83-hanfjournal062008

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unabhängig, überparteilich, legal Ausgabe 06/08 Wenn wir sagen, dass es wieder Zeit für „vibes to legalize“ wird, dann solltet ihr euch für den 02.August einen Knoten in den Joint machen ... Reggae, Dancehall, Jungle & Drum&Bass sind die Zutaten, aus denen die SoundPiraten und die d-science Kru den altbewährten Party-Cocktail mischen ... für sportliche Aktivitäten und das leibliche Wohl ist auf unserem traditionellen Open-Air-Gelände gesorgt!

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Albert Hofmann auf seinem letzten Trip Die Lebendigkeit und die mentale Fitness dieses uralten Mannes ließen nicht an einen Abschied für immer denken. „Ich denke, ich bin die Reinkarnation eines klassischen Griechen“, sagte der Schweizer Chemiker in einem Interview, das er kurz vor seinem Tod gegeben hatte. Der Tod sei für ihn nicht das Ende: „Wir werden nicht in ein Nichts gehen, werden nicht verloren sein. Es gibt nur einen Wandel.“ Seine feste Überzeugung war, dass im ganzen Universum nichts verloren geht. Auch seine Entdeckung wird für immer bleiben - und der Nachwelt der wichtigste Wunsch dieses großen Wissenschaftlers: „Durch einen Bewußtseinswandel im einzelnen Menschen die Voraussetzungen schaffen für eine bessere Welt.“ An jenem Tag im Jahr 1938 hätte sich Albert Hofmann wohl nicht träumen lassen, was er da für eine chemische Verbindung entdecken sollte. Hofmann trat nach einem Chemiestudium in Zürich 1929 in die Abteilung Naturstoffe der Baseler Sandoz-Werke ein, die er bis zu seiner Pensionierung 1971 leitete. Er erforschte zahlreiche Arzneiwirkstoffe, von denen einige bis heute Standardmedikamente sind, wie das in der Geburtshilfe eingesetzte „Methergin“ und erhielt für seine grundlegenden Forschungen zahlreiche internationale Preise und Ehrendoktorate. Auf der Suche nach einem Kreislaufstimulans forschte er im Jahr 1938 am Mutterkorn, einem Getreidepilz, der vor allem im Mittelalter zu Massenvergiftungen geführt hatte und dem erst die Fungizide weitgehend den Garaus gemacht haben. Unter diversen Amid-Derivaten seiner Versuchsreihe für Sandoz synthetisierte Hofmann das 25. – das Lysergsäurediäthylamid. Doch da die Substanz im Tierversuch keinerlei der gesuchten Eigenschaften zeigte, verlor Hofmann das Interesse. Bei einer Frühstückspause am 16. April 1943 wiederholte er die Synthese von LSD und absorbierte dabei versehentlich einige Millionstel Gramm, die zu erstaunlichen Bewußtseinsveränderungen führte. Auf dem Heimweg aus dem Labor erlebte Hofmann den ersten LSD-Trip der Geschichte: „Alles in meinem Gesichtsfeld schwankte und war verzerrt wie in einem gekrümmten Spiegel“, berichtete Hofmann. „Eine furchtbare Angst, wahnsinnig zu werden, packte mich, ich war in eine andere Welt geraten.“ Als die Wirkung jedoch etwas nachließ und die gewohnte Wirklichkeit zurückkehrte, schien sie strahlender, leuchtender, lebendiger. So wie ihm jetzt die Natur vorkam, hatte er es schon einmal erlebt, als 11-Jähriger bei einem Gang durch einen Sommerwald auf dem Martinsberg bei Baden. Damals war seine Neugier entstanden, dem Geheimnis dieser strahlenden Natur, deren Teil er war, auf die Spur zu kommen. Am 19. April 1943 unternahm Hofmann den ersten bewussten Selbstversuch, den er genau protokollierte. Wie alle großen Naturforscher war auch Albert Hofmann bei seiner immer tieferen Erforschung der Bausteine der Natur auf immer größere Geheimnisse gestoßen und über die messende, rechnende Erkundung der Materie an jene Grenze gelangt, an der das Unfassbare beginnt: Geist. Keine andere Entdeckung der Wissenschaft markierte diesen Übergang von Geist und Materie so genau wie LSD. Die materielle Substanz eines Staubkorns reicht seitdem aus, um die Wahrnehmung dessen, was wir für Wirklichkeit, Materie, halten, völlig zu verändern und mit Zusammenhängen konfrontiert zu werden, die unsere Verständnisfähigkeiten überschreiten: „Wer als Naturwissenschaftler kein Metaphysiker wird ist kein Naturwissenschaftler“ - diese Aussage Albert Hofmanns war mehr als ein Bonmot und er war bis zum Schluß beides: strenger, exakter Wissenschaftler und ein metaphysischer Weiser, der in seinem philosophischen Buch „Einsichten, Ausblicke“ den Begriff Evolution auf die kürzeste mögliche Formel brachte: „Licht, Leben, Liebe.“ LSD wurde in der Nachkriegszeit zur Modedroge. Schriftsteller wie Aldous Huxley und Enthusiasten wie der Autor Ken Kesey oder der Harvard Professor Timothy Leary priesen den LSD-Trip als eine Art Königsweg zu einem neuen, geläuterten Bewusstsein. Die Beatles widmeten ihm mit dem Lied „Lucy in the Sky with Diamonds“ eine Hymne. Bald allerdings zeigten sich auch die Schattenseiten der psychedelischen Subkultur. Berichte von mörderischen Horrortrips häuften sich. Grund genug für die Behörden, die als „Wahnsinnsdroge“ gebrandmarkte Chemikalie 1967 aus dem Verkehr zu ziehen. Der von der US-Hip- Weiter auf Seite 2

8 cooltour

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Nicht vergessen: 02.08.2008

11 fun&action

Volksabstimmung in der Schweiz zur Legalisierung am 30.11.2008 Mithilfe & Unterstützung: schweiz@hanfjournal.de

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Was zählt, fehlt Drogen- und Suchtbericht 2008 glänzt durch Verschweigen von Zahlen und Fakten

Auch dieses Jahr nutzt unsere Drogenbeauftragte Sabine Bätzing (SPD) die Vorstellung des alljährlich erscheinenden Drogen- und Suchtberichts ausschließlich zur Selbstdarstellung. Besonders das dem Hanf gewidmete Kapitel fällt durch unvollständige und rechnerisch nicht immer nachvollziehbare Aussagen ins Text: Michael Knodt Auge: Anders als die Jahre zuvor wird bei Cannabis, im Gegensatz zu allen anderen erwähnten Substanzen, keine Gesamtkonsumetenzahl angegeben. Das macht die Einschätzung der restlichen Zahlen und Statistiken zum Thema unmöglich. Warum der Bericht dies verschweigt, wird nicht kommentiert. Im Drogen- und Suchtbericht des vergangenen Jahres hieß es: “Rund zwei Millionen (...) Menschen konsumieren in Deutschland regelmäßig Cannabis, etwa 400.000 von ihnen weisen einen missbräuchlichen oder abhängigen Konsum auf.“ Dieses Jahr steht dort: „Insgesamt etwa 600.000 Personen in Deutschland zwischen 18 und 64 Jahren missbrauchen Cannabis (380.000) oder sind von Cannabis abhängig (220.000). Damit hat sich die Zahl der Cannabismissbraucher seit 1997 deutlich erhöht.“ Dieses Jahr ist die Zahl der „Cannabis-Abhängigen“ demnach um 50% angestiegen. Auch diese ungewöhliche Ansteig wird nicht kommentiert oder gar einer Gesamtkonsumentenzahl gegenübergestellt. Vermutlich würde die geringe Abhängigkeitsquote einfach nicht in das gewünschte Bild vom besonders gefährlichen Rauschmittel passen. Nach den letzten verfügbaren Angaben der Bundesregierung von 2004 dürfte die Zahl der aktuellen Cannabiskonsumenten in Deutschland, die innerhalb der letzten 12 Monate Cannabis mindestens einmal konsumiert haben, bei etwa vier Millionen liegen. Angenommen, die hohe Zahl von 400.000 Abhängigen und „Missbrauchern“ aus dem Drogenbericht 2007 stimmt, dann heißt das, dass immer noch 90 Prozent der Konsumenten nicht von Abhängigkeit oder Missbrauch betroffen sind. (Quelle: Deutscher Hanfverband) Liest man aufmerksam weiter, erhärten sich die Zweifel an der Glaubwürdigkeit: „...die Lebenszeitprävalenz und die 12-Monatsprävalenzraten im Vergleich zu den Zahlen von 2003 in allen Altersgruppen (zum Teil stark) rückläufig sind. Lediglich bei den regelmäßigen Cannabiskonsumierenden ist die Tendenz gleichbleibend.“ Mehr „Cannabismissbraucher und Abhängige“, dafür aber weniger Kiffer und ein allgemeiner Rückgang des Konsums? Wieder ohne eine absolute Zahl von Konsumenten gegenüber zu stellen. Das sprengt die Gesetze der Mathematik.

Johannes Honecker Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Badensche Straße 33 D-10715 Berlin TEL (030) - 86 20 17 87 FAX (030) - 86 20 17 86

e-mail: anwalt.honecker@t-online.de

Auf dieser Grundlage fällt es natürlich leicht, die Zahlen so zu interpretieren, wie es genehm ist. Das macht Frau Bätzing dann auch, indem Sie weiterhin auf abstinenzorientierte und repressive Politik setzt und auch ausschließlich solche Projekte fördert. Projekte mit dem Ansatz zum kontrollierten Konsum oder einer Konsumentensicherheit werden in ihrem Hause klein geredet und nicht gefördert. Im Kapitel über Cannabis wird das Wort „Todesfall“ nicht einmal erwähnt, bei den legalen Drogen Alkohol und Nikotin spricht der Bericht von insgesamt 182.000 Todesfällen. Trotzdem spricht unsere Drogenbeauftragte von „einer neuen Gefährlichkeit von Cannabis“. Kurz nach Vorstellung des Berichts musste sie im Internetportal www.abgeordnetenwatch. de wiederum einräumen, dass die Existenz von genmanipuliertem Gras eine Erfindung der Boulevardpresse ist. Natürlich wird auch das Thema, das HanfkonsumentInnen im vergangenen Jahr direkt und unmittelbar betroffen hat, mit keinem Wort erwähnt. Trotz fast zweihundert Bleivergiftungen und einer wahrscheinlich noch viel höheren Dunkelziffer wird auf die gesundheitliche Gefährdung durch Streckmittel nicht eingegangen. Dass diese viel größer ist als die Gefahr, die ein gelegentlicher Cannabiskonsum beinhaltet, will Frau Bätzing nicht wahr haben. Noch immer beantwortet sie jede Frage zu Streckmitteln mit dem Verweis auf die Möglichkeit der Abstinenz. Sie fordert selbst von mündigen Bürgern mit völlig unproblematischen Konsummuster, die mitten im (Berufs- oder Familien)-Leben stehen, völlige Abstinenz. Mündige HanfliebhaberInnen gibt es in ihren Augen nicht. Die absolute Zahl der Kiffer wird durch Schönreden, Verschweigen oder anderer Interpretationsansätze auch nicht weiter sinken. So kann das nie was werden, ein Dialog sieht anders aus.


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