111 Jahre
Liebe Freundinnen und Freunde unseres Hauses
«Tolle Themen, super-aktuelle Trends und wahnsinnig schön gestaltete Bücher. Dass Haupt auf eine über 100-jährige Tradition und erfolgreiche Generationenwechsel zurückblicken kann, hat wohl damit zu tun, dass hier konsequent Stärken ausgebaut, keine Seitensprünge gemacht und Namen und Tradition gepflegt werden . . . Dieses Familienunternehmen ist alles andere als traditionell.» Aus der Begründung der Jury «Verlag des Jahres 2017»
111 Jahre Haupt. Das steht für eine über hundertjährige Tradition im Verlegen und Handeln mit hochwertigen Büchern. Das sind aber auch vier Generationen unternehmerischer Persönlichkeiten und über die Jahrzehnte unzählige engagierte Mitarbeitende, die dem Berner Haus mit Verlag und Buchhandlung mitten im lebendigen Berner Länggass-Quartier eine besondere Unternehmenskultur gaben und geben. Es gibt wohl kaum eine Gestalterin im deutschsprachigen Raum, die nicht mit Haupt-Büchern kreative Techniken kennengelernt und angewendet hat, kaum einen Schweizer Botaniker, der nicht die «Flora Helvetica» eifrig nutzt – und heutzutage mit der dazugehörenden App ins Feld geht –, und kaum eine Bernerin, die nicht schon bei uns im Laden nach Lektüre gestöbert oder Lesungen besucht hat. Aus einem einstmals breit gefächerten Wissenschaftsverlag wurde im Laufe der letzten 15 Jahre ein innovativer Sachbuchverlag mit internationalem Renommee. Aus einer ehemals akademischen Buchhandlung ein Ort für Buchaffine und Kreative mit Ausstrahlung in die ganze Schweiz. Das Ganze wird getragen von einem engagierten Team mit heute rund 25 Mitarbeitenden. Das «gute Buch» ist unsere Hauptsache. Bücher, mit denen unsere Autorinnen und Autoren fundiertes Wissen vermitteln und Inspirationen für eine sinnvolle Freizeitgestaltung geben; Bücher, die wir für Sie auswählen und gerne empfehlen. So sind wir zu einem der führenden Kreativ- und Naturbuchverlage im deutschsprachigen Raum geworden. Und so wollen wir weiter unsere Kundinnen und Gäste überraschen und inspirieren. In diesem Jubiläumsheft wollen wir Ihnen Einblick gewähren in unsere Arbeit und Ideen, in die Geschichte und mögliche Zukunft unseres Hauses. Ihnen, unseren Kundinnen und Kunden, unseren Autorinnen und Autoren, den Kolleginnen und Kollegen im Buchhandel und in den Medien, danken wir herzlich für Ihre Unterstützung und für die Sympathie, die Sie unserem nach wie vor unabhängigen Familienunternehmen entgegenbringen. Haupt-Bücher nimmt man gerne in die Hand – das soll auch zukünftig so bleiben! Die Geschäftsleitung der Haupt Verlag AG
Umschlagabbildung: Das 1846 erbaute Haupt-Haus am Falkenplatz in Bern 2017 und in den 1920er Jahren.
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Frank Heins, Leiter Marketing und Vertrieb Regine Balmer, Leiterin Lektorat Irene Pulfer, Leiterin Finanzen/ Personal Adela Haupt, Leiterin Buchhandlung Matthias Haupt, Verleger
111 Jahre Haupt
Eine kleine Chronik von Matthias Haupt und Frank Heins
1906 Der Buchhändler Max Drechsel gründet am 1. Oktober eine «Akademische Buchhandlung für Medizin und Naturwissenschaften» im Chalet Kronecker an der Erlachstrasse 23 in Bern. Paul Haupt tritt am 7. Oktober 1906 als Laufbursche ein und beginnt 1908 eine Buchhändlerlehre. Schon früh gibt es erste tastende Versuche auf verlegerischem Gebiet, vor allem mit naturwissenschaftlichen Büchern und Autoren der Universität Bern. 1918 / 19 Am 1. Januar 1918 stirbt Max Drechsel unerwartet im 40. Lebensjahr. Er hinterlässt die überschuldete Firma seinem Freund Paul Haupt. Am Falkenplatz 14 werden 1919 neue Geschäfts- und Wohnräume bezogen und im Erdgeschoss eine Buchhandlung eingerichtet. 1920er / 30er-Jahre Paul Haupt lernt 1921 den «Urwalddoktor» Albert Schweitzer (1875–1965) kennen und wird Schweitzers Verleger für die Schweiz und das Elsass. Um Albert Schweitzer und seine Bücher herum bildet sich eine Gruppe weiterer Autoren und Herausgeber, deren Werke den Verlag wachsen lassen. Ab den 1920er-Jahren erscheinen die Publikationen unter dem Namen «Verlag Paul Haupt». Erste Bücher zur Freizeitgestaltung und zum Kunsthandwerk werden publiziert. 1940er-Jahre 1941 erscheinen die ersten «Berner Heimatbücher». Daraus wird rasch ein umfangreiches Programm, so dass 1944 eine Parallelreihe – die «Schweizer Heimatbücher» – verwirklicht wird. Gesamthaft erscheinen in beiden Reihen bis in die 1990er-Jahre gegen 350 Einzelbände in einer Gesamtauflage von über 2 Millionen Exemplaren. 1946 übernimmt das Unternehmen die Druckerei Dr. Gustav Grunau am Falkenplatz 11 in Bern. Dr. Max Haupt wird 28-jährig – im gleichen Alter wie schon sein Vater – Leiter von Verlag und Buchhandlung. Unter dem promovierten Ökonomen Max Haupt wird in der Folge vor allem das wirtschafts- und rechtswissenschaftliche Programm des Verlags ausgebaut, u.a. mit ManagementLehrbüchern der Hochschule St. Gallen – bis heute ein wichtiger Bestandteil des Programms. 1918
1923
1928
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Verlagslogo 1944
Als Buchhändler und Verleger setzt Paul Haupt (1889–1978) ab 1918 Schwerpunkte in den Geistes- und Naturwissenschaften.
Albert Schweitzer (1875–1965). Die Werke des «Urwalddoktors» sichern das wirtschaftliche Überleben des Verlags in schwieriger Zeit.
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1958
1968
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Unter Dr. Max Haupt (1918–2002) erlangt der Verlag besonderes Renommee für seine wirtschafts- und rechtswissenschaftlichen Publikationen.
Matthias Haupt (geb. 1955) tritt 1987 ins Unternehmen ein. Unter ihm werden ab 2003 Verlag und Buchhandlung neu aufgestellt.
1950er Jahre Das textile Gestalten bringt dem Verlag Bestseller: Heidi Haupt-Battaglia, die Frau von Max Haupt, veröffentlicht ab 1953 mehrere Titel zum Thema Sticken. Rund 100 000 Exemplare kann der Verlag im ganzen deutschsprachigen Raum absetzen.
Zum 50-jährigen Bestehen der Firma wird 1956 ein Betriebsausflug auf die Schynige Platte im Berner Oberland organisiert.
1981 feiert die Firma ihr 75-Jahr-Jubiläum. Geschäftsleitung und Mitarbeitende genießen gemeinsam einen Flug über die Alpen.
1960er / 70er Jahre Auf den 1. Januar 1963 wird die Einzelfirma in eine Familien-AG unter dem Namen «Paul Haupt AG, Bern» umgewandelt. Die Gesamtleitung des Unternehmens mit 61 Mitarbeitenden gibt Paul Haupt an Dr. Max Haupt ab. Der Verlag expandiert in Deutschland: Seit 1966 liefert der Haupt Verlag in Deutschland exklusiv bei Brockhaus/Commission in Kornwestheim aus. (In der Schweiz liefert Haupt noch bis 2001 selbst aus, übergibt dann die Lagerung und Distribution seiner Bücher an die AVA in Affoltern a.A.) Der Verlag tritt 1971 als Gesellschafter der Uni-Taschenbücher GmbH, Stuttgart (UTB) bei, erweitert damit seinen Wirkungskreis im akademischen Bereich und verlegt bis heute die roten UTB-Lehrbücher. 1980er / 90er Jahre Wenige Jahre nach dem 75-Jahr-Jubiläum 1981 treten die Zwillingsbrüder Men und Matthias Haupt (geb. 1955) – Söhne von Max und Heidi Haupt-Battaglia – in die Unternehmung ein und übernehmen 1994 als dritte Generation die operative Leitung. Ihr älterer Bruder Max Haupt junior begleitet als VR-Präsident bis 2002 die Geschicke des Unternehmens. Die erste eigene Homepage www.haupt.ch wird 1996 aufgeschaltet. Im selben Jahr erscheint die «Flora Helvetica», bis heute ein «Leuchtturm» im Verlagsprogramm (s.S. 6/7).
1983
Die Mitarbeitenden im 100. Jubiläumsjahr 2006.
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1996
2000
2008
1998 erhält die Haupt Buchhandlung ein neues Antlitz: Das Ladengeschäft wird renoviert und bekommt ein helles und modernes Ambiente, das dennoch den Charme des historischen Gebäudes bewahrt. 2000er Jahre Per 1. Januar 2003 wird die Paul Haupt AG völlig neu strukturiert: Die Druckerei wird dem Familienzweig Rub übergeben. Verlag und Buchhandlung firmieren fortan unter dem Namen «Haupt Verlag AG», die nun zu 100% im Besitz der Familie von Matthias und Adela Haupt ist. Der Verwaltungsrat setzt sich zusammen aus dem Betriebswirt Manuel Ruchti (VR-Präsident), dem Juristen Samuel Dürr und Matthias Haupt. Regine Balmer (Leitung Lektorat) und Frank Heins (Leitung Marketing und Vertrieb) treten in die Geschäftsleitung ein. Das neue Team um Verleger Matthias Haupt nimmt in den folgenden Jahren zahlreiche programmatische Weichenstellungen vor, um das Profil des Verlags als Spezialist für Sachbücher zu Natur- und Gartenthemen und Gestaltung / Design zu schärfen. Adela Haupt übernimmt 2005 die Leitung der Buchhandlung. Das Veranstaltungsprogramm und die Präsenzen auf Designmessen in der Schweiz werden gezielt ausgebaut. Um den Marktauftritt in Deutschland weiter zu stärken, gründet Haupt 2007 zusammen mit anderen Verlagen die Vertriebskooperation forum independent GmbH, Köln. Heute gehören dem Zusammenschluss 14 Verlage an, die gemeinsam Buchhandelsmarketing betreiben.
Im September 2006 feiert das Unternehmen mit einer großen Feier sein 100-jähriges Bestehen. Über 100 Freundinnen und Autoren des Hauses nehmen am Fest am Berner Falkenplatz teil.
2010er Jahre Dem rasanten Strukturwandel des Buchmarktes begegnet Haupt mit der konsequenten Konzentration auf hochwertige, gut gestaltete Bücher. Der gleiche Weg wird für digitale Produkte eingeschlagen: 2012 erscheint nach jahrelanger Vorarbeit mit Botanikern die Flora-Helvetica-App, die Bestimmungsschlüssel und Porträts für alle ca. 3300 Blütenpflanzen der Schweiz enthält. Das Produktmanagement für digitale Projekte liegt heute in Händen von Patrizia Haupt – aus der vierten Generation der Unternehmerfamilie. Im August 2013 öffnet das Atelier 14B im Hof des Verlagsgebäudes. Das ehemalige, stimmungsvoll renovierte Bücherlager des Verlags dient fortan als Workshop-Raum für Gestalterinnen und «Event-Location» der Buchhandlung.
Verlag und Buchhandlung sind auf zahlreichen Messen – hier die Giardina – präsent.
2017 Zum 111-jährigen Jubiläum erfährt das Unternehmen besondere Anerkennungen. Haupt wird zum Verlag des Jahres (Preis des Schweizer Buchhandels) gewählt. Beim Deutschen Gartenbuchpreis 2017 werden vier Bücher des Haupt Verlags ausgezeichnet. Haupt ist im Jubiläumsjahr einer der wenigen Verlage der Schweiz, der seine Unabhängigkeit wahren konnte und internationale Ausstrahlung besitzt. Die Buchhandlung mit ihrem sorgfältig zusammengestellten Sortiment, einem vielfältigen Veranstaltungsangebot und dem Atelier 14B wird von Kunden aus der ganzen Schweiz besucht.
Frankfurter Buchmesse 2016: Patrizia Haupt steigt als Produktmanagerin E-Publishing ein.
2008
2012
2012
2016
2017
Gut gelaunte Rückfahrt von der Preisverleihung: Im Mai 2017 wird Haupt zum «Verlag des Jahres» in der Schweiz gekürt.
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Hinter jeder Pflanze steckt Geschichte
Interview mit Naturbuchautor Adrian Möhl Naturbücher sind eine Hauptsache im Verlagsprogramm. Adrian Möhl, Botaniker und Haupt-Autor, sitzt an einem heißen Sommertag mit Cheflektorin Regine Balmer im Botanischen Garten Bern und beantwortet Fragen zu seiner Leidenschaft für die Botanik und zu seinem neuen Buch. Von Alexander von Humboldt ist bekannt, dass er als Kind ein prägendes Erlebnis hatte, das seine Faszination für die Botanik weckte. Er sah im Botanischen Garten in Berlin einen Drachenbaum. Hast du auch ein Initialerlebnis gehabt, das dich auf den Weg der Botanik brachte?
Adrian Möhl, Bern, ist freischaffender Botaniker, Wissenschaftlicher Zeichner und ausgezeichneter Kenner der mitteleuropäischen Flora.
Die «Flora-Familie» Naturwissenschaftliche Schriften publiziert Haupt seit seinen Anfängen. Botanische Nachschlagewerke und Bücher für Pflanzenfreunde sind heute ein wichtiger Teil des Haupt-Programms. Den Kern der «Flora-Familie» bildet die «Flora Helvetica» von Gerhart Wagner und Konrad Lauber (1. Aufl. 1996). Mehr als 50 000 Exemplare wurden bis heute von diesem Standardwerk verkauft. Im Frühjahr 2018 wird die 6. Auflage der «Flora Helvetica» erscheinen, erneut überarbeitet und aktualisiert. Nachfolgend Meilensteine in der Entwicklung der «Flora-Familie», angegeben ist jeweils der Erscheinungstermin der 1. Auflage. 1991 Flora des Kantons Bern 1996 Flora Helvetica 2004 Flora alpina 2007 Flora vegetativa 2010 Flora indicativa 2012 Flora-Helvetica-App 2017 Flora amabilis
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Das Interesse für die Natur war bei mir schon als Kind da. Ich erinnere mich an ein Buch aus meiner Kindheit. Es hatte drei Teile: Teil 1 zu Pflanzen und Tieren, Teil 2 zur Geografie und Teil 3 zur Technik. Der erste Teil war völlig zerlesen – der dritte Teil wurde wohl kaum einmal geöffnet. Bezeichnend für meine Interessen war auch folgende Episode: Meine Eltern schenkten mir zu Weihnachten eine Modelleisenbahn. Sie hatten dazu eine schöne Landschaft mit Bergen, Wiesen und Tunnels gebaut – sie haben richtig viel gebastelt. Meine Reaktion: «Oh, schön, da passen meine Tiere super rein!» Die Eisenbahn hat mich überhaupt nicht interessiert. Aber später gab es schon eine Art Initialerlebnis, das mich auf die Botanik brachte. Ich habe zuerst Englisch und Philosophie studiert, Biologie war ein Nebenfach. Ich merkte aber, dass mich die Biologie sehr faszinierte, und beschloss, mit diesem Fach weiterzumachen. Ich begann Parasitologie zu studieren. Botanik schien mir eher langweilig, bis ein Freund, der eben dieses langweilige Fach studierte, mich auf eine botanische Exkursion mitnahm. Und dort, im Berner Bremgartenwald vor der Viola reichenbachiana, einem ganz normalen Wald-Veilchen, hat es mich gepackt! Die Ausführungen des Exkursionsleiters waren so spannend, dass ich genau in diesem Moment erkannt habe, welch faszinierendes Gebiet die Botanik ist. Eine einzige Pflanze kann so viel bedeuten – sie steht für ein Netz von Zusammenhängen mit anderen Pflanzen, mit Tieren, mit dem Boden, mit der Landschaft. Hinter jeder Pflanze steckt Geschichte – einerseits die Evolution, aber auch die Geschichte der Wissenschaft. In deinem neuen Buch, der «Flora amabilis», erzählst du Geschichten zu 100 Pflanzen. Was bedeutet für dich das Geschichtenerzählen? Auch diese Liebe reicht in die Kindheit zurück. Ich habe schon in der Schule sehr gerne Aufsätze geschrieben, so gerne, dass meine Mutter mich auch einmal spät abends zwingen musste, den Aufsatz nun zu Ende zu bringen. Die Freude an Literatur und Texten hat mich auch zu meinem ersten Studium (Englisch und Philosophie) geführt. In der «Flora amabilis» schließt sich der
Adrian Möhl Flora amabilis 100 Pflanzen der Schweiz, die Sie kennen sollten Mit Illustrationen von Denise Sonney. 200 Seiten, 100 Abbildungen, Textileinband € 28.– / sFr. 28.– (UVP) Format: 13 x 21 cm ISBN 978-3-258-08027-7
Flora amabilis
Kreis – die Texte dieses Buches sind keine rein botanischen Texte, sondern sie erzählen Geschichten. Manchmal ist der Ausgangspunkt des Textes der Name der Pflanze, manchmal ist besonders interessant, welche Bedeutung eine Pflanze für die Menschen hatte – oder immer noch hat, manchmal besticht die Pflanze durch die Raffinesse ihrer Überlebensstrategie. Darüber zu schreiben, hat mir viel Freude bereitet.
Adrian Möhl hat eine persönliche Auswahl aus der Schweizer Flora getroffen und porträtiert 100 Pflanzen, die es kennenzulernen lohnt. Seine 100 Gedankenspaziergänge sind liebevoll illustriert von Denise Sonney. Texte und Illustrationen vereinen sich zu einer wirklichen Flora amabilis, einer liebenswerten Pflanzenwelt, die Sie kennen sollten.
Wie hast du die 100 Arten ausgewählt, die du im Buch beschreibst? Ich wollte eine für die Schweiz repräsentative Auswahl bringen. Das heißt, es gibt Vertreter aller wichtigen botanischen Familien, die in der Schweiz verbreitet sind, und ich habe versucht, alle Lebensräume abzudecken. Ich habe auch eine Mischung von ganz häufigen bis ganz seltenen Pflanzen gewählt. Unter all diesen Kandidaten habe ich dann jene Arten in die engere Auswahl genommen, bei denen es gute Geschichten zu erzählen gab. Und wenn es schließlich zwei ähnliche Kandidaten gab, da hat einfach das Herz entschieden. Du bist auch oft als Reiseführer tätig und begleitest interessierte Menschen auf botanische Reisen. Welches ist aus botanischer Sicht deine liebste Reisedestination? (Adrian Möhl überlegt) Eine Destination allein ist schwierig, es gibt so viele schöne Orte. Darum nenne ich lieber drei Orte: Platz eins – Südafrika, Platz zwei – Sizilien, Platz drei (sehr schwierig) – die Alpen.
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Der Haupt Verlag ist bekannt für seine grundlegenden Anleitungsbücher für Gestaltung und Werken. Zu den aktuell erfolgreichen Titeln gehört Chris Campes Buch zum Trendthema Handlettering, mit ganz viel Hintergrundwissen, Übungen und Anwendungsideen. Martina Räber wollte von ihr nicht nur wissen, was «Handlettering» genau bedeutet, sondern auch, was ihrer Meinung nach ein gutes Anleitungsbuch auszeichnet.
Interview mit unserer Autorin Chris Campe
Frau Campe, «Handlettering» ist zurzeit in aller Munde, überall sieht man schön gestaltete Schriften. Doch worin unterscheiden sich eigentlich Kalligrafie, Typografie und Lettering? Lettering ist gezeichnete Schrift, die für einen ganz bestimmten Zweck individuell gestaltet wird. Kalligrafie ist die Kunst des Schönschreibens und Typografie ist die grafische Gestaltung mit bereits vorhandenen Satzschriften. In Ihrem Buch definieren Sie Lettering als illustrative, erzählerische Schrift. Liegt für Sie der Fokus beim Handlettering mehr auf dem Schreiben, auf dem Illustrieren oder gar auf dem Erzählen? Ich habe Illustration und Kulturwissenschaften studiert und komme von der Sprache, vom Text und vom erzählenden Bild zum Lettering. Für mich ist gezeichnete Schrift ein Kommunikationsmittel und eine Art, Gestaltungsaufgaben zu lösen. Ich zeichne Buchstaben so, dass sie schon über ihre Form einen Eindruck davon vermitteln, wovon ein Text handelt.
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Chris Campe ist gelernte Buchhändlerin und hat Kommunikationsdesign und Kulturwissenschaften studiert. Seit 2014 ist sie mit ihrem Büro «All Things Letters» in Hamburg auf Typografie und Handlettering spezialisiert und gestaltet alles mit Buchstaben: Buchumschläge, Illustrationen, Logos, Verpackungen oder Schaufenster. Foto: Verena Brüning.
Wie lief die Zusammenarbeit mit dem Haupt Verlag? Was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben? Die Zusammenarbeit mit dem Haupt Verlag war ausgesprochen angenehm und unkompliziert. Ich hatte fast völlig freie Hand was die Inhalte und die Gestaltung des Buchs anging und wusste diesen Freiraum sehr zu schätzen. Dadurch ist das Buch besonders individuell geworden und ganz aus einem Guss. Ich wünsche dem Haupt Verlag, dass er sich seinen Charme und den hohen Anspruch ans Büchermachen erhält!
Chris Campe Handbuch Handlettering Eigene Buchstaben & illustrative Schrift gestalten 160 Seiten, durchgehend farbige Abbildungen, gebunden € 29.90 (D) / sFr. 35.90 (UVP) ISBN 978-3-258-60165-6
Was ist ein «Haupt-Anleitungsbuch»? Kreativthemen sind im Trend. Jedes Jahr erscheinen unzählige Kreativ-Ratgeber und Bastelbücher. Wie kann sich da ein mittelgroßer Verlag «behaupten»? Ziel des Haupt Verlags ist es, inhaltlich qualitätsvolle und hochwertig gestaltete Bücher zu publizieren, die auch fortgeschrittene und ambitionierte Gestaltende inspirieren. Haupt hat sich so einen Namen gemacht für profunde Anleitungsbücher, die vertiefendes Wissen bieten. Beispiele dafür reichen vom textilen Gestalten, etwa mit dem «Handbuch Weben» von Erika Arndt, über Papierkunst (Marlis Maehrle, «Papier-Atelier») bis zum Gestalten mit Metall (Martina Lauinger, «Alles Schrott»).
Warum haben Sie das «Handbuch Handlettering» geschrieben? Was war Ihr Anstoß und an wen richtet sich Ihr Buch? In meinem Studium wirkten Schrift und Typografie wie ein Buch mit sieben Siegeln, an das man sich erst heranwagen durfte, wenn man wirklich richtig Ahnung hatte. Tatsächlich kenne ich viele Illustratorinnen und Grafikdesigner, die sich nicht recht trauen, Schrift zu zeichnen, aus Angst etwas falsch zu machen und gegen die ehernen Regeln der Typografie zu verstoßen. Für sie ist mein Buch. Lettering ist seit einiger Zeit im Trend und viele probieren es einfach mal aus. Genau das ist auch das Schöne am Lettering: Man kann einfach anfangen und im Prinzip machen, was man will. Doch wenn man gezeichnete Schrift als gestalterisches Ausdrucksmittel verwenden möchte, lohnt es sich, am Anfang ein paar schriftgestalterische Grundlagen zu verstehen – denn dann sieht das Lettering am Ende besser aus.
Wenn man Ihr fröhliches Bild betrachtet, scheinen Sie mit dem Ergebnis zufrieden? Ja, sehr. Ich freue mich immer noch über die vielen visuellen und sprachlichen Ideen, die in das Buch geflossen sind, und besonders freue ich mich über die positiven Reaktionen der Leserinnen und Leser. Sie loben sehr, dass das «Handbuch Handlettering», als eines der ganz wenigen Bücher zum Thema, den Fokus nicht auf Alphabetvorlagen legt und auf simple Bastelprojekte, sondern die Grundlagen der Schriftgestaltung in ausführlichen, aber trotzdem unterhaltsam geschriebenen Texten erklärt. Ich schreibe gerne und weil ich finde, dass Anleitungsbücher häufig zwar inhaltlich fundiert sind, aber nicht sehr gut geschrieben, wollte ich, dass mein Buch sich in der Hinsicht unterscheidet. Daher freut es mich, dass die Nutzerinnen und Nutzer meines Handbuchs nicht nur die großzügige Buchgestaltung und die liebevolle Bebilderung schätzen, sondern auch die Qualität der Texte.
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Events
am Falkenplatz: die Haupt Buchhandlung als kultureller Ort Regelmäßig lädt Haupt Kundinnen und Kunden mit vielseitigen und aktuellen Events dazu ein, einen Abend in der Buchhandlung zu verbringen. Adela Haupt beschreibt, wie sie ihre Rolle als Gastgeberin sieht und warum Buchhändlerin der schönste Beruf ist . . .
Über die vergangenen 12 Jahre veranstalteten wir rund 230 Lesungen, Buchvernissagen, kunsthandwerkliche Verkaufsausstellungen, aber auch literarische Dinners oder gar einige Sonntagsbrunches, gepaart mit literarischen Leckerbissen. Die Rolle unserer Buchhandlung bei der Durchführung von Veranstaltungen sehe ich als kulturelle Vermittlerin zwischen einer Autorin oder einem Autor und einem kulturaffinen Publikum. Und bei kunsthandwerk-
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lichen Ausstellungen bieten wir den Gestalterinnen und Designern eine Plattform, um sich selbst und ihr Schaffen in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dabei strebe ich bei der Planung jeweils einen spannenden Mix an: einerseits bieten wir unseren Gästen die Chance, bereits arrivierte Kulturschaffende, andererseits noch wenig bekannte Newcomers oder «Shooting Stars» hautnah bei uns zu erleben und kennenzulernen. Dass wir dabei natürlich auch einen ökonomischen Aspekt im Auge behalten, will ich nicht verschweigen; schließlich sind wir eine Buchhandlung, die von Kunden bzw. von verkauften Büchern lebt. Die übersichtliche Größe unseres Veranstaltungslokals erlaubt den persönlichen und geselligen Austausch mit den Protagonisten des Abends, mit der Lieblingsbuchhändlerin oder auch zwischen den Gästen untereinander. Wir glauben, dass gerade in der heutigen internetdominierten
Zeit ein Bedürfnis nach direktem Kontakt, ja nach physischer Nähe vorhanden ist. Dabei ist mir eine herzliche und gastfreundliche Atmosphäre enorm wichtig. Viele schöne Rückmeldungen sowohl von Kunden als auch von Autorinnen und Autoren motivieren, auch in Zukunft solche Veranstaltungen anzubieten. Zwei davon seien beispielhaft angeführt: «Der Abend in Eurem Haus hat mich tief beglückt. Noch jetzt hallt das Ereignis nach. Ich bin sicher, dass Eure innere Beweglichkeit und Euer Kunstsinn das Haus durchpulsen . . .» schrieb uns die Autorin und SRF-Literaturclub-Kritikerin Hildegard Elisabeth Keller nach ihrer Lesung bei uns. Und der in Berlin lebende Berner Autor Matthias Zschokke schrieb nach einer Lesung: «Was für eine gute Atmosphäre bei Euch! Angenehmes Licht, Platz, Luft, ein hervorragender Aperitif – die reinste Kur, in so einem Umfeld aufzutreten.»
Service ist Chefsache: Adela und Matthias Haupt.
Haupt-Events finden entweder – wie hier – in der Buchhandlung selbst oder im Atelier 14B statt, das etwas mehr Platz bietet.
Gewiss, Schreckensmomente gehören auch dazu, wenn beispielsweise der Autor irrtümlicherweise davon ausgeht, dass die Veranstaltung erst eine Stunde später angesagt ist und die Gäste alle schon da sind. Oder in einem anderen Fall als der bereits angekündigte Event kurzfristig verschoben werden musste, weil das zu besprechende Buch noch im Druck war. Es ist schwer zu sagen, welche Veranstaltungen in der Vergangenheit zu meinen persönlichen Highlights zählen: zweifellos die eine oder andere literarische Überraschung und ganz bestimmt auch die kunsthandwerklichen Verkaufsausstellungen, die Begegnungen und der Austausch mit den Gestalterinnen und Künstlern und die – immer wieder – zauberhaften Begegnungen mit einem wohlwollenden, neugierigen und herzlichen Publikum. In der Belletristik stellte zum Beispiel gerade kürzlich Hannelore Dietrich ihren Roman «Vom Himmel gefallen» vor oder letztes Jahr die Bündnerin Leta Semadeni «Tamangur». Und dann war da die wunderbare Hommage an die große Keramikerin Margrit Linck zu ihrem 30. Todestag im Herbst 2013. Unzählige weitere Events könnte ich aufzählen. Hand aufs Herz: Können Sie sich eine spannendere Aufgabe vorstellen?
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Atelier 14B
Vom Bücherlager zur «Trendwerkstatt»
Seit Sommer 2013 finden im Atelier 14B im grünen Hinterhof am Falkenplatz Workshops und Veranstaltungen statt. Nach einer sorgfältig geplanten und sanften Renovation wurde aus dem ehemaligen Bücherlager ein attraktiver Raum für Gestalterinnen und Kursleitende aus dem Kreativbereich. Das Branchenmagazin «Schweizer Buchhandel» sprach gar von einer «Trendwerkstatt» im Berner Länggass-Quartier. Gleichzeitig dient das Atelier als «Location» für größere Events der Buchhandlung oder kann als günstig gelegener Veranstaltungsraum in Nähe zum Berner Bahnhof gemietet werden. Adela Haupt sprach mit der Gestalterin Monika Künti über das Atelier 14B. Monika, was macht für dich die besondere Atmosphäre des Ateliers aus? Für mich strahlt der Raum eine neutrale Ruhe aus, obwohl er ja nicht ganz leer ist. Die verbleibenden, gefüllten Regale aus der früheren Nutzung als Lager stehen diskret an einer Wand im Hintergrund und bilden die Verbindung zur Buchhandlung und zum Verlag. Diese Nähe finde ich persönlich als «Bücherwurm» angenehm, aber ich denke, auch für die Kursteilnehmenden ist die Nähe zum Buch und zur Buchhandlung anregend. Der Raum ist nicht irgendwie zweckmäßig neu angebaut, sondern hat Geschichte, beherbergt Geschichten und das fühlt sich für mich an wie ein Cocon, in dem ich mich mit lernfreudigen Menschen für ein paar Stunden ins kreative Tun einspinne.
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Der Raum hat zudem viele weiße Wände und eine wunderbare Fensterreihe, die sich zum Garten öffnet. Also keine Ablenkung von dekorierten Wänden, aber die Möglichkeit, den Blick ins Grüne schweifen zu lassen. Was wünschen sich Gestalterinnen generell von einem Workshop-Raum? Zum oben genannten persönlichen räumlichen Wohlbefinden wünscht man sich Garderobe, Vorraum, WC, Kaffee- und Teeküche und natürlich genügend Tische und Stühle. Ruhige Lage, gutes Licht, Flipchart, manchmal auch Beamer, Papierkörbe. Alles Dinge, die im Atelier 14B angeboten werden. Die Wände darf man zum Aufhängen des eigenen Materials nutzen, Tische und Stühle können nach Wunsch abgezählt und angeordnet werden. Außerdem kann in kleinem Umfang auch Kurs-Material gelagert werden. Und wichtig ist die Nähe zum ÖV, was ja im Atelier 14B super ist. Verbindest du besondere Erlebnisse mit den bisherigen Kursen? Eigentlich gehören alle Kurse zu den besonderen Erlebnissen, da jede Kursgruppe – z.B. trotz gleichem Thema – immer wieder einmalig ist. Speziell bereichernd finde ich, dass ich selber bei jedem Kurs ganz viel dazu lerne – geschenkt von den Teilnehmenden! Dass die Anmeldungen manchmal seeehr kurzfristig eintreffen ist auch speziell – das scheint ein Trend der heutigen Zeit zu sein. Einmal war es sogar so, dass sich eine Kundin in der Buchhandlung noch ruckzuck angemeldet hat, als sie hörte, dass gleich ein Kurs beginnt. Und ich hatte sogar schon einmal einen Mann im Kurs «einhängen & verschlingen». Mehr Männer würde ich mir wünschen in den Kursen! Das gäbe ein anderes Gewicht auf die Themen, die oft halt noch unter dem Stichwort «weibliche Handarbeiten» segeln . . . Besonders toll finde ich, dass wir im Atelier 14B auch mehrteilige Kurse anbieten dürfen. Bei komplexen Themen, wie z.B. «einhängen & verschlingen» ist es super, wenn zwischen zwei Kurseinheiten eine Pause zum selber Weiterüben und Tüfteln, oder auch einfach zum Setzenlassen liegt. Weshalb sollte sich jemand für die Teilnahme an einem Workshop bei Haupt entscheiden?
Oh, da gibt es sicher viele Gründe! Zum Beispiel, wenn man das Gefühl hat, das eigene gestalterische Tun hat im Alltag einfach zu wenig Platz. Dann ist es wohltuend, diese Insel auswärts – eben im Atelier 14B – zu buchen, und gleichzeitig ist es eine wunderbare Gelegenheit, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen. Das Tüpfelchen auf dem i ist dann noch, dass es nur wenige Schritte bis in die wunderhübsche Buchhandlung sind!
Nach einer Lehre als Korb- und Flechtwerkgestalterin arbeitet Monika Künti seit 2003 freischaffend in ihrer kleinen Ladenwerkstatt, zuerst in der Altstadt von Bern, seit 2017 in Wahlendorf. Regelmäßig führt sie Workshops im Atelier 14B durch. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind die Einhänge- und Verschlingtechniken und das Flechten. Sie orientiert sich an traditionellen Arbeitsweisen, um dann experimentierend eigene Ideen zu verfolgen.
Monika Künti einhängen & verschlingen Maschenbildung mit vorangeführtem Fadenende 224 Seiten, durchgehend farbige Abbildungen, gebunden, € 49.90 (D) / sFr. 49.90 (UVP) ISBN 978-3-258-60079-6
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Werkstattgespräch
Die Zukunft des Haupt Verlags 2017 ist der Haupt Verlag 111 Jahre alt. Vor fast 15 Jahren entschied sich die heutige Unternehmensführung zu einer strategischen Neuausrichtung. Aus einem einstmals breit gefächerten Wissenschaftsverlag wurde ein Special-Interest-Verlag mit Themenschwerpunkt Gestalten und Natur. In einem Werkstattgespräch ziehen Regine Balmer, Patrizia Haupt, Frank Heins und Matthias Haupt eine Zwischenbilanz und blicken in die Zukunft. Matthias Haupt: Ich bin fest überzeugt davon, dass wir 111-jährig geworden sind, weil in unserer langen Firmengeschichte nie nur ökonomische Aspekte die Antriebsfedern für unsere Tätigkeit als Büchermacher und Buchhändler waren. Es geht mir auch um immaterielle Werte, das Unternehmen Haupt soll auch eine kulturelle Funktion haben. Wir sind dem Buch verpflichtet – und wir suchen für uns und unsere Mitarbeitenden sinnstiftende Tätigkeiten. Wir sind aber natürlich auch ein Unternehmen, das im Buchmarkt nachhaltig wirtschaften muss. Regine Balmer: Und dieser Buchmarkt hat sich temporeich weiterentwickelt. Für das Buch ergeben sich einige Herausforderungen, die nicht einfach zu meistern sind. Ich denke zum Beispiel an die Konzentration auf große Mitspieler im Markt und den finanziellen Druck auf alle Punkte in der Wertschöpfungskette. Das Tempo zeichnet sich auch im Leben eines Buches ab, denn die Halbwertszeit der Bücher ist enorm gesunken, was den Kostendruck wieder massiv verstärkt. Wir müssen uns ständig weiterentwickeln, sei es mit Buchformaten, neuen Themen oder inhaltlich neuen Ansätzen. Oder in der Entwicklung von digitalen Produkten wie Apps, die immer mehr Bedeutung für uns gewinnen. Frank Heins: Es ist eigentlich erstaunlich, was wir mit einem doch überschaubaren Team in den letzten 15 Jahren bewältigt und verändert haben: Ich selbst dachte damals, dass mit der Fokussierung auf wenige Programmgebiete und auf inhaltliche Qualität als Imageträger des Verlags die wichtigsten Schritte getan sein würden. Aber die Veränderung ging über all die Jahre rasant weiter, auch im Marketing: so haben wir 2007 eine Vertriebskooperation in Deutschland mitbegründet, 2009 ein Kundenmagazin ins Leben gerufen – das mittlerweile online gepflegt wird –, den Webshop und das Direktmarketing immer weiter ausgebaut und sind heute sehr aktiv im Social-Media-Marketing.
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Regine Balmer: Das Team ist sicher einer der Stärken unseres Hauses. Wir haben viele sehr kompetente, sehr motivierte Leute und das Klima im Team ist gut. Wir haben sehr flache Hierarchien und leben das Prinzip der offenen Bürotüren. In der Geschäftsleitung freuen wir uns über jeden Input aus dem Team. Ich habe schon oft von Leuten, mit denen wir zu tun haben (Autoren, Übersetzerinnen, Kollegen aus anderen Verlagen) gehört, dieser gute Teamgeist sei zu spüren. Und zentral für einen Verlag sind natürlich die Autorinnen und Autoren – ohne Inhalt kein Buch, keine App! Diese Zusammenarbeit ist vielschichtig, es ist ein Geben und ein Nehmen. Bis zum fertigen Buch ist es oft ein langer Weg. Für eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Autoren und Verlag braucht es ein Vertrauensverhältnis. Das entsteht nicht auf die Schnelle. Gleichzeitig sind diese Kontakte und Netzwerke eine solide Basis für eine Weiterentwicklung – auch in eine digitale Zukunft. Matthias Haupt: Die heutigen Unkenrufe über das Verschwinden der Buchkultur bzw. des Mediums Buch sind übrigens so neu nicht. Rückblickend gab es schon einige Krisen und Totengräberstimmungen. Ich erinnere mich an die Zeit des Internet-Taumels vor rund 20 Jahren, als damals das Ende des papierenen Buches verkündet wurde. Eingetreten ist dies nicht. Eine gewisse Gelassenheit, Zuversicht und Vertrauen in die bestehenden Netzwerke und Partnerschaften sind also nicht die schlechteste Haltung. Frank Heins: Wir können uns da auch auf den Wert der «Marke Haupt» und unser Image stützen. Die aktuelle Auszeichnung als «Verlag des Jahres» freut uns ja auch deshalb so sehr, weil in der Begründung der Jury die Tradition und die Innovationskraft des Unternehmens herausgestellt werden. Mir scheint das auch für die Zukunft wichtig. Das gut gestaltete und hochwertig ausgestattete Buch
pflegen – und gleichzeitig offen sein für neue Produktformen. Mit unserer Ausstrahlung und Anziehungskraft für Autoren und für den Handel können wir auch als mittelgroßer Verlag gegenüber der manchmal übermächtig erscheinenden Konkurrenz bestehen. Patrizia Haupt: Ja, und wir wollen Inhalte erarbeiten, die über den Tag hinaus von Bedeutung sind. Das gewinnt insbesondere in der schnelllebigen Zeit des Internets, wo jeder ungeprüfte Inhalte hochladen kann, verstärkt an Relevanz. Ich finde es wichtig, dass wir die digitale Zukunft nicht nur als Herausforderung, sondern auch als Chance betrachten! Ziel ist, nicht in erster Linie Bücher zu produzieren, sondern hochwertige Inhalte zu entwickeln, aufzubereiten und in der am besten geeigneten Form dem interessierten Publikum zur Verfügung zu stellen – sei es als gedrucktes Buch, als digitales E-Book, als programmierte Applikation für Handy und Tablet oder hybride Formen, bei der sich Buch und Digitales ergänzen. Matthias Haupt: Auch wenn ich ein papieraffiner Verleger bin, so gilt es doch zu differenzieren und die jeweiligen Stärken des entsprechenden Mediums (Print oder Digitalisat) auszunutzen. Ein wunderbares Beispiel ist hier unser Flaggschiff, die «Flora Helvetica», die wir für beide Formate – Buch und App – laufend weiterentwickeln. Dieser Balanceakt scheint uns bisher gelungen zu sein. Patrizia Haupt: Wird das gedruckte Buch überleben? Zweifellos. Ich persönlich finde, dass bei elektronischen Büchern die sinnliche Wahrnehmung des bedruckten Papiers fehlt. Das Buch besticht insbesondere in einer Internetomnipräsenten Zeit mit Beständigkeit, Verbindlichkeit und Entspannung – und ich glaube, das ergeht auch vielen anderen Lesern so. Das ist eine gute Basis, um die nächsten 111 Jahre in Angriff zu nehmen…
Werkstattgespräch im August 2017: Regine Balmer, Leiterin Lektorat, und Frank Heins, Leiter Marketing & Vertrieb, sind Mitglieder der Geschäftsleitung der Haupt Verlag AG seit 2004. Matthias Haupt ist Verleger seit 2003. Patrizia Haupt aus der vierten Generation der Eigentümerfamilie verantwortet das E-Publishing seit 2016.
Impressum © Haupt Verlag AG, Bern, August 2017 Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier Circlematt White, ausgezeichnet mit dem blauen Umweltengel und dem EU Eco-Label. Redaktion: Frank Heins, Layout: Daniela Vacas Fotos: Bildarchiv Haupt Verlag; UG4: Serge Petrillo Haupt Verlag AG, Falkenplatz 14, 3012 Bern www.haupt.ch
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Haupt Verlag AG, Bern Die Mitarbeitenden 2017
Team Marketing / Vertrieb / Presse / E-Business / Social Media (v.l.n.r.): Claudia Roth, Martina Räber, Frank Heins, Hanna Wyler, Chantal Herger, Walter Fuchs; nicht auf dem Bild: Andrea Brechbühl
Team Finanzen / Personal / IT / E-Publishing / Herstellung (v.l.n.r.): Irene Pulfer, Raphaela Schmutz, Matthias Haupt, Patrizia Haupt, Daniela Vacas
Team Lektorat / Rechte & Lizenzen (v.l.n.r.): Elisabeth Homberger, Gabriela Bortot, Martin Lind, Regine Balmer, Katarina Baumann, Heidi Müller
Team Buchhandlung (v.l.n.r.): Adela Haupt, Andrea Keller, Annina Kirchmann, Franziska Moser, Javier Mosquera, Irène Trachsel-Sigrist, Carole Scheurer; nicht auf dem Bild: Fabio Lacorcia