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Ausgabe 04/07 Am 25.4. kommt Howard Marks zu einer Signierstunde nach Berlin, im Anschluss organisiert das Hanf Journal eine Podiumsdiskussion zum Thema: „Heimanbau entkriminalisieren - Fünf Pflanzen für alle “ Details auf Seite 4
Unsere Frühlingsgefühle schicken ihre Vorboten, daher gibt‘s dieses Mal einen kleinen Überblick über die besten Festivals 2007 ...
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THC verpasst Top Ten
Britische Forscher erstellen eine Rangliste über das Gefahrenpotential von Drogen - Alkohol und Nikotin weit vorne Text: Michael Knodt
Britische Psychiater, Epidemologen, Chemiker und Forensiker fordern ein grundlegendes Umdenken in der Drogenpolitik. Zwei unabhängig voneinander arbeitende Gruppen von insgesamt 40 Forschern der Universität von Bristol kamen übereinstimmend zu folgendem Ergebnis: Heroin ist die gefährlichste Droge unserer Zeit, gefolgt von Kokain und Barbituraten. Alkohol liegt auf Platz fünf der inoffiziellen „Drogenrangliste“, Tabak belegt Platz neun. Hanfprodukte liegen im hinteren Mittelfeld auf Platz elf, Ecstasy wir mit Platz 18 ein relativ geringes Gefährdungspotential zugeordnet. Zur Erstellung der Rangliste dienten neun verschiedene Gefahren des Missbrauchs von legalen und illegalen Drogen als Kriterium: körperliche Schäden, wie etwa der plötzliche Tod durch überdosiertes Heroin, die Gefahr körperlicher oder psychischer Abhängigkeit, Folgen für das soziale Umfeld, sowie die Kosten für das öffentliche Gesundheitssystem. „Das momentane System (Anm. des Redakteurs: der Einstufung von Drogen) ist durchweg krank und willkürlich“, äußerte der Leiter der Studie, David Nutt, gegenüber der Nachrichtenagentur AP, „dass der Konsum von Alkohol und Nikotin legalisiert ist, erscheint aus wissenschaftlicher Sicht vollkommen beliebig“. Die Grund, warum vor allen Dingen Alkohol ein solch hohes Gesundsheitsrisiko aufweist, liegt hauptsächlich an den Langzeitschäden, die die Volksdroge Nummer eins hervorruft. Bei uns sterben Jahr für Jahr 42.000 Menschen an den Folgen übermäßigen Alkoholgenusses, das Rauchen kostet jährlich 111.000 Menschen das Leben. Demgegenüber forderten illegale Drogen letztes Jahr 1352 Menschenleben, Tendenz fallend. Der Nichtraucherschutz, in den die meisten europäischen Länder mittlerweile vehement betrieben, wird bei uns nur halbherzig durchgesetzt. Hier geht es immerhin nicht darum, irgendjemanden sein Zigarettchen verbieten zu wollen, sondern Unbeteiligte zu schützen. Man stelle sich vor, wir HanfaktivistInnen forderten das Recht, dort zu kiffen, wo sich andere belästigt fühlen könnten oder gar unsere Abluft inhalieren müssten. Wahrscheinlich würden wir der Körperverletzung oder der Verführung Minderjähriger bezichtigt. Jedem Tierchen sein Plaisirchen, aber bitte ohne andere einzuschränken. Das einzige Manko der Studie: die Spitzenreiter, Heroin und Kokain, belegen ihre Spitzenposition vor allen Dingen aus zwei Gründen: bei den gesundheitlichen Schäden spielen die Streckmittel oft eine größere Rolle als der Stoff selbst. Die Beschaffungskriminalität hat immense Auswirkungen auf das soziale Umfeld. „Die Gefahren des Konsums von Alkohol und Nikotin werden völlig unterschätzt“, sagte Andreas Heinz, Direktor der Klinik für Psychiatrie der Berliner Charité der „Süddeutschen“, betrachtet man allein medizinische Kriterien, müsste Nikotin auf Platz eins und Alkohol auf Platz zwei der Liste stehen.“
Auch Methadon, eine Erfindung hilfloser Gesundheitspolitiker angesichts des Heroinproblems in den 1980er und 90er Jahren, belegt einen Spitzenplatz. Zur Einführung von Methadon hieß es noch, es sei „viel harmloser“ als Heroin und biete den Süchtigen die Möglichkeit, nach dem Ausstieg aus der Szene vollkommen „clean“ zu werden. So etwas klingt geradezu lächerlich aus heutiger Sicht, die Methadon Behandlung hat sich als problematisch erwiesen. Das hat mittlerweile selbst Sabine Bätzing mitbekommen und sucht nach neuen Wegen, Stichwort Druckräume. David Nutt fordert angesichts der Ergebnisse ein drogenpolitisches Umdenken in Regierungskreisen und schlägt vor, das Gestze„... in Zukunft auf sachlichen Beurteilungen und nicht auf Vorurteilen und Annahmen basieren.“ Der Forscher denkt an ein Klassifikationssystem, bei dem Experten zur Gefahreneinschätzung einer Droge herangezogen werden. Ein solches Bewertungssystem sei transparenter und geeigneter als die derzeitige Praxis. Laut Süddeutscher Zeitung nimmt das Bundesgesundheitsministerium die neue Studie ernst und hat vor, sie nun auf ihre wissenschaftliche Stichhaltigkeit prüfen. Wir warten, Frau Bätzing.
Wieder haben wir hohen Besuch geladen, damit er ein bisschen von sich und seiner Musik erzählt. Der stark pigmentierte Gebietsfremde Gunjah Deluxe* (original Zitat) gibt diesmal Auskunft auf Seite 10
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Gegenwind? An dieser Stelle haben wir in den letzen Monaten auf die oft unseriöse Berichterstattung zum Thema Hanf hingewiesen. Egal ob ZDF, Springer Presse oder SPIEGEL, die Un- und Halbwahrheiten, die in jüngster Zeit verbreitet wurden, schienen kein Ende zu nehmen. Vor allem Hanfbauern gerieten ins Visier von Presse und Staatsanwälten. Einige, wenige aufgedeckte Großplantagen machten das Thema interessant. Oft wurde aus einem kleinen Grower, der Besuch von der Polizei hatte, in der örtlichen Presse ein „Profi mit vollautomatischer Aufzuchtanlage“. Anscheinend haben es Rainer Fromm (Mona Lisa, Frontal 21) und seine Gesinnungsgenossen ein wenig übertrieben. Seit ein paar Wochen finden sich immer mehr Artikel, Kommentare und Veröffentlichungen, die das Thema etwas rationaler angehen. Eine kleine Auswahl: Die „TAZ“ fordert die Polizei in einem Kommentar auf, lieber mal wegzuschauen. Das Berliner Stadtmagazin „ Zitty“ widmet dem Thema sogar den Titel und porträtiert einen „Selbstversorger“ - süß. Der Stern interviewt die Rechtswissenschaftlerin Dr. Nicole Krumdiek, die für eine kontrollierte Abgabe von Cannabisprodukten eintritt (Hanf Journal 03/2007). Und nicht zu vergessen: auf PRO 7 ist am vierten April die Serie „Weeds“ gestartet: Eine regelmäßige Serie in Mainstream Format, in der Marihuana als „normale“ Droge dargestellt wird, die durch alle Schichten hinweg verwendet wird, könnte der Legalisierungsdebatte einen neuen Schub geben. Und Serien laufen ja gewöhnlich länger als ein einziger Film und sind immer hochgehandeltes Small Talk Thema. Leider ist nun mal so, dass das Thema Cannabis erst in der breiten Bevölkerung ankommen muss, bevor sich die Politik ernsthaft damit beschäftigt. So eine Serie kann mehr Wirkung als jede Zeig-Dich-Kampagne haben, leider. Oder zum Glück? Auf jeden Fall hoffen wir, dass in Zukunft wieder mehr Vernunft, Rationalität und wissenschaftliche Erkenntnisse an Stelle von plumpem Medienkampagnen die öffentliche Diskussion um die Hanfprohibition beherrschen werden. Eure Redaktion