Kremer, Gefährliche Schönheiten

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Bruno P. Kremer

Gefahrliche Schonheiten Giftpflanzen im Garten

Heimische Arten, die man kennen sollte



Bruno P. Kremer

Gefahrliche Schonheiten Giftpflanzen im Garten

Heimische Arten, die man kennen sollte

Haupt Verlag


Bruno P. Kremer studierte Biologie, Chemie und Geologie. Nach langjähriger Tätigkeit in der Forschung sowie als Wissenschaftsjournalist lehrte er am Institut für Biologie und ihre Didaktik der Universität zu Köln. Er ist der Autor zahlreicher erfolgreicher Natursach- und -erlebnisbücher. Bitte beachten Sie folgenden Hinweis: Der Umgang mit Giftpflanzen birgt immer ein gewisses Risiko. Weder der Autor noch der Verlag übernehmen die Verantwortung für Schäden oder Verletzungen und lehnen jegliche Haftungsansprüche ab, die in direktem oder indirektem Zusammenhang mit dem Inhalt dieses Buches erhoben werden. Verlag und Autor empfehlen dringend, sich vor dem Anbau von Giftpflanzen im eigenen Garten mit dem lokalen Giftnotruf vertraut zu machen und stets größtmögliche Vorsicht im Kontakt mit den Pflanzen walten zu lassen. Dieses Buch stellt besonders wichtige heimische Giftpflanzen vor, ist aber keineswegs eine erschöpfende Gesamtdarstellung aller vorkommenden Arten mit problematischen Inhaltsstoffen. Ferner ist zu beachten, dass von vielen Giftpflanzen für den Garten besondere Züchtungen angeboten werden, die im Erscheinungsbild von den hier abgebildeten Wildformen erheblich abweichen können.

1. Auflage 2022 ISBN 978-3-258-08281-3 Gestaltung und Satz: www.pooldesign.ch Lektorat: Dietlind Grüne, D-Heidelberg Umschlagabbildungen: vorne: Roter Fingerhut: G. Franz/Blickwinkel vordere Klappe: Gewöhnlicher Goldregen: Susbany/Pixabay/CC BY-SA-0 1.0 hinten: oben links: Pfaffenhütchen: Svetlana Berdnik/Pixabay/CC BY-SA-0 1.0; oben rechts: Oleander: gemeindeblatt86502/Pixabay/CC BY-SA-0 1.0; unten links: Vielblättrige Lupine: George Chernilevsky/Wikimedia Commons/Public Domain; unten rechts: Jakobs-Greiskraut: Manfred Richter/Pixabay/CC BY-SA-0 1.0 Alle Rechte vorbehalten. Copyright © 2022 Haupt Verlag, Bern Jede Art der Vervielfältigung ohne Genehmigung des Verlags ist unzulässig. Wir verwenden FSC®-Papier. FSC® sichert die Nutzung der Wälder gemäß sozialen, ökonomischen und ökologischen Kriterien. Gedruckt in Slowenien Diese Publikation ist in der Deutschen Nationalbibliografie verzeichnet. Mehr Informationen dazu finden Sie unter http://dnb.dnb.de. Der Haupt Verlag wird vom Bundesamt für Kultur für die Jahre 2021–2024 unterstützt. Wir verlegen mit Freude und großem Engagement unsere Bücher. Daher freuen wir uns immer über Anregungen zum Programm und schätzen Hinweise auf Fehler im Buch, sollten uns welche unterlaufen sein. Falls Sie regelmäßig Informationen über die aktuellen Titel im Bereich Natur & Garten erhalten möchten, folgen Sie uns über Social Media oder bleiben Sie via Newsletter auf dem neuesten Stand. www.haupt.ch


Inhalt

Giftpflanzen und ihre Gifte Seid furchtbar und wehret euch

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Abwehr auf Abruf

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Verstehen statt verfemen

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Giftpflanzen im Garten?

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Augen auf – Mund zu!

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Aus dem pflanzlichen Gift-Repertoir

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Alkaloide

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Glykoside

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Terpene

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Weitere Stoffgruppen

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Mit komplexer Vielfalt leben

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Erstmassnahmen für den Ernstfall

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Giftnotrufe

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Die Giftpflanzenporträts

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Frühlings-Adonisröschen Arnika Gefleckter Aronstab Riesen-Bärenklau Gewöhnlicher Beinwell Besenginster Schwarzes Bilsenkraut Chinesischer Blauregen Garten-Bohne Buchsbaum Büschelschön Christrose Efeu Eibe Einbeere Blauer Eisenhut Faulbaum Roter Fingerhut Garten-Geißblatt Gewöhnlicher Goldregen Jakobs-Greiskraut Gift-Hahnenfuß Roter Holunder Schwarzer Holunder Huflattich Hundspetersilie Echte Hundszunge

26 28 30 32 36 40 44 46 48 50 52 54 58 60 62 64 68 70 74 78 80 82 84 86 88 90 92

Kleines Immergrün Gewöhnliche Jungfernrebe Kirschlorbeer Kornrade Bunte Kronwicke Gift-Lattich Hohler Lerchensporn Gewöhnlicher Liguster Vielblättrige Lupine Maiglöckchen Mandelbaum Laubholz-Mistel Schlaf-Mohn Bittersüßer Nachtschatten Oleander Gewöhnliche Osterluzei Pfaffenhütchen Rainfarn Rhabarber Hoher Rittersporn Rizinus Robinie Gefleckter Schierling Gewöhnlicher Schneeball Gewöhnliche Schneebeere Kleines Schneeglöckchen Schöllkraut

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94 96 98 100 102 104 106 108 110 112 114 118 120 122 126 128

Gelbe Schwertlilie Gewöhnlicher Seidelbast Gewöhnliches Seifenkraut Weißer Stechapfel Sumpfporst Virginischer Tabak Tollkirsche Gewöhnlicher Wacholder Vielblütige Weißwurz Echter Wermut Sonnenwend-Wolfsmilch Zweihäusige Zaunrübe Echte Zaunwinde Herbst-Zeitlose Zucchini

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Literatur

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Bildnachweis

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Register

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130 132 134 136 138 140 142 144 148 150 152

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Giftpflanzen und ihre Gifte

Die allgegenwärtigen grünen Pflanzen versorgen uns stetig mit frischer Atemluft sowie direkt oder indirekt mit Nahrung – angefangen beim buchstäblichen täglichen Brot bis hin zum raffiniert zubereiteten Cordon bleu. Obwohl sie gewöhnlich wunderschön anzusehen sind, im Garten oder in der freien Natur mit einer Unzahl von Farben und Formen begeistern und zudem die Nase mit ungeahnten Wahrnehmungen betören, können nicht alle Pflanzenarten folgenlos den verheißungsvollen Weg in die Kulinarik antreten. Nicht wenige von ihnen rufen nach unbedachtem Verzehr Atemstillstand, Bewusstseinstrübungen, Herzrhythmusstörungen, schwere Koliken der Eingeweide, Lähmungen oder Nierenversagen hervor und durchtrennen schlimmstenfalls sogar unerbittlich den Lebensfaden: Viele Pflanzenarten können somit ernst zu nehmende Stationen auf dem Weg in die Klinik oder gar zum Friedhof sein und gehören daher legitimerweise nicht in Cocktails oder den Kochtopf. Tatsächlich ist die große Mehrzahl der über eine Viertelmillion weltweit vorkommenden Pflanzenarten wegen ihres spezifischen Stoffbestandes nicht gerade gesundheitsförderlich und auch für viele Haus- sowie Nutztiere problematisch: Wir sprechen von Giftpflanzen. Schon bei der bloßen Nennung der Wörter «Giftpflanze» oder gar «Gift» bekommen besonders sensible Gemüter sichtlich eine Gänsehaut, haftet diesen Begriffen doch zugegebenermaßen etwas Heimtückisches, ja geradezu Unheimliches an: Denn sofort gehen

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Der stark giftige Hohe Rittersporn (Delphinium elatum) ist ein wahrer Blickfang im Gartenbeet.


Jacques Louis Davids «Der Tod des Sokrates» von 1787

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die Gedanken dabei in Richtung tragisch geendeter Unglücksfälle oder tödlich verlaufener Komplotte. Solche sind bekanntermaßen unverzichtbare Komponenten in den Handlungssträngen ungezählter Kriminalfälle, und ihre Spuren reichen sogar weit in die Geschichte zurück: Mit gezielt, aber unerkannt verabreichten pflanzlichen Giften wurde schon in vorantiker Zeit wirksam nachgeholfen, wenn es darum ging, Konkurrenten, Widersacher oder andere Missliebige aus dem Weg zu räumen. Die Szenarien blieben zunächst unverdächtig, weil es mit den analytischen Mitteln früherer Jahrhunderte und Jahrtausende meist nicht einmal möglich war, die gezielt herbeigeführten tödlichen Attacken einwandfrei nachzuweisen. Entsprechende Fälle durchziehen die ohnehin verworrene Historie der jeweils amtierenden Regentenhäuser ebenso wie – spätestens seit dem Mittelalter – die nicht minder verwunderliche Geschichte der Päpste. Die Nachweisbarkeit von Giften hat sich

indessen gewaltig verändert und verbessert – die moderne Forensik vollbringt hier wahre Wunder; nicht immer so rasch, wie in vielen TV-Krimis dargestellt, aber auf jeden Fall beweiskräftig und zuverlässig und gegebenenfalls unter Einsatz modernster molekularbiologischer Methoden. So fatal die in der Natur vorkommenden Giftstoffe tatsächlich sind, verdienen sie doch auch eine andere Betrachtung: Die von Lebewesen synthetisierten toxischen Substanzen (= biogene Gifte) stellen aus naturwissenschaftlicher Sicht unglaublich interessante und enorm vielfältige Naturstoffe dar, deren Geheimnisse die Forschung längst noch nicht vollständig gelöst hat.


Seid furchtbar und wehret euch Dieses Wortspiel als Abwandlung eines bekannten Bibelzitats aus dem Alten Testament (Genesis 1,29: «Seid fruchtbar und mehret euch») birgt – vielleicht sogar überraschenderweise – den Verständnisschlüssel zu der Frage, warum es überhaupt biogene Gifte gibt und wieso sie im Naturhaushalt sogar gänzlich unentbehrlich sind. Im Fall der giftigen Pflanzen kann man diesen Naturstoffen eine klare Funktion zuordnen: Den grünen Primärproduzenten Pflanzen, die mit ihrem genialen Basisprozess Fotosynthese die einzige nennenswerte Konversion energiearmer Ausgangsstoffe (Kohlenstoffdioxid und Wasser) in energiereiche organische Verbindungen (Kohlenhydrate, Proteine, Lipide u. a.) leisten, fällt in allen Ökosystemen nun einmal die zunächst etwas undankbare Rolle zu, als nachgeschaltete Glieder der Nahrungskette einer Vielzahl der tierischen Vegetarier schmackhaftes und dazu auch noch recht nahrhaftes Grünzeug zu

Der Gewöhnliche Stechapfel (Datura stramonium) lässt keine Zweifel in Bezug auf seine Wehrhaftigkeit aufkommen.

liefern. Es gehört eben zum üblichen Bild einer normal funktionierenden Lebensgemeinschaft, dass pflanzliche Biomasse vielerlei hungrige tierische Mäuler zu stopfen hat. Die friedlich weidende, aber Pflanzen vernichtende Schafherde liefert dafür ein ebenso einleuchtendes Beispiel wie die Armada der an den Gartenpflanzen saugenden Blattläuse oder die an den Blättern vieler sonstiger Nutzpflanzenarten knabbernden Larven von Käfern und Schmetterlingen. Alle Ökosysteme sind hinsichtlich ihrer Material- und der damit verbundenen Energieflüsse so eingerichtet, dass die energiereichen Ergebnisse ihrer Primärproduktion auf einen stationenreichen Weg zu den übrigen Nutzergruppen geschickt werden. Indessen: Die Pflanzenwelt nimmt die ihr ökosystemar zugedachte Rolle doch nicht so völlig gleichmütig hin. Zwar sehen die Pflanzen im Allgemeinen sehr duldsam bis harmlos aus, sie kämpfen aber im Stillen doch mit vielen Mitteln auf verschiedenen Ebenen gegen ihre

Es gibt viele hungrige Mäuler zu stopfen – wer sich nicht wehrt, wird gefressen.

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Nutznießer. Flexibel und trickreich haben

unsere Haut angreifen, erreichen auch

sie daher im Laufe der Evolution auf den vielfältigen Fraßdruck aus der nachgeschalteten Konsumentenebene reagiert. Mit gezielten Gegenmaßnahmen versuchen sie, den gierigen Zudringlichkeiten der in allen Lebensgemeinschaften präsenten Pflanzenfresser entweder standzuhalten, diese zumindest einzuschränken oder ihnen fallweise weitgehend auszuweichen. Nicht immer ist dabei das Arsenal der pflanzlichen Abwehr so klar abschätzbar wie bei den Stacheln der Brombeeren und Rosen, die auch unsere feinfühlige menschliche Fassade bei unsachgemäßer Annäherung so erbarmungslos ramponieren. Auch die perfiden feinen Sticheleien der Brennnesseln umgeht man (ebenso wie die meisten Weidetiere) erst dann, wenn bereits (schleim-)hautnahe Erfahrungen damit vorliegen. Häufig ist das Zielorgan der pflanzlichen Abwehr die Haut, im Unterschied zur ständig aktionsbereiten Brennnessel aber oft nur dann, wenn bereits irgendwelche Pflanzenteile abgebrochen, abgerissen, zerquetscht oder zerdrückt wurden und ein intensiver Hautkontakt mit deren problematischem Stoffbestand zustande kam. Die meisten Pflanzengifte wirken allerdings erst nach Ingestion im Verdauungstrakt. Bekannte Beispiele für ausgesprochen hautreizende Pflanzenstoffe sind die charakteristisch riechenden Senfölglykoside der Kreuzblütengewächse (sie rufen deren typischen Kohl- oder Rettichgeruch hervor) oder der für uns völlig geruchlose Milchsaft der Wolfsmilchgewächse. Stoffe, die

die empfindlichen Schleimhäute im Verdauungstrakt pflanzenfressender Säugetiere und stellen somit sicher, dass etwa das Weidevieh die meisten Arten aus den benannten Verwandtschaftskreisen nach der ersten, nicht zusagenden Geschmacksprobe fürderhin meidet. Gleichzeitig zeigen aber gerade die Vertreter der Kreuzblüten- oder der Wolfsmilchgewächse, dass die familientypischen Inhaltsstoffe das entscheidende stoffliche Signal darstellen, an dem bestimmte Schmetterlingsarten die geeignete Futterpflanze ihrer Raupen erkennen und danach die Wahl für die Eiablage treffen. Weißlinge wählen dann eben bevorzugt die Kreuzblütengewächse, und auch das Weibchen des Wolfsmilchschwärmers lässt sich bei der Suche nach dem passenden Grünfutter für seine Nachkommenschaft vom Stoffspektrum passender Pflanzenarten leiten. Problematische oder gar nachhaltig giftige Inhaltsstoffe sind also in unseren Ökosystemen eine zweifellos gut eingespielte Lebensversicherung für die Blütenpflanzen, aber – fast so wie im richtigen Leben – keine allumfassende und in jedem Fall wirksame. Toxische und richtig übel schmeckende pflanzliche Inhaltsstoffe halten die Generalisten unter den Pflanzenkonsumenten wirksam auf Distanz, aber Spezialisten können die chemischen und gegebenenfalls zusätzlich bestehenden mechanischen Barrieren (Hartlaubigkeit, Kleinblättrigkeit, nur kurzfristige saisonale Verfügbarkeit u. a.) mit eigenen


Phytoalexine helfen Kartoffelpflanzen, sich gegen Angreifer zu wehren.

Angepasstheiten durchaus überwinden. Diese bemerkenswerte ökologische Filterleistung sichert allen Beteiligten an der Basis der Nahrungspyramiden das Überleben und hält somit sämtliche Ökosysteme in Gang.

Abwehr auf Abruf Nicht immer steht die chemische Verteidigungslinie der Pflanzen sogleich bereit. Mitunter bauen sie Abwehrstoffe erst dann auf, wenn wirklich akute Gefahr droht – zum Beispiel bei Infektionen mit Bakterien und Pilzen. Wenn ein Pflanzengewebe von diesen winzigen Krankheitserregern befallen wird, stellen die betreffenden Zellen ihren Stoffwechsel kurzfristig um und bilden verstärkt Stoffe mit ausgeprägt antimikrobiellen Eigenschaften. Diese bremsen die unerwünschten Invasoren wirksam aus. Phytoalexine nennt man diese interessanten Stoffe, von denen bisher mehrere Dutzend genauer bekannt sind. Zum ersten Mal hat man sie aus Erbsen, Kartoffeln und anderen Kulturpflanzen isoliert. Vom Ablauf her ist die Wirkung der Phytoalexine der Immunantwort des menschlichen Körpers vergleichbar. Einen ständigen Vorrat an antibiotisch wirkenden Schutzstoffen weisen vor allem Samen, Früchte und unterirdische Reserveorgane auf. Während diese Pflanzenteile im Boden ruhen und auf ihren Einsatz in der nächsten Vegetationsperiode warten, dürfen sie von ihrer Umgebung nicht einfach (wie Totholz oder Falllaub) als Bestandsabfall behandelt werden; sie müssen sich in dieser

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Periode entsprechend gegen die Attacke von Bakterien und Pilzen wappnen. Dornige Derbheit oder stachelige Widerspenstigkeit sind sichtbare und unmittelbar spürbare Abwehrmittel der Pflanzen gegen schädigende Zudringlichkeiten. Sehr viel ausgeklügelter und variantenreicher agieren die Pflanzen auf der stofflichen Ebene. Auch davon nehmen wir nur den kleineren Ausschnitt einer umfangreichen Palette wahr, den unser Geschmacks- und Geruchssinn als pflanzliche Reizstoffe vermeldet.


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Blüte des Schlaf-Mohns (Papaver somniferum)

Verstehen statt verfemen Giftige Pflanzen nehmen im Naturhaushalt eine ebenso wichtige Funktion ein wie alle übrigen Arten ohne problematische Inhaltsstoffe. Viele dieser Spezies sind sogar ausgesprochen dekorativ und sowohl während der Blütezeit als auch im späteren Fruchtschmuck einfach wunderschön anzusehen. Daher haben nicht wenige giftige Wildpflanzen als Zierpflanzen sogar den Weg in unsere Gärten gefunden. Solange man um das Gefahrenpotenzial dieser Arten weiß, sind die durchweg ansehnlichen pflanzlichen Mannequins nicht nur am natürlichen Standort, sondern auch im betont artenreichen Hausgarten immer ein Gewinn. Zu bedenken ist natürlich auch, dass nicht wenige Arten aus der pflanzlichen Giftliga mit ihren spezifischen Stoffspekt-

ren wichtige und vielfach sogar unentbehrliche Arzneistoffe liefern. Beispiele sind etwa Maiglöckchen und die Fingerhut-Arten, die herzwirksame Glykoside führen, für die es vorerst keinen synthetischen Ersatz gibt. Völlig unverzichtbar für die Schmerztherapie sind auch die Wirkstoffe aus dem Schlaf-Mohn. Manche unserer (heftig) toxischen Arten haben ihr klassisches Einsatzgebiet in der Homöopathie, darunter beispielsweise das Bilsenkraut oder der Gefleckte Schierling. Sie alle sind enorm wertvolle Bestandteile des großen Arzneischrankes der Natur, auf die wir nicht verzichten können. Selbstverständlich sind diese Arten von jeglicher Form der Selbstmedikation grundsätzlich und unwiderruflich ausgeschlossen, denn arzneiliche


Schwarzes Bilsenkraut (Hyoscyamus niger)

Zubereitungen aus diesen Arten dürfen nur und ausschließlich von kundigen Personen nach vorheriger gründlicher Konsultation verordnet werden. Aus vielerlei Gründen ist demnach eine generelle Verfemung der heimischen Giftpflanzen überhaupt nicht angesagt – der kompetente Umfang mit diesen Arten aber auf jeden Fall. Das entscheidende Stichwort dafür lautet zuverlässige Artenkenntnis. Wer die Blätter von Maiglöckchen unbedacht in den Salat schnippelt – in der Annahme, sie stammten vom Bärlauch –, bekommt garantiert ein Problem. Und wer gar den Bärlauch mit den Blättern der HerbstZeitlose verwechselt (was eigentlich gänzlich undenkbar erscheint, aber tatsächlich gelegentlich vorkommt und sogar erst in neuerer Zeit vorkam), befindet sich zuverlässig auf einem «Trip without return». Wer die heimischen Wildpflanzen gut kennt und auch die eventuell toxischen Gartenpflanzen ausreichend bis zuverlässig, wird beim sorgsamen Umgang mit diesen Arten keine Probleme zu befürchten haben. Panische Phobien sind also keineswegs angesagt, aber ein kritisch-distanzierter Umgang ist es auf jeden Fall. Vom bloßen Anschauen dieser interessanten Pflanzen fällt man nicht gleich um. Und sollte man die eine oder andere attraktive (und schon allein deswegen empfehlenswerte) Art im eigenen Garten haben, wird man bei der Betreuung der betreffenden Gartenbeete und der Entsorgung etwaiger Abfälle natürlich nur mit Handschuhen agieren: Die Pflanzensäfte mit ihren für uns problematischen

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Inhaltsstoffen durchdringen auch die Haut und erfüllen dann auf diesem Wege ihre nicht ganz so willkommene Mission.

Giftpflanzen im Garten? Viele beliebte Gartenpflanzen, welche die sommerlichen Gartenbeete zieren, sind bemerkenswert giftig – darunter beispielsweise der schmucke Eisenhut oder die ansehnlichen Rittersporne, aber auch Maiglöckchen oder Wein-Raute. Nur weil diese Spezies problematische Inhaltsstoffe führen, die sich nach wie vor nicht für den leichtfertigen Eigengebrauch eignen, wird man sie gewiss nicht generell aus dem Garten verbannen. Schon die traditionellen und extrem bunt bestückten Bauerngärten wiesen in


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ihrem spezifischen Artenbestand etliche

damit auch direkt spezifische Insekten-

enorm dekorative Arten auf, die sich sicherlich nicht für den direkten Weg in die Kräuterküche eignen. Ein respektvollvorsichtiger Umgang mit solchen Arten gehörte und gehört noch heute im ländlichen Raum zum verankerten Grundwissen, ebenso wie die Kenntnis von den erwiesenen Heilkräften vieler Pflanzen, die man im Bedarfsfall zur wirksamen Behebung von kleineren medizinischen Problemen einsetzen konnte – sozusagen auf der gesamten Bandbreite von der hautheilenden Salbe bis zum wirksamen (?) Liebeszauber. Dieses unschätzbare Kräuterwissen scheint in unseren Tagen allmählich verloren zu gehen – es ist höchste Zeit, es schrittweise wiederzubeleben. Das spannende Themenfeld «Giftpflanzen im Garten» hat aber auch noch eine andere Facette: Viele attraktive, aber toxische und durchaus gartentaugliche Arten sind in der aktuellen Natur- bzw. Kulturlandschaft extrem selten geworden und sogar vom Aussterben bedroht. Dazu gehört neben Adonisröschen und Feldrittersporn beispielsweise die Kornrade, die in jüngerer Zeit geradezu zur Symbolpflanze des beachtlichen Artensterbens avancierte. Solchen Arten an sicherer (etwa für kleine Kinder garantiert unerreichbarer) Stelle im eigenen Garten einen Wuchsplatz zu gönnen erfüllt zweierlei Funktionen: Zum einen leisten Sie damit einen aktiven Beitrag zum Artenschutz bzw. zum Erhalt der Biodiversität in unserer zunehmend verarmenden Natur- und Kulturlandschaft, und zum anderen fördern Sie

arten, die wegen ihrer ganz besonderen Nahrungsvorlieben auf bestimmte und nicht eben häufige Arten angewiesen sind. Vor dem Hintergrund solcher Überlegungen erklärt es sich, dass in den im Artenteil folgenden einzelnen Pflanzenbeschreibungen auch jeweils ein gesonderter «Gartentipp» enthalten ist, der selbst sonst so kritisch angesehene Arten wie Bilsenkraut oder Stechapfel für eine stille Ecke in einem sonnigen Beet empfiehlt.

Augen auf – Mund zu! Dieses Buch behandelt überwiegend in Mitteleuropa heimische Wildpflanzen und einige häufiger in Gärten verwendete Arten, die sich auf keinen Fall für den menschlichen Konsum eignen. Die aufgeführten Arten sind alphabetisch nach ihrem jeweiligen deutschen Gattungsnamen sortiert. Eine weitere Zugangsmöglichkeit zum Artenverzeichnis bietet das Register. Auf eine Kategorisierung der eventuell unterschiedlichen Giftigkeit der erwähnten Arten wurde verzichtet – die nach etwaigem Verzehr zu erwartenden Probleme hängen zu sehr vom Allgemeinzustand der betroffenen Personen und anderen Größen ab (beispielsweise Alter und Menge der aufgenommenen Pflanzenteile). Mit den beschriebenen bzw. erwähnten Arten ist in jedem Fall ein kritisch-distanzierter Umgang angeraten.


Roter Fingerhut Digitalis purpurea Wegerichgewächse / Plantaginaceae (früher Braunwurzgewächse / Scrophulariaceae)

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Aussehen Zwei-, seltener mehrjährige, bis zu 150 Zentimeter hohe Pflanze mit meist unverzweigtem, kräftigem, aufrechtem, graufilzig behaartem Stängel, 20 bis 30 Zentimeter lange Rosettenblätter, gestielt, lanzettlich, oberseits flaumig behaart, Stängelblätter meist sitzend, runzlig.

Blüte und Frucht In schlanker, von der Hauptlichtrichtung induzierter einseitswendiger Traube, Kronen bis zu fünf Zentimeter lang, leicht aufgebogen, purpurrot, seltener auch rosa oder weiß, außen kahl, innen mit langen Haaren und zahlreichen dunklen, weißlich umrandeten Flecken (Staubblattattrappen). Der Blütenstand entwickelt sich im zweiten Jahr. Blütezeit: Juni bis August. Kapselfrüchte im reifen Zustand bräunlich mit staubfeinen Samen.

Vorkommen Kahlschläge, Waldränder, Lichtungen und Gebüsche auf frischen, nährstoffreichen Böden; meidet Kalkböden. Westund Südeuropa, in Deutschland vor allem in den Mittelgebirgen, fehlt in den Alpen und in den Kalkgebieten.


Gartentierbonus Wertvoll vor allem für Hummeln. Sie besuchen zuerst die unteren Blüten (im weiblichen Stadium mit belegbaren Narben) und arbeiten sich dann langsam hoch zu den oberen im männlichen Zustand mit geöffneten Staubbeuteln.

Gartentipp Eine der attraktivsten heimischen Wildpflanzen, die in jeden Garten gehört. Sie versamt sich erfolgreich. Die Gefahr durch akute Vergiftung wird oft stark überschätzt: Alle Teile schmecken nämlich extrem bitter, sodass auch Kinder kaum eine kritische Menge verschlucken. Sicherheitshalber dennoch nur an für Kinder unzugänglichen Stellen im Garten ansiedeln. Als Startgut ein paar reife Samenkapseln vom spätsommerlichen Waldspaziergang mitbringen. Staudengärtnereien bieten leider nur selten die Wildform an, sondern meist bleiche oder sonst wie im Erscheinungsbild veränderte Sorten.

Inhaltsstoffe Herzwirksame Glykoside (DigitalisGlykoside), vor allem Digoxin und Digitoxin, sind in allen Pflanzenteilen enthalten. Diese Inhaltsstoffe sind, von sachkundiger Hand verabreicht, wertvolle Arzneistoffe. Sie werden industriell aus der hier vorgestellten Art sowie aus dem auf dem Balkan heimischen Wolligen Fingerhut (Digitalis lanata) gewonnen.

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Verwechslungsgefahr Die Rosettenblätter können mit denjenigen nicht blühender Königskerzen (Verbascum spp.) verwechselt werden, die jedoch auch auf den Blattoberseiten eine dicht filzige Behaarung aufweisen. Die Blätter von Beinwell (Symphytum officinale) sind ebenfalls ähnlich, aber deutlich rau behaart.


Vergleichbare Arten In der heimischen Flora gibt es zwei weitere, allerdings seltene und deswegen geschützte Arten – den Großblütigen Fingerhut (Digitalis grandiflora), siehe Bild unten, und den Gelben Fingerhut (Digitalis lutea), siehe Bild rechts. In ihrer Giftigkeit sind sie wie der Rote Fingerhut zu bewerten. Beide werden in gut sortierten Gartencentern als attraktive Hochstauden angeboten. Die Entnahme dieser Arten aus dem Freiland ist ungesetzlich, denn die Arten sind streng geschützt. 73

Gelber Fingerhut (Digitalis lutea)

Großblütiger Fingerhut (Digitalis grandiflora)


Maiglöckchen Convallaria majalis Spargelgewächse / Asparagaceae (früher Liliengewächse / Liliaceae)

mehrsamig (Samen weiß oder bläulich), unreif grün, reif leicht glänzend scharlachrot. Fruchtreife: ab Juli.

Vorkommen Lichte Laubwälder (vor allem Eichenwälder), Gebüsche, Parkanlagen, Gärten, Felsschutt; bevorzugt lockere, kalkreiche Böden. In Europa weitverbreitet, in Deutschland aber nur noch stellenweise häufig und daher geschützt (Sammelverbot); im Gebirge (alpine Matten) bis auf etwa 1800 Meter Höhe.

Gartentierbonus

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Maiglöckchenblüten werden vor allem von Bienen besucht. Die Blätter sind eine willkommene Nahrung für Käfer und

Aussehen Mehrjährige krautige Pflanze mit unterirdisch kriechendem Wurzelstock, aus dem sich jährlich die Laubblätter und der Blütenschaft erneuern, 5 bis 20 Zentimeter hoch; Blätter fast immer nur zu zweit, selten auch zu dritt, aufrecht, breit lanzettlich, etwas steif, glattrandig, 10 bis 20 Zentimeter lang, kahl, schöne Herbstfärbung.

Blüte und Frucht Glockig, um fünf Millimeter breit, weiß; drei bis neun Einzelblüten stehen in lockerer, einseitswendiger Traube an blattlosem Schaft, duften sehr angenehm. Beerenfrüchte etwas mehr als erbsen- bis haselnussgroß, kugelig,


Larve des Maiglöckchenhähnchens. Die Früchte sind oft Wintersteher und werden von Vögeln verzehrt.

Gartentipp Truppweise an halbschattigen Gebüschrändern gepflanzt, ist das Maiglöckchen eine Zierde jedes Gartens. Die Rhizome bzw. deren Ausläufer besorgen eine lebhafte vegetative Vermehrung. Pflanzgut bieten alle größeren Gartencenter an.

Inhaltsstoffe Alle Teile sind stark giftig. Sie enthalten herzwirksame Glykoside sowie Saponine, die Schleimhautreizungen im Verdauungstrakt verursachen. Die Glykoside

werden aus verletzten Pflanzenteilen auch über die Haut aufgenommen – Vorsicht also mit (den verbotenerweise gehandelten) Maiglöckchensträußen oder bei Gartenarbeiten.

Verwechslungsgefahr Vorsicht bei der Kräuterernte: Die Laubblätter sehen denen des beliebten Bärlauchs (Allium ursinum) ähnlich, doch fehlt ihnen beim Zerreiben der charakteristische Knoblauchgeruch. Die mit dem Maiglöckchen verwandte Schattenblume (Maianthemum bifolium) bildet herzförmige Blätter aus, ihre Beerenfrüchte sind gefleckt. Bei der Preiselbeere sind sie einfarbig rot. Auch hier besteht Verwechslungsgefahr. Eine gewisse Ähnlichkeit zeigen auch die ungestielten (!) Blätter der HerbstZeitlosen (Colchicum autumnale).

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Pfaffenhütchen Euonymus europaeus Spindelbaumgewächse/Celastraceae Synonym: Gewöhnlicher Spindelstrauch

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Aussehen Sommergrüner Strauch oder kleiner Baum, dicht und sparrig verzweigt, zwei bis sechs Meter hoch. Triebe grünlich, rundlich oder etwas kantig, mitunter mit schmalen Korkleisten. Blätter gegenständig, gestielt, fünf bis acht Zentimeter lang und zwei bis drei Zentimeter breit, oval lanzettlich, zugespitzt, kahl, glattrandig oder wenig gekerbt, im Herbstaspekt attraktiv kupfer- bis karminrot.

Blüte und Frucht Kronen eher unauffällig, vierzählig, grünlich, um einen Zentimeter breit, lang gestielt, zu dritt bis zu neunt traubig in den Blattachseln, duften schwach, wirken aber auf Besucherinsekten enorm anziehend. Blütezeit: Mai bis Juni. Die

reife Kapsel öffnet sich vierklappig, reif karminrot. Samen groß, weißlich, in der Kapsel allerdings von einem kontrastreich orangeroten Samenmantel umgeben, bleiben am Dach der geöffneten Kapsel eine Weile hängen. Fruchtreife: ab September.

Vorkommen Feldgehölze, Wald- und Wegränder, auch als Ziergehölz in Hecken, Parks und Gärten. In Europa weitverbreitet.

Gartentierbonus Die reifen Früchte werden von Elstern, Staren, Drosseln, Grasmücken, Rotkehlchen und anderen Singvögeln sehr gerne verzehrt – die darin enthaltenen Giftstoffe wirken nur auf Säugetiere und sind für Vögel ungefährlich.


Gartentipp Für Mischhecken an und in Gärten aus optischen und ökologischen Gründen ein unbedingt empfehlenswertes Gehölz, das aber nur dann angepflanzt werden sollte, wenn davon keine Gefahr für Kinder oder andere Unwissende ausgeht. Das Risiko ist allerdings überschaubar: Die sehr lebhaft gefärbten Früchte laden kaum zum Eigenkonsum ein.

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Inhaltsstoffe Vor allem in den Samen sind herzwirksame Digitaloide (Cardenolide) und Alkaloide enthalten, die Krämpfe auslösen können. Etwa eine Handvoll Samen ist für einen Erwachsenen tödlich. In Blättern und Rinde sind geringere Giftmengen enthalten. Die Giftwirkung nach dem Verzehr größerer Mengen tritt erst viele Stunden später ein.

Verwechslungsgefahr In der angegebenen Merkmalskombination ist diese Art mit keinem anderen heimischen Gehölz zu verwechseln. In Parkanlagen sieht man gelegentlich den angepflanzten Kletter-Spindelstrauch (Euonymus fortunei) mit weißen Früchten.


Gewöhnlicher Seidelbast Daphne mezereum Seidelbastgewächse/Thymelaeacae

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Aussehen Sommergrüner, nur wenig verzweigter Kleinstrauch, 40 bis 150 Zentimeter hoch. Zweige rutenförmig und biegsam. Triebe und Zweige dicht mit kleinen Korkwarzen besetzt. Blätter wechselständig, kurz gestielt, an den Zweigenden büschelig gehäuft, drei bis acht Zentimeter lang, länglich lanzettlich, stumpf oder leicht zugespitzt, oberseits lebhaft grün, unterseits einheitlich graugrün oder bläulich.

Blüte und Frucht Die Blüten erscheinen geraume Zeit vor dem Laubaustrieb, duften stark und angenehm, sitzen zu dritt büschelig direkt an den Achsen vorjähriger Triebe

(einziges heimisches Beispiel für Stammblütigkeit = Kauliflorie). Die Krone fehlt, stattdessen übernehmen kronblattartig ausgefärbte Kelchblätter die Schauwirkung, rosapurpurn bis karminrot. Blütezeit: Februar bis April. Steinfrüchte erbsengroß, korallenrot. Fruchtreife: ab Juni.

Vorkommen Schattige Gebüsche und Laubmischwälder, bevorzugt auf kalkreichen Böden. In Europa weitverbreitet, vor allem im höheren Mittelgebirge, in den Alpen bis auf 2000 Meter Höhe, fehlt im Tiefland, nicht selten in Sorten als Ziergehölz in Gärten und Parks. Die Pflanze ist geschützt.


Gartentierbonus Die stark duftenden Blüten werden von Bienen und Faltern besucht und sind vor allem wegen ihres frühen Blühtermins wertvoll. Singvögel (Rotkehlchen, Bachstelzen, Drosseln, Grasmücken) haben mit dem Gift des Fruchtfleischs offenbar keine Probleme – die reifen Früchte finden buchstäblich reißenden Absatz.

Gartentipp Der Seidelbast ist in der Blüte eines der spektakulärsten heimischen Strauchgehölze und vor allem angesichts seines frühen Blühtermins eine überaus attraktive Erscheinung im naturnahen Ziergarten. Größere Gartencenter bieten ihn auch in Sorten an. Auf eher sauren Gartenböden gedeiht die Art allerdings nur mäßig bis gar nicht. Sicherheitshalber nur an Stellen anpflanzen, die für Kinder nicht erreichbar sind.

Inhaltsstoffe Alle Pflanzenteile – auch die Blüten – sind hochgiftig. Besonders gefährlich sind die Rinde und die Samen, die jedoch nicht unbedingt als Genussgut gelten. Insofern ist das tatsächliche Gefahrenpotenzial überschaubar. Hauptgiftstoff in der Rinde ist das Terpen-Alkaloid Daphnetoxin, in den Früchten eher Mezerein. Beim gärtnerischen Umgang können Hautirritationen auftreten – daher vorsichtshalber immer Arbeitshandschuhe tragen.

Verwechslungsgefahr Mit anderen heimischen oder in Gärten angepflanzten Gehölzarten, die zudem meist wesentlich höherwüchsig sind, besteht kaum Verwechslungsgefahr. Verwandte und in ihrer Giftwirkung ähnlich zu bewertende Arten sind die alpin verbreiteten Arten Gestreifter Seidelbast (Daphne striata) und RosmarinSeidelbast (Daphne cneorum). Äußerst selten ist der Lorbeer-Seidelbast (Daphne laureola). Alle diese Arten sind giftig und streng geschützt. 157



Register Lüder, Rita 35, 122, 123ol, 123or, 123u, 155u, 164, 165, 166l, 166r, 169or, 169u, 172, 173o, 173u, 178r, 182l, 184, 185l, 185r Shutterstock Schuppich, M. 81l Steinicke, D.-B. 24–25 Wikimedia Commons, Public Domain Cbaile19 183o | Chernilevsky, George 111M | Metropolitan Museum of Art, New York; Catharine Lorillard Wolfe Collection, Wolfe Fund, 1931 8 | Dinkum 136 | Dothan, Yoav 187M | Exduria2006 66or | Jägenstedt, Philip 71u | Rieder, Helge Klaus 129u | Rieder, Helge Klaus 159u | Rockstein, Andreas 128 CC-BY-SA 2.0 Vassen, Frank 29o CC-BY-SA 2.5 Erik, Tauno 163ol CC-BY-SA 3.0 Aiwok 83u, 93ol | Alvesgaspar 121o | Balodis, Aleksandrs 132 | Barra, A. 109M | Hajotthu 68 | Hillewaert, Hans 28 | Jamain 52 | Kessler, Norman 29ul | Klajban, Michal 67ul | Laarmann, Stefan 159o | Lefnaer, Stefan 157 | Llez 66ol | Mars 202 129o | Oates, Tom 167u | Quartl 147Mr | Schramayr, Georg 181u | Steakley, James 187o | Voekler, T. 105u | Wildfeuer 66ul | Willow 42o | Zell, H. 41, 44, 67o, 67ur, 70, 73o, 91, 93ul, 112o, 113o, 113u, 143ul, 149ur, 179r | Ziarnek, Krzysztof, Kenraiz 163ur CC-BY-SA 4.0 Bendel, Muriel 59o, 131u, 163or | Blanc, Isidre 71o, 77l | Bloem, Meneerke 29ur, 85l | Cebeci, Zeynel 127M | Chernilevsky, George 120, 121u | Danny S. 175o | Flogaus-Faust, Robert 103u, 107o, 153r, 161 | Hodnett, Ryan 183u | Kwiecien’, Agnieszka, Nova 26, 112u | Lariushin, Boris 45o | Lefnaer, Stefan 17, 43o, 45u, 83o, 90, 145o, 176 | Marathon, Mark 139or | MichalPL 111o | Ramirez, Nicolas 142l | Syrio 174 | Wilhelm Zimmerling PAR 96u, 117o | Wilrooij 147ur | Wro’nska, Dorota 162 | Ziarnek, Krzysztof, Kenraiz 43u, 69, 163ul

Bitte beachten Sie die Hinweise zu den Erstmaßnahmen und Giftnotrufen auf Seite 23!

Ackerbohne 48 Acker-Winde 183 Adonisröschen, Frühlings26 Adonisröschen, Sommer26 Alpen-Goldregen 78 Arnika 28 Aronstab, Dänischer 31 Aronstab, Gefleckter 30 Aronstab, Mittelmeer- 31 Attich 87 Bärenklau, Riesen- 32 Bärenklau, Wiesen- 35 Bärlauch 113 Bastard-Goldregen 78 Bauern-Tabak 165 Beinwell, Gewöhnlicher 35 Berg-Holunder 84 Besenginster 40 Bienenfreund 52 Bilsenkraut, Schwarzes 44 Bittersüßer Nachtschatten 122 Blauer Eisenhut 64 Blauregen, Chinesischer 46 Bohne, Acker- 48 Bohne, Feuer- 48 Bohne, Garten- 48 Bohne, Mond- 48 Borretsch 39 Borsten-Mohn 120 Buchsbaum 50 Bunte Kronwicke 102 Bunter Eisenhut 67 Büschelschön 52 Büschelschön, Glockiges 53 Büschelschön, Großblütiges 53 Busch-Windröschen 83 Chinesischer Blauregen 46 Christrose 54 Dänischer Aronstab 31 Deutsche Schwertlilie 155 Deutscher Ginster 42 Dreilappige Jungfernrebe 97 Echte Hundszunge 92 Echte Zaunwinde 182 Echter Safran 186 Echter Wermut 172

Efeu 58 Eibe 60 Einbeere 62 Eisenhut, Blauer 64 Eisenhut, Bunter 67 Eisenhut, Gelber 67 Eisenhut, Wolfs- 67 Faulbaum 68 Feldrittersporn 137 Feldrittersporn, Garten- 137 Feuer-Bohne 48 Fingerhut, Gelber 73 Fingerhut, Großblütiger 73 Fingerhut, Roter 70 Frühlings-Adonisröschen 26 Gagel 163 Garten-Bohne 48 Garten-Feldrittersporn 137 Garten-Geißblatt 74 Garten-Wolfsmilch 177 Gefingerter Lerchensporn 107 Gefleckter Aronstab 30 Gefleckter Schierling 142 Geißblatt, Garten- 74 Geißblatt, Wald- 76 Gelbe Lupine 111 Gelbe Schwertlilie 154 Gelber Eisenhut 67 Gelber Fingerhut 73 Gestreifter Seidelbast 157 Gewöhnliche Jungfernrebe 96 Gewöhnliche Osterluzei 128 Gewöhnliche Schneebeere 148 Gewöhnliche Traubenkirsche 116 Gewöhnlicher Beinwell 36 Gewöhnlicher Goldregen 78 Gewöhnlicher Liguster 108 Gewöhnlicher Schneeball 144 Gewöhnlicher Seidelbast 156 Gewöhnlicher Spindelstrauch 130 Gewöhnlicher Wacholder 168 Gewöhnliches Seifenkraut 158

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Gift-Hahnenfuß 82 Gift-Lattich 104 Ginster, Deutscher 42 Glockiges Büschelschön 53 Goldregen, Alpen- 78 Goldregen, Bastard- 78 Goldregen, Gewöhnlicher 78 Greiskraut, Jakobs- 80 Großblütiger Fingerhut 73 Großblütiges Büschelschön 53 Großes Immergrün 95 Hahnenfuß, Gift- 82 Hahnenfuß, Schildblättriger 83 Heckenkirsche, Rote 76 Heckenkirsche, Tataren77 Heckenmyrte 77 Herbst-Eisenhut 65 Herbst-Zeitlose 113, 184 Hoher Rittersporn 136 Hohler Lerchensporn 106 Holunder, Berg- 84 Holunder, Roter 84 Holunder, Schwarzer 86 Holunder, Trauben- 84 Holunder, Zwerg- 87 Huflattich 88 Hundspetersilie 90 Hundszunge, Echte 92 Immergrün, Großes 95 Immergrün, Kleines 94 Jakobs-Greiskraut 80 Jakobs-Kreuzkraut 80 Japanischer Liguster 109 Jungfernrebe, Dreilappige 97 Jungfernrebe, Gewöhnliche 96 Kartoffel 124 Kaukasus-Schneeglöckchen 151 Kiefern-Mistel 119 Kirschlorbeer 98 Kirschlorbeer, Portugiesischer 99 Kleines Immergrün 94 Kleines Schneeglöckchen 150 Kletter-Spindelstrauch 130

Korallenbeere 148 Kornrade 100 Kreuzkraut, Jakobs- 80 Kreuz-Wolfsmilch 177 Kronwicke, Bunte 102 Lattich, Gift- 104 Laubholz-Mistel 118 Lerchensporn, Gefingerter 107 Lerchensporn, Hohler 106 Lichtblume 186 Liguster, Gewöhnlicher 108 Liguster, Japanische 109 Lorbeerkirsche 98 Lorbeer-Seidelbast 157 Lupine, Gelbe 111 Lupine, Vielblättrige 110 Maiglöckchen 112 Mandelbaum 114 Märzenbecher 151 Mistel, Kiefern- 119 Mistel, Tannen- 119 Mittelmeer-Aronstab 31 Mohn, Borsten- 120 Mohn, Schlaf- 120 Mohn, Türken- 121 Mond-Bohne 48 Mutterkraut 133 Nachtschatten, Bittersüßer 122 Nachtschatten, Schwarzer 124 Nieswurz, Schwarze 54 Nieswurz, Stinkende 57 Oleander 126 Osterluzei, Gewöhnliche 128 Pfaffenhütchen 130 Pfriemenginster 42 Portugiesischer Kirschlorbeer 99 Rainfarn 132 Rainfarn-Phacelie 52 Rhabarber 134 Riesen-Bärenklau 32 Ringelblume 29 Rittersporn, Hoher 136 Rizinus 138 Robinie 140 Rosmarin-Seidelbast 157 Rote Heckenkirsche 76 Roter Fingerhut 70

Roter Holunder 84 Runzelblättriger Schneeball 146 Sadebaum 169 Safran, Echter 186 Schattenblume 113 Schierling, Gefleckter 142 Schildblättriger Hahnenfuß 83 Schlaf-Mohn 120 Schneeball, Gewöhnlicher 144 Schneeball, Runzelblättriger 146 Schneeball, Wasser- 144 Schneeball, Wolliger 146 Schneebeere, Gewöhnliche 148 Schneeglöckchen, Kaukasus- 151 Schneeglöckchen, Kleines 150 Schneerose 54 Schöllkraut 152 Schwarze Nieswurz 54 Schwarzer Holunder 86 Schwarzer Nachtschatten 124 Schwarzes Bilsenkraut 44 Schwertlilie, Deutsche 155 Schwertlilie, Gelbe 154 Schwertlilie, Wasser- 154 Seidelbast, Gestreifter 157 Seidelbast, Gewöhnlicher 156 Seidelbast, Lorbeer- 157 Seidelbast, Rosmarin- 157 Seifenkraut, Gewöhnliches 158 Sommer-Adonisröschen 26 Sonnenwend-Wolfsmilch 174 Späte Traubenkirsche 116 Spindelstrauch, Gewöhnlicher 130 Spindelstrauch, Kletter131 Stechapfel, Weißer 160 Stinkende Nieswurz 57 Sumpfporst 162 Tabak, Bauern- 165 Tabak, Virginischer 164

Tabak, Zier- 165 Tannen-Mistel 119 Tataren-Heckenkirsche 77 Tollkirsche 166 Trauben-Holunder 84 Traubenkirsche, Gewöhnliche 116 Traubenkirsche, Späte 116 Türken-Mohn 121 Vielblättrige Lupine 110 Vielblütige Weißwurz 170 Virginischer Tabak 164 Vogel-Wicke 48 Wacholder, Gewöhnlicher 168 Wald-Geißblatt 76 Wasser-Schneeball 144 Wasser-Schwertlilie 154 Weiße Zaunrübe 180 Weißer Stechapfel 160 Weißwurz, Vielblütige 170 Weißwurz, Wohlriechende 171 Wermut, Echter 172 Wicke, Vogel- 48 Wiesen-Bärenklau 35 Winde, Acker- 183 Windröschen, Busch- 83 Wohlriechende Weißwurz 171 Wolfsbohne 110 Wolfs-Eisenhut 67 Wolfsmilch, Garten- 177 Wolfsmilch, Kreuz- 177 Wolfsmilch, Sonnenwend174 Wolfsmilch, Zypressen177 Wolliger Schneeball 146 Zaunrübe, Weiße 180 Zaunrübe, Zweihäusiger 178 Zaunwinde, Echte 182 Zeitlose, Herbst- 113, 184 Zier-Tabak 165 Zucchini 188 Zweihäusige Zaunrübe 178 Zwerg-Holunder 87 Zypressen-Wolfsmilch 177


Giftpflanzen vom Frühlings-Adonisröschen bis zur Herbst-Zeitlose: die wichtigsten Arten Mitteleuropas für den eigenen Garten und wie Sie sich an ihnen auf sichere Art erfreuen können Viele beliebte Gartenpflanzen, welche die sommerlichen Gartenbeete zieren, sind bemerkenswert giftig – darunter beispielsweise der schmucke Eisenhut oder die stattlichen Rittersporne, aber auch das Maiglöckchen oder die Gewöhnliche Jungfernrebe. Darüber hinaus gibt es viele toxische, aber attraktive und gartentaugliche Arten, die mittlerweile selten geworden und sogar vom Aussterben bedroht sind. Daher lohnt es sich, sie zu schützen und im eigenen Garten zu kultivieren. Solange man um das Gefahrenpotenzial dieser Arten weiß und sich entsprechend verhält, sind Pflanzen mit giftigen Inhaltsstoffen im artenreichen Hausgarten ein Gewinn, sowohl optisch als auch für die Biodiversität. Der Autor porträtiert die wichtigsten Arten Mitteleuropas und informiert im Detail über ihr Aussehen, mögliche Standorte, ihre giftigen Inhaltsstoffe und potenzielle Verwechslungen mit anderen Pflanzen. Neben praktischen Gartentipps erfahren Sie auch, welche Tiere im Garten besonders von den Pflanzen profitieren.

ISBN 978-3-258-08281-3


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