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unabhängig, überparteilich, legal HanfJournal.de / Ausgabe 07.09 

Nach der Party ist immer vor der Party. Kaum liegt der Hanftag hinter uns, wird mit Hochdruck an der diesjährigen Hanfparade gearbeitet. Warum wir am 1.August fest mit euch rechnen, erfahrt ihr auf den Seiten 3 (Hanfparade) und 16 (Vibes To Legalize @ Yaam) ...

DHS fordert:

... Und diesen Monat müsst ihr erraten, wer von unseren Freelancern Sommerpause aka Uni-Prüfungsstress macht/hat und daher erst im August wieder an den Start geht ...

THC-Grenzwerte am Steuer

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Grüne Landschaften

Foto: Konoptikum.cz

oder nur noch Luftschlösser?

Text: Michael Knodt

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eutschland schreibt das Jahr 1998. Die rot/grüne Regierung ist gerade an die Macht gekommen und alle gehen fest davon aus, dass Cannabis innerhalb der ersten vier Jahre rot/grün wenigstens entkriminalisiert wird. Dann der erste Schock: Das im Parteiprogramm festgeschriebene Ziel der Legalisierung wird im Koalitionsvertrag mit keinem Wort erwähnt, trotz der BündnisGrünen-Drogenbeauftragten Christa Nickels ändert sich nichts am rechtlichen Status von HanfpatientInnen-und KonsumentInnen. Die Grünen schafften es noch nicht einmal, das im gleichen Jahr von CDU/CSU/FDP verhängte Hanfsamenverbot wieder rückgängig zu machen. In der zweiten Amtsperiode kommt es noch schlimmer: anstatt sich der Herausforderung zu stellen und zumindest eine Entkriminalisierung auf die Tagesordnung zu setzen, überlässt die Partei das Gesundheitsministerium und somit das Amt der Drogenbeauftragten in die Hände der sozial-demokratischen Gesundheitspolitikerin Marion Caspers-Merk. Frau CaspersMerk macht schon bald als „Hardlinerin“ von sich reden, eine billige Fotomontage vom „Spiegel“ erledigt den Rest und noch im Jahr 2004 kippt die mediale Stimmung. Seitdem wird dieses Thema von den BündnisGrünen gemieden oder es wird abgewiegelt: Jüngstes Beispiel ist Cem Özdemir, der bei Beckmann öffentlich das Parteiziel der Legalisierung verleugnete. Später versuchte er gegenüber dem DHV die Wellen ein wenig zu glätten, in dem er äußerte, Legalisierung und Entkriminalsierung seien „ein Streit um Kaisers Bart“. Eine eindeutige Positionierung zum Thema „Nur Legalisierung unter strengsten Jugendschutzauflagen verhindert problematische Konsummuster“ fehlt bis heute. Claudia Roth, einst Ton-Steine-Scher-

ben Managerin und bekennende Kifferin, äußert sich zwar auf Anfrage immer wieder positiv, konzentriert sich aber, anders als früher, lieber auf andere Inhalte. Der Ex-Sponti und Grünen-Ikone Joschka Fischer hält es ähnlich. Einige sähen es sogar lieber, wenn der Status Quo gewahrt bliebe, allen voran die parteinahe Heinrich-Böll-Stiftung. Die Vertreterin der Stiftung stufte auf dem Bundesparteitag von Bündnis 90/Die Grünen in Berlin Hanf-politische Bemühungen gegenüber einem E.L.F.Aktivisten als „sozial-politisch nicht relevant“ein, weshalb sich ihre Stiftung nicht mit dem Thema „Legalisierung“ beschäftige. Das sah zumindest in der Landesvertretung Thüringen der Heinrich-Böll-Stiftung mal anders aus, 2003 wurde dort eine Ausstellung zum Thema initiiert. Das Parteiorgan „Schrägstrich“ kommentierte die Anwesenheit der Aktivisten auf dem Bundesparteitag in Berlin ob des Slogans „Yes we Cannabis“ folgendermaßen: „Ui, ui ui, der letzte Joint muss aber schlecht gewesen sein“. Das zeugt schlicht und einfach von Ignoranz gegenüber Menschen, die ihre Freizeit und manchmal auch Freiheit opfern, indem sie eine Aufgabe erledigen, für die sich Bündnis 90/ Die Grünen momentan zu schade ist. Die Mutterpartei erweckt, im Gegensatz zur „Grünen Jugend“ den Anschein, sie versuche das Thema pro forma abzudecken, um das Wählerpotenzial von geschätzten sechs Millionen KonsumentInnen nicht zu verschrecken. „Ui ui ui, der letzte Joint muss wohl schlecht gewesen sein“ ist in Zeiten wachsender Repression gegen Führerscheininhaber, Patienten und Konsumenten ein Schlag ins Gesicht Ur-Grüner Überzeugungen. In einer Stellungnahme erklärte ein Mitarbeiter von Wahlkampfleiterin Steffi Lembke,

>>> Fortsetzung auf Seite 3

eit dem 1. Januar 1998 wird die Teilnahme am Straßenverkehr unter dem Einfluss von Betäubungsmittel (BtM) als Ordnungswidrigkeit verfolgt und mit Bußgeld bis zu 1500 Euro, vier Punkten in Flensburg und bis zu drei Monaten Fahrverbot bestraft. Vor zwei Jahren beschlossen die Verkehrsminister der Länder und der Bundesverkehrsminister Tiefensee eine weitere Verschärfung dieser Strafen (bis zu 3000 Euro Bußgeld). Anders als bei Alkohol galt für Cannabis und andere illegale Drogen im Straßenverkehr eine „0,0 Promille“-Grenze. Diese wurde vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) 2004 als verfassungswidrig aufgehoben, da nicht jeder THC-Nachweis auch eine Wirkung im Sinne des § 24a Straßenverkehrsgesetz (StVG) darstellt. Die Grenzwertkommission der Bundesregierung hat daraufhin einen Grenzwert von 1 ng/ml empfohlen. Dies ist jedoch ein rein analytischer Grenzwert, der nicht mit einer Wirkschwelle gleichzusetzen ist. Schon 2002 stellte Prof. Dr. Krüger nach Sichtung der vorhandenen Studien zum Einfluss von Cannabis auf die Verkehrssicherheit in seinem Gutachten vor dem BVerfG fest: „Lege man einen normalen Cannabiskonsum zu Grunde (ein bis zwei Joints, Wartezeit von etwa zwei Stunden bis zum Fahrtantritt), liege das drogenkonsumbedingte Unfallrisiko höchstens im Bereich des Risikos von Alkoholisierungen zwischen 0,5 und 0,8 Promille Blutalkoholkonzentration.“ Bereits im Oktober 2007 forderte der Deutsche Hanf Verband von Bundesverkehrsminister Tiefensee die Einführung eines Cannabis-Grenzwertes im Straßenverkehr. Die Grenze, bis zu der das Führen eines Fahrzeuges sanktionsfrei bleiben soll, muss sich laut DHV an aktuellen Forschungsergebnissen orientieren und zwischen sieben und zehn Nanogramm THC pro Milliliter Blutplasma (7-10 ng/ml) liegen. Die Leistungsbeeinträchtigung sei bei dieser THC-Menge mit der einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,5 Promille vergleichbar. Auch die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) fordert nun für illegale Suchtmittel belastbare Grenzwerte wie es sie auch beim legalen Suchtmittel Alkohol gibt. Bis jetzt galt: Wenn bei jemandem Cannabis-Konsum nachgewiesen worden ist, gilt er als fahruntüchtig aus „charakterlichen Gründen, das geht aber an unserer Lebenswirklichkeit vorbei.“ Weiter sagte DHS-Geschäftsführer Gaßmann auf dem jährlichen Symposium, dass nicht jeder, der einmal auf einer Party kiffe, charakterlich ungeeignet sei, ein Fahrzeug zu führen. Auch wir fordern eine Gleichbehandlung von Alkohol- und Cannabiskonsumenten bei MPU und Entzug der Fahrerlaubnis.


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