Jesus hat den Tod besiegt und ewiges Leben gebracht. Wir sind Herolde dieser guten Nachricht. 2. Tim 1,10-11
68 . Jahrgang · Nr. 09 ( 8 13 ) September 2024 erscheint monatlich VK: 7716
Jesus hat den Tod besiegt und ewiges Leben gebracht. Wir sind Herolde dieser guten Nachricht. 2. Tim 1,10-11
68 . Jahrgang · Nr. 09 ( 8 13 ) September 2024 erscheint monatlich VK: 7716
Liebe Herold-Leser, in einer Welt, die von Wandel und Unsicherheit geprägt ist, suchen viele nach einer festen Grundlage, auf die sie ihr Leben bauen können. Als Christen haben wir die sicherste und beste Grundlage für dieses und das ewige Leben in dem Evangelium Jesu Christi gefunden. Das Evangelium ist der unverrückbare Mittelpunkt, von dem aus wir die Welt und unser eigenes Leben betrachten und ewige Hoffnung schöpfen können. In dieser Ausgabe widmen wir uns dem Herz des Evangeliums – der Notwendigkeit und Schönheit des Sühnopfers Jesu.
In Jesu Sühnopfer offenbaren sich Gottes Gerechtigkeit und seine unendliche Liebe. «Gnade und Wahrheit sind sich begegnet, Gerechtigkeit und Frieden haben sich geküsst» (Ps 85,11). Gleichzeitig zeigt uns Jesu Sühnopfer, wie tief die Menschheit durch die Sünde gefallen ist und wie hoch die Erlösung durch Christus reicht. Jesus, der sündlose Sohn Gottes, hat das getan, was wir aus
eigener Kraft niemals hätten tun können: Er hat unsere Schuld auf sich genommen und uns den Weg zu einer neuen, lebendigen Beziehung mit Gott eröffnet (1Petr 3,18). In Jesu Opfer sind wir bedingungslos geliebt und angenommen, trotz Fehler und Schwächen. In Gottes Liebe haben wir Frieden, Trost und eine unerschütterliche Hoffnung. Wir hoffen, dass diese Ausgabe Euch zum Nachdenken und zur Anbetung führt, dass Ihr die Bedeutung des Kreuzes neu entdeckt und die Schönheit des Opfers Jesu für Euer eigenes Leben erfahrt. Mögen unsere Artikel und Predigten Eure Herzen berühren und Euch in der Nachfolge Christi stärken.
Im Glauben verbunden,
damit du weißt, dass Gott dir wirklich vergeben hat von Jonathan Malisi
Im Jahr 2012 startete der Radiosender «Energy» eine besondere Aktion: Unter dem Motto «Energy vergibt dir deine Sünden» konnte man im Radio öffentlich seine persönliche Schuld bekennen. Im Anschluss daran durften Zuhörer abstimmen, ob diese konkrete Sünde vergeben wird oder nicht. Meistens war das der Fall. In Fällen, in denen jemand etwas besonders Grausames gestanden hatte, ist es allerdings auch vorgekommen, dass über 80% der Zuhörer meinten «Nein, das kann nicht vergeben werden – das ist zu schlimm!» 1
Auch wenn du jetzt vielleicht den Kopf darüber schüttelst – kennst du nicht auch folgende Sorge und Frage: «Kann es sein, dass Gott irgendwann einmal zu mir sagen wird: Deine Schuld kann nicht mehr vergeben werden! Das, was du getan hast, ist zu schlimm!»? Wenn es dir so geht, dann gibt dir der sogenannte «Versöhnungstag»2 (3Mo 16) zwei grundlegende Antworten darauf: Gott hat sich völlig für dich gegeben und Gott hat dir vollkommen vergeben.
Gott hat sich völlig für dich gegeben
Einmal im Jahr ist es so weit, dass Aaron, der Hohepriester in das Allerheiligste der Stiftshütte gehen darf. Einmal im Jahr steht er dort, wo Gott unmittelbar gegenwärtig ist –vor der Bundeslade, hinter dem Vorhang im Zelt. Es ist der wichtigste Tag des Jahres. Israel soll das nicht vergessen:
1 https://www.pro-medienmagazin.de/wer-darf-suenden-vergeben/; zuletzt abgerufen am 06.04.2023.
2 Auf Hebräisch «yom kippurim» – «Tag der Versöhnungen». Lies vor oder begleitend zu deiner Lektüre dieses Artikels das entsprechende Kapitel der Bibel mindestens einmal langsam und gründlich durch.
«Nicht zu jeder Zeit darf Aaron in das Heiligtum hineingehen. Denn ich erscheine dort in der Wolke über der Deckplatte» (V. 2; vgl. auch 2Mo 40,34-35).
Was passiert, wenn er dennoch an einem anderen Tag in den heiligsten Bereich der Stiftshütte hineingeht? Aaron würde sterben. Das ist kurze Zeit zuvor in 3. Mose 10,2 seinen eigenen Söhnen passiert, als sie «fremdes Feuer» zur Stiftshütte brachten und damit taten, was Gott strengstens untersagt hat. Es wird nur mit einem Satz kommentiert: «Sie starben vor dem Herrn». Ziemlich drastisch. Und ziemlich knapp gehalten für das, was da gerade passiert war. Es gibt also eine Grenze zwischen Gott und Menschen, die selbst diejenigen, die sich Gott aus besten Motiven heraus nähern wollen, nicht einfach übertreten dürfen. Er selbst hat diese Grenzen gesetzt, um uns etwas zu verdeutlichen: «Ich bin heilig und ich bin gut – immer, ausnahmslos». Damit ist er das Gegenteil von dem, wie die Bibel uns Menschen beschreibt. Darum zählt Gott auch auf, was das Volk über das ganze Jahr getan und auf sich geladen hat, nämlich «Unreinheit, Vergehen und Sünden» (V. 16). Doch mitten in all dem Bösen, das sich im Leben seines Volkes über das Jahr angesammelt hat, befindet sich das Heiligtum. Hier ist dieser gute und heilige Gott gegenwärtig. Wenn man sich dem Heiligtum und damit Gott nähern will, muss man rein sein – so wie Gott. Doch so rein ist niemand! Aber einmal im Jahr ist er bereit, alle Schuld seines Volkes auf einmal zu vergeben. Einmal im Jahr darf jemand diese Grenze überschreiten: der Hohepriester. Dafür muss er sich zuerst baden und «leinene Kleidung» anziehen (V. 4). Sobald er das Heiligtum betritt, sieht er jedoch de-
finitiv nicht mehr beeindruckend aus. Normalerweise trägt er ein prächtiges Priestergewand (3Mo 8,7-9), aber heute ist er angezogen wie ein Bettler. So repräsentiert er Menschen, die um ihre Schuld gegenüber Gott wissen.
Auch nach Aaron gab es keinen Priester, für den Gott eine Ausnahme hätte machen können. Kein Priester war sündlos und konnte für andere eintreten, ohne selbst vorher für sich opfern zu müssen, um Sühnung zu erwirken. Bevor er sich für andere einsetzen konnte, musste er Gott seine eigene Schuld bekennen und freigesprochen werden. Das betraf alle bis auf einen Priester – Jesus. In Hebräer 7,25-27 lesen wir:
«Jesus kann diejenigen für immer retten, die sich durch ihn Gott nähern. Denn er lebt für immer, um für sie einzutreten. Denn ein solcher Hohepriester passte auch zu uns: heilig, sündlos, unbefleckt, abgesondert von den Sündern und höher als die Himmel; der nicht Tag für Tag nötig hat, wie die Hohenpriester, zuerst für die eigenen Sünden Schlachtopfer darzubringen, dann für die des Volkes.»
Jesus wird uns als Priester beschrieben, der ganz anders ist als Aaron und alle seine Nachfolger: «sündlos; gerecht; der nicht zuerst seine eigene Schuld bekennen muss» Jesus hat sich mit seinem ganzen Leben für uns eingesetzt. Er garantiert, dass du zu Gott gehörst und deine Schuld wirklich vergeben ist. Als Jesus dein Priester geworden ist, wusste er, was ihn erwartet. Jesus wusste, dass er sterben würde («Er erniedrigte sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz»; Phil 2,8). Wer garantiert dafür, dass deine Beziehung zu Gott intakt bleibt? Wer spricht dir zu, dass deine Schuld vergeben ist? Nicht andere, du oder deine Gefühle, sondern dein liebevoller Priester, Jesus. Dafür ist er geboren, hat er gelitten und ist gestorben – um dein Priester zu sein. Und als Jesus am Ende seines Lebens wie ein Verbrecher am Kreuz stirbt, bringt er nicht nur ein Opfer. Er selbst gibt sich völlig für dich als Opfer hin. Darum führt uns der Versöhnungstag letztendlich nach Golgatha und zeigt: Gott hat sich in Jesus Christus völlig hingegeben – für dich!
Aber der Versöhnungstag gibt uns noch eine zweite Antwort:
Gott hat dir vollkommen vergeben
Reicht das, was der Priester tut, wirklich aus – für jedes Vergehen von jedem im Volk? Oder noch direkter: Ist das, was Jesus getan hat, genug, um auch deine Schuld zu bezahlen?
Hier geht es nicht nur darum, wer der Priester ist, sondern auch, was sein Opfer bewirkt. Das hat mit zwei Ziegenböcken zu tun. Sie dienen als Stellvertreter für das Volk:
«Aaron soll den Ziegenbock herzubringen, auf den das Los für den HERRN gefallen ist, und ihn als Sündopfer opfern. Und der Ziegenbock, auf den das Los für Asasel gefallen ist, soll lebendig vor den HERRN gestellt werden, um für ihn Sühnung zu erwirken, um ihn für Asasel in die Wüste fortzuschicken.» (V. 9-10)
Einer wird direkt geopfert, der andere wird zum Sterben in die Wüste geschickt. Wozu? Es hilft uns, zu verstehen: Gott macht keine halben Sachen. Das kann das ganze Volk sehen, als der erste Ziegenbock stirbt. Denn damit jemand in Gottes Nähe kommen darf, muss Schuld beglichen werden. Darum fließt das Blut eines Stellvertreters – eine schreckliche und gleichzeitig herrliche Wahrheit.
Dann gibt es aber noch den zweiten Aspekt von Vergebung: Was macht Gott mit unserer Schuld? Dafür steht der andere Ziegenbock:
«Und Aaron lege seine beiden Hände auf den Kopf des lebenden Ziegenbocks und bekenne auf ihn alle Schuld der Söhne Israel und all ihre Vergehen nach allen ihren Sünden. Und er […] schicke ihn […] fort in die Wüste, damit der Ziegenbock all ihre Schuld auf sich trägt in ein ödes Land […].» (V.21-22)
Alle Schuld des ganzen Volkes wird bekannt und liegt auf diesem Ziegenbock. Das dauert lange; nach einem Jahr muss viel bekannt werden. Aber dann wird das Ergebnis dieser Handlungen wie folgt zusammengefasst:
«Von all euren Sünden werdet ihr rein sein» (V.30). Der Bock wird in die Wüste geschickt, das Volk ist sündlos. Darum darf er auch nicht mehr dort sein, wo Gottes heiliges Volk ist. Für ihn gibt es hier keinen Platz mehr. Gott gebraucht also einen Stellvertreter, um unsere Sünde aus der Welt zu schaffen. Damals diese zwei Tiere.
Doch in viel großartigerer und endgültiger Weise dann Jesus. Denn so, wie dieses Tier Israels Sünde trägt, ist Jesus in diese Welt gekommen, um unsere Schuld zu tragen. Darum schreibt Jesaja über ihn (Jes 53,5):
«Er war durchbohrt um unserer Vergehen willen, zerschlagen um unserer Sünden willen. Die Strafe lag auf ihm zu unserm Frieden, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden.»
Aber wessen Stellvertreter ist Jesus am Kreuz geworden? Allein ein Wort macht das klar: für alle, die Gott ihre Schuld «bekennen» (V. 20) und auf den Stellvertreter vertrauen. Gott hat Jesus wegen unserer Schuld gesandt. Jedoch wird Sünde nur vergeben, wenn sie auch bekannt wird. Du wirst mit Gott versöhnt, wenn du versöhnt werden willst (vgl. 2Kor 5,20).
Aber ist das nicht zu einfach? Damals nur zwei Tiere? Später Jesus am Kreuz?
Drei weitverbreitete Missverständnisse
Es gibt mindestens drei Missverständnisse, die wir von der Sühne, die Jesus erwirkt hat, haben können. Deswegen fällt uns der Gedanke schwer, dass Gott uns wirklich vollkommen vergeben hat.
Das erste lautet, dass du die Notwendigkeit des Todes Jesu leugnest: «Warum brauche ich überhaupt jemanden wie Jesus? Ich bekomme mein Problem mit Gott allein geregelt. Und wenn er wirklich Gott ist, dann kann er doch einfach so vergeben!». Der Versöhnungstag verdeutlicht, dass Vergebung kostspielig ist. Gott schaut nicht einfach auf das Böse, das du tust, und sagt: «In Ordnung; vergiss das. Ich mag dich trotzdem.» Dann wäre Gott nicht so gut, wie er es behauptet. Dann wäre Gott nicht Gott. Denn wie gut Gott ist und wie furchtbar unsere Sünde, das sehen wir an diesem ersten Bock: Er stirbt, damit wir nicht sterben! Genau das ist das Erschreckende an Gottes Gerechtigkeit und seiner Gnade: wir bekommen die eine nicht ohne die andere. Denn ein Gott, der nicht gerecht ist, verdient keine Anbetung. Aber ein Gott, der nicht gerecht ist, kann auch nicht gnädig sein. Darum sind beide Seiten im Tod von Jesus verschmolzen:
«Hierin ist die Liebe [Gottes offenbart]: nicht, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns
geliebt und seinen Sohn gesandt hat als Sühnung für unsere Sünden.» (1Joh 4,10)
Unsere Sünde ist so schlimm, dass Jesus als vollkommenes Opfer sterben muss, damit Gott sie aus Liebe vergeben kann.
Es kann aber auch sein, dass du den Umfang der Sühne unterschätzt:
«Es gibt Taten in meinem Leben und Gedanken in meinem Herzen, die so schlimm sind, dass Gott sie mir nicht vergeben kann. Ich habe zu viel Schuld auf mich geladen!» Darum ist dieses Opfer hier nicht nur ein Stellvertreter unter vielen möglichen, sondern auch einer, der wirklich alle Schuld aus der Welt schafft:
«An diesem Tag wird man für euch Sühnung erwirken, um euch zu reinigen; von all euren Sünden werdet ihr rein sein vor dem HERRN. […] Ihr sollt für die Söhne Israel einmal im Jahr Sühnung tun wegen all ihrer Sünden.» (V.30+34)
Aber wie kommen wir eigentlich auf den Gedanken, dass bestimmte
Sünden nicht vergeben werden können? Oft sind das Dinge, für die wir uns schämen, uns weiter schuldig fühlen, bei denen wir Angst haben, dass andere von ihnen erfahren. Doch durch den Tod Jesu auf Golgatha sagt Gott zu dir: «Hier werden selbst deine schlimmsten Sünden vergeben!»
Das dritte Missverständnis ist, dass du an der Wirkung des Sühnetodes Jesu zweifelst: «Reicht das wirklich aus? Kann es nicht sein, dass mein Glaube zu schwach, meine Reue nicht ernst genug ist? Hat Jesus Vergebung nicht bloß möglich gemacht? Hängt die Wirkung von Jesu Tod nicht letztendlich an mir? An meiner Entscheidung, Konsequenz und Umkehr?»
Jedes Mal, wenn in 3. Mose 16 von Sühne gesprochen wird, wird deutlich, dass sie wirklich etwas bewirkt und nicht bloß ermöglicht: «Er soll für den Altar Sühnung erwirken [ ] Der Priester soll für sich und das Volk Sühnung erwirken» (V. 18+24). Was hat der Sühnetod Jesu bewirkt? Gott ist nicht nur bereit, durch dieses Opfer alle deine Sünden zu vergeben – er hat es tatsächlich getan:
«Der unsre Sünden selbst hinaufgetragen hat an seinem Leibe auf das Holz, damit wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr heil geworden.» (1Petr 2,24)
Jesus hat dich durch seinen Tod ein für alle Mal von all deiner Schuld befreit. Er hat es nicht nur möglich gemacht. Denn du brauchst Vergebung für alle deine Sünden, sie müssen dir komplett vergeben werden und vor allem auch dauerhaft. All das ist geschehen durch Jesus, deinen Hohepriester. Er hat sich völlig für dich hingegeben, wenn du an ihn glaubst.
Jonathan Malisi ist Pastor in der Immanuel-Gemeinde in Wetzlar mit den Schwerpunkten junger Erwachsener und Verwaltung. Seine Freizeit verbringt er gerne mit Freunden, guten Büchern oder auf dem Rad.
Es gehört seit jeher zum grundlegendsten Verständnis des Evangeliums, dass es sich bei Jesu Opfer am Kreuz um ein von Gott geplantes und von ihm durchgeführtes Stellvertretungsopfer zur Sühnung von Sünden handelt. In den letzten 200 Jahren hat sich aber ein großer Widerstand gegen diese biblische Lehre formiert. Ein Widerstand, der von Glaubenskritikern ausging, mittlerweile aber auch viele Kirchen und Gemeinden infiziert hat.
Während man keine Schwierigkeiten hat, davon zu sprechen, dass Gott seinen Sohn, Jesus Christus, von den Toten auferweckt hat (vgl. Apg 4,10; 5,30), fällt es vielen schwer, die Tatsache zu akzeptieren, dass auch Jesu Kreuzigung von Gott vorherbestimmt und in die Wege geleitet wurde. Dabei spricht die Bibel sehr deutlich davon, dass Gott seinen Sohn in den Tod gegeben hat, dass es zu Gottes Heilsplan gehörte, dass Christus sterben musste. Andererseits spricht die Bibel aber auch sehr klar von der Schuld, die die beteiligten Menschen auf sich geladen haben, als sie den einzig Gerechten, den Herrn der Herrlichkeit ans Kreuz geschlagen haben. In seiner Pfingstpredigt richtet Petrus sich mutig an die verantwortlichen Juden, und sagt ihnen: «Männer von Israel, hört diese Worte: Jesus, den Nazoräer, einen Mann, der von Gott euch gegenüber erwiesen worden ist […] diesen Mann, der nach dem bestimmten Ratschluss und nach
von Benjamin Schmidt
der Vorkenntnis Gottes hingegeben worden ist, habt ihr durch die Hand von Gesetzlosen ans Kreuz geschlagen und umgebracht» (Apg 2,22-23).
Eine sehr starke Aussage. Eine gleiche Formulierung finden wir auch beim Apostel Paulus: «Er [Gott], der seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern für uns alle dahingegeben hat, wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?» (Röm 8,32). Jesus starb, weil Gott es so geplant hatte!
Die stellvertretende Sühne in den Evangelien
Die Evangelien betonen mehrfach, dass Jesus leiden musste (vgl. Mk 8,31; Lk 17,25; 24,7); es führte kein Weg an diesem schrecklichen Gericht vorbei. Noch deutlicher wird dies, wenn man die alttestamentlichen Prophezeiungen des leidenden Messias betrachtet:
Matthäus betont dies oft, indem er explizit davon spricht, dass «damit erfüllt würde, was durch den Propheten gesagt ist». Besonders prägnant ist seine Bezugnahme auf Jesaja 53: «Er hat unsere Leiden getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen» (Mt 8,17), doch er zitiert auch andere Stellen, wie Sacharja 11,12-13, wo von den 30 Silberlingen die Rede ist, dem Preis des Verrats (vgl. Mt 26,15), oder Psalm 22 (vgl. Mt 27,46).
Markus erwähnt weniger explizit die Erfüllung der Prophezeiungen, betont aber stark, dass Jesu Leiden im Einklang mit Gottes Plan steht. Auch er bezieht sich auf Jesaja 53 und Psalm 22, um deutlich zu machen, dass Jesus der leidende Gottesknecht ist (vgl. Mk 15,34).
Lukas betont ebenfalls, dass in Jesu Leiden Gottes Voraussagen erfüllt wurden (vgl. Lk 24,44).
Und auch Johannes fügt seinem Bericht über das Kreuzesgeschehen mehrmals den Hinweis hinzu: «damit die Schrift erfüllt würde» (Joh 19,24.28.36).
Immer wieder, wenn Jesus von seinem bevorstehenden Tod sprach, wies er selbst darauf hin, dass es so geschehen müsse, wie es im Alten Testament ankündigt ist: «Der Sohn des Menschen geht dahin, wie über ihn geschrieben steht» (Mt 26,24).
Der Hebräerbrief offenbart, wie die Fäden der Heilsgeschichte des Alten und Neuen Testaments in Christi Opfer zusammenlaufen. Er macht deutlich, dass die Tieropfer unter dem Alten Bund niemals wahrhaftig die Schuld tilgen konnten (Hebr 10,4). Die Opfertiere des Alten Bundes mussten körperlich untadelig sein und dienten als unfreiwillige Stellvertreter. Christus hingegen brachte sein Opfer sowohl freiwillig dar als auch als derjenige, der vollkommen gerecht vor Gott steht, als der, der in jeder Hinsicht untadelig ist (Hebr 9,14). Die Tieropfer mussten immer wieder neu gebracht werden und konnten kein ewiges Leben schenken, aber Christus brachte sein Opfer «ein für alle Mal und hat uns so eine ewige Erlösung erworben» (Hebr 9,12).
Jesu Tod war also kein Zufall und auch – so schrecklich er war – kein unglückliches Missgeschick, sondern ein Höhepunkt von Gottes Heilshandeln, wie es schon in den Schriften des Alten Testaments angekündigt war.
Die stellvertretende Sühne als Beweis der Herrlichkeit und Gerechtigkeit Gottes Gottes Plan von der stellvertretenden Sühne, dass Christus stellvertretend die Strafe für Sünder trug, wird heute mittlerweile nicht nur von Liberalen, sondern auch von sogenannten Evangelikalen angegriffen. Sie behaupten, es sei grausam, dass Gott die Sünde mit dem Tod bestraft.
Der englische Pfarrer Steve Chalke sieht in der stellvertretenden Sühne «eine Form kosmischen Kindesmiss-
brauchs: ein rachsüchtiger Vater, der seinen Sohn für Vergehen bestraft, die er nicht begangen hat.»
Er schreibt weiter:
«Es ist verständlich, dass Leute sowohl innerhalb als auch außerhalb der Kirche diese verdrehte Version des [Kreuzigungs-] Ereignisses als moralisch zweifelhaft und als ein riesiges Hindernis für den Glauben ansehen. Doch vielmehr noch, ein solches Konzept steht in totalem Widerspruch zu der Aussage: ‹Gott ist Liebe›. Die Sicht, dass das Kreuz Gottes Gericht gegen die Menschheit sei, das von seinem Sohn getragen wird, spottet der Lehre Jesu, dass wir unsere Feinde lieben und Böses nicht mit Bösem vergelten sollen.»
Diese Ablehnung des stellvertretenden Sühneopfers Jesu ist nicht neu. Es gab schon immer Kritiker, die diese wunderbare Lehre abgelehnt haben. Unter anderem vertrat auch der viel bewunderte Prediger Charles Finney die Sicht, dass Christus nicht für Menschen starb, sondern für etwas, für einen Zweck. Und zwar, um Gottes moralische Herrschaft wiederherzustellen und uns ein moralisches Vorbild zu geben, das uns den Weg zum ewigen Leben weisen soll. Auf die Frage: «Warum starb Christus?» lautete Finneys Antwort, dass «das Sühnewerk den Geschöpfen die höchstmögliche Motivation zur Tugend böte.» Und in Bezug auf die Rechtfertigung aus Glauben sagt er: «Die Lehre von der angerechneten Gerechtigkeit, oder dass Christi Gehorsam gegenüber Gottes Gesetz uns angerechnet würde, gründet sich auf einer der falschesten und unsinnigsten Annahmen […] Es kann keine Rechtfertigung eines Sünders im rechtlichen oder forensischen Sinn geben, sondern nur aufgrund seines perfekten und ununterbrochenen Gehorsams dem Gesetz gegenüber.»
Diese Zitate machen deutlich, dass das Problem der Sündhaftigkeit des Menschen, der Sünde als Verstoß gegen Gottes Heiligkeit und das Wunder der Wiederherstellung, das Christi Opfer vollbringt, viel zu gering geschätzt werden. Finney und andere Kritiker der Stellvertretung lehnen daher auch die völlige Verdorbenheit des Menschen ab. Sie sehen den Menschen nicht als hilflosen Sünder an, der Gottes Gnade und souveränes Eingreifen benötigt, um erlöst zu werden, sondern als eigensinnige Sünder, die eine Demonstration von Selbstlosig-
keit benötigen, um dann aus eigener Kraft errettet zu werden. Aus diesem und weiterer Gründe sind Finney und seine Theologie abzulehnen.1
Für Gott ist das höchste Ziel aller Dinge, seine Herrlichkeit sichtbar werden zu lassen (vgl. Hab 2,14). Gott handelt um seines Ruhmes und um der Ehre seines Namens willen (vgl. Jes 43,6-7; 48,9-11; Eph 1,4-7). Da Gottes Herrlichkeit alles umfasst und alles überragt, muss Gott notwendigerweise seine eigene Herrlichkeit zum Ziel aller Dinge machen. Allerdings geschieht dies, anders als bei uns, in Gottes Fall nicht aus Egoismus, sondern zu unserem Wohl. Zu Gottes Herrlichkeit gehört auch seine absolute Heiligkeit und Gerechtigkeit. Aus diesem Grund befiehlt uns der Herr, ihn und seine Herrlichkeit widerzuspiegeln, indem wir beispielsweise selbstlose Liebe anderen gegenüber erweisen und all das lieben, was rein, gerecht und heilig ist (vgl. Röm 12,2; Eph 5,1-20).
Allerdings macht Gottes Wort deutlich, dass wir ohne Unterschied alle gesündigt haben, «und ermangeln der Herrlichkeit Gottes» (Röm 3,23). Gottes Gerechtigkeit und Heiligkeit verlangen, dass jede Ungerechtigkeit bestraft wird. Seine Gebote sind nicht aus der Luft gegriffen, sondern sie fordern das, was als der absolute ewig gültige Maßstab von richtig und falsch, gerecht und ungerecht, von herrlich und gut anzusehen ist. Jeder Verstoß dagegen muss bestraft werden. Daher musste Christus ganz persönlich und freiwillig für unsere Sünden bezahlen, indem «er selbst unsere Sünden am eigenen Leib ans Holz hinaufgetragen» hat (1Petr 2,24).
Christus steht in direkter Verbindung zu jedem dessen Sünden er ans Kreuz getragen hat. Wenn irgendeine wildfremde Person in finanziellen Schwierigkeiten ist, dann kann ich helfen, bin aber nicht dazu verpflichtet. Wenn es sich bei dieser in Not geratenen Person aber um mein eigenes Kind oder meine Ehefrau handelt, ist es nur logisch, dass ich die Schuld bezahle, um den geliebten Menschen vor schlimmen Konsequenzen zu bewahren.
Das verbindende Glied, das uns in den Zustand versetzt, nicht mehr Wildfremde in Gottes Augen zu sein, sondern seine Kinder, besteht allein in
1 Wenn du mehr über das Thema «Charles Finney» wissen möchtest, empfehlen wir unsere Broschüre Charles Finneys beunruhigender Einfluss, von Michael Horton. (Infos auf S. 6.)
Gottes Gnade, durch die er uns durch Jesu Blut mit ihm vereint hat (Eph 2,12-13). Daher ist Gott auch nicht nur gnädig und barmherzig, wenn er den Glaubenden die Schuld vergibt, sondern er ist «treu und gerecht, dass er uns vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit» (1Joh 1,9). «[Wir] werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist. Den hat Gott für den Glauben hingestellt als Sühnung durch sein Blut zum Erweis seiner Gerechtigkeit» (Röm 3,24-25a).
Jesu stellvertretendes Opfer ist somit die höchste Offenbarung von Gottes Herrlichkeit und Gerechtigkeit – sowohl die des Sohnes als auch des Vaters (vgl. Joh 13,31). Das Kreuz Jesu ist die deutlichste Zurschaustellung von Gottes Wesen – des Gottes, der alles gibt und nichts zurückhält, um seine Kinder zu erlösen (vgl. Röm 8,32). Gottes Heilsgeschichte ist eine Geschichte dieser unverdienten Gna-
de und der erstaunlichen Liebe Gottes. Sie ist der Höhepunkt seiner Herrlichkeit. Wenn wir die stellvertretende Sühnung aufgeben, geben wir nicht nur die Heilsgeschichte auf, sondern auch die Liebe und Herrlichkeit Gottes. «Dann haben wir einen Gott, der sich weigert, seinen Sohn im höchsten Maß zu verherrlichen, der nicht bereit ist, seinen Kindern alles von sich zu geben und der seinen Sohn schickt, um zu leiden und zu sterben, obwohl er uns auch auf andere Weise hätte retten können. Das wäre kosmischer Kindesmissbrauch!» (Robert Rothwell).
Somit ist Jesu Sühneopfer nicht nur ein historisches Ereignis, sondern eine lebendige Realität, die das Leben der Gläubigen grundlegend verändert und prägt.
Der Kern des Evangeliums besteht darin, dass Gott die Gottlosen allein aus Gnade durch den Glauben an Jesus Christus errettet und rechtfertigt (vgl. Röm 4,5; Eph 2,8-9). Die einzige Möglichkeit, um als Sünder gerecht vor
Es kann leicht passieren, dass man so sehr von den Auswirkungen eines Predigers beeindruckt ist, dass man es versäumt, den Inhalt seiner Predigten im Licht der Heiligen Schrift zu prüfen. Dies führte auch dazu, dass wir, beim Herold-Verlag über viele Jahre Finneys Dienst als von Gott gewirkte Erweckungen betrachteten, weswegen wir seine Schriften veröffentlicht und anderen weiterempfohlen hatten. Dies änderte sich, als wir uns vor einigen Jahren eingehender mit den theologischen Ansichten Finneys beschäftigt haben.
Der amerikanische Theologe und Autor Michael Horton beleuchtet in dieser Broschüre Passagen aus Finneys Werken, die zeigen, dass Finney wesentliche biblische Lehren, wie die menschliche Verdorbenheit und das Sühneopfer Jesu ablehnte.
Gott dazustehen, wurde von Gott selbst geplant, bewerkstelligt und wirksam umgesetzt. Er hat seinen Sohn dem Tod ausgeliefert und ihn wieder von den Toten auferweckt, damit der Sohn «durch [s]ein Blut Menschen für Gott erkauft aus jedem Stamm und jeder Sprache und jedem Volk und jeder Nation» (Offb 5,9b).
Daher gehören «dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm … Lobpreis und die Ehre und die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit» (Offb 5,13b).
Benjamin Schmidt ist verheiratet mit Hanna und dreifacher Vater. Er ist Leiter der Herold-Schriftenmission und verantwortlich für die Zeitschrift „Herold“.
Bild: privat
Da sich immer wieder Gläubige an uns wenden, mit der Bitte, Finneys Schriften neu zu veröffentlichen, haben wir entschieden, diese kurze aber umfassende Finney-Darstellung von Michael Horton herauszugeben.
Best.-Nr. 163
Auf Spendenbasis
von Andreas Münch
«Ein Wallfahrtslied, gesungen auf dem Weg hinauf nach Jerusalem. Aus der Tiefe schreie ich zu dir, HERR! HERR, höre meine Stimme, schenk meinem lauten Flehen ein offenes Ohr! Wenn du, HERR, die Sünden anrechnen willst – wer kann dann noch vor dir bestehen, o Herr? Doch bei dir gibt es Vergebung, damit die Menschen dir in Ehrfurcht begegnen.» (Psalm 130,1-4)
W enn es um das Thema Sünde, Sühne und Vergebung geht, neigen wir alle dazu, abstrakt davon zu sprechen und nicht persönlich. Es ist angenehmer, das ganze aus der theologischen Warte aus zu betrachten, über die Sünden und Verfehlungen anderer zu sprechen, als über die eigenen. Natürlich mag es Momente geben, in denen wir andere auf ihre Sünde ansprechen müssen, dann hoffentlich mit der richtigen Motivation und dem nötigen Feingefühl. Auch ist ein biblisch-theologisches Verständnis von Sünde und Vergebung für uns Christen wichtig. Dennoch denke ich, sollten wir den Ratschlag aus Sprüche 23,17 häufiger beachten: «Dein Herz eifere nicht gegen die Sünder, sondern um die Furcht des HERRN jeden Tag!» Es geht darum, weg von anderen und ihrem Fehlverhalten zu schauen, um sich selbst vor Gott zu prü-
fen. Genau diese Einstellung hatte auch der Psalmist von Psalm 130. Psalm 130 gehört zur Gruppe der sogenannten Wallfahrtspsalmen (Psalmen 120-134), die alle thematisch miteinander verbunden sind. In Psalm 129 klagte der Psalmist darüber, wie das Volk Gottes unter der Sünde anderer Menschen gelitten hatte. Doch jetzt, in Psalm 130 wendet er den Blick nach innen und sieht, dass auch er selbst, dass auch sie selbst als Gottesvolk vor Gott nicht bestehen können.
Schrei aus der Tiefe (V. 1-2)
Der Beter schreit zu Gott aus der Tiefe und bittet ihn, auf seine flehende Stimme zu hören. Wahrscheinlich ist die Tiefe hier symbolisch gemeint, verglichen mit einer großen Seelennot. Es beschreibt jedenfalls einen verzweifelten Zustand, aus dem er sich nicht selbst heraus helfen kann. Gott ist sein einziger Ausweg aus der Misere, daher wendet er sich an ihn.
Das Problem und die Lösung (V. 3-4)
Nun kommt der Beter auf sein eigentliches Problem zu sprechen, formuliert in einer Frage: Wer kann vor Gott bestehen, wenn er einen mit der eigenen Schuld konfrontiert? Der Psalmist spricht die Antwort nicht aus, weil sie offensichtlich ist: Niemand kann bestehen. Darüber waren sich die Gläubigen im Alten Testament einig. So betete Salomo bei der Einweihung des Tempels: «Wenn sie gegen dich sündigen – denn es gibt keinen Menschen, der nicht sündigt» (1Kön 8,46). In den Sprüchen wird die rhetorische Frage gestellt, auf die die Antwort nur «niemand» lautet kann: «Wer darf sagen: Ich habe mein Herz rein gehalten, ich bin rein von meiner Sünde?» (Spr 20,9). Im Grunde könnte man Paulus’ Aussage in Römer 3,23 als Zusammenfassung des Alten Testaments betrachten:
«Denn alle haben gesündigt und erlangen nicht die Herrlichkeit Gottes.»
Doch er bleibt nicht in seiner Verzweiflung stecken, da er bereits die Lösung für sein Problem kennt: Jahwe ist ein Gott, der gerne vergibt, damit die Beziehung wiederhergestellt werden kann (wahrscheinlich beschreibt Psalm 131 dann diese wiederhergestellte Beziehung). Interessant ist, dass er nicht einfach sagt, dass Gott vergibt, sondern das bei ihm Vergebung ist, genauso wie er anschließend in Vers 7
sagt, dass Gnade und viel Erlösung bei Gott sind. Vergebung, Gnade und Erlösung sind Ressourcen, die wir Menschen brauchen und die bei Gott in Hülle und Fülle vorhanden sind. Wenn wir in unserem Haushalt ein Problem hatten, kam es häufiger vor, dass ein bestimmtes Werkzeug fehlte. Dann wurde meistens mein Schwiegervater angerufen, der für nahezu jede erdenkliche Situation das passende Werkzeug hat. Der Mensch, der sich seiner Schuld und Sünde bewusst wird, darf sicher sein, dass er bei Gott alles finden wird, was er braucht, um sein Sündenproblem aus der Welt zu schaffen.
Wie konkret diese Vergebung zustande kommen sollte, konnte der Psalmist nur bruchstückhaft anhand des alttestamentlichen Opfersystems erkennen. Noch sah er die Endlösung für das Sündenproblem nicht, aber er war sich sicher, dass Gott eine Lösung hatte. Denn in den Versen 5-6 spricht er sein Vertrauen auf Gottes rettendes Wort aus.
Ich harre auf den HERRN (V. 5-6) Gott hatte immer wieder verheißen, dass er sein Volk von ihren Sünden retten würde. Angefangen hatte es im Garten Eden, als Gott den Menschen zwar aus dem Garten vertrieb, aber nicht, ohne ihnen zuvor Hoffnung zu geben, dass eines Tages ein Nachkomme der Frau, den Feind besiegen und die Menschen wieder in den Garten zurückbringen würde (vgl. 1Mo 3,15). Später versprach Gott durch die Propheten, sich endgültig um das Sündenproblem zu kümmern:
«Ich, ich bin es, der deine Verbrechen auslöscht um meinetwillen, und deiner Sünden will ich nicht gedenken.» (Jes 43,25)
«Und ich werde sie reinigen von all ihrer Schuld, mit der sie gegen mich gesündigt und durch die sie mit mir gebrochen haben.»
(Jer 33,8)
Das waren konkrete Zusagen, die Gott seinem Volk verheißen hatte.
Darauf hofft er, genauso wie die Nachtwächter wissen, dass der Morgen früher oder später anbrechen und die dunkle Nacht ablösen wird. Jeder, der schon einmal vor Sorge nachts nicht schlafen konnte, weiß, dass die Zeit sich langsam dahinzieht und man den Eindruck hat, dass es nie hell wird. Genauso muss sich der Psalmist gefühlt haben, der vermutlich in der nachexilischen Zeit gelebt hat und darauf wartete, dass Gott seine Ver-
heißungen endlich wahrmachte. Doch er ist sicher: So wie der Tag anbrechen wird, so sicher wird Gottes Tag des Heils anbrechen. Darauf hofft er. Doch es ist nicht nur die Hoffnung eines Einzelnen, sondern die Hoffnung des ganzen Volkes Gottes.
Harre, Israel auf den HERRN (V. 7-8)
Am Ende weicht der Schrei aus der Tiefe der festen Gewissheit, dass Gott allein Israel von allen seinen Sünden erlösen wird. Als der Engel Gabriel zu Josef im Traum sprach, sagte er ihm über Maria und das Kind, dass sie gebären sollte: «Dem sollst du den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk von aller Schuld befreien» (Mt 1,21). Das, was die Gläubigen des Alten Testaments sehnsüchtig erwarteten, finden wir bei Paulus klar aufgelöst:
«Ihn [Jesus] hat Gott vor den Augen aller Welt zum Sühneopfer für unsere Schuld gemacht. Durch sein Blut, das er vergossen hat, ist die Sühne geschehen, und durch den Glauben kommt sie uns zugute. Damit hat Gott unter Beweis gestellt, dass er gerecht gehandelt hatte, als er die bis dahin begangenen Verfehlungen der Menschen ungestraft ließ. Wenn er Nachsicht übte, geschah das im Hinblick auf das Sühneopfer Jesu. Durch dieses hat er jetzt, in unserer Zeit, seine Gerechtigkeit unter Beweis gestellt; er hat gezeigt, dass er gerecht ist, wenn er den für gerecht erklärt, der sein ganzes Vertrauen auf Jesus setzt.» (Röm 3,25-26)
Jeder von uns ist schuldig vor Gott, doch wenn wir unser Vertrauen in Jesus Christus setzen, dann kommen wir in den Genuss von Gottes Vergebung, Gnade und Erlösung. Gerade weil Gott uns all das in seinem Sohn Jesus anbietet, müssen wir keine Scheu davor haben, uns selbst immer wieder ehrlich und kritisch mit unserer Sünde auseinanderzusetzen, weil wir wissen, dass uns vergeben ist.
Andreas Münch ist Mitarbeiter der Herold-Schriftenmission. Er ist verheiratet mit Miriam und Vater von drei Söhnen.
Was geschieht mit den Menschen, die niemals von Jesus gehört haben?
von R.C. Sproul
Die deutlichste Antwort der Bibel auf die Frage, was mit den Menschen geschieht, die niemals etwas von Christus gehört haben, finden wir im ersten Kapitel des Römerbriefs. Dieser Abschnitt beginnt mit einer erstaunlichen Aussage über Gottes Zorn:
«Offenbart wird nämlich Gottes Zorn vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten.» (Röm 1,18)
Gottes Zorn ist also nicht gegen die Unwissenheit oder Ahnungslosigkeit der Menschen gerichtet, sondern gegen ihre Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit. Beide Begriffe –Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit – sind Oberbegriffe, die eine allgemeine Verhaltensweise beschreiben. Doch was genau beschwört Gottes Zorn herauf? Die Antwort ist klar: das Niederhalten oder Unterdrücken der Wahrheit! Aber welche Wahrheit wird unterdrückt? Das beantworten die folgenden Verse:
«Dabei ist doch das, was man von Gott erkennen kann, für sie deutlich sichtbar; er selbst hat es ihnen vor Augen gestellt. Seit der Erschaffung der Welt sind seine Werke ein sichtbarer Hinweis auf ihn, den unsichtbaren Gott, auf seine ewige Macht und sein göttliches Wesen. Die Menschen haben also keine Entschuldigung, denn trotz allem, was sie über Gott wussten, erwiesen sie ihm nicht die Ehre, die ihm zukommt, und blieben ihm den Dank schuldig.» (Röm 1,19-21)
Was der Apostel Paulus hier beschreibt, bezeichnen Theologen als allgemeine Offenbarung. Den Grund für diese Bezeichnung finden wir im Text selbst: Zum einen ist diese Offenbarung allgemein, weil ihr Inhalt uns etwas Allgemeines über Gott sagt: Erstens sehen wir, dass sie klar und unmissverständlich ist: «Dabei ist doch das, was man von Gott erkennen kann, für sie deutlich sichtbar …» Gott hat den Menschen genug offenbart, sodass sie in der Lage sind, ihn zu erkennen.
Zweitens sehen wir, dass Gottes Offenbarung ihr Ziel erreicht. Er offenbart sich uns nicht bloß auf eine nebulöse Weise, vielmehr lesen wir: «trotz allem, was sie über Gott wussten …» Das Problem der Menschen liegt also nicht da-
rin, dass sie nichts über Gott wüßten, sondern dass sie ihn, trotz allem was sie wissen, ablehnen.
Drittens lesen wir, dass diese Offenbarung schon seit Erschaffung der Welt sichtbar ist. Sie beruht nicht auf einem einmaligen Ereignis, sie ist vielmehr ständig sichtbar und erfahrbar.
Viertens lernen wir daraus, dass Gott sich durch die Schöpfung offenbart. Gottes unsichtbares Wesen ist durch «seine Werke» sichtbar. Die gesamte Schöpfung ist eine herrliche Darstellung von der Existenz und Macht ihres Schöpfers.
Fünftens ist die Schöpfung völlig ausreichend, um dem Menschen jede Ausrede und Entschuldigung zu nehmen.
Wenn Gott sich aber allen Menschen «deutlich sichtbar» gezeigt hat – so wie es Sein Wort ganz klar bezeugt –, dann hat niemand eine Entschuldigung.
Wenn alle Menschen über Gott Bescheid wissen und ihn doch von Natur aus ablehnen, folgt daraus, dass alle Menschen die Errettung brauchen, die Gott in Christus anbietet. Jesus nicht zu kennen heißt, in großer Gefahr zu sein, weil man die allgemeine Offenbarung Gottes ablehnt. Aber etwas von Jesus zu hören und ihn dennoch abzulehnen bedeutet eine noch größere Gefahr, weil man nicht nur den Vater, sondern auch den Sohn ablehnt, den der Vater als Retter gesandt hat. So wird das Evangelium also jedes Mal, wenn es gepredigt wird, für die, die daran glauben, zur herrlichen Rettung und für die, die es ablehnen, zur Verdammnis und zum Tod (vgl. 2Kor 2,16).
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