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unabhängig, überparteilich, legal HANFJOURNAL.DE | AUSGABE #151 | OKTOBER 2012

Nachhaken macht schlau Wer nicht fragt, bleibt dumm

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LÜGEN LÜGEN LÜGEN bekämpft man am Besten mit vier Seiten Fakten

LAWRENCE L. BROOKE Der GHE Gründer im Interview

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nfang September kann man in den meisten deutschen Zeitungen, darunter auch in der taz, einen dapd-Artikel über eine neue Studie lesen, der den Konsum von Hanf-“Rauschgift“ mit schlechten kognitiven Leistungen assoziiert. Schon fast in „Reefer Madness“ Manier berichteten vergangegen Monat über 200 OnlineMedien sowie fast alle großen Zeitungen, Kiffen mache blöde. Macht man sich aber als dumme Kifferredaktion dann mal die Mühe, die Originalmeldungen der Internationalen Presse herauszusuchen, findet sich wenig von dem, was die dapd an Deutsche Tageszeitungen verkloppt. „[...]But the study found no evidence of similar problems affecting people who only took up cannabis as adults.[...]” „[...] It‘s such a special study that I‘m fairly confident that cannabis is safe for over-18 brains, but risky for under-18 brains.[...]” “[...] The persistent, dependent use of marijuana before age 18 has been shown to cause lasting harm to a person‘s intelligence, attention and memory, according to an international research team [...]” Die Studie spricht also eindeutig davon, dass exzessiver Cannabiskonsum im Heranwachsendenalter zu psychischen Langzeitschäden führen kann und erwähnt ebenso, dass das bei Erwachsenen nicht so ist. Das ist eigentlich Niemandem, der sich mit dem Thema länger als drei Minuten ernsthaft beschäftigt hat, mehr neu.

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Wir hatten bereits vor wenigen Tagen online über die tendenziöse Berichterstattung der großen Presseagenturen zum Thema Drogenpolitik berichtet, die falsche Übersetzung des Originals bestätigt unsere These somit. Nicht einmal die taz hat sich die Mühe gemacht, den Wahrheitsgehalt des Artikels anhand der Originalmeldung oder der Studie zu überprüfen oder diese gar als Quelle verlinkt. Eine vom Gesundheitsministerium der Schweiz in Auftrag gegebene Studie aus dem Jahr 2007 bescheinigt moderat kiffenden Schülerinnen und Schülern im Alter von 16-20 Jahren bessere schulische Leistungen als ihren abstinenten Mitschülern. Die Schweizer Studie konnte mehr als 5000 Teilnehmer aufweisen, an der aktuellen wissenschaftlichen Erhebung nahmen 1000 Probanden teil. Da ein Schwarzmarkt den erforderlichen Jugendschutz nicht zu bieten vermag, sollte der Titel der dapd Meldung besser „Cannabis legalisieren heißt den Markt für Erwachsene regulieren“ oder „Kinder sollten nicht kiffen“ lauten.

Kommt endlich zu Potte Ohne Cannabis-Liberalisierung wird die „Legal-High“ Schwemme unüberschaubar - es gibt keinen dritten Weg

von Michael Knodt

Cannabis legal, so könnte es aussehen - Illu: KIKI©2012

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ie deutsche Drogenpolitik hat im Zuge der emotionalisierten Diskussion um neue DesignerDrogen ihr oberstes Ziel, die Bevölkerung vor gesundheitlichen Schäden und Beeinträchtigungen zu schützen, komplett aus den Augen verloren. Spätestens mit dem Auftauchen immer neuer Substanzen, die nicht unter das BtmG fallen, wird klar, dass unsere Position richtig, die der Bundesregierung falsch war. „Die Nachfrage nach Spice wird (mit dem Verbot) stark zurückgehen“ meinte die Bundesdrogenbeauftragte Sabine Bätzing (SPD) noch Anfang 2009, während wir das derzeitige Szenario haben kommen sehen. Die Substanzen werden derzeit schneller geschaffen, als sie verboten werden können, ihre diversen Erscheinungsformen

nehmen ungeahnte Ausmaße an. Mittlerweile gibt es sogar falsches Haschisch mit nicht erfassten Cannabinoiden (siehe Meldung auf Seite 25), ganz zu schweigen von den verschiedensten Pülverchen, die mit Phantasie-Verwendungszwecken als gefährlicher Koksoder Speedersatz dienen.

Nicht besser als die CDU Eigentlich geben Merkel und ihre Mannschaft der Opposition eine Steilvorlage, die nicht evidenzbasierte Drogenpolitik in der Luft zu zerreißen, aber die größte Oppositionspartei nimmt diese nicht an, stößt ins gleiche Horn wie die Regierung und überlässt das Feld zur Gänze den kleineren Parteien, die zur Zeit so viel drogenpolitisches Engagement an den Tag legen wie selten

zuvor. In der SPD hingegen macht man sich schon verdächtig, wenn man überhaupt das Wort Liberalisierung in den Mund nimmt: In Kiel gefährden SPD-Betonköpfe wegen ein paar Gramm Gras die Einhaltung des Koalitionsvertrags (siehe News Seite 19). Außerdem trägt unsere Sozialdemokratie die gefährliche Verbotspolitik bei DesignerDrogen mit, obwohl sich die Situation entgegen der eigenen Voraussagen, verschlechtert hat. Als Oppositionspartei sollte man es sich wenigstens leisten, über die Hintergründe ähnlich gut informiert zu sein wie die Kollegen von Piraten, Grünen oder Die Linke. Auch hier Fehlanzeige, statt dessen wird in einem aktuellen Antrag verstärkte Repression gefordert, also die gleiche Maßnahme, die bei den Legal

Highs erst zu Entwicklung und Verbreitung immer neuer Substanzen geführt hat. Bei der Begründung des Antrags werden neue Designer-Drogen und uralte Amphetamine in einen Topf geworfen, was wiederum ein Licht auf den Wissenstand sozialdemokratischer Drogenpolitiker/innen wirft (siehe Kommentar auf Seite 25). Passend zur drogenpolitischen Doppelmoral eröffnet der SPD-Oberbürgermeister Ude in München die größte Drogenparty der Republik. Gewaltexzesse, lebensbedrohliche Ethanol-Intoxikationen und sogar Tote sind die nicht zu vermeidende Begleiterscheinung. Vergangenes Jahr gab es 58 Maßkrug-Schlägereien, 7,5 Millionen konsuFortsetzung auf Seite 2


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