagan. 1931. Germany: Deutsche FilmGemeinschaft. Film.
Fig. 2. Staircase View of Fraulein von Bernburg. Mädchen in Uniform. Directed by Leontine Sagan. 1931. Germany: Deutsche Film-Gemeinschaft. Film.
Fig. 3. Two Girls at the Window. Mädchen in Uniform. Directed by Leontine Sagan. 1931. Germany: y Deutsche Film-Gemeinschaft. Film.
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from the viewer by the rod iron banister through which the camera captures her. This sequence initiates the relationship between Fraulein von Bernburg and Manuela as one of vision and desire, communicated through the romantic lighting that softens the Fraulein’s gaze and highlights Manuela’s beauty. The cut shot that leads to a frame of Manuela through Fraulein von Bernburg’s perspective positions the viewer as a voyeur, signifying the overarching presence of surveillance in the school that operates largely on hierarchical order and an omnipotent presence of authority. Yet Sagan positions the camera as an ultimate source of surveillance in the subsequent cut to a medium shot that locates the viewer behind Fraulein von Bernburg, viewing her back as she watches Manuela (Fig. 2). This voyeuristic potential of film gives the viewer a privileged position of witnessing intimate moments where a character’s interiority becomes apparent in their expression and motions, giving a sense of their authentic selves that appear when there is no identifiable source of surveillance. In this sequence, the viewer beholds both Manuela and the Fraulein from a distance and in close-up shots, demonstrating an intimacy in viewing the characters only made possible through the medium of film. Film indeed mediates the audience’s access to space and proximity to characters, and here the camera works to give the viewer a sense of unimpeded access to Manuela and Fraulein von Bernburg’s psyche through extremely intimate views punctuated by shots that re-orient the viewer in the diegetic space. This intimacy that the film affords its audience allows for a thorough development of Manuela and the Fraulein’s lesbianism, as the camera progresses their characteristics beyond surface qualities to account for interior states. As Manuela’s identification with lesbianism develops as the narrative unfolds, the Fraulein’s identity enters a state of ambiguity between an authority figure maintaining some sense of status quo and a lesbian object of desire for the students. These character progressions materialize most poignantly in the sequence leading up
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to the Fraulein and Manuela’s kiss. Two girls sit at the window of the dormitory, framed in a medium close-up shot. One girl places her arm around the other as they sit and listen to the trumpet call of the infantry (Fig. 3). This moment of contact between the girls ends abruptly as the once darkened scene becomes overexposed with light, cutting to a long shot of Fraulein von Bernburg at the dormitory entrance, turning on the light switch. She approaches the girls, who walk off, and closes the window, sealing the boundary between the school and the outside world. Here the Fraulein interrupts and diffuses an intimate encounter between two students and closes them off from the external world, placing her in a position of authority that aligns with the values of the fascistic principal. The following scene reaffirms Fraulein von Bernburg’s identification with order and authoritative surveillance. Through quickcut editing, the camera follows the two girls from the dormitory space to the changing room, where it repositions in an extremewide establishing shot from a high angle of framing. The viewer beholds interactions between the girls as the camera switches from a wide-view of the changing space to a montage of medium close-ups of the girls. The students gather at Ilse’s stall, captured in a medium close-up shot that closes the space and positions the viewer in the pointof-view of the crowd as they watch another student burst out of her worn uniform. This claustrophobic framing of the girls’ bodies together as they watch and cling to one another codes the moment with a tactile homoeroticism, heightened by the viewers’ position within the crowd. The off-screen sound of Fraulein von Bernburg’s voice prompts the girls to look up in surprise and hurry to their separate stalls. The camera zooms out into an extreme long shot of the changing room, capturing Fraulein von Bernburg move through the lines of stalls, drawing the curtains of each as she walks. Mimicking the act of drawing boundaries in the previous sequence, the Fraulein again re-orders the space and students’ bodies within to adhere to the strict regulations of the fascistic school. The viewer watches the
Fraulein impose order upon the students and impede affectionate or sexualized encounters among them, initially positioning her as an active agent in exterminating a potential for to their sexual development together. The camera’s intimate framing of the girls’ encounters codes the specific moments the Fraulein interrupts with homoeroticism, positioning her in opposition to sexuality that deviates from hetero-patriarchal order. On this sequence of scenes, B. Ruby Rich writes, “if the girls focus their sexual desires upon [Fraulein von Bernburg], where their desires can never be realized, then the danger of such desires being refocused on each other (where they could be realized), is averted.”7 Sagan indeed positions Fraulein von Bernburg as an enforcement of patriarchal order in spaces of homoerotic encounters among the girls, yet she immediately deconstructs this alignment with the kiss scene between Manuela and the Fraulein. Sagan initiates this scene with a long shot of the dormitory, revealing Fraulein von Bernburg at its entrance. The camera cuts to a close-up of the Fraulein as she turns off the light, creating a shadowing effect of her face that masculinizes her features (Fig. 4). Sagan plays with light in this frame to highlight the Fraulein’s covert lesbianism. The lighting renders the Fraulein’s features angular and masculine, a clear visual indicator of lesbianism in modern Germany.8 Froelich recast the role of the Fraulein from an actress with highly androgynous features to one with a more feminized face to avoid her explicit association with modern stylizations of lesbianism, yet Sagan manipulates light to
subtly highlight the androgynous qualities of Froelich’s “feminine” actress.9 Though the Fraulein interrupted a homoerotic encounter in the dormitory by turning on a light, the reversal of this action calls attention to the layers of surveillance that governs the spaces of the school. That is, Sagan poses the Fraulein’s opposition homoerotic encounters among the girls as an enforcement of the school’s patriarchal ordering only to reverse this position once the lights turn off and the omnipresence of authority destabilizes and she becomes explicitly aligned with lesbianism. The camera traces the movements of Fraulein von Bernburg as she kisses the head of each girl, who wait in anticipation at the foot of their bed. Sagan punctuates the Fraulein’s movements with extreme close-ups of two girls, who smile in anticipation. The camera’s exposure bathes their faces in light, highlighting their femininity and youthful excitement. This play of light contrasts with the darkening of Fraulein von Bernburg’s face, further affirming her identification beyond this feminine ideal. Once the Fraulein arrives at Manuela’s bed, lighting adjusts to a central spotlight on the two focused to blur the space surrounding them. This visual isolation of the characters heightens a sense of intimacy between them, as Manuela throws her arms around the Fraulein. The camera cuts to a close-up shot of the two gazing into each other’s eyes, with Manuela’s face bathed in light and the Fraulein’s darkened to a point of obscurity. The stark lighting contrast codes their intimate encounter in a masculine/feminine dichotomy, a
Fig. 4. Close-up of Fraulein von Bernburg. Mädchen in Uniform. Directed by Leontine Sagan. 1931. Germany: Deutsche FilmGemeinschaft. Film.
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typical signifier of lesbian relationships in modern visual culture.10 Sagan’s play with light renders the main characters’ lesbian identities explicit in aligning them with visual signifiers of female homosexuality. In contrast, the camera bathed them both in soft lighting in the scene where Manuela and the Fraulein first meet, associating them with femininity. The contrast between these scenes and their lighting accounts for the space of their encounter, the staircase being a highly public location in the school with a constant assumed presence of surveillance while the dormitory emphasizes a sense of privacy once the Fraulein closes the door and turns off the lights. Sagan’s contrasting lighting choices imply restriction of overtly lesbian character stylization in public space that appears explicitly once the threat of surveillance diffuses, creating an association of naturalism with lesbian identity and performativity with the school’s fascistic order. The complete destabilization of this fascistic order occurs immediately following Manuela’s suicide attempt on the staircase. The camera traces the principal’s movement down the staircase, capturing the masses of girls gathered there as she descends. Fraulein von Bernburg, having finally identified herself with the girls and a defense of lesbianism in saying, “What you call sin I call the great spirit of love which has a thousand forms,”11 appears in a medium-close shot as three girls approach her, solidifying her character position in opposition to authority. As the principal begins her descent, the symbols of her fascistic authority (namely her medallion that mimics the semiology of a Prussian dictatorship) appear in a shadow on the wall, making explicit her symbolic association with patriarchal power as it becomes dethroned. In the final medium shot of the principal descending the staircase, the lighting prevents a reflection of her shadow, confirming the overthrow of fascist order. This sequence, instigated by Manuela’s extreme insistence on lesbianism as essential to her selfhood, portrays female homosexuality as eternally present while fascistic order easily destabilizes. Though earlier sequences confuse the viewer in making the lesbianism
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of Manuela and Fraulein von Bernburg ambiguous and covert, this scene asserts female homosexuality as a key quality of their selfhood in implying the artificiality of patriarchal order through the principal’s defeat.
Bibliography Dyer, Richard. “Weimar: Less or More Like the Others.” In Now You See It: Studies on Lesbian and Gay Film. London: Routledge, 1990. 23-62. Kracauer, Siegfried. “Introduction.” In From Caligari to Hitler: A Psychological History of the German Film. Edited by Leonardo Quaresima. Princeton: Princeton University Press, 1947. 3-15. Meskimmon, Marsha. “The Modern, the Canon and Frauenkultur.” In We Weren’t Modern Enough: Women Artists and the Limits of German Modernism. Berkeley: University of California Press, 1999. 1-6 Rich, B. Ruby. “From Repressive Tolerance to Erotic Liberation.” Jump Cut 24, no. 25 (March 1981). Weiss, Andrea. “Female Pleasures and Perversions in the Silent and Early Sound Cinema.” In Vampires and Violets: Lesbians in the Cinema. London: Jonathan Cape, 1992. 7-30.
Notes 1.
2.
3.
4. 5.
Marsha Meskimmon, “The Modern, the Canon and Frauenkultur,” in We Weren’t Modern Enough: Women Artists and the Limits of German Modernism (Berkeley: University of California Press, 1999), 1-6. Andrea Weiss, “Female Pleasures and Perversions in the Silent and Early Sound Cinema,” in Vampires and Violets: Lesbians in the Cinema (London: Jonathan Cape, 1992) 7. Richard Dyer, “Weimar: Less or More Like the Others,” in Now You See It: Studies on Lesbian and Gay Film (London: Routledge, 1990) 53. Weiss, “Female Pleasures and Perversions,” 7. Siegfried Kracauer, “Introduction,”
in From Caligari to Hitler: A Psychological History of the German Film, ed. Leonardo Quaresima (Princeton: Princeton University Press, 1947), 5. 6. Dyer, “Weimar,” 44-45. 7. B. Ruby Rich, “From Repressive Tolerance to Erotic Liberation,” Jump Cut 24, no. 25 (March 1981), 44. 8. Dyer, “Weimar,” 46-49. 9. Dyer, “Weimar,” 45. 10. Dyer, “Weimar,” 47. 11. Dyer, “Weimar,” 44.
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CONTRIBUTORS (in order of appearance)
Graduating this semester, MARINA SAUNDERS is an Honours Classics student with a minor in German Language. She began studying German in high school since one of her best friends was from Vienna. During her studies at McGill she found a passion for German literature and in particular for Bertolt Brecht. NICOLAS DUBÉ-LE CORFF is a U2 Student in Physiology who will be starting Medicine (still at McGill) next year. He became interested in Germany and German because many of the musicians he listened to and many of the philosophers he studied were German. He also spent one year in exchange at Universität Heidelberg. DANIEL GALEF is a graduating student of philosophy and classical literature, and has been studying German since high school. The photographs featured in this year’s Vielfalt were taken on a language immersion exchange program in rural Landkreis Cuxhaven in Germany and on an ESL teaching program at the Technische Universität Graz in Austria. EMMA CLARK is a Linguistics and GSFS double major with a minor in German Language, entering her final year at McGill. She does not remember exactly why she chose Beginner’s German as a first year elective, but since then she has come to love the language and culture. She is very grateful to Vielfalt’s editors for all of their hard work in putting this journal together!
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PHILIPPE CHASSÉ is a graduating Honours Bachelor of Arts student majoring in Political Science and with a minor in German Language. He became interested in the history of East Germany during his first trip to Berlin in 2013, and it’s also the reason why he decided to learn German. Yours truly, MARTIN CROQUEZ is a graduating Management student with a minor in German Literature. He decided to learn German many years ago because this way he would be able to talk to his Austrian cousins. Little Martin did not realize that he could also do this by learning English, but does not regret his decision at all. He plans on studying in Psychology starting next year, either at McGill or in Germany. From Philadelphia, ERIKA KINDSFATHER recently graduated with First Class Honors in Art History and a minor in German Language. Her research interests include approaching the study of fibre arts from a queer feminist theoretical perspective, cyber- and post-cyber-feminist approaches to contemporary new media art, and the intersections of architectural spaces and structures of power. She was compelled to study German because of the language’s significance to the field of Art History and Germany’s contributions to art and its philosophy.