Barometer Familenfreudlichkeit - Verantwortung und Engagement in Unternehmen

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Motor f端r Reform

Barometer Familienfreundlichkeit Verantwortung und Engagement in Unternehmen

IGS Organisationsberatung GmbH


Barometer Familienfreundlichkeit Verantwortung und Engagement in Unternehmen

Herausgeber: Vereinigung hessischer Unternehmerverbände e.V. hessenstiftung – familie hat zukunft IGS Organisationsberatung GmbH

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Inhaltsverzeichnis Vorwort Staatssekretärin Müller Klepper

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Vorwort Prof. Weidemann

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Editorial

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Impuls: Zukunftsfrage Beruf und Familie – Charlotte Venema

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Impuls: Veränderte Werte – Marcus Schmitz

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Impuls: Familien- und Väterfreundlichkeit – Ulrich Kuther

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Studie Firma und Familie – Befragung zur Familienfreundlichkeit aus Sicht der Beschäftigten

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Studie Fortschritt Familienfreundlichkeit – Sicht der Führungskräfte

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Impuls: Führung ohne Werte? – Johannes Thönneßen

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Studie Fortschritt Familienfreundlichkeit – Sicht der Personaler

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Artikel: Thema ohne HR-Lobby – Marcus Schmitz, Charlotte Venema, Ulrich Kuther

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Die Rolle der Kommunen - Standortfaktor: Familienfreundlichkeit Charlotte Venema

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Vorwort Staatssekretärin Müller-Klepper Neben der zentralen Lage, der Attraktivität für Wirtschaftsunternehmen, dem damit einhergehenden Jobangebot und der Beschäftigungsquote gewinnt in den letzten Jahren ein Faktor für den Standort Hessen und für den Wettbewerb unter Firmen zunehmend an Bedeutung: die Familienfreundlichkeit. Politik, Wirtschaft und Kommunen haben erkannt: Die Vereinbarkeit von Familie, Freizeit und Beruf ist mit entscheidend, um im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig zu bleiben, Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten. Gemeinsames Ziel ist es, jungen Familien ein Umfeld zu geben, in dem sie sich wohlfühlen, das den veränderten gesellschaftlichen Anforderungen, insbesondere dem Rollenwandel von Frauen und der gesellschaftlichen Wertschätzung von Familienarbeit Rechnung trägt. In Gesellschaft und Wirtschaft mangelt es nach wie vor an Unterstützung für Mütter in Führungspositionen und für eine von vielen Männern gewünschte aktive Vaterschaft in partnerschaftlicher Lebensgestaltung. In den vergangenen Jahren ist gemeinsam mit der Hessischen Landesregierung vieles auf den Weg gebracht worden, um die Rahmenbedingungen für Familien zu verbessern und ihnen finanzielle Sicherheit zu geben. Dazu gehören Projekte und Modelle zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, aber auch geldwerte Leistungen. Der Impuls durch die neue Elterngeldregelung greift bereits und sollte auch in den Unternehmen weiter verstärkt werden. Bemerkenswert ist der Anstieg des Väteranteils bei den Elterngeldanträgen auf 20 %. Damit verändert sich auch die Unternehmenskultur. Die hessenstiftung – familie hat zukunft hat gemeinsam mit der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände in gezielten Umfragen ein kleines Monitoring geschaffen, wie es um die Familienfreundlichkeit in den Unternehmen bestellt ist. Es hat sich vieles bewegt; aber es gibt noch großen Handlungsbedarf. Ich wünsche mir, dass wir in den Betrieben und in den Kommunen zügig weiter vorankommen auf dem Weg hin zu einer familienfreundlichen Arbeitswelt in Hessen.

Petra Müller-Klepper Staatssekretärin im Hessischen Sozialministerium und Vorstandsvorsitzende der hessenstiftung – familie hat zukunft

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Vorwort Die demografische Entwicklung verändert bereits heute unser Arbeits- und Wirtschaftsleben. Die Anzahl der jungen Menschen, die neu in das Berufsleben eintreten, wird in den nächsten Jahren kontinuierlich zurückgehen. Know How und Kompetenz werden zum Engpassfaktor in den Unternehmen werden. Das Thema „Fachkräftemangel“ war durch die Wirtschaftskrise nur vorübergehend auf Stand By geschaltet. Mit den ersten Zeichen eines konjunkturellen Aufschwungs steht der Fachkräftebedarf wieder ganz oben auf der Tagesordnung. Wir müssen die Veränderungen der Bevölkerungsstruktur und des Arbeitskräftepotentials als Faktum in der Unternehmensplanung einbeziehen und bereits heute Lösungen für die Arbeitswelt von morgen entwickeln. Denn gutes Management gestaltet die Zukunft, statt Trends hinterher zu rennen. Wir erwarten von Fach- und Führungskräften, dass sie sich mit ganzer Kraft für ihr Unternehmen einsetzen. Wer alle Potentiale mobilisieren will, braucht eine neue Synthese zwischen Arbeits- und Privatleben. Wenn Fachkräfte knapp werden, haben die Unternehmen die Nase vorne, die attraktive Arbeitsbedingungen bieten. Für junge Talente und gesuchte Fachkräfte stehen bei der Wahl ihres Arbeitgebers eine gute Arbeitsatmosphäre, Glaubwürdigkeit und die Balance zwischen Beruf und Privatleben ganz oben auf der Prioritätenliste. Deshalb ist familienfreundliche Personalpolitik ein zentraler Baustein für gutes und nachhaltiges Human ResourceManagement. Das Know How, die Kompetenz, die Ideen und das Engagement der Mitarbeiter sind die Basis für die Wettbewerbsfähigkeit und die Innovationskraft jedes Unternehmens. Menschen sind unser wichtigstes Kapital.

Prof. Dieter Weidemann Präsident der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände

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Dr. Ulrich Kuther, Marcus Schmitz, Charlotte Venema

Editorial Im Jahre 2009 haben die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e.V., die hessenstiftung – familie hat zukunft und die IGS Organisationsberatung GmbH umfangreiche Befragungen zum Fortschritt im Thema Familienfreundlichkeit in Zusammenarbeit mit Medienpartnern wie der Frankfurter Rundschau oder der Personalwirtschaft durchgeführt. Die Befragungen stehen in enger Beziehung zu anderen Studien, die in dieser Kooperation seit mehreren Jahren zur Familienfreundlichkeit von Unternehmen durchgeführt und veröffentlicht werden. Zielgruppen waren einerseits die Beschäftigten in Organisationen und Unternehmen, andererseits auch die Personaler sowie die Führungskräfte, die wir für Schlüsselgruppen halten, wenn es um den Erfolg bei der Implementierung von familienfreundlichen Maßnahmen geht. Nachdem wir die unterschiedlichen Befragungen durchgeführt und ausgewertet haben, entwickelte sich folgendes Gesamtbild: Die Beschäftigten haben ein Vereinbarkeitsproblem zwischen Beruf und Privatleben. Der Alltag fordert von ihnen eine Lösung. So stellen sie ihre Maßnahmen zusammen, ziehen die Konsequenzen und gestalten die individuelle Balance. Häufig mit negativen Auswirkungen auf und für die Unternehmen. Innerhalb der Unternehmen positionieren sich tendenziell die Personaler in der Weise, dass sie die Umsetzung von familienfreundlichen Maßnahmen den Führungskräften zuschreiben. Diese wiederum sehen das Thema als Personaleraufgabe. Bezieht man die Geschäftsleitung in die Betrachtung ein, dann findet diese, dass es ein wichtiges Thema ist, vermarktet es auch aktiv nach außen, kümmert sich aber nicht mehr um die tatsächliche Umsetzung. Diese Kurzdiagnose liefert kein befriedigendes Ergebnis, so dass wir zu dem Schluss gekommen sind, diese „Zusammenarbeit“ zwischen den Stakeholdern im Unternehmen nochmals umfassend und um Artikel ergänzt darzustellen. Das Ergebnis der Bemühung halten Sie in den Händen. So freuen wir uns, wenn Sie aus den Impulsartikeln und den Untersuchungsergebnissen für sich oder Ihr Unternehmen das herausfiltern, was Sie in Ihrem Interesse und Ihrer Aufgabe weiterbringt. Erarbeiten Sie Ihren individuellen Maßnahmenplan, um Fortschritte zu erzielen. Es freut uns, wenn wir mit dieser Veröffentlichung dazu Anregungen liefern und zum weiteren Fortschritt bei der Umsetzung beitragen können. Charlotte Venema

Dr. Ulrich Kuther

Marcus Schmitz 5


Charlotte Venema

Zukunftsfrage Beruf und Familie „Voraussagen soll man unbedingt vermeiden, besonders solche über die Zukunft.” (Mark Twain). Diese Volksweisheit gibt es - als lapidare Fassung - auch auf Kölsch: Et es, wie et es. Et kütt, wie et kütt. Et hätt noch immer jot jejange.  Irgendwie werden wir uns schon durchwurschteln. Aber es gibt einige Entwicklungen, die schon jetzt mit einem nicht mehr veränderbaren Automatismus ablaufen. Dazu gehört die demografische Entwicklung. Prognosen und Lernprozess Eine Gesellschaft, in der über 50-jährige die Mehrheit der Bevölkerung stellen auf diese Gesellschaft bewegen wir uns zu - , wird andere Rollenmuster entwickeln als sie das 20. Jahrhundert kannte oder die wir heute kennen. Die Mitarbeiterstruktur in den Unternehmen wird sich markant verändern. Auch noch so heftige Bemühungen, die bisherige Altersstruktur zu erhalten oder ständig zu verjüngen, können rein rechnerisch nur in wenigen Fällen erfolgreich sein. Es Eine Gesellschaft, in der über 50-jährige lohnt sich also, die eigene die Mehrheit der Bevölkerung stellen - auf Personalstrategie auf den diese Gesellschaft bewegen wir uns zu - , Prüfstand zu stellen und wird andere Rollenmuster entwickeln als sie neue, angepasste Konzepte das 20‘ste Jahrhundert kannte oder die wir zu entwickeln. Wir können heute kennen. Die Mitarbeiterstruktur in den nicht einfach weitermachen Unternehmen wird sich markant verändern. wie bisher. Pardon, wir sollten nicht einfach weitermachen wie bisher.  Natürlich ist auch Ignoranz möglich. Aber „Et hätt noch immer jot jejange“ können nur die sagen, die überlebt haben. Management ist Zukunftsplanung. Unternehmen haben über Jahre Personalabbau durch Frühverrentung Management ist Zukunftsplanung. und Abfindungen erkauft und dabei ihre Belegschaft verjüngt. Aber 2009 war das erste Jahr, in dem wir plötzlich feststellen mussten, dass junge Menschen knapp werden. Überraschenderweise tritt das tatsächlich ein, was in den Bevölkerungsprognosen schon seit Jahrzehnten ablesbar war. Kein Wort mehr von Lehrstellenmangel. Das deutsche Handwerk 6


startet eine Kampagne, um das Image der Handwerksberufe aufzupolieren und Bewerber anzulocken.  Trotz Wirtschaftskrise versuchen Unternehmen entgegen früheren Praktiken, ihre Kernbelegschaft fast um jeden Preis zu halten. Das deutsche Jobwunder erstaunt die internationale Öffentlichkeit. Aber es ist nicht die plötzlich entdeckte Liebe zu dem bewährten Mitarbeiter. Es ist die schlichte Erkenntnis: Die ausscheidenden Jahrgänge oder einmal gekündigte Fachkräfte lassen sich also nicht mehr so einfach ersetzen. Was man hat, das hat man.  Wie überleben wir mit einer älter werdenden Bevölkerung in Konkurrenz zu Nationen mit einem Altersdurchschnitt unter 30 Jahren? Noch kann man sich in 50 % der mittelständischen Unternehmen nicht vorstellen, Mitarbeiter bis 67 zu beschäftigen. Das tatsächlich vorhandene Arbeitskräftereservoir entspricht nicht den Erwartungen der Wirtschaft. Also wird sich eines von beiden verändern müssen. Das Arbeitskräftepotential lässt sich bei realistischer Betrachtung nur auf drei Wegen beeinflussen: Zuwanderung, Ausweichen ins Ausland, Potentiale besser ausschöpfen. Alle drei Wege werden beschritten werden. Aber auch in der Summe ändert dies nichts Wesentliches an der demografischen Entwicklung. Folglich werden sich auch die Erwartungen der Realität anpassen. Krisenangst und neuer Aufbruch Menschen spüren und fürchten besonders in Krisensituationen, dass nichts so weitergehen wird wie bisher. Existenzgrundlagen, sozialer Status und Rollenbilder verändern sich in der Regel langsam und sukzessive. Auf diesen Prozess kann man durch ebenso langsame Anpassung reagieren. Aber die letzten Jahre zeigen, dass sich lange Zeiten relativer Stabilität und langsamer Veränderung mit Zeiten schneller Umbrüche und radikaler Veränderungen abwechseln. Es gibt Kulminationspunkte, nach denen nichts mehr so ist wie vorher. Der Zusammenbruch der Sowjetunion hat nicht nur in einer Kettenreaktion die politischen Systeme des Ostblocks beseitigt. Er hat auch völlig neue Märkte geöffnet und neue Konkurrenten auf den Markt gebracht. Russische Automobilzulieferer prüfen ensthaft, deutsche Automobilkonzerne zu kaufen. China macht vergleichbare Entwicklungen durch. Einerseits Billiglohnland, andererseits ein neuer Akteur mit aggressiver Strategie und schnell wachsender Kompetenz, auch in exportfähigen Hochtechnologien. Indien, Lateinamerika und Afrika drängen mit jungen, wachsenden Volkswirtschaften auf den internationalen Markt. Die Globalisierung der Wirtschaft ist keineswegs abgeschlossen. Die Konsequenzen der laufenden Entwicklung werden uns noch eine zeitlang in Atem 7


Charlotte Venema Zukunftsfrage Beruf und Familie

halten. Die Bankenkrise ist dabei ein Symptom. Das internationale Finanzsystem hat noch keine Lösung gefunden (sie arbeiten daran), um sich zu konsolidieren und gegen Risiken abzuschotten. Neue Rollenbilder Neuorientierungen finden sowohl auf Unternehmensebene als auch in der privaten Lebensplanung und den individuellen Erwartungen statt. Menschen ändern ihre Prioritäten. Veränderte Rollenbilder und neue Familienstrukturen beeinflussen die Erwartungen der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber. Arbeitnehmer suchen nach Freiräumen, um ihr Veränderte Rollenbilder und neue FamiliPrivatleben zu gestalten. enstrukturen beeinflussen die Erwartungen Es wird in Zukunft der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber. weniger Personen geben, Arbeitnehmer suchen nach Freiräumen, um die zugunsten der Familie ihr Privatleben zu gestalten. langfristig aus dem Arbeits- und Berufsleben ausscheiden oder ganz auf Erwerbstätigkeit verzichten. Diese typische Frauenrolle verteilt sich auf beide Geschlechter. Aber das Ergebnis ist nicht, dass es neben Dauerhausfrauen auch Dauerhausmänner gibt. Beide geben nur noch vorübergehend zu Gunsten der Familie den Beruf auf oder reduzieren vorübergehend ihre Arbeitszeit. Unternehmen, die die Qualifikationen dieser Mütter und Väter nutzen wollen, müssen mit einem Patchworkmuster von zeitlichen Gestaltungsmöglichkeiten zurechtkommen. Aber es wird kaum eine Alternative geben. Denn: Qualifikation ist ein knapper werdendes Gut. Die Weltbevölkerung wird bis zum Jahr 2050 weiter wachsen. Aber dieses Wachstum findet fast ausschließlich in Ländern Qualifikation ist ein statt, die noch nicht in der Lage sind, die breite knapper werdendes Gut. Masse ihrer Bevölkerung gut auszubilden. Die Bevölkerung in den hoch entwickelten Industrieländern stagniert oder geht leicht zurück. Damit verändert sich das Verhältnis der Hochqualifizierten zu Menschen mit einfacherer Qualifikation. Gleichzeitig steigen die Anforderungen. Qualifikation wird zur knappen Ressource.

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Charlotte Venema Zukunftsfrage Beruf und Familie

Wir brauchen eine neue Synthese zwischen Mensch und Arbeit. Die strikte Trennung von Beruf und Privatleben, die zur (eigentlich absurden) Frage nach der Vereinbarkeit von Beruf und Familie führt, ist eine Erfindung des Industriezeitalters. Maschinen waren der Taktgeber, nicht der Mensch. Das Ergebnis: standardisierte Arbeitszeiten, gleichförmige Massenbeschäftigung neue Technologien bieten bisher nicht und die strikte Trennung von Beruf denkbare neue Gestaltungschancen. und Familie. Die ArbeitszeitverFamilie und Privatleben können sich kürzung auf 30 Stunden, als eine wieder mit dem Beruf  verzahnen. Methode, den Konflikt aufzulösen, ohne etwas an den Arbeitsbedingungen zu ändern, ist eine Illusion geblieben. Aber neue Technologien bieten bisher nicht denkbare neue Gestaltungschancen. Familie und Privatleben können sich wieder mit dem Beruf  verzahnen. Die physische Anwesenheit an einem bestimmten Arbeitsplatz ist immer weniger gefordert. Arbeit ist von Anwesenheit entkoppelt. Es entsteht eine neue Arbeitsorganisation auf der Basis neuer Technologien. Und wo bleibt der Mensch? Innovation ist in letztlich keine Frage von Technik, Maschinen, Methoden oder Investitionen. Es ist eine Frage des Einsatzes und der Führung von Menschen. Nur Menschen entwickeln neue Konzepte und Lösungen. Maschinen sind nicht innovativ. Nur Menschen können aus Forschungsergebnissen, Technik, Maschinen, Methoden und Innovation ist in letztlich keine Frage Kapital neue Konzepte entwickeln. von Technik, Maschinen, Methoden Die meisten Innovationen beruhen oder Investitionen. Es ist eine Frage auf der Zusammenführung von des Einsatzes und der Führung von bisher getrennten Komponenten. Es Menschen. gab sie schon, aber niemand hatte sie zusammen gedacht. Menschen entscheiden über Innovation, Qualität und Wachstum. Unternehmen müssen nicht nur am Markt bestehen. Sie müssen auch den Menschen gerecht werden, die für sie arbeiten.   („You can’t manage knowledge. Knowledge is between two ears, and only between two ears. “. (Peter Drucker))

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Unternehmen, die soziale Veränderungen und Veränderungen der Märkte zusammen denken, sind fit für die Zukunft. Variable Gestaltungsmöglichkeiten zwischen Beruf und Familie werden bei der Gewinnung und Bindung von Fachund Führungskräften wichtiger werden. Diese Modelle kann man nicht aus dem Boden stampfen. Jedes Unternehmen braucht ein eigenes, angepasstes Konzept. Es muss zur Unternehmenskultur passen. Eine neue Unternehmenskultur entsteht nicht durch Beschluss der Geschäftsleitung. Sie muss langsam wachsen. Deshalb haben Frühstarter mit Zukunftskonzepten bessere Karten. Sie sind besser für das gerüstet, was an demografischer Entwicklung noch auf uns zukommt. Wer erst reagiert, wenn die alte Struktur nicht mehr funktioniert, hat die Zukunft verschlafen. Unternehmen, Mitarbeiter und Management, sollten gemeinsam Lösungen finden, die den Veränderungen gerecht werden. Dies erfordert Mut, Neues auszuprobieren. Wer heute Radieschen sät, kann morgen keine Ananas ernten (Volksmund).

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Marcus Schmitz, IGS Organisationsberatung GmbH

Veränderte Werte Oft ist die Rede vom Wertewandel. Offensichtlich ist damit gemeint, dass viele oder alle Mitglieder der Gesellschaft andere Dinge für wichtig halten, als dies in vergangenen Zeiten der Fall war. Ist dieses Phänomen neu? Sicherlich nicht. Wenngleich Wertvorstellungen in Gesellschaften etwas sehr stabiles sind, hat es stets in der Vergangenheit auch Veränderungen gegeben. Schließlich hat sich die Gesellschaft immer wieder entweder schleichend oder auch abrupt geändert. Basis für Veränderungen sind häufig gewandelte Wertvorstellungen. Auch Generationenkonflikte sind nicht neu und ein Zeichen dafür, dass zwischen jung und alt andere Werte präferiert oder als wichtig erachtet wurden. Kurzum, auch wenn die Wissenschaft sich mit dem Phänomen seit den 70iger Jahren beschäftigt, kann getrost davon ausgegangen werden, dass Wertewandel ein altes Phänomen ist. Was macht das Thema gerade jetzt interessant und beachtenswert? Eine aktuelle Veränderung lässt sich ausmachen, die wahrscheinlich eine Neuartigkeit aufweist: Differenzierung und Individualisierung in den Wertvorstellungen. Mit anderen Worten: Gesellschaftliche Veränderungen gingen in der Vergangenheit mit „Bewegungen“ einher. Frauenbewegung, Friedensbewegung etc. waren die Auslöser für Veränderungen in der Gesellschaft und ein bewusstes Hinterfragen bestehender Ansichten. Heute? Bewegungen sind in Deutschland selten geworden, genauer gesagt geradezu verschwunden. Die Bewegung individualisiert sich. Sehr wenige nehmen sich mehr die Zeit zu einer Demonstration zu gehen. Stattdessen hinterfragen wir für uns, was uns wichtig ist. Wir stellen unsere individuellen Rechnungen auf, was uns was bringt und wie hoch der Aufwand ist. Wir beschließen für uns, wo wir uns einbringen und zurückziehen. Wir schauen auf uns und weniger auf die Gemeinschaft. Wir ändern unser eigenes Verhalten, statt uns Verbündete zu suchen und eine Bewegung zu starten. Was ist die Konsequenz aus dieser Individualisierung? Zum einen sind die Konsequenzen sehr deutlich beobachtbar. Die Menschen ziehen sich aus Gemeinschaften zurück. Schwindende Mitgliederzahlen bei Gewerkschaften, Kirchen, Parteien, d.h. letztlich bei Wertegemeinschaften sind zu beobachten. Auch Vereine klagen über sinkende Mitgliederzahlen und weniger Konstanz bei der Mitgliedschaft. Früher traten die Bewohner einer Ortschaft in einen Verein ein, um zur Gemeinschaft zu zählen und zu zeigen, dass die Gemeinschaft für sie wichtig 12


ist. Heute treten die Bewohner ein, um eine Leistung in Anspruch zu nehmen (z. B. Fußballtraining für die Kinder). Sie treten wieder aus, wenn sie die Leistung nicht mehr abrufen. Nutzen statt Gemeinschaft. Zum anderen sind die Konsequenzen der Entwicklung ein zurückgehender gesellschaftlicher Konsens darüber, was denn für eine Gesellschaft wichtig ist. Die Auseinandersetzung, was eine Gesellschaft möchte (früher zum Beispiel Frieden), findet nur eingeschränkt bis kaum wahrnehmbar statt. Ob und in welcher Form und mit welchem Ergebnis eine solche Auseinandersetzung stattfinden müsste, ist lediglich ideologisch zu klären und eine Frage der Bewertung – nicht der Analyse. Stellen wir diese Entwicklung in den Zusammenhang zum Thema dieser Veröffentlichung, dann ergibt sich die Fragestellung, welche Aspekte des Wertewandels in einem besonderen Zusammenhang zum Arbeitsleben stehen. Drei ausgewählte Tendenzen sollen die Auswirkungen auf Unternehmen beschreiben. Zum einen ist der Wertewandel in Teilen gegen die Bedürfnisse des Arbeitslebens gerichtet. Diesen Aspekt können wir beispielsweise bei einer zunehmenden Anzahl von Vätern beobachten. Während der Beruf immer umfassender Teile des Privatlebens in Anspruch nimmt, immer umfangreichere Forderungen stellt und einen immer höheren Einsatz erfordert und erwartet, ziehen sich viele Väter aus dem Erfüllungsdruck dieser Forderung zurück. Sie ziehen Grenzen, nehmen für sich in Anspruch Nachmittage mit den Kindern zu verbringen, Freizeit zu haben und auf Sicht einen Ausgleich zwischen Beruf und Privatleben hinzubekommen. Sie hinterfragen angebotene Karriereschritte, lehnen diese ggf. auch ab, stellen den (u. U. zusätzlichen) Aufwand in ein Verhältnis zum (zusätzlichen) Nutzen. Eine weitere Tendenz kann darin ausgemacht werden, dass der Wandel gegen die klassischen zugeschriebenen sozialen Rollen gerichtet ist. Der Mann, der Karriere macht, die Frau, die ihm den Rücken freihält. Diese Rollen wollen nicht mehr per se bedient werden. Frauen sind beruflich erfolgreich und gehen nach kurzen Pausen nach der Geburt wieder einer Erwerbstätigkeit nach. Oder sie stellen die eigene berufliche Karriere in den Vordergrund und verzichten auf Familie mit Kindern. Männer nehmen sich eine Auszeit, um von den Kindern etwas mitzubekommen. Die Rollen gleichen sich einerseits an, andererseits trifft dies häufig auf Unverständnis und ausgeübten Rechtfertigungsdruck, warum man sich gerade so verhält, wie man sich verhält. Wie oben bereits Individuelle Aushandlungsprozesse bestimmen erwähnt individualisieren die Lebensentwürfe, nicht die gesellschaftliche sich tendenziell die Norm bzw. Rollenfestschreibung Vorstellungen. Individuelle 13


Marcus Schmitz Veränderte Werte

Aushandlungsprozesse bestimmen die Lebensentwürfe, nicht die gesellschaftliche Norm bzw. Rollenfestschreibung. Damit erleben wir viele unterschiedliche Möglichkeiten, viele differenzierte Wertesysteme, die gelebt werden wollen und gelebt werden. Fragt man nach den Ursachen für diese Veränderungen, dann können zwei – ebenfalls exemplarisch – ausgewählte Bereiche ausgemacht werden. Zum einen führen wir für uns eine ausgesprochen ausgeprägte Sinndiskussion. Auf der Suche nach „dem Sinn des Lebens“ – „dem Sinn unseres Lebens“ treffen wir Entscheidungen. Zum Beispiel sind Kinder heute eine Entscheidung, die sich besonders in der gesellschaftlichen Mitte nach dem Lebensentwurf richtet. Damit werden Kinder Sinnstifter. Dies ist im Gegensatz zu den früher häufiger anzutreffenden ökonomischen Faktoren (Kind auch als Arbeitskraft und damit als jemand, der zum Familieneinkommen und zur Altersabsicherung beiträgt) zu sehen. Die Frage nach dem Sinn treibt viele um und führt zu anderen Entscheidungen, als dies früher der Fall war. Eine zweite Ursache kann darin vermutet werden, dass die Werteveränderungen auf eine Überforderung im Erwerbsleben zurückzuführen sind. Mit dem Schlagwort „Grenzen setzen als Antwort auf die Entgrenzung“ von Arbeits- und Privatleben ist umschrieben, dass es viele gibt, die eine Antwort auf die beschriebenen Entwicklungen im Berufsleben in einer stärkeren Gewichtung des Privatlebens sehen. „Cocooning“ oder „Regrounding“ sind Begriffe von Forschungsinstituten, die diese Entwicklung beschreiben. Die Ansicht über das „böse Erwerbsleben“ und die „heimische Geborgenheit“ führen zu anderen Gewichtungen, als dies früher der Fall war. Die Enttäuschung ist umso größer, wenn man feststellt, dass das Privatleben ähnlich komplex und dynamisch geworden ist, wie der Berufsalltag. Was bedeutet dies für Unternehmen? Zunächst stellt sich die Frage nach der Abhängigkeit von gesellschaftlichen Entwicklungen. Haben diese Einfluss auf Unternehmen? Absatzseitig ist dies relativ eindeutig zu beantworten. Es entstehen neue Produkte und neue Märkte, da eine Nachfrage vorhanden ist. Zum Beispiel die gesamte Zeitmanagementliteratur oder auch die Ratgeber für alle Lebenslagen profitieren davon ebenso wie eine steigende Nachfrage nach „Lebensberatung“. Die Absatzseite betrachten wir an dieser Stelle nicht vordergründig. Die Erkenntnis des derzeitigen und Es interessiert hier, wie unser Thema zukünftigen Arbeitsmarktes für Familienfreundlichkeit oder allgmeiner Unternehmen lautet: Qualifiziertes das Personalmanagement von dieser Personal wird zum Engpassfaktor. Entwicklung beeinflusst wird. Dazu 14


muss man den gesellschaftlichen Wertewandel in die demografische Entwicklung einbetten. Die Erkenntnis des derzeitigen und zukünftigen Arbeitsmarktes für Unternehmen lautet: Qualifiziertes Personal wird zum Engpassfaktor. Daraus entstehen drei Forderungen an den Umgang mit dem Personal: 1. So attraktiv als Arbeitgeber sein, dass man für qualifiziertes Personal interessant ist (Rekrutierung). 2. Mit den Beschäftigten so umgehen und auf deren Bedürfnisse so eingehen, dass sie im Unternehmen bleiben (Bindung). 3. Rahmenbedingungen gestalten, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereit sind, einen großen Einsatz in das Unternehmen zu investieren (Ressourcennutzung). Es liegt schnell auf der Hand, dass Familienfreundlichkeit damit ein Schlüsselthema für Unternehmen ist, um die Auswirkungen des gesellschaftlichen Wertewandels abzufedern. Die Berücksichtigung von persönlichen Bedürfnissen der Beschäftigten ist in das Personalmanagement ebenso zu integrieren wie in die Führungsarbeit. Nur so können die drei Forderungen erfüllt und Personal in ausreichender Qualität und Quantität dem Betrieb zur Verfügung gestellt werden. Die folgenden Umfragen zeigen diese Entwicklung sehr deutlich – und auch das Erfordernis, im Unternehmen festzulegen und zu steuern, wer sich darum kümmert.

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Ulrich Kuther, hessenstiftung – familie hat zukunft

Familien- und Väterfreundlichkeit Familienfreundlichkeit ist en vogue und doch noch nicht wirklich gelebt. Viele Unternehmen schmücken sich nach außen mit dem neuen Attribut, das über Indizes, Audits und Demographieatlanten transportiert wird. Aber was tun sie wirklich nach innen, damit Führungskräfte und Mitarbeiter eine familienfreundliche Unternehmenskultur leben und erleben? Die Nagelprobe besteht darin, Familienfreundlichkeit einmal als Väterfreundlichkeit durchzubuchstabieren. Solange eine Unternehmensleitungen Familienfreundlichkeit als Frauenthema betrachten durfte, konnte sie den Personalbereich damit betrauen, ein paar familienfreundliche Maßnahmen als gefällige Sozialleistungen anzubieten. Eine wirkliche unternehmerische Entscheidung zur Gewinnung und Bindung der besten Fach- und Führungskräfte war dies nicht. Vorbilder gelebter Vereinbarkeit auf Führungsetagen musste man suchen. Es ist eben etwas anderes, ob Sachbearbeiterinnen, Sekretärinnen und Arbeiterinnen in der Produktion Teilzeitjobs und Rückkehrgarantien einfordern oder ob der Virus „Elternzeit“ Ingenieure und Vertriebsleute infiziert, die ihre Vaterschaft ausleben wollen, ohne auf berufliche Entwicklungschancen zu verzichten. Väterfreundlichkeit ließe sich nicht mehr als Sozialleistung für den Moment definieren, sondern forderte strategische Entscheidungen mit Langzeitwirkung ein. Die gesellschaftliche Entwicklung mit der Veränderung der überlieferten Geschlechterrollen und der neuen Vielfalt von Familienformen erlaubt es nicht länger, bei Familienfreundlichkeit nur an Frauen zu denken. So wie sich Frauen durch die wachsende Berufstätigkeit in eine Ernährerfunktion Die gesellschaftliche Entwicklung mit hineinentwickelt haben, ohne auf der Veränderung der überlieferten die Kindererziehung zu verzichten, Geschlechterrollen und der neuen fordern Männer für sich stärker die Vielfalt von Familienformen erlaubt Erzieherfunktion ein und lassen es nicht länger, bei Familienfreundsich nicht mehr auf den Ernährer lichkeit nur an Frauen zu denken. der Familie einschränken. Männer wollen schlicht gute Väter sein und sich mit Zeit in die Familie einbringen. Die jeweilige Gewichtung ist unterschiedlich und wird heute von den Paaren nach den eigenen Entwicklungschancen individuell miteinander verhandelt. Politik und Gesetzgebung haben auf diesen Trend reagiert und sich deutlich vom Modell der 16


Alleinernährerfamilie verabschiedet, nicht zuletzt durch die aktuellen Unterhaltsregelungen im Familienrecht. Die Nagelprobe Väterfreundlichkeit wurde insofern durch das Bundesfamilienministerium unterstrichen, als es mit den „Vätermonaten“ im Elterngeld monetäre Anreize zur Teilhabe an der Kindererziehung schuf. Die Veränderung für die Unternehmen liegt darin, dass ihre bisherige Abschottung gegen das Thema deshalb nicht mehr funktioniert, weil jetzt plötzlich auch die Männer ihre Rolle in der Familie entdecken und neue Lösungen fordern. Damit verändert sich die Qualität des Drucks. Väter und Mütter und pflegende Frauen und Männer ziehen Konsequenzen, entscheiden sich zunehmend für die Familie, deren Wert für viele wächst. Plötzlich haben Männer wie Frauen ein Vereinbarkeitsproblem und den Umsetzungsdruck. Sie lösen ihre Probleme, auch zu Lasten der Unternehmen. 40 Prozent der Personalmanager bestätigen in der hier dokumentierten Umfrage, dass Männer die Vereinbarkeit von Beruf und Familie stärker einfordern als vor zwei Jahren. Auch bestätigen die Befragten zu über 50 Prozent, dass die Akzeptanz für die Inanspruchnahme von Maßnahmen zugunsten der Familie bei männlichen Mitarbeitern gestiegen ist. In einer Online-Umfrage ließ die hessenstiftung – familie hat zukunft 2008 die Anforderungen von Vätern an einen familienfreundlichen Arbeitgeber erheben. Dabei befürchteten über 70 Prozent der Befragten negative Auswirkungen auf ihre Karriere durch die Nutzung familienfreundlicher Angebote. Die Erwartungen an den Arbeitgeber kreisen um zeitliche Flexibiltät von Home Office über Vertrauensarbeitszeit bis Elternzeit. Ein Drittel der Befragten würde zugunsten tatsächlicher Familienfreundlichkeit im Unternehmen auf bis zu 10 Prozent des Gehalts verzichten. Hier zeigt sich am Beispiel der Väter, welches Potenzial das Thema Familienfreundlichkeit gerade bei wieder anziehender Konjunktur für alle Seiten hat, um bei der zeitlichen wie finanziellen Ausgestaltung von qualifizierten Arbeitsplätzen klug zu verhandeln und den wachsenden Leistungsdruck zu kompensieren. Die hessenstiftung – familie hat zukunft hat die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Stiftungszweck in ihrer Verfassung verankert. Von Anfang an hat die Stiftung den Akzent darauf gesetzt, dass auch Männer ein Vereinbarkeitsproblem haben, und den Förderbereich „Väter in Familie und Beruf“ etabliert. Von Seite der Emanzipations- und Frauenbewegung war gelegentlich die süffisante Kritik zu vernehmen, nun dürften auch die Männer mal die Probleme besprechen, die sie als Frauen seit über 30 Jahren bewegten. Die strategische Entscheidung der Hessenstiftung, gerade die Männer in der Vereinbarkeitsfrage zu stärken, erwies sich im Laufe der Jahre als richtungsweisend, da das Väterthema plötzlich ganz oben auf der Agenda des gesellschaftlich-politischen Diskurses stand. Es erweist seine 17


Ulrich Kuther Familien- und Väterfreundlichkeit

Brisanz gerade darin, kein Lobbythema für ein Geschlecht zu sein, sondern Fragen aus der emanzipatorischen Frauenbewegung mit neuem Schwung und ökonomischer Dringlichkeit wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Wie können bestimmte Berufe in bestimmten Branchen stundenreduziert, in Teilzeit oder vom Home Office aus ausgeübt werden? Können Führungsaufgaben nur in Vollzeit, d.h. in einer über 40-Stunden–Woche erbracht werden oder gibt es dazu intelligente Alternativen? Kann die Phase der Elternzeit genutzt werden, andere Mitarbeiter an Führungsaufgaben heranzuführen? Welche neuen Kompetenzen bringt die Person mit, die sich in der Elternzeit schließlich nicht in einen Jahresurlaub verabschiedet hat, sondern als Familienmanager betätigt hat? Wird angesichts der wachsenden Zahl der Väter, die Erziehungsaufgaben und mehr Zeit für Familie auch für sich reklamieren, nicht auch die immer noch bestehende, ungerechte Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern sich aufheben müssen, weil das Ausfallrisiko nicht mehr nur bei einem Geschlecht liegt? Familienfreundlichkeit bewusst und konsequent als Väterfreundlichkeit zu buchstabieren, schafft eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Unternehmen machen ihren Standort demograFamilienfreundlichkeit bewusst und fiefest, Mitarbeiter auf allen konsequent als Väterfreundlichkeit zu Hierarchieebenen gewinnen Zeitflebuchstabieren, schafft eine Win-Winxibilität, Familien gewinnen Zeit Situation für alle Beteiligten. füreinander, Kinder haben mehr von ihren Eltern und die Gesellschaft gewinnt neue Zukunftschancen.

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Ergebnisse der Online-Befragung: „Firma & Familie“, Befragung von Beschäftigten Die Umfrage „Firma & Familie“ ist ein gemeinsames Projekt der hessenstiftung – familie hat zukunft, der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e.V. und der IGS Organisationsberatung GmbH. Im Medienpartnerschaft mit der Frankfurter Rundschau und der Wirtschaftszeitung Aktiv wurden Beschäftigte nach ihrer Meinung zu Familienfreundlichkeit von Unternehmen befragt. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen deutlich, dass für die Beschäftigten das Thema wichtig ist. Im Übrigen nicht nur für Frauen – auch Männer fühlen sich von der Umfrage angesprochen. Und natürlich bestätigen sie, dass der Konflikt in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf Alltag ist. Aber: Die Beschäftigten reagieren. Sie verändern ihre berufliche Situation und lösen damit ihre Konflikte. Ob dies auch immer der beste Weg für die Unternehmen ist, darf man natürlich bezweifeln. Immerhin beschäftigen sich mehr und mehr Unternehmen mit Familienfreundlichkeit – freilich in unterschiedlichem Ausmaß und mit unterschiedlichem Fokus. Überwiegend entsteht der Letztlich lösen in den Unternehmen Eindruck einer großen PR-Aktion diejenigen die Vereinbarkeitsfrage, die des Vorstands zur Positionierung den Konflikt haben: die Beschäftigten. des Unternehmens als attraktiver Sie haben den Handlungsdruck und Arbeitgeber. Auf die Umsetzung und lösen ihre Probleme mit gesteigertem eine familienfreundliche UnternehSelbstbewusstsein. menskultur kann dann allerdings nicht mehr so viel Aufwand verwendet werden. Schade eigentlich! Letztlich lösen in den Unternehmen diejenigen die Vereinbarkeitsfrage, die den Konflikt haben: die Beschäftigten. Sie haben den Handlungsdruck und lösen ihre Probleme mit gesteigertem Selbstbewusstsein. Insofern ergibt sich das Bild, dass Beschäftigte Familienfreundlichkeit leben, die Geschäftsleitung an das Marketing für das Unternehmen denkt, der Personalbereich nur in eingeschränkter Weise proaktiv das Thema aufnimmt und die Führungskräfte mit den Anforderungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fertig werden müssen. 19


Ergebnisse der Online-Befragung: „Firma & Familie“

Die Umfrageergebnisse im Einzelnen:

I. Demografische Daten I. 1 Allgemeine Informationen Zeitraum der Befragung Die Online-Befragung fand im Zeitraum vom 08.11.2008 bis zum 02.03.2009 statt. Anzahl der Teilnehmer Dieser Auswertung liegen die Daten von 896 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zugrunde. Verteilung auf Bundesländer Über die Hälfte der Befragten stammt aus Hessen.   Baden-Württemb. Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg-V. Niedersachsen NRW Rheinl.-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holst. Thüringen Benelux Österreich Schweiz Anderes Land Gesamt 20

Anzahl 86 92 29 5 2 7 478 6 34 91 28 1 10 7 4 7 0 1 0 5 893

Prozent 9,6 10,3 3,2 0,6 0,2 0,8 53,5 0,7 3,8 10,2 3,1 0,1 1,1 0,8 0,4 0,8 0,0 0,1 0,0 0,6 100,0


Geschlecht der Teilnehmer Zwei Drittel der Teilnehmer/-innen sind weiblich.   weiblich männlich Gesamt

Anzahl 577 315 892

Prozent 64,7 35,3 100,0

Altersstruktur der Teilnehmer Die Teilnehmer/-innen sind zwischen 19 und 66 Jahre alt. Die meisten Befragten sind im Alter von 31 bis 50 Jahren. Das Durchschnittsalter liegt bei 40 Jahren.   Bis 30 Jahre 31-40 Jahre 41-50 Jahre 51-60 Jahre Über 60 Jahre Gesamt

Anzahl 106 351 323 100 8 888

Prozent 11,9 39,5 36,4 11,3 ,9 100,0

Familiäre Situation der Teilnehmer Der überwiegende Teil der Befragten hat Kinder und lebt in einer Partnerschaft. Im Durchschnitt hat jede/r Teilnehmer/in 1,9 Kinder (von einem bis über sechs Kinder).   Mit Partner Ohne Partner Gesamt

Anzahl 752 142 894

Prozent 84,1 15,9 100,0

Mit Kindern Ohne Kinder Gesamt

Anzahl 730 158 888

Prozent 82,2 17,8 100,0

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Ergebnisse der Online-Befragung: „Firma & Familie“

Eine Minderheit der Befragten pflegt zusätzlich zur Berufstätigkeit Familienangehörige.   Pflegeaufgaben Keine Pflegeaufgaben Gesamt

Anzahl 51 844 896

Prozent 5,7 94,3 100,0

I.2 Erwerbsbezogene Informationen Bereich / Sektor Die Teilnehmer/-innen stammen zu gleichen Teilen aus Industrie, Dienstleistungssektor und öffentlichem Dienst.   Industrie Dienstleistung Öffentlicher Dienst Sonstige Gesamt

Anzahl 267 262 265 99 893

Prozent 29,9 29,3 29,7 11,1 100,0

Unternehmensgröße (Anzahl der Mitarbeiter) Die Teilnehmer/-innen arbeiten in Betrieben unterschiedlicher Größe. Große Unternehmen mit über 3.000 Beschäftigten und KMU mit 50-500 Mitarbeitern sind stark repräsentiert. Mitarbeiter 1-9 10-49 50-249 250-499 500-999 1.000-2.999 3.000 und mehr Gesamt

22

Anzahl 53 104 151 142 118 106 211 896

Prozent 6,0 11,8 17,1 16,0 13,3 12,0 23,8 100,0


Position im Unternehmen Der Großteil der Befragten hat keine Führungsverantwortung.   Führungskraft Experte Sachbearbeiter/Arbeiter Sonstige Gesamt

Anzahl 221 316 340 99 877

Prozent 25,2 36,0 38,8 11,1 100,0

II. Auswertung der Fragen II.1 Allgemeine Fragen zur Familienfreundlichkeit Frage 1: Setzt sich Ihr Arbeitgeber mit dem Thema Familienfreundlichkeit auseinander?   ja nein Gesamt

Anzahl 582 309 891

Prozent 65,3 34,7 100,0

Frage 2: Setzen Sie sich persönlich mit dem Thema Familienfreundlichkeit auseinander?   ja nein Gesamt

Anzahl 859 35 894

Prozent 96,1 3,9 100,0

23


Ergebnisse der Online-Befragung: „Firma & Familie“

Frage 3: In welchem Ausmaß erleben Sie einen Konflikt zwischen beruflichen und familiären Anforderungen? Skala von 1 (kein Konflikt) bis 5 (starker Konflikt) 1 = kein Konflikt 2 3 4 5 = starker Konflikt Gesamt Mittelwert

Anzahl 61 136 271 255 170 893 3,4

Prozent 6,8 15,2 30,3 28,6 19,0 100,0

Frage 4: Haben Sie Ihre berufliche Situation schon einmal verändert, um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können? Mehrfachantwort nein ja, Stellenwechsel ja, Arbeitgeberwechsel ja, Ablehnung Karriereschritt/e ja, sonstige Gesamt

Anzahl 335 154 120 246 191 896

Prozent 37,4 17,2 13,4 27,5 21,3

Frage 5: Für wie familienfreundlich halten Sie Ihren Arbeitgeber? Skala von 1 (überhaupt nicht familienfreundlich) bis 5 (sehr familienfreundlich) 1 = überhaupt nicht ff* 2 3 4 5 = sehr ff* Gesamt Mittelwert *ff = familienfreundlich 24

Anzahl 111 206 272 200 102 891 3

Prozent 12,5 23,1 30,5 22,4 11,4 100,0


Frage 6: Beobachten Sie, dass Familienfreundlichkeit in Ihrem Unternehmen in den letzten 2-3 Jahren häufiger thematisiert wird? Mehrfachantwort ja, seitens Geschäftsleitung ja, seitens direktem Vorgesetzten ja, seitens Personalabteilung ja, im Kollegenkreis nein, keine Veränderungen Gesamt

Anzahl 301 123 196 361 284 896

Prozent 33,6 13,7 21,9 40,3 31,7

Frage 7: Wird in Ihrem Unternehmen zunehmend Wert darauf gelegt, über die eigenen familienfreundlichen Aktivitäten zu berichten? Mehrfachantwort   ja, intern ja, extern nein, keine Veränderungen Gesamt

Anzahl 256 154 579 896

Prozent 28,6 17,2 64,6

II.2 Fragen zu familienfreundlichen Instrumenten Frage 8: Welche der folgenden Instrumente zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf existieren bei Ihrem Arbeitgeber? Mehrfachantwort Auswahlmöglichkeiten: • Instrumente zur zeitlichen Flexibilisierung (z.B. Gleitzeit, Vertrauensarbeitszeit, Teilzeitmodelle) • Instrumente zur örtlichen Flexibilisierung (z.B. Home Office) • Kinderbetreuungsangebote (z.B. Betriebskindergarten, Kooperationen mit Kitas) 25


Ergebnisse der Online-Befragung: „Firma & Familie“

• Möglichkeiten der Freistellung / Sonderurlaube (z.B. zur Pflege von Angehörigen) • Serviceleistungen für Familien (z.B. Wäsche-, Bügel-, Einkaufsservice) • Netzwerke für Eltern • Finanzielle Unterstützung für Eltern (z.B. Zuschüsse für Kinderbetreuung) • Themenspezifische Seminarangebote • Sonstige • Keine Instrumente Trifft zu Anzahl Prozent

Zeitliche Flexibilisierung Örtliche Flexibilisierung Kinderbetreuung Freistellungen Serviceleistungen Netzwerke Finanzielle Zuschüsse Seminarangebote Keine Instrumente

Trifft nicht zu Anzahl Prozent

Gesamt Anzahl (%)

655

77,5

190

22,5

845 (100%)

352

41,7

493

58,3

845 (100%)

175 327 29 37 59 58 131

20,7 38,7 3,4 4,4 7,0 6,9 15,5

670 518 816 808 786 787 714

79,3 61,3 96,6 95,6 93,0 93,1 84,5

845 (100%) 845 (100%) 845 (100%) 845 (100%) 845 (100%) 845 (100%) 845 (100%)

Auswertung der Kategorie „Sonstige“ (N = 36) Rang

26

Oberpunkt

Beschreibung

Anzahl

%

1

Ferienbetreuung

z.B. Ferienangebote für Kinder, vergünstigtes Ferienprogramm

11

30,6%

2

Räumlichkeiten für Eltern und Kinder

z.B. Eltern-Kind-Arbeitszimmer, Kinderspielzimmer, kindgerechtes Büro

9

25,0%

3

Beratungsangebote

z.B. Familienservice, Kooperation mit Service- und Beratungsstellen, Ansprechpartner und Beauftragte im Unternehmen

8

22,2%

4

Informationen

z.B. Newsletter und Emails zur Vereinbarkeit, Informationen über Ferienangebote für Kinder

3

8,3%


Weitere Nennungen (jew. 1 Mal): • Kinderkrankheitstage • Verlängerte Elternzeit • Teilzeit bei Führungskräften • Wiedereingliederungsprogramm für Berufsrückkehrerinnen • Aktionen für und mit Mitarbeiterkindern • Unterstützte Familienteilzeit

Frage 9: Sind darunter Instrumente, die erst in den letzten 2 bis 3 Jahren neu eingeführt wurden, um den Beschäftigten die Vereinbarung von Familie und Beruf zu erleichtern? Mehrfachantwort Trifft zu Trifft nicht zu Gesamt   Anzahl Prozent Anzahl Prozent Anzahl (%) Zeitliche 91 10,8 754 89,2 845 (100%) Flexibilisierung Örtliche 110 13,0 735 87,0 845 (100%) Flexibilisierung Kinderbetreuung 90 10,7 755 89,3 845 (100%) Freistellungen 58 6,9 787 93,1 845 (100%) Serviceleistungen 17 2,0 828 98,0 845 (100%) Netzwerke 18 2,1 827 97,9 845 (100%) Finanzielle Zuschüsse 18 2,1 827 97,9 845 (100%) Seminarangebote 9 1,1 836 98,9 845 (100%) Keine Instrumente 390 46,2 55 53,8 845 (100%) Auswertung der Kategorie „Sonstige“ (N = 24) Rang

Oberpunkt

Beschreibung

Anzahl

%

1

Kinderbetreuung

v.a. Ferien-, aber auch Notfallbetreuung

13

54,2%

2

Eltern-KindZimmer

Möglichkeit, die Kinder mit zur Arbeit zu bringen und entsprechende Räumlichkeiten

4

16,7%

2

Beratungsangebote

Kooperation mit Service- und Beratungsstellen, Ansprechpartner und Beauftragte im Unternehmen

4

16,7%

27


Ergebnisse der Online-Befragung: „Firma & Familie“

Weitere Nennungen (jew. 1 Mal): • 2 x insgesamt stärkere Nutzung bestehender Instrumente • 1 x Angebot von Eltern-Kind-Kursen Frage 10: Haben Sie innerhalb der letzten 2 bis 3 Jahre verstärkt von familienfreundlichen Angeboten Ihres Arbeitgebers Gebrauch gemacht?   Ja Nein Gesamt

Anzahl 281 539 820

Prozent 34,3 65,7 100,0

Frage 11: Werden die vorhandenen Möglichkeiten zur Vereinbarung von Familie und Beruf im Unternehmen heute klarer kommuniziert als vor 2 bis 3 Jahren? Mehrfachantwort ja, durch Geschäftsleitung ja, durch Personalabteilung ja, durch direkte/n Vorgesetzten nein, keine Veränderungen Gesamt

Anzahl 189 136 58 557 845

Prozent 22,4 16,1 6,9 65,9

II.3 Fragen zur Unternehmenskultur Frage 12: Haben Sie den Eindruck, dass sich in Ihrem beruflichen Umfeld die Akzeptanz gegenüber der Nutzung familienfreundlicher Maßnahmen verändert hat?   Gestiegen Gesunken Unverändert Gesamt

28

Anzahl 286 86 438 810

Prozent 35,3 10,6 54,1 100,0


Frage 13: Beobachten Sie, dass inzwischen mehr Väter in Ihrem Unternehmen in Elternzeit gehen bzw. Elternzeitmonate nutzen?   Ja Nein Gesamt

Anzahl 318 490 808

Prozent 39,4 60,6 100,0

Frage 14: Haben Sie in den letzten 2 bis 3 Jahren verstärkt familienfreundliche Maßnahmen eingefordert? (z.B. gegenüber Ihrem Vorgesetzten)   Ja Nein Gesamt

Anzahl 370 438 808

Prozent 45,8 54,2 100,0

Frage 15: Hat Ihr Betriebsrat/Personalrat schon einmal klar zum Thema Familienfreundlichkeit Stellung bezogen? ja nein weiß nicht es gibt keinen BR*/PR** Gesamt *BR = Betriebsrat / **PR = Personalrat

Anzahl 230 223 220 140 813

Prozent 28,3 27,4 27,1 17,2 100,0

Frage 16: Hat Ihr/e Vorgesetzte/r schon einmal klar zum Thema Familienfreundlichkeit Stellung bezogen?   ja nein weiß nicht Gesamt

Anzahl 329 357 124 810

Prozent 40,6 44,1 15,3 100,0 29


Ergebnisse der Online-Befragung: „Firma & Familie“

Frage 17: Hat sich das Verhalten Ihrer/s Vorgesetzten im Hinblick auf Familienfreundlichkeit in den letzten 2 bis 3 Jahren in irgendeiner Weise verändert? Anzahl 91 498 224 810

ja nein weiß nicht Gesamt

Prozent 11,1 61,3 27,6 100,0

Frage 18: Wenn ja, inwiefern? (N = 63) Mehrfachnennungen Rang 1

2

3

4

5

6

7

30

Oberpunkt

Beschreibung Anzahl Weniger Rücksicht, weniger Akzeptanz, weniger Toleranz für Mütter, schwierigere Bedin18 Verschlechterung gungen für Teilzeit-Kräfte, Ablehnungshaltung gegenüber Elternzeit Mehr Verständnis und Aufgeschlossenheit, mehr Toleranz bei Ausfällen, bessere 16 Mehr Akzeptanz kurzfristigen Bedingungen für Teilzeitkräfte, eher Zustimmung zu Home Office Führungskraft ist nun selbst Betroffenheit der betroffen (hat geheiratet, Kinder 14 bekommen, selbst die Erfahrung Führungskraft gemacht) z.B. Erweiterung der flexiblen Ferienbetreuung, Einführung neuer Arbeitszeit, 11 Ausbau der Telearbeit, Planung Instrumente weiterer familienfreundlicher Maßnahmen Mehr Kommunikation, öffentliches Gesprächsthema, Stärkere 6 Thematisierung Führungskraft fragt nach Befindlichkeit der Mitarbeiter Suche nach individuellen Lösungen, mehr Sensibilität für Eingehen auf 5 die Bedürfnisse der Mitarbeiter, MitarbeiterbeSchaffung alternativer Möglichdürfnisse keiten Stärkere Ausei- Druck durch Geschäftsleitung, Betriebsrat, Arbeitnehmervertre3 nandersetzung tungen durch Druck

% 28,6%

25,4%

22,2%

17,5%

9,5%

7,9%

4,8%


Zitate: • „Früher: wenn Mütter zeitlich inflexibel sind, sollen sie ihre Arbeitszeit reduzieren oder überhaupt nicht arbeiten. Heute wird akzeptiert, wenn eine Vollzeitkraft ggf. bereits um 14.00 Uhr im Rahmen von Gleitzeitregelungen ihren Arbeitstag wegen Kinderbetreuungsaufgaben beendet.“ • „In der Personalplanung teilzeitbeschäftigten Müttern einen freien Tag zu gewähren, war vor fünf Jahren noch ein Sakrileg. Ebenso verhielt es sich bei der Rücksichtnahme auf Zeitwünsche Beschäftigter. Mangelndes Qualitätsbewusstsein bei der Arbeit, schwieriger Spagat, zu partizipatorischer Führungsstil waren die "Anmerkungen" von vorgesetzten Stellen.“ • „Durch personellen Wechsel des Vorgesetzten: der jetzige Vorgesetzte ist jünger und hat selbst kleine Kinder, dadurch wird Familienfreundlichkeit mehr thematisiert.“ • „Da das Thema im Gesamtunternehmen an Stellenwert gewinnt, müssen sich "notgedrungen" auch lokal Führungskräfte positiv damit auseinander setzen.“ • „Die Arbeitszeitinanspruchnahme und Leistungsanforderungen lassen seit Jahren private Beziehungen als Vorbedingung zur Familiengründung bei Mitarbeitern unter 40 scheitern, während ältere Mitarbeiter den Familienstand bei Einstellung bereits mitbringen.“ • Kommentar des Vorgesetzten: „Wenn es Ihnen nicht passt, können Sie ja gehen! Es gibt genügend Arbeitslose, die Ihren Job haben möchten.“ •

„Verhalten ist schlechter geworden -übt Druck aus, vorhandene Arbeitszeitregelungen nicht in Anspruch zu nehmen -übt Druck aus, indem Mehrarbeit bevorzugt an Personen mit Kindern gegeben wird -schlechtes Klima bzgl. der Einhaltung von Arbeitszeiten.“

• „NEGATIV!!! Ich bin 8 Wochen nach der Entbindung wieder Vollzeit arbeiten gegangen, sonst wäre ich den Job los, soviel zum Thema Familienfreundlichkeit.“ •

„Verständnis und Toleranz für Mütter hat abgenommen, Teilzeitkräfte (meist Mütter) werden fachlich kaum gefordert und gelten nicht als vollwertige Arbeitskräfte.“

31


Ergebnisse der Online-Befragung: „Firma & Familie“

II.4 Abschließende Fragen Frage 19: Beobachten Sie darüber hinaus Veränderungen in Ihrem Unternehmen, was das Thema Familienfreundlichkeit angeht?   ja nein Gesamt

Anzahl 188 602 790

Prozent 23,8 76,2 100,0

Frage 20: Wenn ja, welche? (N = 148) Veränderungen auf kultureller Ebene Rang Oberpunkt 1

2

3

4

5

6

32

Beschreibung Anzahl % Zunehmende Thematisierung, Durchführung von Umfragen/Studien, Thema 25 16,9% gewinnt an Integration ins Diversity-Mgmt., StateBedeutung ments der Geschäftsleitung, öffentliche Diskussion usw. Mehr von Home OfficeAkzeptanz z.B. für die Nutzung und flexibler Arbeitszeit, 24 16,2% für Nutzung Arbeitsplätzen mehr Selbstverständlichkeit vorhandener insgesamt Maßnahmen und offenere Türen Mit Instrumenten wird geworben, Kultur bleibt aber unverändert, Ausmaß der Worte 16 10,8% Angebote reicht nicht aus (z.B. Kinderungleich betreuungsplätze), wenig Rücksicht durch Taten direkte Vorgesetzte Aufbau Benennung von Ansprechpartnern in einer Unternehmen / Familienbeauftragten, 12 8,1% internen von Servicestellen und Infrastruk- Einrichtung Arbeitskreisen tur Mangelnde Anerkennung von Arbeitnehmern in Teilzeit, keine Karriere in Geringe 7 4,7% Akzeptanz Teilzeit möglich, schwierige Umsetzung v.a. bei Führungskräften, fehlende AkzepTeilzeit tanz für die Nutzung von Teilzeit Stärkeres Mehr Toleranz für Väter, Väter nehmen familiäres Angebote verstärkt 5 3,4% Engagement familienfreundliche wahr bei Vätern


6

7

Mehr individuelle Lösungen Weniger Verständnis für Mitarbeiter mit Familie

Einzelfallbezogen Maßnahmen, die nicht viel kosten (z.B. Kinder mit ins Büro bringen, Schüler-Ecke ...)

5

3,4%

v.a. bei Fehlzeiten bedingt durch Krankheit der Kinder, weniger Flexibilität bzgl. Rückkehrern/-innen

4

2,7%

Veränderungen auf instrumenteller Ebene Rang Oberpunkt 1 2

3 4 5 6

Zertifizierung Ausbau von Maßnahmen zur Flexibilisierung Ausbau von Angeboten zur Kinderbetreuung Grenzen der Umsetzung Familienorientierte Aktionen Einschränkung vorhandener Instrumente

Beschreibung Anzahl % Teilnahme am Audit „Familie und Beruf“, Re-Auditierung, Umsetzung entsprechen23 15,5% der Maßnahmen Mehr Home Office-Plätze, mehr Arbeitszeitmodelle, längere Urlaubsübertragung, Familienteilzeit …

19

12,8%

Mehr Betriebskindergärten, Ferienbetreuung, Pläne für Kitas

18

12,2%

Scheitern an der Realität: sinkender Personalstand, keine Ressourcen

5

3,4%

z.B. Familienfeste, Weihnachtsfeiern

3

2,0%

Kürzere Öffnungszeiten der Kita, billigeres Familienservice-Paket

2

1,4%

Weitere Nennungen: • 2 x gesetzliche Lage erschwert jungen Müttern und Vätern den Berufseinstieg • 1 x Einsatz des Betriebsrats • 1 x mehr Engagement für ältere Mitarbeiter • 1 x Seminare zum Thema • 1 x weniger Verständnis von Kollegen

33


Ergebnisse der Online-Befragung: „Firma & Familie“

Zitate • „Das Unternehmen ist sich der Bedeutung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie bewusster geworden und nimmt sich dem Thema selbstverständlicher an.“ • Früher waren Teilzeitkräfte "untragbar bzw. nicht erwünscht" aber in letzter Zeit werden es doch ein paar mehr Stellen.“ • „Im Bemühen weibliche Ingenieure zu gewinnen mehr Familienleistungen: Krippenplatz, Home Office, Teilzeit, flexible Arbeitszeiten.“ • „Es wird zwar in der Geschäftsleitung mehr über "Familienfreundlichkeit" gesprochen, die direkten Vorgesetzten nehmen jedoch teilweise nur wenig Rücksicht auf die familiäre Situation ihrer Mitarbeiter.“ • „Ständige Hinweise darauf, dass eine Teilzeittätigkeit mit Führungsaufgaben nicht vereinbar sei! …Wegen der ständigen Konflikte habe ich die Stelle nach über 20 Jahren Tätigkeit inzwischen gekündigt und mir einen anderen Arbeitgeber gesucht.“ •

„Betriebskindergarten, Hochglanzbroschüren... aber Karriere und Geld machen nur die, die rund um die Uhr flexibel einsetzbar sind und auch nachts um 24.00 Uhr noch Emails beantworten.“

• „Modellprojekte als vorgeschobenes Argument, dass über Familienfreundlichkeit nachgedacht wird, es fand jedoch keine Änderung der allgemeinen Haltung gegenüber Familienfreundlichkeit statt (z.B. Arbeitszeitreduktion ist immer noch definitiv ein Karriereknick).“ • „Es wird viel darüber gesprochen, aber nichts getan. Eine größere Thematisierung auf verbaler Ebene soll offenbar die faktische Bewegungsunfähigkeit bei dem Thema vertuschen. Thematisiert wird Familienfreundlichkeit gemäß der Devise: "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass". •

„Familienfreundlichkeit wird in unserem Unternehmen nur als reine PR genommen, doch verinnerlicht ist sie weder in der Geschäftsleitung noch in der Personalabteilung.“

• „Sehr starke Promotion der geringen Maßnahmen -->große Klappe, nichts dahinter Beispiel: -60 Krippenplätze für 35.000 Mitarbeiter -Krippenplatz kostet 1,5fache des Stadtangebotes -max. Betreuungsdauer von 40!h /Woche“

34


Frage 21: Wenn Sie finden, dass Familienfreundlichkeit bei Ihrem Arbeitgeber an Bedeutung gewonnen hat, worauf führen Sie diese Entwicklung zurück? Entscheidung für eine Antwort Aus meiner Sicht will das Unternehmen vor allem: … Anzahl …neue MA* gewinnen/rekrutieren …MA langfristig binden …MA motivieren …MA leistungsfähig halten …soziales Engagement signalisieren Gesamt *MA = Mitarbeiter

39 89 57 79 147 457

Prozent 8,5 19,5 12,5 17,3 32,2 100,0

Frage 21 - Kategorie „Sonstige“ (N = 43) Rang Oberpunkt 1

2

3 4

Beschreibung Anzahl % Prestige, modern sein, Publicity, öffentliches Ansehen, häufig: nur Positive 24 55,8% Außenwirkung Worte statt Taten – z.B. „nur nach außen chic wirken“, „besseres Dasteerzielen hen in der Öffentlichkeit vortäuschen“ Gesetzgebung, politische VorgabenerReaktion auf füllung, Mainstream, … 7 16,3% öffentlichen z.B. „Als Großunternehmen kommt Druck man da nicht drum herum.“ GesellFamilien stärken, Geburtenrate erhöschaftliche 5 11,6% Verantwortung hen, Vorbildfunktion wahrnehmen wahrnehmen Treiber im Geschäftsleitung propagiert Familien4 9,3% Unternehmen freundlichkeit, Einsatz des Betriebsrats

Frage 22: Möchten Sie zum Schluss noch etwas anmerken? Ausgewählte Zitate: • „Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist nur mit Verwandten möglich die die Kinderbetreuung übernehmen oder viel Geld. Wer beides nicht hat, hat Pech und muss von Sozialhilfe leben.“ • „Als Großmutter sehe ich kaum Fortschritte für die junge Elterngeneration, vor allem wegen der unbefriedigenden Einkommensverhältnisse und der teuren Kin35


Ergebnisse der Online-Befragung: „Firma & Familie“

derbetreuung. Es fehlen Betriebskindergärten und Betreuungsangebote an der Arbeitsstelle. Ohne pensionierte Großeltern wäre vielen Eltern die Berufstätigkeit sehr erschwert.“ • „Seit ca. 3 Jahren haben Rückkehrer/innen aus Elternzeit bessere Chancen auf Wiederbeschäftigung. Vormals wurden diese Stelle mit unbefristeten Kräften neu besetzt und dem Rückkehrer die Kündigung nahegelegt.“ • „Es vollzieht sich wirklich ein Wandel. Allerdings kommt dieser Wandel teilweise nicht in den Zwischen-Hierarchien (Abteilungsleitungen) an, so dass zwar die Leitung unterstützt und fördert, aber die Abteilungsleitungen eher ausbremsen.“ • „Die Personalabteilung regelt manche Dinge (z.B. Urlaub) mittlerweile familienfreundlicher. Dies erfährt man aber nicht über den Vorgesetzten sondern nur durch Zufall. Rücksicht auf kranke Kinder etc. wird wenig genommen, man erwartet, dass das die Eltern allein zum Wohl ihrer Arbeitgeber regeln.“ • „Was oft fehlt, ist eine bessere Information zu Vereinbarkeit im mittleren Management (= Lähm oder auch Lehmschicht). Aber auch die gewerkschaftlichen Vertreter sind vielmals nicht in der Gefahr, zu familienfreundlich zu agieren.“ • „Familienfreundlichkeit lebt von den Vorgesetzten, die für sie eintreten. Solange es Chefinnen gibt, die ihren eigenen Kinderwunsch verdrängt haben und auf jede Mutter neidisch sind und Chefs, die ein Hausfrauchen daheim sitzen haben, die fein kocht und die Hemden bügelt wird das nichts mit der gelebten Familienfreundlichkeit von Vorgesetzten.“ • „Solcher Mindset ist leider noch beim mehr als 50% der Abteilungsleiter vorhanden: „Die Ehefrau hat zuhause dem arbeitenden Mann den Rücken frei zu halten für die zunehmenden (unbezahlten) Überstunden....“ - „Bei uns in der Abteilung gibt es keine Arbeitsplätze die teilzeitfähig wären....“ - „Mein Chefingenieur nimmt auch keine Rücksicht auf das Familienleben, warum soll ich das dann tun?“ • „Der Kampf um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird nicht nur zwischen Mitarbeiter und Geschäftsführung bzw. Vorgesetzten geführt. Auch viele (i.d.R. kinderlose) Kollegen blockieren eine zufriedenstellende Umsetzbarkeit. Kinder in die Welt setzen wird oft gleichgesetzt mit: ‚Mängel bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bedingungslos mit eingekauft‘.“

36


• „‘Familienfreundlichkeit‘ führt lediglich zur Diskriminierung von Singles und Paaren ohne Kinder. Ich bin äußerst dankbar, nicht in einem Unternehmen tätig sein zu müssen, in dem Kinderlose ausgebeutet werden, damit das Unternehmen „familienfreundlich“ wird.“ • „Von den Schönwetterreden der Meinungsbildner wird in der Praxis noch gar nichts besser. Nicht nur große Unternehmen sollten in die Pflicht genommen werden, zumal sich dort in den vergangenen Jahren ja auch tatsächlich einiges zum positiven gewendet hat. Vielmehr sind auch kleine und mittelständische Unternehmen gefragt.“ • „Es ist nicht wirklich besser geworden, es wird häufig nur so getan als ob. Durch die deutlichen Personalreduzierungsmaßnahmen und die hohe Arbeitsverdichtung sowie die mit 42 Stunden / Woche sehr hohe wöchentliche Arbeitszeit, lassen sich die beiden Bereiche Familie und Beruf noch schwerer miteinander verbinden. Dazu trägt auch das Audit nichts bei.“ • „Unsere Firma hat bereits einen Preis für Familienfreundlichkeit erhalten. In der Praxis wird dies jedoch nicht umgesetzt. D. h. qualifizierte Mitarbeiterinnen, die aus der Elternzeit zurück kommen, wird gesagt, man hätte keine Teilzeitstellen frei und sie sind ihre Arbeitsstelle los, wenn sie es nicht schaffen, ihr Familienleben so zu organisieren, dass sie ganztags arbeiten können.“ • „Wichtig ist mir eine stärkere Thematisierung der „Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Pflege bzw. Hilfe“. Hierbei insbesondere betriebliche Maßnahmen zur besseren Information und Unterstützung von Erwerbstätigen.“ • „Das Thema Familie beinhaltet auf meiner Dienststelle nur Eltern mit Kindern. Ich hatte einen Schwerstpflegebedürftigen zu betreuen und habe mir von der Personalabteilung anhören müssen, dass dies eine Kleinigkeit für nebenbei wäre. Mein Vorgesetzter hat mir mitgeteilt, dass ich ein Versager wäre und er keinen Mitarbeiter mit einem Pflegefall haben möchte.“ • „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man für die Übernahme einer sehr belastenden Betreuungstätigkeit für die eigene Mutter am Arbeitsplatz zusätzlich durch Schikanen bestraft wird. Und das alles in einer Körperschaft des öffentlichen Rechts! Ich hoffe sehr, dass ich mit dieser Erfahrung eine ganz große Ausnahme bin!“

37


Ergebnisse der Online-Befragung: „Firma & Familie“

• „Die Firmenpolitik und der Gesetzgeber sind nicht flexibel und werden zu spät erkennen und Maßnahmen treffen können, dass Fachpersonal vorhanden ist, allerdings in der „Erziehungs-Eltern-Kinderzeit“ festhängt.“ • „Wir sind auf einem guten Weg, aber das Thema Beruf & Familie wird in ganz Deutschland noch immer sehr stiefmütterlich behandelt. Vor allem die Kommunen tun sich sehr schwer bei der Unterstützung neuer Projekte und Lösungsansätze.“ • „Bleiben sie bitte objektiv, man könnte speziell auf den Seiten des BMFSFJ glauben, die neue Glückseligkeit wäre ausgebrochen. Genau das Gegenteil spielt sich in diesem Land ab!“ • „Ich bin todunglücklich, weil ich zwischen Privatleben und der Arbeit einen Spagat machen muss. Ich habe keine Zeit für meine Familie, mein Kind ist gerade in die 1. Klasse gekommen und ich sehe sie abends nur eine Stunde. Das ist sehr traurig.“ • „Es ist nicht möglich, Kinder zu haben, wenn beide Partner in vollkontinuierlichen Schichtsystemen arbeiten.“ • „Familienfreundlichkeit als langfristige Investition und auf Quartals- oder Jahresgewinne geeichte Marktwirtschaft werden in den wenigsten Fällen als gemeinsame Gewinner in einer globalen Welt kooperieren.“ • „Eine Politikerin hat einmal gesagt: ‚Es gibt keine Vereinbarkeit von Familie und Beruf, es gibt nur Addition!‘ Ich kann nur hoffen, dass die Veränderungen in den nächsten Jahren so weit gedeihen, dass meiner Tochter die Zerreißprobe einmal erspart bleibt, der ich mich täglich aussetzen muss!“

38


Fortschritt Familienfreundlichkeit – die Sicht der Führungskräfte Ergebnisse der schriftlichen Befragung: „Fortschritt Familienfreundlichkeit“ Welche Bedeutung hat Familienfreundlichkeit für die befragten Führungskräfte? Führungskräfte halten das Thema für wichtig. Dies einerseits aus eigener Betroffenheit, andererseits aus der Rolle der Führungskraft heraus. Da wundert es nicht, dass Familienfreundlichkeit zu einem präsenten Thema in den Unternehmen geworden ist. Die Führungskräfte vertreten die Auffassung, dass Familienfreundlichkeit sowohl den Mitarbeitern als auch dem Unternehmen nutzt und im betrieblichen Alltag realisierbar ist. Hinsichtlich der Entwicklung von Familienfreundlichkeit beobachten über die Hälfte der Befragten einen Fortschritt im Unternehmen. Dagegen berichtet eine ebenfalls große Gruppe von einer stagnierenden Entwicklung. Es besteht also weiterhin Handlungsbedarf. Die Revolution von unten beobachten auch die Führungskräfte. Das gestiegene Selbstbewusstsein der Mitarbeiter/innen zeigt sich nämlich auch in dieser Umfrage: Nur 13% der Führungskräfte werden nicht mit Anfragen ihrer Mitarbeiter nach familienfreundlichen Maßnahmen konfrontiert. Es wird also eingefordert von denjenigen, die den Druck der Umsetzung im Alltag erleben. Eine Nachfrage besteht v.a. nach Angeboten, die die zeitliche und örtliche Flexibilität erhöhen. Außerdem stehen Kinderbetreuungsangebote hoch im Kurs. Die Anfragen mit der höchsten Chance auf Umsetzung beziehen sich auf zeitliche und örtliche Flexibilisierung, auf Freistellungen sowie auf Elternzeit für Väter. Sofern Unternehmen familienfreundlicher geworden sind, führen dies über die Hälfte der Befragten darauf zurück, dass Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen gebunden werden sollen. Die Sensibilisierung der Führungskräfte für die familienfreundlichen Anliegen ihrer Mitarbeiter nimmt langsam zu: Fast ein Viertel der Befragten erleben sich heute als aufgeschlossener und verständnisvoller als noch vor 2 Jahren. Der Großteil der Befragten (59%) prognostiziert einen Bedeutungszuwachs des Themas Familie und Familienfreundlichkeit bedingt durch gesellschaftliche und demografische Veränderungen. 39


Ergebnisse der schriftlichen Befragung: „Firma & Familie“

II.

Demografische Daten

I.1 Allgemeine Informationen Zeitraum der Befragung Die Befragung fand im Zeitraum vom 20.05.2009 bis zum 10.08.2009 statt. Anzahl der Teilnehmer Dieser Auswertung liegen die Daten von 62 Führungskräften zugrunde, die aus einem Teilnehmerkreis rekrutiert wurden, der vor zwei Jahren in persönlichen Interviews zum Thema Familienfreundlichkeit befragt wurde. Verteilung auf Bundesländer   Hessen Andere Bundesländer Gesamt

Anzahl 55 6 61

Prozent 90,2 9,8 100,0

Geschlecht der Teilnehmer Fast zwei Drittel der Teilnehmer sind männlich.   weiblich männlich Gesamt

Anzahl 17 45 62

Prozent 27,4 72,6 100,0

Altersstruktur der Teilnehmer Die Teilnehmer/-innen sind zwischen 33 und 60 Jahre alt. Das Durchschnittsalter liegt bei 47,6 Jahren.   Bis 30 Jahre 31-40 Jahre 41-50 Jahre 51-60 Jahre Über 60 Jahre Gesamt 40

Anzahl 0 13 25 23 0 61

Prozent 0,0 21,3 41,0 37,7 0,0 100,0


Familiäre Situation der Teilnehmer Der Großteil der Teilnehmer ist verheiratet und hat Kinder.   Verheiratet In Partnerschaft Allein / getrennt Gesamt

Anzahl 56 4 2 62

Prozent 90,3 6,5 3,2 100,0

Mit Kindern Ohne Kinder Gesamt

Anzahl 51 10 61

Prozent 83,6 16,4 100,0

Im Durchschnitt hat jede/r Teilnehmer/in 1,7 Kinder (0 bis 5 Kinder). Davon leben im Schnitt 1,2 Kinder im selben Haushalt wie die Befragten (0 bis 3 Kinder). Eine Minderheit der Befragten pflegt zusätzlich zur Berufstätigkeit Familienangehörige.   Pflegeaufgaben Keine Pflegeaufgaben Gesamt

Anzahl 3 58 61

Prozent 4,9 95,1 100,0

I.2 Erwerbsbezogene Informationen Position im Unternehmen Die größte Gruppe der Teilnehmer ist in der mittleren Führungsebene tätig.   Obere Führungskraft Abteilungs-/Bereichsleitung Gruppen-/Teamleitung Unter Gruppen-/Teamleitung Gesamt

Anzahl 14 37 9 2 62

Prozent 22,6 59,7 14,5 3,2 100,0 41


Ergebnisse der schriftlichen Befragung: „Firma & Familie“

Unternehmensgröße (Anzahl der Mitarbeiter) Die Teilnehmer/-innen arbeiten in Betrieben unterschiedlicher Größe. Große Unternehmen mit über 3.000 Beschäftigten und KMU mit 50-500 Mitarbeitern sind stark repräsentiert. Mitarbeiter 1-9 10-49 50-249 250-499 500-999 1.000-3.000 Über 3.000 Gesamt

Anzahl 0 2 13 7 6 5 29 62

Prozent 0,0 3,2 21,0 11,3 9,7 8,1 46,8 100,0

Mitarbeitervertretung Dementsprechend gibt es in den meisten Unternehmen einen Betriebs- oder Personalrat.   BR / PR* vorhanden BR / PR* nicht vorhanden Gesamt

Anzahl 58 4 62

Prozent 93,5 6,5 100,0

*BR = Betriebsrat / PR = Personalrat

II. Auswertung der Fragen Frage 1: Setzt sich Ihr Arbeitgeber mit dem Thema Familienfreundlichkeit auseinander?   ja nein Gesamt 42

Anzahl 58 4 62

Prozent 93,5 6,5 100,0


Frage 2: Wie hat sich das Thema Familienfreundlichkeit in Ihrem Unternehmen in den letzten 2 Jahren entwickelt? Die Entwicklung … … macht Fortschritte. … stagniert. … ist rückläufig. Gesamt

Anzahl 34 27 1 62

Prozent 54,8 43,5 1,6 100,0

Frage 3: Wie würden Sie die Haltung der Geschäftsleitung zum Thema Familienfreundlichkeit charakterisieren? Die Geschäftsleitung … … steht voll und ganz hinter dem Thema Familienfreundlichkeit. … äußert sich überhaupt nicht zum Thema Familienfreundlichkeit. … legt mehr Wert auf eine familienfreundliche Außendarstellung des Unternehmens als auf Umsetzung. … hält nichts von Familienfreundlichkeit. Gesamt

Anzahl

Prozent

40

66,7

14

23,3

6

10,0

0 60

0,0 100,0

Frage 4: Durch welche Erfahrungen und Beobachtungen kommen Sie zu dieser Einschätzung? Offene Frage Inwiefern wird Geschäftsleitung als unterstützend erlebt? (N = 45) Rang 1

2

3 4

Oberpunkt

Beschreibung Anzahl % 13 Kinderbetreuungsangebote Familienfreundliche - Flexible Arbeitszeiten (gelebt) 8 53,3 Angebote 3 - Familienfreundliche Aktionen - Finden individueller Lösungen 5 - Akzeptanz von Telearbeit 4 Familienfreundliche - Akzeptanz von Vätern in EZ 44,4 4 - Verständnis für familienfrdl. Kultur 4 Belange 3 - Thematisierung „Pflege“ Zusammenhang zur Außendarstel5 11,1 Auditierung lung wird hervorgehoben z.B. durch Teilnahme an DiskussiKlare onsrunden, persönlichen Einsatz, 3 6,7 Positionierung betriebsinterne Veröffentlichungen 43


Ergebnisse der schriftlichen Befragung: „Firma & Familie“

Sonstige Nennungen: • Familienfreundliches Verhalten des Unternehmens trotz Krise (2x) • Partizipation der Mitarbeiter an der Gestaltung familienfreundlicher Maßnahmen (1x) • Feedback aus Mitarbeiterbefragungen, Benchmarks etc. als Indikator (1x)

Inwiefern wird Geschäftsleitung nicht als unterstützend erlebt? Rang 1

2

Oberpunkt

Beschreibung z.B. Ablehnung von Anfragen, keine Beratung durch HR, fehlende Möglichkeiten des Fehlende Angebote Wiedereinstiegs, Herausstellen von Einzelmaßnahmen ohne substanzielle Angebote Fehlende Kommunikation, Keine Thematisierung Information und Positionierung seitens der GL

Anzahl

%

7

15,6

3

6,7

Sonstige Nennungen (jeweils 1 x): • Fehlende Regelungen (z.B. Betriebsvereinbarungen, Anwendung Pflegegesetz) • „Unternehmensziele und Kunden haben Priorität.“ • „Bei Personalplanung wird Mutterschutz als störend empfunden.“ • Entlassungen bedingt durch Wirtschaftskrise

Frage 5: Wird Familienfreundlichkeit in Ihrem Unternehmen in den letzten 2 Jahren häufiger thematisiert? Mehrfachnennungen   ja, seitens Geschäftsleitung ja, seitens direktem Vorgesetzten ja, seitens Personalabteilung ja, seitens der Mitarbeiter/innen ja, seitens des BR / PR* nein, seltener als früher nein, keine Veränderung Gesamt *BR = Betriebsrat, PR = Personalrat 44

Anzahl 21 6 22 20 14 6 19 62

Prozent 33,9 9,7 35,5 32,3 22,6 9,7 30,6


Frage 6: Werden Sie heute häufiger mit Anfragen Ihrer Mitarbeiter nach familienfreundlichen Maßnahmen konfrontiert als vor 2 Jahren? Mehrfachnennungen möglich

ja, von Frauen ja, von Männern nein, seltener als früher nein, keine Veränderungen Gesamt

Anzahl 15 17 3 36

Prozent 24,2 27,4 4,8 58,1

62

Diagramm zu Frage 6:

45


Ergebnisse der schriftlichen Befragung: „Firma & Familie“

Frage 7: Mit welchen Anfragen sind Ihre Mitarbeiter in den letzten Jahren an Sie heran getreten und welche davon wurden umgesetzt? Auswahlmöglichkeiten: • Instrumente zur zeitlichen Flexibilisierung (z.B. Gleitzeit, Vertrauensarbeitszeit, Teilzeitmodelle) • Instrumente zur örtlichen Flexibilisierung (z.B. Home Office) • Kinderbetreuungsangebote (z.B. Betriebskindergarten, Kooperationen mit Kitas) • Möglichkeiten der Freistellung / Sonderurlaube (z.B. zur Pflege von Angehörigen) • Elternzeit bei Vätern / Vätermonate • Serviceleistungen (z.B. Notfallbetreuung) • Netzwerke für Eltern • Finanzielle Unterstützung für Eltern (z.B. Zuschüsse für Kinderbetreuung) • Themenspezifische Seminarangebote • Sonstige • Keine Anfragen   Zeitliche Flexibilisierung Örtliche Flexibilisierung Kinderbetreuung Freistellungen Elternzeit für Väter Serviceleistungen Netzwerke Finanzielle Zuschüsse Seminarangebote

46

Angefragt Anzahl Prozent 3 4,8 8 12,9 12 19,4 1 1,6 3 4,8 1 1,6 1 1,6 6 9,7 1 1,6

Umgesetzt Anzahl Prozent 12 19,4 4 6,5 1 1,6 6 9,7 8 12,9 0 0,0 0 0,0 0 0,0 1 1,6


Zeitliche Flexibilisierung Örtliche Flexibilisierung Kinderbetreuung Freistellungen Elternzeit für Väter Serviceleistungen Netzwerke Finanzielle Zuschüsse Seminarangebote

Angefragt & Weder angefragt Gesamt umgesetzt noch umgesetzt Anzahl Prozent Anzahl Prozent Anzahl (%) 31 50,0 16 25,8 62 (100%) 18 29,0 32 51,6 62 (100%) 9 14,5 40 64,5 62 (100%) 17 27,4 38 61,3 62 (100%) 17 27,4 34 54,8 62 (100%) 10 16,1 51 82,3 62 (100%) 3 4,8 58 93,5 62 (100%) 4 6,5 52 83,9 62 (100%) 3 4,8 57 91,9 62 (100%)

Auswertung der Kategorie „Sonstige“ Nennungen (jeweils 1x): • Ferienbetreuung • Unterstützung bei der Pflege von Angehörigen • Schuldnerberatung • Wiedereinstieg nach der Elternzeit Keine Anfragen In 12,9 % (N = 8) der Fälle waren keine Anfragen der Mitarbeiter/innen bekannt. 47


Ergebnisse der schriftlichen Befragung: „Firma & Familie“

Frage 8: Haben Sie den Eindruck, dass sich die Akzeptanz gegenüber männlichen bzw. weiblichen Mitarbeitern, die familienfreundliche Maßnahmen in Anspruch nehmen, verändert hat? Die Akzeptanz ist… … gestiegen. … unverändert. … gesunken. Gesamt

Akzeptanz bei Frauen Anzahl Prozent 14 23,3 45 75,0 1 1,7 60 100

Akzeptanz bei Männern Anzahl Prozent 25 40,3 35 56,5 2 3,2 62 100

Frage 9: Wenn Sie finden, dass Familienfreundlichkeit bei Ihrem Arbeitgeber an Bedeutung gewonnen hat, worauf führen Sie diese Entwicklung zurück? Aus meiner Sicht will das Unternehmen vor allem: … Anzahl Prozent   …neue MA* gewinnen 19 31,1 …MA langfristig binden 32 52,5 …MA motivieren 24 39,3 …MA leistungsfähig halten 18 29,5 …soziales Engagement signalisieren 24 39,3 Das Thema hat nicht an Bedeutung gewonnen. 22 36,1 Gesamt 61 *MA = Mitarbeiter Die Kategorie Sonstige wurde nicht verwendet. 48


Frage 10: Für wie wichtig halten Sie persönlich Familienfreundlichkeit im Unternehmen? 1 = unwichtig 2 3 = teils teils 4

5 = wichtig

Anzahl 0 2 4 27

Prozent 0,0 3,6 7,3 49,1

55

100,0

Gesamt

Mittelwert

22

40,0

4,25

Frage 11: An welche Mitarbeitergruppen sollten sich familienfreundliche Angebote im Unternehmen Ihrer Meinung nach richten? Mehrfachnennungen

Arbeiter/Facharbeiter Experten ohne Führungsverantwort. Nachwuchskräfte Führungskräfte des unteren Mgmt. Führungskräfte des mittleren Mgmt. Führungskräfte des oberen Mgmt. Gesamt

Anzahl 58 53 55 55 54 44

Prozent 93,5 85,5 88,7 88,7 87,1 71,0

62

Die Kategorie Sonstige wurde nicht verwendet. 49


Ergebnisse der schriftlichen Befragung: „Firma & Familie“

Frage 12: In welchem Ausmaß erleben Sie persönlich einen Konflikt zwischen beruflichen und familiären Anforderungen? Anzahl Prozent 1 = kein Konflikt 12 21,4 2 17 30,4 3 = teils teils 17 30,4 4 10 17,9 5 = starker Konflikt 0 0,0 Gesamt 56 100,0 Mittelwert 2,45 Frage 13: Wie stehen Sie zu den folgenden Aussagen über Familienfreundlichkeit? Familienfreundlichkeit nutzt den Mitarbeitern. Anzahl 1 = Ablehnung 0 2 1 3 8 4 = Zustimmung 46 Gesamt 55 Mittelwert 3,8

Prozent 0,0 1,8 14,5 83,6 100,0

Familienfreundlichkeit nutzt dem Unternehmen. 1 = Ablehnung 2 3 4 = Zustimmung Gesamt Mittelwert

Anzahl 2 2 17 34 55 3,5

Prozent 3,6 3,6 30,9 61,8 100,0

Familienfreundlichkeit ist im betrieblichen Alltag nicht umsetzbar. 1 = Ablehnung 2 3 4 = Zustimmung Gesamt Mittelwert 50

Anzahl 31 21 3 0 55 1,5

Prozent 56,4 38,2 5,5 0,0 100,0


Frage 14: Inwieweit geraten Sie in einen Konflikt, wenn Sie mit familienfreundlichen Anforderungen Ihrer Mitarbeiter konfrontiert sind? Anzahl Prozent 1 = kein Konflikt 19 31,1 2 23 37,7 3 17 27,9 4 = starker Konflikt 2 3,3 Gesamt 61 100,0 Mittelwert 2,0

51


Ergebnisse der schriftlichen Befragung: „Firma & Familie“

Frage 15: Sofern ein Konflikt besteht, wie stellt er sich dar? Offene Frage, Mehrfachnennungen (N = 25) Rang 1

2

2

3 4

Oberpunkt Unvereinbare Erwartungen (ohne nähere Konkretisierung)

Beschreibung Erwartungen und Wünsche der Mitarbeiter können nicht mit betrieblichen Erfordernissen vereinbart werden Termine nicht immer im Voraus Unvereinbarkeit mit planbar, Leistungen müssen zeitlichen Rahmen- termingerecht erbracht werden, Unvereinbarkeit von Teilzeitmobedingungen dellen mit Geschäftszeiten Geeigneter Ersatz ist gerade für schwer zu finden, Kapazitätsengpässe Spezialisten Personaldecke ist ohnehin schon dünn, organisatorischer Aufwand Leistungsanforderungen an das Unternehmen in Bezug auf QuaQualitätslität und Flexibilität können nur erfordernisse schwer eingehalten werden der Mitarbeiter Gleichbehandlung Gleichbehandlung mit und ohne Kinder als Notwender Mitarbeiter digkeit

Anzahl

%

9

36,0

8

32,0

8

32,0

3

12,0

2

8,0

Zitate: • „Die Erwartungshaltung der Mitarbeiter wird durch das permanente Thematisie ren teilweise ins Unermessliche gesteigert.“

Frage 16: Hat sich Ihre Einstellung zu Familienfreundlichkeit in den letzten 2 Jahren verändert? Anzahl Prozent Ja, mir ist die Problematik stärker bewusst geworden und ich bin offener für die Belange 14 23,3 der Mitarbeiter/innen. Ja, ich lehne familienfreundliche Maßnahmen 0 0,0 stärker ab. Nein, ich habe Familienfreundlichkeit im Unter46 76,7 nehmen schon immer befürwortet. Nein, ich habe Familienfreundlichkeit im Unter0 0,0 nehmen schon immer abgelehnt. Gesamt 60 100,0 52


Frage 17: Kennen Ihre Mitarbeiter/innen Ihre Haltung zu Familienfreundlichkeit? Anzahl 52 1 8 61

Ja Nein Weiß nicht Gesamt

Prozent 85,2 1,6 13,1 100,0

Frage 18: Hat sich Ihr (Führungs-)Verhalten in Bezug auf Familienfreundlichkeit in den letzten 2 Jahren verändert? Anzahl 9 51 60

ja nein Gesamt

Prozent 15 85 100,0

Frage 19: Wenn ja, inwiefern? Offene Frage, Mehrfachnennungen (N = 6) Rang 1 2

Oberpunkt

Beschreibung z.B. Unterstützung bei TeilzeitanlieStärkeres zeitliches gen, Verkürzung von Dienstreisen, Entgegenkommen Terminplanung, Toleranz ggü. den Mitarbeitern flexiblere gegenüber kurzfristigen Absagen Interne Mehr internes Engagement und Thematisierung offenere Thematisierung

Anzahl 3 2

Sonstige Nennungen (jeweils 1 x): • Bereitschaft zu unkonventionellen Lösungen • externe Kommunikation • Erleichterung des Wiedereinstiegs nach der Elternzeit • größere Offenheit durch eigene Betroffenheit

53


Ergebnisse der schriftlichen Befragung: „Firma & Familie“

Frage 20: Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung der Gesellschaft im Hinblick auf die Gewichtung von Familie und Beruf ein? Offene Frage, Mehrfachnennungen (N = 54) Rang

1

2

3

3

4 5

54

Oberpunkt

Beschreibung Anzahl % durch gesellschaftliche und demografische Entwicklung, um Bedeutungsgewinn Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten, um Wirtschaftsleistung von Familien32 59,3 freundlichkeit und aufrecht zu erhalten, um Potenziale Work-Life-Balance besser zu nutzen, um gestiegenen beruflichen Anforderungen gerecht zu werden Gleichbleibende bzw. stagnierende Angespannte wirtschaftliche Situation überdeckt die Relevanz des 8 14,8 Bedeutung von Familienfreund- Themas und sorgt für Aufschub lichkeit Durch ökonomische Sachzwänge, Bedeutungsverlust die kurzfristige Denkweise fördern, 7 13,0 Orientierung an Materiellem, Notvon Familienwendigkeit der Existenzsicherung freundlichkeit in schwierigen Zeiten Weiterentwicklung von Familienfreundlichkeit ist notwendig, Verbesseda gegenwärtige Angebote nicht rungspotenzial 7 13,0 Familienfreund- ausreichen, Zielgruppe der Männer und Führungskräfte stärker berücklichkeit sichtigen Grenzen Lebensbereiche Familie und Beruf 3 5,6 verwischen wachsen enger zusammen Abhängigkeit von Entwicklung hängt davon ab, ob 2 3,7 wirtschaftlicher sich die Wirtschaft erholt Lage


Zitate: • „Die klassische Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen wird sich weiter ändern im Hinblick auf eine stärkere Gewichtung von Familie und Partnerschaft.“ • „Ich denke das Thema wird sich weiter entwickeln müssen, damit wir auch zukünftig hervorragende Fachkräfte und Akademiker, insbesondere Ingenieure, gewinnen und binden können. Gegenwärtig wird es häufig noch unter der Überschrift „Soziales Engagement“ diskutiert. Die damit verbundene Steigerung der Arbeitgeberattraktivität wird zwar genannt, aber m.E. von den meisten noch nicht als erforderlich eingeschätzt.“ • „In der aktuellen wirtschaftlichen Lage, in der unsere Kunden immer weniger bereit sind für erbrachte Leistungen einen entsprechenden Preis zu zahlen, weil jeder immer billiger sein will als der Konkurrent, wird sich die Lage wohl nicht verbessern.“ • „Die Zeiten werden härter. Die Ängste vor Arbeitslosigkeit werden die Arbeitnehmer ruhig werden lassen. Die Rücksichtnahme unter den Arbeitnehmern wird abnehmen.“ • „Mehr Toleranz in der Gesellschaft, da mehr Aufwand für Pflege entstehen wird.“ • „Arbeit und Privatleben werden enger vermischt sein und sowohl die Mitarbeiter wie auch die Unternehmen sollten dies als Wettbewerbsfaktor akzeptieren.“ • „Im Zuge der unterschiedlichsten Anforderungen werden wir hinsichtlich der Familien neue Wege gehen müssen. Dies gilt für die Unternehmen und auch für die Familien. Das heißt, kurzfristiger und flexibler auf die Bedürfnisse der Unternehmen und Familien eingehen.“ • „Die deutsche Gesellschaft wird es immer mehr als Normalität auffassen (und auch müssen), dass Familienfreundlichkeit v.a. in größeren und damit flexibleren Unternehmensteilen groß geschrieben wird.“ • „Unternehmen, die Familienfreundlichkeit als ganzheitliches Konzept umsetzen, werden die Zukunftsherausforderungen deutlich besser bestehen als andere Unternehmen.“ • „Das Rad lässt sich nicht zurückdrehen. Familienfreundlichkeit bleibt überlebensnotwendig.“ 55


Ergebnisse der schriftlichen Befragung: „Firma & Familie“

• „Die Balance zwischen Familie und Beruf bleibt m.E. das beherrschende Thema der nächsten Jahre.“

Frage 21: Möchten Sie zum Schluss noch etwas anmerken? Zitate: • „Die Wirtschaft braucht ein Gesetz zur Chancengleichheit, da sich noch viel zu wenige deutsche Unternehmen in den Prozess einbinden und gewisse Entwicklungen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wieder zurückgedreht werden.“ • „Frauen in Führungspositionen sollten die „Teilzeitfalle“ nach Möglichkeit vermeiden (Teilzeitfalle nach meiner Erfahrung bedeutet in der Praxis leider immer noch häufig Entgeltverzicht ohne entsprechenden Arbeitszeitausgleich bei gleichzeitigem Imageverlust.“ • „Durch die starke Inanspruchnahme familienfreundlicher Angebote von Männern ist das Nicht-Einstellen von Frauen kein Abschottungsinstrument mehr.“

56


Johannes Thönneßen, Geschäftsführer MWonline GmbH (www.mwonline.de)

Führung ohne Werte? Die an Ideen nicht arme Welt der Management-Modelle hat ein neues Thema entdeckt: Führung mit Werten. Das klingt erst einmal richtig gut. Endlich ein Trend, der Wirtschaft und Gesellschaft nicht trennen wird, denn wer kann ernsthaft dagegen sein, dass Manager mit Werten führen? Der Begriff „Werte“ ist offensichtlich positiv besetzt, ganz anders als etwa „Profit“ oder „Shareholder-Value“ – obwohl beide ja auch recht viel mit „Wert“ zu tun haben. Offensichtlich wird der Begriff vor Werte sind „Vorstellungen über allem mit „wertvoll“ assoziiert – und das Wünschbare“, all das, was uns wertvoll ist zunächst einmal was Gutes. wichtig erscheint und woran wir Eine sehr einfache Definition könnte wie uns persönlich bei unseren Entfolgt lauten: Werte sind „Vorstellungen scheidungen orientieren. über das Wünschbare“, all das, was uns wichtig erscheint und woran wir uns persönlich bei unseren Entscheidungen orientieren. Und wer wünscht sich schon etwas Schlechtes? Also muss auch das „Führen mit Werten“ etwas Gutes sein. Ist es das wirklich? Zunächst einmal: Kann man überhaupt ohne Werte führen? Wir alle haben Vorstellungen darüber, was für uns wichtig ist und was wir uns wünschen. Jeder vertritt also bestimmte Werte, an denen er sich orientiert: Gesundheit, Erfolg, Wohlstand, Status, Harmonie, Freundschaft, Leistung, Spaß, Wettbewerb usw. Und da Führungskräfte gewöhnlich auch Menschen sind, können sie auch nur gemäß ihren eigenen Werten führen. Also was genau will man uns hier eigentlich verkaufen? Vielleicht „Führung mit bestimmten Werten“? Manchmal erweckt das den Anschein. Denn meist fallen im Zusammenhang mit der Empfehlung, „mit Werten zu führen“ Begriffe wie Verantwortung, Respekt, Toleranz, Verlässlichkeit, Vertrauen, Loyalität. Oder, wenn auch selten, eben „Familie“. Natürlich kann niemand ernsthaft gegen diese Werte sein, nur: Sind es tatsächlich die „richtigen“ Werte, mit denen Führungskräfte führen sollen? Was ist mit Wettbewerb, Konkurrenz, Erfolg, Ansehen, Leistung? Wenn man anfängt, über Werte zu sprechen, wird meist sehr schnell deutlich, dass natürlich auch diese wichtig sind, um als Unternehmen erfolgreich am Markt zu bestehen. Und nun? Was bei diesen Diskussionen herauskommt, kennen wir. Es sind Leitbilder, die alle diese Werte enthalten und sich von Unternehmen zu Unternehmen kaum 57


Johannes Thönneßen Führung ohne Werte?

noch unterscheiden. Da taucht überall der Begriff „Verantwortung“ auf, die ein Unternehmen für seine Mitarbeiter, die Gesellschaft und die Umwelt übernimmt, von „Zuverlässigkeit“ oder „Loyalität zum Kunden“, von „Leistung“ und „Erfolg“ für die Eigentümer und von „Qualität“ und „Nachhaltigkeit“ der Produkte bzw. Dienstleistungen. Es lohnt sich, einmal zu untersuchen, welche Funktion ein Wert eigentlich erfüllt. Dies wird immer dann deutlich, wenn Konflikte zwischen verschiedenen Werten auftreten. Nehmen wir ein ganz einfaches Beispiel: Ein Unternehmen, dass sich zur Nachhaltigkeit in Sachen Umwelt bekennt, steht vor der Entscheidung, Millionen in eine Sicherheitstechnik zu investieren und damit den eigenen Gewinn zu schmälern. Zitat von der Homepage von BP: „Nachhaltigkeit bedeutet Zukunftsfähigkeit – also die Fähigkeit, als Konzern auf Dauer erfolgreich zu sein.“ Und einer der Unterpunkte lautet: „Mitwirken an einer nachhaltigen Umwelt.“ Ein ganz interessanter Versuch, mögliche Wertekonflikten schon per Definition vorzubeugen: Nachhaltig ist das, was den Unternehmensbestand sichert. Und wenn dann doch ein Konflikt entsteht wie im Nachhinein deutlich angesichts der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko, dann wird er dadurch aufgehoben, dass man sich selbst einredet, die verwendete Technik könne nicht versagen: „Blowout preventers are designed not to fail.“ So konnte man eine Technik einsetzen und beide Werte (Erfolg und Sicherheit) hochhalten. Genau das passiert täglich bei jedem von uns: Wir stehen vor einer Entscheidung und tun uns schwer. Weil zwei Werte im Widerstreit stehen: Verbringen wir den Abend mit der Familie oder gehen wir zu dem wichtigen Geschäftsessen (Karriere). Auch hier finden wir Auswege: „Die Familie wird es verkraften, die Karriere nicht.“ Und führen uns selbst hinters Licht. Treiben wir die Beispiele auf die Spitze: Der Manager steht vor der Entscheidung, einen Milliarden-Deal abzuschließen, wenn er denn bereit ist, Regierungsstellen kräftig zu schmieren. Hier steht (wirtschaftlicher) Erfolg gegen Integrität. Entscheidet er sich für die Korruption, lautet seine Erklärung: „In diesem Geschäft ist man ohne Korruption nicht konkurrenzfähig - und damit auf Dauer nicht überlebensfähig.“ Das mag sogar stimmen, also geht es damit um die Existenzfähigkeit seines Unternehmens. Na und? Bleibt die Frage, ob der Wert „Integrität“ nicht doch deutlich höher eingestuft wird, somit ein Ausstieg aus einem Geschäft ansteht, das nicht „sauber“ betrieben werden kann. An diesen Beispielen zeigt sich, dass Leitbilder, an denen sich Mitarbeiter und Führungskräften orientieren sollen, nutzlos sind, wenn sie alle erdenklichen hehren Werte hochhalten. Weil sie keine Aussage darüber treffen, welche Werte im Zweifelsfall den Ausschlag geben. Womit wir beim Thema „Führen mit Werten“ sind. 58


Hiermit kann eigentlich nur eines gemeint sein: Führungskräfte sollten transparent machen, welchen Werten sie im Fall eines „Wertekonfliktes“ den Vorrang geben. Das setzt jedoch voraus, dass sie ihre persönliche Wertehierarchie kennen. Ein Teamleiter, der Teamgeist predigt, jedoch den Wert „Karriere“ ganz oben in seiner Führungskräfte sollten transparent Wertehierarchie hat, wird ganz machen, welchen Werten sie im Fall schnell ein Glaubwürdigkeitsproblem eines „Wertekonfliktes“ den Vorrang bekommen. Eine Krankenkasse, geben. die „Gesundheit“ als höchsten Wert verkündet, jedoch im eigenen Haus an ergonomischen Arbeitsplätzen spart, wird zumindest von den eigenen Mitarbeitern nicht ernst genommen. Etwas weniger polemisch ausgedrückt: Wer die eigenen Werte nicht transparent macht und sein Verhalten nicht an ihnen ausrichtet, bietet eben keine Orientierung für Mitarbeiter (oder Stakeholder allgemein) und versagt damit auch als Führungskraft. Denn was ist Führung anderes als Rahmenbedingungen setzen, Spielregeln aufstellen und auf ihre Einhaltung achten, so dass die „Geführten“ innerhalb der Rahmenbedingungen und Spielregeln ihre Ziele erreichen können? Was also sind die praktischen Konsequenzen einer Forderung nach „Führung mit Werten“? Eines vorweg: Dass man in einem Unternehmen eine Wertediskussion anstößt nach dem Motto: „Wofür steht unser Unternehmen eigentlich? Wo-für sollte es stehen? Welche Werte sind im Ein-klang mit dem Bild, das unser Unternehmen nach innen und außen bietet? Welche nicht?“ halte ich für extrem sinnvoll. Allerdings nicht, wie es oft empfohlen wird, um anschließend eine neue „Wertekultur“ einzuführen. Sondern vor allem deshalb, um dem Management die Chance zu geben, die Haltung der Mitarbeiter mit der eigenen Wertehierarchie zu vergleichen. In kleinen Unternehmen ist das im Grunde kein Thema: Hier vertritt der Unternehmer bestimmte Werte, lebt und führt entsprechend, und jeder weiß, wofür er und damit das Unternehmen steht. Man findet sich mit seinen eigenen Werten darin wieder oder ist im falschen Laden. In großen Unternehmen, so die Behauptung, ist das anders. Da müssen die erlebten und gelebten Werte mit Hilfe von Befragungstools erfasst, die bekannten Leitbildprozesse in Gang gesetzt, Workshops und Großgruppenveranstaltungen organisiert und die Führungskräfte auf die neuen Werte eingeschworen werden. Die Werte werden anschließend in Leitbildern beschrieben und festgehalten, auf Kärtchen gedruckt und jedem Mitarbeiter in die Hand gedrückt werden. Sollte er einmal vergessen, was wichtig ist, kann er mal eben nachschauen. Kein Witz, das soll es immer noch geben. 59


Johannes Thönneßen Führung ohne Werte?

Wissen die Menschen in großen Unternehmen wirklich nicht, wofür ihr Arbeitgeber steht? Lächerlich. Ich habe erlebt, dass sich mit dem Wechsel an der Spitze eines Konzerns die Kultur dramatisch verändert hat – und das war kein kleines Unternehmen. Wie ein riesiger Tanker, bei dem der neue Kapitän auf der Brücke einen neuen Kurs vorgibt, bewegte sich der ganze Pott langsam, aber unaufhaltsam in eine neue Richtung. Dann kommen die Organisationsentwickler, fragen die Offiziere und Mannschaften, welche Richtung sie denn für richtig halten, schreiben sie auf Kärtchen, schweißen sie in Folie und geben die „neue“ Richtung jedem an die Hand. Und der Tanker kümmert sich nicht im Geringsten darum – weil der Kapitän zwar seinen Namen unter die Leitbilder setzt, aber den Kurs beibehält. Fazit: Das Top-Management sollte sich hin und wieder einmal fragen, worum es ihm tatsächlich geht, genau das deutlich sagen und konsequent danach handeln. Am Beispiel „Familie“ lässt sich das vielleicht ganz anschaulich darstellen. Ein Unternehmen bekennt sich in Broschüren, Aktionärsberichten Fazit: Das Top-Management sollte sich und Internetseiten zu seiner sozialen hin und wieder einmal fragen, worum Verantwortung, heute „Corporate es ihm tatsächlich geht, genau das Social Responsibility“ genannt. deutlich sagen und konsequent danach Darin heißt es dann, dass die handeln. Mitarbeiter das höchste Gut sind, das das Unternehmen hat, und dass dieses „Gut“ entsprechend gehegt und gepflegt wird. Was uns erst einmal freuen sollte, denn so heißt es eben nicht mehr, der einzige Zweck eines Unternehmens ist es, Gewinn zu erwirtschaften. Nur zu dumm, dass all das wenig glaubwürdig ist. Warum? Weil die Begründungen für die Berücksichtigung solche „sozialen Werte“ immer wieder Zweifel wecken und deutlich machen, dass sie in kritischen Entscheidungssituationen keine wirkliche Rolle spielen. Eine immer wieder anzutreffende Erklärung im Zusammenhang mit der Wahrnehmung sozialer Verantwortung lautet: „Indem wir die Zukunft des Unternehmens sichern, handeln wir sozial verantwortlich. Damit stellen wir sicher, dass die Mitarbeiter auch in Zukunft noch für ihre Familien sorgen können!“ So kann man auch Personalabbaumaßnahmen als „sozial verantwortlich und familienfreundlich“ darstellen. Die zweite Argumentationslinie lautet: „Wenn wir konkurrenzfähig bleiben wollen, dann müssen wir sicherstellen, dass die besten Mitarbeiter zu uns finden bzw. bei uns bleiben. Und da diese Wert auf Familie legen, müssen wir eben familien60


freundliche Rahmenbedingungen schaffen.“ Das läuft auch unter der Kategorie „Standortvorteil“: „Wir müssen uns durch familienfreundliche Maßnahmen von anderen Unternehmen abheben!“ Was in der Folge bedeutet: Sobald der Arbeitsmarkt es zulässt, dass wir uns wieder die Mitarbeiter aussuchen können, wird der Wert „Familie“ nur eine nebengeordnete Rolle spielen. Mitarbeiter – aktuelle und potenzielle – werden dies schnell durchschauen. Sobald eine konkrete Entscheidung z.B. über eine größere Investition ansteht, werden sie sehr genau hinschauen, welche Werte dabei letzten Endes den Ausschlag geben. In meinem Heimatort gibt es ein gut besuchtes Freibad, das über viele Jahrzehnte von einem Konzern betrieben wurde. Ab sechs Uhr morgens drehen dort die Pensionäre ihre Runden, später lernen die Minis das Schwimmen, am Nachmittag tummeln sich die Familien auf der Wiese. Sicher, der Betrieb kostet Geld - öffentliche Schwimmbäder sind in der Regel subventioniert. Aber offensichtlich hat der Wert „Familie“ hier keinen allzu hohen Rang in der Wertehierarchie des Unternehmens, der Einrichtung droht das Aus. Da waren die „alten“ Unternehmer, die solche Einrichtungen geschaffen haben, schon wesentlich glaubwürdiger. Auch wenn man sich nicht unbedingt den Patriarchen alten Musters zurückwünscht – er hat es mit dem Wert „Familie“ und dem Unternehmen als „Mutter“ wesentlich ernster gemeint. Aber nicht nur bei großen Investitionsentscheidungen, auch bei den tagtäglichen Entscheidungen der Führungskräfte lässt sich der Stellenwert von „Familie“ leicht überprüfen. Noch ein Beispiel aus der Praxis: Eine Führungskraft teilt ihrem Vorgesetzten mit, dass sie in der kommenden Woche an einem Vormittag später ins Büro kommen wird, da sie an der Einschulung ihres Kindes teilnehmen wird. Reaktion des Vorgesetzten: „Naja, Sie müssen selbst wissen, wo Sie Ihre Prioritäten setzen!“ Diese Geschichte erzähle ich schon deshalb ganz gerne, weil der gleiche Vorgesetzte nicht einmal ein Jahr später eines Tages nach Hause kam und ein leeres Haus vorfand, weil seine Familie ihr Leben nicht der Karriere des „Familienvaters“ opfern wollte. So können sich Wertekonflikte auch auflösen. Machen Sie also den Test. Schauen Sie sich Entscheidungen Ihres Managements und Ihrer Führungskräfte an und prüfen, welche Werte dabei die entscheidende Rolle gespielt haben. Einen aufwändigen Prozess zur Einführung von „Führung durch Werte“ können Sie sich schenken. Zu einfach? Sicher, weil es so manches „Change-Projekt“ überflüssig macht…

61


Fortschritt Familienfreundlichkeit – die Sicht der Personaler Ergebnisse der Online-Befragung: „Fortschritt Familienfreundlichkeit“, Befragung von Personalern Die Umfrage „Fortschritt Familienfreundlichkeit – die Sicht der Personaler“ wurde von der IGS Organisationsberatung GmbH durchgeführt. Auftraggeber für dieses Projekt waren die hessenstiftung – familie hat zukunft, die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e.V. sowie die Arbeitgeberverbände HessenMetall und Hessen Chemie. In Medienpartnerschaft mit der Personalwirtschaft bekamen wir über 170 Antworten von Personalern zum Thema Familienfreundlichkeit im Unternehmen. Die befragten Personaler halten sich bei der Initiative zu familienfreundlichen Maßnahmen eher zurück. Statt sich strategisch aufzustellen, verstehen sie sich vielmehr als Umsetzer, Konstrukteur, Dienstleister und Administrator. Sie sehen in dem Thema Familienfreundlichkeit vor allem einen Motivations- und Bindungsaspekt und damit ein Führungsthema. Also sollen sich die Führungskräfte auch darum kümmern. Bedauerlicherweise müssen wir feststellen, dass bei den Personalern der Nutzen für das Unternehmen noch nicht angekommen ist oder sie nicht daran glauben. So schreiben sie den größten Nutzen durch Familienfreundlichkeit den Mitarbeitern zu. Der Nutzen für das Unternehmen wird als weniger bedeutend angesehen. Auch die anvisierten Zielgruppen werden von den Personalern als eher eingeschränkt definiert. In den Augen der Personaler sollten sich familienfreundliche Maßnahmen vor allem an die Zielgruppe Mitarbeiter und untere Führungsebene richten. Je weiter man die Hierarchie nach oben wandert, desto weniger Relevanz wird dem Thema Familienfreundlichkeit eingeräumt. Damit zeigen sich die Personaler als eher abwartend, skeptisch gegenüber dem Nutzen und eingeschränkt für die Anwendbarkeit solcher Maßnahmen. Schade, schließlich verspielen sie hier eine große Chance für die Zukunftssicherung des Unternehmens.

62


Die Umfrageergebnisse im Einzelnen:

I. Demografische Daten I.1 Allgemeine Informationen Zeitraum der Befragung Die Befragung fand im Zeitraum vom 31.08.2009 bis 10.11.2009 statt. Anzahl der Teilnehmer Dieser Auswertung liegen die Daten von 171 Personalern zugrunde.

I.2 Fragen zum persönlichen und beruflichen Hintergrund Geschlecht der Teilnehmer   weiblich männlich Gesamt

Prozent 37,4 62,6 100,0

Altersstruktur der Teilnehmer Die Teilnehmer/-innen sind zwischen 16 und 72 Jahre alt. Das Durchschnittsalter liegt bei 40,71 Jahren.   Bis 30 Jahre 31-40 Jahre 41-50 Jahre 51-60 Jahre Über 60 Jahre Gesamt

Prozent 18,0 29,3 35,9 15,0 1,8 100,0

Berufliche Position der Teilnehmer   HR-Experte ohne Führungsverantwortung HR-Experte mit Führungsverantwortung Gesamt

Prozent 49,4 50,6 100,0 63


Ergebnisse der Online-Befragung: „Fortschritt Familienfreubdlichkeit“

Unternehmensgröße (Anzahl der Mitarbeiter) Die Befragten arbeiten in Betrieben unterschiedlicher Größe. Mitarbeiter 1-9 10-49 50-249 250-499 500-999 1.000-2.999 3.000 und mehr Gesamt

Prozent 7,1 11,2 23,5 18,2 11,8 10,0 18,2 100,0

Mitarbeitervertretung (Betriebsrat oder Personalrat) In drei Viertel der Unternehmen gibt es einen Betriebs- oder Personalrat.   Ja Nein Gesamt

Prozent 75,7 24,3 100,0

Tätigkeitsbereich Industrie Dienstleistung Öffentlicher Dienst Sonstige Gesamt

Prozent 41,4 32,5 14,2 11,8 99,9

Verteilung auf die Bundesländer Die Hälfte der Befragten arbeitet in Hessen.   Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen 64

Prozent 8,3 10,7 4,1 0,6 0,6 1,2 49,1


Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen Österreich Schweiz Gesamt

0,6 4,1 13,6 1,2 1,2 1,8 1,2 1,2 0,6 100,1

II. Auswertung der Fragen II.1 Fragen zur aktuellen Situation und zu Veränderungen im Unternehmen Frage 1: Setzt sich Ihr Arbeitgeber mit dem Thema Familienfreundlichkeit auseinander?   Ja Nein Gesamt

Prozent 83,7 16,3 100,0

Frage 2: Wie hat sich das Thema Familienfreundlichkeit in Ihrem Unternehmen in den letzten 2 Jahren entwickelt? Die Entwicklung… … macht Fortschritte. … stagniert. … ist rückläufig. Gesamt

Prozent 57,5 38,6 3,9 100,0

65


Ergebnisse der Online-Befragung: „Fortschritt Familienfreubdlichkeit“

Frage 3: Wie würden Sie die Haltung der Geschäftsleitung zum Thema Familienfreundlichkeit charakterisieren?   Prozent Die Geschäftsführung steht voll und ganz hinter dem Thema. 58,5 Die Geschäftsleitung äußert sich überhaupt nicht dazu. 27,7 Die Geschäftsleitung legt mehr Wert auf eine familienfreundliche 10,7 Außendarstellung des UN als auf die tatsächliche Umsetzung. Die Geschäftsleitung hält nichts von Familienfreundlichkeit. 3,1 Gesamt 100,0 Frage 4: Durch welche Erfahrungen/Beobachtungen kommen Sie zu dieser Einschätzung? Positive Erfahrungen Rang Oberpunkt Beschreibung Anzahl - Verschiedene Maßnahmen (z.B. Elterntag) 37 - Flexible Arbeitszeit- und Arbeitsplatzgestaltung Verschiedene 1 Maßnahmen - Kinderbetreuungsangebote - Themenbezogene Arbeitskreise und Projektgruppen - Betriebsvereinbarung - Führungskraft und Unternehmensleitung stehen dahinter Leitbild/ 12 2 Unternehmens- - Unterstützende Kultur (z.B. auch FK darf Familie haben) Kultur - Verständnis - Individuelle Lösungen Interne - Absprachen, Gespräche 10 3 Kommuni- Gemeinsame Problemlösung kation 4

„Berufundfamilie“

Negative Erfahrungen Rang Oberpunkt

66

1

Kein Thema

2

Geringe Akzeptanz des Themas

3

Maßnahmen ohne Wirkung

- Auditierung - Reauditierung

7

Beschreibung Anzahl - Keine bewusste Auseinandersetzung mit 11 dem Thema - Geschäftsführung beschäftigt sich nicht mit Thema (nur PA) - Keine/geringe Akzeptanz bei Gleitzeit - Keine Aktion, nur Reaktion 6 - Stillstand wegen Personalabbau - Abgabe von Führungsverantwortung wenn Teilzeitbeschäftigung - Lediglich für externe Kommunikation

2


Frage 5: Wird Familienfreundlichkeit in Ihrem Unternehmen in den letzten 2 Jahren häufiger thematisiert? Mehrfachnennungen möglich Prozent 28,1 35,9 13,7 41,2 16.3 2,0 32,0

Ja, von Seiten der Geschäftsleitung. Ja, von Seiten der Personalabteilung. Ja, von Seiten der Führungskräfte. Ja, von Seiten der Mitarbeiter. Ja, von Seiten des Betriebsrats/Personalrats. Nein, es wird seltener als früher thematisiert. Nein, ich beobachte keine Veränderung.

Frage 6: Haben Sie den Eindruck, dass Mitarbeiter/innen heute Familienfreundlichkeit stärker einfordern als vor 2 Jahren? Mehrfachnennungen möglich Prozent 39,2 47,7 2,6 30,7

Ja, Männer. Ja, Frauen. Nein, seltener als früher. Nein, ich beobachte keine Veränderung.

Frage 7: Welche der folgenden familienfreundlichen Angebote wurden in den letzten 2 Jahren von den Beschäftigten nachgefragt und welche davon existieren in Ihrem Unternehmen? Mehrfachnennungen möglich

Prozent

Existieren bereits Prozent

38,9

83,3

52,1

47,9

43,8

21,5

36,8

43,1

37,5

64,6

29,9

19,4

17,4

8,3

Nachgefragt Zeitliche Flexibilisierung (z.B. Gleitzeit, Vertrauensarbeitszeit, Teilzeitmodelle) Örtliche Flexibilisierung (z.B. Home Office) Kinderbetreuungsangebote (z.B. Betriebskindergarten, Kooperation mit Kitas) Möglichkeit der Freistellung/Sonderurlaube (z.B. zur Pflege von Angehörigen) Elternzeit bei Vätern/Vätermonate Serviceleistungen für Familien (z.B. Kindernotfallbetreuung) Netzwerke für Eltern

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Ergebnisse der Online-Befragung: „Fortschritt Familienfreubdlichkeit“

Finanzielle Unterstützung für Eltern (z.B. Zuschüsse zur Kinderbetreuung) Themenspezifische Seminarangebote Sonstige Keine Nutzung/Nachfrage

30,6

14,6

14,6

14,6 4,2 4,9

Auswertung der Kategorie „sonstige“: • Kontakt während Elternzeit oder familienbedingter Auszeit (z.B. Kontakthaltegespräche, Fortbildungen, Informationen) (3 x genannt) • Urlaubsvertretung, Ferienprogramme, Kindernotfallbetreuung (3 x genannt) • Eltern-Kind-Büros (2 x genannt) • Informationen, Seminare, Hilfe u.Ä. zu Themen wie Pflegefälle-, Eltern-KindThemen (2 x genannt) • Vergünstigungen von Mensa-Preisen (1 x genannt) • Möglichkeit zur Teilzeit nach Mutterschutz/Elternzeit (1 x genannt) Frage 8: Die Akzeptanz ist bei… Größtenteils ist die Akzeptanz unverändert geblieben, jedoch verzeichnet sich bei den männlichen Mitarbeitern eine Akzeptantsteigerung. … weiblichen Mitarbeitern …gestiegen …gesunken …unverändert Gesamt

Prozent 33,9 4,7 61,4 100,0

… männlichen Mitarbeitern …gestiegen …gesunken …unverändert Gesamt

Prozent 51,6 3,2 45,2 100,0

68


Frage 9: Wenn Sie finden, dass Familienfreundlichkeit bei Ihrem Arbeitgeber an Bedeutung gewonnen hat, worauf führen Sie diese Entwicklung zurück? Aus meiner Sicht will das Unternehmen vor allem ... Mehrfachnennungen möglich

… neue Mitarbeiter gewinnen/rekrutieren. … Mitarbeiter langfristig binden … Mitarbeiter motivieren … Mitarbeiter leistungsfähig halten. … soziales Engagement signalisieren. … Sonstiges. (Thema hat nicht an Bedeutung gewonnen.)

Prozent 20,1 54,2 47,9 38,7 33,1 4,9 16,2

Auswertung der Kategorie „sonstige“: - …gesetzliche Auflagen oder kapazitätsbedingte flexible Arbeitszeiten (2 x genannt) - … positives Employer Branding, Wahrnehmung und Behandlung der Mitarbeiter als Menschen (2 x genannt) - … den Schein auf dem Papier (1 x genannt) - …gesellschaftliche Verantwortung übernehmen (1 x genannt) - … mehr Frauen für die Technik gewinnen (1 x genannt)

II.2 Fragen zur Rolle und Haltung des Personalbereichs Frage 10: Für wie wichtig halten Sie persönlich Familienfreundlichkeit im Unternehmen? Die eindeutige Mehrheit der Befragten (86,9%) hält Familienfreundlichkeit für wichtig. Prozent Eher unwichtig 5,5 Neutral 7,8 Eher wichtig 39,8 Sehr wichtig 46,9 Gesamt 100,0 69


Ergebnisse der Online-Befragung: „Fortschritt Familienfreubdlichkeit“

Frage 11: Wie stehen Sie zu den folgenden Aussagen über Familienfreundlichkeit? Bitte urteilen Sie auf einer Skala von 1 (keine Zustimmung) bis 4 (volle Zustimmung). Familienfreundlichkeit … … nutzt den Mitarbeitern Keine Zustimmung Eher keine Zustimmung Eher Zustimmung Volle Zustimmung Gesamt

Prozent 0,8 0,8 14,6 83,8 100,0

… nutzt dem Unternehmen Keine Zustimmung Eher keine Zustimmung Eher Zustimmung Volle Zustimmung Gesamt

Prozent 1,5 8,5 38,5 51,5 100,0

… ist im betrieblichen Alltag nicht umsetzbar Keine Zustimmung Eher keine Zustimmung Eher Zustimmung Volle Zustimmung Gesamt

Prozent 54,4 34,4 10,4 0,8 100,0

Frage 12: An welche Zielgruppe(n) sollten sich familienfreundliche Angebote im Unternehmen Ihrer Meinung nach richten? Mehrfachnennungen möglich Die Zielgruppe familienfreundlicher Angebote sollten nach Meinung der Personaler die Mitarbeiter sein, weniger das mittlere und das obere Management. Prozent Experten ohne Führungsverantwortung 90,4 Arbeiter/Facharbeiter 89,7 Führungskräfte des unteren Managements 88,2 70


Nachwuchskräfte Führungskräfte des mittleren Managements Führungskräfte des oberen Managements

86,0 78,7 68,4

Frage 13: Wie hoch ist die Bedeutung des Themas im Personalbereich angesiedelt? Bitte urteilen Sie auf einer Skala von 1 (geringe Bedeutung) bis 5 (hohe Bedeutung). Mit einem Mittelwert von 3,17 schreiben die Befragten dem Thema im Personalbereich eine eher geringere Bedeutung zu.

Geringe Bedeutung Eher geringe Bedeitung Neutral Eher hohe Bedeutung Hohe Bedeutung Gesamt

Prozent 11,8 15,7 29,9 28,3 14,2 99,9

Frage 14: Welche Rolle hat der Personalbereich bei der Umsetzung von Familienfreundlichkeit im Unternehmen? Mehrfachnennungen möglich Die Personalabteilung ist in Unternehmen hauptsächlich Hauptverantwortlicher für Konzeption und Umsetzung sowie Dienstleister und Administrator bezüglich Familienfreundlichkeit.

Initiator Hauptverantwortlicher für Konzeption und Umsetzung Dienstleister und Administrator Keine Rolle Sonstige

Prozent 39,7 59,6 45,6 6,6 2,2

71


Ergebnisse der Online-Befragung: „Fortschritt Familienfreubdlichkeit“

Frage 15: Welche grundsätzliche Rolle hat der Personalbereich im Unternehmen? Mehrfachnennungen möglich Der Personalbereich ist ... ... Berater und Partner der Geschäftsleitung ... Dienstleister für das Unternehmen (z.B. Abwicklung der Gehaltsabrechnung) ... Dienstleister für die Führungskräfte ... Ansprechpartner für die Mitarbeiter Sonstige

Prozent 68,1 68,1 60,7 74,1 5,9

Auswertung der Kategorie „sonstige“: • Business Partner (2 x genannt) • Ansprechpartner für Betriebsrat und alles, für das keiner zuständig ist/sein will (2 x genannt) • Koordiniator der Gespräche mit den Sozialpartnern (1 x genannt) • Berater, Wächter und Lotse für das gesamte Unternehmen (1 x genannt)

Frage 16: Hat sich das Engagement der Personalabteilung in Bezug auf Familienfreundlichkeit in den letzten 2 Jahren verändert? Das Engegement der Personalabteilung ist größten Teils in den letzten 2 Jahren unverändert. Das Engagement ... … hat zugenommen … ist zurück gegangen … ist unverändert Gesamt

72

Prozent 41,9 2,4 55,6 99,9


Frage 17: Falls Zunahme oder Rückgang: Was hat sich verändert? Rang 1 2 3 4 5

Oberpunkt Mehr und vielfältigere Angebote Verstärkte Beachtung und Engagement Größere Auseinandersetzung Engagement und Kommunikation Individuelle Lösungen

Beschreibung - Flexibilisierung der Arbeitszeit - Flexibilisierung des Arbeitsortes - Gesundheitsseminare - Veränderungen im Team (z.B. mehr Frauen) - Betriebliche Anforderungen - Überlegungen - Arbeitskreise

Anzahl 10 6 4 4

- Befragung der Mitarbeiter - Gespräche mit Mitarbeiter

4

Frage 18: Welchen Einfluss nehmen die folgenden Personengruppen auf die Umsetzung von Familienfreundlichkeit im Unternehmen? Geschäftsführung Hemmend Eher hemmend Neutral Eher fördernd Fördernd Gesamt

Prozent 6,1 11,3 36,5 32,2 13,9 100

Führungskräfte Hemmend Eher hemmend Neutral Eher fördernd Fördernd Gesamt

Prozent 4,8 21,0 48,4 16,9 8,9 100

Personalbereich Hemmend Eher hemmend Neutral Eher fördernd Fördernd Gesamt

Prozent 1,6 5,7 23,6 39,0 30,1 100 73


Ergebnisse der Online-Befragung: „Fortschritt Familienfreubdlichkeit“

Mitarbeiter/innen Hemmend Eher hemmend Neutral Eher fördernd Fördernd Gesamt

Prozent 1,6 0,8 30,3 39,3 27,9 99,9

Betriebsrat/Personalrat Hemmend Eher hemmend Neutral Eher fördernd Fördernd Gesamt

Prozent 1,9 3,7 31,5 30,6 32,7 100,4

Frage 19: Was sind aus Ihrer Sicht notwendige Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für gelebte Familienfreundlichkeit im Unternehmen? Rang Oberpunkt Beschreibung Anzahl Führungskraft dahinter Commitment 37 Entscheidungsträger einbeziehen 1 der operativen -- Alle Akzeptanz der Führung Führung - Mehr Frauen in Führungspositionen - Keine Benachteiligung für Nutzer familienfreundlicher Maßnahmen - Wir-Gefühl Familien- Achtung, Wertschätzung, Vertrauen freundliche 32 2 - Humanismus Unterneh- Wille auf allen Ebenen (Chance erkennen) menskultur - Bewusstes Fördern von Familienfreundlichkeit bedarfsgerechte Angebote Arbeitszeit- & -- Innovative, 16 3 Arbeitsortfle- - Kinderbetreuung xibilisierung - Altenpflege Organisatorische Möglichkeit - Mehr finianzielle Mittel durch gesetzl. Lage und die Regierung - Öffentliche Fördermittel Finanzielle - Finanzielle Möglichkeit bei Unternehmen14 4 Voraussetserfolg (wirtsch. Situation muss stimmen) zungen - Wenig Zusatzkosten bzw. Kostenneutralität - Ökonomischer Nutzen - Bessere Aktienwerte 74


5

Kommunikation

6

Vereinbarkeit

- Gespräche - Netzwerke - Mit Organisationsstruktur - Mit verfügbaren Ressourcen - Mit betrieblichen Belangen

7 4

Frage 20: Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung der Gesellschaft im Hinblick auf die Gewichtung von Familie und Beruf ein? Positive Einschätzung Rang

Oberpunkt

1

Mehr Beachtung für Vereinbarkeit wegen demografischem Wandel

2

Stärkere Wertschätzung der Work-Life-Balance

Beschreibung - Unternehmen sind in Zugzwang, da mehr Gewichtung für Frau - Doppelte Berufstätigkeit - Fachkräftemangel - Nachwuchsprobleme - Beeinflusst die Wahl des Arbeitgebers

Anzahl

Beschreibung

Anzahl

43

9

Pos./Neg. Einschätzung Rang 1 2

Oberpunkt Abhängigkeit von aktuellen Wirtschaftslage Gleichbleibende Entwicklung

- Beachtung der Finanzierbarkeit

3

- Zunahme nicht erforderlich, da schon hoher Stellenwert

3

Negative Einschätzung Rang 1 2

Oberpunkt Beschreibung Anzahl Zukünftig keine Deckung - Grund hierfür die wirtschaftliche 2 des Bedarfs Lage - Schnelllebigkeit Zukünftiges Entfallen der - Steigender Druck 2 Entwicklung der Familie - Arbeitsmarkt schlecht für Arbeitnehmer

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Ergebnisse der Online-Befragung: „Fortschritt Familienfreubdlichkeit“

Frage 21: Möchten Sie zum Schluss noch etwas anmerken? Zitate: Forderungen: • Schaffung gesetzlicher Grundlagen für Wiedereinstellungseingliederungsmaßnahmen. Mehr Engagement in der Politik. (Bsp. Für Gesetze: Elternquote, bei Einstellung Vorrang an Eltern bei gleicher Qualififation) • Durch familienfreundliche Maßnahmen Potentiale aus • und weitergebildete Mitarbeiter nutzen. • Problem der langen Wartelisten (62 Monate) bei KiTas lösen. • Mehr Werbung für Familienfreundlichkeit, damit Unternehmen Möglichkeiten kennen lernen. • Mehr Investitionen in Bildung – nicht nur Reden, sonder auch Handeln. • Es muss auf allen Seiten etwas geschehen, um einen höheren Stellenwert zu erzielen. Entwicklung weiterer Lösungsansätze. • Höhere Kontrolle des öffentlichen Dienstes hinsichtlich Familienfreundlichkeit. • Netzwerke zur Unterstützung kleiner und mittelständischer Betriebe,

Statements: • Sensibilisierung der Ebene unter der Geschäftsleitung ist nicht weit fortgeschritten. • Familienfreundlichkeit führt zu mehr Motivation und Leistungsbereitschaft. • Familienfreundlichkeit bringt für Unternehmen und Mitarbeiter was. Volkswirtschaftlich und gesellschaftlich gesehen ist die Nichtbeachtung eine Dummheit. • Religion ist ein wesentlicher Einflussfaktor für die Bedeutung von Familienfreundlichkeit. • Familie ist das Schönste.

76


Marcus Schmitz, Charlotte Venema, Ulrich Kuther

Thema ohne HR-Lobby Dass familienfreundliche Instrumente wichtig sind, unterschreiben viele Personalentscheider. Als Initiator betrachten sie sich dabei aber nicht. Auch den Führungskräften werden Wege zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf seitens HR oft abgesprochen. Eine Befragung bestätigt diese Abwehrhaltung. Bringen wir die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage unter über 170 Personalern zum Fortschritt des Themas Familienfreundlichkeit knapp und zugespitzt auf den Punkt: Unternehmen setzen sich mit Familienfreundlichkeit auseinander (84 %). Das Thema macht nach Angaben der Befragten in den letzten zwei Jahren Fortschritte (58 %). Die Geschäftsleitungen stehen voll und ganz hinter familienfreundlichen Maßnahmen (59 %). Und der Personalbereich verschläft in vielen Fällen seine strategische Verantwortung. Die Umfrage zur Sicht des Personalbereiches der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände, der Arbeitgeberverbände Hessen Metall und HessenChemie sowie der hessenstiftung – familie hat zukunft gemeinsam mit der IGS Organisationsberatung GmbH und in Medienpartnerschaft mit der Personalwirtschaft verdeutlicht, wo bezogen auf den Personalbereich im Einzelnen die Handlungsfelder liegen. Es ist bedenklich, dass der Personalbereich sich selbst beim Thema Familienfreundlichkeit als Umsetzer, Konstrukteur, Dienstleister und Administrator sieht. Den schwächsten Wert erreicht die Rolle des Initiators mit knapp 40 %. Auch die Bedeutung des Themas auf der Prioritätenliste des Personalbereiches zeigt, dass es hier viel wichtigere Themen zu geben scheint. Auf einer Skala von 1 (geringe Bedeutung) bis 5 (hohe Bedeutung) erreicht die angegebene Wichtigkeit im Durchschnitt 3,17 und kommt somit aus der Mittelmäßigkeit nicht heraus. Eine hohe Bedeutung wird lediglich von 14.2 % angegeben. Bedauerlich ist auch, dass bei aller Kommunikation des Themas, bei allen Initiativen, Studien und Veröffentlichungen es bisher nicht gelungen ist, deutlich zu machen, dass Familienfreundlichkeit eine Win-win-Situation für Beschäftigte und Unternehmen darstellt. Personaler stimmen zu mehr als 83 % der Aussage voll zu, dass Familienfreundlichkeit den Mitarbeitern nutzt. Sie stimmen aber lediglich zu gut 51 % der Aussage voll zu, dass Familienfreundlichkeit dem Unternehmen nutzt. Strategische Bedeutung also nicht erkannt. 77


Schmitz, Venema, Kuther Thema ohne HR-Lobby

Schade, denn hier verschläft der Personalbereich ein – wie oben gezeigt – wichtiges Thema. Dies ist umso tragischer, da nach Selbstbild die Personaler zu knapp 70 % Berater und Partner der Geschäftsleitung sind. Einerseits Berater und Partner, andererseits kein Initiator eines strategisch wichtigen Themas: Eine irritierende Bilanz. Die Alternative läge darin, dass sie Familienfreundlichkeit in der Tat nicht als wichtig ansehen. Genau dieses geben sie aber an: Über 85 % halten es für eher bzw. für sehr (47 %) wichtig. Die Personaler sind sich des Widerspruchs offensichtlich nicht bewusst. Die Umfrageergebnisse belegen, dass der Personalbereich seine Rolle im Thema Familienfreundlichkeit nicht sieht, nicht ausreichend definiert und vielleicht auch wenig reflektiert hat. Damit empfindet er es nicht als Defizit, dass es nicht wirklich weitergeht. Er sieht die Aufgabe der Umsetzung bei den Führungskräften. Dann könnten es wenigstens die richten, die einen immensen Druck für die Gewährleistung des operativen Geschäfts verspüren. Deren Kernthemen sind mittlerweile Motivation und Bindung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern [IGS 2009c]. Bezogen auf diese Problemstellung reagieren sie auch. Allerdings greifen sie dabei häufig auf bereits bewährte Handlungsmuster zurück. Sie versuchen Druck auszuüben. Damit soll die Leistung der Bereiche gewährleistet werden [IGS 2009b], was die wichtigste Zielsetzung für die Führungskräfte darstellt. In diesem Kontext ist Familienfreundlichkeit eine Themenstellung, die zusätzliche Aufwände erfordert in einem Aufgabenspektrum, dass ohnehin nur durch kontrollierte Vernachlässigung bewältigt werden kann. Einen direkten Druck für die Umsetzung familienfreundlicher Maßnahmen gibt es nicht. Und schließlich billigt der Personalbereich auch selbst den Führungskräften kaum die eigene Inanspruchnahme zu. Oberhalb der mittleren Führungsebene gehören die Beschäftigten weit weniger zur Zielgruppe, als dies für die Gruppen bis zum unteren Management gilt. Die Führungskräfte werden also einerseits in der Umsetzungsverantwortung gesehen, andererseits aber nicht als Zielgruppe oder als Betroffene. Dabei weiß jeder, dass eine betroffene Führungskraft, die für sich Familienfreundlichkeit in Anspruch nimmt, der beste Multiplikator im Unternehmen ist. Beispiele werden benötigt, damit eine Kulturveränderung erreicht werden kann.

78


An welche Zielgruppe(n) sollten sich familienfreundliche Angebote im Unternehmen Ihrer Meinung nach richten?

[IGS 2009d] Wie aber soll es ohne Personalbereich zu einer Umsetzung kommen? Wenn also schon nicht eigenes Thema, dann bitte Unterstützung für die Führungskräfte! Wenn dazu keine proaktiven Vorschläge vorliegen, wird sich der Personalbereich in kurzer Zeit von der Geschäftsleitung die Frage gefallen lassen müssen, wie er auf die vorhersehbare Entwicklung am Arbeitsmarkt reagiert hat und welche Maßnahmen ergriffen worden sind. Nach Angaben von Geschäftsführern, oberen Führungskräften und Personalern ist Bedient man sich einfacher mathematischer der Personalmangel selbst in Methoden, dann muss zur Gewährleistung der Zeiten der Krise vorhanden. Personalkapazität bei weniger Fachkräften In 52 % der befragten entweder deren Lebensarbeitszeit oder Unternehmen ist er bereits deren tägliche, wöchentliche oder jährliche heute spürbar, weniger als Arbeitszeit erhöht werden. 10 % halten das Thema für nicht relevant [IGS, VhU, 2009]. 64 % sehen den Engpass bei Facharbeitern, in 55 % der Unternehmen werden Ingenieure benötigt. Wie wird dieser sich verschärfende Mangel in Zukunft zu bewältigen sein? Bedient man sich einfacher mathematischer Methoden, dann muss zur Gewährleistung der Personalkapazität bei weniger Fachkräften entweder deren Lebensarbeitszeit oder deren tägliche, wöchentliche oder jährliche Arbeitszeit erhöht werden. Beides passiert, aber mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. 79


Schmitz, Venema, Kuther Thema ohne HR-Lobby

Nach Angaben von Vätern [hessenstiftung, 2008] liegt deren durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit faktisch bei knapp 46 Stunden. Die Verlängerung der Lebensarbeitszeit ist unpopulär und wird erst mit erheblicher Verzögerung greifen. Die Frage der Zukunft lautet also: Wie bringt ein Unternehmen seine qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dazu, in der Woche 50 Stunden (oder mehr?) zu arbeiten? Möglichkeit 1: mehr Geld. Doch dieses löst das Problem nicht. Entweder es wirkt nicht oder die Unternehmen haben es nicht. Möglichkeit 2: Druck erhöhen: Arbeitsverdichtung, steigende Anforderungen, permanente Veränderungen. Problem hierbei: Auch dieses wirkt nicht mehr, da zunehmend die negativen Folgen des Drucks an die Oberfläche kommen. Loyalität, Bindung an den Arbeitgeber, Motivation sinken. Arbeitnehmer entwickeln hinter einer Fassade der Aktivität und Leistungsbereitschaft kreative Ausweichstrategien [IGS, 2009b]. Ein Ventil, ein anderer Ausgleich für die zu fordernde höhere Leistung muss her. Familienfreundlichkeit ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Thema, um die steigenden Anforderungen im Beruf zugunsten des Privatlebens auszugleichen. Dabei steht Familienfreundlichkeit als Schlagwort für Verbesserungen und Angebote in der ganzen Bandbreite widerstreitender beruflicher und privater Interessen. Aber warum sollte ein Unternehmen diese „Sozialleistung“ erbringen? In einer Wirtschaftskrise sinkt die freiwillige Mobilität und Abwanderungsbereitschaft. Gleichzeitig werden Arbeitnehmer freigesetzt. Außerdem betreffen diese Sozialleistungen doch überwiegend Frauen, die in Führungs- und Schlüsselpositionen unterrepräsentiert sind. Die wirkliche Veränderung liegt darin, dass die bisherige Abschottung gegen das Thema deshalb nicht mehr funktioniert, weil jetzt plötzlich auch die Männer ihre Rolle in der Familie entdecken und neue Lösungen fordern [IGS, VhU, hessenstiftung, Hessen Metall, HessenChemie, Die wirkliche Veränderung liegt darin, dass 2009a und 2009c]. 40 % der die bisherige Abschottung gegen das Thema Personaler bestätigen in der deshalb nicht mehr funktioniert, weil jetzt aktuellen Umfrage, dass plötzlich auch die Männer ihre Rolle in der Männer FamilienfreundFamilie entdecken und neue Lösungen fordern. lichkeit stärker einfordern als vor zwei Jahren. Auch bestätigen die Befragten zu über 50 %, dass gerade die Akzeptanz für die Inanspruchnahme von Maßnahmen zugunsten der Familie bei männlichen Mitarbeitern gestiegen ist. Damit verändert sich der Druck sowie dessen Qualität von Seiten der Beschäftigten. Es ist eben etwas anderes, ob Sachbear80


beiterinnen, Sekretärinnen und Arbeiterinnen in der Produktion Teilzeitjobs und Rückkehrgarantien einfordern oder ob der Virus Ingenieure und Vertriebsleute infiziert, die ihre Vaterschaft ausleben wollen, ohne auf berufliche Entwicklungschancen zu verzichten. Der Mentalitätswandel ist unweigerlich im Gang. Wie bereiten sich Unternehmen auf die veränderte Realität vor? Wer trifft oder initiiert die notwendigen Entscheidungen? Die Frage, die vor diesem Hintergrund im Folgenden besonders interessiert, lautet: Welche Rolle spielt derzeit der Personalbereich bei den beschriebenen Veränderungen? Die Antwort geben sich die Personaler selbst: Für 28 % hat das Thema Familienfreundlichkeit eine geringe/eher geringe Bedeutung. Für weitere 30 % eine neutrale. Zusammengefasst: Die einzelnen Akteure arbeiten in der Umsetzung von Familienfreundlichkeit nicht zusammen. Jeder sieht die Dringlichkeit eher in der Sphäre des anderen, auf alle Fälle nicht im eigenen Bereich – leider ergeben die Umfrageergebnisse diese Schlussfolgerung auch für den Personalbereich. Dies sicherlich auch, weil die eigene Beanspruchung für neue und zusätzliche Themen wenig Spielraum lässt. Was bleibt zu raten? Sollen wir ein weiteres Mal darauf hinweisen, dass der Personalbereich strategisch gefordert ist? Sollen wir nochmals betonen, dass Personal in Zukunft zum strategischen Faktor für ein Unternehmen wird? Sollen wir wieder bemerken, dass Personal in wenigen Jahren, wenn Den Ansatzpunkt der Personalabteilung sehen nicht heute schon, knapp wir in der Analyse, welche Qualifikationen sein wird? in Zukunft für das Unternehmen überleZwei zentrale benswichtig sind, wie sich der vorhandene Punkte sind zu klären: Personalstamm in diesen Feldern entwickelt Die Rollendefinition des (Ausscheiden aus Altersgründen, Fluktuation, Personalbereiches und, Chancen der Entwicklung interner Potentiale) damit eng verbunden, und wie sich die entsprechenden Sektoren die Frage, wo (oder ob?) auf den Personalmärkten voraussichtlich strategische Personalarbeit entwickeln werden. im Unternehmen stattfindet. Den Ansatzpunkt der Personalabteilung sehen wir in der Analyse, welche Qualifikationen in Zukunft für das Unternehmen überlebenswichtig sind, wie sich der vorhandene Personalstamm in diesen Feldern entwickelt (Ausscheiden aus 81


Schmitz, Venema, Kuther Thema ohne HR-Lobby

Altersgründen, Fluktuation, Chancen der Entwicklung interner Potentiale) und wie sich die entsprechenden Sektoren auf den Personalmärkten voraussichtlich entwickeln werden. In allen MINT-Sektoren reicht ein Blick auf die Studierendenzahlen und Absolventen, um das Thema zur Sache der Personalabteilungen zu machen. Die vollständigen Untersuchungsergebnisse finden Sie auf www.igs-beratung.de! Literatur: hessenstiftung – familie hat zukunft (2008): Zeit für Väter IGS Organisationsberatung GmbH (2009a): „Firma & Familie“, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu Familienfreundlichkeit in Unternehmen; Onlinestudie im Auftrag der VhU – Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e.V. und der hessenstiftung – familie hat zukunft; Medienpartner: Frankfurter Rundschau und Wirtschaftszeitung Aktiv IGS Organisationsberatung GmbH (2009b): Führungspraxis in deutschen Unternehmen, Medienpartner: Capital; Onlinestudie IGS Organisationsberatung GmbH (2009c): Fortschritt Familienfreundlichkeit, schriftliche Befragung von Führungskräften im Auftrag der hessenstiftung – familie hat zukunft, VhU – Vereinigung hessischer Unternehmerverbände e.V., Arbeitgeberverband HessenChemie und Arbeitgeberverband Hessen Metall IGS Organisationsberatung GmbH (2009d): Fortschritt Familienfreundlichkeit, Onlinestudie unter Personalern im Auftrag der hessenstiftung – familie hat zukunft, VhU – Vereinigung hessischer Unternehmerverbände e.V., Arbeitgeberverband HessenChemie und Arbeitgeberverband Hessen Metall; Medienpartner: Personalwirtschaft IGS Organisationsberatung GmbH, Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (IGS, VhU, 2009): Studie „Personalstrategie in Zeiten des demografischen Wandels

Marcus Schmitz, Geschäftsführer, IGS Organisationsberatung GmbH Charlotte Venema, Leiterin Berufliche Bildung und Personalpolitik, Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e.V. Dr. Ulrich Kuther, Bevollmächtigter der Geschäftsführung, hessenstiftung - familie hat zukunft 82


Charlotte Venema

Die Rolle der Kommunen - Standortfaktor: Familienfreundlichkeit “Familienfreundlichkeit“ wird überwiegend unter zwei Gesichtspunkten thematisiert: 1. Staatliche Rahmenbedingungen: Gesetze, individuelle Rechtsansprüche, staatliche Investitionen und Förderprogramme, wie z. b. Finanzierung von Betreuungsplätzen 2. Familienfreundlichkeit als Teil der Personalpolitik von Unternehmen: Was bieten Unternehmen zusätzlich und freiwillig als Ergänzung zum gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtprogramm? Wird der Aspekt „Familienfreundlich“ bei der Ausgestaltung von Arbeitsbedingungen berücksichtigt oder sogar bewusst gefördert? Gesetzgeber und staatliche Haushaltspolitik bilden einen wichtigen Rahmen für Familien­f reundlichkeit, der auch die Angebote und Konzepte von Unternehmen beeinflusst. Allgemeine Rahmenbe­dingungen und die Arbeitsbedingungen von Arbeitsnehmern in den einzelnen Unternehmen sind jedoch nur zwei von drei Faktoren, die über real erlebte Familienfreundlichkeit entschei­den. Ein weiterer wichtiger Aspekt wird eher unsystematisch und zufällig thematisiert. Regionalpolitik als Standortfaktor Der dritte, bisher weniger diskutierte Faktor ist die Umsetzung durch die Regionalpolitik. Familienfreundlichkeit ist ein Teil regionaler Standortpolitik. Dieser Aspekt umfasst mehr als die Summe der zur Verfügung sehenden Finanzmittel. Hier geht es darum, ob und in welchem Umfang die Regionalpolitik ihre Ressourcen und Gestaltungsmöglichkeiten bewusst einsetzt, um die Lebensbedingungen von Familien in der Region zu verbessern. Dieser Aspekt kann sicher nicht unabhängig von finanziellen Ressourcen entschieden werden. Aber die vorhandenen Ressourcen entscheiden nicht allein über die Familienfreundlichkeit einer Region. Entscheidend ist, ob das Gesamtangebot auf die realen Bedürfnisse der Arbeitnehmer und ihrer Familien ausgerichtet ist. Diese Frage wird die demografische Entwicklung einer Region mit beeinflussen, denn nicht nur das Arbeitsplatzangebot, sondern auch die 83


Venema Die Rolle der Kommunen - Standortfaktor: Familienfreundlichkeit

Frage der Kinderbetreuung, des Angebots an Schulen, Ausbildungsplätzen und die regionale Verkehrsinfrastruktur entscheiden darüber, ob ein Arbeitnehmer bereit ist, in eine Region zu wechseln oder dort zu bleiben. Arbeitgeber prüfen vor einer Standortentscheidung, ob sie damit rechnen können, eine ausreichende Zahl an Fachkräften zu finden. Attraktivität des Standorts für Arbeitgeber und Arbeitnehmer Mit der Entwicklung des Fachkräftebedarfs – und zum Teil bereits des Fachkräftemangels - wird der Aspekt der Lebensqualität im Wettbewerb der Region um Unternehmen und Arbeitnehmer wichtiger werden. Je knapper öffentliche Mittel sind, umso mehr kommt es darauf an, die vorhandenen Ressourcen möglichst effizient einzusetzen. Dabei geht es um Entscheidungen, die nur auf den Hintergrund des jeweiligen Standorts sinnvoll beurteilt werden können. Es kommt weniger auf Einzelmaßnahmen an als auf ein schlüssiges Gesamtkonzept, in dem die Angebote aufeinander abgestimmt geplant werden. Dialog als Antwort auf demografische Herausforderungen Für ein Konzept braucht man jedoch zunächst ein Bild über den konkreten Bedarf. Ein regelmäßiger Dialog zwischen Politik, Wirtschaft, Interessenvertretern gesellschaftlicher Gruppen und kommunalen Einrichtungen kann diese Informationen liefern und gleichzeitig neue Lösungsmöglichkeiten aufzeigen. Alle Regionen werden in den nächsten Jahren mit bisher nicht gekannten Veränderungen der demografischen Struktur konfrontiert sein. Sowohl negative als auch positive Entwicklungen können sich dabei selbst verstärken. Regionen, die auf die neue Situation mit alten Konzepten reagieren, riskieren, an den falschen Stellen zu investieren. Wir möchten dagegen ein Konzept des Dialogs aller gesellschaftlichen Kräfte setzen, in dem ein gemeinsames und koordiniertes Konzept entsteht.

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Dr. Ulrich Kuther Geschäftsführer hessenstiftung - familie hat Zukunft

Petra Müller-Klepper Staatssekretärin im Hessischen Sozialministerium

Marcus Schmitz Geschäftsführer IGS Organisationsberatung

Johannes Thönneßen Geschäftsführer und Chefredakteur von Management-wissen online

Charlotte Venema Leiterin „Betriebliche Personalpolitik“ Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU), Frankfurt am Main

Prof. Dieter Weidemann Präsident, Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU), Frankfurt am Main

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Impressum Erschienen: September 2010 Auflage:

3.000 Stück

Kontakt: Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e.V. (VhU) Charlotte Venema Tel. 069 95808-296 E-Mail: cvenema@vhu.de hessenstiftung – familie hat zukunft Dr. Ulrich Kuther Tel. 06251 700 531 E-Mail: u.kuther@hessenstiftung.de IGS Organisationsberatung GmbH Marcus Schmitz Tel. 02234 933 5691 E-Mail: marcus.schmitz@igs-beratung.de

Layout + Druck Druckwerkstatt Ehgart & Albohn GmbH, Fernwald-Steinbach 86


Motor f端r Reform

Barometer Familienfreundlichkeit Verantwortung und Engagement in Unternehmen

IGS Organisationsberatung GmbH


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