Stan Douglas Mise en scène Texte auf Deutsch · Textes en français
Dieses Buch erschien anlässlich der
Stiftung Haus der Kunst München,
Übersetzung ins Deutsche ·
Ausstellung · Ce livre paraît à
gemeinnützige Betriebsgesellschaft
Traduction en allemand : Achim Wurm
l’occasion de l’exposition
mbH
(Texte David Campany, Chantal Pontbriand, Seamus Kealy), Norma
Stan Douglas – Mise en scène im · à la Haus der Kunst, München ·
Direktor · Directeur : Okwui Enwezor
Keßler (Vorwort, Text Catherine
Munich
Team · Équipe : Tina Anjou, Stephan
Soussloff)
Verlagsgruppe Random House
vom 20. Juni bis 12. Oktober 2014 ·
N. Barthelmess, Sabine Brantl,
Übersetzung ins Französische ·
FSC®N001967
du 20 juin au 12 octobre 2014
Daniela Burkart, Sylvia Clasen, Arnulf
Traduction en français : Émilie
Kurator und Herausgeber des
von Dall‘ Armi, Patrizia Dander,
Notéris (textes de David Campany,
Das FSC®-zertifizierte Papier
Katalogs · Commissaire et directeur
Martina Fischer, Elena Heitsch, Tina
Chantal Pontbriand et Seamus Kealy),
Schleipen Werkdruck ist von Cordier
de la publication : León Krempel
Köhler, Anton Köttl, Isabella Kredler,
Éric Auzoux (texte de Catherine
Spezialpapier GmbH, Bad Dürkheim. ·
Teresa Lengl, Anne Leopold, Julienne
Soussloff) Martine Passelaigue (texte
Le papier Schleipen Werkdruck certi-
Wir danken unseren Gesellschaftern
Lorz, Iris Ludwig, Karin Mahr, Marco
de Diedrich Diederichsen, avant-
fié FSC est de Cordier Spezialpapier
für die jährliche Unterstützung des
Graf von Matuschka, Miro Palavra,
propos et introduction)
GmbH, Bad Dürkheim, Allemagne.
Programms · Nous remercions nos
Glenn Rossiter, Andrea Saul, Anna
Lektorat deutsch · Suivi éditorial en
sociétaires pour le soutien qu'il appor-
Schüller, Cassandre Schmid, Sonja
allemand : Annette Siegel
tent chaque année au programme :
Teine, Ulrich Wilmes
Lektorat französisch · Suivi éditorial
Freistaat Bayern, Josef Schörghuber
Printed and bound in Germany
en français : Martine Passelaigue
Stiftung, Gesellschaft der Freunde
Prinzregentenstraße 1
Projektleitung Verlag · Coordination
ISBN 978-3-7913-5347-0
Haus der Kunst e.V.
80538 München
du projet : Sandra Leitte, Anja Paquin
(Buchhandelsausgabe · Édition
Tel.: +49 89 21127 113
Design und · et Layout:
librairie)
www.hausderkunst.de
SOFAROBOTNIK,
Die Ausstellung Stan Douglas – Mise
Augsburg & München
ISBN 978-3-7913-6520-6
durch die Alexander Tutsek-Stiftung,
Prestel Verlag, Munich
Herstellung · Fabrication : Cilly Klotz
(Museumsausgabe · Édition musée)
München. Weitere Unterstützung von
A member of Verlagsgruppe
Lithografie · Reprographie :
David Zwirner, New York/London und
Random House GmbH
ReproLine mediateam, München
en scène wurde maßgeblich gefördert
Victoria Miro, London · L'exposition
Druck und Bindung · Impression et
Stan Douglas – Mise en scène a
© 2014 Stiftung Haus der Kunst
reliure : Kösel GmbH & Co. KG,
bénéficié du soutien de la Fondation
München, gemeinnützige
Altusried-Krugzell
Alexander Tutsek, Munich, ainsi que
Betriebsgesellschaft mbH
Schrift · Police : Galaxie Polaris
David Zwirner, New York/Londres et
und · et Prestel Verlag, Munich ·
Papier · Papier : 80 g/qm Schleipen
Victoria Miro, Londres.
London · New York
Werkdruck 1,3 f.
© für die Texte bei den Autoren · Unter Beteiligung der Botschaft von
pour les textes chez les auteurs
Kanada und Henning & Brigitte Freybe · Avec la participation de
Autoren · Auteurs :
l'Ambassade du Canada et Henning &
David Campany, Diedrich
Brigitte Freybe
Diederichsen, Seamus Kealy, León Krempel, Chantal Pontbriand,
Die Fotoauswahl wurde davor vom
Catherine Soussloff
12. Oktober 2013 bis 26. Januar 2014 im Carré d’Art, Nîmes gezeigt ·
Die Texte in diesem Booklet wurden
La sélection de photos a été
ursprünglich in dem Katalog zur
précédemment montrée au Carré
Ausstellung Stan Douglas – Mise en
d’Art, Nîmes du 12 octobre 2013
scène (Haus der Kunst, München,
au 26 janvier 2014
20. Juni bis 12. Oktober 2014)
Kurator · Commissaire : Jean-Marc
veröffentlicht. · Les textes de ce livret
Prévost
ont été publiés initialement dans le catalogue de l’exposition Stan
Weitere Ausstellungsstationen ·
Douglas – Mise en scène (Haus der
Reprise de l’exposition :
Kunst, Munich, du 20 juin au
Irish Museum of Modern Art, Dublin,
12 octobre 2014)
2015 Kurator · Commissaire : Seamus Kealy
Umschlag · Couverture : Exodus, 1975
Herausgegeben von · Dirigé par
León Krempel
Stan Douglas Mise en scène Mit Beiträgen von · Avec des contributions de
David Campany Diedrich Diederichsen Seamus Kealy León Krempel Chantal Pontbriand Catherine Soussloff Vorwort von · Avant-propos de
Okwui Enwezor
PRESTEL München · London · New York
Deutsch
Inhalt 6
16
24
Vorwort
Crowds and Riots
Die Welt hinter dem Vorhang
Seamus Kealy
Catherine Soussloff
8
17
30
Einführung
Interiors
León Krempel
Seamus Kealy
10
18
Die (zweifache) Re-Subjektivierung der Geschichte
Der Engel der Geschichte im Zeitalter des Internets
Midcentury Studio
David Campany
19
Okwui Enwezor, Sarah Glennie, Jean-Marc Prévost
Seamus Kealy
Disco Angola Seamus Kealy
20
Das Auge der Trompete Diedrich Diederichsen
Chantal Pontbriand
Vorwort Stan Douglas geht in seinem konzeptuellen Denken eigene Wege
neue Arbeiten präsentiert: zum einen die Videoarbeit Luanda-
und beschäftigt sich intensiv mit der Beziehung zwischen For-
Kinshasa (), die in Beziehung zur Gesamtthematik seiner
men des Films und ihren unterschiedlichen technologischen Aus-
Fotografien steht, und zum anderen Helen Lawrence (), das
prägungen. Bekannt ist Douglas einem großen Publikum vor allem
erste Bühnenwerk von Douglas – ein Theaterstück mit Live-
wegen seiner anspruchsvollen, durchdachten Film- und Video-
Filmszenen, das an den Münchner Kammerspielen seine Europa-
arbeiten, die den Betrachter mit ihrer Bildsprache in ihren Bann
premiere feiern wird. Darüber hinaus wird im Rahmen der Münch-
ziehen. Mit seiner beständigen Erforschung der technischen
ner Ausstellung Douglas’ erste App, Circa , veröffentlicht.
und konzeptuellen Möglichkeiten von Wiedergabetechnologien
Unabhängig davon nimmt jedoch die Fotografie den wichtigs-
sowie seinem innovativen Einsatz von Bearbeitungstechniken
ten Platz in der Ausstellung ein. Die Bilder erzählen hauptsächlich
und Software-Codes hat er einige der anerkanntesten Werke der
von Umbruchsituationen in der Weltgeschichte und verbinden
zeitgenössischen Kunst geschaffen. In seiner erfolgreichen, von
Überlegungen zu gesellschaftlichen Zielvorstellungen der Vor-
den umwälzenden Veränderungen der technischen und visuellen
kriegszeit mit der Dokumentarfotografie der Nachkriegszeit.
Möglichkeiten bei Film und Video geprägten Karriere zeigt sich
Politische Themen gehen in Kulturgeschichtliches über, wie etwa
Douglas als Pionier mit unermüdlicher Schaffenskraft. Dank sei-
die Untersuchung postkolonialer Befreiungskämpfe und das
ner können wir die historischen Besonderheiten in eine bestimmte
Reenactment gegenkultureller Auseinandersetzungen zwischen
Zeit projizierter Arbeiten nachempfinden, ohne in den Solipsis-
urbanen Subkulturen und Überwachungsstaat. Dieses Kon-
mus einer exzessiven Technikverliebtheit zu verfallen. Zugleich
vergieren historischer Phasen und gesellschaftlich-politisch-
ermöglichen die Arbeiten des Künstlers mit ihrer weitgefassten
kultureller Ereignisse von der ersten Hälfte bis zum letzten Viertel
künstlerischen Vision und strengen ästhetischen Standards den
des . Jahrhunderts reflektiert, wie Douglas in seinen Arbeiten
Museumsbesuchern nicht nur, in komplexe Seherlebnisse ein-
beständig versucht, Erwartungen an dokumentarische Genauig-
zutauchen, sondern auch, sich mit vielschichtigen Fragen nach
keit aufzubrechen und infrage zu stellen. In diesen Bildern vermit-
Medien und Form, Zeitlichkeit und Dauer, gefilmter Zeit und
telt Fotografie eine Lesart von Geschichte, aber sie schafft auch
gefühltem Raum, Klang- und Hörstrukturen auseinanderzusetzen.
Raum für Reflexionen darüber, wie historische Narrative ent-
Douglas’ Œuvre im Bereich Film und Video fand bereits große
stehen und wie die Dokumentation von Ereignissen das kulturelle
Anerkennung. Seine Fotografien sind dagegen noch kaum be-
Gedächtnis formt. Bei dieser brillanten Spurensuche in Zeit, Bild
kannt, jedoch keineswegs weniger hervorragend. Diese Ausstel-
und Geschichte zieht Douglas den Betrachter mit eingestreuten
lung soll Douglas’ Schaffen neu in den Blick nehmen, indem sie
Fiktionen oder neuen Darstellungsformen tief in die Sprache der
die Fotografie in den Mittelpunkt der Analyse seiner über dreißig
filmischen Nachbearbeitung hinein.
Jahre andauernden künstlerischen Tätigkeit stellt. Von Anfang an war die Fotografie ein grundlegender Teil seiner Arbeit und
Aus all diesen und noch vielen weiteren Gründen war es eine be-
stellte eine vollkommen unabhängige Kunstform dar; in einigen
sondere Ehre, mit Stan Douglas bei der Gestaltung dieser
Werken setzte er Standbildfotografien für Installationen mit
Präsentation zusammenzuarbeiten. Wir danken ihm und den Mit-
Diaprojektionen ein. Stan Douglas – Mise en scène ist die erste
arbeitern seines Studios, insbesondere Linda Chinfen und Brodie
bedeutende Ausstellung, die seiner Beziehung zu diesem Medium
Smith, herzlich dafür, dass sie die Ausstellung möglich gemacht
gewidmet ist. Statt das gesamte Spektrum seines Schaffens zu
haben. Die Kuratoren León Krempel vom Haus der Kunst,
beleuchten, konzentriert sich die Schau auf großformatige
Séamus Kealy vom Irish Museum of Modern Art in Dublin und
Arbeiten (häufig konzipiert als ›Tableau-Format‹), die zwischen
Jean-Marc Prévost, Direktor des Carré d’Art in Nîmes, haben
und entstanden sind.
sich bei der Zusammenstellung dieses Überblicks über Douglas’
Die Ausstellung zeigt verschiedene Serien fotografischer
fotografisches Werk intensiv mit dem außergewöhnlichen
Arbeiten, die in einem konzeptuellen Zusammenhang stehen.
Schaffen des Künstlers auseinandergesetzt. Die Autoren David
Anlässlich der Ausstellung im Haus der Kunst werden auch zwei
Campany, Diedrich Diederichsen, Seamus Kealy, Chantal
Okwui Enwezor, Sarah Glennie, Jean-Marc Prévost
Pontbriand, Catherine Soussloff und León Krempel bieten mit ihren Essays Ansätze für ein tieferes Verständnis der Arbeiten. Wir danken ihnen für ihre interessanten, erkenntnisreichen Texte. Beim Prestel Verlag danken wir Katharina Haderer und Sandra Leitte für die großartige Zusammenarbeit. Johan Simons, Direktor der Kammerspiele in München, sowie Alexandra Twarog, Ana Zirner und Jeroen Versteele, Dramaturg der Kammerspiele, waren wichtige Partner und ergänzten in hervorragender Weise das Team bei der Produktion und der Inszenierung von Helen Lawrence, Douglas’ erstem Ausflug in die Welt des Theaters. Mehrere Personen und institutionelle Partner haben grundlegend dazu beigetragen, diese Ausstellung zu ermöglichen. Wir danken David Zwirner, Angela Choon, Anna Drozda und Justine Durrett von der David Zwirner Gallery, New York und London, sowie Victoria Miro und Erin Manns von der Victoria Miro Gallery in London für ihre Unterstützung. Die Realisierung der Schau wurde großzügig von der David Zwirner Gallery gefördert und zusätzlich durch die Victoria Miro Gallery unterstützt. Hauptförderer der Münchner Ausstellung ist die Alexander TutsekStiftung, weitere Beiträge wurden von der kanadischen Botschaft in Berlin sowie von Henning und Brigitte Freybe zur Verfügung gestellt. Die Ausstellung in Nîmes wurde vom Centre Culturel Canadien in Paris gefördert. Wir danken allen sehr herzlich für ihre großzügigen Beiträge. Viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in allen drei Museen haben zum Erfolg dieser ehrgeizigen Unternehmung beigetragen und deren Realisierung erst ermöglicht. Stellvertretend für sie seien genannt: Beatrice Paquereau und Delphine VerrièresGaultier vom Carré d’Art, Tina Köhler, Anton Köttl und Ulrich Wilmes vom Haus der Kunst sowie Rachael Thomas und Sean Kissane vom IMMA.
6
7
Einführung In den Jahren nach seiner Retrospektive in Stuttgart ()¹ reali-
für das Streben von Individuen oder Gruppen nach sozialer Aner-
sierte Stan Douglas zunächst eine Reihe fotografischer Projekte,
kennung und Erweiterung ihrer Macht stehen: modische Shoes
in die seine Erfahrungen als Filmemacher einflossen. Crowds and
zum Beispiel. Fallengelassene Blumen liegen auf dem Asphalt von
Riots () verbindet die Arbeit mit Statisten in filmähnlichen
Abbott & Cordova. Sie zeugen vom friedlichen Sit-In, mit dem
Sets mit den Möglichkeiten der Computermontage. Mit den zu-
der Tag begonnen hatte. Von der Verbreitung kulturspezifischer
sammengehörigen Schwarzweiß-Serien Midcentury Studio
Ausdrucksformen handelt keine Arbeit so deutlich wie Disco
(3–3) und Malabar People () werden Bildsprache und
Angola. Es geht darin um die möglichen westafrikanischen Wur-
Motive der Reportage- bzw. Auftragsfotografie der Nachkriegs-
zeln der Discomusik, um Kung-Fu und Capoeira, aber auch um
zeit imitiert. Disco Angola () wiederum kann als eine Art fik-
so kleine Distinktionsmerkmale wie Buttons oder Paisleymuster.
tive Reisereportage aufgefasst werden. Weniger bekannt sind
Der Befreiungskampf der Angolaner und der Exodus der Portu-
Douglas’ menschenleere Interiors (3–3), bei denen es sich
giesen treten dabei fast in den Hintergrund.
um dokumentarische Bilder handelt. Neben diesen Fotoserien liegt mit Luanda-Kinshasa () nun
Drei der vier Bilder von Crowds and Riots referieren auf lokale Protestkundgebungen, die wiederum Manifestationen weltweiter
auch ein pseudo-dokumentarisches Video vor, das nach der fil-
Emanzipationsbewegungen waren. Dabei zeigen sie jeweils nur
mischen Doppelprojektion Hors-champs () noch einmal das
einen Nebenschauplatz, diesen dafür aber sehr ausführlich mit
retrospektive Spiel von Jazzmusikern inszeniert. Neuland betritt
vielen genau beobachtbaren Details. Über die Umstände der Zu-
Douglas mit der für Cineasten und Theaterleute gleichermaßen
sammenkünfte erzählen sie nichts, auch die Ort und Datum
überraschenden Bühnenarbeit Helen Lawrence () und der
nennenden Titel schweigen sich darüber aus. Eines der Tableaus,
mobilen Applikation Circa (). Sein Register erscheint
das dritte in der chronologischen Reihe, hat gar keinen im übli-
vielfältiger denn je: Fotografie und Film, Theater und Musik, in
chen Sinn historischen Inhalt. Es zeigt Zuschauer bei einem
den beiden letztgenannten Arbeiten das gesprochene Wort, digi-
Pferderennen in Hastings Park. Einer Frau mit braunen Hand-
tale Techniken.
schuhen liest man Sorge an ihrer Mimik ab, andere genießen den
Schon in einigen früheren Arbeiten wie Strathcona (), Win, Place or Show () und Every Building on West Hastings
sonnigen Tag in geselliger Atmosphäre. Sieht man von den Klatsassin Portraits () ab, sind Crowds
() hatte sich Douglas mit seiner Heimatstadt und seinem bevor-
and Riots die ersten Beispiele inszenierter Fotografie bei
zugten Arbeitsort Vancouver beschäftigt und dabei auch städte-
Douglas. Sogleich wagt er sich an einen Gegenstand, der schwie-
bauliche und soziologische Fragen aufgeworfen. In Crowds and
rig und selten zugleich ist, wenn er überhaupt je als ein solcher
Riots, Helen Lawrence und Circa , weniger augenfällig auch in
wahrgenommen wurde. Aus der Historienmalerei des . Jahrhun-
Interiors, Midcentury Studio und Malabar People werden Teile der
derts kennt man Abbildungen einer Volksmenge als Agent einer
Stadt in historischer Perspektive erforscht. Was sie so interessant
gemeinsamen Handlung. Douglas studierte wohl eher historische
macht, ist ihre Lage am ehemals äußersten Rand des British Empire
Reportagefotografie, die keinen Kunstanspruch mehr erhob.
sowie an Handels- und Migrationsrouten, die über den Pazifik nach
Verglichen mit solchen Darstellungen von selbst- oder fremd-
Asien führen. In Disco Angola und Luanda-Kinshasa konzentriert
bestimmten Mengen bedeutet seine Serie einen gewaltigen, mit
sich der Blick auf die er-Jahre. Erstmals stehen hier trans-
einem Verzicht verbundenen Fortschritt, nämlich weg von der
atlantische Dreiecke mit den Ecken Angola bzw. Kongo, Portugal
fragwürdigen Repräsentation und dem anfechtbaren Zeugnis
und New York City im Fokus des Interesses.
eines scheinbar herausgehobenen Moments zurück zu den
Douglas’ Arbeiten beschreiben, nicht nur am Fallbeispiel Vancouvers, das für einen Ort und eine Zeit charakteristische Erscheinungsbild von Menschen, die entweder in ihrem Zustand
Augenblicken, in denen alles noch offen war, Geschichte gerade irgendwo vollzogen wurde oder im Entstehen begriffen war. Eine Text-, Bild- und Sachzeugnisse einschließende Recherche
verharren oder sich in einer Umbruchsituation befinden. Beson-
liegt vielen Arbeiten von Douglas zugrunde. Schon für Pursuit,
dere Aufmerksamkeit erfahren dabei häufig Objekte aller Art, die
Fear, Catastrophe: Ruskin B.C. () rekonstruierte er das uner-
León Krempel
klärte Verschwinden eines japanischen Arbeitsimmigranten aus
werfern geraten. Bei Helen Lawrence sind es die Schauspieler
Polizeiakten. Historiker und Kriminalisten arbeiten in ähnlicher
selbst, die die Kamera halten. Der Betrachter wird in den Stand
Weise. Wozu überhaupt nach Ursachen forschen? Sobald der
gesetzt, aus verschiedenen Perspektiven gleichzeitig auf das
Historiker einmal weiß, was geschehen ist, wird dann nicht auch
Stück zu schauen. Circa verwandelt den Nutzer in einen
klar, warum es so kommen musste, wie es kam? Das Was-Warum-
fliegenden Reporter. Die Applikation regt dazu an, sich nach
Paradoxon ist ein Aspekt der Reenactment-Lehre von Robin
dem Vorbild von Douglas mit dem Alltag einer vergangenen, aber
George Collingwood, welche die Ästhetik von Douglas’ Arbeiten
doch nahen Epoche aus der Ich-Perspektive vertraut zu machen.
ab mit einem geschichtsphilosophischen Ansatz vielleicht
Unter den Fotografien ist es vor allem das Tableau von Abbott &
näherungsweise zu fassen erlaubt.² Dass diese zu einem theo-
Cordova, das durch die Vielzahl seiner Blickachsen dazu auf-
riegeleiteten Nachdenken über Geschichte einladen, wird an
fordert, sich in das Sehen eines anderen, der man selbst hätte
einigen Stellen deutlich. So bringt Hastings Park das Thema der
sein können, hineinzuversetzen.
Affekte ins Spiel, die in Beziehung auf den Staat von Baruch Spinoza untersucht wurden. Dessen Begriff der Menge (multi-
1
tudo) war einige Jahre vor der Fertigstellung von Crowds and Riots in die politische Philosophie wiedereingeführt und als Schwarmintelligenz popularisiert worden.³ Die bereits abgeschlossene, jedoch erst vollständig gedruckte und mit ihrem Titel versehene Serie Interiors greift
2
Hans D. Christ und Iris Dressler (Hrsg.), Stan Douglas. Past Imperfect. Works 0–0 (Ausst.-Kat. Staatsgalerie Stuttgart und Württembergischer Kunstverein Stuttgart), Ostfildern . Vgl. William H. Dray, History as Reenactment. R. G. Collingwood’s Idea of History, Oxford , Reprint , S.:.
3
4
Vgl. u.a. Michael Hardt und Antonio Negri, Multitude. War and democracy in the age of empire, London . Vgl. Doris Gerber, Analytische Metaphysik der Geschichte. Handlungen, Geschichten und ihre Erklärung, Frankfurt/Main .
das unterschwellige Thema von Crowds and Riots nochmals auf. Dem Menschen in der Menge steht hier jener gegenüber, der über eine Vielzahl von Gegenständen verfügt und im Laufe der Zeit eigene Ordnungssysteme dafür geschaffen hat. Die Räume – eine Künstlerhütte, Verkaufsorte für Schuhe, Trödel, Lebensmittel – erscheinen in den gewählten Ausschnitten übervoll, als würde ein weniges genügen, um Unordnung anzurichten. Bewohner oder Inhaber, die im Laufe der Zeit gewechselt haben mögen, bleiben unsichtbar, wie auch die befehlsgebenden Gewalten hinter den Polizeiaufmärschen in Crowds and Riots. Beide Serien lassen, im Gegenteil zu manchen früheren Arbeiten, nicht mehr das Gefühl des Ausgeliefertseins an entpersonalisierte Mächte wie die des Kapitals oder des Zufalls aufkommen. In Journey into Fear () etwa wirken die unterschiedlich synchronisierten Schauspieler noch wie austauschbare Teile im Getriebe einer Maschine. In Vidéo () scheint eine lineare Handlung wie bei Kafkas Prozess mit dem von einer rätselhaft namenlosen Instanz im Voraus beschlossenen Tod der Protagonistin zu enden. Vor den fotografischen Serien kann der Betrachter viel eher den Eindruck gewinnen, es mit individuellen Menschen und deren zielgerichteten Handlungen zu tun zu haben. Zum Thema werden also Intentionen, mithin wieder etwas, das mit dem Begriff der Geschichte verbunden werden kann.⁴ Und der Betrachter? Vor hatte es nur eine dezidiert interaktive Arbeit bei Douglas gegeben: In Le Détroit () werfen die Besucher der Installation ihre Schatten auf die doppelseitig, leicht zeitversetzt mit dem Positiv und dem Negativ bestrahlte Projektionsleinwand, wodurch ihre Körper zu Schein-
8
9
Der Engel der Geschichte im Zeitalter des Internets Paris wird anders, doch in meiner tiefen Trauer Bleibt alles! Der Paläst’ und der Gerüste Meer, Die Vorstadt hüllen sich in deutungsvolle Schauer, Und die Erinnerung liegt auf mir felsenschwer. Charles Baudelaire, »Der Schwan«, Die Blumen des Bösen!¹
In den Jahren, die die letzten vor seinem Tod sein sollten, be-
dernen Kunst beseelten, schienen an ihre Grenzen gelangt und
schäftigte Walter Benjamin sich intensiv mit dem Gedanken, dass
ihre Überzeugungskraft verloren zu haben. Die Postmoderne, wie
historische Augenblicke der Nachwelt niemals unverändert zu-
diese Wende eilig getauft wurde, verwies stattdessen auf die
gänglich sind. Sie ruhen wie im Schlaf, bis neue Umstände sie von
Verwobenheit von Kunst und täglichem Leben, von Hochkultur
Neuem verständlich und bedeutsam werden lassen. Benjamin
und Populärkultur, nächster Nähe und weitester Ferne, sie ver-
spricht in seinen unter dem Titel Das Passagenwerk in Buchform
knüpfte verschiedenste künstlerische Medien und nicht zuletzt
veröffentlichten Aufzeichnungen vom »Jetzt des Erwachens«,
auch Vergangenheit und Gegenwart.
das er als »Jetzt der Erkennbarkeit« versteht, »in dem die Dinge
Entscheidende Angelpunkte dieser Wende im Bereich der
ihre wahre – surrealistische – Miene aufsetzen«.² Plötzlich und
Kunst bildeten Fotografie und Film. Obschon zutiefst mit der Idee
unerwartet kann ein historischer Moment für die Gegenwart
der Moderne verknüpft, rückten beide Medien nun ins Interesse
Bedeutung erlangen, vorausgesetzt, dass diese über die Mittel
von Künstlern verschiedenster Couleur, und zwar gerade weil sie
verfügt, sein tiefstes Wesen zu erfassen.
überall und nirgends zugehörig schienen. Manche Kunsttheore-
Solche Gelegenheiten bieten sich oft nur kurz, meist gehen sie
tiker, namentlich Craig Owens, gingen sogar so weit, der Foto-
ungenutzt vorüber. Werden sie aber von einer Gesellschaft oder
grafie einen ›unausweichlich‹ allegorischen Charakter zu beschei-
von einem Einzelnen ergriffen, entsteht so etwas wie ein Zeit-
nigen, operiere sie doch am Schnittpunkt zahlreicher Stile,
tunnel, durch den zwei Zeiten, Vergangenheit und Gegenwart, mit-
Genres und Diskurse, von denen keiner ihr allein zugehörig sei.
einander in Verbindung treten – wenn auch nur in Gedanken, kann
Noch dazu bietet eine Fotografie stets nur einen bruchstück-
doch niemand in der Zeit zurückschreiten. Wahrscheinlich handelt
haften Ausschnitt einer Welt, die sie sich mit den subtilen Mitteln
es sich eher um eine Allegorisierung der Vergangenheit durch die
der Interpretation aneignet, sie zitiert und an deren Stelle sie sich
Gegenwart oder besser: um eine Allegorisierung der Gegenwart
zu setzen versteht.³
durch eine Vergangenheit, die sich die Gegenwart angeeignet hat.
Das alles ist sicher richtig, doch was die Fotografie zu einem Medium der allegorischen Vorstellungskraft gemacht hat, ist vor
Stan Douglas’ Sozialisierung als Künstler vollzog sich in den
allem ihr veränderter Stellenwert in den letzten Jahrzehnten des
er-Jahren, in einer Phase also, in der die Allegorie als Kunst-
. Jahrhunderts, als die Fotografie ihre im Zeitalter der massen-
form auf neues Interesse stieß. Die Mythen der reinen Gegenwart
haften Verbreitung von Zeitungen und Zeitschriften errungene
und des unvermittelten Ausdrucks, die einen großen Teil der mo-
epochale Stellung bereits eingebüßt hatte. Dieser allmähliche,
David Campany
Das Auge der Trompete Sie arbeiten zusammen und auch für sich. Die Musiker im Studio
Blicke der Musiker multidirektional. Der filmische Gegenschuss,
sind einerseits etwas isoliert voneinander. Es gibt bewegliche
der auf einen suchenden Blick einen anderen, vielleicht antworten-
Trennwände zwischen ihnen, sie tragen Kopfhörer und schauen
den folgen lässt, stellt sich nicht mit der klaustrophobischen
oft in sich hinein. Aber sie nehmen auch Kontakt zu den anderen
Sicherheit ein, die wir vom konventionellen Spielfilm kennen, bei
auf. Man sieht, dass ihre Blicke gerichtet sind, Zustimmung,
dem die Kamera nur die Wahl hat, den Redenden oder den Zuhören-
Aufmunterung und andere konkrete Signale erwarten, oft auch
den zu zeigen: hier gibt es eine ganze Galerie von Spielenden, von
nur so etwas wie emotionale Bestätigung. Die zwei Stücke, die
denen wir nie ganz genau erfahren, wer eigentlich wen potenziell
die Gruppe in Stan Douglas’ Video-Installation Luanda-Kinshasa
sehen und in den Blick nehmen kann.
aufführt, folgen vielleicht ein paar Grundideen und Regeln, die
Wenn man Musiker ins Studio lädt, um musizierenderweise an-
vorher festgelegt wurden; doch vieles scheint auch ›on the spot‹
dere Musiker zu verkörpern, hat man es mit einem Sonderfall von
entschieden zu werden.¹ Manchmal sind diese Entscheidungen
Schauspiel zu tun. Während in Spielfilmen über Musiker klar ist,
folgenreich für das Ganze, dann wieder hat man eher den Ein-
dass das vorgeführte musikalische Können nur gespielt ist, und in
druck, dass hier jemand nur einen für seinen persönlichen Anteil
Dokumentarfilmen ebenso offensichtlich ist, dass die gezeigten
freien Spot füllt, der nicht zwingend die Richtung ändert, in der
Musiker niemand anders als sich selbst verkörpern, gibt es in der
sich das ganze Gewebe der Musik bewegt. Die Musik hat/ist ein
Bildenden Kunst seit einiger Zeit ein Genre, bei dem Musiker zwar
Gewebe, sie verbindet Linien miteinander, die irgendwann ihre
andere Musiker verkörpern, aber dennoch ihr eigenes Spiel auf-
Verantwortung an das Ganze verlieren: dann wird es egal, ob eine
führen. Stan Douglas’ Hors-champs () war die erste Arbeit,
bestimmte Linie weitergeführt wird oder ob sie aufhört – solange
die mir bekannt ist, die dieses Prinzip verfolgt hat: Richtige Musi-
es genügend andere gibt, die etwas weiterführen. Saxofon, zwei
ker, bekannte und renommierte Vertreter wie der Posaunist,
Keyboards, zwei Gitarren, Bass, Schlagzeug, Conga, Tabla,
Komponist und Autor George Lewis, der Saxofonist Douglas
Percussions …
Ewart, Kent Carter am Bass und Oliver Johnson am Schlagzeug
Frisuren, Kleidung, Körpersprache und natürlich die Musik, ins-
verkörpern eine namenlose, fiktive afroamerikanische Free-Jazz-
besondere die technischen Eigenarten der elektrischen und elek-
Truppe, die in einem französischen TV-Studio Albert Aylers
tronischen Instrumente lassen zweifellos die frühen bis mittleren
Spirits Rejoice einspielen – ungefähr zu jener Zeit, als in Frank-
er-Jahre erkennen. Die Anspielung in Sound, künstlerischen
reich eine Reihe amerikanischer Free-Jazz-Musiker lebte und
Grundideen und kultureller Atmosphäre an die mittleren elek-
arbeitete und auf ein gewaltiges Publikumsecho stieß.
trischen Jahre von Miles Davis ist unverkennbar. Es könnte das
Verkörpert also normalerweise ein Schauspieler als allgemei-
Jahr gemeint sein, als unter anderem die Alben On The Corner
ner Spezialist der Verkörperung, nicht des je spezifisch zu ver-
und In Concert und einige Stücke von Get Up With It entstanden.
körpernden Lebens, einen durch seine namentliche Konkretheit
Die Atmosphäre ist – vielleicht anders als unter dem nicht immer
geschützten Fremden, so verkörpert in dieser Bewegt-Bild-Instal-
einfachen Bandleader Davis – durchweg freundlich und entspannt,
lation eine Gruppe von namentlich bekannten Spezialisten eine
die Musiker lächeln, freuen sich, gelegentlich verfallen sie kurz in
Gruppe generischer und nicht konkreter Figuren. Dasselbe Prin-
die Mimik des Ekstatischen und performen ›Selbstverwirklichung‹,
zip findet man etwa auch in den Arbeiten Actualité () und
aber sehr selten zeigen sie den spirituellen oder auch grimmig-
Western Recording () von Matthias Poledna, wo einmal das
politischen Ernst, der in freier Musik und freiem Jazz im Jahrzehnt
soziale Gefüge einer typischen Post-Punk-Band im Übungsraum
zuvor häufiger ausgestrahlt wurde. Hier wurden zwar nicht die
rekonstruiert wird und einmal ein Sänger, der im Stil der Warner-
Probleme der Menschheit gelöst, aber zumindest eine kleinere
Bros-Singer/Songwriter der späten er-Jahre singt, bei der
Revolution mit gutem Ende scheint hinter den Betreffenden zu lie-
Arbeit im Studio zu sehen ist. In Harun Farockis Single. Eine
gen. Ihre Zusammenarbeit wirkt demokratisch, nur manchmal
Schallplatte wird produziert () wird die Arbeit an einer Disco-
scheint der eine Keyboarder wie ein Bandleader mit seinen Gesten
Single im Studio unter dem Aspekt ihres kulturindustriellen
bestimmte Entscheidungen anzudeuten; die meiste Zeit wirken die
Charakters dokumentiert, während David Zink Yi in Horror Vacui
Diedrich Diederichsen
Die Welt hinter dem Vorhang Das Bühnenstück Helen Lawrence (Regie Stan Douglas, Ge-
ihrer unmittelbaren Nähe zum Vorhang wird die Anwesenheit die-
schichte von Stan Douglas und Chris Haddock, Bühnentext von
ser Kameraleute verschleiert; ganz ähnlich wie die schwarzen
Chris Haddock, ) spielt sich hinter einem transparenten Vor-
Kleider und Kapuzen die Puppenspieler beim japanischen Bunraku-
hang aus dünnem, glattem, gazeartigem Baumwollstoff ab, der in
Theater unsichtbar werden lassen. In beiden Fällen leitet sich
das Bühnenportal gespannt ist. Auf einem Rahmen aufgezogen
Sichtbarkeit aus der Handlung ab, die auf der Bühne stattfindet
gehört ein solcher Stoff häufig zur Bühnenausstattung und kann,
und die bei Helen Lawrence auch auf der Leinwand erscheint,
je nach Beleuchtung, eine für die Zuschauer undurchsichtige Wand
»bis auf wenige Ausnahmen«, wenn der Schleier unsichtbar wird
sein oder die Schauspieler und deren Spiel durchscheinen lassen.
und die Mimesis des Theaters in den Vordergrund tritt.¹
Ist der Stoff unsichtbar, verkörpert der Vorhang die vierte Wand
Die Performativität von Douglas’ Vorhang lässt diesen zu
oder die Barriere zwischen der Geschichte und den Zuschauern,
einem aktiv Handelnden sowohl in der Mimesis als auch in der
die die Aussetzung der Ungläubigkeit, wie sie von einer realisti-
Diegesis von Helen Lawrence werden.² Bei der Mimesis referiert
schen Darstellung gefordert wird, ermöglicht. Bei Sichtbarkeit sei-
die Wirkung des Vorhangs auf die Atmosphäre der Inszenierung
nes Materials macht der Vorhang die Fiktionalität der Geschichte
des Stücks: die neblig trübe Stadt Vancouver, das fahle Licht des
dahinter deutlich. In diesem Stadium der Sichtbarkeit stellt der
Winters im Norden, die dunklen Räume und die Nachtszenen. Bei
Stoff sowohl das Theaterspiel als auch die Fiktion infrage, indem
der Diegesis ermöglicht der Vorhang die Darstellung des Schwar-
er auf einem kritischen Standpunkt von Seiten der Zuschauer be-
zen und der Dunkelheit im Stil des Film Noir, das Genre, dem sich
harrt. Bei Helen Lawrence erhält der Vorhang eine besondere Rolle
Helen Lawrence mit seiner melodramatischen Handlung mit Klein-
in der »visuellen Polyphonie«, wie Stan Douglas es beschreibt,
stadtgaunern und korrupter Polizei, einem ungelösten Mordfall
zwischen den leibhaftig agierenden Schauspielern auf der Bühne
und sexueller Verführung zuordnet. Aber sosehr der Vorhang tat-
und deren Filmprojektionen auf dem Stoff.
sächlich eine Leinwand sein könnte, so ist er doch keine richtige
Wenn der Vorhang von hinten angestrahlt wird, ist er opak.
Kinoleinwand, die in der Regel metallisch eingefärbt ist, um das
Doch wenn die Schauspieler dahinter beleuchtet werden, wird der
projizierte Lichtbild in das Auge des Zuschauers zu reflektieren.
Stoff transparent und sie erscheinen mit ihrem Spiel auf der Bühne;
Für mich hat dieser Vorhang eine materielle Präsenz, da er die
gleichzeitig spüren wir die Präsenz des Vorhangs vor unseren
Schnittstelle des ständigen Wechsels zwischen Theater und Film
Augen, als hätte eine Substanz ihre Aura hinterlassen. Aber er
markiert und damit genau die Stelle, an der die Bedeutung des
kann auch zu einer Leinwand werden, auf die ein Film projiziert
Stücks zu verorten ist. Die Schauspieler erscheinen zur gleichen
wird. Wenn er durch die Filmprojektion von vorn beleuchtet wird,
Zeit auf dem Leinwand-Vorhang und als ihre eigenen Verkörperun-
kann ein solcher Vorhang undurchsichtig werden, aber bei Helen
gen auf der Bühne dahinter, da sie live, das heißt in Echtzeit, in
Lawrence können die Zuschauer durch die Projektion hindurch
die virtuellen Umgebungen, die auf die Leinwand vor der Bühne
immer noch wie in einem Spiegel die Schauspieler dahinter sehen.
projiziert werden, hineinkomponiert werden. Aus diesem Grund
Wenn man auf diese Weise durch den Stoff schaut, erscheint die
scheinen wir in der Lage zu sein, durch ihre Charaktere ›hindurch-
Szenerie dahinter leicht verschwommen – und es kommt noch
zusehen‹ – so wie wir durch den Stoff hindurchsehen können –,
etwas hinzu: Uns wird langsam bewusst, dass vier Kameras auf
weil sie sowohl auf der Bühne für das Theater als auch auf der
einer Schiene zwischen den Schauspielern auf der Bühne und dem
Leinwand für den Film spielen. In ihrer dritten Rolle als Kamera-
Vorhang davor fahren. Diese Kameras filmen die Bilder, die man
leute, die die Handlung filmen, besetzen sie in einem ganz wört-
auf der Leinwand sieht. Damit enthüllt der Stoff drei Elemente, die
lichen Sinn den Bedeutungsraum zwischen der Theater- und der
mit seiner ursprünglichen Fähigkeit zur Offenbarung in Verbindung
Filmwelt, die beide durch das Stück geschaffen werden. Wie be-
stehen: erstens die Schauspieler und die Szenerie auf der Bühne;
reits erwähnt, materialisiert der Vorhang diesen Bedeutungs-
zweitens deren projizierte Bilder, die in Echtzeit erscheinen, und
raum, aber seine symbolische Ordnung kann in der Gegenüber-
drittens die Schauspieler im Stück, die die Kameras bedienen, über
stellung der dramaturgischen Effekte des Theaters und der
die das Bild auf den Leinwand-Vorhang übertragen wird. Aufgrund
visuellen Effekte des Films gesehen werden.
Catherine Soussloff
Franรงais
Table des matières 36
46
54
Avant-propos
Crowds and Riots
Le voile de tulle pour commencer
Okwui Enwezor, Sarah Glennie, Jean-Marc Prévost
Seamus Kealy
Catherine Soussloff 38
47
Introduction
Interiors
60
León Krempel
Seamus Kealy
40
48
L’histoire (doublement) resubjectivée
L’ange de l’histoire à l’ère d’Internet
Midcentury Studio Seamus Kealy
David Campany 49
Disco Angola Seamus Kealy
50
L’œil de la trompette Diedrich Diederichsen
Chantal Pontbriand
Avant-propos Stan Douglas est l’un des penseurs conceptuels les plus originaux,
référence à la structure thématique globale de la photographie,
dans tous les domaines touchant au rapport entre les formes
et Helen Lawrence (-), le tout premier travail scénique
cinématographiques et leurs diverses structures technologiques.
de Douglas, du cinéma « live », montré pour la première fois en
Beaucoup de personnes connaissent Douglas surtout pour ses
Europe au théâtre des Kammerspiele à Munich. L’exposition
vidéos et films, recherchés et visuellement saisissants. Sa quête
munichoise verra en outre la sortie de la première application
constante de faisabilité technique et conceptuelle parmi les
mobile de l’artiste, Circa .
technologies de reproduction, ainsi que son utilisation novatrice
Néanmoins, c’est la photographie qui occupera majoritairement
des techniques d’édition et des codes informatiques ont donné
l’espace d’exposition. Les images portent en premier lieu sur des
le jour à l’une des réalisations artistiques contemporaines les plus
phases de transition s’inscrivant dans des histoires globales,
célébrées par la critique. Une carrière exceptionnelle, marquée
renvoyant aussi bien à des réflexions d’avant-guerre sur les
par les transformations majeures dans les supports techniques
imageries sociales qu’à l’industrie d’après-guerre de la photo-
et visuels du film et de la vidéo, a fait de Douglas un pionnier
graphie documentaire. Des thèmes politiques transparaissent dans
inépuisable qui nous a aidés à réimaginer les spécificités histo-
les histoires culturelles, ainsi l’investigation des combats post-
riques de travaux projetés et basés sur le temps, sans tomber
coloniaux pour l’indépendance ou la reconstitution des conflits
dans le solipsisme d’une technophilie excessive. Ses œuvres,
contre-culturels entre les sub-cultures urbaines et les forces de
fruits d’une vision artistique large et de critères esthétiques
l’ordre. Cette convergence des périodes historiques et des
rigoureux, permettent au public des musées de non seulement
événements culturels, politiques et sociaux de la première moitié
s’immerger dans des événements visuels complexes, mais aussi
au dernier quart du XX e siècle reflète comment Douglas, dans tout
d’être aux prises avec les questions difficiles du médium et de
son travail, essaie de complexifier et de saper les attentes de
la forme, de la temporalité et de la durée, du temps cinémato-
l’exactitude documentaire. Dans ces images, la photographie se
graphique et de l’espace tangible, des structures soniques et
fait médiatrice de la lecture de l’histoire, mais suscite aussi des
auditives.
réflexions sur la manière dont se créent les récits historiques et
Si l’œuvre de Douglas en matière de film et de vidéo a été
comment la documentation d’événements forme la mémoire
célébrée à sa juste valeur, son travail en photographie, quoique
culturelle. Dans le fil étincelant du temps, de l’image et de l’histoire,
peu connu, n’en est pas moins accompli. Le but de cette exposition
Douglas en appelle à la fiction ou aux modèles de représentation
est de reconsidérer l’approche de sa pratique en plaçant la
inventés pour entraîner le spectateur plus profondément dans le
photographie au cœur de l’analyse de ses plus de trente ans de
langage de la post-production cinématographique.
carrière, au tout début de laquelle la photographie a joué un rôle fondamental dans son expérience artistique. Tout au long de cette
Pour toutes ces raisons et plus encore, ce fut un privilège unique
période, la photographie s’est inscrite chez lui dans une quête
de travailler avec Stan Douglas à la mise en place de cette
artistique entièrement indépendante ; il a ainsi parfois utilisé des
exposition. Nous lui sommes immensément reconnaissants, à lui
images photographiques pour créer des œuvres faites de
et aux membres de son atelier, notamment Linda Chinfen et
diaporamas et de projections. Stan Douglas : Mise en scène est
Brodie Smith, d’avoir rendu cette exposition possible. Les
donc la première grande exposition consacrée à son rapport à ce
commissaires, León Krempel à la Haus der Kunst de Munich,
médium. Mais plutôt que de couvrir toute l’étendue de sa carrière,
Séamus Kealy au Irish Museum of Modern Art de Dublin, ainsi que
elle se concentre sur les travaux grand format (souvent conçus
Jean-Marc Prévost, directeur de Carré d’Art à Nîmes, ont donné
comme des tableaux) réalisés entre et .
de la carrière exemplaire de Douglas une approche précise et
L’exposition présente différentes séries de photographies,
pertinente en constituant cette rétrospective de son œuvre
conceptuellement rattachées l’une à l’autre. À l’occasion de
photographique. Une compréhension approfondie en est proposée
l’exposition à la Haus der Kunst, à Munich, deux nouvelles œuvres
par les contributions de David Campany, Diedrich Diederichsen,
seront introduites : la vidéo Luanda-Kinshasa (), qui fait
Catherine Soussloff, Chantal Pontbriand, Seamus Kealy et León
Okwui Enwezor, Sarah Glennie, Jean-Marc Prévost
Krempel. Nous les remercions pour l’acuité de leurs textes. Aux Éditions Prestel, nous tenons à remercier Katharina Haderer et Sandra Leitte pour la remarquable qualité de leur collaboration. Johan Simons, directeur des Kammerspiele à Munich et les membres de son équipe, Alexandra Twarog, Ana Zirner ainsi que le responsable de la dramaturgie Jeroen Versteele, ont toutes et tous été des partenaires importants dans la production et mise en scène de Helen Lawrence, la première incursion de Douglas dans le monde du théâtre. Plusieurs soutiens et partenaires internationaux ont été indispensables à la réalisation de cette exposition. Nous remercions pour leur aide David Zwirner, Angela Choon, Anna Drozda et Justine Durrett à la David Zwirner Gallery, à New York et Londres, ainsi que Victoria Miro et Erin Manns à la Victoria Miro Gallery à Londres. L’exposition à Munich a bénéficié du généreux soutien de la David Zwirner Gallery et de la Victoria Miro Gallery, mais aussi de la Fondation Alexander Tutsek et de l’Ambassade de Canada à Berlin, ainsi que de Henning et Brigitte Freybe. L’exposition à Nîmes a été soutenue par le Centre Culturel canadien à Paris. Que toutes et tous soient remerciés ici pour leur générosité. Parmi les collègues des trois musées qui ont contribué au succès de cette ambitieuse entreprise et à sa réalisation, nous tenons à nommer ici Béatrice Paquereau et Delphine VerrièresGaultier à Carré d’Art, Tina Köhler, Anton Köttl, Ulrich Wilmes à la Haus der Kunst, ainsi que Rachael Thomas, Sean Kissane au Irish Museum of Modern Art.
36
37
Introduction Dans les années qui ont suivi sa rétrospective à Stuttgart ()¹,
transformation. Une attention particulière est alors portée sur
Stan Douglas a réalisé une série de projets photographiques
des objets de tout type – les chaussures à la mode, par exemple –
empreints de son expérience avec le cinéma. Crowds and Riots
qui symbolisent, chez une personne ou dans un groupe, le besoin
(), par exemple, opère avec des figurants placés dans des
de reconnaissance sociale, la quête de davantage de pouvoir.
décors de film tout en exploitant les possibilités du montage
Dans Abbott & Cordova, des fleurs tombées par terre témoignent
assisté par ordinateur. Les deux séries en noir et blanc Midcentury
d’un sit-in pacifiste avec lequel la journée a commencé. Mais
Studio (-) et Malabar People () imitent pareillement le
aucune réalisation de l’artiste n’aborde aussi explicitement que
langage formel et les motifs de la photographie de commande
Disco Angola la propagation des formes d’expression spécifiques
d’après-guerre pour les replacer dans le contexte du « White
à telle ou telle culture. Là, il est question des racines possibles
Cube ». Disco Angola (), en revanche, peut être compris
de la musique disco en Afrique de l’Ouest, il est question de
comme une sorte de reportage de voyage fictif. Moins connus, les
Kung-Fu, de capoeira, mais aussi d’infimes signes distinctifs
Interiors () sont des images documentaires d’espaces
tels que des boutons ou des motifs cachemire. La lutte pour
désertés.
l’indépendance des Angolais et l’exode des Portugais passent
À côté de ces séries photographiques, Luanda-Kinshasa () se conçoit comme une sorte de documentaire vidéo qui, après la
presque à l’arrière-plan. Des quatre images de Crowds and Riots, trois font référence
double projection filmique Hors-champs (), met de nouveau en
à des rassemblements protestataires qui sont les manifestations
scène un jeu rétrospectif avec des musiciens de jazz. Aussi bien
locales de mouvements de libération à l’échelle mondiale. Ces
pour les cinéastes que pour les gens de théâtre, Douglas pénètre
images ne montrent qu’une scène anecdotique, mais avec une
en terre inconnue avec sa surprenante œuvre scénique Helen
foule de détails à regarder minutieusement. Ils ne disent rien sur
Lawrence () et l’application mobile Circa (). Ses
les circonstances de ces rassemblements ; pas plus que les titres
registres semblent alors encore plus diversifiés : photographie et
mentionnant le lieu et la date. Un des tableaux, le troisième par
film, théâtre et musique, langage parlé dans les deux dernières
ordre chronologique, n’a aucun contenu historique au sens usuel.
œuvres citées, techniques numériques.
Dans Hastings Park, il montre des spectateurs lors d’une course
Déjà dans certains travaux plus anciens, comme Strathcona
hippique. Une femme avec des gants marron affiche une mimique
(), Win, Place or Show () et Every Building on West
soucieuse, d’autres savourent la journée ensoleillée dans une
Hastings (), Douglas traitait de sa ville natale et lieu de travail
ambiance conviviale.
favori, à savoir Vancouver, en soulevant des questions d’ordre
Exception faite des Klatsassin Portraits (), Crowds and
urbanistique et sociologique. Crowds and Riots, Helen Lawrence
Riots constituent chez Douglas les premiers exemples de
et Circa , et de manière moindre aussi Interiors, Midcentury
photographies mises en scène. Et aussitôt, il ose s’emparer d’un
Studio et Malabar People, sondent ainsi des parties de la ville
sujet à la fois difficile et rare, si jamais il a déjà été perçu en tant
dans une perspective historique. En effet, Vancouver tient sa
que tel. De la peinture d’histoire du XIX e siècle, on connaît les
particularité de sa situation géographique à l’extrémité de ce qui
représentations de foules humaines comme vecteur d’une action
fut Empire britannique ainsi que sur les axes marchands et
commune. Douglas, lui, a plutôt étudié le photoreportage
migratoires conduisant via le Pacifique vers l’Asie. Dans Disco
historique qui ne prétend plus à l’exigence artistique. Comparé
Angola et Luanda-Kinshasa, le regard cible les années . Pour
à de telles images de rassemblements – qu’ils soient déterminés
la première fois, avec l’Angola, le Congo, le Portugal et New York,
par eux-mêmes ou par d’autres –, sa série est un progrès énorme,
l’intérêt de l’artiste se concentre sur des configurations
lié à un renoncement, puisqu’elle en finit avec la représentation
triangulaires et transatlantiques.
contestable et le témoignage critiquable d’un moment mis en
Les travaux de Douglas décrivent, à Vancouver ou ailleurs,
exergue, pour revenir aux instants où tout est encore possible,
l’apparence marquée par l’époque et le lieu que prennent des
où l’histoire vient juste de s’achever ou s’apprête à prendre
individus se trouvant soit figés dans leur état soit en pleine
forme.
León Krempel
Bon nombre d’œuvres de Douglas sont sous-tendues par des
recto-verso, éclairés par l’image positive et négative avec un léger
recherches de témoignages, de textes, d’images, de faits. Pour
décalage dans le temps ; leurs corps deviennent ainsi des
Pursuit, Fear, Catastrophe : Ruskin B.C. (), il avait déjà
projecteurs. Dans Helen Lawrence, ce sont les spectateurs eux-
reconstitué la disparition inexpliquée dans les dossiers de la
mêmes qui tiennent la caméra. Ils se retrouvent ainsi à devoir
police d’un travailleur immigré japonais. Historiens et criminalistes
regarder la pièce sous différents angles simultanément. Circa
procèdent de la même manière. Mais pourquoi donc chercher les
transforme l’utilisateur en « œil-oreille » volant ; l’application
causes ? Dès que l’historien sait ce qui s’est produit, n’est-il pas
est une incitation, d’après le modèle de Douglas, et dans une
aussitôt clair pourquoi les choses sont ainsi advenues ? Le
perspective subjective, à se familiariser avec le quotidien d’une
paradoxe du quoi-pourquoi est un des aspects de la théorie du
époque passée mais encore proche. Parmi les photographies, c’est
« reenactment » (ou « réactivation ») de Robin George Collingwood
surtout le tableau Abbott & Cordova qui, par les multiples
qui permet peut-être d’approcher l’esthétique du travail de
directions des regards, entraîne à voir comme un autre que l’on
Douglas à partir de sous un angle historico-philosophique².
aurait pu être soi-même.
Il est clair par endroits que ce travail invite à la réflexion théorique sur l’Histoire. Hastings Park, par exemple, met en jeu le thème des
1
affects que Baruch Spinoza avait déjà analysés en rapport avec l’État. Sa notion de foule (multitudo), réintroduite dans la philosophie politique quelques années avant que ne soit achevée la série Crowds and Riots, est d’ailleurs devenue populaire sous le terme d’« intelligence collective³ ».
2
Hans D. Christ et Iris Dressler (éd.), Stan Douglas. Past Imperfect. Works - (cat. expo. Staatsgalerie Stuttgart et Württembergischer Kunstverein Stuttgart), Ostfildern, Cf. William H. Dray, History as Reenactment. R. G. Collingwood’s Idea of History, Oxford, , rééd. , p.
3
4
Michael Hardt et Antonio Negri, Multitude. War and democracy in the age of empire, Londres, Doris Gerber, Analytische Metaphysik der Geschichte. Handlungen, Geschichten und ihre Erklärung, Francfort/Main,
La série Interiors, terminée dès mais intégralement imprimée sous ce titre en seulement, reprend le thème latent dans Crowds and Riots. D’une part des gens dans la foule, de l’autre, l’espace – l’espace qui se remplit d’objets et qui, au fil du temps, a créé pour cela des systèmes bien à lui : cabanons d’artiste, lieux de vente de chaussures, brocantes, magasins d’alimentation, qui se présentent sous forme de fragments choisis et tellement remplis qu’il en faudrait peu pour créer le désordre. Les habitants ou propriétaires, qui ont sans doute changé avec le temps, sont invisibles, tout comme les forces donneuses d’ordre derrière les interventions de la police dans Crowds and Riots. Contrairement à certains travaux antérieurs, ces deux séries ne donnent plus l’impression que quelque chose serait livré à des puissances dépersonnalisées, comme le capital ou le hasard. Ainsi, dans Journey into Fear (), des comédiens différemment synchronisés font l’effet de pièces interchangeables dans les rouages d’une machine. Dans le film presque muet Vidéo (), l’action linéaire, comme dans le procès de Kafka, semble se terminer sur un fait mystérieux décidé par une instance sans nom, à savoir la mort de la protagoniste. Devant les séries photographiques, le spectateur a davantage l’impression d’avoir affaire à des individus et à leurs actions ciblées. Le thème est donc l’intention, autrement dit de nouveau quelque chose qui peut être rattaché à la notion d’histoire⁴. Et le spectateur ? Jusqu’en , il n’y avait eu chez Douglas qu’un seul travail véritablement interactif : dans Le Détroit (), les visiteurs de l’installation projettent leurs ombres sur un écran
38
39
L’ange de l’histoire à l’ère d’Internet Paris change ! Mais rien dans ma mélancolie N’a bougé ! Palais neufs, échafaudages, blocs, Vieux faubourgs, tout pour moi devient allégorie Et mes chers souvenirs sont plus lourds que des rocs. Charles Baudelaire, « Le Cygne », Les Fleurs du Mal,
À l’époque de ce qui se sont avérées les dernières années de sa vie,
quotidienne, entre le grand art et la culture populaire, entre l’ici
le critique allemand Walter Benjamin s’est profondément intéressé
et le lointain, entre les médiums artistiques, et peut-être même
à l’idée selon laquelle les moments historiques ne demeurent pas
de manière plus significative entre le présent et le passé.
accessibles en permanence à la postérité. Au contraire, ils sont en
Au cœur de ce tournant, on trouve la photographie et le cinéma,
dormance jusqu’à ce qu’une nouvelle circonstance les rende
deux médiums qui, bien qu’ayant leur propre identité au sein de la
compréhensibles et pertinents « au Maintenant de la connais-
haute modernité, sont devenus attrayants pour les artistes de tous
sabilité dans lequel les choses prennent leur vrai visage, leur visage
bords, car ils semblaient provenir à la fois de partout et de nulle
surréaliste », écrivait-il dans son opus de notes publié sous le titre
part en particulier. Certains critiques, notamment Craig Owens,
de Livre des Passages¹. Soudainement, sans qu’on s’y attende, un
sont allés jusqu’à suggérer que la photographie est inévitablement
moment passé peut devenir significatif en regard d’un présent qui
allégorique : elle opère à l’intersection de nombreux systèmes
a les moyens de saisir son caractère le plus profond.
rhétoriques, de genres et de discours, dont aucun ne lui
Les possibilités peuvent être très brèves et il nous faut
appartiennent de manière exclusive. De surcroît, la photographie
présumer que le plus souvent elles nous passent sous le nez. Mais
n’offre qu’une restitution partielle d’un monde qu’elle pille, cite et
lorsqu’elles sont saisies, par une société ou peut-être par un
auquel même elle se substitue, avec des moyens d’explication
individu, quelque chose comme un tunnel temporel semble relier
précaires².
deux moments, présent et passé. Il s’agit bien entendu d’une
Bien que cela soit relativement vrai, ce qui ouvrait véritablement
illusion, puisque nous ne pouvons jamais vraiment revenir en
la photographie à l’imagination allégorique avait autant à voir avec
arrière. Ce qui se produit peut être plus aisément décrit comme
le rayonnement culturel que le rayonnement historique du médium
une allégorisation du passé au présent, ou peut-être comme une
dans les dernières décennies du XX e siècle. La photographie n’était
allégorisation du présent par un passé qui le réclame maintenant
plus le médium par définition de l’époque, comme cela avait été
en son nom propre.
le cas précédemment avec l’hégémonie des magazines et des journaux à grand tirage. Le déplacement opérait en profondeur et
Stan Douglas est devenu artiste dans les années , à l’époque
prenait de l’ampleur. Il avait commencé avec l’avènement du
du regain d’intérêt pour l’allégorie en tant que mode artistique.
cinéma, avait été confirmé par l’émergence de la télévision et
Les mythes de la présence pure et du langage direct qui avaient
scellé par l’arrivée d’Internet (médiums auxquels Stan Douglas
tellement nourri l’art moderne se sont progressivement révélés
a porté de l’intérêt). La photographie était à présent devenue un
frustrants et ont montré leurs limites. Un « tournant
médium secondaire. Pas exactement obsolète, mais fortement
postmoderne », ainsi qu’il a été hâtivement qualifié, est venu
éclipsé. Et cette éclipse voyait émerger d’autres possibilités :
souligner un ensemble de reconnexions entre l’art et la vie
de nouveaux modes d’utilisation et de réflexion sur la photographie
David Campany
Crowds and Riots 2008 Cette série comprend quatre photographies grand format
négligence des policiers en réponse à un rassemblement
représentant d’importants rassemblements de personnes,
pacifique de la jeunesse et des hippies dans un « smoke-in »
chacune relative à des moments transitoires spécifiques de
organisé par un journal alternatif The Georgia Straight.
l’histoire de Vancouver. Ces photographies ont été réalisées
Bien que trois de ces quatre images représentent des
comme des films, en s’appuyant soit sur des décors construits à
affrontements entre la police et la foule, toutes illustrent la
cet effet, soit sur des lieux réels, et nécessitant un casting, des
constitution de groupes d’individus mus par des forces internes et/
costumes, ainsi que des acteurs façonnés pour chaque période
ou externes. De plus, dans la composition et la détermination des
historique. Chaque image est constituée d’un regroupement
scénarios, les actions et les détails de chaque image, Douglas a
d’images distinctes. La photographie numérique a été privilégiée
appliqué son étude photographique à différentes époques, en
pour son immédiate efficacité sur le tournage, ainsi que sa
s’appuyant sur des extraits de films, des coupures de journaux, des
stabilité chromatique et géométrique dans l’assemblage de
rapports de police, des affidavits, des entretiens avec les
l’image finale. Dans le cas d’Abbott & Cordova, August , par
observateurs et les participants, ainsi que d’autres matériaux
exemple, cinquante photographies différentes ont été réunies
d’archives disponibles.
afin de constituer un ensemble pictural complexe composé de neuf scènes distinctes. Nous pouvons présenter chronologiquement les représenta-
Lorsqu’il évoque cette série, Douglas fait référence aux images paradigmatiques produites par la documentation journalistique de la bataille de Cable Street, à Londres, en . Une
tions proposées par chaque photographie comme suit : dans
comparaison attentive entre Crowds and Riots et ces photogra-
Powell Street Grounds, January , nous voyons la police
phies révèle de nombreuses et fortes influences dans la manière
encercler une petite foule ; l’accent est mis sur des personnages
dont les personnes et les corps sont condensés en groupes, qu’ils
phares de la scène. L’image fait références aux efforts déployés
le souhaitent ou non. Il est donc clair que dans ces quatre
par la ville de Vancouver pour interdire les rassemblements
photographies, Douglas s’est montré très attentif aux apparences
publics en réponse à l’augmentation des activités liées aux
et au comportement des foules : aux modalités de leur
Industrial Workers of the World (IWW), qui galvanisaient les foules
organisation, à leur constitution, et à leur positionnement, imités
sur les questions du chômage et de la répartition des richesses.
dans le détail, depuis la position d’une tête, de chapeaux, et de
Avec la photographie intitulée Ballantyne Pier, June ,
mains placées sur les épaules dans Powell Street Grounds
Douglas a recréé un moment clé au cours duquel la police se
jusqu’aux relations nuancées entre les corps dressés représentés
confronte aux protestations des dockers syndiqués. Avec en toile
dans Hastings Park.
de fond la raffinerie de sucre abandonnée de Vancouver, nous
Dans l’ensemble, ces photographies figurent des constructions
assistons à la dispersion et à l’arrestation d’un petit groupe,
de la mémoire historique – en passant par un processus rigoureux
unique scénario retenu parmi de nombreux autres, plus d’un
et complexe – véhiculées par une image qui, selon le propos de
millier de personnes ayant été impliquées dans des agitations en
l’artiste, « vient consolider l’ouï-dire ». Tout comme les faits et la
réponse à leur licenciement et à leur remplacement par des
recherche clé activent, en images, la réflexion et les discussions
travailleurs non-syndiqués. La photographie Hastings Park,
autour de l’actualité, non seulement sur le contexte de ces
July met l’accent sur une quarantaine de personnes,
moments historiques, mais également sur les conditions des
ostensiblement prises dans une vaste foule d’observateurs
rassemblements sociopolitiques et des regroupements à notre
tranquillement rassemblés devant une piste de course,
époque, influencées par les forces intérieures et extérieures
amalgamées en un groupe de consommateurs involontaires.
aujourd’hui en action.
Ensuite Abbott & Cordova, August , qui fonctionne comme une installation publique aujourd’hui située à l’emplacement même auquel elle fait référence, représente un angle de rue où s’est tenue l’émeute du Downtown Eastside, provoquée par la
Seamus Kealy
la mémoire, de l’existence, de la conceptualisation. Il s’agit d’un
à titre de comparaison, ce qui aurait par la suite pu se produire,
geste fondamentalement moderniste : réorganiser, réviser, et
et font allusion à ce qui pourrait encore exister.
réinventer ce qui est non seulement passé, mais a été éliminé. Dans l’ensemble, les récits entrelacés dans ces huit photographies présentent, sans aucune illustration directe et
1
Stan Douglas, cité par Monika Szewczyk in « Midcentury Disco », Mousse, février , p. -
2
Ibid.
L’œil de la trompette Ils travaillent ensemble et aussi séparément. Dans le studio, les
L’ambiance est plaisante et détendue, contrairement à celle qui
musiciens sont un peu isolés les uns des autres. Séparés par des
régnait sous Miles Davis, pas toujours commode lorsqu’il dirigeait
parois amovibles, ils portent des casques ; leur regard est
son groupe. Les musiciens sourient, ils se réjouissent. Il leur arrive
introverti. Mais par ailleurs, ils établissent aussi un contact avec
d’avoir une mimique manifestant l’extase ou une forme
les autres. Leurs regards sont dirigés, ils guettent l’approbation,
d’autosatisfaction, mais ils ne montrent que très rarement le
l’encouragement ou quelque autre signal concret, juste un
sérieux spirituel ou politique assombri que dégageait le free-jazz
sentiment de confirmation. Les deux morceaux que le groupe
dix ans plus tôt. Ici, les problèmes de l’humanité n’ont certes pas
exécute dans l’installation vidéo Luanda-Kinshasa de Stan
été résolus, mais on sent derrière les personnes impliquées qu’une
Douglas suivent peut-être certaines idées de base et règles
petite révolution a quand même abouti. Leur collaboration a
préalablement établies. Mais beaucoup de choses semblent aussi
quelque chose de démocratique. Par moments seulement, le joueur
se décider « sur le tas »¹. Parfois, ces décisions ont des
de clavier effectue des gestes comme un chef de file qui prendrait
répercussions importantes sur l’ensemble, puis, de nouveau, on a
des décisions. La plupart du temps, les regards des musiciens
l’impression que chacun ne remplit que sa propre fonction, sans
vont dans plusieurs directions. Le contrechamp filmique,
que cela n’impacte nécessairement le cours de la musique. La
enchaînant un regard scrutateur sur un autre possiblement à même
musique a/est une trame, elle relie des lignes qui, à un moment ou
de répondre, ne s’arrête pas avec l’aplomb que l’on connaît des
un autre, ne sont plus impliquées dans le tout : peu importe alors
films habituels, où la caméra doit choisir de montrer soit le locuteur
qu’elles se prolongent ou s’arrêtent – tant qu’il y en a assez pour se
soit l’auditeur : il y a ici tout un éventail de joueurs dont nous ne
perpétuer. Saxophone, deux claviers, deux guitares, basse,
savons jamais exactement qui voit potentiellement qui et sur qui
batterie, conga, tabla, percussions…
ils fixent leur regard.
Les coiffures et les vêtements, le langage du corps et bien sûr la
Lorsque l’on invite des musiciens en studio pour incarner
musique, surtout les caractéristiques techniques des instruments
d’autres musiciens en train de jouer, on a affaire à un jeu
électriques et électroniques, évoquent indubitablement le début ou
d’interprétation particulier. Dans les films sur les musiciens, il va de
le milieu des années . Il y a une allusion évidente – dans le son,
soi que les compétences musicales présentées ne sont que
les idées artistiques et l’ambiance culturelle – à la période
simulées. Dans les films documentaires, il est tout aussi clair que
électrique de Miles Davis, au milieu de sa carrière. Il pourrait s’agir
les musiciens montrés n’incarnent personne d’autre qu’eux-mêmes.
de l’année où ont vu le jour notamment les albums On The
Sauf peut-être depuis quelque temps dans les arts plastiques où
Corner et In Concert et certains morceaux de Get Up With It.
un genre montre des musiciens qui certes incarnent d’autres
Diedrich Diederichsen