#162 Hanf Journal Hanfparade Spezial

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HANFJOURNAL.DE | AUSGABE #162 | JULI 2013

UNABHÄNGIG | ÜBERPARTEILICH | LEGAL

Wir leben Legalisierung

Überzeugende Demonstranten - Foto: exzessiv.TV

von Steffen Geyer

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anfparade ist, was dabei rauskommt, wenn eine handvoll Livebands, ein Dutzend Paradewagen, doppelt so viele Redner, rund hundert Aktive sowie ein paar Tausend Teilnehmer einen Samstag miteinander verbringen. Am nächsten Tag berichten zwei, drei Lokalzeitungen von den Festnahmen und nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Wer die Geschichte der "größten deutschen Demonstration für die Legalisierung von Cannabis als Rohstoff, Medizin und Genussmittel" derart zusammenfasst, ist zwar nicht nett, sagt aber die Wahrheit. Die Hanfparade ist dennoch mehr als nüchterne Statistik. Hanfparade ist die Magie, die passiert, wenn tausende Menschen gemeinsam für freies Cannabis "das Maul aufmachen". Hanfparade ist das Gefühl, das Richtige zu tun, auch wenn es die da oben per Gesetz zum "Falschen" erklären. Hanfparade ist der vom Krümel "Selbstgestricktes" gebaute Joint, die erste Bong nach sechs Monaten MPU-Abstinenz, der kurze Moment der Freiheit beim Betreten eines Coffeeshops. "Hanfparade" ist kein Ort. Die Teilnahme an der Demonstration ist lediglich der äußere Ausdruck eines im Inneren gegangenen Weges. Sie ist der bewusste Schritt auf die Seite derer, die das Unrecht des Hanfverbots nicht still ertragen. Die Hanfparade ist der Mut, den inneren Weg vom "mir passiert schon nix" zum "ohne mich passiert ja doch nix" zu gehen und anderen davon zu berichten. Hanfparade ist, sich für die WERBUNG

Legalisierung von Cannabis entschieden zu haben. Die Hanfparade, die am 10. August unter dem Motto "Meine Wahl? Hanf legal!" in Berlin stattfinden wird, ist bereits die 17. ihrer Art. Kinder, die Mitte der Neunziger bei den ersten öffentlichen Gehversuchen der neuen Legalisierungsbewegung gezeugt wurde, sind inzwischen alt genug, um selbst für ihren Hanfgebrauch ins Gefängnis zu gehen. Manch einer, der die größte deutsche Cannabisdemo besucht, verschweigt dies Eltern, die eigene Paradeerfahrungen haben. Eine Besuchergeneration nachdem 1997 zehntausende "Legalisierung jetzt!" forderten, ist das gesellschaftliche Klima noch immer nicht kifferfreundlich. Noch immer versterben Patienten, weil Cannabis kein normales Medikament ist, klagen Hanfbauern und Verarbeiter über nicht enden wollende bürokratische Gängelei. Vielen, insbesondere den jüngeren Paradisten, scheint der Weg bis zur Legalisierung deshalb noch allzu weit. Dabei leben wir längst in der Epoche der "Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf". Es "dampfmaschint", wenn die Zeit der Dampfmaschine gekommen ist und im Moment "legalisierts". Die Zeit der Prohibitionisten läuft unerbittlich ab. Mit den US-Bundesstaaten Colorado und Washington, deren Bürger sich in demokratischen Wahlen für die Hanffreigabe aussprachen, ist das Thema "War on Drugs" im "freihesten Land der Erde" eigentlich durch. Ähnlich wie dies in den letzten zwei Jahrzehnten mit "Medical Marijuana" geschah, wird legaler

Genusshanf die USA nun Jahr für Jahr, Staat um Staat wieder zu einer Hanfnation machen. Und ohne den größten Geldgeber der internationalen Hatz auf Kiffer sind die Jobs in Anti-Drogenbehörden bald ebenso beliebt wie die Aktien einer Bad Bank. Kommt Zeit, kommt Legalisierung wäre trotzdem zu früh gefreut. So unvermeidlich der Weg scheint, gehen müssen wir ihn selbst. Und wer erlebte, wie die Legalisierungswelle der Neunziger am Spiegel-Titel von der "Seuche Cannabis" brach, weiß um die Stolpersteine scheinbar einfacher politischer Wege. Anders als vor zehn Jahren scheint die deutsche Szene diesmal aber bereit, den Rückenwind von "übern Teich" zu nutzen. Nie war die Anzahl der Aktiven hierzulande größer, nie beteiligten sich mehr Städte am GMM. Mit Cannabis Social Clubs, Coffeeshops, Drogenfachgeschäften sowie der gesetzlichen Gleichstellung mit Tabak liegen politische Konzepte für heute und übermorgen bereit. Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik gab es so deshalb viel Cannabisdiskussionen vor und in den Parlamenten. Die Hanfparade 2013 wird die politische Debatte über die Legalisierung, das neue Selbstvertrauen und die wiedergewonnene Kraft der Szene auf die Straße tragen. Wenige Wochen vor der Bundestagswahl werden Tausende in Berlin zeigen, dass sie ihre Wahl getroffen haben, dass ihre Antwort auf die Frage "was wählen?" nur eine sein kann: "Meine Wahl? Hanf legal!" www.hanfparade.de

Niemand hat die Absicht, Konsumenten zu verfolgen Willkommen in Berlin

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n diesem Sinne äußern sich die Regierenden hier in Berlin immer wieder, obwohl die Diskriminierung von Hanf Konsumierenden in fast allen Lebensbereichen immer noch alltäglich ist. Egal ob beim Führerschein, in der Schule, im Beruf oder im Privatleben, wer mit dem Grünen Kraut erwischt wird oder sich zu ihm bekennt, hat danach meist ein Problem. Doch dank der wachsenden Aufklärung in großen Teilen der Bevölkerung werden es Jahr für Jahr mehr, die sich gegen diese Diskriminierung zur Wehr setzen, viele von ihnen, indem sie auch 2013 wieder zur Hanfparade nach Berlin kommen. Denn nur in der Hauptstadt kann man das gemeinsame Anliegen dort vortragen, wo die Verantwortlichen für diese Misere sitzen: Im Zentrum der Macht, zwischen Spreebogen und dem Brandenburger Tor. Dort, wo früher nie jemand eine Mauer bauen wollte oder heute Hanf-Konsumenten verfolgen will. Dank des unermüdlichen Einsatzes des Orga-Teams der Hanfparade haben es der Jakis e.V. mit Steffen, Tribble, Rollo, Locke, Hans, Marion, Greg und dem Rest der Crew wieder geschafft, die Hanfparade 2013 zu ermöglichen. Dieses Jahr sogar

mit einem Markt der Möglichkeiten, den die Stadt Berlin mit allen juristischen Mitteln zu verhindern suchte (Seite 10). So viel zur Diskriminierung von Hanfaktiven. Das Orga-Team hat neben der Hanfparade auch dieses Jahr die Produktion dieser Ausgabe weitgehend übernommen, wofür die Redaktion sehr dankbar ist. Denn sie haben es geschafft, auf den folgenden 24 Seiten mehr Evidenz basierte Informationen zu Hanf zu publizieren, als die meisten deutschsprachigen Medien oder gar die politische Landschaft. Besonders das Thema Cannabis Social Clubs (Seite 21) wird in den Mainstream-Medien fast totgeschwiegen, obwohl oder gerade weil es in einigen EU-Ländern bereits existiert und auch für Deutschland eine praktikable Lösung wäre. Doch auch die Abstimmungen in den USA (Seite 5) oder der wachsende Erfolg des Global Marijuana March in Deutschland (Seite 8) haben im Laufe der 12 Monate mehr als nur ein Zeichen gesetzt. Jetzt ist es an der Zeit, die nächsten Schritte zu gehen, wofür die Hanfparade 2013 der beste Anlass des Jahres ist. Wir sehen uns in Berlin. Eure Redaktion

Dieser Konsument wird nur vom Fotografen verfolgt - Foto: exzessiv.TV WERBUNG


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