142x17-bushdoctor-2
24.07.2008
11:39 Uhr
Seite 1
#86+6
unabhängig, überparteilich, legal Ausgabe 08/08 Dr. med. Franjo Grotenhermen erläutert Euch auf Seite 4 die australische „Gehirnschrumpfstudie“. Steffen Geyer vom Deutschen Hanfverband berichtet Euch auf Seite 5 über die „aktive Sterbehilfe von Krankenkassen“.
2 news 6 guerilla growing
Wie alles in Sachen Legalisierungsmassnahmen lebt natürlich auch das Hanf Journal vom Mitmachen. Schreibt uns Eure möglichst konstruktiven Anregungen, Lob und Kritik an redaktion@hanfjournal.de - dabei sein ist alles!
8 wirtschaft 9 cooltour 12 fun&action
www.hanfjournal.de
CDU/CSU-Fraktion Österreich ohrfeigt Patienten Maria Eichorns Blackout Decriminalize
Die EU hat ihre Mitgliedsstaaten schon vor Jahresfrist aufgefordert, die Drogengesetze zumindest halbwegs anzugleichen und dabei die Strafen für Dealer drastisch zu erhöhen. Dieser Aufforderung ist die Österreichische Bundesregierung bestehend aus SPÖ und ÖVP nachgekommen: Die Gesetze gegen Dealer wurden verschärft, gleichzeitig aber wurde versucht eine klare Trennlinie zwischen Verkauf und Konsum zu ziehen. Dem neuen Suchtmittelgesetz zu Folge ist die aufgefundene Menge nicht mehr allein verantwortlich für das Strafmaß, viel mehr muss nachgewiesen werden, dass der Hanf auch zum Verkauf bestimmt war. Liegen hierfür berechtigte Zweifel vor, so ist der Beschuldigte wie ein Konsument zu behandeln. Als Konsument erwartet einen in Österreich eine geringe Geldstrafe oder die Einstellung des Verfahrens gegen geringe Auflagen. Auch die Weitergabe an Dritte gilt nicht mehr als Dealen, vorausgesetzt es geschieht ohne daraus einen persönlichen Vorteil zu ziehen. Was seit Anfang des Jahres gilt und auf dem Papier noch ziemlich unspektakulär wirkt, bedeutet für Hanfkonsumenten im Prinzip eine Entkriminalisierung. Zum ersten Mal wird eine Vorratshaltung für den Eigenkonsum akzeptiert und sogar das Verschenken und das Mitbesorgen an/für Freunde schließt das Gesetz mit ein. Schon ertönen die ersten Stimmen aus dem konservativen Lager, das Gesetz müsse nachgebessert werden, nachdem das Verfahren gegen einen Tiroler, bei dem zehn Kilogramm Gras gefunden wurden ( Seite 3), eingestellt wurde. Zum Glück ist die große Koalition in Wien gerade zerbrochen und eine erneute Änderung kann nicht vor den Neuwahlen geschehen und ist selbst bei konstant bleibenden Mehrheiten fraglich.
Zum ersten Mal versucht eine Regierung im deutschsprachigen Raum, eine echte Trennung von Verkäufern und Konsumenten vorzunehmen und berücksichtigt dabei auch das erst relativ junge Phänomen des Eigenanbaus @ home. In Österreich hat die Hanfpflanze traditionell eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung, Haschisch und Gras sind gar erst 1962 mit der „Einzigen Suchtgiftkonvention“, dem Vorläufer des Suchtmittelgesetzes, verboten worden. In der medizinischen Forschung an der Cannabispflanze liegt die Alpenrepublik auch ganz weit vorne (Seite 4) und der Verkauf von Stecklingen ist legal. Nachdem es in Tschechien auch seit diesem Jahr eine liberalere Regelung zum Eigenanbau gibt, sich in der Schweiz wider Erwarten eine große Anzahl von Politikern für ein JA zur Hanfinitiative ausgesprochen haben und Österreichs neues Suchtmittelgesetz Konsumenten allem Anschein nach wirklich entkriminalisiert hat, hegen wir die leise Hoffnung, dass die grüne Achse in Europas Mitte auch bei uns in Deutschland wieder was ins Rollen bringt.
Text: KIMO
Text: Michael Knodt
Die CDU/CSU Fraktion lehnt einen Antrag der „LINKE“ zur medizinischen Verwendung von Cannabis ab, das allein wundert niemanden. Die Stellungnahme der Drogenbeauftragten von CDU/CSU-Fraktion, Maria Eichhorn, hierzu ist jedoch eine Ohrfeige für hunderte Patienten, die eine Genehmigung zur medizinischen THC Anwendung haben. Ebenso für alle Antragsteller sowie der hohen Dunkelziffer all derjenigen, die aus Angst vor Repression nicht wagen, eine Antrag ans BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) zu schicken: Der medizinische Nutzen von Cannbinoiden wird, entgegen aller aktuellen Erkenntnisse, generell geleugnet. Cannabis sei als Medikament genauso gefährlich wie als Droge, dann folgt die übliche Litanei von vorgefertigten Textbausteinen, die man schon aus der Legalisierungsdiskussion kennt. Inklusive der längst widerlegten Theorien über Flashbacks und Einstiegsdroge. Das negative Highlight ihrer Presseerklärung ist eine der stillosesten und Menschen verachtendsten Behauptungen, die einer Volksvertreterin in jüngster Zeit über die Lippen kamen: Von zwei Personen, die bisher eine Genehmigung erhielten, brach eine die Behandlung vorzeitig ab. Von der anderen Person liegen keine Auskünfte vor.
Was Frau Eichhorn hierbei entgangen ist: Genau diese beiden Patienten, unter ihnen der Tourette Patient Lars Scheimann (38), haben nach jahrelangem Kampf statt pflanzlichem Cannabis nur ein umstrittenes Sesamölextrakt auf Hanfblütenbasis erhalten. Der Bundesgerichtshof hatte 2005 einen Notstand anerkannt und das BfArM aufgefordert, den Klägern Zugang zu natürlichen Hanfblüten zu gewähren. Die Behandlung mit Dronabinol (synthetisches THC) kam aus den verschiedensten Gründen (siehe Seite 5) bei keinem der drei in Frage. Den Zugang zu pflanzlichem THC gab es dann auch, aber nicht wie in anderen Ländern üblich, in Form von Hanfblüten aus der Apotheke oder dem eigenen Garten. Auch nicht aus den Niederlanden, wo es so genanntes „ApothekenCannabis“ gibt. Statt dessen gab es das erwähnte Extrakt aus Hanfblüten auf Sesamölbasis, das vorher nie getestet wurde. Der holländische Hersteller Bedrocan warnte die Bundesbehörde schon bei der Bestellung, dass Extrakt erziele wahrscheinlich nicht die notwendige Wirkung und werde nur auf Wunsch der deutschen Behörde hergestellt. Ohne Garantie. Die von der Firma vorgeschlagene Lieferung ihres eigentlichen Produkts, dem Cannabis Flos, wurde vom BfArM unter Verweis auf internationale Verträge, die einen Import von Cannabisblüten nicht zuließen, abgelehnt. Andere EU-Länder haben bewiesen, dass die Versorgung mit medizinischem Cannabis eine Ausnahme darstellt und die erwähnten Verträge in diesem Bereich keine Gültigkeit besitzen müssen. Allein der Import eines nie erprobten Medikaments an sich ist ein Skandal. Trotz höchst zulässiger Dosierung linderte das Extrakt keinerlei Symptome (Hanf Journal 11/07). Mittlerweile kämpfen alle drei wieder mit dem BfArM für eine Versorgung mit natürlichem Cannabis. Die ausbleibende Wirkung, nicht der fehlende therapeutische Nutzen, war dann auch der Grund, warum die Patienten die Therapie abbrachen und wieder dazu übergehen mussten, sich ihre Medizin auf anderen Wegen zu besorgen. Ein dritter Patient mit Genehmigung lehnte das Extrakt von Anfang an ab, da er nicht als menschliches Versuchskanninchen zur Verfügung stehen wollte. Frau Eichhorn wagt es nun mit aller Ernsthaftigkeit, das andauernde Leiden und die Kriminalisierung dieser Menschen als Argument gegen eine Bereitstellung eines wirksamen Medikaments zu nutzen. Dessen Notwendigkeit hat eines der höchsten deutsche Gerichte bereits vor drei
Johannes Honecker Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Badensche Straße 33 D-10715 Berlin TEL (030) - 86 20 17 87 FAX (030) - 86 20 17 86
e-mail: anwalt.honecker@t-online.de
Jahren bestätigt, weil pflanzliches THC über Jahre hinweg eine positive Entwicklung des Krankheitsbildes bewirken konnte. Herr Lars Scheimann, Tourette Patient und einer der beiden von Maria Eichhorn erwähnten Personen, war auf telefonische Anfrage unserer Redaktion empört über die aus dem Zusammenhang gerissene Erwähnung seines Falls durch Frau Eichhorn. Herr Scheimann hat im Dezember 2007 einen offenen Brief veröffentlicht, den auch die CSU-Fraktion erhalten hat. Die Lektüre dieses Schriftstücks hätte genügt, die sachliche Unrichtigkeit ihrer Aussage zu erkennen, weil der an Tourette leidende Antragsteller schon damals auf die Unwirksamkeit des Medikaments hingewiesen hatte, trotz höchstzulässiger Dosierung.
Das Beste zum Schluss:
Das BfArM hat Herrn Scheimann allen Ernstes dazu geraten, sich durch Handauflegen eines Predigers von seiner TouretteErkrankung befreien zu lassen, anstatt Cannabis gegen seine Ticks zu konsumieren. Was wenn nicht so ein Verhalten, was dann stellt den Tatbestand der Amtsanmaßung oder des Amtsmissbrauchs dar (Seite 3)? Das Vorenthalten eines Medikaments ist eine Sache, aus der zur Zeit ausweglosen Situation kranker Menschen politisches Kapital schlagen zu wollen, indem man die Sache mit dem Extrakt einfach mal verdreht, ist skandalös, unappetitlich und zudem unangemessen.
Mehr zum Thema: www.ute-will-leben.de www.doktor-hanf.de www.abgeordnetenwatch.de/index.php?cmd=650&id=5688 www.iacm.org