Britt-Marie Christoffersson
STICKEN AUF STRICK Neue Muster, überraschende Effekte
Britt-Marie Christoffersson
STICKEN AUF STRICK Neue Muster, überraschende Effekte
Haupt Verlag
1. Auflage 2021 ISBN 978-3-258-60234-9 Alle Rechte vorbehalten. Copyright © 2021 für die deutschsprachige Ausgabe Haupt Bern Jede Art der Vervielfältigung ohne Genehmigung des Verlages ist unzulässig. Die in diesem Buch abgebildeten Modelle und Stickmuster dürfen nicht gewerblich genutzt werden. Aus dem Schwedischen übersetzt von Marie-Luise Schwarz, D-Ratingen Lektorat der deutschsprachigen Ausgabe: Gisela Witt, D-München Satz der deutschsprachigen Ausgabe: Die Werkstatt Medien-Produktion GmbH, D-Göttingen Umschlaggestaltung der deutschsprachigen Ausgabe: Tanja Frey, Haupt Verlag Fotografien: Thomas Harrysson Zeichnungen: Cecilia Ljungström und Britt-Marie Christoffersson Layout: Cecilia Ljungström Die schwedische Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel Brodera på stickat bei Hemslöjdens förlag, SE-Stockholm. Copyright © 2018, Hemslöjdens förlag und Britt-Marie Christoffersson Wir verwenden FSC-Papier. FSC sichert die Nutzung der Wälder gemäß sozialen, ökonomischen und ökologischen Kriterien. Gedruckt in der Tschechischen Republik
Diese Publikation ist in der Deutschen Nationalbibliografie verzeichnet. Mehr Informationen dazu finden Sie unter http://dnb.dnb.de. Der Haupt Verlag wird vom Bundesamt für Kultur mit einem Strukturbeitrag für die Jahre 2021–2024 unterstützt. Wir verlegen mit Freude und großem Engagement unsere Bücher. Daher freuen wir uns immer über Anregungen zum Programm und schätzen Hinweise auf Fehler im Buch, sollten uns welche unterlaufen sein. Falls Sie regelmäßig Informationen über die aktuellen Titel im Bereich Gestalten erhalten möchten, folgen Sie uns über Social Media oder bleiben Sie via Newsletter auf dem neuesten Stand! www.haupt.ch
I N H A LT 7
Vorwort
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Einleitung
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Durchzüge im Gestrick
27
Vorstiche
37
Durchzogene Vorstiche
47
Mit Steppstichen überfangene Spannstiche
55
Diagonal überfangene Spannstiche
63
Steppstiche
73
Spannstiche mit Durchzügen
87
Überwendlich umschlungene Spannstiche
93
Rückstichspinne
99
Wechselstiche
105
Knüpfstiche mit Wechselstichen
113
Halber Sorbelloknoten
119
Kästchenstiche
127
Langettenstiche
133
Webstichblöcke
143
Webstichmuster
155
Knötchenstiche
160
Patchwork und Applikation
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Von der freien Skizze zum Muster
VORWORT BEIM STICKEN AUF GESTRICKTEN KLEIDUNGSSTÜCKEN gibt
es keinerlei Regeln – im Gegenteil, es lohnt sich, mit dieser freien Technik alles auszuprobieren, solange es die eigentliche Funktion des Strickteils nicht beeinträchtigt. Zudem kann es interessant sein, mit verschiedenen Materialien zu experimentieren, auch mit ganz unkonventionellen. Bei meinen Projekten für Sticken auf Strick habe ich hauptsächlich mit zweifädiger Schurwolle und mit Nadeln in Stärke 2,5 mm glatt rechts oder kraus rechts gestrickt. Beim Sticken folge ich meist dem Maschenund Reihenverlauf: Dabei verwende ich Nadeln ohne Spitze und ein weiches, anschmiegsames Garn, das ich zwischen den Maschen hindurchführe. Nadeln mit Spitze setze ich ein, wenn ich frei auf der Strickfläche arbeite, um damit auch durch das Strickgarn stechen zu können. Bei großen Abständen zwischen Stichen ergeben sich lange Schlaufen auf der linken Seite des Gestricks. Um sie zu verkürzen, ziehe ich den Faden vorsichtig durch einen oder mehrere Maschenbogen auf der linken Seite, achte aber darauf, dass er von rechts nicht sichtbar ist. Auch zum Vernähen ziehe ich den Faden einfach durch einige Maschen auf der linken Seite. Wenn man dabei den Maschenbögen folgt, vermeidet man, dass der Faden auf der Vorderseite zu sehen ist oder dass die Vernähstiche das Gestrick zusammenziehen. Die Muster sticke ich immer systematisch, wie hier im Buch zu sehen: in senkrechten und waagrechten Streifen, Vierecken, Dreiecken, Kreisen, Punkten und in Zusammensetzungen dieser geometrischen 7
Formen. Stellenweise ergänze ich sie durch das, was ich „das Unvorhergesehene“ nenne, ein eher frei gestaltetes Muster. Eine Stickerei auf Gestricktem kann ein Muster sein, das sich auf das gesamte Stück verteilt oder aber aus nur einem oder mehreren kleinen Details besteht, die strategisch platziert ein interessantes Schmuckelement ergeben. Auch bei der Grundlage, dem Gestrick, hat man mehrere Möglichkeiten: Entweder man fertigt sich zuerst ein neues Strickteil an, um es dann zu besticken. Es kann aber auch reizvoll sein, auf diese Weise bereits vorhandenen gestrickten Kleidungsstücken, die auch älter sein dürfen, einen ganz neuen Look zu verleihen. Sogar fertige Konfektionsstrickwaren wie Pullover, Mützen oder Handschuhe können mithilfe von Nadel und Garn eine individuelle Note erhalten. Und wenn man sich eines Tages an einem Ornament sattgesehen hat und man vielleicht Lust auf andere Farben hat, kann man die Stickerei einfach auftrennen und eine neue anfertigen. Sticken auf Strick ist der dritte und letzte Teil meiner Buchreihe, die sich mit der Technik, Tradition und Weiterentwicklung des Handstrickens befasst. Mit diesem Band möchte ich Entwurfsbeispiele vorstellen, die als Inspirationsquelle dienen können.
Viel Erfolg!
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EINLEITUNG ÜBER MICH UND DAS STRICKEN Meine textile Berufserfahrung ist
recht umfassend: Ich begann mit einer Ausbildung am schwedischen Textilinstitut (der heutigen Textilhochschule) in Borås. Danach besuchte ich die Kunsthochschule in Stockholm. Nach den ersten Aufträgen folgten mehrere Jahre freiberufliche Tätigkeit als Designerin für die Textilindustrie. Als 1970 „10-gruppen“, eine Vereinigung von zehn schwedischen Designern, gegründet wurde, hatte man auch mich als Mitglied vorgeschlagen. Die 16 Jahre andauernde Zusammenarbeit mit der Gruppe war sehr lehrreich für mich. Neben der Designentwicklung mussten wir uns auch mit Buchhaltung, Marketing und dem Ladengeschäft befassen. Als ich dann zu meinem Projekt mit dem Handstricken überging, waren diese Erfahrungen überaus hilfreich. Während der zweiten Hälfte der Siebzigerjahre entwickelte sich ein – wie sich später zeigte – kurzlebiger Trend zum Handstricken. Da ich schon seit meiner Jugend gern strickte, begann ich mich zu fragen, warum diese Technik nicht zu meiner Ausbildung im textilen Bereich gezählt hatte. Mehrere Designer unserer Gruppe diskutierten diese Frage. Wir befanden, dass das Stricken einen zu niedrigen Status hatte. Das wollten wir ändern. Für mich wurde es ein dreiteiliges Projekt.
Durchzugmuster mit diagonalen, gespiegelten Spannstichen. Unter diesen wurden Fäden in der Farbe des Gestricks durchgezogen. Die Knopfleiste besteht aus kurzen Längsstreifen, die mit etwas Überlappung angenäht sind. Diese Sticktechnik finden Sie ab Seite 73.
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Dabei ergab es sich, dass ich Studien- und Inspirationsmaterial kombinierte, anhand dessen ich die Technik, Tradition und Weiterentwicklung des Handstrickens untersuchte. Ich begann damit, Strickproben mit Mustern aus allerlei Büchern anzufertigen. Ich untersuchte, wie man Muster bildete und wie man mit Maschen umging. Dabei entstand ein Berg von unzähligen kleinen „Lappen“. Für die Ausstellung, die ich plante, wählte ich 200 Stück aus und strickte diese in einer einheitlichen Größe. Um die Ausstellung so informativ wie möglich zu gestalten, wollte ich sie auch mit Mustern aus der schwedischen Stricktradition ergänzen. Also reiste ich über einige Jahre hinweg zu schwedischen Museen und machte mir dort Skizzen von den traditionellen Mustern – um diese dann später nachzustricken. Schließlich entstanden auch komplett neue Strickteile, in die ich all diese neuen Kenntnisse einfließen ließ. Die Ausstellung mit dem Titel „Alte Muster, neue Pullover, Stricktechniken aus der ganzen Welt“ wurde zwischen 1985 und 1992 in verschiedenen Museen gezeigt. Während der Arbeit an den Grundkenntnissen für den ersten Projektteil beschloss ich, einen weiteren in Angriff zu nehmen. In diesem wollte ich zeigen, dass das Stricken entwicklungsfähig ist. Ich ging von einigen Mustertechniken des ersten Teils aus und zeigte, wie sich aus einer Idee die nächste entwickelte. Die daraus entstandene Ausstellung „Stricken – ein Handwerk in Entwicklung“ war von 2005 bis 2012 zu sehen und wurde auch in Buchform im Hemslöjdens-Verlag umgesetzt. Der dritte Teil des Projekts, „Sticken auf Strick“, war für mich selbst sehr bereichernd und die Arbeit daran sehr interessant. Wenn Strickerinnen von ihrem Handwerk berichten, so ist oft die Rede von „unendlichen Möglichkeiten“. Das gilt auch mindestens so für das Sticken. Die
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Ausstellung, die dieses Buch begleitet hat, enthält 481 Proben, die zusammen nur einen kleinen Teil der insgesamt existierenden Stiche und Ziernähte ausmachen. Wer Lust hat, weitere Stiche zu erforschen, dem empfehle ich, entsprechende Fachliteratur aus verschiedenen Ländern zu studieren. Eine spannende Forschungsreise! Die insgesamt 481 Probestücke können nicht alle in diesem Buch gezeigt werden. Deshalb habe ich zusammen mit dem Verlag eine Auswahl getroffen, die natürlich ganz subjektiv ist. INSPIRATION Die häufigste Frage von Besuchern der Ausstellungen an mich lautet: „Wie kommst du nur auf das alles?“ Die Antwort ist nicht leicht. Man trägt es vielleicht in sich. Ein Interesse an Farben und Formen, daran, Muster zu bilden, Flächen zu gestalten, Abstände, Lücken, Dichte, Kollisionen und Aufsplitterung auszudrücken, habe ich seit meiner Jugend verspürt, was durch meine Leidenschaft für Kunst unterstützt wurde. Den fragenden Besuchern antworte ich, dass das Talent eines Mathematikers, einer Komponistin oder eines Musikers auch nicht einfach zu erklären ist. Und ganz unabhängig davon haben Muster für mich selbst etwas mit Mathematik und Musik gemeinsam. Natürlich sind auch äußere Einflüsse wichtig für mich. Inspiration und Ideen können aus den unterschiedlichsten Bereichen kommen. Bei meinem ersten Besuch in Japan faszinierten mich beispielsweise jene Zeichen, die dort bei der graphischen Gestaltung verwendet werden, mehr als die eleganten, in Tusche ausgeführten Schriftzeichen. In der U-Bahn studierte ich die Werbeplakate, und dabei entstanden zahlreiche Skizzen, die ich dann zuhause in Durchzugstickereien umsetzte (siehe Seite 15). Als ich diese bei einer späteren Gelegenheit einer Gruppe von
Einleitung 13
Pensionären in Schweden zeigte, kam eine japanische Studiengruppe hinzu. Als ich sie fragte, ob auf meinen Stickereien etwas lesbar sei – was mich schon immer beschäftigte – verneinten die Japaner jedoch. Eine andere Inspirationsquelle sind für mich Museen. Dort, wo man historische Inneneinrichtungen zeigt, zieht mich meist die Behausung der Tagelöhner mit dem offenen Herdfeuer in ihren Bann. Über dem Herd hängen auf einer Leine Socken aus rotem Garn, auch Unterhosen und vielleicht ein zerschlissenes Unterhemd zum Trocknen. In meiner Fantasie lebt hier eine Familie mit einem jungen Mädchen. Sie bekommt das löchrige Unterhemd, flickt es und verziert es mit Stickereien. Dass der Pullover mit aufgesetzter Knopfleiste auf Seite 16 davon inspiriert ist, lässt sich kaum erahnen. Anregungen zu neuen Arbeitsweisen können aber auch durch die kreative Arbeit anderer Menschen entstehen. Nach meinem Umzug von Stockholm an meinen neuen Wohnort kam ich dort in Kontakt mit Alva, der Vorsitzenden des nichtkirchlichen Nähvereins. Sie zeigte mir zwei Reisetaschen. Darin befand sich der Nachlass einer fleißigen Stickerin. Ein Tuch mit einem halbkreisförmigen Behang weckte dabei meine Aufmerksamkeit. Der Saum war mit einer Bogenlinie verziert. Um das Gewebe vor dem Ausfransen zu schützen, war es mit Langettenstichen eingefasst. Ein für mich neues Detail war, dass die Stickerin unter den Langettenstichen andersfarbiges Garn dicht eingezogen hatte. Ob ich das in meine Materialsammlung aufnehmen dürfte? Alva bejahte meine Frage. Siehe dazu das Kapitel zu den Langettenstichen (ab Seite 127).
14 Einleitung
MIT STEPPSTICHEN Ü B E R FA N G E N E S PA N N S T I C H E Ein Spannstich ist eine Variante des Vorstichs, er wird nicht wie dieser in einer Reihe, sondern einzeln oder in Gruppen gestickt. Bei langen Spannstichen, die sich beim späteren Tragen des Strickstücks gern an etwas verhaken, ist es besser, die Stiche nochmal auf dem Gestrick zu befestigen. Wenn man sie wie hier mit Steppstichen überfängt (natürlich kann man dafür auch andere Stiche verwenden), ist das nicht nur praktisch, sondern es ergibt sich auch eine interessante Struktur. Wie der Steppstich ausgeführt wird, ist auf Seite 63 beschrieben.
Reihenfolge beim Sticken: 1. Spannstiche (im Bild links in Schwarz) 2. Steppstiche (im Bild links in Blau)
Ausführung der waagrecht angeordneten Spannstiche
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48 Mit Steppstichen überfangene Spannstiche
Mit Steppstichen überfangene Spannstiche 49
50 Mit Steppstichen überfangene Spannstiche
Vorstiche 51
Verleihen Sie gestrickten Kleidungsstücken mit gestickten Mustern eine individuelle Note! Die Textilkünstlerin und Musterdesignerin Britt-Marie Christoffersson präsentiert zahlreiche Stiche und Sticktechniken, mit denen auf Strickwaren die unterschiedlichsten Effekte erzielt werden. Manche Stickereien bilden dekorative, großflächige Muster, andere bestehen aus strategisch platzierten Details, die ein interessantes Schmuckelement ergeben. Sie können entweder selbst gestrickte Kleidungsstücke besticken oder auch gekauften Pullovern, Handschuhen, Mützen und Schals mithilfe von Nadel und Garn eine ganz besondere Optik verleihen. Und wenn Ihnen der Stil nicht mehr gefällt, können Sie die Stickereien einfach entfernen und ein neues Design ausprobieren. Illustrierte Schritt-für-Schritt-Anleitungen erläutern jeweils die verwendeten Stiche, über 230 verschiedene Design-Beispiele bieten eine Fülle von Inspirationen für die konkrete Umsetzung.
ISBN 978-3-258-60234-9