unabhängig, überparteilich, legal HANFJOURNAL.DE | AUSGABE #147 | JULI 2012
Wo Hanf den Tod bringt
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ALTERNATIVE LEITKULTUR
ROHAN MARLEY
Hanfiges aus Bayern
Ein Erbe, das verpflichtet
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Malaysia und Iran als Todesengel
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enn wieder einmal ein Europäer in einem Schurken-Staat wegen ein paar Gramm Cannabis zum Tode verurteilt wird, ist der Aufschrei im Westen groß, meist schaffen es diplomatische Kreise, ihre Bürger fünf vor zwölf vorm Galgen zu retten. Ob das auch bei dem 21jährigen Briten, der jüngst in den Vereinigten Arabischen Emiraten beim Verkauf von 20 Gramm Weed erwischt und zusammen mit einem 19jährigem Syrer zum Tode verurteilt wurde, so sein wird, bleibt abzuwarten. Viel schlimmer ist, dass immer mehr Staaten immer mehr Menschen aufgrund von Gras oder anderen, illegalisierten Drogen töten. Dabei handelt es sich um Afghanistan, Borneo, Brunai, China, Indien, den Iran, den Irak, Laos, Malaysia, Nigeria, Pakistan, Singapur, Somalia, Sudan, Vietnam und den Yemen, wobei Malaysia und der Iran mit Abstand am häufigsten töten. Ende Juni erst ergingen wieder vier Todesurteile gegen Hanf-Fachhändler. Encod hat allein für Malaysia in zwei Jahren 55 Vorfälle dokumentiert, bei denen ein oder mehrere Todesurteil/e aufgrund von Hanfhandel oder -besitz ausgesprochen und bereits vollstreckt wurden. Da das Thema in der Öffentlichkeit bislang wenig Beachtung findet, hat Encod eine Petition an die UNO gegen die Todesstrafe für Cannabis ins Netz gestellt und hoff t auf zahlreiche Unterzeichner. Unsere Politiker stören sich bislang wenig daran, dass insbesondere fundamentalistisch regierte Staaten mit Cannabis Konsumierenden noch brutaler umgehen als mit politisch Andersdenkenden, Frauenrechtlerinnen oder unbequemen Künstlern. Kein Wort dazu, dass China und der Iran den UNO-Weltdrogentag regelmäßig dazu nutzen, Drogenhändler öffentlich und massenweise hinzurichten. Keine Depesche verließ das Auswärtige Amt, als im Februar der Haschschmuggler Wahid Atawi in Saudi-Arabien seinen Kopf verlor. Erwischt es mal einen Deutschen, ANZEIGEN
so wie vor gut 25 Jahren den Rucksacktouristen Frank Förster, werden natürlich alle Hebel in Bewegung gesetzt, damit der eigene Staatsbürger eine Sonderbehandlung erfährt und alsbald nach Hause darf, wo er sich als Dank von seiner im Drogenwahn begangenen, bösen Tat distanziert. Internationale Kritik an der menschenunwürdigen Behandlung sowie den damit verbundenen Verletzungen elementarer Rechte von Drogenkonsumenten von offizieller Seite bleiben jedoch aus. Uns sollte eigentlich klar sein, dass in Staaten, in denen die Todesstrafe für „Delikte“ wie absichtliches Verbreiten von Krankheiten, Zuhälterei, Bestechung, Ehebruch, Majestätsbeleidigung, Hexerei oder Gotteslästerung schnell ausgesprochen ist, auch beim Thema Cannabis oder Opium nicht lange gefackelt wird. Dieser fundamentalistische Haltung wurde aber erst durch den vom Westen entfachten, seit 40 Jahre andauernden „War On Drugs“ vor allem dort ein fruchtbarer Boden bereitet, wo Fundamentalisten (Somalia, Saudi-Arabien, Iran) herrschen oder westliche Drogengesetze einfach in verschärfter Form übernommen wurden (Philippinen, Singnapur, Malaysia, Thailand), ohne auf die Konsumgewohnheiten der eigenen Bevölkerung zu achten (Thailand, Pakistan, Vietnam). All das wird so widerpruchslos hingenommen, dass man sich fragen mag, ob es sich dabei nicht um eine stille Duldung von Menschenrechtsverletzungen im großen Stil handelt, weil der Zweck ja die Mittel heiligt, wenn es um „das Böse“ geht. KIMO
Bloß keine Angst Weshalb wir uns vor der Legalisierung fürchten von Michael Knodt
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as würde eigentlich passieren, wenn das Cannabisverbot fiele? Der Blick in die Niederlande beweist seit nunmehr 40 Jahren, dass eine westliche Gesellschaft ohne Strafen für den Konsum oder den Verkauf leben kann, ohne zu Grunde zu gehen. Was also hindert uns daran, es den Niederländern gleich zu tun? Denn Deutschland verfolgt zumindest auf internationaler Ebene offiziell eine liberale Drogenpolitik, Stichworte Schadensminimierung und Überlebenshilfe. ANZEIGEN
Auch die Einführung der Geringen Menge war ursprünglich dazu gedacht, Konsumierende zu entkriminalisieren, nicht, wie mittlerweile so oft behauptet, die Gerichte zu entlasten. Als vier Jahre nach dem „Haschisch-Urteil“ dann auch noch Rot-Grün an die Macht kam und Deutschland eine Grüne Drogenbeauftragte hatte, dachten alle, dass Hanf nicht mehr lange illegal bliebe. Ja, wir waren schon einmal fast soweit, selbst Hans Eichel war vor seiner Berliner Zeit
in den 1990er Jahren ein glühender Verfechter der Cannabis-Legalisierung. Das war auch die Zeit, als sich die Mythen, die zur Zeit des Kalten Krieges über Hanf kursierten, in Rauch auflösten. Wissenschaft und Forschung begannen, sich ernsthaft mit dem Thema Hanf auseinanderzusetzen und die medizinische Nutzung von Hanfblüten trat immer mehr in den Vordergrund. Doch dann geschah in Deutschland etwas Seltsames, was unsere
Nachbarn gerne als „German Angst“ bezeichnen. Spiegel, RTL und andere große Medien starteten mit Hilfe von Dr. Rainer Thomasius eine großangelegte Kampagne, die es schaffen sollte, Hanf durch gebetsmühlenartige Wiederholung falscher Tatsachen und dem Missbrauch menschlicher Ur-Instinkte zu re-dämonisieren: Plötzlich war die Rede von massenhaft kiffenden Kindern, gestiegenen THC-GehalFortsetzung auf Seite 2