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unabhängig, überparteilich, legal hanfjournal.de / Ausgabe 12.09 Nachdem der gute Hans Cousto in den vergangenen Jahren bereits Frau Caspers-Merk und Frau Bätzing in seinen Dossiers erläuterte, was er von ihnen hält, könnt ihr nun alle zwei Monate auf Seite 2 lesen, wie Frau Dyckmans die Drogenpolitik „voranbringt“ - Feuer frei!

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Wien ist immer eine Reise wert, und so haben wir für euch auf der diesjährigen Cultiva ein paar schöne Eindrücke „eingeatmet“ und teilen diese mit euch auf Seite 7.

Rausch als Teil des Lebens

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Warten, hoffen....

Dr. med. Franjo Grotenhermen auf dem 18. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin vom 06. bis 08. November 2009 in Berlin

...und weiter bangen?

Foto: Peter Marks

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ine Liberalisierung der Cannabisprohibition befürwortet die neue Drogenbeauftragte Mechthild Dyckmans zwar nicht, Cannabis als Medizin hingegen schon. In einem Interview mit der Kölnischen Rundschau sagte die FDP- Bundestagsabgeordnete:“....Nur in einem Punkt muss man genauer hinsehen: Bei der Verwendung von Cannabis zu medizinischen Zwecken sollten wir weiter voran kommen. Das nehmen wir in Angriff.“ Klingt sehr vielversprechend, bleibt zu hoffen, dass eine schnelle Umsetzung, eventuell ähnlich wie in einigen Staaten der USA, folgt. Denn dort hat die Ärzteschaft mittlerweile begriffen, dass natürliches, pflanzliches Cannabis einen sehr hohen medizinischen Nutzen hat.Vor wenigen Tagen erst hat die Ärztevereinigung der USA, AMA (American Medical Association) ihre 72 Jahre alte Position zu Cannabis offiziell korrigiert, der zur Folge Cannabis keinerlei medizinischen Nutzen habe. Stattdessen wurde der therapeutische Nutzen bei einigen Indikationen betont und gefordert, die Cannabinoidforschung zu intensivieren. Die US-Ärzteschaft empfiehlt der Regierung nun den Betäubungsmittelstatus zu überprüfen und Cannabis aus der ‘Schedule I’-Klasse herauszunehmen, in dem alle Substanzen per Definition ohne jeglichen medizinischen Nutzen und sehr gefährlich sind. Auch die zweitgrößte Ärztevereinigung der USA, das American College of Physicians (ACP), hat eine Überprüfung des Betäubungsmittelstatus gefordert. Bereits im Juni 2008 hat die Medical Student Section (MSS) als großer Teilbereich der AMA dieses Vorhaben ebenfalls unterstützt. Maine ist seit November der fünfte US-Bundesstaat, in dem es zugelassene „Dispensaries“, also Cannabis-Abgabestellen für Patienten gibt. Auch in Deutschland wäre eine solche Regelung durchaus möglich, es bedürfe lediglich einer Änderung des Arzneimittelgesetzes, das der Regierungskoalition heilige Betäubungsmittelgesetz bliebe unangetastet. Doch zuerst einmal müsste die Bundesopiumstelle das immer noch sehr langwierige Zulassungsverfahren erleichtern und die Richtlinien für eine Selbstmedikation einfach lockern. Zur Erinnerung: Eine Selbstmedikation durch Eigenanbau ist theoretisch möglich, man muss nach derzeitiger Gesetzeslage jedoch zigtausende Euro in die Umbaumaßnahmen der Wohnung und einen Pharmazeuten, der das Gras verwaltet und immer wieder wegschließt, in eine solche Genehmigung investieren. Der einzige Inhaber einer solchen Genehmigung hat sich dann auch dazu entschieden, die skurril anmutenden Auflagen nicht zu erfüllen.Lars Scheimann war dann der erste, der seine Hanfblüten aus Holland importieren lassen konnte, nicht ohne hierfür wiederum eine Sondergenehmigung erstreiten zu müssen. Wie unsere Leser wissen, hat Lars Scheimann diese Genehmigung seit knapp einem Jahr, kann sich die 2100 Euro pro Monat jedoch kaum leisten.

Der teuerste Weg ist der legale. Vernünftig sieht anders aus. In München wird seit Jahren medizinisches Cannabis höchster Qualität legal von der Firma Suedhanf angebaut, das jedoch nicht an deutsche Patienten abgegeben werden darf. Durch den Import aus den Niederlanden des legalen medizinischen Cannabis für deutsche Patienten wiederum steigt der Preis um 100 Prozent, was in Holland acht Euro kostet, lässt sich der deutsche Apotheker mit schlappen 16 Euro pro Gramm entlohnen. Ein Gramm selbst gezüchtetes Cannabis kostet den Patienten 1,50 Euro und kann heutzutage leicht auf Reinheit, Wirkstoffgehalt und andere relevante medizinische Parameter untersucht werden, der Anbau wäre aber in Deutschland momentan nur durch Einhaltung unerfüllbarer Auflagen (Komplettumbau der Wohnung, Beschäftigung eines ausgebildeten Pharmazeuten und mehr) möglich. Ein Gramm in Deutschland legal und unter staatlicher Kontrolle produziertes Cannabis würde, zieht man die Niederlande zum Vergleich heran, in der Apotheke lediglich zwischen sechs und neun Euro kosten. Zur Zeit gibt es in Deutschland zwei Varianten, die in der alltäglichen Praxis bei Cannabispatienten angewendet werden: Ein Gramm Import Hanfblüten kosten 16 Euro in der Apotheke. Eine vergleichbare Menge Dronabinol (synthetisches THC) kostet 80-100 Euro, je nach Wirkstoffgehalt des zum Vergleich herangezogenen Cannabis. Hinzu kommen die durch das komplizierte Genehmigungsverfahren ungleich höheren Verwaltungskosten. Eigentlich sollte diese Verschwendung von Mitteln eine wirtschaftsliberale Politikerin hellhörig werden lassen, denn auch das ökonomische Potential natürlicher Cannabismedizin wird durch die Weigerung ihrer Zulassung ins Gegenteil verkehrt und kostet täglich Menschen ihre Gesundheit.

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om 06. bis zum 08. November fand im Ludwig Erhard Haus in Berlin der 18. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin in Berlin statt. Da auch unser Hausarzt Dr. med. Franjo Grotenhermen einen Vortrag über die medizinische Anwendung von Cannbis hielt, waren wir vor Ort, um uns ein Bild des derzeitigen Wissensstands machen zu können. Dr. med. Grotenhermen ist Mitarbeiter des Nova Institutes in Hürth und Vorsitzender der Internationalen Arbeitsgemeinschaft für Cannabinoidmedikamente (IACM). Dank seiner vieljährigen Beschäftigung mit dem Thema Cannabis als Medizin war es ihm möglich, während seines Vortrags einen Umriss des geschichtlichen Hintergrundes von Cannabis in der Medizin zu den derzeitigen Anwendungsgebieten und Forschungsergebnissen aufzuzeigen. Dabei bezog er sich auf Untersuchungen an Patienten, die an MS, Tourette, Epilepsie, Alzheimer oder einem postdramatischen Trauma leiden und deren Symptome durch die Verabreichung von Cannabinoiden verbessert werden könne. Das Endocannabinoidsystem des Körpers, das sich aus Cannabinoidrezeptoren und Endocannabinoide zusammensetzt, biete hierfür das Spektrum der medizinischen Forschung. Von dort würde der Abbau von Enzymen gesteuert und eine homöostatische Funktion die Wiederregulierung eine Zelle vor eine Störung - könne ermöglicht werden. Ebenso würden Neurotransmitter im Gehrin durch das Cannabinoidsystem kontrolliert, was man als retrograde Signalgebung bezeichne. Um die biologischen Prozesse der Behandlung auf die jeweiligen Leiden zu verdeutlichen, gaben grafische Darstellungen Auskunft über Inhaltsstoffe und Wirkungsweisen der Cannabinoidmedikamente während ihrer unterschiedlichen Anwendungen. Dem Vortrag folgte eine Diskussionsrunde, in der Dr. med. Franjo Grotenhermen allen Anwesenden Frage und Antwort stand und die mögliche Herangehensweise der problematischen Verordnungsmöglichkeiten verdeutlichte. Dazu wagte er einen Blick in die Zukunft, in dem er die Genehmigung zweier neuer Medikamente in Europa voraussagte, von dem eines wohl als Spray für den Mund veröffentlicht werde.


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