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24.07.2008
11:39 Uhr
Seite 1
#90+7
unabhängig, überparteilich, legal Ausgabe 12/08
www.hanfjournal.de aXXL‘s zweite Interferon-Therapie endet und warum er sich lieber an der vorgezogenen Weihnachtshoffnung 2008 seine Pfoten verbrennt als unsicheren Infos Glauben zu schenken, schildet er auf Seite 3.
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Wir verlosen fünf Exemplare des Schweizer music4hempSamplers „101% THC“. Rauschgiftsüchtige und Reggaepatienten senden bis zum 31.12.2008 einfach eine Mail mit dem Betreff „music4hemp“ an gewinnen@hanfjournal.de ... mit etwas Glück können wir vielleicht Schmerzen lindern.
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Dafür müsst Ihr büßen
Text: Michael Knodt
Schweiz lehnt Hanfinitiative ab - Ordnungsbussen geplant
A
m Tag nach der Abstimmung meldeten die meisten Zeitungen, dass Kiffen in der Schweiz nach der Ablehnung der Hanfinitiative weiterhin illegal bleibe. Ob das so stimmt, ist schwer zu sagen, denn zeitgleich mit der Ablehnung haben sich die SchweizerInnen dazu entschieden, das Betäubungsmittelgesetz zu reformieren. Hier wird auch der Drogenkonsum neu geregelt und soll demnach nicht mehr unter Strafe gestellt werden: „Der vorsätzliche und unbefugte Konsum (volljähriger Personen) von Betäubungsmitteln soll nicht mehr mit Bussen belegt werden sondern ist straffrei“ „Vorbereitungshandlungen für den eigenen Konsum von Betäubungsmitteln sowie das Weitergeben dieser Drogen zum gleichzeitigen und gemeinsamen Konsum bleibt straffrei.“ Klingt eigentlich nach straffreiem Kiffen, aber nach der Ablehnung der Hanfinitiative gilt eben jenes Bussenmodell wieder als konsensfähig. SP und Jusos, FDP, und sogar Teile von SVP sowie einflussreiche Eltern, Jugend- und Lehrerverbände haben signalisiert, das Bussenmodell, das im Kanton St.Gallen schon eine Testphase durchlaufen hat, auf die gesamte Schweiz ausdehnen zu wollen. Einzig den Grünen geht das nicht weit genug, sie fordern ein Modellprojekt auf lokal begrenzter Ebene, in dem man beweisen könne, dass die Legalisierung funktioniere. Nach dem momentan favorisierten Ordnungsbussenmodell sollen erwachsene Kiffer nur noch mit Strafzetteln versehen werden, wenn sie mit etwas zu rauchen erwischt werden. Ein Eintrag ins Strafregister entfiele. Bei Jugendlichen solle an Stelle von Strafverfolgung Hilfe vor Strafe stehen, wobei Beratung und Suchtpräventionskurse im Vordergrund stehen. Ebenso scheint auch noch nicht klar zu sein, ob das Bussenmodell nur den Besitz kleiner Mengen oder auch den Konsum einschließt, obwohl das revidierte BetmG den Konsum als solches wie schon erwähnt nicht mehr unter Strafe stellt. Aber das wissen die Schweizer anscheinend selbst noch nicht so genaudas Ordnungsbussenmodell sieht Strafen für den Konsum vordas revidierte BetmG erklärt den Konsum für straffrei. Wie schön, dass die Eidgenossen jetzt endlich klare Verhältnisse haben. Übrigens lässt das neue Gesetz vieles ungeregelt. So auch die Meldepflicht für Faserhanf, die, je nach Gutdünk einiger National- und Großräte- kommt oder auch nicht kommt. Auch die Versorgung von Cannabispatienten wird im angenommen Gesetz oberflächlich geregelt, hier heißt es:
„Unter gewissen Bedingungen soll die ärztliche Verschreibung von Cannabisprodukten ermöglicht werden, z. B. zur Schmerzlinderung oder als krampflösendes Mittel bei Multipler Sklerose.“ Bei Cannabis als Medizin ist die Formulierung so schwammig gehalten, dass konkrete Lösungsansätze fast beliebig gewählt werden können. Von der legalen Selbstversorgung bis hin zu einem unmenschlichen Genehmigungsprocedere ist bei dieser Formulierung alles möglich.
Unsere Nachbarn wollten endlich Klarheit in Sachen Hanf und haben de facto ein kleines Chaos fabriziert, weil
• die Jugendschutzfrage nach wie vor ohne reglementierten Markt ungeklärt bleibt, • anscheinend noch nicht mal klar ist, ob der Konsum straffrei ist oder nicht, • die Vergabe an Patienten nicht klar geregelt ist, • HanfkonsumentInnen weiterhin kriminalisiert werden dürfen, und sei es „nur“ durch Bussen. Also eigentlich hat sich für Hanfliebhaber fast gar nichts geändert und selbst die Regelungen des neuen Betäubungsmittelgesetztes scheinen nicht immer einfach umsetzbar zu sein, wie der Schrei nach Bussen für eine nach dem neuen Gesetz straffreie Handlung beweist. Seltsamerweise redet in der Schweiz niemand vom Besitz geringer Mengen, das Bussenmodell dreht sich immer um den Konsum. Die Schweizer haben mit dem „Nein“ zur Hanfinitiative eindeutige Regelungen abgelehnt und müssen jetzt einen formaljuristisch heiklen Weg gehen, um nicht ein gutes Drittel ihres Volkes zu ignorieren: Sie müssen etwas Verbotenes jetzt ein bisschen erlauben. Das wird schwierig für den Gesetzgeber und spannend für uns Konsumenten.
Coffeeshop, quo vadis? S
eit 1976 gibt’s in den Niederlanden die sogenannte „Duldungspolitik“ (gedoogbeleid). Dahinter steht der pragmatische Glaube, dass eine Unterscheidung harter und weicher Drogen wünschenswert ist, und die Statistik spricht dafür: Holland ist das einzige westliche Land, in dem Cannabis verkauft werden darf, und dort konsumieren nur 13 Prozent der Jugendlichen. In den Verbots-Ländern liegt der Konsum höher. Da die niederländische Justiz inzwischen verstärkt gegen den Hanfanbau vorgeht, weichen Züchter immer häufiger nach Belgien oder Deutschland aus. Da zudem zahlreiche Grenzgemeinden über Verbindungen zwischen Coffeeshops und organisierter Kriminalität klagen, mehren sich auch in den Niederlanden die Stimmen für ein repressiveres Vorgehen. Der Wandel hat längst begonnen: die Zahl der Coffeeshops hat sich im letzten Jahrzehnt von knapp 1400 auf rund 700 halbiert. Nun ist in den Grenzkommunen ein heftiger Streit über die niederländische Drogenpolitik ausgebrochen. Die südholländische Stadt Maastricht hat den Zorn der belgischen Nachbarstadt Lanaken auf sich gezogen, weil sie sieben Coffeeshops in die Nähe der gemeinsamen Grenze verlegen will. Jetzt fürchten jedoch die Belgier um ihre Ruhe und wollen diese Umsiedlung bekämpfen. Auch die belgischen Grenzgemeinden Bilzen, Hoesselt und Riemst hatten über eine explosive Zunahme des Anbaus und -handels in ihren Kommunen geklagt. Sie fordern auch die Schließung der Coffeeshops in Maastricht. „Das Argument, dass wir ein lokales Problem in belgische oder deutsche Städte tragen wollen, ist Unsinn. Maastricht hat 16 Coffeeshops, während es seiner Größe nach eigentlich nur sechs oder sieben bräuchte.“, erklärt der Maastrichter Bürgermeister Gerd Leers. Seiner Meinung nach verhält sich Belgien scheinheilig: „Das Problem sind nicht die Coffeeshops. Das Problem ist, dass man in Belgien bis zu drei
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