Christian Roesti, Bruno Keist Die Stimmen der Heuschrecken
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Christian Roesti, Bruno Keist
Die Stimmen der Heuschrecken Mit DVD
Haupt Verlag Bern 路 Stuttgart 路 Wien
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Zu den Autoren: Christian Roesti (geb. 1983), Biologiestudium an der Universität Bern, mit Abschluss im Jahr 2008. Seit seiner Kindheit Interesse an den Heuschrecken und Vögeln Europas; Tonaufnahmen seit 2006.
Bruno Keist (geb. 1940), Medizinstudium an den Universitäten Genf und Zürich, Ausbildung zum Facharzt Allgemeinmedizin, eigene Praxis bis zur Pensionierung im Jahr 2004. Beschäftigt sich seit zwanzig Jahren mit Heuschrecken; Tonaufnahmen seit 1999.
Die Herausgabe dieser Publikation und der Begleit-DVD wurde unterstüzt durch Pro Natura.
Umschlagabbildungen Vorne: Feld-Grashüpfer (Chorthippus apricarius) , singend Hinten: Sumpfgrille (Pteronemobius heydenii) , singend Texte, Oszillogramme und Fotos: Christian Roesti Gesamtkonzeption: Christian Roesti und Bruno Keist Tonaufnahmen: Christian Roesti und Bruno Keist Gestaltung und Satz: René Tschirren, Haupt Verlag 1. Auflage: 2009 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-258-07279-1 Alle Rechte vorbehalten. Copyright © 2009 by Haupt Berne Jede Art der Vervielfältigung ohne Genehmigung des Verlages ist unzulässig. Umschlag gedruckt auf Gemini I, FSC; Inhalt gedruckt auf Novatech Silk, FSC. Printed in Germany
www.haupt.ch
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Inhalt Dank. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Vorwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Allgemeiner Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Erzeugung der Lautäußerungen . . . Die Bedeutung der Lautäußerungen . . . Der Einfluss der Temperatur. . . . . . . . . . Zum Gebrauch von UltraschallDetektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zum Gebrauch des Buches . . . . . . . . . . . Zur DVD. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesangsaktivität im Tagesverlauf. . . . . .
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Bestimmungsteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Langfühlerschrecken (Ensifera). . . . . . . Kurzfühlerschrecken (Caelifera) . . . . . . Deutsche Arten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Die Audio-Dateien auf der DVD . . . . .
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Register der deutschen Namen. . . . .
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Register der wissenschaftlichen Namen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Die Stimmen der Heuschrecken
Inhalt DVD Christian Roesti Bruno Keist
Mit Unterstützung von
Begleit-DVD zum gleichnamigen Buch (ISBN 978-3-258-07279-1) Copyright © 2009 by Haupt Berne
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Tonaufnahmen Datentabelle Die Betonung der wissenschaftlichen Namen Literaturverzeichnis Autorenporträts
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Dank Verschiedene Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunde sowie Institutionen haben uns auf vielfältige Weise unterstützt und damit das vorliegende Werk erst ermöglicht. Ihnen allen möchten wir herzlich danken. Pro Natura und eine anonyme Spenderin finanzierten mit großzügigen Beiträgen den Druck. Unser Dank gebührt insbesondere AnneMarie und Daniel Roesti-Joray; ohne ihre finanzielle Unterstützung während der letzten Jahre hätte das Buchprojekt nicht realisiert werden können. Sie, Marc Lüthi, Elsa Obrecht, Salome Steiner und Anna Poschung korrigierten die Texte. Wir danken dem Haupt Verlag Bern für die hervorragende Zusammenarbeit. Gérald Engler half uns beim Realisieren der DVD und stand uns als Tontechniker (www.audioengineer.ch) zur Seite. Die aktuellen Verbreitungskarten der deutschen Arten erhielten wir von Stephan Maas und Aloysius Staudt vom Büro für Ökologie und Planung in Saarlouis und von Peter Detzel (Gruppe für
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Ökologische Gutachten, Stuttgart). Sarah Althaus, Beatrice Lüscher und Kurt Grossenbacher gaben uns wertvolle Angaben über Standorte und die Phänologie von Amphibien. Mathias Ritschard danken wir für die Beratung beim Mikrofonkauf und Yoan Braud, Eric Sardet, Gilles Carron, Stéphane Puissant, Brigitte Gottsberger und Dirk Berger für hilfreiche Anregungen. Armin Coray, Youna Zahn, Norbert Elsner und Klaus-Gerhard Heller halfen uns bei der Beschaffung von Literatur. Jérôme Sueur, Stéphane Puissant und Mathias Ritschard danken wir herzlich für die zur Verfügung gestellten Tonaufnahmen und Brigitte Wolf, Heiko Bellmann und Alain Saunier für die Fotos. Klaus-Gerhard Heller überprüfte die Allgemeinen Kapitel. Die Thal-Garage Fuhrer AG in Grünenmatt stellte uns zu bescheidenen Preisen einen Mietwagen zur Verfügung. Ganz herzlich danken wir Lotti Keist-Krebser und Anna Poschung, die wesentlich zum Gelingen des Projektes beigetragen haben.
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Vorwort Heuschrecken sind für den Insektenfreund das, was für den Liebhaber etwas größerer Tiere Vögel sind: Im Leben dieser beiden Tiergruppen spielen Gesänge und Laute die auffälligste und wichtigste Rolle. Daher werden diese faszinierenden Lebewesen von bioakustisch interessierten Naturbeobachtern und Wissenschaftlern untersucht und erforscht. Während die verschiedenen Heuschreckenarten anhand ihres Aussehens oft nur schwer zu bestimmen sind, lassen sie sich aufgrund ihres Gesangs schon aus der Ferne gut identifizieren. Doch erstaunlicherweise sind, verglichen mit den Vogelgesängen, die Kenntnisse über Heuschreckengesänge nicht sehr verbreitet. Zwar wird der Gesang in neueren Bestimmungsbüchern meist erwähnt oder kurz beschrieben, gelegentlich auch mit einzelnen Beispielen auf einer CD-ROM hörbar gemacht, aber eine sorgfältige Beschreibung mit ausführlichem Klangmaterial fehlte bisher. Diese Lücke wird nun endlich durch die vorliegende Publikation und die Begleit-DVD, die ausschließlich der Bioakustik dieser Tiergruppe gewidmet ist, geschlossen. Die Autoren Christian Roesti und Bruno Keist decken mit ihrer Untersuchung, in deren geografischem Zentrum die Schweiz steht, auch die gesamte Bundesrepublik Deutschland ab. Dieses Werk macht, zusammen mit den beiden Bänden «Atlas
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de distribution des Orthoptères de Suisse» (Thorens & Nadig, 1997) und «Die Heuschrecken der Schweiz» (Baur & Roesti, 2006), die Schweiz zum orthopterologisch am besten erschlossenen Land Europas. Christian Roesti und Bruno Keist stehen damit auch in bester Tradition des Waadtländers Alexander Yersin, der um 1854 als erster Orthopterologe überhaupt versuchte, seinen Zeitgenossen die Gesangsunterschiede der verschiedenen Heuschreckenarten verständlich zu machen. Während er dafür aber noch die Notenschrift benutzen musste, verwenden seine Nachfolger das ganze zur Verfügung stehende Spektrum moderner Aufnahme-, Analyse- und Wiedergabemethoden. Zusätzliche Angaben in digitaler Form über Aufnahmeumstände und Literatur sowie über die korrekte Betonung der wissenschaftlichen Namen runden die beeindruckende Zusammenstellung ab. Gerade der letzte Punkt ist eine sinnvolle und sehr passende Ergänzung in einem BioakustikBuch! Ich wünsche dem Buch eine weite Verbreitung und hoffe, dass es die Freude an den Heuschrecken vergrößert und zu einer weiteren Verbesserung der Kenntnisse über die kleinen sechsbeinigen Sänger beiträgt. Magdeburg, im Mai 2009 Klaus-Gerhard Heller
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Die Stimmen der Heuschrecken
Einführung Heuschrecken haben zusammen mit Zikaden, Froschlurchen, Vögeln und Säugetieren eine grenzenlose Vielfalt von Lautäußerungen entwickelt (S. 19 und 20). Die verschiedenen Tiergruppen haben unabhängig voneinander die unterschiedlichsten Methoden entwickelt, Töne und Geräusche zu erzeugen. Die Lautäußerungen unterscheiden sich in der Zusammensetzung der Frequenzen (Tonhöhe), im Rhythmus und in der Lautstärke. Die Entfernungen, aus denen wir Menschen die Gesänge wahrnehmen, sind sehr unterschiedlich. Der tiefe Gesang des Uhus (Bubo bubo) ist über vier Kilometer, die Paarungsrufe der Kreuzkröte (Bufo calamita) über zwei Kilometer und der Spontangesang der Eschenzikade (Cicada orni) über 500 Meter weit hörbar. Gesänge wie derjenige des Wintergoldhähnchens (Regulus regulus) oder der Bergzikade (Cicadetta montana) sind über wenige Dutzend Meter zu hören und die Gesänge von vielen Laubheuschrecken sind aufgrund der hohen Frequenzen nur aus kürzester Distanz wahrnehmbar. Alle Lautäußerungen haben aber etwas gemeinsam: Sie sind ein energetisch billiges und sehr effektives Kommunikationsmittel. Im Vergleich zur Körpergröße und zum Aktivitätsradius der jeweiligen Tierarten gelangen die Geräusche über relativ große Distanzen zu einem Empfänger. Die Geräusche der Kurzfühlerschrecken liegen im Bereich zwischen 5 und 40 kHz, die lauten Frequenzen sind im hörbaren Bereich unter 20 kHz. Die Lautäußerungen von Langfühlerschrecken liegen im Bereich von 5–100 kHz, die lautesten Frequenzen liegen bei manchen Arten bei 30–60 kHz. Im Vergleich dazu liegen die Frequenzen der Gesänge von Vögeln, Froschlurchen und der menschlichen Sprache viel tiefer. Sie liegen meist deutlich unter 10 kHz. Die Lautäußerungen von Zikaden erreichen nur selten 15 kHz. Das beste menschliche Gehör haben in der Regel Kinder und junge Frauen, sie hören Töne von 16 Hz bis knapp über 20 kHz. Alterung oder Schädigungen des Gehörs durch Lärm führen dazu, dass wir die höheren Frequenzen nicht mehr wahrnehmen können. Deshalb sind besonders ältere Personen auf einen UltraschallDetektor angewiesen (S. 25).
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Für die meisten Heuschrecken (die Grillen bilden eine Ausnahme, S. 21) sind jedoch weniger die Frequenzen der Lautäußerungen bedeutsam, sondern vielmehr die Strukturierung der Lautäußerungen bezüglich zeitlichem Ablauf und Lautstärke. So können nach Bukhvalova (in Drosopoulos & Claridge 2006) in einem Lebensraum nur Arten zusammen vorkommen, die verschiedene akustische «Kanäle» benutzen, und diese Kanäle sind vor allem durch die Silben-, Vers- oder Strophenlänge und deren Wiederholungsraten charakterisiert. Zusätzlich zu den Lautäußerungen verständigen sich viele Heuschrecken (vor allem Laubheuschrecken) durch Vibrationssignale. Deren Bedeutung spielt in der Erforschungsgeschichte der Heuschreckenkommunikation eine untergeordnete Rolle. Dies vielleicht, weil ihre Erfassung und Dokumentation schwierig ist, vielleicht aber auch, weil sie in unserem Leben eine untergeordnete Rolle spielen. Verschiedene Kapitel in Drosopoulos & Claridge (2006) zeigen, wie wichtig die Kommunikation über Vibrationssignale ist. Langfühlerschrecken haben in den Vorderschienen, Kurzfühlerschrecken beidseits im ersten Hinterleibssegment ein Gehörorgan. Weniger bekannt ist, dass sie auch in jedem Bein einen Vibrationssensor besitzen. Sie können somit über Vibrationsempfindungen viel über ihre Umwelt erfahren. Die Reichweite von Vibrationssignalen ist allerdings viel geringer als die der Schallsignale und reine Vibrationssignale ohne Ton sind auch bei Laubheuschrecken selten. Arten der Gattungen Meconema verständigen sich hauptsächlich mit Klopfbewegungen. Arten der Gattungen Antaxius, Barbitistes, Ephippiger und Troglophilus schütteln regelmäßig, oder bei der Paarung, ihren Körper und versetzen die Unterlage in Bewegung. Es ist anzunehmen, dass Vibrationsbewegungen vor allem in der Nahkommunikation gebraucht werden und den Weibchen helfen, singende Männchen effektiv aufzuspüren. Es wäre möglich, dass der Gesang allein nicht ausreicht, um die Schallquelle zu lokalisieren. Ob Vibrationen auch bei anderen Gesängen, wie beispielsweise bei den kurzen, scharfen Lauten etlicher Langfühlerschrecken oder bei den Werbegesängen von Kurzfühlerschrecken, eine Bedeutung haben, ist weitgehend unbekannt.
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Allgemeiner Teil
Die Erzeugung der Lautäußerungen Langfühlerschrecken Die meisten Laubheuschrecken (Tettigonioidea) heben zum Singen die beiden Vorderflügel an und reiben Schrillleiste und Schrillkante gegeneinander. Dabei liegt der rechte Vorderflügel unter dem linken. Die Schrillleiste, auch Feile genannt, ist eine aus Zähnchen (Zäpfchen) aufgebaute, lineare Erhebung auf der Unterseite des linken Vorderflügels. Sie ist in Verlauf, Struktur und Zähnchenanzahl von Art zu Art mehr oder weniger verschieden. Die innerartlichen Unterschiede sind gering, deshalb gewinnt die Morphologie der Feile immer mehr an taxonomischer Wichtigkeit bei der Beschreibung von neuen Arten. Die Schrillkante ist eine verhärtete lineare Erhebung, die auf den inneren Rand des rechten Vorderflügels aufgesetzt ist. Die beiden Vorderflügel sind also in ihrem Aufbau asymmetrisch. Bei den Langfühlerschrecken erzeugt der Kontakt eines Zähnchens mit der Schrillkante einen kurzen gedämpften Ton, der als Impuls bezeichnet wird (Heller 1988). In vielen Fällen werden jedoch aufgrund der hohen Bewegungsgeschwindigkeit mehrere bis viele Zähnchen überstrichen, und die Impulse verschmelzen miteinander. Während einer Öffnungs- und Schließbewegung (Silbe) können sowohl einzelne wie auch verschmolzene Impulse auftreten. Schallereignisse, die aus zwei bis vielen Impulsen bestehen, werden als Pulse bezeichnet (Heller 1988). Das Geräusch, das während einer Öffnungs- und Schließbewegung entsteht, wird Silbe genannt. Die lauten Geräusche entstehen bei vielen Arten bei der Schließbewegung der Vorderflügel, nur bei wenigen Arten wie z. B. bei Arten der Gattungen Phaneroptera oder Yersinella ausschließlich bei der Öffnungsbewegung (Heller 1988). Bei anderen Arten entstehen sowohl bei der Öffnungs- als auch bei der Schließbewegung laute Geräusche (z. B. bei Anonconotus alpinus). Eine abgeschlossene Gruppe von Silben wird Vers und eine
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abgeschlossene Gruppe aus Versen Strophe genannt (siehe Definition). Der Gesang kann je nach Art aus einzelnen, aneinandergereihten Silben, aus Versen, aus Strophen oder aus Serien bestehen (siehe Abb. 4–12). Den Gesängen der meisten Laubheuschrecken kann man keine bestimmte Tonhöhe zuschreiben. Der Grund dafür ist, dass die Lautäußerung aus vielen verschiedenen Frequenzen besteht. Jede Laubheuschreckenart hat aber einen oder mehrere Frequenzbereiche, in denen die einzelnen Frequenzen lauter erzeugt werden. Diese Bereiche sind in einem Spektrogramm intensiver gefärbt (Abb. 2). Grillen (Grylloidea) singen, indem sie die Feile des rechten Vorderflügels gegen die Schrillkante des linken Vorderflügels reiben. Bei den Grillen liegt der linke Vorderflügel unter dem rechten. Bei den Maulwurfsgrillen ist allerdings nicht immer der gleiche Vorderflügel oben (Golda & Ludwig 1958). Die beiden Vorderflügel sind wesentlich einheitlicher gebaut als bei Laubheuschrecken, die Flügeläderung ist fast identisch. Die Schließbewegung der Vorderflügel der Grillen ist typischerweise gleichmäßig, sodass während der Bewegung oft nur ein einzelner Puls entsteht. Während des Singens bringen sie die Geschwindigkeit der Bewegung in Übereinstimmung mit der Resonanzfrequenz des Vorderflügels. Die Schrillkante wird nach dem Überstreichen eines Zähnchens in der Lücke zwischen zwei Zähnchen festgehalten und muss erst durch eine minimale Öffnungsbewegung des Flügels wieder befreit werden, um das nächste Zähnchen überstreichen zu können und um dann in der nächsten Lücke sofort wieder gefangen zu werden. In dieser kurzen Zeit der Blockierung der Schrillkante in den Lücken zwischen zwei Zähnchen sind die Schwingungen des Resonators weitgehend abgeklungen. Dadurch kommt es nicht zur Interferenz der nacheinander erzeugten Schallwellen und es werden reine Töne in der Eigenfrequenz des Resonators erzeugt (Koch et al. 1988, aus Ingrisch und Köhler 1998). Dieser reine Ton mit klar definierbarer Tonhöhe ist im Oszillogramm bei starker Zeitdehnung als Sinuswelle sichtbar (Abb. 13 c).
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kHz a
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c Abb. 13: Die beiden oberen Abbildungen zeigen ein Spektrogramm und ein Oszillogramm von fünf Silben aus dem Spontangesang von Gryllotalpa gryllotalpa (a, b, 110 ms). Das untere Oszillogramm zeigt die Sinuswelle einer einzelnen Silbe (c, 25 ms). Beim Spontangesang von vielen Grillen besteht eine einzelne Silbe aus nur einem einzigen Puls. Nagyivan, Hajdu-Bihar, H, 17 °C.
Kurzfühlerschrecken Die meisten Kurzfühlerschrecken (Caelifera) reiben die Innenseite der Hinterschenkel gegen eine nach außen hervortretende Ader im Vorderflügel. Bei den Grashüpfern (Gomphocerinae) werden die Schrillleisten (auch Feilen genannt) der beiden Hinterschenkel mit ihren arttypisch angeordneten Schrillzäpfchen über die hervortretende Radialader der Vorderflügel gerieben. Analog zu den Langfühlerschrecken wird der Ton, der bei einem Kontakt eines Zäpfchens mit der Radialader entsteht, Impuls genannt. Schallereignisse, die durch die Verschmelzung von zwei bis vielen Impulsen entstehen, werden Pulse genannt (vgl. Langfühlerschrecken). Das Geräusch, das durch eine Auf- und Abwärtsbewegung der Hinterbeine entsteht, wird Silbe genannt. Der Gesang von Kurzfühlerschrecken kann je nach Art aus einzeln geäußerten Silben (vor allem beim Rivalengesang), aus Versen, Strophen oder Serien bestehen. Die Vorderflügel werden während der Stridulation nicht aktiv bewegt. Grashüpfer, die schnelle Beinbewegungen machen, geraten regelrecht ins Vibrieren. Während des Singens wird der Hinterleib bananenförmig nach oben gebogen (S. 18). Die in Bewegung versetzten Flügel produzieren den Schall und der Raum darunter verstärkt ihn. Im Gegensatz zu den Langfühlerschrecken haben Kurzfühlerschrecken zwei Stridulationsapparate (zwei Hinterschenkel),
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die zum Teil auch unabhängig voneinander bewegt werden. Die Hinterbeine werden mehr oder weniger streng synchron (z. B. bei Chrysochraon dispar), gegenläufig (z. B. bei Myrmeleotettix maculatus) oder leicht phasenverschoben (z. B. bei Chorthippus biguttulus und den meisten anderen Kurzfühlerschrecken) bewegt. Die Bewegungsmuster der beiden Hinterbeine weichen oft leicht voneinander ab (z. B. bei Chorthippus mollis) (Helversen, 1977). Nicht selten werden beim Werbegesang die beiden Hinterbeine auf recht unterschiedliche Art bewegt (z. B. bei Omocestus viridulus). Je nachdem, ob der ganze mögliche Bewegungsumfang ausgenützt wird (im Spontangesang von Stauroderus scalaris) oder ob sich die Beine nur über eine kleine Amplitude (im Werbegesang von Stenobothrus lineatus) mit starkem oder leichtem Andruck bewegen, werden verschiedenste Geräusche erzeugt. Einige Grashüpfer erzeugen auch im Flug meist leise Geräusche (z. B. Stenobothrus lineatus und Arcyptera fusca). Außer bei den beiden Arten Stauroderus scalaris und Stenobothrus rubicundulus scheinen diese Geräusche aber nur Nebenprodukte der Flugbewegungen zu sein. Stenobothrus rubicundulus erzeugt im Sitzen oder im Flug ein Schnarren, indem die Vorderkanten der Hinterflügel gegeneinander geschlagen werden (Elsner 1974). Stauroderus scalaris fliegt zwischen den einzelnen Strophen umher und erzeugt ein auffälliges Flugschnarren.
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Allgemeiner Teil
Einige Knarrschrecken (Catantopinae) reiben die Mandibeln (Kiefer) gegeneinander (auffällig bei Calliptamus). Dabei entsteht ein knackendes Geräusch. Zusätzlich erzeugen sie aber auch Geräusche, indem sie die Hinterbeine gegen die Flügel reiben. Ödlandschrecken (Locustinae) haben keine Schrillzäpfchen auf der Innenseite der Hinterschenkel, sondern nur eine glatte hervortretende Leiste. Dafür befindet sich im Medialfeld der beiden Vorderflügel zusätzlich eine hervortretende Flügelader (Vena intercalata), welche mit rundlichen Zäpfchen versehen ist. Die Tiere reiben also eine glatte Leiste über Zäpfchen. Zusätzlich zu dieser Technik haben viele Ödlandschrecken weitere Methoden entwickelt um sich zu verständigen. Viele Arten setzten zu Spontanflügen an, bei denen sie mit den Hinterflügeln die unterschiedlichsten Geräusche erzeugen können. Bei Kontakten am Boden und bei der Werbung kom-
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munizieren alle heimischen Ödlandschrecken auch indem sie die Hinterschenkel gegen die Vorderflügel reiben. Dabei entstehen je nach Geschwindigkeit und Druck der Hinterschenkel die unterschiedlichsten Geräusche. Eine ganz andere Art der Lauterzeugung benutzt Stethophyma grossum. Sie hebt einen Hinterschenkel an und schleudert die Hinterschiene, mit Kontakt zum Vorderflügel, schnell nach hinten. Dabei entsteht ein kurzes, knipsendes Geräusch. Arten wie Omocestus viridulus nutzen denselben Mechanismus zusätzlich zur normalen Stridulation in besonderen Situationen, meist bei der Werbung. Die meisten Lautäußerungen von Kurzfühlerschrecken sind Geräusche, denen man keine Tonhöhe zuordnen kann. Das Frequenzspektrum zeigt meist einen sehr flachen Verlauf. Die Anspringlaute von Ödlandschrecken bilden eine Ausnahme. Diese Laute sind zum Teil erstaunlich tonhaft.
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kHz Abb. 14: Spektrogramm eines Verses des Spontangesangs von Chrysochraon dispar. Die erzeugten Frequenzen der meisten Kurzfühlerschrecken liegen im Bereich zwischen 5 und 40 kHz. Leibnitz, Steiermark, A, 22 °C sonnig, einbeiniges Tier, 2 s.
Die Bedeutung der Lautäußerungen Grundsätzlich dienen die Lautäußerungen der Kommunikation unter Artgenossen, so wie sich andere Tiere mit der Stimme verständigen. Sie dienen unter anderem der räumlichen Organisation einer Population, der Auseinandersetzung mit konkurrierenden Männchen und hauptsächlich der Fortpflanzung. Der Großteil der Lautäußerungen wird von Männchen erzeugt, die damit die Weibchen anlocken wollen. Weibliche Antwortgesänge hört man seltener. Je nach Zweck und Situation äußern die Männchen verschiedene Gesangstypen. Der Spontangesang ist die häufigste Gesangsform. Die Männchen wollen damit die Weibchen anlocken und äußern ihn bei günstigen Bedingungen im arttypischen Rhythmus. Bei vielen Arten reagieren die singenden Männchen aufeinander und treten in den Wechselgesang. Beim typischen Wechselgesang singt ein Männchen
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alternierend in der Pause des anderen. Es kommt aber auch zu Wechselgesängen bei denen die Männchen wild durcheinander singen. Über die Funktion des Wechselgesangs ist wenig bekannt, manche Arten singen sogar in zwischenartlichen Wechselgesängen (z. B. Ephippiger-Arten). Treffen zwei Männchen aufeinander, so äußern sie häufig den Rivalengesang. Die dabei geäußerten Laute sind bei Kurzfühlerschrecken meist kürzer und explosiver als der Spontangesang, bei Langfühlerschrecken können die Lautreihen beträchtlich länger sein (z. B. bei Pholidoptera griseoaptera). Die Männchen versuchen sich dabei gegenseitig zu vertreiben und es kann zu teilweise heftigen Körperkontakten kommen. Der Übergang von Wechselgesang zu Rivalengesang kann zum Teil fließend sein. Bei Chorthippus brunneus scheint der Wechselgesang gleichzeitig der Rivalengesang zu sein.
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Die Stimmen der Heuschrecken
Im Verlauf des Sommers, wenn sich die Weibchen bereits einmal verpaart haben und sich bei einer Begegnung mit einem Männchen nicht auf Anhieb verpaaren, versuchen die Männchen die Weibchen in Paarungsstimmung zu versetzen. Die Männchen äußern dann einen arttypischen Werbegesang (Balzgesang), der meist komplexer und leiser ist und deutlich länger dauert als der Spontangesang. Die genaue Funktion ist unklar, da sich empfängliche Weibchen nach Sichtkontakt mit Männchen meist sofort verpaaren. Es ist möglich, dass sich bereits verpaarte Weibchen von Männchen beeindrucken lassen und sich ein weiteres Mal verpaaren. Viele Grashüpfer-Männchen äußern auf der Suche nach Weibchen während des Umherstreifens in der Vegetation oder an Ort und Stelle Laute, wobei die Hinterbeine während der Laufbewegung nur kurz an die Flügel gepresst werden (Gehlaute). Wenn sich Männchen einiger Kurzfühlerschrecken treffen (z. B. Chorthippus pullus), kommt es häufig vor, dass sie, ohne aggressives Verhalten zu zeigen, abwechslungsweise kurze kratzende Laute erzeugen. Dies erscheint uns wie eine Kommunikation, die mit keinem der oben stehenden Gesangstypen zu umschreiben ist. Mehrere Männchen von Calliptamus italicus können während Sekunden abwechslungsweise Mandibellaute erzeugen, ohne Aggressionen zu zeigen. Zur Partnerfindung gibt es verschiedene Szenarien: Bei vielen Arten erzeugen die Männchen den Spontangesang und paarungsbereite Weibchen nähern sich phonotaktisch, also durch den Gesang geleitet, den Männchen. Bei gewissen Arten können die Weibchen ebenfalls stridulieren und antworten auf den Gesang der Männchen mit einem arttypischen Antwortgesang (siehe z. B. Heller und Helversen 1986). Wenn sich zwei Tiere akustisch gefunden haben, nähern sich die beiden Partner auf verschiedene Weisen. Bei manchen Arten reagieren vor allem die Männchen phonotaktisch, bei andern die Weibchen. Bei den Grashüpfern ist ein Antwortgesang der Weibchen weit verbreitet. Unter den heimischen Langfühlerschrecken sind es die Weibchen der Sichelschrecken (Phaneropteridae), die den Männchen antworten können. Bei vielen Arten sind Männchen schon kurz nach einer erfolgreichen Kopulation wieder paarungsbereit (bei Männchen, die für die Paarung eine große Spermatophore produzieren, dauert es länger), die Weibchen singen erst wieder, wenn sie sich verpaaren wollen. Bei vielen Arten legen Grashüpfer-
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Männchen in der Vegetation lange Strecken zurück und suchen die Weibchen auch aktiv auf. Der Einfluss der Temperatur Abhängig von der Körpertemperatur der singenden Heuschrecke (Heuschrecken sind wie alle anderen Insekten wechselwarm) ändert sich die Bewegungsgeschwindigkeit des Stridulationsapparates. Je höher die Körpertemperatur der Heuschrecke, desto schneller wird der Stridulationsapparat bewegt. Heuschrecken singen in einem Temperaturbereich, der bei jeder Art verschieden ist. Bei vielen Arten ist dieser Bereich ziemlich groß. So singt das gleiche Individuum von Tettigonia cantans an einem heißen Sommertag bei 35 °C (Körpertemperatur wegen Sonneneinstrahlung vermutlich deutlich höher) und wenige Tage später bei nur noch 8 °C (Körpertemperatur 8 °C) in der Nacht. Abhängig von der Ausrichtung zur Sonne, der Strahlungsintensität, kleinsträumigen Windverhältnissen und der von der Heuschrecke gewählten Körperstellung gelingt es den Tieren mehr oder weniger gut, sich aufzuwärmen. Oft sieht man bei kühlem Wetter, wie sich die Tiere an windgeschützten Orten in kleine Mulden drücken und der Sonne eine möglichst große Oberfläche bieten, damit sie möglichst viel Strahlung absorbieren können. Nur die erreichte Körpertemperatur, nicht die Umgebungstemperatur, entscheidet über die Ausprägung des Gesangs. Für uns Menschen können so ganz verschiedene Höreindrücke entstehen. So erzeugt zum Beispiel Platycleis albopunctata bei hohen Temperaturen und Sonnenschein bis 4 Verse pro s und bei tiefen Temperaturen nachts nur noch alle 2 s einen Vers, dessen Silben gut einzeln wahrnehmbar sind. Bei tiefen Temperaturen äußern viele Arten, wie z. B. Metrioptera saussuriana und Metrioptera brachyptera, an Stelle der üblichen Gesänge nur einzelne Verse, was Anlass zu Fehlbestimmungen geben kann. Die Körpertemperatur einer singenden Heuschrecke zu messen, ist fast unmöglich. Zum einen, weil bei Sonnenschein eine Heuschrecke in sich einen Temperaturgradienten von der zur Sonne zugewandten Seite zu der von der Sonne abgewandten Seite besitzt. Zum anderen, weil sehr viele Faktoren das Mikroklima beeinflussen. Klar ist, dass sich die Körpertemperatur innerhalb weniger Sekunden drastisch verändern kann. Man kann versuchen, die Schattentemperatur mit einem
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herkömmlichen Thermometer am Gesangsstandort zu messen und mithilfe von Sonneneinstrahlung und Windbedingungen eine Temperaturschätzung wagen. Als grober Anhaltspunkt sind deshalb bei den Aufnahmen zusätzlich zur Lufttemperatur auch die jeweiligen Wetterbedingungen angegeben. Am unterschiedlichsten singen tagaktive Arten bei tiefen
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Temperaturen und wechselhafter Bewölkung. Wenn Wolken die Sonne verdecken, ist die Temperatur niedriger und die Arten singen sehr langsam. Schon nach kurzen Perioden mit Sonneneinstrahlung singen die Tiere wieder schnell, wie an einem warmen Sommertag.
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b Abb. 15: Zwei Oszillogramme des Spontangesangs von Pholidoptera littoralis insubrica, bei 20 °C und Sonnenschein (a, Monte TI, 18 s) und bei 15° C in der Nacht (b, Isone TI, 18 s). Dieser Vergleich zeigt deutlich, warum Angaben über Temperatur und Wetterbedingungen für das Verständnis von Oszillogrammen wichtig sind.
Zum Gebrauch von UltraschallDetektoren Sämtliche Lautäußerungen der heimischen Heuschrecken (inklusive diejenigen von Leptophyes albovittata, Isophya kraussii und Yersinella raymondii) sind, wenn auch leise, mit bloßem Ohr wahrnehmbar. Personen, die eine Heuschrecke auch aus nächster Nähe nicht hören, haben entweder ein schlechtes oder beschädigtes Gehör. Ein weiterer, wichtiger Grund, warum man eine Heuschrecke nicht hört, ist, dass man nicht weiß, auf was man achten soll. Ultraschall-Detektoren (im Weiteren US-Detektoren) sind ein effektives Mittel, die leisen Geräusche der Heuschrecken für uns über größere Distanzen hörbar zu machen. Heterodyne US-Detektoren unterlegen den vom eingebauten Mikrofon empfangenen Tönen eine Basisfrequenz. Durch Interferenz werden die Geräusche der Heuschrecken in den hörbaren Bereich gesenkt und vom Lautsprecher abgespielt. Für das Auffinden und Bestimmen von Heuschrecken genügen schon die einfachsten, billigen Geräte. Hilfreich für die erfolgreiche Suche ist, dass der US-Detektor die Geräuschquelle auf eine große Distanz empfängt und dass das Geräusch lokalisierbar ist. Ein Gerät mit einem Trichter ist für das Auffinden von Vorteil. Am besten lokalisiert man eine Heuschrecke, indem man den US-Detektor im Raum bewegt, bis das vom Lautsprecher abgespielte
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Geräusch am tiefsten und lautesten ist. Das Mikrofon zeigt dann in die Richtung des singenden Tieres. Oft sind Peilungen von verschiedenen Standorten hilfreich. Mini-3 Bat Detector von Ultra Sound Advice und Batbox III D von Batbox sind kostengünstig und via Internet leicht zu bestellen. Im Feld erweisen sie sich als sehr verlässlich. Diese Geräte sind heterodyne US-Detektoren. Bei heterodynen Geräten stellt man eine gewünschte Frequenz ein (Basisfrequenz, siehe oben), zum Beispiel 20 kHz, und empfängt dann Geräusche im Bereich von 15–25 kHz. Im Angebot sind auch Geräte mit einer zusätzlichen Frequenzdivision (z. B. Ultrasound Detector D 230 von Pettersson Elektronik): Sie dividieren die Frequenzen aus dem ganzen Erfassungsbereich (bis ca. 125 kHz) durch einen Faktor 10 oder 20 und machen sie unabhängig von der Frequenzeinstellung hörbar. Dies kann auf der Suche nach Fledermäusen, deren Ruffrequenz unbekannt ist, hilfreich sein. Es bringt für die Suche nach Heuschrecken aber keine großen Vorteile, da die meisten Heuschrecken eine große Bandbreite an Frequenzen emittieren. Grundsätzlich kann man Heuschrecken gut bei einer Einstellung von 20 kHz suchen, da fast alle Heuschrecken auch Geräusche bei 20 kHz erzeugen. Seit Kurzem sind auch USDetektoren mit Zeitdehnung (time expansion) im Angebot. Diese Geräte dehnen die Signale in der Zeitachse und bringen so Gesangsdetails zum Vorschein (z. B. geringfügige Frequenzunterschiede bei Fleder-
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Die Stimmen der Heuschrecken
mausrufen) die man mit einfachen Geräten nicht sieht. Für die Bestimmung von Heuschrecken, deren Gesangsfrequenzen relativ konstant sind, bringt diese Technik aber keinen großen Vorteil. Wenn man eine unbekannte Heuschrecke hört, kann man die lauteste emittierte Frequenz herausfinden, indem man am Frequenzeinstellrad dreht, bis das Geräusch am lautesten und tiefsten ist. Dies kann für die Artbestimmung hilfreich sein. Im speziellen Teil sind die Lautstärkemaxima der Frequenzspektren bei Langfühlerschrecken angegeben. Dies dient zum einen als Bestimmungskriterium, zum andern als Hilfe zur Einstellung des US-Detektors. Mit einem US-Detektor kann man auf diese Weise leise singende Arten statt auf wenige Meter in einem Umkreis von 20–30 m hören, oder die Häufigkeit einer Art in einer Wiese grob abschätzen, ohne die Tiere aufzusuchen. Den Lautsprecher stellt man eher leise ein, um andere Umgebungsgeräusche nicht zu überhören. Einige Arten, die eine große Bandbreite von Frequenzen erzeugen und pausenlos singen wie Tettigonia viridissima, Metrioptera brachyptera oder Conocephalus fuscus, übertönen die Lautäußerungen der anderen Arten. Die Lautäußerungen der Grillen sind nicht im US-Detektor zu vernehmen, da diese Töne zu tief sind. Nur sehr selten vermitteln das bloße Ohr und der USDetektor ganz verschiedene Eindrücke. Für die Bestimmung der Lautäußerungen sind der Rhythmus und die Veränderung der Lautstärke der erzeugten Geräusche wichtig. Diese Eindrücke sind unabhängig von Ohr oder US-Detektor gleich. Jeder Gerätetyp hat sein eigenes Grundrauschen, die Lautsprecher ihr eigenes Geräusch, weshalb allgemein gültige Beschreibungen des Höreindruckes nicht möglich sind. Oszillogramme aus US-Detektor-Aufnahmen sind für eine Bestimmung oft verwertbar, auch wenn das Grundrauschen ihre Präzision vermindert. Oszillogramme der oben genannten, kostengünstigen USDetektoren sind deshalb weniger präzis, weil sie unter anderem nicht wie bei einer Mikrofonaufnahme sehr viele Frequenzen aufzeichnen, sondern nur diejenigen in einem engen Bereich. Die gängigen US-Detek-
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toren besitzen je einen Anschluss für die Kopfhörer (phones) und für das Speichergerät (tape). Für ein erfolgreiches Aufnehmen muss man den US-Detektor nur noch mit einem Kabel am jeweiligen Speichergerät anschließen. Beim Aufnehmen ist darauf zu achten, dass die Lautstärke auf ein Minimum reduziert ist und die Kopfhörer wenn möglich nicht an die Buchse angeschlossen sind. Um möglichst gute Oszillogramme zu erhalten, muss die Frequenzeinstellung so gewählt sein, dass das Geräusch am lautesten und tiefsten ist und somit der lautesten Frequenz des Gesangs entspricht. Wenn viele andere Arten singen, kann man versuchen, am Einstellrad die Frequenz so zu wählen, dass der gewünschte Gesang möglichst klar zu hören ist. Wenn man zum Beispiel Isophya kraussii aufnehmen will und in der Nachbarschaft die Gesänge von Pholidoptera griseoaptera stören, kann man die Aufnahme bei ca. 50 kHz machen. Da Isophya kraussii auch sehr hohe Frequenzen produziert, ist ihr Gesang noch deutlich zu hören (die Aufnahme ist für eine Bestimmung tauglich), derjenige von Pholidoptera griseoaptera ist dann sehr leise. Einer der wenigen Vorteile der US-DetektorAufnahmen gegenüber den Mikrofonaufnahmen ist die Tatsache, dass man jederzeit eine bestimmungstaugliche Aufnahme machen kann. Allgegenwärtige Geräusche, die von Menschen, Kuhglocken, Kirchenglocken, Autos und Flugzeugen erzeugt werden, sind nicht zu hören, da deren tiefe Frequenzen nicht aufgenommen werden. Speziell wenn man in der Nacht die Umgebung mit einem US-Detektor abhört, sind oft Fledermausrufe zu hören. Folgende Merkmale helfen, um eine Fledermaus von einer Heuschrecke zu unterscheiden: Da Fledermäuse bei der Flugjagd ständig in Bewegung sind, wechselt die Lautstärke der Rufe ständig. Die einzelnen Rufe sind meist sehr kurz und explosiv und werden über lange Zeit in sehr schneller Reihenfolge erzeugt. Das Maximum des Frequenzspektrums von Fledermausrufen liegt oft in einem sehr engen Bereich und ist oft deutlich höher als dasjenige von nachtaktiven Heuschrecken.
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Allgemeiner Teil
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a
b Abb. 16: Oszillogramme von Aufnahmen des Spontangesangs von Platycleis tessellata mit dem US-Detektor (a, 0,65 s) und mit dem Mikrofon (b, 0,65 s), bei gleicher Temperatur (gleiches Individuum). Obwohl Aufnahmen mit dem US-Detektor ein weniger klares Oszillogramm ergeben, kann man sie, zusammen mit dem Höreindruck, für eine Artbestimmung oft verwenden. Vivario, Korsika, F, 24 °C.
Zum Gebrauch des Buches Das vorliegende Buch stellt viele Gesänge der Heuschreckenarten der Schweiz und Deutschlands vor. Zusammen mit dem Buch über die Heuschrecken der Schweiz (Baur & Roesti 2006) ist es besonders effektiv zu nutzen. Die Angaben im Buch sollen helfen, die auf der DVD enthaltenen Gesangsbeispiele zu verstehen und die Arten richtig zu bestimmen. Im Allgemeinen Teil werden die in der Bioakustik der Heuschrecken und die im Bestimmungsteil verwendeten Begriffe erklärt. Die für das Verständnis wichtigen Begriffe sind mit Bildern illustriert. Im Bestimmungsteil werden die Lautäußerungen vorgestellt. Die DVD enthält die Stimmenbeispiele und deren Daten auf einer Excel-Tabelle. Bestimmungsteil Die Angaben im Bestimmungsteil des Buches sollen den Einstieg in die Welt der Lautäußerungen erleichtern. Die Nomenklatur der Arten wurde aus Baur & Roesti (2006) und Ingrisch & Köhler (1998) übernommen. Die französischen und englischen Artnamen übernahmen wir aus Baur & Roesti (2006), Luquet (1993) und Ragge & Reynolds (1998). Ein Seitenverweis hinter dem Artnamen verweist auf das Artkapitel in Baur & Roesti (2006) und soll das Auffinden von zusätzlichen Informationen über die jeweilige Art erleichtern. Die dreistellige Artnummer (Nr. 001–Nr. 096) hilft bei der Suche der Stimmenaufnahmen auf der DVD. Von Arten, die keine Artnummer haben, sind keine Aufnahmen vorhanden. Unterhalb der Artnamen zeigt ein Diagramm die Gesangsaktivität im Tagesverlauf. Dunkle Farbtöne verweisen auf Stunden mit hoher Gesangsaktivität,
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helle auf Stunden mit geringer Gesangsaktivität. Das Diagramm beginnt links mit dem Sonnenaufgang und endet mit dem nächsten Sonnenaufgang. Die meisten Arten singen nur zu bestimmten Tageszeiten, die Diagramme sind deshalb eine wichtige und verlässliche Bestimmungshilfe. Lautäußerungen: In diesem Abschnitt werden die verschiedenen Gesänge beschrieben und analysiert. Wir verzichten weitgehend auf lautmalerische Umschreibungen, da der Leser die Möglichkeit hat, die Dateien gleichzeitig abzuspielen. Die Lautstärke der Gesänge wird von Person zu Person sehr verschieden wahrgenommen. Die Distanzangaben gelten für eine gut hörende, junge Person. Die Frequenzangaben bei den Langfühlerschrecken helfen, die richtige Einstellung am US-Detektor zu finden oder Gesänge aufgrund ihrer Frequenz einer Art zuzuordnen. Zeitliche Abläufe, Bewegungen von Flügeln und Beinen sind nur angeführt, soweit sie für das Verständnis wichtig, im Feld nachvollziehbar oder interessant sind. Oft stammen die Daten aus den Werken von Heller (1988) und Ragge & Reynolds (1998). Angaben über den Lebensraum und die Verbreitung können bei der Bestimmung sehr hilfreich sein. Verwechslungsgefahr: Dem einen kann ähnlich sein, was dem andern völlig verschieden erscheint. Ganz besonders gilt dies für das Reich der Töne, das sich weitgehend standardisierender Beschreibung entzieht und unser unmittelbares Erleben und Fühlen anspricht. So ist auch unsere Auswahl ähnlicher Lautäußerungen subjektiv. Die aufgelisteten Arten sind aufgrund des Höreindrucks gewählt (vielfach unterscheiden sich die Gesänge zweier Arten oszillografisch klar, der Höreindruck ist aber täuschend ähnlich). Zur Erleichterung der Bestimmung werden die besten Unterscheidungsmerkmale angefügt.
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Die Stimmen der Heuschrecken
Wenn die Unterscheidungsmerkmale nicht angefügt sind, lohnt sich der direkte Vergleich der jeweiligen Dateien. In diesem Abschnitt werden auch ähnliche Lautäußerungen von anderen Tiergruppen (Vögeln, Zikaden und Froschlurchen) oder Geräusche aus der unbelebten Umwelt mit den Lautäußerungen der jeweiligen Art verglichen. Die Stimmaufnahmen von ähnlichen Lautäußerungen von Vögeln (V01–V22), Zikaden (Z01–Z10), Froschlurchen (F01–F10) und Fledermäusen (Fl1) finden sich auf der DVD in den Ordnern «Bestimmungsteil». Oszillogramme: Für jede Art sind ein bis vier Oszillogramme abgebildet, um den typischen Spontangesang oder eine Besonderheit darzustellen. In der ersten Zeile wird meist die Lautäußerung abgebildet, die man von der jeweiligen Art im Feld am ehesten hört und die somit für die Bestimmung wichtig ist. Dies ist normalerweise der Spontangesang bei hohen Temperaturen. Es wurde darauf geachtet, dass die Zeitmaßstäbe für verwandte Arten und für Arten mit ähnlichen Gesängen gleich sind. Die Zeitangabe in der Oszillogrammlegende gibt an, wie lange die dargestellte Aufnahme dauert (Oszillogrammlängen: 11,8, 5,7 oder 3,8 cm). In der zweiten Zeile ist oft ein vergrößerter Ausschnitt des Spontangesangs oder eine besondere Lautäußerung abgebildet. Die abgebildeten Oszillogramme sind stets als Gesangsausschnitte zu verstehen. Wenn nichts anderes vermerkt ist, handelt es sich immer um die Lautäußerung eines Männchens. Bei Schweizer Örtlichkeiten wurde auf die Länderbezeichnung verzichtet. Deutsche Arten: Die Arten, die zusätzlich in Deutschland vorkommen und in der Schweiz fehlen werden am Ende des Buches nach denselben Kriterien wie in Baur & Roesti (2006) beschrieben. Der Abschnitt «Lautäußerungen» wird, falls die Art einen Gesang hat, bei den verwandten Arten im Bestimmungsteil behandelt. Die Verbreitung wird auf einer Deutschlandkarte mit einem Raster von ca. 10 × 10 km dargestellt. Ausgefüllte Kreise bedeuten neuere Meldungen ab 01.01.1990, leere Kreise ältere bis 31.12.1989. Neuere Meldungen überdecken ältere Meldungen. Es wurden alle Arten behandelt, deren Vorkommen in Deutschland als gesichert gilt (Maas et al. 2002 und danach publizierte Beobachtungen).
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Zur DVD Die DVD enthält schwerpunktmäßig die Stimmenaufnahmen der heimischen Heuschrecken im unkomprimierten Originalformat (WAV, Mono, 96 oder 44,1 kHz, 16 bit). Die Dateien finden sich im Ordner «Tonaufnahmen» und können mithilfe der Abspielprogramme auf jedem Computer abgespielt werden. Es empfiehlt sich, die Dateien in Programme wie iTunes zu importieren, wo die Dateinamen je nach Bedürfnis verändert werden können. Die Dateien in den Ordnern mit der Endung «mp3» wurden ins MP3-Format konvertiert (Bitrate 320 kbit), sodass sie auf einem portablen Gerät Platz haben und zum Vergleich ins Feld mitgenommen werden können (Achtung: Beim Konvertieren von WAV- zu MP3-Dateien werden Frequenzen oberhalb eines gewissen Wertes (15–20 kHz) herausgefiltert. Es ist deshalb normal, dass gewisse Arten in Playbackexperimenten auf abgespielte MP3-Aufnahmen nicht antworten). Es empfiehlt sich, die Lautstärke der Lautsprecher so einzustellen, dass man die Lautäußerungen gerade noch gut hört. Prägt man sich die Gesänge zu laut ein, sucht man im Feld nach etwas Falschem. Da die Aufnahmen zum Teil aus kurzer Distanz (wenige Zentimeter) gemacht wurden, kann der Höreindruck anfänglich stark täuschen. Es empfiehlt sich grundsätzlich, mit der Lautstärke zu spielen, um eine weiter entfernte Heuschrecke zu simulieren. Achtung: die Lautäußerungen von einigen Arten sind natürlicherweise sehr leise und hochfrequent. Es ist durchaus möglich, dass Personen mit beschädigtem Gehör nicht auf allen Aufnahmen etwas hören. Die Dateinamen in den beiden Ordnern «Bestimmungsteil» setzen sich wie folgt zusammen: Artnummer, vollständiger Artname und innerhalb der Art eine fortlaufende Nummer. Der jeweilige Gesangstyp wurde mit den folgenden Buchstaben abgekürzt: S(pontangesang), R(ivalengesang), W(erbegesang), A (für Wechselgesang, A = alternierend) oder M(andibellaute) (z. B. 016 Tettigonia viridissima_1_S.wav). Aufnahmen, die mit dem US-Detektor aufgenommen wurden, sind mit «US» gekennzeichnet (z. B. 016 Tettigonia viridissima_6_US_S.wav). Die Namen von anderen interessanten Gesangstypen und Situationen wurden ausgeschrieben, sind selbst erklärend und auf der beiliegenden Datentabelle erklärt. Die für die dargestellten Oszillogramme verwendeten Dateien im Bestimmungsteil des Buches sind angeführt, damit
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Allgemeiner Teil
man sich den abgebildeten Gesang anhören kann. Sie eignen sich gut für die Analyse von Gesangsdetails und sind oft ganz kurz. Sie finden sich in den Ordnern «Oszillogramme» und sind mit «Os» gekennzeichnet. Die Buchstaben a–d kennzeichnen die Aufnahme für das jeweilig abgebildete Oszillogramm (z. B. 016 Tettigonia viridissima_Os_a_S.wav). Die für die Abbildungen im Allgemeinen Teil verwendeten Dateien finden sich in den Ordnern «Allgemeiner Teil» und wurden wie die Abbildungen im Allgemeinen Teil des Buches benannt (z. B. Abb. 4a Tettigonia viridissima_2 Strophen_S.wav). Die Dateien in den Ordnern «Bestimmungsteil» sind innerhalb einer Art wie folgt geordnet: Das erste Gesangsbeispiel zeigt den Spontangesang zu einer Tageszeit, bei der die Art normalerweise zu hören ist. Danach folgen Aufnahmen bei tieferen Temperaturen, andere Gesangstypen und US-Aufnahmen. Für die oszillografische und sonagrafische Analyse der Dateien bieten sich unter anderem Audioprogramme an, die man aus dem Internet gratis herunterladen kann wie Audacity, GoldWave, Raven, Sound Ruler etc. Der beiliegenden, aus drei Blättern aufgebauten Excel-Tabelle «Datentabelle» können die genauen Daten zu den jeweiligen Aufnahmen entnommen werden: Artnummer, Dateiname, Artname, Gesangstyp, Aufnahmemodus, Frequenzeinstellung bei US-Detektor-Aufnahmen, Bemerkungen, Datum, Ort, Höhenangabe, Uhrzeit, Temperatur, Wetterbedingungen und Autor der Aufnahme. Auf die Angabe von Koordinaten wurde verzichtet, da sich die Gesänge von Heuschrecken kleinräumig nicht unterscheiden. Die verwendeten Abkürzungen sind auf dem zweiten Blatt «Erklärungen» erläutert, ein drittes Blatt zeigt eine kommentierte Artenliste der Heuschrecken der Schweiz und Deutschlands. Die Stimmenaufnahmen sind als Gesangsbeispiele zu verstehen und möchten HörerInnen zu eigenen Entdeckungen ermuntern. Absichtlich sind vorwiegend Freilandaufnahmen enthalten, welche mit ihren Nebengeräuschen den Eindrücken im Feld besser entsprechen als Laboraufnahmen. Es sind auch einige Gesangsbeispiele von Vögeln, Froschlurchen und Zikaden angefügt, damit Vogel-, Amphibien- und Zikadenfreunde eine Basis haben, um die Tonqualität der Mikrofone einzuschätzen. Die Nomenklatur der Vögel wurde aus Bergmann et al. (2008), diejenige der Amphibien aus Schneider (2005) und diejenige der Zikaden aus Puissant (2006) und Sueur & Puissant (2007) über-
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nommen. Das Literaturverzeichnis ist ebenfalls auf einer separaten Excel-Tabelle enthalten. Die Schreibweise der Autoren wurde aus Ingrisch und Willemse (2004) übernommen. Abkürzungen Für die Schweizer Kantonsbezeichnungen wurden dieselben Abkürzungen verwendet wie in Baur & Roesti (2006). S A R W M s ms US-Detektor Hz kHz m et al. D A I F E H Ba Ba-Wü Ni Bu
Spontangesang Wechselgesang Rivalengesang Werbegesang Mandibelgeräusche Sekunde Millisekunde Ultraschall-Detektor Hertz Kilohertz Meter et alia (und andere) Deutschland Österreich Italien Frankreich Spanien Ungarn Bayern Baden-Württemberg Niederösterreich Burgenland
Gesangsaktivität im Tagesverlauf SA SU
Sonnenaufgang Sonnenuntergang größte Gesangsaktivität mittlere Gesangsaktivität vereinzelte Sänger
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Bestimmungsteil Phaneroptera falcata (Poda, 1761) Gemeine Sichelschrecke Phanéroptère porte-faux SA – 9 Uhr
9 Uhr –12 Uhr
12 Uhr –15 Uhr
S. 46
15 Uhr –18 Uhr
Lautäußerungen: Die Vertreter der Gattung Phaneroptera gehören zu den wenigen Laubheuschrecken, bei denen auch die Weibchen stridulieren. Paarungsbereite Weibchen antworten den Männchen, indem sie die Vorderflügel ruckartig auseinander reißen. Diese Laute sind nur auf kurze Distanz (5– 10 m) zu hören. Bei P. falcata konnten wir allerdings die Weibchen noch nie beim Singen beobachten. Der leise Spontangesang der Männchen besteht aus feinen Einzelsilben, die meist in regelmäßigen Abständen von 1–4 s geäußert werden (a). Seltener werden 5–20 Silben zu einem dichten Vers aneinander gereiht, wobei sich die ersten und letzten Silben in etwas größeren Abständen folgen (b). Das Frequenzspektrum zeigt ein Maximum bei 17–28 kHz (Heller 1988). Deshalb ist P. falcata im Feld nur schwer ohne US-Detektor zu hören. Beim Aufeinandertreffen von
Nr. 001
Sickle-bearing Bush-cricket 18 Uhr – SU
SU – 24 Uhr
24 Uhr – SA
zwei Männchen werden als Rivalengesang bis zu 15 Silben pro s aneinander gereiht. Diese Silben unterscheiden sich oszillografisch deutlich von denjenigen des Spontangesangs (c). Verwechslungsgefahr: Zu den Arten, welche mit P. falcata verwechselt werden können, zählen P. nana und die drei Leptophyes-Arten. P. falcata äußert die Einzelsilben regelmäßiger und in kürzeren Abständen als Leptophyes punctatissima und L. albovittata. L. laticauda äußert immer wieder Verse aus bis zu 8 Silben. Außerdem sind die Einzelsilben von P. falcata länger und reibender und weniger explosiv als diejenigen der drei Leptophyes-Arten. Die von P. falcata selten geäußerten Verse erinnern an diejenigen von Antaxius pedestris, sind aber deutlich lauter (über 10 m weit hörbar).
a
b
c
Phaneroptera falcata, a: Ausschnitt aus dem S, fünf Einzelsilben, 10 s. b: S, einzelner Vers, 2 s. c: R, 0,5 s. Neunkirch SH, 23 °C nachts
Phaneroptera nana Fieber, 1853 Vierpunktige Sichelschrecke Phanéroptère méridional Southern Sickle-bearing Bush-cricket SA – 9 Uhr
9 Uhr –12 Uhr
12 Uhr –15 Uhr
15 Uhr –18 Uhr
Lautäußerungen: Der leise bis mäßig laute Spontangesang von P. nana besteht aus Reihen von Einzelsilben, die in Abständen von 0,2–3 s (normalerweise 0,5–2 s) geäußert werden (a). Die Silben sind
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Langfühlerschrecken (Ensifera)
S. 48
18 Uhr – SU
SU – 24 Uhr
Nr. 002
24 Uhr – SA
variabel in ihrer Länge und länger als diejenigen von P. falcata. Es werden zwei verschiedene Arten von Silben erzeugt, die sich in der Wiederholungsrate der Pulse unterscheiden (b, c). Die Silben folgen sich
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oft regelmäßig und sind von bloßem Ohr gut wahrnehmbar. Das Frequenzspektrum zeigt ein Maximum bei 14–22 kHz, also mehrheitlich im hörbaren Bereich (Heller 1988). Nicht selten hört man zwei Männchen beim Wechselgesang. Vor der Paarung antworten paarungsbereite Weibchen den Männchen in einem kurzen Zeitfenster von ca. 60 ms (Tauber et al. 2001) (d). Die Silben des Weibchens sind aus 2–3 (1–4) Pulsen aufgebaut. Das Frequenzspektrum des weiblichen Antwortgesangs zeigt ein Maximum bei 12–20 kHz. Wir konnten mehrmals beobachten, dass das Männchen leisere und kürzere Silben erzeugte, je näher sich die beiden Partner kamen, und dass das Weibchen zum Schluss deutlich lauter sang als das Männchen. Die paarungsbereiten Weibchen bleiben an Ort und werden von den Männchen aktiv gehend oder auch in kurzen Flugsprüngen aufgesucht.
Verwechslungsgefahr: Der Gesang von P. nana kann mit den Gesängen von P. falcata und der Leptophyes-Arten verwechselt werden. Die Silben von P. nana sind etwas länger als diejenigen von P. falcata und deutlich länger als diejenigen der LeptophyesArten. Im Unterschied zu P. falcata können bei P. nana die einzelnen Pulse herausgehört werden, wodurch der Laut etwas reibender klingt. Da P. nana tiefere Frequenzen erzeugt als P. falcata, ist sie auch besser zu hören, bei gutem Gehör bis 25 m weit. Die gelegentliche versartige Reihung der Silben von P. falcata kommt bei P. nana nicht vor. Im Unterschied zu den Leptophyes-Arten erzeugt P. nana die Silben in deutlich kürzeren Abständen.
a
b
c
d
Phaneroptera nana, a: Ausschnitt aus dem S, 14 Einzelsilben, 10 s. b: S, Einzelsilbe, 150 ms. c: S, Einzelsilbe mit größeren Pulsabständen, 150 ms. Agarone TI, 20 °C nachts. d: W des Männchens und dreipulsige Weibchenantwort, 250 ms. Asco, Haute-Corse, F, 22 °C nachts
Isophya kraussii (Brunner von Wattenwyl, 1878) Arttext S. 106 Krauss’sche Plumpschrecke Barbitiste souabe Krauss’s Bush-cricket SA – 9 Uhr
9 Uhr –12 Uhr
12 Uhr –15 Uhr
15 Uhr –18 Uhr
Lautäußerungen: Der leise Spontangesang von I. kraussii ist eine Folge von schnell und regelmäßig aneinander gereihten Silben (a). Das Geräusch wird ausschließlich bei der Flügelschließung erzeugt (Heller 1988). Auf eine längere, kontinuierliche Bewegung bei der ein «ssss»-Laut entsteht, folgt ein kurzer Endteil, bei dem die Vorderflügel mit einem «z» vollständig geschlossen werden (b). Diese Silbenreihen werden in den Abendstunden und in der Nacht minutenlang aneinander gereiht. Nach einer Gesangspause wird die nächste Silbenreihe zuerst mit einigen lautlosen und dann mit einigen unvollständigen, leiseren Silben aus kleinen Flügelbewegungen eingeleitet. Der Gesang ist deutlich leiser als derjenige von Barbitistes constrictus und von bloßem
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18 Uhr – SU
SU – 24 Uhr
Nr. 003
24 Uhr – SA
Ohr über eine Distanz von maximal 3 m hörbar. Das Frequenzspektrum liegt fast ausschließlich im Ultraschallbereich und zeigt ein breites Maximum bei 20–40 kHz (Heller 1988). Deshalb tönt das Geräusch für unser Ohr so leise. Im US-Detektor hingegen ist der Gesang auch neben laut stridulierenden Arten wie Tettigonia viridissima und Pholidoptera griseoaptera auf eine Distanz von 20 m eindeutig erkennbar. Verwechslungsgefahr: Die Gesänge der tagaktiven Cicadetta cerdaniensis und C. cantilatrix (beide Cicadidae) können im US-Detektor mit dem Gesang von I. kraussii verwechselt werden. Allerdings ist I. kraussii erst ab der Abenddämmerung aktiv, und die Silben werden deutlich schneller und immer im gleichen Rhythmus wiederholt.
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Bestimmungsteil
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a
b Isophya kraussii, a: Ausschnitt aus dem S, zwölf Silben, 10 s. b: S, einzelne Silbe, 0,7 s. Solnhofen, Ba, D, 18 °C nachts
Barbitistes serricauda (Fabricius, 1794) Laubholz-Säbelschrecke Barbitiste des bois SA – 9 Uhr
9 Uhr –12 Uhr
12 Uhr –15 Uhr
S. 52
Nr. 004
Saw-tailed Bush-cricket
15 Uhr –18 Uhr
Lautäußerungen:. Der Spontangesang von B. serricauda besteht aus Versen, die mehrmals pro Minute erzeugt werden. Ein Vers besteht aus 2–5 Silbengruppen, die je aus 1–7 Silben aufgebaut sind. Die letzte Silbengruppe hat oft wenige oder nur eine einzige Silbe. Bei tieferen Temperaturen werden bei gleich bleibender Versdauer weniger Silben pro Silbengruppe erzeugt. Der Gesang ist leise, aber deutlich lauter als derjenige der Leptophyes-Arten und etwa über 10 m zu vernehmen. Das Frequenzspektrum liegt im Bereich von 15–40 kHz und zeigt ein Maximum bei ca. 25–30 kHz (Heller 1988). An Standorten mit hoher Dichte singen die Männchen wild durcheinander. Sie scheinen keinen typischen Wechselgesang zu haben.
18 Uhr – SU
SU – 24 Uhr
24 Uhr – SA
Verwechslungsgefahr: Einen ähnlichen Gesangsaufbau wie B. serricauda haben nur B. obtusus und B. constrictus. B. serricauda und B. obtusus konnten bisher in der Schweiz jedoch noch nie zusammen angetroffen werden. Die Unterschiede zwischen den drei Arten liegen in der Anzahl Silben pro Silbengruppe, im Rhythmus und in der Geschwindigkeit der Silbenwiederholung. Bei gleichen Temperaturen dauert ein Vers von B. obtusus etwa halb so lang wie von B. serricauda. Im Gegensatz zu B. serricauda erzeugt B. obtusus zwischen den Silbengruppen eine mehr oder weniger abgesetzte Silbe, welche dem Vers den typischen Rhythmus verleiht. Die Verse von B. constrictus dauern in der Regel deutlich länger und der Rhythmus ist anders.
Barbitistes serricauda: S, einzelner Vers, 5 s. Gommiswald SG, 22 °C nachts
Barbitistes obtusus Targioni-Tozzetti, 1881 Südalpen-Säbelschrecke Barbitiste empourpré SA – 9 Uhr
9 Uhr –12 Uhr
12 Uhr –15 Uhr
15 Uhr –18 Uhr
Lautäußerungen: Der Spontangesang von B. obtusus besteht aus Versen, die je nach Temperatur 3–10 Mal pro Minute erzeugt werden. Ein Vers setzt sich aus meist 2–5 Silbengruppen zusammen (die erste Silbengruppe oft mit 5–10, die darauf folgenden mit weniger Silben), denen nach einer kleinen Pause eine abschließende markante Silbe oder eine Gruppe
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Nr. 005
Blunt Bush-cricket 18 Uhr – SU
SU – 24 Uhr
24 Uhr – SA
aus 1–3 Silben folgt. Der Gesang ist etwas lauter als derjenige von B. serricauda. Das Frequenzspektrum zeigt ein Maximum bei 19–27 kHz. Die Männchen vibrieren beim Singen häufig mit dem Körper, ähnlich wie Arten der Gattungen Antaxius und Ephippiger. Verwechslungsgefahr: Der Spontangesang von B. obtusus kann mit den Gesängen von B. serri-
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Die Stimmen der Heuschrecken
cauda und B. constrictus verwechselt werden. Im US-Detektor können die mehrsilbigen Verse von Leptophyes laticauda an B. obtusus erinnern. Der
Gesangsrhythmus von B. obtusus ist jedoch typisch und wenig variabel.
Barbitistes obtusus: S, einzelner Vers, 5 s. Mendrisio TI, 20 °C Abenddämmerung
Barbitistes constrictus (Brunner von Wattenwyl, 1878) Arttext S. 108 Nadelholz-Säbelschrecke Barbitiste des pessières Eastern Saw-tailed Bush-cricket SA – 9 Uhr
9 Uhr –12 Uhr
12 Uhr –15 Uhr
15 Uhr –18 Uhr
Lautäußerungen: Der leise Spontangesang von B. constrictus besteht aus Versen, die in unterschiedlichen Abständen 1–2 Mal pro Minute vorgetragen werden. Ein Vers besteht aus 3–10 Silbengruppen, die ihrerseits aus 6–16 Silben bestehen. Dazwischen werden 1–2 (–3) markant lautere Silben geschoben (a). Diese können auch unmittelbar vor den Silbengruppen geäußert werden. Das ergibt den für B. constrictus typischen Rhythmus. Die ersten 1–3 Silbengruppen sind deutlich leiser und bestehen durchschnittlich aus weniger Silben. Die Silben nehmen innerhalb einer Silbengruppe an Lautstärke zu,
18 Uhr – SU
SU – 24 Uhr
Nr. 006
24 Uhr – SA
wie auch die Silbengruppen innerhalb eines Verses (b). Da die Männchen meistens hoch oben in Fichten singen, ist man bei der Suche auf einen US-Detektor angewiesen. Das Frequenzspektrum zeigt ein breites Maximum bei ca. 25 kHz. In Gesangspausen vibrieren die Männchen oft mit dem Körper. Verwechslungsgefahr: Im US-Detektor können die charakteristischen Verse höchstens kurzzeitig an die Strophen von Tettigonia viridissima (da deren Verswiederholungsrate ähnlich der Silbenwiederholungsrate von B. constrictus ist) oder an Rufe von Fledermäusen erinnern.
a
b Barbitistes constrictus, a: S, vollständiger Vers aus neun Silbengruppen, 30 s. b: S, drei Silbengruppen aus einem Vers, 10 s. Haselbrunn, Ba, D, 20 °C nachts
Leptophyes albovittata (Kollar, 1833) Gestreifte Zartschrecke Leptophye rayée SA – 9 Uhr
9 Uhr –12 Uhr
12 Uhr –15 Uhr
S. 58 15 Uhr –18 Uhr
Lautäußerungen: Der sehr leise Spontangesang von L. albovittata setzt sich aus Einzelsilben zusammen, die im Abstand von 4–8 s erzeugt werden. Selten werden Silben geäußert, die etwas kürzer und leiser sind. Das Frequenzspektrum zeigt ein Maximum
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Nr. 007
Striped Bush-cricket 18 Uhr – SU
SU – 24 Uhr
24 Uhr – SA
bei 50 kHz (Heller 1988). Benachbarte Männchen können ihren Gesang synchronisieren und dabei die Abstände zwischen den Silben verkürzen. Beim Rivalengesang werden mehrere Silben pro Sekunde erzeugt. Die Männchen wehren sich gegenüber an-
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Bestimmungsteil
deren Männchen dabei mit Tritten der Hinterbeine. Zum Nachweis der sehr leisen und kurzen Silben der drei Leptophyes-Arten ist man auf einen US-Detektor angewiesen.
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Verwechslungsgefahr: Der Gesang von L. albovittata kann mit demjenigen von L. punctatissima verwechselt werden.
Leptophyes albovittata: S, zwei Einzelsilben, 10 s. Ebergassing, Ni, A, 23 °C
Leptophyes punctatissima (Bosc, 1792) Punktierte Zartschrecke Leptophye ponctuée SA – 9 Uhr
9 Uhr –12 Uhr
12 Uhr –15 Uhr
S. 60
15 Uhr –18 Uhr
Lautäußerungen: Der sehr leise Spontangesang von L. punctatissima gleicht stark demjenigen von L. albovittata und setzt sich aus Einzelsilben zusammen, die in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen von 2–10 s geäußert werden (a). Eine Silbe besteht aus 3–9 Pulsen (b, c). Hin und wieder erzeugen die Männchen nach der eigentlichen Silbe einen abgesetzten Puls. Das Frequenzspektrum zeigt ein Maximum bei ca. 30–50 kHz (Heller 1988). Selten werden einige Silben im Abstand von etwa 0,5 s versartig aneinander gereiht. Paarungsbereite Weibchen antworten in einem engen Zeitfenster von 20–55 ms auf die Silben der Männchen (Robinson et al. 1986).
Nr. 008
Speckled Bush-cricket 18 Uhr – SU
SU – 24 Uhr
24 Uhr – SA
Hin und wieder schütteln die Männchen den Körper und versetzen die Unterlage in Bewegung. Verwechslungsgefahr: Der Gesang von L. punctatissima kann mit den Gesängen von L. albovittata und L. laticauda verwechselt werden. L. punctatissima singt etwas lauter und äußert die Silben normalerweise in kürzeren Abständen als L. albovittata. Im US-Detektor sind die Silben von L. punctatissima explosiv, diejenigen von L. albovittata gleitend. Yersinella raymondii erzeugt ebenfalls kurze Silben. Sie werden jedoch in deutlich schnellerer Reihenfolge geäußert (oft 1–3 Silben pro s).
a
b c Leptophyes punctatissima, a: S, drei Einzelsilben, 10 s. b: S, Silbe aus fünf Pulsen bestehend, 35 ms. c: S, Silbe aus sieben Pulsen bestehend, 35 ms. Pfynwald VS, 23 °C nachts
Leptophyes laticauda (Frivaldsky, 1867) Südliche Zartschrecke Leptophye provençale SA – 9 Uhr
9 Uhr –12 Uhr
12 Uhr –15 Uhr
15 Uhr –18 Uhr
Lautäußerungen: Der leise Spontangesang von L. laticauda ist komplizierter aufgebaut als bei den zwei anderen Leptophyes-Arten. Seine Lautstärke
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S. 62
Nr. 009
Long-tailed Bush-cricket 18 Uhr – SU
SU – 24 Uhr
24 Uhr – SA
liegt etwa zwischen der von L. punctatissima und der von Barbitistes obtusus. In Abständen von 1–3 (–5) s werden regelmäßig Einzelsilben oder Verse aus
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Die Stimmen der Heuschrecken
2–8 variablen Silben geäußert (a). Bei den Versen sind meistens die ersten beiden Silben kürzer und lauter als die folgenden. Die Stridulationsbewegung der Vorderflügel während der Verse ist ziemlich kompliziert. Von bloßem Auge ist es schwierig zu erkennen, ob es sich bei den einzelnen Lauten um Silben oder nur um Pulse handelt. Im Tessin konnten wir für einige Männchen folgenden Gesangsverlauf beobachten: Zuerst äußerten sie über eine gewisse Zeit (bis 2 Minuten) Einzelsilben (b), dann erzeugten sie einige Silbenpaare und schließlich Verse aus bis zu 8 Silben (c). Bei anderen Männchen dagegen konnten wir hauptsächlich mehrsilbige Verse feststellen. Es scheint, dass bei tiefen Temperaturen vorwiegend Einzelsilben geäußert werden. Ein vollständiger Gesang kann über mehrere Minuten anhalten, bis eine
etwas längere Pause folgt. Das Frequenzspektrum zeigt ein breites Maximum bei 13–30 kHz. Verwechslungsgefahr: Wenn L. laticauda Einzelsilben erzeugt, ist ihr Gesang an der größeren Lautstärke von den beiden anderen Leptophyes-Arten zu unterscheiden. Zudem sind die Abstände mit 1– 5 s zwischen den Silben oder Versen bei L. laticauda meist regelmäßig und kleiner als bei L. albovittata und L. punctatissima, welche die Silben typischerweise alle 3–8 (2–10) s wiederholen. Im US-Detektor ist eine Diagnose nur nach längerem Zuhören möglich. Wenn L. laticauda Silbengruppen erzeugt, erinnert ihr Gesang an B. obtusus. Diese macht aber zwischen den Versen immer eine Pause und ihr Rhythmus ist ganz anders.
a
b c Leptophyes laticauda, a: S, sieben Silben oder Silbengruppen, 10 s. b: S, Einzelsilbe, 0,5 s. c: S, viersilbiger Vers, 0,5 s. Monte Caslano TI, 23 °C
Polysarcus denticauda (Charpentier, 1825) Wanstschrecke Barbitiste ventru Large Saw-tailed Bush-cricket SA – 9 Uhr
9 Uhr –12 Uhr
12 Uhr –15 Uhr
15 Uhr –18 Uhr
Lautäußerungen: Der mäßig laute Spontangesang von P. denticauda gehört zu einem der vielfältigsten unserer Heuschreckengesänge. Er besteht aus drei zusammenhängenden Phasen und kann minutenlang anhalten (a). Die erste Phase beginnt zögerlich und hört sich wie ein stotterndes Schwirren an (b). Ohne Pause folgt die zweite Phase, ein schnelleres Schwirren, das im Toncharakter an den Spontangesang von Stenobothrus lineatus erinnert (c). Gegen den Schluss wird es ein bis mehrere Male von einem scharfen und deutlich lauteren «zick» (dritte Phase) unterbrochen (d). Die erste und zweite Phase können sich abwechseln, die jeweilige Dauer variiert stark, die dritte folgt stets auf die zweite. Das leicht angehobene Halsschild dient als Resonanzraum und Schalltrichter, bereits kleine Stellungswechsel
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18 Uhr – SU
S. 64 SU – 24 Uhr
Nr. 010
24 Uhr – SA
des Tieres lassen die Lautstärke des Gesangs anoder abschwellen. Das Frequenzspektrum zeigt ein Maximum zwischen 10 und 25 kHz. Die Tiere sind damit von bloßem Ohr gut zu hören, auf größere Distanzen findet man sie gut mit dem US-Detektor. Die Männchen klettern während des Singens häufig in den höheren Krautschichten umher oder hängen an einem Grashalm. Die Weibchen zeigen spontan und als Reaktion auf den Gesang der Männchen kurze bis minutenlange Vibrationen der Vorderflügel, die von Stockungen unterbrochen sein können (Faber 1953). Wie die Weibchen der Ephippiger-Arten erzeugen sie auch stimmhafte Abwehrlaute. Verwechslungsgefahr: Der Gesang von P. denticauda als Ganzes ist kaum zu verwechseln. Die ersten zwei Phasen erinnern an Metrioptera roese-
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Bestimmungsteil
lii, M. fedtschenkoi minor oder Ruspolia nitidula. Die kurzen «zick»-Laute ähneln isoliert geäußerten Versen von Decticus verrucivorus zum Verwechseln. Der Spontangesang von Cicadetta brevipennis (Cicadidae, S. 18), die im Südtessin (z. B. am Monte San
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Giorgio) lokal häufig auftritt, kann an denjenigen von P. denticauda erinnern. Die Verse des Spontangesangs von C. brevipennis sind aber dichter und deutlich kürzer. Sie enden typischerweise mit nur einem abgesetzten, gleich lauten «zick».
Polysarcus denticauda , singend. Während des Singens legen die gut getarnten Männchen weite Strecken in der Vegetation zurück. Monte Generoso TI, 15.7.08
a
b
c
d Polysarcus denticauda, a: S, vollständiges Gesangsbeispiel, 30 s, Erklärungen auf Datentabelle. Hemmental, SH, 23 °C sonnig. b: S, fünf Silben aus der ersten Phase, 200 ms. c: S, zehn Silben aus der zweiten Phase, 200 ms. Monte Generoso TI, sonnig. d: S, Ausschnitt aus der dritten Phase, die mit einem «zick» endet, 200 ms, Hemmental SH, 23 °C sonnig
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Register der deutschen Namen
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Register der deutschen Namen Die fett gedruckten Seitenzahlen verweisen auf ein Foto der Art.
Grüne Strauchschrecke 53 Grünes Heupferd 14, 41
Ägyptische Heuschrecke 71 Alpen-Keulenschrecke 91 Alpenschrecke 54, 55 Alpen-Strauchschrecke 50 Alpine Bergschrecke 15, 56 Ameisengrille 118 Atlantische Bergschrecke 57
Heidegrashüpfer 84, 85 Heideschrecke 58, 112 Heimchen 62
Bachufer-Beißschrecke 50 Bedornte Höhlenschrecke 114 Blauflüglige Ödlandschrecke 74 Braune Strandschrecke 77 Brauner Grashüpfer 98 Braunfleckige Beißschrecke 27, 46 Buntbäuchiger Grashüpfer 83 Bunter Alpengrashüpfer 17, 87, 88 Bunter Grashüpfer 83 Costas Schönschrecke 70 Dickkopf-Grashüpfer 102 Feld-Grashüpfer 94 Feldgrille 60 Fluss-Strandschrecke 77 Gebirgs-Beißschrecke 48 Gebirgsgrashüpfer 93 Gefleckte Keulenschrecke 18, 92 Gefleckte Schnarrschrecke 17, 71, 72, 120 Gemeine Eichenschrecke 38 Gemeine Sichelschrecke 31 Gemeiner Grashüpfer 100, 101 Gestreifte Südschrecke 56 Gestreifte Sumpfgrille 66 Gestreifte Zartschrecke 34 Gewöhnliche Strauchschrecke 53 Graue Beißschrecke 12, 13, 45 Große Goldschrecke 23, 79 Große Höckerschrecke 79 Große Schiefkopfschrecke 40 Grüne Strandschrecke 77
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Insubrische Strauchschrecke 25, 51, 52 Italienische Schönschrecke 69 Kiesbank-Grashüpfer 94, 95 Kleine Goldschrecke 80 Kleine Höckerschrecke 126 Kleine Strauchschrecke 55 Kleiner Heidegrashüpfer 86 Krauss’sche Plumpschrecke 32, 106 Kreuzkröte 19 Kreuzschrecke 73, 74 Kurzflügelgrille 64, 125 Kurzflüglige Beißschrecke 47 Kurzflüglige Schwertschrecke 39 Langflüglige Schwertschrecke 39 Laubholz-Säbelschrecke 33 Lauchschrecke 77 Maulwurfsgrille 22, 68 Mittelmeer-Feldgrille 61, 124 Nachtigall-Grashüpfer 16, 96 Nadelholz-Säbelschrecke 34, 108 Östliche Grille 63, 116 Östliches Heupferd 42
Sibirische Keulenschrecke 88 Steppen-Beißschrecke 46, 110 Steppen-Grashüpfer 95 Steppengrille 62 Strauch-Sattelschrecke 15, 59 Stumme Grille 64 Südalpen-Säbelschrecke 33 Südalpen-Sattelschrecke 60 Südliche Eichenschrecke 38 Südliche Grille 63 Südliche Strauchschrecke 52 Südliche Zartschrecke 15, 35 Südlicher Grashüpfer 97 Südlicher Warzenbeißer 44 Sumpfgrashüpfer 102 Sumpfgrille 65 Sumpfschrecke 78 Verkannter Grashüpfer 17, 97 Vierpunktige Sichelschrecke 31 Waldgrille 65
Wanderheuschrecke 73 Wanstschrecke 36, 37 Warzenbeißer 43 Weinhähnchen 67 Weißrandiger Grashüpfer 99 Westliche Beißschrecke 44, 45 Westliche Sattelschrecke 58 Wiesengrashüpfer 17, 99 Zikade 18 Zweifarbige Beißschrecke 48 Zwerggrashüpfer 87, 122 Zwitscherschrecke 42
Provence-Schönschrecke 70 Punktierte Zartschrecke 35 Roesels Beißschrecke 49 Rohrschwirl 19 Rote Keulenschrecke 89, 90 Rotflüglige Ödlandschrecke 75 Rotflüglige Schnarrschrecke 71 Rotleibiger Grashüpfer 81, 82 Schlanke Ödlandschrecke 76 Schwarzfleckiger Grashüpfer 85 Schweizer Goldschrecke 81
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Die Stimmen der Heuschrecken
Register der wissenschaftlichen Namen Die fett gedruckten Seitenzahlen verweisen auf ein Foto der Art. Acheta domesticus 62 Acrotylus patruelis 76 Aeropedellus variegatus 91 Aiolopus strepens 77 Aiolopus thalassinus 77 Anacridium aegyptium 71 Anonconotus alpinus 54, 55 Antaxius difformis 15, 56 Antaxius pedestris 57 Arcyptera fusca 79 Arcyptera microptera 126 Barbitistes constrictus 34, 108 Barbitistes obtusus 33 Barbitistes serricauda 33 Bryodemella tuberculata 17, 71, 72, 120 Bufo calamita 19 Calliptamus barbarus 70 Calliptamus italicus 69 Calliptamus siciliae 70 Chorthippus albomarginatus 99 Chorthippus apricarius 94 Chorthippus biguttulus 16, 96 Chorthippus brunneus 98 Chorthippus dorsatus 17, 99 Chorthippus eisentrauti 97 Chorthippus mollis mollis 97 Chorthippus mollis ignifer 17, 97 Chorthippus montanus 102 Chorthippus parallelus 100, 101 Chorthippus pullus 94, 95 Chorthippus vagans 95 Chrysochraon dispar 23, 79 Cicadetta brevipennis 18 Conocephalus dorsalis 39 Conocephalus fuscus 39 Decticus albifrons 44 Decticus verrucivorus 43 Epacromius tergestinus ponticus 77
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Ephippiger diurnus 58 Ephippiger persicarius 15, 59 Ephippiger terrestris bormansi 60 Euchorthippus declivus 102 Eumodicogryllus bordigalensis 63 Eupholidoptera chabrieri 53 Euthystira brachyptera 80 Gampsocleis glabra 58, 112 Gomphocerippus rufus 89, 90 Gomphocerus sibiricus 88 Gryllodes sigillatus 64, 125 Gryllomorpha dalmatina 64 Gryllotalpa gryllotalpa 22, 68 Gryllus bimaculatus 61, 124 Gryllus campestris 60 Isophya kraussii 32, 106 Leptophyes albovittata 34 Leptophyes laticauda 15, 35 Leptophyes punctatissima 35 Locusta migratoria cinerascens 73 Locustella luscinioides 19 Meconema meridionale 38 Meconema thalassinum 38 Mecostethus parapleurus 77 Melanogryllus desertus 62 Metrioptera bicolor 48 Metrioptera brachyptera 47 Metrioptera fedtschenkoi minor 50 Metrioptera roeselii 49 Metrioptera saussuriana 48 Modicogryllus frontalis 63, 116 Myrmecophilus acervorum 118 Myrmeleotettix maculatus 18, 92 Nemobius sylvestris 65 Oecanthus pellucens 67 Oedaleus decorus 73, 74 Oedipoda caerulescens 74
Oedipoda germanica 75 Omocestus haemorrhoidalis 81, 82 Omocestus rufipes 83 Omocestus viridulus 83 Pachytrachis striolatus 56 Phaneroptera falcata 31 Phaneroptera nana 31 Pholidoptera aptera 50 Pholidoptera fallax 52 Pholidoptera griseoaptera 53 Pholidoptera littoralis insubrica 25, 51, 52 Platycleis albopunctata albopunctata 44, 45 Platycleis albopunctata grisea 12, 13, 45 Platycleis montana 46, 110 Platycleis tessellata 27, 46 Podismopsis keisti 81 Polysarcus denticauda 36, 37 Psophus stridulus 71 Pteronemobius heydenii 65 Pteronemobius lineolatus 66 Ruspolia nitidula 40 Sphingonotus caerulans 75 Stauroderus scalaris 93 Stenobothrus crassipes 87, 122 Stenobothrus lineatus 84, 85 Stenobothrus nigromaculatus 85 Stenobothrus rubicundulus 17, 87, 88 Stenobothrus stigmaticus 86 Stethophyma grossum 78 Tettigonia cantans 42 Tettigonia caudata 42 Tettigonia viridissima 14, 41 Troglophilus neglectus 114 Yersinella raymondii 55
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