Haupt GESTALTEN
Klebebande, o. T., Europa-Center, Berlin 2014
KUNST MIT KLEBEBAND – IDEEN UND PROJEKTE
in Zusammenarbeit mit Eva Hauck
Haupt Verlag
Fotos (wenn nicht anders vermerkt): Thomas „Toums“ Gosset und die Klebebande, D-Berlin Texte: Eva Hauck und die Klebebande, D-Berlin Producing und Lektorat: Eva Hauck/der springende punkt, D-Berlin Coverentwurf: Klebebande, D-Berlin Umschlag, Gestaltung und Layout: Susanne Nöllgen/GrafikBüro, D-Berlin Printed in Germany
Die im Buch verwendeten Klebebänder wurden bezogen über: Klebeland, shop.klebeland.de. Wir danken der Fa. Klebeland für die Unterstützung bei diesem Buch. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. ISBN 978-3-258-60131-1 Alle Rechte vorbehalten. Copyright © 2015 Haupt Bern Jede Art der Vervielfältigung ohne Genehmigung des Verlages ist unzulässig. Wünschen Sie regelmäßig Informationen über unsere neuen Titel zum Gestalten? Möchten Sie uns zu einem Buch ein Feedback geben? Haben Sie Anregungen für unser Programm? Dann besuchen Sie uns im Internet auf www.haupt.ch. Dort finden Sie aktuelle Informationen zu unseren Neuerscheinungen und können unseren Newsletter abonnieren. www.haupt.ch
INHALT 6 Vorwort 8 Einführung in Tape Art
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Projekte
72 Skyline 78 Tier (Schwein)
Material und Werkzeug
82 Abstrakt
14 Gewebeband
86 Wandporträt
18 PVC-Band
92 Tablet-Case
20 Spezial- und Effektklebeband
96 Stuhl
22 Packband
102 Jeansweste
24 Kreppband
108 Face-Taping
26 Klebefolie
110 Taping auf Glas
30 Cutter
114 Taping am Geländer
32
2
118 Wegeleitsystem
Techniken
4
Galerie
34 Grundtechniken
124
38 Linien
126 Klebebande
44 Kurven
146 Noelia Villena
48 Flächen
147 Daniel Wenk
52 Negativ ausschneiden
148 Chris Hosmer
56 Kontrast im Bild
150 Slava Ostap Osinski
58 Muster
151 Damien Gilley
60 Besondere Techniken und Motive
152 David Eppley
67 Entwurf und Übertragen
154 Felix Rodewaldt
der Vorlagen
155 Julian Vogel 156 Mark Khaisman 158 Max Zorn 160 Michael Townsend 162 Tape That 164 No Curves 166 Evi Kupfer
VORWORT Als wir 2010 in Berlin zum ersten Mal miteinander getapt haben, hätten wir es nicht für möglich gehalten, dass im Klebeband unsere künstlerische Zukunft liegen würde. Doch schon kurze Zeit später taten wir uns zum Künstlerkollektiv Klebebande zusammen. Unser Medium war gefunden und seitdem gilt für uns: „Tape is the New Paint!“ Jeder von uns war zuvor schon künstlerisch tätig. Der Grafikdesigner, Illustrator und Unternehmer Bruno Kolberg und der Kommunikationsdesigner Bodo Höbing kommen aus der Kreuzberger Graffitiszene und gründeten später gemeinsam ein Grafikbüro. Kolja Bultmann stammt aus einer Künstlerfamilie und führte nach seinem Studium der Betriebswirtschaft eine Galerie für Outsider Art. Mit Tape waren wir wie die meisten bildenden Künstler in Berührung gekommen, weil wir es in Kombination mit Acrylfarbe auf Leinwand einsetzten, um gerade Linien zu ziehen und Flächen von Farbe freizuhalten. Doch unsere Begeisterung für Klebeband nahm mehr und mehr zu und irgendwann wurde die Acrylfarbe vollständig durch Tape ersetzt. Die ersten Projekte, die wir damals noch unabhängig voneinander durchführten, waren die Gestaltung von verschiedenen Berliner Clubs und die Dekoration von privaten Partyräumen mit Klebeband. Wir erkannten schnell, dass diese temporären Installationen ungeheuer wirkungsvoll waren und viel Aufsehen erregten. Es war naheliegend, dass wir uns diesem tollen Medium, das solch vielfältige Möglichkeiten in sich birgt, immer stärker zuwandten. Mit Klebeband zu arbeiten bedeutet für uns, immer wieder Neues zu entdecken, neue Techniken zu entwickeln, in komplett andere Bereiche vorzudringen und zu forschen – kurz, wir haben uns entschieden, mit diesem Medium unserer künstlerischen Leidenschaft zu folgen. Wir arbeiten auf den verschiedensten Untergründen, formen dreidimensionale Gebilde, gestalten ganzheitliche Raum- und Gebäudekonzepte, prägen Stadtbilder, installieren ausgearbeitete Wegeleitsysteme, führen Workshops durch und treten als Liveact vor Publikum auf. Vor einiger Zeit haben wir das Tape Mapping entwickelt (eine Kombination aus Tape Art und Video Mapping). In unseren Augen ist Tape das perfekte Material: Es ist unglaublich vielseitig einsetzbar, geruchlos, leicht zu entfernen und es können große Flächen in kürzester Zeit damit gestaltet werden. Uns faszinieren insbesondere die
Geradlinigkeit der Klebestreifen und die starken Kontraste des farbigen Tapes. Thematisch beschäftigen wir uns als gebürtige Berliner überwiegend mit urbanen Motiven und architektonischen Strukturen – häufig in Gegenüberstellung zur Natur. Wir kombinieren organische und geometrische Formen miteinander und sind ständig bestrebt, die Darstellungsmöglichkeiten mit Klebeband weiter zu erkunden. Mit diesem Buch möchten wir Ihnen die Kunst mit Klebeband ein wenig näherbringen. Sie haben hier die Möglichkeit, das Material und verschiedene Techniken kennenzulernen. Außerdem finden Sie elf Projekte zum Ausprobieren und Selbermachen. Der Galerieteil des Buches stellt nationale und internationale Tape Artists vor, denen wir in den letzten Jahren begegnet sind. Ein Künstler, der Tape Art von Beginn an mitgeprägt hat und dessen Entwicklung wir seit Beginn der 1990er-Jahre aufmerksam verfolgt haben, ist Michael Townsend. Er ist ein Tape Artist der ersten Stunde und hat in den USA über 500 Tape Art Murals gestaltet. Wir konnten ihn dafür gewinnen, die folgende Einführung zu schreiben, und freuen uns, dass er den Lesern dieses Buches die unterschiedlichen Einflüsse zur Kenntnis bringt, welche die Tape-Art-Bewegung bestimmt haben und noch immer bestimmen. Michael Townsend lädt Sie dazu ein, über die Grenzen dieses Buches hinauszublicken und weitere Tape Artists kennenzulernen, da es uns leider nicht möglich war, alle für Tape Art wichtigen Künstler in der Galerie des Buches zu versammeln. Wir möchten uns an dieser Stelle herzlich bei Michael Townsend und seiner Crew sowie allen Künstler(inne)n bedanken, die Bildmaterial zur Verfügung gestellt haben und das Buch damit maßgeblich bereichern. Besonderer Dank gilt der Initiatorin des Buches, Eva Hauck vom springenden punkt in Berlin. Merci à Toums, den verrückten Fotografen, und herzlichen Dank an unsere Freundinnen Silvine, Linda und Jule, die uns immer unterstützt haben. Küsse an unsere Kinder Emil, Mia, Mona und Malou! Bodo Höbing, Bruno Kolberg, Kolja Bultmann
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© Michael Townsend
Michael Townsend, „Hygia“, 1998
© Michael Townsend
Michael Townsend, „Egypt“, 1992
EINFÜHRUNG IN TAPE ART von Michael Townsend In Providence, Rhode Island, wurde im Jahr 1989 aus Klebeband Kunst. Eine kleine Gruppe von Künstlern hatte sich aufgemacht, um allnächtlich Straßen, Gebäuden und nicht videoüberwachten Plätzen der Stadt ein neues Gesicht zu geben. Unabsichtlich erschufen sie ein neues künstlerisches Medium und eine Kunstform, die mittlerweile zum internationalen Phänomen geworden ist. Tape Art hat keine lange Geschichte aufzuweisen, aber einen umfangreichen und sich ständig vergrößernden Katalog an Ausdrucksformen: von Protest- und Aktionskunst über die Verschönerung und Besetzung des öffentlichen Raums bis zur Werbung. Wir waren von Beginn an dabei und freuen uns, Ihnen hier einen Überblick über die globale Tape-Art-Szene im Jahr 2015 geben zu können: In den frühen 1990er-Jahren – als es noch keine anderen Künstler gab, die mit diesem Medium arbeiteten – bezeichneten verschiedene Zeitungen und das Fernsehen unser Kollektiv und unsere Arbeit als „Tape Art“. 1992 vergrößerte sich das Kollektiv um Erica Duthie aus Neuseeland und 1995 zogen wir durch die gesamten Vereinigten Staaten und beklebten Wolkenkratzer, historische Bauten oder verlassene Gebäude mit riesigen Bildern aus Tape mit geringer Klebekraft. 1996 entstand eine einfache Version unserer Website tapeart.com, die wir nutzten, um die Ergebnisse unserer landesweiten Tour öffentlich zu machen und dem neuen Medium zu einer größeren Verbreitung zu verhelfen. Zwei Jahre später stieß Struan Ashby, Filmemacher aus Neuseeland, zu uns und zusammen produzierten wir Stop-Motion-Filme, große dreidimensionale Installationen und ein gigantisches Tape-Art-Kunstwerk, das ein Museum in der Größe eines ganzen Häuserblocks umhüllte.
stets mehr als nur eine Ergänzung des Vorhandenen. Unsere Tape-Art-Bilder stehen für sich selbst, sind gewollt kurzlebig und werden entfernt, sobald nicht mehr aktiv an ihnen gearbeitet wird. Wir setzen fast immer lebensgroße Darstellungen ein, jedoch niemals Wörter oder Buchstaben. Auf andere Tape Artists gab es im Jahr 1993 erste Hinweise. In den Bürgersteig-Botschaften des Harlemer Künstlers De La Vega tauchten Klebebänder auf. De La Vega, der vornehmlich spontan im Straßenraum agiert, arbeitet mit kreativen Sprüchen, die manchmal von bildlichen Darstellungen begleitet werden und hauptsächlich aus geraden Linien bestehen. In Russland setzte Valery Koshlyakov bekannte Architekturmotive gemäldegleich, aber mit Paketband um. Mit übereinandergeschichteten Bändern erzeugte er Licht und Schatten. Seine Arbeiten wurden in Galerien präsentiert und einige gingen direkt in Sammlerhände über. In Japan entwickelte Ryo Sehata seine Methode, aus Transparentklebestreifen feste dreidimensionale Figuren zu formen. Seine zeitaufwendigen Präzisionsarbeiten spannen den Bogen von der realistischen Darstellung hin zu Fantasyobjekten.
Bis heute ist unser Kollektiv in wechselnder Besetzung künstlerisch und anleitend in den USA unterwegs. Inzwischen haben wir mehr als 500 großformatige Kunstwerke aus Klebeband geschaffen und ich selbst habe über 40 000 Tape Artists bei ihrem ersten Einstieg in diese Kunstform geholfen.
In Deutschland traten zwei Künstler in Erscheinung, die hier genannt werden müssen: Monika Grzymala zieht Bänder kreuz und quer durch Innenräume und vereint auf faszinierende Weise Mondrians Farbpalette und Liebe zur schmalen Linie mit der zufälligen Explosivität eines gespritzten Bildes von Pollock. Aktuell führt sie ihre Linienstudien fort, indem sie Kunstwerke aus Wänden hervortreten lässt und Objekte im Raum einwickelt. Gleichzeitig begann in Berlin der Straßenkünstler El Bocho, seine charakteristischen großformatigen Frauenporträts aus Tape herzustellen. Klebebänder passten hervorragend zu seinem Stil und ermöglichten es ihm, über die Dimensionen von Plakatklebearbeiten hinauszugehen. Im Jahr 2009 schuf er ein in abgestuften Rottönen gehaltenes, gigantisches Porträt aus Klebeband von über 1000 Quadratmetern Fläche an der Fassade des Szeneklubs Stattbad im Berliner Stadtbezirk Wedding.
Unsere Arbeit folgt seit über 25 Jahren einer klaren Leitlinie und Philosophie: Es handelt sich in erster Linie um Performance-Kunst, auf deren Entstehung nicht nur der Künstler, sondern auch der Betrachter Einfluss hat. Das Kunstwerk nimmt direkt Bezug auf den Ort, an dem es entsteht, und ist
An der Westküste der USA experimentierte unterdessen Megan Geckler mit Linie und Farbe, indem sie an die Architektur des Raumes angepasste Installationen aus farbigem Kunststoffband schuf. Die Art, wie sie baut, wickelt und den Raum nutzt, zeugt von einem meisterhaften Gespür und einer großen 8|9
© Mark Khaisman
EINFÜHRUNG
Mark Khaisman, „Caviar Eaters“, Packband auf Plexiglas mit Leuchtkasten, 120,5 x 68,5 x 15,2 cm, 2014
Leidenschaft für Farbe und gerade Linien. Etwas weiter nördlich war Mona Superhero aktiv. Sie wurde zur Vorreiterin in puncto Verwendung von Tape auf Leinwand und Erzeugung einer malerischen Ästhetik mithilfe von bunten Gewebebändern. Ihre an die Pop-Art erinnernden Bilder gehörten in den 1990ern zu den ersten, die im Internet ausgesprochen präsent waren. Vor Kurzem hat sie die Arbeit wieder aufgenommen. Um die Jahrtausendwende hatte sich die Zahl der aktiv mit Klebeband arbeitenden Künstler auf um die 40 verdoppelt. Vier bemerkenswerte Künstler betraten die Tapebühne: Der Australier Buff Diss verfiel etwa 2005 dem Klebeband und nutzte es, um seine großformatigen graffitiähnlichen Bilder herzustellen. Er arbeitet noch immer im urbanen Raum und verwandelt weltweit Gebäude und Stadtlandschaften. Während Buff Diss im Straßenraum agierte, beklebte die südkoreanische Künstlerin Sun K. Kwak die kahlen, weißen 10 | 11
Wände der Galerien von Korea bis Brooklyn mit raumgreifenden Mustern aus schwarzem Maskingtape. Ihre Kunstmarathons sind für sie nicht nur Performance, sondern auch Akt der Meditation, der sich in einen Energiestrom aus Klebeband ergießt, über Wände fließt, sich um Ecken wälzt oder auf Böden tropft. Unterdessen perfektionierte der ukrainische Künstler Mark Khaisman die Kunst, durch Überlagerung von halbtransparentem, braunem Packband bildähnliche Illusionen zu schaffen. Die Ergebnisse haben die nostalgische Patina einer alten Fotografie und seine Themen sind oft Filmklassiker und alte Filmstars. Dieser Stil erwies sich als sehr erfolgreich und auch andere Künstler, darunter Max Zorn, schlugen diese Richtung ein. In den USA nutzte der hochproduktive Streetartkünstler Mark Jenkins den urbanen Raum als Bühne für Skulpturen, die mit Objekten und Gebäuden interagieren. Das Unterrichten begreift er als wichtigen Teil seiner Kunst. In seinen Workshops kann man lernen, aus Tape Gegenstände und Körper zu formen. Seit 2010 hat sich die Zahl derer, die aktiv das Potenzial von Klebeband ausloten und darüber online berichten, erneut mehr als verdoppelt: auf ungefähr 100 Künstler weltweit. Hervorragende Beispiele für die Vielgestaltigkeit des neuen
Mediums finden wir bei den vier folgenden Künstlern, die mit Klebeband öffentliche Straßenkunst, politische (Protest-) Kunst sowie monumentale Wunderwelten schaffen – so groß, dass man in sie hineinklettern kann:
Auf der anderen Seite der Welt finden wir in Indonesien Andi Rharharha, der Klebeband als ein Instrument des öffentlichen Protests einsetzt. Alle Elemente seiner Arbeiten sind dabei politischer Natur: die Location, das Timing, das Publikum genauso wie die kurzen, prägnanten Botschaften aus großen geklebten Buchstaben. Sein Werk zeugt von der Macht, die es jedem ermöglicht, unmittelbar auf die Umgebung Einfluss zu nehmen und die Aufmerksamkeit auf soziale Belange zu lenken. Zurück in New York begegnet uns das politisch aufgeladene Werk Tirtzah Bassels, einer Künstlerin, die nackte Wände als Leinwände für ihre lebensgroßen Figuren nutzt und bunte Gewebebänder, beispielsweise für den Faltenwurf von Kleidung, in gekonnt malerischer Art zur Verschmelzung bringt. Ihre Themen sind zum Beispiel die Kontrollen an der Grenze zwischen den USA und Mexiko oder die willkürliche Durchsuchung von Menschen auf der Straße durch die Polizei. Unser Augenmerk richtet sich nun auf das kroatische Kollektiv Numen/For Use, das wunderbare skulpturale Tapeparadiese geschaffen hat. Die Künstler waren ursprünglich Möbeldesigner, dann Bühnenbildner und sind jetzt Erbauer von Klebeband-Spielplätzen. Sie haben uns kokonartige Bandgespinste beschert – so groß und tragfähig, dass mehrere Personen auf einmal in sie hineinkriechen können. Diese zutiefst schönen Gebilde sind in den Raum gehängte statische Wunderwerke, die erst durch die Interaktion mit Menschen ihre Bestimmung finden. Seit 2015 ist Berlin die unangefochtene Tape-Art-Hauptstadt. Schon viele Jahre war die Stadt ein Paradies für jede Form von Streetart und ist momentan ein Eldorado für alle, die mit Klebeband arbeiten. In Berlin ansässige Künstler und Kollektive sind neben der Klebebande zum Beispiel Tape That, Peachbeach und Slava Ostap Osinski. In anderen Teilen Deutschlands finden wir weitere Tape Artists wie Felix Rodewaldt, Evi Kupfer und Julian Vogel.
© Andi Rharharha
Aakash Nihalani aus New York kreiert architektonisch brillante optische Täuschungen. Durch den spielerischen Einsatz von geometrischen Formen, die er strategisch im öffentlichen Raum platziert, verändert er die Realität.
Der indonesische Künstler Andi Rharharha setzt Klebeband in der Öffentlichkeit auf Straßen und Plätzen ein und nutzt Tape Art für den politischen Protest.
Die deutsche Tape-Art-Szene hält Kontakt zu vielen Künstlern in ganz Europa, wie zum Beispiel zu No Curves aus Italien, dessen Bilder auch in Deutschland mehrfach präsentiert wurden. Wir haben die kontinuierliche Entwicklung der Kunst mit Klebeband während der letzten 25 Jahre beobachtet und fasziniert miterlebt, wie sich Tape überall auf der Welt als künstlerisches Medium durchgesetzt hat. Jeder, der mit Klebeband Kunst macht, bereitet die Bühne für die nächste Generation und macht uns Mut, unsere Städte zurückzuerobern und unserer Stimme öffentlich Gehör zu verschaffen. Wir alle müssen mit unserer Tape Art nach draußen gehen. Werdet Gestalter der öffentlichen Ästhetik! Verwandelt die Mauern! Verändert die Menschen!
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PROJEKTE
In diesem Kapitel stellen wir Ihnen elf Projekte vor, die Sie zur Nachahmung anregen und zu eigenen Entwürfen inspirieren sollen. Alle Arbeitsschritte wurden step by step mithilfe von zahlreichen Fotos dokumentiert und sind auch für Tape-Art-Einsteiger gut nachvollziehbar. Die Auswahl reicht vom kleinformatigen Bild bis zum großen Wandporträt, vom Accessoire bis zum Möbelstück, vom Kleidungsstück bis zum Face-Taping. Neben Grundtechniken kommen auch besondere Techniken zur Anwendung wie das Taping auf Glas, an einem Geländer oder als Wegeleitsystem auf Asphaltboden und Straßenpflaster.
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PROJEKTE
SKYLINE Gebäude, die sich hauptsächlich aus geraden Linien zusammensetzen, lassen sich mit Tape sehr gut abbilden. Deshalb sind viele bei Tapekünstlern beliebte Motive im urbanen Raum zu finden. Eine Skyline ist eines der typischen Tape-Art-Motive und lässt sich auch von Einsteigern kleben. Wichtig ist, auf die Parallelität der Linien zu achten, damit ein dreidimensionaler Eindruck erzielt werden kann. Die Einzelhäuser können anschließend mit unterschiedlichen Mustern und Strukturen gefüllt werden, um sie voneinander abzuheben. Die enorme Höhe der Wolkenkratzer lässt sich eindrucksvoll wiedergeben, indem eine Perspektive von unten gewählt wird. Das bedeutet zum Beispiel, dass die nach vorne gerichtete Eckkante eines Gebäudes in einer nach oben weisenden Spitze endet.
Material _Gewebeband in Schwarz, 9 mm, 25 mm und 50 mm breit _Alu-Dibond-Platte, 30 x 30 cm _Cutter
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PROJEKTE
1
Als Erstes die Außenkonturen der Häuser im Vordergrund mit dem dickeren Tape kleben. Dabei auf Parallelität der Linien achten, welche die Außenwände bilden. Das mittlere Gebäude am oberen Rand in einer Spitze enden lassen (siehe auch „eine Spitze erzeugen“, Seite 37).
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Gerissene Tapeenden mit dem Cutter sauber abschneiden. Gegebenenfalls die Kante des darunter- oder darüberliegenden Tapes als Führungslinie nutzen.
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Die fertigen Konturen der Häuser im Vordergrund 74 | 75
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Geb채ude im Hintergrund sowie Details mit dem schmaleren Tape bilden.
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Die 체berstehenden Enden des schmalen Klebebands ebenfalls mit dem Cutter abschneiden.
PROJEKTE
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Die Gebäude im Hintergrund sowie die Eckkanten der Häuser im Vordergrund sind nun fertig angelegt.
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Wo gewünscht, die Gebäude mit Mustern aus Streifen etc. füllen, um innere Strukturen zu schaffen. Dabei können Tapes in verschiedenen Breiten eingesetzt werden.
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An einigen Stellen die breiteren Outlines verjüngen (siehe „Linien verjüngen“, Seite 40). 76 | 77
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Das fertige Bild
PROJEKTE
TIER (SCHWEIN) Nicht nur urbane, auch organische Motive wie dieses Schwein lassen sich mit Tape darstellen. Der Tape Artist hat zum Beispiel die Mรถglichkeit, sein Bild statt aus kurvigen, runden Formen aus Geraden zusammenzusetzen. Hilfreich ist es, das Objekt mit Bleistift vorzuzeichnen und dabei ausschlieร lich mit geraden Linien zu arbeiten. Sobald alle Konturen mit schwarzem Gewebeband nachgeklebt sind, kรถnnen die Bleistiftspuren mit einem Radiergummi entfernt werden.
Material _Bleistift _Gewebeband in Schwarz, 9 mm breit _MDF-Platte, DIN A3 _Cutter _Radiergummi
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PROJEKTE
1
Zuerst die Vorzeichnung mit Bleistift anlegen.
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AnschlieĂ&#x;end die Outlines mit Gewebeband nachziehen.
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Alle 체berstehenden Enden mit dem Cutter beschneiden. Die Enden einiger nach innen gerichteter B채nder so beschneiden, dass sie spitz zulaufen. Noch sichtbare Bleistiftspuren wegradieren.
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Das Tapeschwein ist fertig. Wenn gew체nscht, kann im Anschluss der Hintergrund noch ausgestaltet werden.
PROJEKTE
ABSTRAKT Diese abstrakte Arbeit entsteht nur aus Dreiecken in zwei Farben, die mit etwas Abstand auf den Untergrund gesetzt werden. So ergeben sich schwarze negative Linien, die das Motiv (vielleicht einen Drachen?) strukturieren. Die Gestaltung mit Dreiecken erinnert an das chinesische Legespiel Tangram. Da Schnitte und Kratzer auf der schwarzen Alu-Dibond-Platte gut zu sehen sind, wenn man sich verschneidet, empďŹ ehlt es sich, die Dreiecke nicht direkt auf dem Untergrund, sondern auf einer separaten Platte zuzuschneiden. Wer unsicher ist, kann die Dreiecke mit Lineal und Bleistift vorzeichnen.
Material _Gewebeband in Neonpink, 25 mm breit _Gewebeband in WeiĂ&#x;, 50 mm breit _Alu-Dibond-Platte in Schwarz, DIN A3 _Cutter _Schneidematte oder zweite Platte
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PROJEKTE
1
Aus weißem und pinkfarbenem Tape Dreiecke in unterschiedlichen Größen zuschneiden. Dafür auf einer separaten Platte mit dem Cutter eine Zickzacklinie in das Tape schneiden. Die Kante des Gewebebands bildet eine Dreieckkante.
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Die Dreiecke jeweils mit der Cutterspitze aufnehmen und vorsichtig an der gewünschten Stelle auf die Alu-Dibond-Platte setzen. Dabei darauf achten, einen Abstand zu den anderen Dreiecken zu belassen, um negative Linien zu erzeugen.
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Um noch kleinere Dreiecke herzustellen, können die bereits geschnittenen Formen halbiert werden.
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Durch die Kombination von größeren und kleineren Dreiecken entsteht Abwechslung im Bild. Die aneinandergereihten kleinen Dreiecke erinnern an Gliedmaßen, Krallen oder Stacheln.
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Das endgültige Bild
Klebebande – Werke und Events 2015 Heyne Kunst Fabrik: Tape it – European Tape Art Exhibition, Frankfurt BMW World: EXPO 2015 German Pavilion, München Stroke Art Fair: Galerie MUCA, München Berlin Art Week: One Square Metre Kunstfestival „Die neue Sinnlichkeit in der zeitgenössischen Kunst“, Magdeburg Splash! Festival, Art Village, Leipzig Street Art Festival, Luxembourg
2014 Platoon Kunsthalle, Berlin Adidas Store Design, Bikini Berlin Smart Roadshow Europe (Rom, Barcelona, Brüssel, Lissabon, Zürich, Wien, Mailand) AMI: Messestand-Installation für Škoda, Leipzig Adidas Store Design, Münzstraße, Berlin EnergyDecentral: Siemens Booth, Las Vegas, USA Open Space Gallery, San Francisco, USA Splash! Festival, Art Village, Leipzig Berlin Graphic Days, Berlin KaterHolzig, Berlin
2013 AIR Club, Amsterdam Berns Club, Stockholm Festival de la Cité, Lausanne 48 Stunden Neukölln, Berlin
2010–2012 Territoria Theater Festival Moscow Stattbad Wedding, Berlin Shoeless, Amsterdam Mini Muzikhol, Istanbul Boulevard Berlin, Berlin Prince Charles, Berlin