105-hanfjournal0609_web

Page 1

10nlo5s #ste ko

unabhängig, überparteilich, legal HanfJournal.de / Ausgabe 06.09 2

Wir eröffnen eine neue Rubrik für und von Cannabispatienten: Die kommenden Ausgaben wird Euch Lars Scheimann über sein Schicksal und seine Erlebnisse als Hanf-Patient berichten. „Cannabis als Medizin“ ist auch gleichzeitig Schwerpunkthema dieser Ausgabe, denn trotz des von vielen Medizinern angemahnten Handlungsbedarfs wird sich in dieser Legislaturperiode nichts mehr ändern. Unser Hauptthema „Cannabis und Medizin“ auf den Seiten zwei bis vier.

2 news 5 guerilla growing 8 wirtschaft 9 polytricks 10 cooltour 12 fun&action

Kein

New Green Deal ohne Hanf Text: Michael Knodt

Nach dem Scheitern des 10-Jahres Plans der UNO: Weltweite Proteste für einen Politikwechsel

I

GMM in Prag

n Deutschland gab es im Rahmen weltweit stattfindenden „Global Marihuana March“ , kurz GMM, am 9. und 10. Mai Proteste in Frankfurt/Main, Potsdam und Berlin. In Frankfurt beteiligten sich am 9.Mai rund 100 HanffreundInnen an der Hanf-Kundgebung „GIVE FIVE“ zur Re-Legalisierung des Hanfanbaus zum Eigenbedarf auf dem Opernplatz. Die Grüne Hilfe und „Die Linke“- LAG Drogenpolitik Hessen waren mit Infoständen vor Ort, Ingrid Wunn von der Hanfinitiative Frankfurt zeigte sich in ihrer Rede dann auch erfreut ob der in Frankfurt wieder wachsende Gemeinde der Protestierenden. In Potsdam arrangierte der Chill Out e.V. eine Protestaktion, in deren Verlauf sich einige Aktivisten per Boot den auf den Plan gerufenen Ordnungshütern entzogen. Und last but not least kamen zum Hanftag in Berlin 300 Menschen und zur offiziellen Afterparty am Abend waren es sogar über 1000 Gäste, um zusammen mit den Demonstrierenden bis in die frühen Morgenstunden für eine Legalisierung unter strengsten Jugendschutzauflagen zu feiern. In Wien fanden sich über 2000 Menschen zum Hanfwandertag ein, weltweit waren es auch dieses Jahr weit über eine Million Menschen. Die Nummer eins in Europa war auch 2009 wieder Prag, wo sich über 10.000 Menschen trafen, um eine große Hanf-Party zu feiern. Die Tschechinnen und Tschechen haben wenigstens was zu feiern, denn ab 2010 darf jede/r erwachsene Bürger drei Hanfpflanzen anbauen. Ganz legal, ganz egal wie groß. Auch Nutzhanf ist in der tschechischen Republik auf dem Vormarsch, nicht nur auf diesem Gebiet könnte man die Pol-

tik unseres kleinen, südöstlichen Nachbarlandes als wegweisend betrachten: Die Verantwortlichen dort wollen gar nicht erst anfangen, KonsumentInnen zu kriminalisieren und haben erkannt, dass ein Krieg, besonders gegen einen guten Teil der jungen Bevölkerung, niemandem etwas bringt. Auch aus dem niederländischen Modell scheint die tschechische Politik gelernt zu haben: Keine Coffeeshops, keine Samenläden oder gar Kiffertourismus. Zwar ist der Konsum in Prag faktisch entkriminalisiert, trotzdem findet man als Tourist auch nicht leichter etwas zu rauchen als in Wien oder Rom. Es geht in der Tschechischen Republik einfach darum, das eigene Volk in Ruhe zu lassen und sich gleichzeitig nicht mit der EU oder dem konservativen Lager anzulegen. Beides ist in den Niederlanden geschehen. Da der Cannabishandel zum volkswirtschaftlich relevanten Faktor wurde, ist es mittlerweile vorbei mit der Freizügigkeit: Die EU macht Druck, Coffeeshops werden geschlossen, einige Läden nahe der Grenze zu Belgien wollen zukünftig nur noch an NiederläderInnen abgeben und die Regierung plant ein landesweites Growshopverbot. Wir sollten verstehen, dass das niederländische, auch wenn es noch so schön ist (war?), nicht als Modell oder wie bisher, als Ventil für Europas HanfkonsumentInnen, dienen kann, weil das immer wieder zu Spannungen mit den repressiveren Nachbarländern geführt hat. Vielmehr ist es an der Zeit, dass jedes Land ein eigenes, vor allen Dingen umsetzbares Konzept in die Wege leitet. So wie unsere süd-östlichen Nachbarn. Das würde zuerst einmal Millionen von Patienten sowie mündigen Bürgern ohne problematische Konsummuster den Verfolgungsdruck bei Straf- und Verkehrsrecht nehmen, ohne dabei weiter zu gehen, als einige EU-Länder es jetzt schon tun. Die verantwortlichen Politiker in der SPD und der FDP, allen voran Frau Bätzing, müssen endlich aufhören, Hanfkonsum und Drogensucht wieder und wieder in einem Atemzug zu nennen, um sich dem Hanf-politischen Dialog mit der Zivilgesellschaft zu entziehen. Erst das längst überfällige Ende der Stigmatisierung ganz normaler Bürger und Steuerzahler kann eine Debatte über Sinn und Unsinn einer Legalsierung unter strengsten Jugendschutzauflagen, ähnlich wie Kalifornien, auslösen. Die geschätzte Zahl der KonsumentInnen beträgt vier bis sechs Millionen, leider müssen wir hierzu alte EU-Statistiken (REITOX 2004) „umrechnen“, da die Bundesdrogenbeauftragte diese eigentlich grundlegend wichtige Zahl auch auf Anfrage nie veröffentlicht. Deshalb die Unschärfe unserer Schätzung. Denn das würde den vielen Namen-und Gesichtslosen schon aufgrund ihrer Masse eine Stimme verleihen, bei der auch die großen Parteien nicht mehr weg hören könnten. Deshalb wird es strikt vermieden.

Kein Problem mit

D

Cannabis

er Drogen- und Suchtbericht 2009 ist wieder da und erzählt uns ein weiteres Mal viel ohne wirklich etwas auszusagen. Während sich die Jugend regelmässig in die Bewusstlosigkeit trinkt, war in der Presseerklärung wieder mal kein Platz für die mit vier bis sechs Millionen Konsumenten verbreitetste illegalisierte Droge - im Bericht selbst wird kurz darauf eingegangen: Wie schon im letzten Jahr beruft sich dieser auf die Zahlen des Epidemiologischen Suchtsurveys von 2006, der davon ausgeht, „dass in Deutschland insgesamt etwa 600.000 Personen zwischen 18 und 64 Jahren Cannabis entweder missbrauchen (380.000) oder von Cannabis abhängig sind (220.000)“. Interessant wäre zu wissen, wie Missbrauch und Abhängigkeit definiert werden, da ja demnach 3,4 - 5,4 Millionen nicht von Abhängigkeit oder Missbrauch betroffen sind. Solange keine Gesamtkonsumentenzahl angegeben wird, ist eine Einschätzung der Statistik unmöglich. Im Vergleich zu den Zahlen von 2003 sind die Lebenszeitprävalenz und die 12-Monatsprävalenzraten in allen Altersgruppen (zum Teil stark) rückläufig. Während es 2004 noch 31,1 % der Jugendlichen und jungen Erwachsenen waren, ist nun die Quote auf 28,3 % gefallen. Von den 12bis 17-Jährigen griffen noch 2,3 Prozent (2001: 3 Prozent) zu Cannabis. Während auf die gesundheitliche Gefährdung durch Streckmittel erneut nicht eingegangen wurde, wird der „Modedroge Spice“ ein Extra-Kapitel gewidmet. Nachdem im Dezember 2008 die zwei synthetischen Cannabinoide „JWH-018“ und „CP-47,497“ entdeckt worden waren, leitete das Bundesgesundheitsministerium noch vor Weihnachten ein Eilverfahren für eine Unterstellung dieser Substanzen unter das Betäubungsmittelgesetz ein, was am 22.Januar 2009 in Kraft trat. Ähnliche, noch nicht verbotene, Substanzen sollen im Auge behalten und gegebenenfalls verboten werden. Somit wird auch weiterhin auf abstinenzorientierte und repressive Politik gesetzt, während die präventiven Maßnahmen über den grünen Klee gelobt werden. Projekte mit dem Ansatz zum kontrollierten Konsum oder einer Konsumentensicherheit werden leider nicht gefördert, denn mündige Bürger gibt es scheinbar nicht. So ist die deutsche Drogenpolitik gekennzeichnet durch die Kapitulation vor der Macht der Wähler und dem frommen Wunsch nach weniger Drogenkonsum, inkonsequente und mit Lücken versehene Gesetze (Werbeverbot, Rauchverbot in Gaststätten). Bezifferbare Erfolgsmeldungen werden im Wahlkampf dringend benötigt - das wurde auch bei der Vorstellung des Drogen- und Suchtberichts 2009 überaus deutlich.

Mehr Gequatsche unter www.drogenbeauftragte.de


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.