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24.07.2008

11:39 Uhr

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#88+6

unabhängig, überparteilich, legal Ausgabe 10/08 aXXL erläutert in dieser Ausgabe, wie die Kreuzzügler der Psychohygiene das stille Verbrechen gegen sozial benachteiligte Kranke begehen auf Seite 3.

2 news 5 guerilla growing

Und nicht vergessen: Vienna Calling am 10. - 12.Oktober mit den Teams von Hanf Journal, Exzessiv, Spliff und Konoptikum auf der Cultiva auf Seite 6

Mittlerweile sorgt unser mze auch dafür, dass die Freunde des Electro Gamings nicht zu kurz kommen dieses Mal „Midnight Club L.A.“ auf Seite 11.

7 wirtschaft 8 cooltour 11 fun&action 16 reader‘s finest

Felix Austria? Österreichs Entwicklung zur heimlichen Hanfhochburg Die Meldungen überschlugen sich in den vergangenen Monaten geradezu, nachdem das Betäubungsmittelgesetz zum Anfang des Jahres revisioniert worden war. Die Rede ist nicht nur von dem spektakulären Gerichturteil, welches einem Besitzer von zehn Kilogramm Marihuana die Freiheit beließ. Die Verschärfung der Bestrafungen für Dealer hat hier zur Entkriminalisierung der Konsumenten von Cannabis geführt und ist definitiv der erste kleine Schritt in eine richtige Richtung. Die Stigmatisierung von Konsumenten sowie die Verteufelung einer alt eingesessenen Nutzpflanze ist in der heutigen Gesellschaft und in einer globalisierten Welt fernab jedweder Realität. Das erkennen gerade in Österreich immer mehr Bürger und sogar manch ein Politiker: Jüngst sorgte das österreichische Institut für Suchtprävention für Aufsehen. Die UNDOC (UNO-Drogenkommision) hatte festgestellt, dass fast drei Viertel aller jungen ÖsterreicherInnen gegen eine Legalisierung von Hanf seien. Das Institut für Suchtprävention kam jedoch mit einer differenzierten Fragestellung zu einem komplett anderen Ergebnis: in dieser Studie sprachen sich nur 45 Prozent für die Beibehaltung eines totalen Verbots aus. Auch wenn Marihuana noch immer unter das Suchtmittelgesetz fällt, wird bei Strafverfahren der Eigenanbau zur Selbstversorgung nicht als Dealerei angesehen, eine persönliche Vorratshaltung ist, anders als in Deutschland oder der Schweiz, juristisch mittlerweile akzeptiert. Bis zu zehn Stecklingen, egal welcher Sorte, ob THC arm oder hoch potent, können pro Person legal erworben werden. Das Anpflanzen selbst stellt auch noch keine Straftat dar, erst das Ernten könnte zur Sorge werden. Jedoch fällt nun seit dem 01.01.08 nicht die Menge der Ernte ins Gewicht, sondern die Absicht, ob man es verkaufen oder zum Eigenbedarf nutzen wollte. Auch die Zahl der AktivistInnen ist, gemessen an der Einwohnerzahl, groß: Das Hanffeuer in Wien oder die österreichische ENCOD Sektion, die ein Aktionswochenende gegen die UNDOC Dogmatiker der UNO veranstaltete, der MMM in Wien, die Initiative „Legalize!“ oder die HPÖ (Hanf Partei Österreich) bieten den vielen Hänflingen eine Plattform. Auch die Phytopharmaindustrie hat sich diese Akzeptanz zu Nutze gemacht und verlagerte fast die gesamte Forschung und eine Menge Arbeitsplätze rund um den Hanf von Deutschland nach Österreich, da hier trotz staatlicher Auflagen nach viel versprechenden Heilmitteln gesucht werden darf. So hat die landeseigene Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit die Möglichkeit, Cannabis zu medizinischen und Forschungszwecken anzubauen und nutzt diese auch. Dass Österreich sich heimlich zur Hochburg des Cannabis entwickelt hat, lässt sich ebenso an der erstmalig in Wien stattfindenden Cannabismesse „Cultiva“ manifestieren.

Nicht erst seit gestern:

Gerade der geschichtliche Hintergrund beleuchtet Österreichs Stellung in Sachen Hanf: bis zum ersten Weltkrieg war Österreich der führende Hanfproduzent Europas. Durch den Einmarsch der Nazis und die „Wiederangliederung“ wurden die deutschen Gesetze auch in Österreich wirksam. Der Hanf wurde als Rauschmittel verboten, unter den Nazis jedoch fleißig weiter angebaut, weil andere Hanfprodukte kriegsnotwendig waren. Nach der Befreiung war Hanf wieder völlig legal! Erst 1961 wurde er als Genussmittel aufgrund außenpolitischer Machtwünsche Österreichs erstmalig von der eigenen Regierung verboten, das Gesetz trat aber erst zwei Jahre später in Kraft. Man weiß, dass in weiten Landesteilen bis in die fünfziger Jahre „Kraut“ gerne als Tabakersatz genutzt wurde und nur der Wunsch nach eigenen UN-Sekretären und der Verlegung des Suchtstoffkontrollrates nach Wien zur Durchsetzung des Cannabisverbotes führten. Hier wurden dann auch zwei der drei wichtigsten UN-Drogenverträge unterzeichnet.

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Oans, zwoa, g‘rast

Günther Beckstein torkelt ins Abseits

Text: Michael Knodt

„Es ist nicht das Problem, wenn einer eine Maß trinkt oder, wenn er ein paar Stunden da ist, auch zwei... Eine anständige Maß werden wir nicht auf den Index stellen.“ sagte Günther Beckstein anlässlich der bevorstehenden Wies’n Saison auf die Frage, wie es um die Fahrtüchtigkeit von alkoholisierten Festzeltbesuchern stände. Zwei Maß, also vier „Halbe“ oder ungefähr 100 Gramm reiner Alkohol vor Fahrtantritt? Was würde Herr Beckstein sagen, wenn sein Fahrer, sicher ein gestandenes Mannsbild, sich während einer mehrstündigen Besprechung seines Chefs zwei Liter Bier in den Hals schraubt, um den Landesvater dann ein paar Stunden später zurück in die Staatskanzlei zu fahren? Der bayrische Ministerprädsident war führend in der Diskussion um die Senkung der Promillegrenze, was er privat davon hält, weiß man spätestens jetzt. Streng nach der Devise „Wasser predigen und Weizen saufen“ führt der bayrische Ministerpräsident alle verkehrs- und gesundheitspolitischen Bemühungen seiner Berliner Kollegen ad absurdum, um in Festzelten auf Stimmenfang für die bevorstehende Landtagswahl zu gehen.

bestellen, entgegen einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, fast jeden aktenkundig gewordenen Hanfkonsumenten zum Idiotentest. Egal, ob eine Drogenfahrt vorlag oder nicht. Positiven Urinproben folgt bei Verkehrskontrollen oft eine Hausdurchsuchung, eine Praxis, die wohl nur vor bayrischen Gerichten zu rechtfertigen ist. Leider führen dieser Druck und die Angst vor zusätzlicher Schikanierung auch dazu, dass sich Betroffene viel zu selten wehren. Hierfür liegen unserer Redaktion zahlreiche Fallbeispiele vor, über die wir regelmäßig berichten.

Der Erfolg dieser „Zero-Tolerance“ Politik ist sehr fragwürdig

Die von Herrn Beckstein empfohlene Menge übersteigt die Empfehlungen der WHO um das vier- bis fünffache und reicht einem nicht dem Suff verfallen Menschen eigentlich für einen ordentlichen Rausch. Konsequent wäre es dann zumindest, den potenziellen Promillefahrern das Tragen einer Augenklappe zu empfehlen, so hat man wenigsten beide Hände am Steuer und muss sich nicht dauernd mit einer Hand das rechte oder linke Auge zuhalten. Beckstein setzt die CSU- Tradition, lebensgefährendete Alkoholfahrten als Bagatelle abzutun, nahtlos fort. 1983 fuhr der damalige CSU-Generalsekretär und heutige Bahnvorstand Otto Wiesheu im Vollrausch einen Rentner tot. Wiesheu musste trotz den unglaublichen Wertes von 1,75 Promille nie zu einer MPU („Idiotentest“) und wurde später sogar bayrischer Verkehrminister. Der Würzburger Oberbürgermeister Jürgen Weber verliert 1984 seinen Führerschein wegen Alkohol am Steuer, 1984 müssen auch der Landtagsabgeordnete Gustav Matschl sowie Ex-Bundesinnenminister Hermann Höcherl die Pappe zum Trocknen bringen. Der Vize Landrat von Kelheim Hans Kirzinger verursacht im Dezember 1985 mit 1,23 Promille einen Unfall mit einem Toten, der ADAC-Ehrenpräsident Franz Stadler baut mit 1,4 Promille 1989 einen Unfall mit 40.000 DM Sachschaden. Der Programmdirektor des Bayerischen Rundfunks, Wolf Feller, bringt es 1994 mit 2,36 Promille zu zwei Totalschäden. Der Landrat des Landkreises Lindau/Bodensee Manfred Bernhardt gerät 2000 mit 1,8 Promille in eine Alkoholkontrolle. Alle haben ihre Fahrerlaubnis, mal mit, mal ohne MPU, mittlerweile wieder erhalten. Im Gegensatz hierzu spricht sich genau dieselbe CSU vehement gegen Grenzwerte für Cannabis im Straßenverkehr aus und die dortigen Führerscheinstellen

Der Erfolg dieser „Zero-Tolerance“ Politik ist sehr fragwürdig. Der hohe Verfolgungsdruck führte in der Vergangenheit auch in Bayern nicht dazu, dass die Konsumhäufigkeit zurück ging. Im Gegenteil zeigen sich die „Erfolge“ der Null-Toleranz-Politik wohl am deutlichsten in der Anzahl der Drogentoten. Diese stieg im Jahr 2007 auf 242. Bayern gehört damit zu jenen Länder, die überproportional viele Todesfälle im Zusammenhang mit Drogenkonsum verzeichnen müssen. Doch auch seine Promillerede konnte Beckstein nicht vor der erlittenen Wahlniederlage bewahren, zu hoffen bleibt, dass er sich nach zwei Frustmaß nicht hinter’s Steuer gesetzt hat. Das Hanf Journal warnt generell davor, unter dem Einfluss von Drogen, egal welcher, am Verkehr teilzunehmen und hält es da lieber wie der CSU Koallitionspartner in Spe: „Lieber bekifft ficken als besoffen fahren!“, forderten die Jungen Liberalen Schleswig-Holsteins bereits im Jahr 2000.


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