Wolfgang Fassbender
Kulinarische Geheimnisse 25 Ausflüge zu Restaurants und Produzenten in der Schweiz
Wolfgang Fassbender
Kulinarische Geheimnisse 25 Ausflüge zu Restaurants und Produzenten in der Schweiz
Haupt
Wolfgang Fassbender schreibt seit 35 Jahren über Restaurants, kulinarische Spezialitäten und Wein. Seine Kolumnen und Reportagen erscheinen in der NZZ am Sonntag, in Salz & Pfeffer, der Schweizerischen Weinzeitung und in vielen anderen Medien. Der 53-Jährige wohnt nahe Zürich sowie in der deutschen Pfalz und produziert, fast im Geheimen, auch seinen eigenen Wein.
1. Auflage: 2022 ISBN 978-3-258-08274-5 Umschlaggestaltung: pooldesign, CH-Zürich Gestaltung und Satz: tiff.any GmbH & Co. KG, D-Berlin Alle Rechte vorbehalten. Copyright © 2022 Haupt Verlag, Bern Jede Art der Vervielfältigung ohne Genehmigung des Verlags ist unzulässig. Wir verwenden FSC®-Papier. FSC® sichert die Nutzung der Wälder gemäß sozialen, ökonomischen und ökologischen Kriterien. Gedruckt in Slowenien
Diese Publikation ist in der Deutschen Nationalbibliografie verzeichnet. Mehr Informationen dazu finden Sie unter http://dnb.dnb.de. Der Haupt Verlag wird vom Bundesamt für Kultur für die Jahre 2021–2024 unterstützt. Wir verlegen mit Freude und großem Engagement unsere Bücher. Daher freuen wir uns immer über Anregungen zum Programm und schätzen Hinweise auf Fehler im Buch, sollten uns welche unterlaufen sein. Falls Sie regelmäßig Informationen über unsere aktuellen Titel erhalten möchten, folgen Sie uns über Social Media oder bleiben Sie via Newsletter auf dem neuesten Stand. www.haupt.ch
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VORWORT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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KULINARISCHE GEHEIMNISSE 1 Weinbau- und Knödelkultur Rund um Meilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2 Max Frisch, Lenin und das Cüpli Eine historische Tour durch Zürich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3 Gin, Kaffee und Currywürste Das moderne Zürich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4 Auf der Suche nach dem besten Fisch Von Wetzikon in den Thurgau. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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5 Spanische Brote und uralte Gasthöfe Von Baden nach Wettingen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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6 Der Käsepapst und die grosse Literatur Von Mellingen bis Solothurn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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7 Basel Um Bier dreht sich letztlich (fast) alles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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8 Wurst, Wein, Wild und eine Bahnhofsbeiz der Sonderklasse Von Basel ins Val-de-Travers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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9 Trüffel und andere Zufälle Vom Emmental ins Trüffelparadies. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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10 Grosse Käse, grosse Desserts, ganz grosse Zigarren Von Freiburg nach Genf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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11 Lachs und Literatur Vom Misox zur italienischen Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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12 Klosterwein und kulinarische Nachhaltigkeit Von Horgen nach Schwyz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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13 Cocktails, Kirsch und noch mehr Alkohol Vom Hirzel nach Luzern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
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14 Grosse Schnitzel, grosse Kochkunst Von Luzern auf die Rigi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 15 Von Papayas und essbaren Bäumen Einmal durch das Entlebuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 16 Das Geheimnis des Sbrinz Von Hergiswil zum Gotthard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 17 Märkte, Hotels und Burger Berner Geschichte(n) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 18 Grosse Hoteliers, grosse Köche Von Thun nach Crissier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 19 Chasselas und der Ausblick auf 2039 Von Lausanne ins Wallis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 20 Geheimnisvolle Weine Von Sierre nach Visperterminen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 21 Der Glacier-Express und ein Hotelier von Weltruhm Von Zermatt nach St. Moritz und weiter in die Herrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 22 Quereinsteiger und Zuzügler im kulinarischen Hotspot der Schweiz Von Reichenau nach Splügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 23 Die Orientbahn, die nie gebaut wurde Von Scuol nach Müstair . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 24 Ziger, Pasteten und Käse von morgen Von Glarus über Mels ins Toggenburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 25 Alte Öfen und eine riesige Flasche Vom Appenzell zum anderen Ende des Bodensees. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 ANHANG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 Bildnachweis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
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Vorwort Es kommt alles auf das Schönste zusammen in der Schweiz. Einzigartige Landschaften, eine lebendige Tradition und die Bereitschaft zum alltäglichen Genuss. Folglich sind zwischen Basel und Genf, St. Gallen und Lugano nicht nur kulinarische Spezialitäten mit Geschichte anzutreffen, sondern auch innovative Köstlichkeiten. Newcomer in vielen Branchen – vom Käseproduzenten über Schokolade- und Kombuchahersteller bis zum Bäcker – führen historische Klassiker zu neuer Bedeutung oder erfinden gleich Speisen und Getränke, wie es sie bislang nicht gab. In diesem Buch werden 25 sehr persönlich ausgesuchte Touren durch die Schweiz vorgeschlagen. Die Geheimnisse von Spanisch Brötli und Schabziger werden gelüftet, die besten Quellen für Bier, Wein, Pasteten und Trüffel genannt. Manche Namen sind überregional bekannt, andere selbst den Einwohnern des betreffenden Kantons kaum geläufig. An Hinweisen zu guten Restaurants mangelt es auch nicht – und an Tipps, welche Spezialitäten wo besonders empfehlenswert sind. Die Chartreuse-Auswahl im Drei-Sterne-Lokal? Die bodenständigen Gerichte im Landgasthof? Soll ich lieber lange reservieren oder auf einen Platz am Chef ’s Table hoffen? Die Antworten auf viele Fragen stehen hier.
Eines allerdings sollte klar sein: Vollständigkeit ist nicht das Ziel des Buches. Allzu viele Adressen mussten aus Platzgründen unberücksichtigt bleiben. Selbst zu entdecken, ist also der abschliessende Ratschlag – entlang der vorgeschlagenen Touren oder auf anderen Wegen. In der Schweiz, im kulinarischen Paradies, mangelt es nicht an unzähligen weiteren Orten, an denen sich kulinarische Geheimnisse entdecken lassen. Februar 2022 Wolfgang Fassbender
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Von Papayas und essbaren Bäumen. Einmal durch das Entlebuch
Stefan Wiesner ist einer der besten Köche des Landes (Bild: zVg).
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uzern scheint weit entfernt zu sein von Wolhusen. Ist es aber nicht. Ein paar Kilometer nur, schnell mit dem Auto oder der Bahn zurückzulegen. Wolhusen ist schon Entlebuch und dann auch wieder nicht, gehört zum Wahlkreis, aber nicht ins eigentliche Tal. Ein Zwitter, irgendwie. Mit einigen hübschen Gebäuden im Zentrum des Ortes und mit der Pfarrkirche samt Beinhaus, die als Sehenswürdigkeit Nummer eins gilt. Zumindest an zweiter Stelle aber liegt inzwischen ein Gebäudekomplex, den man bei der Ankunft am Bahnhof noch gar nicht sieht. Zum Tropenhaus läuft man hinauf, gut und gern eine halbe Stunde, wenn man es nicht vorzieht, den Bus zu nehmen. Botanisch interessant ist, was hier geschieht, kulinarisch aber auch. Kaviar wurde hier ein paar Jahre lang produziert, weil das Klima tropisch war. Nicht jenes auf den Feldern und Wiesen rund um Wolhusen, sondern das im Tropenhaus. Ein Industriebetrieb hatte Abwärme übrig und wusste nichts damit anzufangen, ein Investor erstellte ein Gewächshaus und siedelte exotische Pflanzen und Tiere an. Auch Störe, die ja den Kaviar liefern, den echten.
Doch Zeiten ändern ich, was nicht unbedingt negativ ist. Den Kaviar findet heute niemand mehr in Wolhusen. Coop, der Betreiber des Tropenhauses, gab das Projekt auf, nachdem die Gratiswärmequelle nebenan versiegt war. Keine Chance mehr für die Störe. Aber nach wie vor eine für Bananen und Papaya, für Chili und Galgant. Das Besuchsgewächshaus ist das eine, das Produktionshaus daneben aber wirkt noch interessanter. Zumal allerlei Pflanzen und Früchte zum Kauf bereitstehen. African-Blue-Basilikum, Chilis der milden, fruchtigen Sorte oder solche, die auf der berühmten Scoville-Skala mit mehr als 1 Million aufgeführt werden. Sie zu essen, auch in kleinen Mengen, ist zwar nicht untersagt, aber dringend zu vermeiden. Die Folgen für die Schleimhäute und den Blutdruck wären drastisch. Das weiss auch der Küchenchef im Tropenhaus. Nachdem Coop das Haus zu kleinem Preis verkauft hat, übernahmen andere. Kaviar wird mangels Wärme nicht mehr in Wolhusen hergestellt, ist aber im zweiten Tropenhaus des Landes, dem in Frutigen im Kanton Bern, immer noch zu haben. Dort herrschen noch genügende Temperaturen, um den Stören ein gutes Leben und den Konsumenten erstklassigen Kaviar zu ermöglichen. (Siehe Kapitel 18).
Im Tropenhaus Wolhusen wachsen exotische Früchte (Bild: Tropenhaus Wolhusen).
3 Tropenhaus Wolhusen
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Das Geheimnis des Ringli-Rezeptes Von Wolhusen ist es nicht weit bis Willisau, und während die eine Gemeinde sich erst allmählich einen Ruf für Kulinarik erwirbt, ist diese seit Langem in der anderen präsent. Hätte doch nur Heinrich Maurer geahnt, was unweit seiner Heimat so vor sich gehen würde, 200 Jahre nach seinem Einzug in Willisau. Der gebürtige Aargauer gilt als Erfinder der Willisauer Ringli, jenes Honiggebäcks, das heute jedem Kind der Schweiz bekannt ist. Sein Geheimrezept hat Maurer allerdings nicht mitgebracht, als er sich 1819 hier niederliess, sondern von seiner zweiten Frau mitgeteilt bekommen. Welche wiederum im nahen Schloss arbeitete. Ob die dortigen Köche die eigentlichen Erfinder waren? Wirklich sicher ist nichts, exakte Aufzeichnungen fehlen. Es wurde viel gemutmasst in den letzten Jahrhunderten, und wie es bei so vielen Geheimnissen geschieht, so ist es auch hier: Bei genauerem Hinsehen verliert der Kaiser seine Kleider. Die Ringli sind eigentlich nichts Besonderes, sondern lediglich Beispiel für eines der vielen Gebäcke auf der Basis von Zucker oder Honig, Mehl und Gewürzen, wie sie damals landauf, landab in die Öfen geschoben wurden. Ein wenig confierte Zitrusschale, einst teuer, trug ursprünglich zum Aroma bei, was darauf hindeutet, dass die Ringli nicht für den Alltag gedacht waren, sondern für besondere Gelegenheiten verkauft wurden. Ein Festtagsgebäck! Es war dennoch wohl eher die Form der Ringli als das Rezept, das nach und nach für Aufschwung sorgte: Knusprige Ringe gab es eben nicht überall. Geheimnisvoll wirkt vor allem, wie sich Jahrzehnte nach dem Start des Verkaufs, Mitte des 19. Jahrhunderts, diverse Streitigkeiten entwickelten. Heinrich Maurer war längst verschieden, als die Bäckereien am Ort darum stritten, wer die echten und wer die
Essen mitten im tropischen Flair: das Tropenhaus Wolhusen (Bild: Tropenhaus Wolhusen).
nachgemachten Ringli verkaufen dürfe. Inzwischen ist die Sache richterlich abschliessend geklärt: Willisauer Ringli dürfen ausschliesslich in Willisau hergestellt werden. Aber nur das Café Amrein kann behaupten, dass es das Originalrezept der Ringli anwende. Zu sehen bekommt man dieses allerdings auch auf Nachfrage nicht, sicher ist sicher. Ob echte kandierte Zitronenschale drin ist, kann man nur raten, aber das Aroma von Zitronen- oder Orangenschale kann man bei den Amreins und den Herstellern anderer Ringli oft noch immer herausschmecken. Noch besser als die Klassiker schmecken im Café Amrein übrigens die sogenannten Marokaner, seit 1930 aus Schokolade, Haselnuss und Méringue gefertigt; weniger hart als die Ringli sind sie auch. Wer es mit süssen Backwaren nicht so hat, muss zwingend nach Wauwil fahren, um sich mit den herausragenden Broten Daniel Amreins zu beschäftigen. Der sogenannte Eigenbrötler hat viel dazu beigetragen, die Backkultur der Schweiz zu erneuern.
3 Eigenbrötler Backwerke 3 Café Amrein
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Arvenmiso trifft Büffelkäse Und Stefan Wiesner? Der war seiner Zeit vielleicht ein bisschen allzu weit voraus, hat schon die Küche revolutioniert, als französische Klassik noch als das Mass aller Dinge in der Schweiz galt. Der Patron und Küchenchef des Gasthofs Rössli in Escholzmatt bevorzugt das, was in den Wäldern des Entlebuch gedeiht. Nicht nur Reh und Hirsch, sondern auch Buchenholzkohle (als Rauch oder Destillat), Arven (als Holzmiso oder als geröstete Arvennüsse), Moos, Baumrinde und sogar Kieselsteine. Ob das schmeckt? Man muss es ausprobieren und kann das mehrmals im Jahr tun. Viermal wechselt Wiesner das grosse Menü, zu dessen Genuss sich der Kunde tunlichst anzumelden und Zeit mitzubringen hat sowie Offenheit. Man muss sich nämlich einlassen auf den Besuch in einem der geheimnisvollsten Restaurants der Schweiz. Vier, besser fünf Stunden sind einzuplanen, denn allein die grösste Käseauswahl, die in der Schweiz zu finden ist, bedarf langen Studiums. Wiesner hat sich übrigens nie Mühe gegeben, ein Koch für alle Gelegenheiten zu sein. Selten geht er hinaus in die Welt, ist in seiner Art das Gegenstück zu Fernsehköchen wie René Schudel oder Jamie Oliver. Kein Wunder, dass viele Schweizer noch nie von ihm gehört haben, während andere zwar seinen Namen kennen, aber nie da waren.
Wer die vielen Erklärungen und Gänge wirklich schätzen will, wer den Apéro und die ausgesuchten Weine unbeschwert geniessen möchte, sollte nicht ans Heimfahren denken. Man kann im Heu übernachten, ganz in der Nähe, oder wird zu einer Pension ums Eck chauffiert – Luxushotels freilich existieren nicht in diesem Teil der Schweiz. Vielleicht erzählt Wiesner auch noch, wie er ausnahmsweise mal in Spanien auf der Bühne stand, anlässlich der Gastromesse Madrid Fusíon, wie er vor Publikum mit der Motorsäge einen Baumstamm zerteilte, um jenes Holzkästchen zu fertigen, in dem später eine Forelle serviert würde. Selbst den kreativsten internationalen Köchen, die in jenem Jahr der Performance folgten, stand in diesem Moment der Mund offen. Der Autor dieses Buches kann es bezeugen, er war selber da. Die hübschen Holzformen à la Wiesner kann man natürlich kaufen im Entlebuch, sein Kochbuch ebenfalls. Und wer noch Käse mitnehmen will, findet im Tal eine ganze Reihe an Einkaufsquellen – etwa die Käserei in Schüpfheim. Hiesiger Emmentaler ist besonders gut, wenn er mindestens zwölf Monate gereift ist, der Goldwaschkäse erinnert an jene Zeiten, als im Tal versucht wurde, Nuggets zu finden. Die Ergebnisse waren bescheiden. Ein Erfolg wurde dagegen die Büffelzucht. Bruno und Irène Renggli-Felder betreiben sie auf ihrem Hof, verkaufen das Fleisch und lassen von der Bergkäserei Marbach Mozzarella herstellen. Der schmeckt nicht nur ähnlich gut wie das, was in Kampanien als Mozzarella di Bufala auf den Markt kommt, er wird auch – ein von italienischen Produzenten gehütetes Geheimnis – hier nach sehr viel strengeren Tierschutzregeln erzeugt.
Das Rössli birgt kulinarische Geheimnisse (Bild: zVg).
3 Gasthaus Rössli
3 Biosphäre Berg-Käserei
3 Hof von Bruno und Irène Renggli-Felder 3 Wasserbüffel Marbach
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Alles Wurst im Entlebuch
Adressen
Doch es ist nicht nur der Käse, für den sich die Einwohner des Tals interessieren. Glaubt man den Gerüchten, isst niemand in der Schweiz mehr Wurst als der durchschnittliche Entlebucher. Statistisch belegen lässt sich diese Aussage nicht, empirisch unterfüttern sehr wohl. Viele Dorfmetzgereien existieren noch im Tal, und die meisten stellen Würste her, die es nur bei ihnen gibt. Willi Giger etwa. In der Entlebucher Metzg, die den Namen seiner Familie trägt, experimentiert er gern mit Knoblauch oder Peperoncini als Zutaten, wurde für seine Zunftmeisterwürstli schon mit höchsten Auszeichnungen bedacht. Solche haben auch Peter, Christian und Kevin Küpfer erhalten. Als die Familie 2008 die schon damals legendäre Hasler Dorfmetzg Dahinden übernahm, war der Grundstein für Qualität längst gelegt. Was genau in Küpfers Kräuterwurst drin ist, wird nicht verraten. Doch im Ausgleich dazu bekommt der Käufer Informationen über das Hinterwälder-Rind, eine der rarsten Rinderrassen der Schweiz. Vom geheimnisvollen alten Keltenrind stammt es ab, war in Mitteleuropa zeitweise vom Aussterben bedroht und vor allem in Zoos zu bewundern. Mittlerweile kann man die nicht allzu grossen Tiere aber wieder in freier Natur erleben. Ihre wirtschaftliche Nutzung als Fleisch- respektive Milchrasse trägt dazu bei, dass die Rasse erhalten bleibt, weshalb der Wurstkäufer gleich doppelt Gutes tut – sich selbst und der Natur.
3 Tropenhaus Wolhusen Hiltenberg 4, 6110 Wolhusen Tel. 041 925 77 99 www.tropenhaus-wolhusen.ch
3 Metzgerei Giger 3 Küpfer’s Dorfmetzg
3 Café Amrein Hauptgasse 24, 6130 Willisau Tel. 041 970 11 14 www.willisauerringli.ch 3 Eigenbrötler Backwerke Dorfstrasse 10, 6242 Wauwil Tel. 041 980 32 12 www.eigenbroetler.info 3 Gasthof Rössli Hauptstrasse 111, 6182 Escholzmatt-Marbach Tel. 041 486 12 41 www.stefanwiesner.ch 3 Biosphäre Berg-Käserei Hauptstrasse 17, 6170 Schüpfheim Tel. 041 484 21 41 www.biosphaere-berg-kaeserei.ch 3 Wasserbüffel Marbach Bruno und Iréne Renggli-Felder Schufelbühl 4, 6196 Marbach Tel. 034 493 35 79 wasserbüffel-marbach.ch 3 Bergkäserei Marbach Dorfstrasse 16, 6196 Marbach Tel. 034 493 31 44 www.kaeserei-marbach.ch 3 Metzgerei Giger Dorf 16, 6162 Entlebuch Tel. 041 480 13 14 www.metzgerei-giger.ch 3 Küpfer’s Dorfmetzg Oberdorf 10, 6166 Hasle Tel. 041 480 14 28
Die Schweiz hat viel zu bieten – auch in kulinarischer Hinsicht: Landauf, landab tüfteln kreative Köpfe an traditionellen Schweizer Spezialitäten, optimieren alte Trockenfleischrezepte, fermentieren Gemüse oder stellen einzigartige Konfitüren her. Viele Dörfer und Regionen haben sich durch spezielle Süssigkeiten oder unverwechselbare Wurstspezialitäten einen Namen gemacht, neugierige Senner bringen neue Käsesorten auf den Markt und experimentierfreudige Köche spannende Gerichte auf den Teller. In diesem Buch werden kulinarische Touren durch fast alle Regionen der Schweiz vorgeschlagen – von Zürich bis ins Münstertal, von Genf bis ins Tessin. Die besten Adressen zu Restaurants und Hofläden, aber auch zu individuellen Hotels verknüpft der Autor mit Geschichten und Geschichte rund um das kulinarische Erbe der Schweiz.
ISBN 978-3-258-08274-5