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Hanf Journal unabhängig, überparteilich, legal

#21

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Ausgabe Hanfparade 2003

AUSGABE 08/03

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Endlich: Die erste freie Tüte! Erster Deutscher wegen medizinischer Verwendung von Cannabis freigesprochen!

Endlich ist es soweit, die Rechtsprechung hat eingelenkt. Zum ersten Mal in der deutschen Geschichte wird einem Kranken der Konsum von natürlichen Cannabisprodukten erlaubt. Dieser wurde bisher mit dem Argument verboten, dass die illegalisierte Arznei Cannabis und ihr therapeutischer Nutzen durchaus mit adäquaten (aber weitaus kostspieligeren) Substanzen aus den Labors der Pharmaindustrie ersetzt werden könnten. Jetzt hat sich aber ein Präzedenzfall gefunden, der dies widerlegt. Der 40-jährige Mannheimer Michael F. ist ab sofort der einzige Deutsche, dessen Rauchgewohnheiten gesetzlich toleriert werden. Er leidet sowohl unter Multipler Sklerose als auch unter Ataxien. Multiple Sklerose ist eine entzündliche Erkrankung des Nervensystems, in deren Verlauf Nervenzellen geschädigt und zerstört werden können. Ataxien sind Koordinationsstörungen, die sich auf Sprache, Gang und Feinmotorik auswirken. Sie sind oft Folge der Multiplen Sklerose. Die Krankheit tritt in Schüben auf, eine Klärung der Ursachen, sowie eine zuverlässigen Medikation steht noch aus. Michael F. leidet daran, seit er 24 ist. Sein Leidensweg führte ihn über verschiedene Krankenhäuser, über Behandlungen mit Cortison und Psychopharmaka bis zum Cannabis. Erst hier fand er wirkliche Linderung. Das Gras linderte nicht nur seine verschiedenen, durch die Krankheit bedingten, Beschwerden besser als die chemischen Alternativen, sondern es rief auch wesentlich weniger Nebenwirkungen hervor. Daraufhin machte er Cannabis zu seiner beinahe einzigen Medikation.

fast zum Verhängnis geworden. Zweimal durchsuchte die Polizei seine Wohnung, und brachte dabei eine durchaus ansehnliche Beute zutage. Knapp 600 Gramm Gras und Pflanzenmaterial wurden sicher gestellt. Doch wer zuletzt lacht, lacht am besten! Zu seiner Gerichtsverhandlung holte Michael F. einen Sachverständigen, der ihm eindeutig bestätigte, dass es gegen das Auftreten von Ataxien im Zusammenhang mit Multipler S k l e ro s e k e i n wirksames Medikament gibt außer Cannabis. Ein von der Staatsanwaltschaft hinzugezogener Gegengutachter konnte das nur bestätigen. Das bedeutet, dass hier eine rechtliche Ausnahmeregelung auftritt, der Notstand. Der tritt dann ein, wenn die drohende Gefahr für ein schutzbedürftiges Rechtsgut so atypisch ist, dass hierauf in den Gesetzen nicht eingegangen wurde. Michael F. schützt sein Leben und seine Gesundheit. Da er dies mit pharmazeutischen Alternativen nicht in der bisherigen Qualität tun kann, darf er auch die illegalen nutzen. Typischerweise gesteht die deutsche Justiz dies nur einem Einzelfall zu, der spezieller kaum sein könnte. Was ist mit all den anderen Patienten, die Cannabis zwar nicht als einzigen, aber als gesündesten Weg der Medikation wahrnehmen? Oder all denjenigen, die es nur zur Behandlung psychischer Befindlichkeitsstörungen benutzen? Auch für diese Menschen muss es Freiheit geben. Von freien Sprüchen, freier Köpfen in freien Gerichten können wir nicht genug bekommen. Die FreiZeit kommt – zumindest hoffen wir das. Und auch der Rechtsstreit wird weiter gehen, denn der Staatsanwalt hat schon Berufung gegen den Freispruch eingelegt. Das Hanf Journal bleibt auf jeden Fall für euch dran.

Um Versorgungsschwierigkeiten und Qualitätsschwankungen auszuweichen, blieb nur der Eigenanbau. Doch der wäre ihm

Martin Schwarzbeck

Der kanadische Way of Smoke In Kanada gehen die Uhren anders. So kippte in Ontario vor kurzem das Cannabisverbot, da die Regierung eine Frist für die Regelung der Abgabe von Cannabis an Kranke verstreichen ließ („Hanf Journal“ berichtete). Nun ist auch noch Marc Emery on tour und versucht das Verbot auch in anderen Provinzen zu Fall zu bringen. Im Herbst wird das kanadische Parlament über eine Änderung des ungültigen Gesetzes beraten. Der Entwurf sieht vor, den Besitz von bis zu 15 Gramm Gras oder einem Gramm Hasch als Ordnungswidrigkeit, statt wie bisher als Straftat, zu ahnden. Er sieht keine Ausnahmeregelung für medizinischen Gebrauch vor und wäre immer noch verfassungswidrig. Die kanadische Regierung will zur Schließung dieser Gesetzeslücke Gras an Patienten verteilen lassen, die eine Lizenz dafür besitzen. Der Preis beträgt ca.3,20 Euro pro Gramm. Wenn die Patienten selbst anbauen wollen, können sie Samen bestellen, zu ca.12,75 Euro für eine Tüte mit 30 Samen. Die derzeitige Gesundheitsministerin ist gegen die Abgabe. Es lägen nicht genügend Studien zum medizinischen Nutzen von Cannabis vor – einer Pflanze, die seit 5000 Jahren medizinisch verwendet wird. Kritiker weisen darauf hin, dass die Reform keine Entkriminalisierung sondern eine Rekriminalisierung wäre, da zurzeit der Besitz von unter 30 Gramm legal ist. Außerdem ist die Bestrafung mittels Bußgeld ein Anreiz für die Polizei den Besitz von Cannabis wieder stärker zu verfolgen, weil sie in den meisten Fällen nicht vor Gericht erscheinen muss und mit den Bußgeldern zusätzliche Einnahmen erwirtschaftet werden könnten. Marc Emery, Eigentümer der Zeitschrift „Cannabis Culture“, versucht die rechtlichen Widersprüche zum endgültigen Kippen des Cannabisverbots zu nutzen. Er befindet sich zur Zeit auf einer Kiff-Tour durch Kanada. Dabei wurde er schon in zwei Provinzen verhaftet. Wenn die Verfahren nicht eingestellt werden, kann das dazu führen, dass auch dort das Cannabisverbot fällt. Zumindest diesen Sommer ist der Besitz geringer Mengen von Cannabis in Ontario legal. Das weckt Hoffnungen. Nein, nicht

die Hoffnung, noch schnell genug die Kohle zusammenzukriegen um da Urlaub zu machen. Wir hoffen, dass all die Prohibitionisten dieser Welt nach Kanada gucken und sehen, dass Cannabis legal sein kann und die Erde sich trotzdem weiter dreht! yoshi

Kostenlos

In dieser Ausgabe news

s.02

wirtschaft

s.07

fun+action

s.08

cool-tour

s.10

regional*

s.13

anderswo

s.16

fun+action

s.17

Speedbomber Amerikaner bekämpfen nicht nur Speed, sie setzen es auch ein - und zwar im Krieg. Wer fliegen will, muss Amphetamine schlucken. Alles über Drogenzwang beim amerikanischen Militär auf Seite 4. Berauschende Landschaften Hanfpflanzen, soweit das Auge reicht! Ein Traum? Wirklichkeit für Katrin Schmidberger und Werner Graf. Zwar (leider nur) Nutzhanf ohne THC, aber dennoch sehr schön. Lest den Bericht über die Nutzhanf-Faserfabrik in Uckermark auf Seite 9. Die Stadt der Revoluzzer Bologna in Italien ist eine kleine linke Stadt, die immer wieder für Wirbel sorgt, gerade in der Drogenszene. Das „Hanf Journal“ zeigt euch, wie bekifft Bologna wirklich ist. Seite 16

*Unter der Rubrik „regional“ ab Seite 13 befinden sich, je nach Region, die Ausgaben “Berlin”, “Austria” und “Überregional”

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