Hansruedi Weyrich, Hansjakob Baumgartner, Franziska Lörcher, Daniel Hegglin
DER BARTGEIER Seine erfolgreiche Wiederansiedlung in den Alpen
Hansruedi Weyrich, Hansjakob Baumgartner, Franziska Lörcher, Daniel Hegglin
DER BARTGEIER Seine erfolgreiche Wiederansiedlung in den Alpen
Hansruedi Weyrich fotografiert seit 1993 in der Natur. Seine Begeisterung gilt unter anderem den Tieren des Nordens. In der Schweiz ist er an arbeitsfreien Tagen häufig mit seiner Kamera-Ausrüstung in unterschiedlichsten Landschaften unterwegs. Sehr gute Kenntnisse über die Tiere und ihren Lebensraum sind wichtig bei der Umsetzung von Bildideen.
Franziska Lörcher, M. Sc., leitet als stellvertretende Geschäftsführerin der Stiftung Pro Bartgeier die Auswilderungen in der Schweiz und ist für das genetische Monitoring der Bartgeier verantwortlich. Zusätzlich ist sie als wissenschaftliche Leiterin der Vulture Conservation Foundation für den Schutz aller vier Geierarten in Europa tätig und betreut bei der Arbeitsgemeinschaft SWILD Projekte zur Satellitentelemetrie.
Hansjakob Baumgartner studierte Zoologie und arbeitet als Wissenschaftsjournalist mit den Spezialgebieten Biologie einheimischer Arten, Naturschutz, Ökologie und Umweltschutz. Er ist Co-Autor verschiedener im Haupt Verlag erschienener Bücher.
Daniel Hegglin, Dr. sc. nat., ist Geschäftsführer der Stiftung Pro Bartgeier und Vizepräsident der Vulture Conservation Foundation. Er setzt sich seit über 25 Jahren für den Schutz von Geiern ein und arbeitet bei der Arbeitsgemeinschaft SWILD mit den Schwerpunkten Wildtierforschung und Verhaltensbiologie. Er ist Koautor des Buches «Stadtfüchse: Ein Wildtier erobert den Siedlungsraum», das 2006 im Haupt Verlag erschienen ist.
1. Auflage: 2021 Diese Publikation ist in der Deutschen Nationalbibliografie verzeichnet. Mehr Informationen dazu finden Sie unter htttp ://dnb.dnb.de Der Haupt Verlag wird vom Bundesamt für Kultur für die Jahre 2021 – 2024 unterstützt. ISBN : 978-3-258-08192-2 Umschlag, Gestaltung und Satz: pooldesign.ch Umschlagsbild: Hansruedi Weyrich Alle Rechte vorbehalten. Copyright © 2021 Haupt, Bern Jede Art der Vervielfältigung ohne Genehmigung des Verlags ist unzulässig. Wir verwenden FSC-Papier. FSC sichert die Nutzung der Wälder gemäß sozialen, ökonomischen und ökologischen Kriterien. Gedruckt in der Schweiz
Wir verlegen mit Freude und großem Engagement unsere Bücher. Daher freuen wir uns immer über Anregungen zum Programm und schätzen Hinweise auf Fehler im Buch, sollten uns welche unterlaufen sein. Falls Sie regelmäßig Informationen über die aktuellen Titel im Bereich Natur & Garten erhalten möchten, folgen Sie uns über Social Media oder bleiben Sie via Newsletter auf dem neuesten Stand. www.haupt.ch
Inhalt Ein Blick in die Zukunft
7
Geier Europas: Sommergäste
81
Vorwort
9
Der Gänsegeier (Gyps fulvus)
83
Der Schmutzgeier (Neophron percnopterus)
87
Der Mönchsgeier (Aegypius monachus)
89
Ausrottung in den Alpen: Lämmergeier
93
Körperbau: Der Größte der Alpen
11
Meisterlicher Segelflieger
13
Am Schminktisch
16
Gesund oder bloß schön?
17
S‘alt Wyb
94
Dunkle Jugend
18
Feind der Schafhirten
96
Kinderräuber
97
Zum Absturz gebracht
Lebensraum und Verbreitung: Bergbewohner Afrikanische Unterart
23
Der Fall Johann Betschen
28
Wiederansiedelung: Von der Idee zur Tat Ernährung: Sanfter Knochenbrecher
98 100
105
31
Rückkehr der Huftiere
106
Spezialisierter Fressapparat
34
Gescheiterter Versuch in Savoyen
107
«Boanbrüchl»
36
Geburt des Bartgeierprojektes
108
Mahlzeit ohne Futterneider
37
Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP)
108
Leben auf Minergie-Standard
40
Schildkröten
41
Fortpflanzung: Kain und Abel
Zucht: Eltern und Ammen
121
Fehlprägung vermeiden
126
45
Winterliche Brut
47
Biologische Reserve
50
Wanderjahre
50
Hohe Tauern (A)
132
Bruterfolg
51
Haute-Savoie (F)
133
Paare, Trios und Quartette
54
Engadin und Münstertal (CH)
133
Späte Fortpflanzung, langes Leben
59
Meeralpen (F/I)
135
Frühzeitig gewecktes Heimatgefühl
135
Start in Rauris
136
Wildbruten ab 1997
139
Inzuchtrisiken
140
Raum- und Sozialverhalten: Ungetrübte Nachbarschaft
67
Verwandte: Patchwork-Familie
73
Auswilderung: Abflug
Bartgeier in der Schweiz: Im Herzen der Alpen
131
145
Altweltgeier
78
Ängste abbauen
147
Kondor und Co.
78
Regional unterschiedlicher Bruterfolg
150
Die Geier der Welt
79
Monitoring: Wild, aber überwacht
161
Geierkrise: Das Sterben der Totengräber
215
Federmarkierung und Fußringe
162
Tödlicher Schmerzstiller
217
Genetisches Monitoring
166
Minus 99,9 Prozent in 15 Jahren
218
Überwachung via Satellit
166
Geiersterben begünstigt Tollwut
218
Horstbesuche
171
Prompte Reaktion
220
Überwachung der Brutpaare
172
Wiederansiedlung
221
Diclofenac-Zulassung in Europa
222
Geierkrise in Afrika
223
Von Iberien bis zum Balkan: Brücken bauen
177
Positiver Trend in den Pyrenäen
178
Geiergebiet Grands Causses (F)
182
Rückkehr nach Andalusien (E)
182
Moische Ƃ
228
Auswilderungen im Maestrazgo (E)
184
Schils ƃ
228
Inselpopulation auf Korsika
185
Veronika Ƃ
229
Gescheiterter Versuch in Sardinien
186
Mison Ƃ
230
Erholung auf Kreta
187
Alois ƃ
231
Verstärkung aus Bayern
188
Noel-Leya ƃ
232
Geierprojekte in Bulgarien
188
Sardona ƃ
233
Metapopulation
189
Geierporträts
227
Anhang
235
197
Dank
236
Wilderei
199
Bildnachweis
238
Gift
200
Literatur, Filme, Links
239
Blei
202
Register
240
Störender Freizeitbetrieb
205
Kollisionen mit Kabeln
208
Stromtod
211
Bedrohungen: Todesursache Mensch
Windkraft
211
Schrumpfender Lebensraum
213
Die Menschen rund um die Bartgeierwiederansiedlung Nina Roth-Callies: Präsident im Schlammbad
20
Franziska Lörcher: Seltene Harmonie in der Auswilderungsnische
142
Hansruedi Weyrich: «Er chunnt – lueg derte!»
21
Marie Heuret: Der Bartgeier verbindet Menschen
143
Jürg Paul Müller: Bartgeier am Esstisch
29
Daniel Hegglin: «Pisoc: Horst, inaktives Verhalten.»
153
Alfons à Porta: Knochenschmiede
43
Peter Lienert: Begegnungen mit naturbegeisterten Menschen
156
David Jenny: Das Weibchen gibt den Ton an
64
Hans Spichtig: Ein rührender Moment für uns alle
158
Hansjakob Baumgartner: Begegnung am Steilhang
103
Rolf Wildhaber: Kletterpartie zu einem Junggeier
174
Hans Frey: Folgenschwere Begegnung in den Pyrenäen
112
François Biollaz: Bartgeierbrut vor der Haustür
175
Klaus Robin: Etwas Großartiges kam in Gang
116
Michel Terrasse: Suche nach dem heiligen Gral
192
Martin Wehrle: Erlebnisse mit Menschen und Geiern im Tierpark
118
Antoni Margalida: Bartgeierforschung in den Pyrenäen
194
Alex Llopis Dell: Jeder Bartgeier ist anders
128
Norbert Schäffer: Mein erster Bartgeier – vollkommen unerwartet!
195
Ein Blick in die Zukunft Rund 80 Jahre lang war der Bartgeier aus den Alpen verschwunden. Heute kennen wir alpenweit wieder 52 Brutterritorien, in denen Bartgeier Nachwuchs aufziehen. Davon liegen 22 in der Schweiz. Sie alle gehen zurück auf Vögel, die seit 1986 in die Natur entlassen worden sind. Viele von ihnen haben sich verpaart und erfolgreich fortgepflanzt. Im Laufe der Zeit haben sich auch Vögel zu reproduzieren begonnen, die nicht mehr in der Voliere, sondern bereits in den Alpen geschlüpft sind. Entdecken wir 2021 auf einer Bergwanderung einen am Himmel kreisenden Bartgeier, sehen wir mit größerer Wahrscheinlichkeit einen wildgeschlüpften Vogel als einen ausgewilderten. Die Erwartung, dass sich freigesetzte Bartgeier in der Natur zurechtfinden und ein artgemäßes Leben führen, hat sich erfüllt. Darüber freuen wir uns sehr! Für das Wiederansiedlungsprojekt in den Alpen ziehen wir eine positive Bilanz. Der Verlauf über die vergangenen Jahrzehnte zeigt, dass die Alpen heute eine gute Lebensgrundlage für eine starke Bartgeierpopulation bieten. Dank der vor über 100 Jahren eingeleiteten Wiederansiedlung des Alpensteinbocks und als Folge eines sachgerechten Populationsmanagements der alpinen Wildhuftiere finden Bartgeier heute ausreichend Nahrung. Das einst so negative Bild vom Bartgeier ist weitgehend verschwunden, und es besteht ein starker politischer Wille, den gesetzlich vorgesehenen Schutz dieser Art strikt umzusetzen. Aus dem vermeintlichen Lämmerdieb ist ein König der Alpen geworden. Doch auch nach über 30 Jahren Arbeit ist die Wiederansiedlung nicht zu Ende. Weitere Auswilderungen sind erforderlich, um die noch geringe genetische Diversität in der Bartgeierpopulation zu vergrößern. Die Alpenpopulation ist noch klein und verletzlich. In weiten Teilen der potenziell geeigneten mitteleuropäischen Gebirge haben sich bisher keine Brutpaare etabliert. Deshalb wird sich die Stiftung Pro Bartgeier weiterhin mit gezielten Freisetzungen und einem umfassenden Monitoring sowie in spezifischen Schutzanliegen für den Bartgeier einsetzen. Die positive Entwicklung in weiten Teilen der Alpen steht im Kontrast zur Situation auf europäischer und globaler Ebene. Denn in vielen Regionen sind die Bartgeierpopulationen in den letzten Jahrzehnten eingebrochen oder ganz verschwunden. Im Kampf gegen Karnivoren werden noch immer vergiftete Köder ausgelegt, und die Wilderei ist akut. So bestehen weiterhin tödliche Bedrohungen für den Bartgeier und andere Geierarten. Auch die Nahrungsgrundlagen brechen weg. Extensive und nachhaltige Formen der Weidewirtschaft verschwinden rasch, und wilde Huftierbestände gehen unter dem Druck des Menschen weltweit stark zurück. Dass der Bartgeierbestand in den Alpen auf der Basis eines natürlichen Nahrungsangebotes anwachsen kann, ist deshalb überaus positiv zu werten. Anders als in vielen anderen Regionen müssen bei uns Bartgeier nicht mit Futterplätzen unterstützt werden, die ihnen ausreichend und sichere Nahrung bieten.
Wir hoffen und arbeiten darauf hin, dass die Wiederansiedlung des Bartgeiers in den Alpen als Vorbild dient, um auch andernorts die notwendigen Lebensgrundlagen zu schaffen und den gesetzlichen Schutz zu sichern, damit sich Bartgeier auch dort wieder ansiedeln werden. Der Bartgeier ist eine Flaggschiff-Art für naturnahe Gebirgslandschaften. Auf europäischer Ebene ist es das Ziel, in den potenziellen Lebensräumen des gesamten Mittelmeerraumes und in den früher besiedelten Gebirgen Ostmitteleuropas wieder eine starke Metapopulation aufzubauen. Für den empfindlichen Bartgeier ist diese großräumige Perspektive essenziell, da er naturgemäß nur in kleinen Populationen vorkommt. So ist die bisher geglückte Wiederansiedlung im Alpenraum ein wichtiger Schritt, um das Überleben dieser Art in einer Welt, die immer stärker von den Ansprüchen des Menschen geprägt ist, auf lange Sicht zu sichern. Sollte sich die positive Entwicklung in Mitteleuropa und in unserem Land fortsetzen, wird der Bartgeier wieder zu einem Wildtier wie viele andere Arten der Gebirgslandschaft. Dann schließen wir unsere Arbeit ab, und die verbleibenden Aufgaben zum Schutz und zum Monitoring des Bartgeiers werden vollumfänglich an die zuständigen Behörden und an bestehende Vogelschutzorganisationen übergehen. Anna Baumann & Klaus Robin Präsidentin und Vizepräsident, Stiftung Pro Bartgeier
Vorwort Reinhard Schnidrig Ich hab’s auf Film! Nach vielen Versuchen, die schwere Fernsehkamera mit dem langen Teleobjektiv im richtigen Moment beim schnellen Runterschwenk anzuhalten, gelingt es mir endlich: Der große Knochen fällt ins Geröllfeld und zersplittert gut sichtbar in mehrere kleine Stücke. Das war vor zwanzig Jahren am Bartgeieraussetzungsort Stabelchod im Schweizerischen Nationalpark, als ich als Tierfilmer im «Netz Natur»-Team des Schweizer Fernsehens gearbeitet habe. Immer wieder ist einer der ausgesiedelten Junggeier im kreisenden Flug aufgestiegen und hat einen Knochen in eine Geröllhalde fallen lassen, um ihn dann gleich wieder am Boden abzuholen und erneut hoch zu tragen. Ruhig und ohne Flügelschlag segelt er über unsere Köpfe, Ton in Ton mit den rötlichen Felsen, die er in geringer Höhe überfliegt, nur wenige Dutzend Meter über den gereckten Köpfen einer kleinen Gruppe sibirischer Steinböcke, die wir in den Felsen entdeckt haben. Das war Ende Mai 2012 im Tal der Geier im Gurvan-Saikhan Nationalpark am Rande der Wüste Gobi im Süden der Mongolei. Ein großer Schatten erschreckt mich, von hinten über mich hinweg zischend. Mich duckend und gleichzeitig hochschauend, erkenne ich einen großen Vogel. Ein dunkel gefärbter Bartgeier entfernt sich im Segelflug, über die Skipiste und weiter über den dunklen Arvenwald das Tal hinaus. Das war vor drei Jahren im Februar auf der Sunnegga, oberhalb von Zermatt im Wallis. Drei Erlebnisse, die ich mein Leben lang nicht vergessen werde. Dreimal Faszination Bartgeier, die ich heute mit so vielen Menschen teile. Majestätisch groß, schön geschminkt, überraschend in der Lebensweise. Früher aber urteilten die Menschen in den Alpen anders. Als Lämmer- und gar Kinderräuber verfemt, haben sie den größten Vogel unserer Berge ausgerottet. Einige Menschengenerationen nachdem es keine Bartgeier in den Alpen mehr gab und der Zeitgeist sich ohne Vorurteile dem Schutz der Natur zugewandt hatte, entdeckten die Menschen die Lücke in der Artenvielfalt. Das Projekt zur Wiederansiedlung begann. Und heute fliegen wieder rund 300 Bartgeier frei über die Alpen, die die Knochen von verendeten Steinböcken oder Gämsen hoch in die Lüfte tragen und brechen lassen, oder die tief über die Köpfe von Menschen segeln und diese damit erfreuen. Die Wiederansiedlung des Bartgeiers zeigt auch auf, was es braucht, damit spezifische Artenförderungsprojekte erfolgreich sind: geeigneter Lebensraum, engagierte Menschen, fundiertes Wissen, einen langen Atem, und eine funktionierende Zusammenarbeit zwischen der Zivilgesellschaft und den Behörden. Möge dieses Buch die Faszination Bartgeier und dessen Erfolgsgeschichte zu möglichst vielen Menschen tragen und Ansporn sein für weitere spezifische Artenförderungsprojekte. Reinhard Schnidrig Leiter der Sektion Wildtiere und Artenförderung im Bundesamt für Umwelt
Körperbau: Der Größte der Alpen
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Der Bartgeier
Nicht selten sieht man zuerst seinen Schatten. Man blickt hoch und erkennt die Silhouette des riesigen Vogels, der bodennah über einen Berghang segelt. Langsam und ohne einen einzigen Flügelschlag gleitet er dahin. Wendig passt er den Kurs dem Gelände an, steuert mit seinem langen Schwanz. 260 bis 290 Zentimeter beträgt die Flügelspannweite eines ausgewachsenen Bartgeiers, 5 bis 7 Kilogramm bringt er auf die Waage. Er ist damit der größte Brutvogel der Alpen. Der Steinadler spreizt seine Flügel maximal 225 Zentimeter weit.
Körperbau: Der Größte der Alpen
Meisterlicher Segelflieger Alle Geierarten sind gute Segler, doch der Bartgeier ist diesbezüglich Spitze. Sein Flugapparat ist bestens für die energiesparende Fortbewegung in der Luft konstruiert. Die von Flügeln und Schwanz gebildete Tragfläche ist im Verhältnis zum Körpergewicht deutlich größer als bei den anderen großen Geierarten oder beim Steinadler. Entsprechend gering ist die Flügelbelastung. Dies befähigt den Bartgeier zum langsamen Gleitflug und ermöglicht es ihm, auch leise Aufwinde zu nutzen. Kreist er in einer Thermiksäule, gewinnt er sehr rasch an Höhe. Dank der geringen Flügelbelastung kann er auch verhältnismäßig schwere Lasten transportieren. Um die 2,5 Kilogramm beträgt die maximale Nutzlast. Man sieht denn auch nicht selten einen fliegenden Bartgeier mit einem Kadaverteil oder einem Knochen in den Fängen. Landet er dann in nicht allzu großer Distanz auf einer Felskuppe, um den Futterhappen zu verzehren, ergibt sich die Möglichkeit, das Tier durch den Feldstecher oder besser noch mit einem Fernrohr genauer zu betrachten. Dabei sticht als Erstes das fast gespenstisch wirkende Antlitz ins Auge: kräftiger Schnabel, weiße Stirn, schwarzer Bart, orange-roter Hals, stechender Blick. Die Iris des Auges ist gelblich gefärbt und umrundet von einem knöchernen, roten Skleralring. Dieser stützt den Augapfel und gibt einen Ansatzpunkt für den Akkomodationsapparat, der sicherstellt, dass das Auge Objekte in unterschiedlicher Entfernung scharf sehen kann. Die Intensität der Rotfärbung ist stimmungsabhängig. Bei Erregung wird der Skleralring stark durchblutet und leuchtet dann knallrot auf. Einen farblichen Kontrast dazu bildet der schwarze Streifen, der vom Auge bis zum Schnabel reicht und dann in den borstigen Bart übergeht.
Vorhergehende Doppelseite: Schwarz, weiß, rostrot: Adulte Bartgeier haben ein maskenhaftes, kontrastreich gefärbtes Antlitz. Der Schatten des segelnden Bartgeiers gleitet über den Schnee.
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Der Bartgeier
Der Bartgeier ist trotz seiner Größe ein wendiger Flieger, der zu akrobatischen Flugspielen fähig ist. Eingehend beobachten lässt sich der imposante Vogel nach der Landung. Der rote Skleralring verrät seine Erregung (Bild rechts).
Körperbau: Der Größte der Alpen
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Der Bartgeier
Am Schminktisch In eisenoxidhaltigen Suhlen (links) nimmt der Bartgeier sein Färbebad. Die dunkelorangen Partien in seinem Gefieder weisen darauf hin, dass der Vogel dies vor Kurzem getan hat.
Die rostrote Farbe am Gefieder der Bartgeier ist Kosmetik. Die Vögel suchen gezielt Tümpel mit eisenoxidhaltigem Schlamm auf und schmieren sich damit ein. Naturforscher ahnten dies bereits im 19. Jahrhundert. Ihnen war aufgefallen, dass Bartgeier in Gefangenschaft ihre rote Farbe nach der Mauser verloren oder – falls in der Voliere aufgezogen – reinweiß blieben. Die Rotfärbung sei das Ergebnis «von wiederholtem Baden in eisenhaltigen Gewässern», schrieb Alfred Brehm in seinem 1866 erschienenen Standardwerk Illustrirtes Thierleben über den Bartgeier. Andere Wissenschaftler teilten diese Ansicht nicht. Sie führten den rötlichen Teint auf einen Farbstoff zurück, der vom Körper des Vogels gebildet und über das Bürzelsekret abgegeben wird. Den Beweis dafür, dass sich Bartgeier regelrecht schminken, erbrachten erst viel später der Wiener Veterinärprofessor Hans Frey und die Biologin Nina Roth-Callies. Das Färbeverhalten der Bartgeier ist angeboren. Es wird ausgelöst durch die rote Farbe und die richtige Konsistenz des Schlammes. Alle Vögel, junge und alte, Männchen und Weibchen, zeigen es – auch wenn sie es zuvor noch nie bei einem Artgenossen beobachtet haben.
Körperbau: Der Größte der Alpen
Gesund oder bloß schön? Verhaltensweisen, die derart aufwendig und im Erbgut verankert sind, müssen eine Funktion haben. Doch welche? Es gibt verschiedene Hypothesen. Gemäß der einen ist das Färbebad gesundheitsfördernd. Eisenoxid hat antibakterielle Wirkung: Als Aasfresser ist der Bartgeier krankmachenden Keimen besonders stark ausgesetzt. Eisenoxid könnte ihm helfen, diese in Schach zu halten. Indem der brütende Vogel den Stoff über das Bauchgefieder auch auf die Eier überträgt, schützt er möglicherweise auch den Embryo vor Infektionen. Damit würde er den Bruterfolg erhöhen. Zudem fördert Eisen die Bildung von Vitamin A, das in verschiedener Hinsicht positive Wirkung auf Wachstum und Gesundheit hat. Indessen ließen sich bisher weder eine antibakterielle Wirkung des Eisenoxids im Gefieder des Bartgeiers noch ein positiver Effekt auf den Bruterfolg nachweisen. Gemäß einer anderen Hypothese steht so auch die optische Wirkung im Vordergrund. Ihr zufolge signalisieren Bartgeier mit der roten Farbe, dass sie besonders fit sind und dass sie sich auskennen in ihrem Gebiet. Denn sie müssen ja wissen, wo sich die raren eisenoxidhaltigen Suhlen befinden. Und sie können sich offensichtlich auch den Luxus leisten, viel Zeit mit Schönheitspflege zu verbringen. All dies verleiht ihnen Dominanz und besondere Attraktivität als Fortpflanzungspartner.
Möglicherweise erhöht die Rotfärbung die Attraktivität des Vogels als Fortpflanzungspartner. Der subadulte Bartgeier auf dem linken Bild ist nur leicht geschminkt.
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Der Bartgeier
Dunkle Jugend In den ersten sieben Lebensjahren mausern Bartgeier zwei Mal. Der Vogel auf dem oberen Bild ist 10 bis 11 Monate alt. Der Vogel auf dem unteren Bild ist 4-jährig. Am linken Flügel trägt er noch die letzten Federn des ersten Gefieders.
Jungvögel erreichen rasch die Größe adulter Bartgeier, doch ihr Federkleid unterscheidet sich noch mehrere Jahre lang deutlich von demjenigen geschlechtsreifer Vögel. Ihr Gefieder ist dunkelbraun bis schwarz, der Kopf schwarz. Auch das Auge ist bei Jungvögeln anders gefärbt: Die Iris ist bis zum 3. Altersjahr hellbraun und bildet nur einen schwachen Kontrast zum Skleralring, der bei Jungvögeln braunrot getönt ist. Die Unterschiede führten dazu, dass junge und adulte Bartgeier von einigen Naturforschern bis ins frühe 19. Jahrhundert als zwei verschiedene Arten betrachtet wurden. Sie unterschieden den Weißköpfigen vom Schwarzköpfigen Geieradler (Gypaetos leucephalus beziehungsweise G. melanocephalus). In ihren ersten sieben Lebensjahren mausern Bartgeier zweimal. Dabei gleicht sich ihr Federkleid allmählich demjenigen der Altvögel an. Geübte Beobachterinnen und Beobachter können das Alter von 1- bis 7-jährigen Bartgeiern anhand der Gefiederfärbung, aber auch anhand der Silhouette segelnder Vögel ziemlich genau bestimmen. Nicht aber das Geschlecht. Männchen und Weibchen unterscheiden sich kaum. Zwar sind die Weibchen im Durchschnitt etwas größer und schwerer, nicht aber in jedem Einzelfall. Eine sichere Geschlechtsbestimmung aufgrund äußerlich sichtbarer Merkmale ist deshalb nicht möglich, was für die Zucht früher einige Probleme mit sich brachte.
20
Der Bartgeier
Nina Roth-Callies: Präsident im Schlammbad
Nina Roth-Callies ist Zoologin und war von Beginn weg am Projekt zur Wiederansiedlung der Bartgeier in den Alpen beteiligt. Sie arbeitete im Bartgeierzuchtgehege der Eulen- und Greifvogelstation Haringsee bei Wien und beaufsichtigte die ersten Auswilderungen bei Rauris im österreichischen Nationalpark Hohe Tauern.
1987 wurde in unserem Bartgeierzuchtgehege
Beckens tief in den Schlamm getaucht. Zwi-
beobachtet, wie ein adulter, aufgrund seiner
schendurch legt der Vogel immer wieder Ruhe-
Verletzung flugunfähiger Bartgeier, zielstrebig
pausen ein, in denen er sichert, ab und zu
auf einen rotblättrigen Perückenstrauch zuging.
Schlamm frisst und mit geblähter Brust und
Er pflückte die roten Blätter mit seinem Schna-
erhobenem Kopf in der Suhle liegt.
bel, warf sie zu Boden und legte sich mit bade-
Das gesamte Färbebad dauert 30 bis 60 Minu-
ähnlichen Bewegungen drauf.
ten. Danach ist ein schmaler Streifen vom
Durch diese Beobachtungen aufmerksam ge-
Schnabel über Hals, Brust und Bauch bis zur
worden, unternahmen wir Versuche mit natür-
Kloakenregion dicht mit Schlamm bedeckt. Der
lich vorkommendem rotem Schlamm aus einem
Geier sucht nun eine sichere, übersichtliche Sitz-
Steinbruch. Die Erstdarbietung einer wässeri-
warte auf. Hier verteilt er die Rostfarbe mit
gen Mischung eisenoxidhaltigen Sandes er-
Schnabel und Zehen auf das ganze Gefieder.
folgte am 15. Juni 1987 mit dem Bartgeier Prä-
Nach etwa einstündiger Trocknungs- und Putz-
sident. Das zahme Männchen geriet schon
arbeit bleibt eine orangerote Färbung des Kehl-,
während des Eingießens des Schlammes in
Brust- und Bauchgefieders zurück. Nach den
höchste Erregung. Mit leuchtend rot gefärbten
Seiten hin lässt die Farbintensität langsam nach,
Skleralringen trat es in die Suhle.
um im Nacken und Rückenbereich in einem zar-
Danach zeigte es das typische Verhalten seiner
ten Rosa zu enden.
Art beim Färbebad: Zuerst geht der Bartgeier mit tappenden Schritten durch die Suhle. Er beißt wiederholt in den Schlamm oder schöpft ihn mit halb offenem Schnabel und kostet die Mischung. Zwischendurch richtet er sich auf, sichert und reißt den Schnabel immer wieder weit auf. Bei diesem «Gähnen» schwenkt er häufig den Kopf hin und her. Anschließend legt er sich flach in die Bademulde, presst die Kehlregion ruckartig mit nach vorne gestrecktem Schnabel in den Schlamm und zieht dann den nach unten gedrückten Kopf zum Körper. Das geschieht heftig und mehrmals hintereinander. Gleichzeitig werden After und Schwanzbereich mit kopulationsartigen Schubbewegungen des
21
Hansruedi Weyrich: «Er chunnt – lueg derte!»
Ein guter Freund, Carl’Antonio Balzari, fragte
ein paar Sekunden hatte auch ich den Bartgeier
mich im Frühling vor zehn Jahren, ob ich einmal
entdeckt. Er flog direkt auf uns zu. Wow, unter
ins Wallis mitkommen möchte, um Bartgeier zu
der dicken Winterjacke kriegte ich Gänsehaut.
fotografieren. Obwohl ich diesen großen Vogel
Was für ein wunderschöner Vogel, was für eine
im Tierpark Dählhölzli in Bern und in weiteren
Eleganz, mit der er lautlos auf uns zu- und dann
Zoos vor langer Zeit bestaunt hatte, hatte ich bis
an uns vorbeisegelte und uns mit seinem rot
dahin wenig mit dem Bartgeier zu tun gehabt.
umrandeten Auge scharf beobachtete. Einen
Aus der Presse hatte ich beiläufig erfahren, dass
Augenblick später stieg er schon in den Aufwin-
er in den Alpen wiederangesiedelt wird. Jeden-
den vor der hohen Felswand schnell in die Höhe
falls hatte ich an diesem Samstag nichts anderes
und verschwand hinter einem felsigen Gipfel.
vor, und so fuhren wir in ein bekanntes Bartgei-
Dieser kurze, aber sehr intensive Moment war
ergebiet im Wallis.
ein Schlüsselerlebnis für mich. Seither hat mich
Fast allein standen wir auf einem verschneiten
das Interesse an dieser Vogelart nicht mehr los-
Felsvorsprung, die Kameras mit den langen Ob-
gelassen. So verbrachte ich viel Zeit auf der Suche
jektiven bereit, und suchten die Gegend mit den
nach diesen bärtigen Vögeln in den Bergen und
Ferngläsern nach Flugbewegungen ab. Ein
durfte viele schöne Stunden mit jungen und al-
Schwarm Alpendohlen flog auf unserer Höhe
ten Bartgeiern erleben. Die Faszination für diese
vorbei und einzelne Vögel zeigten in den Aufwin-
alpine Vogelart ist bis heute geblieben, auch
den Kapriolen. In der Tierfotografie braucht es
wenn ich heute mehr beobachte als fotografiere.
meist viel Geduld, bis man zu Bildern – beziehungsweise guten Bildern – kommt. Wenn sich dieTiere, die man fotografisch festhalten möchte, rar machen, lässt dieses fröstelnde Warten den Gedanken hochsteigen: «Was mache ich eigentlich hier?» So zog der Morgen vorüber und weit und breit war kein Bartgeier auszumachen. Langsam kamen weitere Gedanken hinzu: «Wenn das heute nichts wird, war es ein schöner Tag in den Bergen mit vielen Dohlen, ein paar Schneesperlingen, viel Sonnenschein und guter Luft.» Dann rief Carl‘Antonio plötzlich ganz aufgeregt: «Er chunnt, er chunnt – lueg derte!», und nach
Hansruedi Weyrich beschäftigt sich seit über 25 Jahren intensiv mit der Naturfotografie. Weitaus die meisten Bilder in diesem Buch stammen von ihm. Hansruedi Weyrich betreibt die Naturfotografie in der Freizeit. Beruflich ist er Co-Geschäftsleiter der Bieler Druckerei Ediprim.
Lebensraum und Verbreitung: Bergbewohner
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Der Bartgeier
Seine Welt besteht aus Felsen, Schluchten, Gipfeln und weiten subalpinen Weiden. Ansonsten ist der Bartgeier nicht sehr wählerisch. Entsprechend groß ist sein Verbreitungsgebiet: Es umfasst Teile Europas, Afrikas und Asiens.
Vorhergehende Doppelseite: Alpenflug: Adulter Bartgeier im winterlichen Lebensraum
Lebensraum und Verbreitung: Bergbewohner
Wilde Huftiere in ausreichender Zahl oder große Herden von Weidetieren, deren Kadaver im offenen Gelände zu finden sind; möglichst unzugängliche, ruhige Felswände mit witterungsgeschützten Nischen und Halbhöhlen, wo die Vögel ihren Horst bauen können; günstige Windverhältnisse mit Thermik an sonnenbeschienenen Bergflanken für den energiesparenden Suchflug; Geröllhalden oder großflächige, nicht zu steile Felsplatten als «Knochenschmieden» (siehe Seite 36); stets genug Wasser, flüssig oder in Form von Schnee, um den Durst zu stillen: Das sind die Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit sich Bartgeier in einem Gebiet als Brutvögel niederlassen können. In etlichen Gebirgslandschaften Europas, Asiens und Afrikas ist dies der Fall. Diese können recht unterschiedlich sein. Bartgeier besiedeln den Himalaja bis hinauf auf 7 500 m ü. M., ebenso wie die felsigen Berge Kretas ab Meereshöhe. Sie sind im Atlasgebirge Nordafrikas zugegen, ziehen ihre Kreise über den Kaukasus, bewohnen zentralasiatische Hochgebirge ebenso wie die Gebirgslandschaft am Rande der Wüste Gobi.
Der Schweizerische Nationalpark im Kanton Graubünden ist ein ausgezeichneter BartgeierLebensraum.
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Der Bartgeier
Segelflug in den Aufwinden vor einer Felswand und über einem verschneiten Wald
Lebensraum und Verbreitung: Bergbewohner
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Der Bartgeier
Afrikanische Unterart Afrikanische Unterart Gypaetus barbatus meridionalis: Die Kopfzeichnung mit den einfarbig hellen Wangen unterscheidet sie von der europäischen Art.
In Süd- und Ostafrika lebt eine eigene Unterart Gypaetus barbatus meridionalis. Sie ist etwas kleiner als die eurasische und nordafrikanische Unterart Gypaetus barbatus barbatus und bewohnt zum Beispiel die von Schluchten durchzogenen Drakensberge Südafrikas oder brütet am Kilimandscharo, dem höchsten Bergmassiv Afrikas. Einen der weltweit größten zusammenhängenden Bartgeierbestände beherbergt das Hochland Äthiopiens mit seinen tief eingeschnittenen Tälern. Er zählt rund 1400 Paare. In Europa ist die Art vielerorts ausgestorben. Die Weltnaturschutzorganisation IUCN (International Union for Conservation of Nature and Natural Resources) schätzte 2015 den Bestand auf dem Kontinent – inklusive Russland und Türkei – auf 580 bis 790 Paare: Die meisten sind in Russland und in der Türkei zu Hause. Westlich davon brüten Bartgeier in größerer Zahl in den Pyrenäen und neuerdings in den Alpen. Daneben existieren noch zwei Kleinvorkommen auf den Mittelmeerinseln Kreta und Korsika. Im französischen Massif Central ist ein Wiederansiedlungsprojekt im Gang, ebenso in Andalusien und im Maestrazgo in Spanien (siehe Seiten 182–186).
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Jürg Paul Müller: Bartgeier am Esstisch
Meine erste Begegnung mit dem Bartgeier hatte
mehrere Geierarten. Auch der Bartgeier ent-
ich in Äthiopien. Von 1971 bis 1973 war ich Leiter
deckte das Aas jeweils rasch. Doch solange noch
des Simien Mountains National Parks. Der Park
«Fleisch am Knochen» war, musste er den ande-
erstreckt sich über ein von Tälern durchschnitte-
ren den Vortritt lassen.
nes Hochplateau, das im Norden in gewaltige
Seit dieser Zeit bin ich Bartgeier-Fan.
Felsabbrüche übergeht. Er umfasst Höhenlagen von 1900 bis 4553 m ü. M. Der Erikawald reicht bis auf 3600 m ü. M. Höhe, oberhalb davon dehnt sich eine Gebirgssteppe aus, die von Nutztieren, vor allem Rindern, beweidet wird. Bartgeierbeobachtungen gehörten hier zu meinem Alltag. Bei unserem Haus im Hauptquartier des Parks fanden sich täglich ein paar Vögel ein. Sie hatten es auf die Schafsknochen abgesehen – Resten unserer Mahlzeit, die wir ihnen jeweils auslegten. Oft kamen sie in Gruppen. Am 13. Oktober 1972 zählte ich zum Beispiel 9 Individuen, darunter 4 Jungtiere. Dass Bartgeier in Dörfern aufkreuzen, ist in Äthiopien nichts Außergewöhnliches. Auch beim Wildhütercamp oder an Beobachtungsposten überflogen uns häufig Bartgeier in sehr geringer Höhe. Sie waren ausgesprochen neugierig und zeigten kaum Scheu. In der Gebirgssteppe des Parks leben viele Aasfresser. War irgendwo ein Haustier verstorben oder hatten wir einen Kadaver zur Beobachtung ausgelegt, waren sie rasch zur Stelle: die beiden endemischen Arten Erzrabe und Schildrabe, der Afrikanische Goldwolf, der Äthiopische Wolf und
Jürg Paul Müller leitete 1973 bis 2010 das Bündner Naturmuseum in Chur. Der promovierte Zoologe gehört zu den Initianten des Schweizer Bartgeierprojekts und präsidierte bis 2015 die Schweizer Stiftung Pro Bartgeier. Zusammen mit Klaus Robin und Thomas Pachlatko verfasste er das 2003 erschienene Buch «Der Bartgeier».
Anhang
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Der Bartgeier
Dank Die Publikation dieses Buchs wurde durch die großzügige Unterstützung der folgenden Institutionen ermöglicht: Bundesamt für Umwelt BAFU, Abteilung Arten, Ökosysteme, Landschaften
Kulturförderung Kanton Graubünden/SWISSLOS
Kulturförderung Kanton Obwalden/SWISSLOS
Lotteriefonds Kanton Schwyz/SWISSLOS
Stiftung Vinetum
Die Autorin und die Autoren danken allen, die sie bei der Erarbeitung des vorliegenden Buchs unterstützten. Ein ganz besonderer Dank gilt den Personen, die den Text dieses Buces mit einem persönlichen Beitrag über ihr Engagement für den Bartgeier wesentlich bereichert haben: François Biollaz, Hans Frey, Marie Heuret, Peter Lienert, Alex Llopis Dell, David Jenny, Antoni Margalida, Jürg Paul Müller, Alfons à Porta, Klaus Robin, Nina Roth-Callies, Norbert Schäffer, Hans Spichtig, Michel Terrasse, Martin Wehrle, Rolf Wildhaber. Martin Lind vom Haupt Verlag in Bern danken wir für die sehr angenehme Zusammenarbeit und seine Geduld sowie für die zeitaufwändige Erarbeitung des Registers, das einen wesentlichen Zusatznutzen für die Leserinnen und Leser bringt. Zudem möchten wir allen Personen danken, die sich – professionell oder als Freiwillige – für die Zucht, die Wiederansiedlung, den Schutz, das Monitoring und die Erforschung des Bartgeiers eingesetzt haben. Ohne sie wäre dessen Rückkehr in die Alpen und andere Gebiete Europas nicht möglich gewesen.
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Franziska Lörcher dankt ihrer Mutter Marianne dafür, dass sie ihre Tochter mit dem Bartgeier in Kontakt gebracht, die Begeisterung für ihn geweckt und sie auf ihrem Weg mit diesem faszinierenden Vogel begleitet hat. Daniel Hegglin dankt seiner Frau Julia, seiner Familie und all den vielen Menschen, die es ihm möglich machten, an diesem einzigartigen Schutzprojekt mitwirken zu dürfen. Dazu geht ein besonderes Dankeschön an Chasper Bucheli, Jürg Paul Müller, Anna Baumann und Hans Frey. Ein herzlicher Dank von Hansruedi Weyrich gilt seiner Frau Patricia und seiner Tochter Julia für den zeitlichen Raum und die Toleranz, die sie ihm gewährten, wenn er mal wieder in den Bergen unterwegs war, um Bartgeier mit größerem und weniger großem Erfolg zu suchen. Herzlich danken möchte er zudem Daniel Hegglin und Franziska Lörcher für das Vertrauen, das Schweizer Bartgeierprojekt mit der Kamera begleiten zu dürfen. Die Bilder für ein solches Buch und das Know-how, diese auch zu machen, entsteht nicht einfach so. Hansruedi Weyrich möchte deshalb auch allen Menschen herzlich danken, die ihm in diesem Projekt geholfen und ihn unterstützt haben: Carl’ Antonio Balzari, Jörg Badertscher, Jordi Canut, Patrik Donini, David Izquierdo Acebes, David Jenny, Hannes Jenny, Mirco Lauper, Alex Llopis Dell, Hans Lozza, Steivan Luzi, Klaus Nigge, Klaus Robin, Pascal Romy, Reinhard Schnidrig, Hans Spichtig, Julien Traversier, Marco Zahnd und vielen weiteren Menschen, die er durch die Bartgeier kennenlernen durfte.
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Der Bartgeier
Register A
Aas (als Nahrung) 32, 37 Aasfresser 17, 35, 37, 96 Abschuss (von Bartgeiern) 96, 101, 150, 199 Aegypius monachus 89 ff Afrika 28 f, 88, 223 ff Alpen 25, 40, 50, 53, 59, 93, 106, 132, 150, 171 Alpenpopulation (der Bartgeier) 140 Alpenzoo Innsbruck 62, 108, 116 Altvögel 54 Altweltgeier 74 f, 78 Ammen 123 Andalusien 102, 128, 182 Attraktivität (für Fortpflanzungspartner) 17 Aufzucht (von Bartgeiern) 54 Ausrottung (des Bartgeiers) 93 ff Auswilderung (von Bartgeiern) 131 ff, 166 Auswilderungsort 135, 147, 162 B
Balkan 40, 88 Bangladesch 220 Bartgeier in der Schweiz 145 ff Bartgeierattacke 97, 99 f Bartgeier-Monitoring 161 ff Bartgeierpaar 47, 52 Bayern 188 BirdLife International 216, 221, 225 Bleivergiftung 168, 199, 202 ff Brut (des Bartgeiers) 47, 126 Bruterfolg (des Bartgeiers) 17, 52, 54, 150 Brutgebiet 68 Brutpaar 58 Brutpaar-Monitoring 64 Bulgarien 188 Burkina Faso 223
C
Calfeisental 148, 174 D
Derborence 148 Deutschland 90 Diclofenac 88, 222 f Dominanz 17 Drohnen 207 E
Ei (Bartgeier) 47, 50, 123 Eisenoxid 16 f Energie 75 Engadin 68, 133, 147 Ernährung (des Bartgeiers) 31 ff Eulen- und Greifvogelstation Haringsee 108, 204 Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP) 108, 110, 128, 140, 185 Evolution, konvergente 74 F
Färbeverhalten (des Bartgeiers) 16 Federmarkierung 162 Fehlprägung 126 Fernflug 50 Flügelbelastung (des Bartgeiers) 13 Fortpflanzung (des Bartgeiers) 45 ff, 62 Frankreich 94, 107 Freizeitbetrieb, störender 205 Fressapparat (des Bartgeiers) 34 Fußring 162 Futterbedarf (des Bartgeiers) 40 Futtersuche 62
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G
J
Gämse 40, 49, 53, 135 Gänsegeier 83 ff Gefieder 16, 18 Gefiederfärbung 16 ff Gefiederpflege 68 Gefiederreinigung 75 Geier Europas 81 ff Geierkrise 215 ff in Afrika 223 ff in Asien 215 ff genetisches Monitoring 166 Geschlechtsreife (der Bartgeier) 62 Gewicht (des Bartgeiers) 12 f, 32 Gift 88 Giftköder 96, 102, 150, 179, 182, 200, 223 Gleitschirme 207 GPS 166, 168, 171, 184 f, 199 Grands Causses 182 Gypaetus barbatus barbatus 28 Gypaetus barbatus meridionalis 28 Gyps fulvus 83 ff
Jugend (des Bartgeiers) 18 Jungvogel (Bartgeier) 50, 52 f, 59, 110, 123, 140
H
Haute-Savoie 133, 139, 150, 171, 208 Helikopter 207 Horst 25, 47, 86, 126, 171 Horstbesuch 171 Huftiere 106 I
illegale Tötung 62, 150 Indien 215, 218, 220 Inzucht 140 IUCN 28, 79, 116, 218
K
Kabel, Kollisionen mit 208 Kadaver 25, 36, 40, 75, 88 Kainismus 49 Kinderräuber 97 Knochen (als Nahrung) 32, 34, 36 Knochenschmiede 25, 36–37, 43, 68 Kollisionen mit Kabel 208 Königsgeier 77 konvergente Evolution 74 Kopulation 57–58 Körpergewicht (des Bartgeiers) 40 Korsika 28, 185f Kreta 28, 187 Küken 49–50, 54, 123, 126 L
«Lämmergeier» 96 Lebenserwartung (der Bartgeier) 62 Lebensraum, Schrumpfen des 213 M
Maestrazgo 28, 184 Magensaft (des Bartgeiers) 37, 203 Mali 223 Männchen (Bartgeier) 54, 58, 123 Massif Central 28, 140, 165, 182, 199 Meeralpen 135, 150 Melchsee-Frutt 137, 139, 148, 208 Metapopulation 189 Mönchsgeier 89 ff, 182
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Der Bartgeier
Monitoring, genetisches 166 Münstertal 133, 147 Muskelfleisch (als Nahrung) 32 N
Nahrungsengpass 62, 168 Nahrungsquelle 75 Nahrungssuche 68 Nationalpark Berchtesgaden 188 Nationalpark Hohe Tauern 132, 136, 150, 188 Natur- und Tierpark Goldau 62, 105, 108, 110, 118, 150, 204 Neophron percnopterus 87f Neuweltgeier 74 f, 78 Niger 223 Nutztiere 40, 96, 98 O
Ohrengeier 76 Österreich 90, 94, 132 P
Parc national du Mercantour 135, 179 Parco Nazionale dello Stelvio 133, 139, 148, 166, 204 Partnerwechsel (bei Bartgeiern) 54 Philopatrie 50 Polyandrie 54 Polygynie 54 Pyrenäen 28, 40, 52–54, 59, 112, 165, 178, 194 Q
Quartett (Bartgeier) 54
S
Sarcoramphus papa 77 Sardinien 186 Savoyen 107, 132 Schafe 40, 53 Schafhalter 96 Schildkröte 41, 88 Schlammbad 16–18, 20 Schmerzstiller (Medikamente) 217 Schmutzgeier 87f Schnabel (des Bartgeiers) 34 Schrot 168, 199, 204 Schrumpfen des Lebensraums 213 Schussverletzung 199 Schweiz 90, 94, 150, 203 Bartgeier in der 145 ff Schweizer Alpen 47 Schweizerischer Nationalpark 58, 64, 128, 133, 147, 166 Segelflug 13, 26 Skleralring 13, 20 Sozialverhalten 67 ff Spanien 88–89, 128, 165 Spannweite (des Bartgeiers) 12 Speiseröhre (des Bartgeiers) 34 Steinadler 62, 65, 136 Steinbock 38–40, 133, 135 Sterblichkeit 200 Stiftung Pro Bartgeier 64, 147, 152, 168, 172 störender Freizeitbetrieb 205 Streifgebiet 68 Stromtod 211 Suchflug 25, 42 Suhlen 16 f
R
Raumverhalten 67 ff Reviere (der Bartgeier) 47, 54 Rote Liste 79 Rotfärbung (des Gefieders) 16 ff Russland 28
T
Territorium 50 Thermik 25 Todesursachen 62 Tollwut 218
Anhang
Torgos tracheliotos 76 Tötung, illegale 62, 150 Trio (Bartgeier) 54 Trophäensammler 96, 102 Türkei 28, 40 U
Überlebenschance 54, 59 Überlebensrate 59 Unfall 62 Unterarten (des Bartgeiers) 28 V
Verbreitungsgebiet (des Bartgeiers) 24, 95 Verdauungsapparat (des Bartgeiers) 37 Vergiftung 90 Vulture Conservation Fondation (VCF) 110, 119, 172, 186, 222 f W
Wanderjahre (der Bartgeier) 50 Weibchen (Bartgeier) 54, 58, 64, 123 Wiederansiedlung (der Bartgeier) 59, 105 ff, 162, 199, 202, 221 Wildbestand 40 Wildbruten (in den Alpen) 139 f, 171 Wilderei 178, 200, 225 Wildräuber 96 Windkraft 211f Z
Zucht (von Bartgeiern) 121 ff Zuchtstation 108
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Wer heute wandernd in den Alpen unterwegs ist, hat gute Chancen, einem Bartgeier zu begegnen. Ein Jahrhundert nach seiner Ausrottung als «Lämmergeier» brüten hier wieder mehrere Dutzend Paare des imposanten Greifvogels, der sich – wie wir mittlerweile wissen – nicht von Lämmern, sondern nahezu ausschließlich von Knochen toter Tiere ernährt. Die Rückkehr der größten in den Alpen heimischen Vogelart ist das Ergebnis eines internationalen Artenschutzprojekts, das vor über 40 Jahren lanciert wurde und in absehbarer Zeit zu seinem erfolgreichen Abschluss kommen dürfte. Menschen aus ganz Europa haben dafür über Jahre gearbeitet, modernste Methoden der wildtierbiologischen Wissenschaft angewandt und sich mit viel Herzblut dafür eingesetzt.
ISBN 978-3-258-08192-2