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Prisma Beiträge zur Erziehungswissenschaft aus historischer, psychologischer und soziologischer Perspektive Schriftenreihe des Instituts für Erziehungswissenschaft der Universität Bern Herausgeber Elmar Anhalt, Rolf Becker Alexander Bertrams, Tina Hascher
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Patrick B체hler Thomas B체hler (Hrsg.)
Sakralit채t und P채dagogik
Haupt Verlag
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1. Auflage: 2018 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. ISBN 978-3-258-07832-8 Alle Rechte vorbehalten. Copyright © 2018 Haupt Bern Jede Art der Vervielfältigung ohne Genehmigung des Verlages ist unzulässig. Redaktion: Herausgeber Satz: Fabian Schmid Umschlaggestaltung: Daniela Vacas nach einem Konzept von Atelier Mühlberg, Basel Printed in Germany www.haupt.ch
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Inhaltsverzeichnis Ulrich Sieg Was heisst und zu welchem Ende studiert man Wissenschaftsgeschichte?....................9 Claudia Crotti Der Schulmeister. Lehrerbildung im Spannungsfeld kirchlicher und staatlicher Interessen – der Fall Bern .............................................................................25 Jürgen Rekus Das ,religiöse‘ Apriori des Bildungsprozesses ................................................................43 Pia Schmid Heilige Kinder. Zur Materialität des Sakralen in pietistischen Exempelgeschichten des beginnenden 18. Jahrhunderts ..............................................55 Jürgen Oelkers Das „heilige Kind“ – eine Umbesetzung? .......................................................................71 Lucien Criblez Konfessionsfreier Religionsunterricht – zur Herauslösung des Tugend- und Moralunterrichts aus dem kirchlich-dogmatischen Religionsunterricht in den 1870er-Jahren....................................................................................................103 Philipp Gonon Sakralisierung und Selbstthematisierung: Anmerkungen zum professionellen Selbst der Lehrperson angesichts der Möglichkeit pädagogischen Scheiterns ...........121 Daniel Dietschi Der pädagogische Blick, das polynesische tabu und das Sakrale ...............................133 Serge Tomamichel Alliances et concurrences. La question des petits séminaires sous le Consulat et le Premier Empire ..................................................................................153 Roland Reichenbach Sakral, säkular, sentimental…? Bemerkungen zur Emotivität anti-sentimentalistischer Diskurse ................................................................................161 Patrick Bühler Heil und Heilung. Zur Psychopathologie des Schullebens am Anfang des 20. Jahrhunderts ....................................................................................................173
Die in diesem Band versammelten Beiträge setzen sich in bildungshistorischer Perspektive mit der Frage nach dem Verhältnis von Sakralität und Pädagogik auseinander und untersuchen, wie Erziehung und Schule in Europa sakral ausgestaltet wurden, welche Konfliktlinien auszumachen sind und in welchem Verhältnis die Sakralisierung des Kindes im Modernisierungsprozess zu wissenschaftlichen Entwicklungen steht. Diesem spannungsreichen Verhältnis von Sakralem und Profanem in der Pädagogik war eine Tagung zu Ehren Fritz Osterwalders gewidmet, die im April 2013 an der Universität Bern durchgeführt wurde. Das Symposium, das einen der Arbeitsschwerpunkte Osterwalders aufgriff, versammelte Freunde und Wegfährten und war vom damaligen Direktorium des Instituts für Erziehungswissenschaft zur Emeritierung Osterwalders organisiert worden. Mit dem Erscheinen des vorliegenden Bandes werden die Tagungsbeiträge nun – wie könnte es anders sein – selbst zu bildungshistorischen Quellen.
Ulrich Sieg
Was heisst und zu welchem Ende studiert man Wissenschaftsgeschichte?1 Ulrich Sieg Studium der Wissenschaftsgeschichte
Schillers Jenaer Antrittsvorlesung, die den Titel unserer Abhandlung inspiriert, gilt als aufklärerischer Fanfarenstoss. Mit grosser Geste entfaltete der Dichter am Vorabend der Französischen Revolution vor mehr als vierhundert Hörern seine Vorstellung von Universalgeschichte. Den Kern der Ausführungen bildete die Unterscheidung zwischen dem „Brotgelehrten“ und dem „philosophischen Kopf“. Auf diesen komme in der Universität alles an, weil Erkenntnisfortschritt nur fernab von Nützlichkeitserwägungen erreichbar sei (Schiller 1789/1966, S. 422–425).2 Schillers Rede wird noch heute zitiert, wenn es um die Eigenart und den Wert akademischer Freiheit geht. Ihr existenzielles Pathos ist uns freilich fremd geworden. Die Organisation von Wissenschaft ist insgesamt zu arbeitsteilig und komplex, als dass der individuellen Entscheidung noch zentrale Bedeutung zukäme. Und schon die seltene Institutionalisierung der allgemeinen Wissenschaftsgeschichte verhindert, dass sich ihr viele Forscher zuwenden. Die meisten von ihnen dürften auf gewundenen Pfaden in dieses faszinierende Gebiet gelangt sein. 1
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Eine frühere Fassung des Textes habe ich im Bewerbungsverfahren für den wissenschaftsgeschichtlichen Lehrstuhl der Berliner Humboldt-Universität im Januar 2010 präsentiert. Der Berner Vortrag vom 18. April 2013 wurde erweitert und mit Anmerkungen versehen, die persönliche Diktion blieb erhalten. – Für umsichtige Ratschläge und weiterführende Kritik danke ich wie stets Anne Chr. Nagel und Ewald Grothe. Wichtige Hinweise zur Gedankenwelt des deutschen Neoidealismus gaben Barbara Besslich, Uwe Dathe, Christoph Eucken und Meike G. Werner. Auch ihnen sei herzlich gedankt. Zum historischen Hintergrund vgl. Ries 2007, S. 63–71, als ideengeschichtliche Deutung Muhlack 1995.
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Dem trägt der Essay Rechnung, der eigene Forschungsergebnisse vorstellt und daran weitergehende Überlegungen knüpft. Ich beginne mit Ausführungen zur Berufungspolitik im Kaiserreich, skizziere sodann das Phänomen „etablierter Aussenseiter“ und wende mich schliesslich den ideologischen Verwerfungen im Ersten Weltkrieg zu (I). Der zweite Teil behandelt mit der „Aufladung“ der Werte im Reichsgründungsjahrzehnt und der ubiquitären Präsenz von Weltanschauungen um 1900 zwei ideen- wie wissenschaftshistorisch einflussreiche Phänomene (II). Abschliessend wird die Bedeutung der allgemeinen Wissenschaftsgeschichte für die akademische Lehre erörtert und ihre Leistungsfähigkeit an einem herausgehobenen Beispiel illustriert (III).
I Im Mittelpunkt der Wissenschaftspolitik des 19. Jahrhunderts standen die Berufungen. Vielleicht ist es deshalb kein Zufall, wenn zu meinen ersten wissenschaftsgeschichtlichen Funden ein Rapport des Kantforschers Hans Vaihinger zählt. Das Dokument stammt aus dem Jahre 1893 und listet penibel den personellen Bestand der deutschsprachigen Universitätsphilosophie auf. Angefertigt wurde es für den preussischen Ministerialbeamten Friedrich Althoff, der bei Berufungen über grossen Einfluss verfügte. Vaihinger konzentriert sich auf biografische Angaben und betont dabei die wissenschaftliche und religiöse Ausrichtung der Gelehrten. Schon prima facie zeigt seine Übersicht, wie genau das preussische Kultusministerium in Personalfragen informiert wurde.3 Die eingehende Analyse belegt, dass der von Vaihinger despektierlich beurteilte Empirismus in Preussen keine Zukunft hatte. Ihm fehlte das „positiv gerichtete religiöse Interesse“, das den Anhängern Kants oder Hegels umstandslos attestiert wurde (Geheimes Staatsarchiv Berlin, Rep. 92 Althoff A I Nr. 71, fol. 97 r, v und öfter). Generell bevorzugte Althoff Gelehrte, die sich in die idealistische Tradition stellten und im Ausland für die Weltgeltung deutscher Wissenschaft warben. Für naturwissenschaftlich orientierte Philo3
Das Dokument findet sich: Geheimes Staatsarchiv Berlin, Rep. 92 Althoff A I Nr. 71, fol. 92r–107v; zur Wissenschaftsgeschichte der Ära Althoff immer noch erhellend Vom Brocke 1980; die Entwicklung der akademischen Philosophie skizziert Sieg 1991.
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sophen zeigte man im preussischen Kultusministerium hingegen kaum Interesse. Ihnen blieb häufig nur der Weg über die Grenze, wo sich in Heidelberg, Leipzig oder Wien andere Möglichkeiten auftaten. Nur in einem Punkt setzte Althoff abweichende Akzente. Aus politischen Gründen protegierte er katholische Philosophen, die Vaihinger als Inbegriff weltanschaulicher Voreingenommenheit ablehnte. Vaihinger dürfte gewusst haben, was er tat. 1876 hatte der gerade einmal Vierundzwanzigjährige einen schwungvollen Angriff auf Modeströmungen in der deutschen Philosophie veröffentlicht, den man als beachtliche Talentprobe ansehen konnte. Doch als 1882 seine Berufung auf einen Kieler Lehrstuhl anstand, scheiterte er an politischen Vorbehalten. Der konservative Neukantianer Otto Liebmann hatte ihn bei Althoff als „,etwas journalistisch, agitatorisch und zu Extremen geneigt‘“ (Sieg 1991, S. 289) angeschwärzt. Erst zwölf Jahe später, 1894, ein Jahr nach Abfassung des Dossiers, erhielt Vaihinger endlich ein Ordinariat in Halle. Über Althoffs Rolle bei Vaihingers Etablierung möchte ich nicht spekulieren. Fragen dieser Art sind ohne intensives Aktenstudium kaum zu klären, und natürlich hatte der herausragende Kantkenner auch als Wissenschaftler einiges zu bieten. Doch bedenkt man, wie viele Informationen in Berlin zusammenliefen und was dies für die Machtstellung des Ministeriums bedeutete, wird verständlich, warum Max Weber so vehement gegen das „System Althoff“ opponierte (vgl. hierzu konzentriert Spinner 1991). Aus heutiger Perspektive spricht einiges dafür, die Härte der Rekrutierungsmuster und die nüchterne Sachlichkeit preussischer Personalpolitik zu betonen. Denn ohne die Berufung tüchtiger Wissenschaftler wäre die Institutionalisierung eines erfolgreichen Innovationssystems, dessen Konsequenzen tief in das 20. Jahrhundert hineinreichen, unmöglich gewesen (vgl. Hübinger 2005, S. 62–67). Allerdings sollten die Schattenseiten der rigiden Kontrolle nicht marginalisiert werden. Ihnen könnte man sich auf Grundlage jener Berichte zuwenden, die Althoffs Vertrauensleute verfassten und die heute im Geheimen Staatsarchiv Berlin liegen. Althoff liess sich intensiv beraten. So zählte in der Theologie Adolf Harnack zu seinen wichtigsten Ansprechpartnern, in der Jurisprudenz vertraute er auf den Mitschöpfer des Bürgerlichen Gesetzbuches Ludwig Ennecerus, und in der Medizin beriet ihn mit Emil von Behring der erste Nobelpreisträ-
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ger.4 Gleichzeitig bereisten jüngere Hochschullehrer das Land, um die Lehrleistung ihrer künftigen Kollegen einzuschätzen. Gleichwohl stand das Primat der Forschung in Preussen ausser Zweifel. Selbst ausgesprochene Einzelgänger, die sich nicht um die Studenten scherten, wurden in der Blütezeit der Ordinarienuniversität hofiert, wenn man sich von ihnen herausragende Forschungsleistungen versprach. Manch ein bewunderter Lehrstuhlinhaber entwickelte sich über die Jahre gar zum weltabgewandten Misanthropen. Ein markanter Fall war der Göttinger Orientalist Paul de Lagarde.5 Trotz seiner Sprachbegabung und ungewöhnlichen Arbeitsenergie musste er achtzehn Jahre lang auf eine Professur warten. Die Gründe für seinen Misserfolg waren unspektakulär. Als Spezialist in einem Orchideenfach boten sich Lagarde nur wenige Chancen, und es fehlte ihm an sozialer Intelligenz, sie zu nutzen. Letztlich verdankte er seine Berufung im Jahre 1869 dem preussischen König Wilhelm I., der Lagardes Versprechen, die Edition des Alten Testaments auf solide Grundlagen zu stellen, hohe Priorität zumass. Die späte Berufung war gewiss ein Glücksfall, doch als Lehrstuhlinhaber wurde Lagarde seines Lebens nicht recht froh. Unmittelbar nach der Ernennung begann er eine Rufmordkampagne gegen seinen Amtsvorgänger Heinrich Ewald, die ihn in Göttingen beträchtliche Sympathien kostete. Lagarde ging seinen Berufspflichten nur mürrisch nach und verwickelte sich in heftige Fehden, bei denen sich Berufliches und Privates unentwirrbar mischten. Nach aussen hin betonte er die Härte seiner Vita und strich seine Aussenseiterstellung heraus. Sein umfangreicher Nachlass spricht indes eine andere Sprache. Lagarde stand mit fast allen herausragenden Orientalisten in Kontakt, wurde in organisatorischen Fragen gehört und protegierte erfolgreich seine Schüler. Die in der Wissenschaft erprobten Taktiken der Selbstvermarktung wandte Lagarde auch als politischer Schriftsteller an. Er kritisierte die Oberflächlichkeit seiner Zeitgenossen und pflegte den Mythos „heroischer Einsamkeit“. Bei näherem Hinsehen bleibt davon nicht allzu viel übrig. Lagarde verfügte über treue Anhänger, lancierte Artikel in der Presse und fand viele Leser. Der ungeordnete Teil seines Nachlasses enthält zahlreiche Besprechungen, die
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Die Intensität, mit der Althoff wissenschaftliche Expertise einwarb, verdeutlichen die Beiträge in Vom Brocke 1991. Dazu ausführlich Sieg 2007; für die ideen- und politikgeschichtliche Einordnung Lagardes lange Zeit kanonisch Stern 1961.
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Fritz Sterns Auffassung, der Kulturpessimist habe erst posthum grössere Wirkung entfaltet, infrage stellt (vgl. Sieg 2007, S. 16 ff.). Tatsächlich nutze Lagarde das symbolische Kapital des „etablierten Aussenseiters“ massiv für seine Zwecke. Nicht nur aus biografischen Gründen ist dies in der Wissenschaftsgeschichte kein seltenes Phänomen; denn erlittene Zurücksetzung bringt Sympathien und erleichtert die Durchsetzung eigener Ziele. Die Machtfülle der Lehrstuhlinhaber legt es nahe, das erste Wort des Syntagmas hervorzuheben. Von Ferdinand Tönnies über Martin Heidegger bis Helmuth Plessner besitzt manch ein „etablierter Aussenseiter“ zentrale wissenschaftshistorische Bedeutung. Und vielleicht sollte man sich einmal den Häuptern wissenschaftlicher Schulen mit einem Blick auf die Selbststilisierung ihrer Lebensläufe nähern. In jedem Fall bietet die Kategorie des „etablierten Aussenseiters“ die Möglichkeit, eingeschliffene Bewertungen und narrative Konventionen zu hinterfragen.6 „Authentizität“ wird zwar auch in der Wissenschaftsgeschichtsschreibung gern beschworen, doch handelt es sich um eine epistemologisch heikle Kategorie, die sich überdies bei genauer Quellenanalyse zu verflüchtigen droht. In hohem Grade gilt dies für jene Selbstbeschreibungen, mit denen sich Wissenschaftler aller Nationen im „Krieg der Geister“ präsentierten. Die Mobilisierung deutscher Professoren im Ersten Weltkrieg erfolgte im Zeichen der „Ideen von 1914“. Emphatisch stellte man den Wert der eigenen Weltanschauung heraus und kämpfte im Namen der Kultur für den Sieg der Mittelmächte. Die Forschung hat sich lange Zeit primär mit dem „Augusterlebnis“ und der Generierung nationalistischer Feindbilder auseinandergesetzt. Dies ist durchaus mit Erfolg geschehen, hat jedoch den kommunikativen Aspekt des Propagandakrieges ungebührlich in den Hintergrund gerückt. Immerhin reagierte die deutsche Professorenschaft auf die Verlautbarungen der anderen Seite, die man als sachlich unbegründet und moralisch verwerflich darstellen wollte. Zudem wurde im „Krieg der Geister“ um gesellschaftliche Ordnungsvorstellungen gestritten. Herausragende Bedeutung für die Kriegslegitimation besass die Idee der „Volksgemeinschaft“, an deren Propagierung Sozialwissenschaftler wie Johann Plenge und Werner Sombart kräf-
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Zu ihrer Bedeutung für die deutsch-jüdische Wissenschaftsgeschichte vgl. Sieg 2001; als biografische Fallstudie Dietze 2006.
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tig mitwirkten (dazu umfassend Bruendel 2003; Schöning 2009; Verhey 2000). Angesichts des Massensterbens an der Front und der Versorgungsengpässe in der Heimat wurde die ideologische Mobilisierung der Bevölkerung in der zweiten Kriegshälfte immer schwieriger. Im Herbst 1916 kam es zu einer Neuorientierung im Propagandakrieg, die Kurt Flasch als „Ideenwende“ charakterisiert (Flasch 2000, S. 279–289). Das Vertrauen in die Zukunft war dahin und mit ihm die Attraktivität der „Ideen von 1914“. Statt kommunitaristischer Vorstellungen beschworen Professoren nun die Gewaltsamkeit des Krieges, in dem einzig der grössere Wille über Sieg oder Niederlage entscheiden werde. Allerdings verschleiert der etwas anämische Begriff „Ideenwende“ die Tatsache, dass sich nicht so sehr die Ideen an sich als vielmehr ihre Färbung veränderte. „Angst“ und „Tod“ wurden in ganz unterschiedlichen intellektuellen Milieus zum Thema, sodass man eher von einer „Existentialisierung der Diskurse“ sprechen sollte (vgl. Sieg 2008, S. 297–317). Die Universitätsgeschichte des Ersten Weltkrieges wurde bis vor wenigen Jahren stark vernachlässigt. Dies verwundert um so mehr, als der grundstürzende Charakter dieses Ereignisses für viele Disziplinen ausser Frage steht. Der „Grosse Krieg“ führte etwa in der Theologie oder der Philosophie zur Abkehr von kulturprogressistischen Geschichtsmodellen, begünstigte in den Sozialwissenschaften völkisches Gedankengut und stellte überzeugend die Leistungsfähigkeit von Psychologie und Psychiatrie heraus. Institutionengeschichtlich hat sich jüngst viel getan,7 doch die tieferen Ursachen und vielfältigen Folgen der Veränderungen sind nach wie vor auszuloten. Eine kultur- und mentalitätshistorisch ausgerichtete Wissenschaftsgeschichte des Ersten Weltkrieges, dessen Ausbruch sich bald zum hundertsten Male jährt, dürfte auf beträchtliches Interesse stossen. Für besonders wichtig halte ich das Problem des Antisemitismus. So unstrittig die Bedeutung des Weltkrieges für die Geschichte des Judenhasses ist, so wenig wurde dieses Phänomen bislang untersucht.8 Hierfür dürfte nicht zuletzt die Quellenlage verantwortlich sein. Die strenge Zensur, mit der die politisch Verantwortlichen so lange wie möglich die Vorstellung eines klassenüberwölbenden 7 8
Eine Zwischenbilanz zieht Maurer 2006. In jedem Fall fehlt eine umfassende Darstellung des Themas. Als konzentrierte Einführung in die Geschichte des deutschen Judentums im Ersten Weltkrieg vgl. Hoffmann 1997.
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„Burgfriedens“ aufrechterhalten wollten, liess unmittelbare Angriffe auf gesellschaftliche Minderheiten kaum zu. Dies führte zur Verschiebung von Feindbildern und zu camouflierten Debatten, deren Bedeutung im Nachhinein schwer zu bestimmen ist. So wird die gegen England gerichtete Literatur gleichzeitig durch nationalistische Stereotype, judenfeindliche Topoi und antikapitalistische Ressentiments charakterisiert. Sombarts Streitschrift Händler und Helden war nur ein Text unter vielen und eignet sich trefflich zur exemplarischen Interpretation. Sombarts Erfolg wird indes häufig übertrieben; denn viele Zeitgenossen nahmen dem Salonmarxisten die Heftigkeit seiner Empörung über den englischen „Krämergeist“ schlicht nicht ab.9 Der Befund verweist auf eine spezifische Stärke der Wissenschaftsgeschichte. Der Kenntnisstand über die Judenfeindschaft der Vorkriegszeit ist mittlerweile so hoch, dass sich die Verschärfung der Ressentiments nach 1914 präzis bestimmen lässt. Gelegentlich ergeben sich erstaunliche Parallelen. So kam es im Herbst 1916 zu einer stürmischen Debatte in der Kantgesellschaft, ob Juden in der Lage seien, einen „kerndeutschen Denker“ wie Kant wirklich zu verstehen (vgl. Schöning 2008; Sieg 2013, S. 125–143). Heftige Proteste kosteten Bruno Bauch, der dies bestritten hatte, seinen Posten als Redakteur der Kant-Studien und führten zur Gründung der radikal konservativen Deutschen Philosophischen Gesellschaft. Gleichfalls im Herbst 1916 stritten sich Vaihinger und Bauch über die richtige NietzscheInterpretation. Hier setzte sich Bauch durch, und fortan wurde im Umfeld der Weimarer Villa Silberblick eine strikt antiwestliche, judenfeindlich konnotierte Lesart Nietzsches obligat. Bauchs wertphilosophische Vorstellungen gingen in mancher Hinsicht noch auf die Gründerzeit zurück.
II Die Anfänge der Wertphilosophie sind unscheinbar. Sie liegen im Göttingen des Nachmärz, wo Wilhelm Lotze angesichts des rasanten Siegeszugs der Naturwissenschaften nach einem eigenständigen Bereich für die Philosophie suchte. Der Spätidealist fand ihn in der Begründung jener allgemeinen Werte, 9
Sombart 1915; die Rezeptionsgeschichte dieses Buchs betrachtet eingehend Lenger 1996. Die Bedeutung des „Burgfriedens“ für das Verhalten der Behörden unterstreicht Altenhöner 2008.
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die ohne philosophische Reflexion unterbestimmt und unscharf bleiben (Schnädelbach 1983, S. 197–231; monografisch Pester 1997). In Anschlag gebracht und ideologisch „aufgeladen“ wurden die Werte nach den beiden Kaiserattentaten im Herbst 1878. Eine Generation von Philosophen, die nach der Reichsgründung vom Ausbau des Hochschulwesens profitiert hatte und in jungen Jahren auf Lehrstühle gelangt war, setzte sich nun vehement für die Verteidigung des Nationalstaats ein. Der wichtigste von ihnen war Wilhelm Windelband, das spätere Haupt der „Südwestdeutschen Schule“ des Neukantianismus. In Reden und Aufsätzen wandte er sich gegen die angeblich gemeingefährliche innere Leere des sittlichen Lebens und forderte die Philosophen zur Bearbeitung der aktuellen politisch-moralischen Fragen auf (Köhnke 1986, S. 416–422; Sieg 2013, S, 43–48, 51–57). Eine zentrale Aufgabe der Philosophie bestand für Windelband darin, tragfähige Werte für das deutsche Gemeinwesen zu ermitteln. In dieser Perspektive wurde die praktische Philosophie zur kritischen Wertwissenschaft, die überzeitlich gültige Resultate zu bieten habe. Gleichzeitig sorgte die erkenntnistheoretisch begründete Überzeugung, dass Werte gelten müssten, für den rigorosen Zug des neuen Universalismus, der die eigenen Entstehungsbedingungen nicht reflektierte. Stattdessen verselbstständigte sich ein affirmativer Umgang mit der Philosophiegeschichte, der sich paradigmatisch in der Heroisierung Platons zeigt (Köhnke 1986, S. 402 ff.).10 Ideengeschichtlich vollzog sich in den Jahren nach den Kaiserattentaten ein tief greifender Wandel. Philosophie wurde gedeutet als Kampf der „Weltanschauungen“, und es ist kein Zufall, dass dieses Wort an deutschen Universitäten rasch heimisch wurde. Für Max Weber, der seine epistemologischen Überzeugungen dem südwestdeutschen Neukantianismus verdankte, war es um 1900 unstrittig, dass zwischen letzten Werten keinerlei Vermittlung möglich sei (vgl. Kaesler 2008, S. 234–251). Allenthalben in Europa mussten Gelehrte auf eine umfassende Weltanschauung verweisen, wenn sie in der breiteren Öffentlichkeit reüssieren wollten. Insbesondere galt es, den Statusgewinn der Naturwissenschaften mit idealistischen philosophischen Überzeugungen „auf der Ebene der Wissenssynthetisierung und auf der Ebene der ‚Sinnstiftung‘ zu vereinen“ (Thomé 2003, S. 391). In wenigen Jahren entstand eine neuartige Weltanschauungsliteratur, die vorgab, wissenschaftliche 10
Dies pointierte erstmals Köhnke 1986, S. 407 ff.
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Resultate zu popularisieren, während sie tatsächlich eine Form von Komplexitätsreduktion vornahm, die mit ergebnisoffener Forschung unvereinbar war. Zu den erfolgreichsten Gelehrten der Jahrhundertwende gehörte Rudolf Eucken. 11 Der Jenaer Professor vertrat einen protestantisch getönten Neoidealismus und versprach in seinen Büchern eine „Universalintegration“ des Wissens, das für viele Zeitgenossen immer unübersichtlicher wurde. Mit nüchterner Argumentation liess sich dieses kühne Ziel schwerlich erreichen. Umso mehr zog Eucken rhetorische Register: Er kritisierte vehement das geistige Leben der Gegenwart, monierte das unheilvolle Wirken polarer Kräfte und versprach Abhilfe in naher Zukunft. Dem stolzen Selbstverständnis entsprach eine weihevolle, geradezu prophetische Diktion. Doch so eigentümlich uns Euckens Texte heute vorkommen, sie trafen den Ton der Stunde. 1908 erhielt der Philosoph, dessen Werke in viele Sprachen übersetzt wurden, den Nobelpreis für Literatur.12 Die offizielle Begründung verwies auf „,die Wärme und Kraft der Darstellung, womit [Eucken] in zahlreichen Werken eine ideale Weltanschauung vertreten und weiterentwickelt hat‘“ (Ahlström [1967], S. 17). Zu Euckens entschiedenen Fürsprechern gehörte der konservative Präsident der schwedischen Akademie Af Wirsén, der einen passenden Kandidaten zur Verhinderung von Selma Lagerlöf gesucht hatte. In der schwedischen Presse führte die Entscheidung des Nobelpreiskomitees zu einigen Unmutsäusserungen. Eucken focht dies aber nicht an. Nach seiner Ankunft in Stockholm verwies er mit dem selbstbewussten Satz: „‚Ich bin in Mode gekommen!‘“ die Journalisten auf den weltweiten Erfolg seiner Schriften (ebd.). Ein anderer Jenaer Professor scheint im Herbst 1908 fest mit der Verleihung des Literaturnobelpreises gerechnet zu haben: Ernst Haeckel. Dem leidenschaftlichen Darwin-Anhänger war mit seinem Hauptwerk Die Welträthsel ein ungewöhnlicher Publikumserfolg gelungen. Bewusst hatte er die Schrift als Alternative zum Christentum konzipiert, um für seine eigene pantheistische Weltanschauung zu werben, von der er das Heil der Menschheit erwartete (Haeckel 1899; als geistesgeschichtliche Einordnung vgl. Lübbe 11
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Eine modernen Ansprüchen genügende Biografie Euckens zählt zu den ideengeschichtlichen Desideraten. Seine breite Resonanz im Fin de Siècle erörtern Dathe 2007; Graf 1997. Die Hintergründe der Nobelpreisvergabe an Eucken, die im Nachhinein häufig kritisiert wurde, leuchten Dathe 2009; Sieg 2013, S. 80–93 aus.
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1974, S- 140 ff.; Nipperdey 1988, S. 126 f.). In der konservativen schwedischen Akademie war Haeckels radikales Weltbild nicht mehrheitsfähig, und da sich überdies seine sprachlichen Mittel in Grenzen hielten, wurde die Verleihung des Literaturnobelpreises nicht einmal erwogen. Doch spricht es für Haeckels Prestige, dass er das Gerücht streuen konnte, er komme als einziger Jenaer Professor für diesen Preis infrage.13 Prononciert sprach Wilhelm Windelband zu Beginn des 20. Jahrhunderts vom „Hunger nach Weltanschauung“, der allenthalben spürbar sei (Windelband 1910, S. 7). Denkt man an die Stärke des „Monistenbundes“, der publikumswirksam das kirchliche Monopol für den Religionsunterricht attackierte, oder an die Breitenwirkung Houston Stewart Chamberlains, der sich gleichermassen als Kulturhistoriker, Biologe und Prophet präsentierte, wird man ihm nicht widersprechen wollen. Doch sind die Eigenarten der Weltanschauungsliteratur bislang kaum herausgearbeitet worden. Vermutlich könnte die Geschichtswissenschaft einiges von der Literaturwissenschaft lernen, die stärker nach den Konstruktionsprinzipien und spezifischen Eigenheiten von Texten fragt. Insbesondere müsste es um die „Ebene der […] Gedankenexperimente oder Veranschaulichungen“ gehen, auf der es Weltanschauungsschriftstellern gelang, ihren gewagten Vorstellungen den Anschein von Empirizität zu geben (Thomé 2003, S. 392).
III Doch was sollen die Studierenden mit den Idiosynkrasien und Zukunftsverheissungen vergangener Tage anfangen? Drei Antworten bieten sich an. Erstens ist die Wissenschaftsgeschichte vorzüglich zur Einübung kritischen Denkens geeignet. Gerade der Blick auf die Wunschvorstellungen und Illusionen vergangener Epochen lehrt Skepsis im Umgang mit wissenschaftlichen Versprechen. Ideologiekritik kann zwar nicht das letzte Wort sein, zumal sie in Deutschland häufiger an einem reifizierten Verständnis marxistischer Gedanken litt. Doch heisst dies nicht, dass man sie umstandslos über Bord werfen sollte. Schaut man etwa auf die Feindbilder in der Weltanschauungsli-
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Hossfeld/Olsson/Nöthlich 2005; ein Panorama der Jenaer Geisteswelt um 1900 entwirft Werner 2003.
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teratur, die einschlägige wissenschaftsgeschichtliche Folgen hatte, lässt sich eine Dominanz antisemitischer Vorstellungen ausmachen. Sie dienten eigenen Hegemonieansprüchen, unterstützten eine kulturpessimistisch grundierte Zeitkritik und begünstigten ein manichäisches Weltbild. Eine Ausnahme bildete lediglich Ernst Haeckel. Zwar schloss er „,aus der langen historischen Dauer der Judenfeindschaft‘“ auf ihre Legitimität, doch glaubte er, dass ein erfolgreicher Assimilationsprozess die anstehenden Probleme lösen werde (Bergmann 2009, S. 325). Dafür pflegte Haeckel, der 1904 auf dem Internationalen Freidenkerkongress in Rom zum „Gegenpapst“ ausgerufen wurde, einen schroffen Antikatholizismus, der sich trefflich mit seinem Fortschrittsglauben vereinbaren liess. Zweitens sensibilisiert und erweitert der Umgang mit wissenschaftshistorischen Quellen die hermeneutischen Horizonte. So gewiss uns zahlreiche wissenschaftliche Ansichten, Ideen und Konzepte als antiquiert erscheinen, so sicher wissen wir, dass sie einst in Blüte standen, und deshalb müssen wir um ihr Verständnis ringen. Dies gilt auch und gerade für Dokumente aus der Zeit des Nationalsozialismus, auch wenn dessen Historisierung aus einer Vielzahl von Gründen immer noch schwierig ist. So besteht an der Bedeutung des „Kriegseinsatzes der Geisteswissenschaften“, an dem mehr als fünfhundert Gelehrte beteiligt waren, kein Zweifel, doch hat die moderne Geschichtswissenschaft mit den Texten des „Gemeinschaftswerks“ nicht allzu viel anfangen können. Sie betont die exzessive Vernetzung, die „wissenschaftlich konsensfähig[e]“ Produkte ohne jeden intellektuellen Drive hervorgebracht habe (so zuletzt Ackermann, 2008, S. 666).14 Die Mediokrität professoraler Propaganda im Zweiten Weltkrieg lässt sich kaum bestreiten, doch ist die vorgenommene Kritik an den Eigenarten wissenschaftlicher Grossforschung zu unspezifisch, als dass sie für die Interpretation nationalsozialistischer Texte viel austragen könnte. Schaut man hingegen darauf, welche Geisteswissenschaftler intensiv am „Gemeinschaftswerk“ beteiligt wurden, das den Zugang zu exklusiven Druckmöglichkeiten und lukrativen Vortragseinladungen eröffnete, erhält man einen Eindruck von den zeitüblichen Vermachtungen. In der Philosophie reüssierten beispielsweise konservative Idealisten wie Hermann Glockner und Max Wundt, deren Ver14
Die gründliche Erforschung des „Kriegseinsatzes der Geisteswissenschaften“ verdanken wir Frank-Rutger Hausmann. Pioniercharakter trug Hausmann 1998, zuletzt Hausmann 2011.
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öffentlichungen verbale Radikalität mit bildungsbürgerlichen Überzeugungen verbanden. Sie stellten das „Dritte Reich“ in eine nationale Traditionslinie und boten damit eine historische Legitimierung jüngster Veränderungen, wie sie diktatorische Regime zu schätzen pflegen (vgl. Sieg 2013, S. 228–231). All dies und noch viel mehr lässt sich jenen hochgradig ideologisierten Texten entnehmen, die im Rahmen des „Kriegseinsatzes der Geisteswissenschaften“ entstanden sind und für die akademische Lehre reiches Anschauungsmaterial bieten. Wohl noch wichtiger als die Schulung von Kritikfähigkeit und Interpretationsvermögen ist ein dritter Punkt: die Beschäftigung mit wissenschaftsgeschichtlichen Fragen stärkt die Urteilskraft. Bedenkt man, dass die allgemeine Erfahrung des Menschen in der Informationsgesellschaft „die Gleichgültigkeit des gleich Gültigen ist“, kann man die Bedeutung der Urteilskraft kaum hoch genug veranschlagen (Liessmann 2006, S. 15). Wissen ist beinahe stets „lückenhaft, inkonsistent und in hohem Masse von Kontingenz geprägt“ (ebd., S. 31), und gerade deshalb braucht es ein geschultes Denkvermögen, um seine Bedeutung zu ermessen. Man muss nicht so weit gehen wie der späte Kant, der fehlende Urteilskraft für „eine Form der Dummheit“ hielt (Kant 1798/1977, S. 524). Aber vielleicht traf Schiller einen wichtigen Punkt, als er den inneren Zusammenhang von „Freiheit“ und „Wissenschaft“ im Medium der „Bildungsidee“ (Schiller 1789/1966, S. 438) erörtern wollte.
Literaturverzeichnis Ackermann, Z. (2008): Anglistik und Amerikanistik. In: Elvert, J./Nielsen-Sikora, J. (Hrsg.): Kulturwissenschaften und Nationalsozialismus. Stuttgart: Steiner, S. 647– 668. Ahlström, G. [1967]: Kleine Geschichte der Zuerkennung des Nobelpreises an Rudolf Eucken. In: Nobelpreis für Literatur 1908: Rudolf Eucken, Philosophische Schriften. Zürich: Coron, S. 9–17. Altenhöner, F. (2008): Kommunikation und Kontrolle. Gerüchte und städtische Öffentlichkeiten in Berlin und London 1914/18. München: Oldenbourg. Bergmann, W. (2009): Art. „Haeckel, Ernst Heinrich Philipp August“. In: Benz, W. (Hrsg.): Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart, Bd. 2/1: Personen. Berlin: De Gruyter Saur, S. 323–326. Bruendel, S. (2003): Volksgemeinschaft oder Volksstaat. Die „Ideen von 1914“ und die Neuordnung Deutschlands im Ersten Weltkrieg. Berlin: Akademie. Dathe, U. (2007): Rudolf Eucken – Philosophie als strenge Wissenschaft und weltanschauliche Erbauungsliteratur. In: Ruchniewicz, K./Zybura, M. (Hrsg.): Die höchste Eh-
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