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#165 KOSTENLOS
UNABHÄNGIG | ÜBERPARTEILICH | LEGAL
Der Letzte zahlt die Zeche Schlecht gerüstet für eine blühende Zukunft
Was uns jetzt blüht
Ein Wahlausgang ohne drogenpolitsche Akzente
WAS NOCH SO ALLES DRIN STECKT
3 GTA VOLL AUF WEED 19 die Kritik zum Thema von mze
CANNABIS UND DER REST
Ein kleiner Vergleich
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eit die beiden US-Bundesstaaten Colorado und Washington mit Obamas Segen re-legalisieren dürfen und auch in Uruguay die Prohibition bald Geschichte sein wird, sind sich viele Beobachter des drogenpolitischen Tagesgeschehens in zwei Dingen einig: Das Hanfverbot wird in einer Art Domino-Effekt fallen, zuerst in den USA und Südamerika, dann auch in Europa. Deutschland wird diese Entwicklung unbeteiligt, dafür aber mit staunenden Augen beobachten und sich irgendwann als einer der letzten westlichen EU-Staaten, der Realität beugen. Aller Voraussicht nach aber erst dann, wenn es zu spät ist. Zu spät für eine Re-Legalisierung? Nein, dazu ist es eigentlich nie zu spät, aber Deutschland wird in Sachen Hanfwirtschaft ein Entwicklungsland sein. Beim Faserhanfanbau haben wir uns seit dessen EU-weiter Re-Legalisierung vor 15 Jahren schon längst von Frankreich abhängen lassen. Medizinalhanf wird in den Niederlanden, Österreich, Großbritannien und bald auch in Tschechien angebaut. Spanien oder die Niederlande üben schon einen zukünftig legalen Markt, indem sie Strukturen zulassen, die auch die Versorgung von Konsumenten in kleinerem Rahmen tolerieren, Belgien und Portugal könnten bald folgen und Österreich produziert seit Jahren legal Stecklinge. Deutschland hingegen bestraft weiterhin alles und jeden drakonisch, der mit ein paar Pflanzen at home erwischt wird. Als sei der gesellschaftliche WERBUNG
Schöne Aussichten - Bild: Archiv
Schaden der letzten vierzig Jahre Kifferjagd nicht schon groß genug und deshalb Anlass zum Umdenken, nehmen wir jetzt auch noch in Kauf, in zehn bis zwanzig Jahren als Entwicklungsland in Sachen Hanf-Ökonomie dazustehen, weil die Politik seit Jahren so tut, als gäbe es beim Anbau keine „Geringe Menge“, keinen Eigenbedarf. Andererseits entstehen um uns herum immer mehr Schlupflöcher, die es zulassen, Hanf als Medizin in großem Stil, und als Genussmittel im kleineren Rahmen anzubauen. Pharmaunternehmen wie Bionorica verlegen ihre medizinischen Hanffelder zur Dronabinol-Produktion nach Österreich, weil man in Deutschland selbst für Forschungszwecke schnell an gesetzliche Grenzen stößt. Sollten die Pläne zur schrittweisen Regulierung des Cannabismarkts in einer Post-Merkel Ära einmal Wirklichkeit werden, wird unser Kraut aus Spanien, Niederlanden oder Tschechien importiert werden müssen, also genau daher, wo der Großteil des Schwarzmarkt-Grases bereits heute herstammt. Wir werden nicht konkurrenzfähig sein, weil bei uns weder Infrastruktur noch Erfahrung auch nur ansatzweise vorhanden sind. Statt Arbeitsplätze geschaffen zu haben, werden wir Gras importieren und dafür wohl teuer bezahlen müssen. Deutschland war eines der ersten Länder, in dem sich nach der Entwicklung des Indoor-Anbaus in den Niederlanden zwischen 1985 und 1995,
HANFJOURNAL.DE | AUSGABE #165 | OKTOBER 2013
eine Hanfanbau-Subkultur bildete, die durch das rot/grüne Samenverbot 1998 in ihrer Entwicklung immens behindert wurde. Seitdem wird immer wieder staatliches Geld für die Ächtung und die grundlegende Ausrottung dieses relativ neuen Phänomens investiert. Dabei wird komplett ignoriert, dass es sich bei der großen Mehrheit der kriminalisierten Hanfbauern um kleine Fische handelt, die sich ihren persönlichen Vorrat für die nächsten Monate ergärtnern wollen. Diejenigen, die in anderen Ländern ungestört growen können und so die Grundlage für einen zukünftig legalen Markt schaffen, werden hierzulande immer noch mit Haftstrafen belegt. Sie konzentrieren sich lieber auf Dinge wie Täuschen & Tarnen, anstatt sich der Schaffung neuer Sorten mit hohem CBD-Anteil, neuen Extraktionsverfahren, der Rationalisierung von Arbeitsabläufen, optimaler Beleuchtungstechniken für nördliche Breiten oder der biologischen Schädlingsbekämpfung bei der Hanfpflanze unter wissenschaftlichen Aspekten zu widmen. Das wird uns eines Tages noch teuer zu stehen kommen, Patienten haben bereits einen Vorgeschmack auf das, was Konsumierenden noch blühen könnte: Medizinisches Cannabis aus niederländischem Anbau kostet vor Ort zwischen fünf und sieben Euro, in deutschen Apotheken kostet es zwischen 16 und 18 Euro pro Gramm. Michael Knodt
Der Wahlausgang war wenig überraschend und somit auch für die meisten unserer Leser/innen enttäuschend. Mit einer CDU-geführten Regierung wird sich auch in der Drogenpolitik wenig ändern, und um halbwegs glaubwürdig zu bleiben, sollte ein schwarz/grünes Experiment für die ohnehin abgestrafte Öko-Partei ein absolutes Tabu bleiben, denn mit einer so starken Kanzlerin lassen sich beim Thema Cannabis nicht einmal Kompromisse aushandeln. Die SPD wird sich als wahrscheinlicher Koalitionspartner der CDU ebenso schwer tun wie die vergangenen Jahre, wenn es um Hanf geht, für eine Erneuerung ihres drogenpolitischen Profils hätte es ein paar Jahre auf der Oppositionsbank bedurft. Die LINKE, die dank der hervorragenden Arbeit von Frank Tempel weiterhin die aktivste aller Bundestags-Fraktionen sein wird, wird aufgrund ihrer isolierten Position innerhalb der politischen Landschaft aber keine großen Akzente setzen können. Einzig und allein die FDP könnte aus ihrem Desaster lernen und endlich einen einer liberalen Partei angemessenen Standpunkt zu Cannabis beziehen, so wie es die Jungen Liberalen bereits seit fast 25 Jahren machen. Der neue Hoffnungsträger Lindner weiß ja aus JuLi-Zeiten, wie man Cannabis-Kampagnen initiiert, auch wenn man sich einen ernsthafteren Ansatz als bei der
13 Jahre zurückliegenden „Lieber bekifft ficken als besoffen Auto fahren“-Kampagne von Daniel Bahr wünscht. Eigentlich bleibt der FDP auf der Suche nach klaren, liberalen Positionen nichts anderes übrig, als beim Thema Hanf zu den Piraten, Linken und Grünen aufzuschließen, wenn sie in Zukunft neue und vor allen Dingen junge Wähler gewinnen möchte. Das rechts-liberale Spektrum, in dem man in grauen Vorzeiten so gerne Wähler gefischt hat, ist jetzt von der „Alternative für Deutschland“ besetzt, also wird die FDP schon auf Kurs kommen, wenn nicht aus Vernunft, dann aus Opportunismus. Bei der neuen rechten Kraft sucht man die Drogenpolitik im Programm übrigens vergeblich, doch angesichts ihrer national-konservativen Ausrichtung ist von der AfD ungefähr dasselbe zu erwarten wie von der CSU: Prohibitionistische Polemik. Bleiben noch die Piraten, die sich, trotz eines guten drogenpolitischen Programms mit einem grottenschlechten und kopflosen Wahlkampf selber versenkt haben. Spannend bleibt einzig und allein, welcher dickfellige Hinterbänkler die kommenden vier Jahre auf die ungeliebte Stelle der oder des Drogenbeauftragten gehievt wird, um Evidenz basierte Ansätze im Keim zu ersticken.
Die Redaktion
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Bundesweite Strafverteidigung in BTM- und sonstigen Verfahren Rechtsanwalt Ulli H.Boldt
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