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24.07.2008

11:39 Uhr

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unabhängig, überparteilich, legal Ausgabe 09/08 Straffreiheit für Cannabispatienten aus Hamm/Westfalen: Trotz dieser erfreulichen Nachricht hat sich die Lage von Cannabispatienten nicht verbessert. Mehr dazu auf den Seiten 3 und 4.

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Simba Vibration ist eine der musikalischen Entdeckungen des Jahres 2008. Die Band aus St. Petersburg, Russland, steht für eine ungewöhnliche sowie hochexplosive Mischung verschiedenster Stilrichtungen. Ab September 2008 werden die Musiker auf Tour sein. Mehr hierzu auf Seite 11.

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Alles im grünen Bereich?

Das war die

Hanfparade 2008 Schön geredet oder schöngeredet? Eigentlich war es wie immer. Seit über einem halben Jahrzehnt schaffen es in Deutschland nicht mehr als geschätzte 0,25 Prozent aller HanfkonsumentInnen, öffentlich für eine Legalisierung von Cannabis einzutreten. So auch diese Jahr am 2. August. Unterm Fernsehturm auf dem Berliner Alexanderplatz trafen sich gegen 13.00 Uhr nach Angaben des Veranstalters ungefähr 1000 Menschen, potentielle Teilnehmer sowie zufällig anwesende BerlinTouristen wurden auch dieses Jahr rund um das Wahrzeichen Berlins gerne mal von der Polizei durchsucht. Gegen 14 Uhr ging es dann los, unter dem Motto „Jugendschutz, Verbraucherschutz, Legalisierung“ setzte sich der Demozug unter den staunenden Augen zahlreicher Hauptstadtbesucher in Bewegung. Die Route führte von „Unter den Linden“ über die Friedrichstraße, um dann mit einigen Abstechern vor der Kanadischen Botschaft zu enden. Die Menge schwoll währenddessen auf ungefähr 1500 Teilnehmer an. Zwei Zwischenstops gaben den Organisatoren sowie anderen HanfaktivistInnen die Möglichkeit, die Anwesenden auf den neusten, zweifelsohne traurigen, Stand Deutscher Hanfrealität zu bringen. Leider sorgte hier ein Beitrag der „Jungliberalen“ für einen mittelschweren Eklat (siehe Seite 3: Halt‘s Maul). Die diesjährige Abschlusskundgebung geriet dann, auch dank der „Zero Tolerance“ Strategie seitens der Polizei, zur Farce. Mit Erreichen des Potsdamer Platzes, wo die Abschlusskundgebung stattfinden sollte, fingen die Ordnungshüter an, jeden potientiellen Kiffer aus der Menge zu ziehen und zu kontrollieren. Da sich durch diese unverhältnismäßige Taktik nahezu alle TeilnehmerInnen bedroht fühlten, hatte sich die Kundgebung rubbeldiekatz selbst aufgelöst, die verbleibenden Redner hatten großteils noch ein paar stark alkoholisierte Politoxikomanen als Zuhörer, die die Bitte nach ein wenig verbaler Zurückhaltung mit „Alkohol, Alkohol“ Rufen beantworteten. Nicht erst seit diesem peinlichen Höhepunkt könnte man sich über Sinn und Zweck der Veranstaltung in der jetzigen Form Gedanken machen. Das mehr als miese Pressecho aufgrund des „JuLi“-Redebeitrages sorgte für eine mediale Bauchlandung und die bunte Truppe der TeilnehmerInnen steht heutzutage keinesfalls mehr für den „Durchschnittskonsumenten“, so wie es in den späten 1990er Jahren und um die Jahrtausendwende noch der Fall war. Damals kamen regelmäßig Zigtausende nach Berlin. Sieht man den Demo- Weiter auf Seite 2 >>>>

Verfilzt noch mal Text: Michael Knodt

Kifferjagd als Sommersport

Summerjam, Sonne Mond & Sterne, Vuuv, Summerwave, Hip Hop Open, Nature One , Chiemsee Reggae Summer oder auch die Hanfparade stehen exemplarisch für die wachsendes Polizeiwillkür gegen HanfkonsumentInnen in Deutschland. Die Reihe ließe sich besonders im Festivalsommer 2009 (fast) beliebig lange fortsetzen. In Geretzhoven bei Köln schafften es die Ordnungshüter sogar, durch ihre präventiven Maßnahmen ein lokales Techno-Event komplett lahmzulegen und wirtschaftlich zu ruinieren. Lediglich 300 junge Menschen kamen, abgeschreckt durch die massiven Filzorgien, aufs Gelände des sonst gut besuchten Events. Bis vor ein paar Jahren waren Musikfestivals noch ein Treffpunkt für vorwiegend junge Menschen, die ein unbeschwertes, chilliges Wochenende miteinander verbringen wollten. Der Konsum von Drogen, legalen wie illegalen, war und ist fester Bestandteil dieser Festivalkultur. Seit den 1970er Jahren herrschte zwischen Polizei und Kiffern auf den meisten Open-Air Veranstaltungen während des Sommers eine stille Übereinkunft: Wurde nicht verkauft oder allzu öffentlich konsumiert, so hatte man als Hanfliebhaber eigentlich wenig zu befürchten. Doch mit der Regulierungswut unserer Politiker hat auch das Auftreten der Polizei auf Konzerten und anderen Open-AirEvents eine neue Dimension erreicht: Auf dem Summerjam werden Hanfkonsumenten selbst von der Security aufgegriffen und die Polizei durchkämmt das gesamte Gelände und sogar Zelte regelmäßig nach Kiffern. Einerseits treten Alkoholoder Tabakproduzenten als Sponsoren von solchen Veranstaltungen mit vorwiegend junger Zielgruppe auf, anderseits versucht die Polizei mit rechtsstaatlich fragwürdigen Mitteln, den Konsum illegaler Drogen, allen voran Hanf, nicht nur auf den oben erwähnten Veranstaltungen zu stigmatisieren und komplett zu unterbinden. Natürlich ist es nachvollziehbar, dass die Ordnungshüter darauf bedacht sind, keine Drogenfahrten zuzulassen. Dazu bedarf es jedoch weder der Durchsuchung kompletter Fahrzeuge inklusive einer Leibesvisitation aller Insassen, noch einem Festgelände, auf dem jeder zehnte Besucher ein potentieller Zivilfahnder ist und jeder gerauchte Joint die Gefahr einer sofortigen Konfrontation bietet. Auch bei der Anwendung des Betäubungsmittelgesetztes sollte das Verhältnismäßigkeitsprinzip gelten, wovon die staatlichen Kifferjäger des Festivalsommers anscheinend noch wenig halten. Natürlich findet die Staatsanwaltschaft immer schnell eine Rechtfertigung für das überharte Vorgehen, das „Nackig-

Machen“ ganzer Autoladungen junger Leute geschieht unter dem Deckmantel der Verkehrssicherheit und die totale Überwachung auf dem Festivalgelände wird kurzerhand als Maßnahme gegen Dealer deklariert. In einem Land, wo die Wochenendration guten Weeds einer Zeltbelegschaft schnell mal die „Geringe Menge“ übersteigt, findet sich flott ein Haufen „Dealer“, die eigentlich gar keine sind. Oft tragen auch die Organisatoren der miesen Stimmung in Sachen Ganja bei, indem sie einerseits das totale Kiffverbot unterstützen, anderseits aber gerne Sponsorengelder von Brauereien oder Zigarettenherstellern annehmen. Eine Reggae- oder Technoveranstaltung, bei der die Organisatoren so tun, als hätte der Genuss von Weed nichts mit der Musikkultur zu tun, ist wenig glaubhaft. Leider passiert es immer häufiger, dass die Veranstalter selbst die Arbeit der Polizei übernehmen, indem sie die Security anweisen, beim Hanf-Rauchen hart durchzugreifen. Der Konsum an sich ist nicht strafbar und kein Partymacher ist gezwungen, bei der polizeilich angeordneten Kifferjagd mitzuwirken. Früher hieß „Zero- Tolerance“ während eines Festivalsommers, dass, vorausgesetzt man hat es nicht zu bunt getrieben, Security und sogar Zivilfahnder auch mal bei einem guten Zero-Joint weggeschaut haben. Heutzutage wird zugegriffen. Es gibt auch positive Beispiele, bei denen sich die Ordnungshüter lediglich auf zweifelsohne notwendige Verkehrskontrollen beschränken, ohne die zahlreichen, friedlichen Besucher zu belästigen. Damit diese Oasen der Ruhe auch im Sommer 2009 nicht gefährdet sind, ersparen wir uns die namentliche Erwähnung.

Leider passiert es immer häufiger, dass die Veranstalter selbst die Arbeit der Polizei übernehmen

Johannes Honecker Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht

www.hanfjournal.de

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e-mail: anwalt.honecker@t-online.de


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