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Reschs Rhetorik Review

Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) besucht die deutsche Fußballnationalmannschaft nach dem Auftaktsieg gegen Portugal bei der WM 2014 in Salvador, Brasilien in der Kabine.

AUSWÄRTSSPIEL

SPORT und Politik sollte man trennen, heißt es immer wieder. Da spielt die Politik allerdings nicht mit. Die Nähe zu Sport und populären Athleten eignet sich zu gut, um auch nah bei den Leuten zu sein.

VON GÜNTER BANNAS

Die Altvorderen als Vorbild? Bundespräsident Walter Scheel und Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) waren 1974 in München dabei, als die Mannschaft des Deutschen Fußballbunds gegen die Niederlande Fußballweltmeister wurde. Helmut Kohl (CDU) wollte es sich 1986 nicht nehmen lassen, zum Endspiel der Fußballweltmeisterschaft nach Mexiko zu fliegen, weshalb der Bundeskanzler eine Viertelstunde nach dem Sieg des deutschen Teams im Halbfinale die Botschaft in Mexiko wissen ließ, er werde kommen. Weil es nach damaligem Brauch ausgeschlossen war, Staatsoberhaupt und Regierungschef könnten das Finale gemeinsam besuchen, hatte Kohl die Befürchtung, Bundespräsident Richard von Weizsäcker könne ihm zuvorkommen. Kohl also flog.

Erstmals rückte ein Kanzler samt Entourage zu den Spielern in die Kabine ein – spendete Sekt und wegen der Niederlage gegen Argentinien Trost. Auch für Gerhard Schröder (SPD) war es 2002 selbstverständlich, zum WM-Endspiel eines deutschen Fußballteams zu fliegen – von einem Gipfeltreffen in Kanada reiste er ins japanische Yokohama. Angela Merkel (CDU) trat in die Fußstapfen ihrer Vorgänger, gemeinsam sogar mit Bundespräsident Joachim Gauck flog sie 2014 nach Brasilien. Deutschland gewann – und kaum jemand jubelte so ausgelassen wie die Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Besuche in der Mannschaftskabine gehörten zum Standardprogramm Merkels bei solchen Anlässen; Trainer Jogi Löw und seine Spieler versicherten, sie fänden das schön.

Und kaum hatten die deutschen Fußballerinnen das Halbfinale der Europameisterschaft erfolgreich hinter sich gebracht, teilte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) – via Twitter, noch in der Nacht – sein „Ich fahre nach London“ mit. Auch Scholz war nach dem Spiel in der Kabine – mit Dank und Trost. Die Engländerinnen hatten gewonnen. Schön finden es die Spitzen der Politik, sich in der Popularität des Sports zu sonnen. Demnächst auch im Winter, bei der Fußballweltmeisterschaft der Männer? Auf nach Katar?

Sport begeistert

Mit ihrer Nähe zum Sport wollen Politiker ihre Nähe zum Volk dokumentieren. Fast wo auch immer. Russlands Präsident Wladimir Putin geriert sich als Eishockeyspieler und brach deswegen sogar eine Telefonkonferenz mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron ab. Silvio Berlusconi war nicht nur italienischer Ministerpräsident, sondern dazu noch Eigentümer des Spitzenvereins AC Mailand. Französische Präsidenten pflegen die Tour de France einen Tag lang im offiziellen Fahrzeug des Veranstalters zu begleiten. Der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko profitiert von seinen Erfolgen im Boxsport. Mao Tse-tung schwamm einst im Jangtse-Fluss, um seine körperliche Fitness zu beweisen und Gerüchte über seinen Gesundheitszustand auszuräumen.

Im Vergleich dazu hat die deutsche Politik wenig zu bieten. Immerhin: Franz Josef Strauß (CSU) und Joschka Fischer (Grüne) waren in ihrer Jugend als Rennradfahrer im Amateurbereich erfolgreich, Annalena Baerbock im Trampolinsport. Rudolf Scharping (SPD) trimmte sich am Tourmalet und wurde nach dem Ende seiner politischen Laufbahn Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer. Doch weil König Fußball in Deutschland die mit Abstand populärste Sportart ist, warfen sich die meisten am liebsten Fußballschals um und verbreiteten ihre fußballerische Vergangenheit. Helmut Kohl sei ein begnadeter Mittelfeldspieler gewesen. Gerhard Schröder habe in seiner Mannschaft als Stürmer den Rufnamen „Acker“ getragen. Wenn immer bei seinen öffentlichen Wahlkampfauftritten draußen im Lande sich die Gelegenheit bot: Sakko aus, Elfmeterschießen. Über Martin Schulz hieß es, als er SPD-Kanzlerkandidat war, er habe das Zeug zum Bundesligaspieler gehabt. Seit langem gibt es im Bundestag eine fraktionsübergreifende Fußballmannschaft, „FC Bundestag“ mit Namen, die auch im Ausland auftritt, manchmal in halbdiplomatischer Mission. Nebenwirkung: Beilegung politischen Streits beim Spiel und Umkleiden. Mannschaftssport verbindet mehr als Golf, Rennradfahren und Jogging im Berliner Tiergarten, was nicht wenige Abgeordnete tun, der eigenen Fitness wegen und ohne davon viel Aufhebens zu machen – Olaf Scholz zum Beispiel.

In Schals geworfen

Wladimir Putin und Alexander Lukaschenko (o.) beim Ice-Hockey. Gerhard Schröder (SPD) schießt auf eine Torwand (m.). Angela Merkel (CDU) und Joachim Gauck jubeln im Stadion bei der Fußball-WM 2014 (u.).

Fans aber sind sie auch, jedenfalls manche. Indem sich ein Politiker zu einem Fußballverein der Heimat bekennt, stellt er seine Verwurzelung und Herkunft heraus, ohne das noch umständlich erklären zu müssen. Im Bundestag haben sich Fanclubs von Vereinen – aus München, Köln, Frankfurt und Gelsenkirchen zum Beispiel – gebildet, die von den Clubs als Gesprächs- und Kommunikationsforen genutzt werden. Markus Söder (CSU) hängt heimatverbunden am 1. FC Nürnberg. Martin Schulz (SPD) half dem 1. FC Köln bei einer komplizierten Spielertransaktion mit China. Gerhard Schröder war, ehe er wegen seiner Näher zu Putin verstoßen wurde, Ehrenmit-

BUNDESTAGSDIÄT

Schwächeanfälle, Heißhungerattacken – der stressige Alltag in der Politik lässt häufig nicht genug Zeit, gut zu essen. Wie gelingt eine gesunde Ernährung zwischen langen Sitzungen, Gesprächen, Interviews und Reisen? Im Gespräch mit p&k gibt der Gesundheitsberater DOMINIK DOTZAUER Tipps.

INTERVIEW ROUVEN CHLEBNA

Herr Dr. Dotzauer, wenn man auf Instagram #SöderIsst eintippt, erhält man eine kulinarische Auswahl des bayerischen Ministerpräsidenten, der offenbar gern Gulaschsuppe und Schweinenackensteaks isst. Ist das gesund?

an Mikronährstoffen aus den Pflanzen und Ballaststoffen, was in der Summe zum Beispiel zu einem erhöhten Darmkrebsrisiko führt. Kombiniert man stattdessen Fleisch mit Gemüse, zum Beispiel Rindersteak mit Brokkoli, interagieren diese Lebensmittel nachweislich. Pflan-

In Bildern gesprochen, hat Fleisch heutzutage zwei zenstoffe machen ungesunde Stoffe aus dem Fleisch teilkleine Teufelshörnchen. Ich lasse an dieser Stelle den weise unschädlich. Das wird häufig übersehen, dabei ist Umweltaspekt außen vor und spreche es für viele sicherlich eine angenehnur über die individuelle Gesundheit. mere Lösung, Gemüse zu ergänzen, Es wird schon sehr viel Panik verbrei- statt ganz auf Fleisch zu verzichten. tet. Die Kalorien aus fettigem Fleisch Gerhard Schröders Hommage an mit viel Sauce und Nudeln sättigen die Currywurst als „Kraftriegel nur kurz. Klar erscheint es manch- der Facharbeiter“ ist aus Sicht mal so, dass vor allem übergewichtige der Ernährungsmedizin also Menschen immer zur Bratwurst grei- eher mit Vorsicht zu genießen. fen. Aber es ist nicht der Fleischanteil, (lacht) Naja, die Currywurst liefert der die Gewichtsprobleme verursacht. schon Energie, aber eben zu viel. Vielmehr kommt es zu einer Energie- Wie sieht eigentlich der Kraftrievergiftung: Zu viel Energie plus zu viel gel des Veganers aus? Körperfett. Meistens fehlt es hier an Eiweiß.

Vergiftung ist ein starkes Wort Viele essen auch nicht automatisch dafür. Ist Energie wirklich so genug Gemüse, nur weil sie auf tierischädlich? sche Produkte verzichten. Es lohnt sich

Wirklich schädlich am Fleischkon- auch hier, auf Eiweiß und Gemüse zu sum sind sonst nur verbrannte Stellen setzen. Mit einem stabilen Blutzuckeroder Transfette. Zudem mangelt es spiegel können Sie sich in Diskussio-

DOMINIK DOTZAUER ist privater Gesundheitsberater. Er hilft Menschen, ihr Essverhalten in gesündere Bahnen zu lenken. Dabei setzt der Ernährungsexperte auf motivierende Routinen statt einengende Verbote. Er hat am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) zum Thema „Psychologie der Veränderung“ promoviert.

Olaf Scholz bekommt bei der Kanzlerwahl einen Korb mit Äpfeln überreicht (o.). Gerhard Schröder und Peter Struck essen Currywurst (u.).

MISSTRAUENSVORSCHUSS

Zwischen Bürgern und Politik klafft eine VERTRAUENSLÜCKE. Sie setzt sich zusammen aus einzelnen negativen Meinungen, die Menschen über Politiker haben und messbar sind. Wie lässt sich das ändern?

VON FLORENS MAYER

Im politischen Kontext ist Misstrauen eigentlich nicht automatisch negativ. Die Gewaltenteilung ist das zentrale Ordnungselement des Rechtsstaats – und nichts anderes als das institutionalisierte Misstrauen gegenüber politischer Macht. Gleichzeitig sind demokratische Staaten darauf angewiesen, dass die Menschen dem System und seinen Institutionen vertrauen. Das sogenannte Institutionenvertrauen unterscheidet sich in der Regel kaum vom Vertrauen in die Politiker, die diese Institutionen nach außen repräsentieren. Ausnahmen bilden überparteiliche Organe wie die Bundeswehr oder das Bundesverfassungsgericht.

Umso mehr lohnt es sich, genauer nachzuforschen, wie es um das Vertrauen der Menschen in ihre Repräsentanten bestellt ist. Eine repräsentative Bevölkerungsbefragung von Civey ergibt, dass nur rund 20 Prozent der Bundesbürger der Auffassung sind, die meisten Politikerinnen und Politiker in Deutschland seien vertrauenswürdig. Zwei Drittel der Befragten sehen das nicht so. Die übrigen Befragten legen sich nicht fest und antworten mit „unentschieden“. Die „Vertrauenslücke“, die zwischen Wahlberechtigten und Politikerinnen und Politikern aufklafft, lässt sich also präzise beziffern.

Frust im Osten

Bemerkenswert ist der Meinungsunterschied zwischen Ost und West: Im Osten sind fast acht von zehn Befragten der Meinung, die meisten Politiker seien nicht vertrauenswürdig; im Westen sind es etwas mehr als sechs von zehn. Auffällig ist auch, dass sich Alter und Geschlecht kaum auf das Antwortverhalten auswirken. Ein wichtiger Faktor ist dagegen die aktuelle politische Orientierung der Befragten: Die AfD-Anhängerschaft ist fast zu einhundert Prozent der Meinung, die meisten Politikerinnen und Politiker in Deutschland seien nicht vertrauenswürdig. Von den Anhängern der Grünen sind weniger als 40 Prozent dieser Auffassung. Die übrigen Parteianhänger sortieren sich zwischen diesen beiden Maximalwerten ein.

Um die „Vertrauenslücke“ genauer zu verstehen, hat Civey sie mithilfe demoskopischer Instrumente vermessen. Dazu haben wir in unserem Online-Panel drei Aussagen auf Zustimmung getestet. Dabei handelt es sich um Vorurteile gegenüber Politikerinnen und Politikern: • „Die meisten Politiker interessieren sich nicht für die

Probleme der Menschen im Land.“ • „Die meisten Politiker reden nur, statt Probleme zu lösen.“ • „Die meisten Politiker können die Probleme normaler Menschen nicht nachempfinden.“

Alle drei Aussagen werden jeweils von einer deutlichen Mehrheit der Befragten geteilt. Die Zustimmungswerte liegen zwischen rund 70 und rund 80 Prozent. Die drei getesteten Vorurteile existieren also in weiten Teilen der Bevölkerung und sind kein Phänomen, das nur in

ABB. 1: INWIEWEIT STIMMEN SIE DER AUSSAGE ZU: „DIE MEISTEN POLITIKERINNEN UND POLITIKER IN DEUTSCHLAND SIND VERTRAUENSWÜRDIG.“

Stimme eindeutig zu Stimme eher zu

Unentschieden

Stimme eher nicht zu

Stimme eindeutig nicht zu

Grundgesamtheit: Deutschland Befragungszeitraum: 27.07.2022 – 02.08.2022 Stichprobengröße: 5002

4,2

15,0

13,7

22,8

44,3

Angaben in Prozent

Grundgesamtheit: Deutschland  Befragungszeitraum: 27.07.2022 – 02.08.2022   Statistischer Fehler: 5,0 %  Stichprobengröße: 5002  Mittelwerte Quartale

NORDRHEIN-WESTFALEN 61,9 %

RHEINLAND-PFALZ 64,0 %

SAARLAND 64,3 % SCHLESWIG-HOLSTEIN 60,3 %

BREMEN 61,6 % HAMBURG 54,9 % MECKLENBURG-VORPOMMERN 83,4 %

NIEDERSACHSEN 63,4 %

SACHSEN-ANHALT 84,0 % BERLIN 64,5 %

BRANDENBURG 84,0 %

HESSEN 63,3 % THÜRINGEN 79,3 % SACHSEN 80,3 %

BADEN-WÜRTTEMBERG 64,1 % BAYERN 70,4 %

ES GEHT ANS AUSGEMACHTE

UNGESCHRIEBENE REGELN im politischen Betrieb teilen Macht und Positionen unter den Parteien auf. Um die AfD außen vor zu halten, werden immer mehr davon verschriftlicht. Man sollte es damit aber nicht übertreiben.

VON ALEX SCHMIDTKE MITARBEIT: THILO KERHOFF

Gesetzgebung und politische Entscheidungen leben durch Verfahren. Das Grundgesetz und die Geschäftsordnungen unserer Verfassungsorgane bestimmen detailliert, wie die ablaufen. Abseits davon existieren aber auch ungeschriebene Regeln. Diese informellen Verfahren prägen den deutschen Politikbetrieb seit Jahren.

Mittlerweile hat sich das jedoch verändert, insbesondere im Bundestag: Sechs Fraktionen nehmen unter der Reichstagskuppel Platz, koalieren miteinander – und stellen informelle Absprachen teilweise lautstark infrage. Während in manchen Fällen neue Kompromisse gefunden werden, muss in anderen Fällen das Bundesverfassungsgericht über geschriebene und ungeschriebene Ansprüche entscheiden.

Wie wählen die Gewählten?

Nach der Wahl ist vor den Wahlen: Direkt nach der Bundestagswahl beginnt in den Fraktionen ein erbitterter Machtkampf um die Rollen der Vizepräsidenten des Bundestags und die Vorsitze der Ausschüsse. Die Positionen sind einflussreich und prestigeträchtig, denn neben den Fraktionsvorsitzenden sind sie diejenigen, die Themen setzen und Gesetzgebungsverfahren entscheidend steuern können. Obgleich es bei diesen Wahlen um viel Gestaltungsmacht im Parlament geht, sind die Regeln dazu überwiegend ungeschrieben: Lange nominierten alle im Bundestag vertretenen Fraktionen einen eigenen Vizepräsidenten. Die anderen Fraktionen wählten die Kandidaten der anderen dann einfach mit. Ähnlich lief es bei den Ausschüssen. Die größte Fraktion wählte zuerst einen Ausschuss, dessen Vorsitzenden sie stellen wollte. Sodann wählte die zweitgrößte, dann die drittgrößte, bis alle Ausschussvorsitze verteilt waren. Wenn die Fraktionen dann die Kandidaten vorschlugen, die sie an die Spitze des jeweiligen Ausschusses zu setzen gedachten, wurden diese üblicherweise bloß per Akklamation bestätigt.

In Rechtstexten wird diese parlamentarische Praxis nur angedeutet. Art. 40 des Grundgesetzes kennt zwar das Amt des Stellvertreters des Bundestagspräsidenten, legt

aber nichts Näheres fest. Nach § 12 der Geschäftsordnung des Bundestages soll „die Regelung des Vorsitzes in den Ausschüssen […] im Verhältnis der Stärke der einzelnen Fraktionen“ vorgenommen werden. Trotz dieser schmalen Regelung gab es so gut wie keine Probleme – bisher.

Informelle Verfahren unter Vorbehalt?

Mit dem Einzug der AfD in den Bundestag wurden diese informellen Übungen hinterfragt. Die übrigen Abgeordneten zweifelten an der Eignung und Verfassungstreue der Kandidaten, die die Rechtspopulisten aufstellten. Sie wollten den Vorschlägen daher nicht einfach folgen. So wurde seit dem Einzug der AfD 2017 keiner ihrer Kandidaten erfolgreich in das Amt des Vizepräsidenten gewählt. Dagegen zog die AfD-Fraktion vor das Bundesverfassungsgericht. Dieses entschied im März 2022, dass es keinen Automatismus auf eine Vizepräsident-

schaft gibt, sondern stets der Vorbehalt der Wahl durch die Abgeordneten besteht. Eine vergleichbare Diskussion zeichnet sich bei den Ausschussvorsitzen ab: Nach dem oben beschriebenen Verteilungsverfahren könnte die AfD in der aktuellen 20. Legislaturperiode den Vorsitz in drei Ausschüssen übernehmen: im Innenausschuss, im Gesundheitsausschuss und im Ausschuss für Entwicklungszusammenarbeit. Entgegen der üblichen Bestätigung per Akklamation entschieden sich die Abgeordne„In Rechtstexten wird ten für eine Abstimmung über den parlamentarische Praxis Vorsitz in geheimer Wahl. Dabei fienur angedeutet.“ len die Kandidaten der AfD allesamt durch. Auch damit befasst sich nun das Bundesverfassungsgericht. Einen Eilantrag auf Einsetzung der AfD-Kandidaten als Ausschussvorsitzende lehnten die Karlsruher Richter ab – die Hauptsache wird noch verhandelt. In der laufenden Legislaturperiode wird noch ein anderes Besetzungsverfahren hochrelevant, dessen Ausgang das Land auf Jahre prägen wird: Mehr als die

Mitarbeiter und Auszubildene in den Pflegeberufen protestieren auf einer Demonstration, um auf die teils katastrophalen Arbeitsbedingungen aufmerksam zu machen. Im Hintergrund das Hochaus der Charité.

ABGEKLATSCHT

Auf der Straße wird die PFLEGE laut – kein Wunder, dass sie in der Gesellschaft gehört und beklatscht wird. Ihre Forderungen kriegt sie politisch trotzdem nur schwer durchgesetzt. Warum?

VON CELINE SCHÄFER

Das Banner an der Fassade einer Pflegeeinrichtung in Berlin verdeutlicht den Personalmangel.

Ein besonders wichtiger Tag im Jahr ist für Alexander Friedrich-Warnke normalerweise der 12. Mai. Am „Tag der Pflegenden“ gehen Friedrich-Warnke und andere Pfleger und Schwestern auf die Straße. Weil das im vergangenen Jahr wegen der Coronabeschränkungen nur begrenzt möglich war, gab es 2021 noch eine große Demo, und zwar am 29. September – drei Tage nach der Bundestagswahl. Friedrich-Warnke und seine Mitstreiter von „Walk of Care“ wollten schon zu Beginn der Koalitionsverhandlungen Akzente für eine stärkere Pflege setzen. Sie halten auf Demos Plakate mit Aufschriften wie „Wir retten Leben, wer rettet uns?“ oder „Pflegenotstand beenden“ in die Luft.

Ihre Anliegen bewerben sie auch bei Social Media, etwa auf ihrem Instagram-Kanal. Konkret lauten die Ziele des Pflegebündnisses damals wie heute: mehr Personal, eine bedarfsgerechte Finanzierung, angemessene Löhne, bessere Arbeitsbedingungen, eine Fort- und Weiterbildungsordnung und die Basis all dieser Forderungen: politische Mitbestimmung durch Menschen aller Gesundheitsberufe. Mit ihrem Protest ist die Gruppe schon bis ins Büro des ehemaligen Gesundheitsministers Jens Spahn (CDU)

EINE INITIATIVE DES

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