HKB-Zeitung 2/2022: Künstlerische Stimmen zum Krieg

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N°2/2022

3027 Bern

HKB-Zeitung Die Post CH AG

Hochschule der Künste Bern HKB

Juni 2022 4 × jährlich

———————————————————————————————————————— EDITORIAL ———————————————————————————————————————— Ende Februar, vor gut drei Monaten, hat die russische Armee die Ukraine überfallen. Der Krieg, der in der Ukraine grauenhaftes Leid verursacht, stellt auch Mitteleuropa, die Schweiz, Bern, die HKB auf den Kopf. Wir sprechen hilflos von Zeitenwende, um das Unfassbare zu benennen. Nichts ist mehr wie vorher: Die Schweiz, die ganze Welt rüstet in einem unglaublichen Ausmass auf. Der Weltkrieg ist plötzlich wieder eine mögliche Realität geworden. Oder ist alles wieder wie früher, so wie vor 60 Jahren, 50 Jahren, vor 30 Jahren? — Kürzlich habe ich das Buch Depeche Mode von Serhij Zhadan wieder gelesen. Es erschien in der deutschen Übersetzung 2007. Die Zweitlesung im Kriegsapril 2022 war eine erschütternde Erfahrung. Das kaputte Leben der jungen Pro­tagonisten aus der Ostukraine im Juni 1993, das Zhadan in seinem rasanten, witzigen und tieftraurigen Jugendroman beschreibt, ist plötzlich ganz nah — der Ostblock-Exotismus, den ich beim ersten Lesen vor acht Jahren empfunden habe, ist in den Hintergrund getreten. Serhij Zhadan derweil harrt im Frühsommer 2022 in seiner bombardierten Heimat­ stadt Charkiw aus.

— Was macht der Krieg mit uns? Was macht er mit der Literatur, dem Thea­ter, der Kunst? —

Thema: Künstlerische Stimmen zum Krieg 3

Wortprotokoll eines Austausches im Kriegsexil Interview von Polina Solotowizki

9 Die sechste Welle von Marina Sobyanina

12 What is art’s role in the actual conflict? — Die Kuratorin Marta Dziewańska im Gespräch von Stefanie Manthey 16 Der Schrei der Möwe von Florian Reichert

HKB aktuell 20 Vom Verteidigen von Werten von Marc Kilchenmann

25 Veranstaltungen 26 Ausgezeichnet: Rebecca Gisler 27 Zu Gast: Petter Eldh 28 Student*in im Fokus: Johanna Heusser

28 Absolvent*in im Fokus: Benjamin Sunarjo 29 Rückblick: HKB Musik­ studierende am Festival Amplitudes in La Chaux-de-Fonds

31 Eine HKB-Dienstleistung stellt sich vor: KULT – die Studierendenagentur 32 Schaufenster – Arbeiten aus der HKB


Peace — Congo Natty Peace Orchestra — Peace Orchestra Peace — Depeche Mode Peace — Sabrina Johnston Peace — Eurythmics Peace — DJ Food Peace — Graveyard Peace — The New Power Generation Peace — Rotary Connection Rust In Peace — Megadeth Peace — Vista Chino Peace — Blackwood Peace Of Mind — Claro Intelecto Pipes Of Peace — Paul McCartney Peace — Imperiet Peace — Tordenskjolds Soldater Peace — Chet Baker Peace — Archie Shepp/Bill Dixon Peace — Walt Dickerson Give Peace A Chance — Peace Choir Peace — Peace Pieces Of Peace — Pieces Of Peace Peace Moves — Bufiman Peace — Tutto Matto Peace Trail — Neil Young Lost Peace — Lost Peace Peace Truce — The Gladiators Packet Of Peace — Lionrock Peace Man — Rising Son Peace? — Dicks The Art Of Peace — Kozmic Niggah Peace — 2-B-3 & Tony Johnson Peace Division — Body & Soul No Peace — Meditation Peace Force — Mandar Peace And Rhythm — Idris Muhammad Peace — Greater Than One Peace And Love — Peace And Love Outer Peace — Toro Y Moi Peace — Neophyte & The Viper Peace Sells… But Who’s Buying? — Megadeth Peace — Ira Sullivan Time Peace — The Rascals The Peace-Maker — Harold Land Quintet Peace — White Flag Peace Fixation — Freaky Chakra Peace Treaty — The Nathan Davis Sextet Peace — Demon Hunter We Came In Peace — Dance 2 Trance Peace — Jean Carn Peace & Unity — Sonya Spence Peace & Love — Barry Brown Peace — Lilian And The Why Nots Peace Process — Peace Division Peace — Anything Box Peace — Nick Holder Peace Of Time — Abdullah Sami Peace Sword — The Flaming Lips Peace, Love & Unity — DJ Hype Peace — Coldwater Army Peace — X-Bass Peace — Junior Mesa Peace, Love And Pitbulls — Peace, Love And Pitbulls Nafs At Peace — Jaubi Rastafari Peace — Rebel MC Feat Carroll Thompson Rest In Peace — Steppenwolf Peace… Inside My Heart — Dirty Trick Featuring Lucky EF Peace — The O’Jays Breach The Peace — Spiral Tribe Peace Kehd — The Doppelgangaz Peace And Harmony — Brothers In Rhythm At Peace With Woman — The Jones Girls Peace — Saints & Sinners Hope For Peace — Highrise Peace, Love & Death Metal — Eagles Of Death Metal Peace — Plastics Peace — D.A.M.N. Electric Peace — The Cult Peace And Love — The Pogues Peace — Tekkaman Star Peace — Droids Peace And Love — Brooklyn People Peace In Our Time — Van Kleef Peace Treaty Special — Jacob Miller

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Polina Solotowizki ist zwi­schen Heidelberg und Moskau aufgewachsen. Sie hat in Moskau einen Bachelor in Theaterregie gemacht und in Russland zwei Jahre als Regisseurin gearbeitet. Sie lebt mit ihrer Familie in BadenWürttemberg und studiert im Master «Expanded Theater» in Bern. Das hier wieder gegebene Gespräch hat auf Russisch stattgefunden. Es ist ihre Mut­tersprache und auch die Muttersprache von einigen der Teilneh­menden. Charkiw ist eine russischspra­ chige Stadt. Einige der Gesprächsteilnehmerinnen bevorzugen untereinander Ukrainisch zu sprechen, seitdem Russland die angegriffen hat. Sofiia:

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Christian Pauli ist Leiter Kommuni­kation HKB und der HKB-Zeitung. Er besuchte 2015 und 2017 das Internationale Literaturfestival in Odessa.

Wir haben uns mit der vorliegenden HKB-Zeitung gefragt, was der Krieg mit der Hochschule der Künste Bern, ihren Angehörigen und den zu uns Geflüchteten gemacht hat. Es war schwierig, auf diese Fragen Antworten zu finden. Die Betroffenheit, die Verletzungen und die Schockstarre sind allgegenwärtig. Wir haben es trotzdem versucht, und Stimmen eingefangen, um sie hier wiederzugeben. Stimmen zum Krieg: Lesen Sie, was Studierende, Dozierende, Absolvent*innen und Zugehörige der HKB sagen und schreiben. — Mit besten Grüssen aus der HKB Christian Pauli ———————————————————————————————————————— — — — — — — — — — ———————————————————————————————————————— WORTPROTOKOLL EINES AUSTAUSCHES IM KRIEGSEXIL ———————————————————————————————————————— Interview von Polina Solotowizki ———————————————————————————————————————— Sofiia Zinchenko, Polina Ternovskykh, Anna Yashna, Mary Shapochka und Sasha Snitko, fünf Studentinnen der Theaterschule in Charkiw, haben als Gaststudierende Aufnahme gefunden im Fachbereich Theater der HKB. Polina Solotowizki, selbst Theaterstudierende an der HKB, hat mit ihnen über den Kriegsausbruch, Angstzustände, Popsongs und Kunst gesprochen. Wir geben die Aussagen möglichst integral und ungefiltert wieder. ———————————————————————————————————————— Wie hat der Krieg euch als Künstler*innen, Schauspieler*innen, Regisseur*innen und überhaupt Theatermacher*innen beeinflusst? ———————————————————————————————————————— Als ich mich entschieden habe, Schauspielerin zu werden, habe ich meinen Eltern gesagt, ich wolle die Möglichkeit haben, etwas zu leben, das ich mich sonst nicht trauen würde. Jetzt verstehe ich, wie schwer es ist, über etwas zu sprechen, was du nicht erlebt hast. Vor dem Krieg habe ich bei einer Übung in Theaterregie mitgemacht. Wir mussten spielen, wie wir erfahren, dass ein Krieg begonnen habe. Schon damals hatte ich das Gefühl, es sei schwer, zu spielen, was dir nie passiert ist. Jetzt hängt vieles davon ab, wie viele psychische Ressourcen du noch hast. Manche haben die Energie und die positive Einstellung, um Menschen vom Krieg abzulenken. Wie zum Beispiel die Puppenspieler*innen, die in der Charkiwer U-Bahn, in der Menschen warten, ob sie überleben oder nicht, etwas für die Kinder aufführen. Wie wir mit den Mädels angefangen haben, an unserem Projekt für die Bachelor-Abschlussproduktionen an der HKB hier zu arbeiten, wurde uns klar, dass wir über nichts anderes als den Krieg sprechen können — so sehr es auch schmerzt: Wir können an nichts anderes denken. Also haben wir einen Weg gesucht, es auszudrücken, damit wir den Menschen klarmachen können, was eigentlich los ist. — Jetzt haben wir die Erfahrung als Schauspielerinnen. Wir wissen jetzt, was Krieg ist, auch wenn du das nicht unbedingt spielen kannst. Mich hat diese Situation viel empfindlicher und emotionaler gemacht. Manchmal geht es auch andersrum: Die Emotionen sind plötzlich blockiert.


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Anna:

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Mein emotionaler Zustand ist so gestört seit Kriegsanfang, dass ich sogar wegen einem netten Bildchen weine. — Früher hat man uns davon abgeraten, Ausschnitte über den Krieg zu machen. Die Dozierenden sagten: «Die Kinder haben es nicht erlebt, wie können sie es spielen?» Jetzt haben wir es erlebt. Ich hatte noch nie solche Angst gehabt, ich habe gezittert, und es gab diesen Impuls im Brustbereich, er kam irgendwo von innen. Du kannst nichts machen. Weder trinken, essen noch klar denken. Ich habe diesen Zustand fixiert. Mir gemerkt, wie es ist. Ich weiss nicht, ob ich es jemals spielen werde, aber jetzt funktioniert es aufs Stichwort. Es ist schon eine Zeit lang her, und ich befinde mich in Sicherheit, aber immer wieder, wenn ich jemandem erzähle, wie wir um fünf Uhr morgens am 24. Februar aufgewacht sind, zittere ich wie damals. — Wir waren dort nicht mal einen Monat, aber zwei Tage waren genug. Wir werden es niemals vergessen. — Bei mir ist es andersrum. Ich bin in dem Sinne kein repräsentatives Beispiel. — Das ist eine besondere Geschichte. Sofiia und ihre Stressresistenz. — Wir sassen zwei Wochen in Charkiw unter Beschuss. Einmal hat uns nachts das Geräusch eines Jagdfliegers aufgeweckt. Ich sagte: «Kann ich bitte bleiben? Ich will schlafen. Wenn’s uns trifft, dann ist’s eben so. Kann ich bitte einfach liegen bleiben?» Aber meine Mutter hat sich grosse Sorgen gemacht, und so gingen wir in den Flur, wo es keine Fenster gibt. Ich sass auf dem Boden und lehnte mich mit dem Rücken an die verriegelte Tür. Da wurde unsere Strasse bombardiert, die Tür wackelte tierisch wegen der Explosionswelle und traf mich heftig im Rücken, während ich ruhig dasass und einfach wartete, bis es vorbei war. Meine Mutter wurde hysterisch, die Freundin auch. Bei mir aber war es absolute Akzeptanz. Ich wusste einfach, ich kann nichts an dieser Situation ändern. Nur hatte ich immer Sorge um meine Eltern. Die Schiesserei hat mich auch mal auf der Strasse erwischt, ich wollte Gewürze für den Borsch kaufen. Eigentlich ganz lustig, dass wir Borsch kochten, das macht die Geschichte sehr ukrainisch. Ich habe mich unter einem Zaun versteckt und dachte: «Gut, dass ich allein bin und die Eltern zu Hause sind.» Ich hatte irgendwie mehr Angst um sie als um mich. Nicht weil ich unglaublich altruistisch bin. Ich habe einfach nichts gespürt. Als ich hierher an die Schauspielschule kam, war es eine Frage für mich, ob ich nach all dem jemals wieder auf die Bühne gehe und jemals wieder meine Emotionen anrühre. — Bei mir ist es anders. Immer, wenn es um den Krieg geht, komme ich zum Ausbruch. Alles, was ich denke, alles, was mich besorgt. Meine Verfassung sagt mir: Ich werde dir nicht helfen. Du wirst es so viele Male erleben, wie du dich daran erinnerst. — Das Schrecklichste ist, dass du dich daran gewöhnst. Und das passiert ziemlich schnell. Bis zu dem Tag dachte ich, ich hätte schon allen möglichen Stress und alle möglichen Ängste erlebt, aber nein. Was an diesem Tag war, kann man mit nichts vergleichen. Wir sind morgens aufgesprungen, es hat mich durchgeschüttelt und danach konnte ich nicht mehr schlafen. — Du konntest nicht mal trinken oder essen. — Und ihr habt Cornflakes in euch reingestopft!


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Ich hatte ja auch keinen Hunger, aber ich dachte, wenn es jetzt losgeht und ich hungrig bin, ist es doch noch schlimmer. Also habe ich diese Cornflakes einfach in mich reingestopft. ———————————————————————————————————————— Wart ihr zusammen, als es angefangen hat? ———————————————————————————————————————— Ja, wir wohnten zusammen mit Anja im Studentenwohnheim. — Für einige Momente bin ich wieder eingeschlafen, aber sofort wieder aufgewacht, weil ich von Explosionen und Vibrationen träumte. — Die Träume in den ersten Tagen waren etwas ganz Spezielles. — Noch was über das Gewöhnen: Um fünf Uhr hat’s begonnen. Um zwölf Uhr sind wir mit einem Kumpel auf die Strasse. Da waren wieder irgendwelche Explosionen zu hören und Vibrationen zu spüren. Ich stand einfach in der Nähe von einem Supermarkt und dachte: «Mir ist es egal.» Dachte mir: «Vielleicht sollte ich ein Beruhigungsmittel nehmen?» Aber bei der Apotheke war eine lange Schlange und ich dachte: «Dann eben nicht.» Übernachtet haben wir in der U-Bahn. Als ich wieder auf die Strasse ging, war es unglaublich still. Ich hatte nie in Charkiw so eine Stille gehört. Ich stand einfach da, rauchte, und es war mir egal. — Ich hatte auch so einen Moment, als man zum ersten Mal gesagt hat, dass das Atomkraftwerk angegriffen wurde, wisst ihr noch? Ich wollte schon schlafen gehen und habe die Nachricht im Bett gelesen. Und ich habe das Handy weggelegt mit dem Gedanken: «Na ja, mal sehen, ob ich aufwache oder nicht.» — Wir sind aus Charkiw durch Poltawa und Lwiw nach Luzk zu Verwandten gereist. Explosionen habe ich davor nur in Charkiw gehört. In Luzk, am dritten Tag unseres Aufenthalts, gab es um fünf Uhr fünf Explosionen. Bei der ersten Explosion wachst du auf, bei der zweiten checkst du, was los ist, bei der dritten stürzt du zum Fenster. Da war so ein Feuerschein, so hell wie der Tag. Die Explosionen waren viel näher als da­ mals in Charkiw. Meine Mutter war zuvor in Kiew, die haben dort die Explosionen irgendwo nur von weit weg gehört, aber sie hat sie nicht gese­hen. Ich denke, sie hat bis zu diesem Moment noch nicht ganz geglaubt, dass tatsächlich Krieg ist. Und sie bekam ganz stark Panik. Ich habe mich angezogen und gesagt: «Mama, beruhige dich bitte, wenn du willst, gehen wir halt in den Keller, aber ich möchte ehrlich gesagt einfach weiterschlafen, mir ist es egal.» — Ich möchte etwas zum Thema «Kunst» sagen. Als Regisseurin habe ich mir in den letzten Jahren überlegt, welche Gedanken ich in die Welt set­ zen will und was ich in diesem Beruf mache. Ich kann nicht sagen, ich hätte eine Antwort gefunden, aber es hat sich bei mir eine grosse Empathie für andere Kunstwerke geöffnet. Ich verstehe jetzt, dass hin­ter jedem Kunstwerk etwas steht. Früher war ich irgendwie distanzierter, aber jetzt lasse ich es mehr durch mich durch. Ich habe vor Kurzem Erich Maria Remarques Roman Die Nacht von Lissabon besonders auf Bezug im nächsten Satz gelesen: Es liest sich ganz anders, wenn du es selbst durchgemacht hast. Ich habe angefangen, mir Gedanken zu machen, was den Menschen dazu brachte, dieses Werk zu schaffen. Und das bezieht sich auf alle Arten von Kunst. Literatur, Musik. — — — —

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———————————————————————————————————————— Übrigens, was die Musik angeht, ich wollte euch bitten, Lieder zu teilen, die für euch eine besondere Bedeutung haben. Gibt es solche? ———————————————————————————————————————— Fast jede ukrainische Musik hilft mir, mich nicht in mich selbst zu verkriechen und mich nicht abzukapseln. Ich höre viel mehr ukrainische Musik als früher. — Ja, zu hundert Prozent. — Wenn ich Musik höre, bekomme ich gleich bessere Laune und überhaupt den Willen, irgendetwas zu machen. — Ich habe eine ganze Playlist. — Ich auch. — Und ich. ———————————————————————————————————————— Könnt ihr ein paar nennen, die euch lieb sind? ———————————————————————————————————————— Odin w kanoe (Alleine im Kanu): Ich habe kein Zuhause. Der Text: Ich weiss noch, aus welchem Stamm ich komme, weiss noch aus welcher Stadt, ich warte auf meinen Grammy, ich habe einfach keinen Platz, wo ich mich hinsetzen kann und meine Rede schreiben, ich habe kein Zu­hause … Und die Leute in Hunderten, über einen Tag sind sie in Waben aus Beton! Aber wo können sie sich sonst verstecken und trocknen? Die Menschen der ersten und zweiten Sorte? Und noch ein Lied, das mir unter die Haut geht, es ist zwar auf Russisch, und es heisst Die Kiewerin. Ich komme ja selbst aus Kiew, und ich sag euch, Mädels, wenn ich das Lied höre, während ich unterwegs bin, jetzt, wo der Flieder blüht und die Kastanien, ist es so, als wäre ich in Kiew, zu Hause. — Okean Elzy (Elsas Ozean): Der Ort des Frühlings. Der Text: Warum träume ich, wie wir immer wieder in unserem heimischen Lwiw spazieren, es riecht dort nach Frühling, und die Sonne geht unter, am Ufer des Flusses, den es nicht mehr gibt (…). Meine Stadt des Frühlings atmet, das entmutigende Zeitalter lindert die Wunden, noch bevor man volljährig wird, wird man hier zum Veteranen … Ich habe diesen Song gefunden, als der Krieg schon angefangen hat, aber ich bin ganz überrascht, dass er noch im September rauskam und doch sehr zu der Situation jetzt passt. Aber was noch interessanter ist: dass derselbe Sänger noch im Oktober einen Song veröffentlichte mit dem Titel Der Sieg. Und ich habe ihn erst nach dem Kriegsbeginn gefunden. — Auch von Okean Elzy, Alles wird gut. Dieser Song hat eine besondere Bedeutung für uns, wir haben ihn oft im Rhythmikunterricht gesungen. Auch am 24. Februar, als alles begonnen hat, sassen wir alle zusammen da und sangen ihn, um uns irgendwie abzulenken. — Alle singen zusammen: «Alles wird gut, für jeden von uns, alles wird gut, unsere Zeit kommt.» — Aus Tik-Tok. Vom Sänger Dajte Tank (Gebt einen Tank) der Song Die Menschen lieben. Das ist ein russischer Sänger, aber den Song assoziiere ich mit uns. — —


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Es gibt ein Video mit dem Song, in dem Selenskyi Kinder umarmt, mit alten Frauen redet, Kaffee im McDonald’s bestellt. — Und bei mir noch der Song Another love von Tom Odell. Letztens haben es die Nachbarn gespielt, man hat es auf der ganzen Strasse gehört. Bei dem Song muss ich immer weinen. — Noch was aus Tik-Tok. Man macht ein Video zum Song We’ll meet again. Auf der Seite unseres Jahrgangs gibt es auch so ein Video. ———————————————————————————————————————— Ist jetzt niemand da in eurer Hochschule in Charkiw? ———————————————————————————————————————— Zwei Masterstudenten sind da und bewachen die Schule. Es gibt noch einen Song, zu dem man Zusammenschnitte mit Fotos von unseren Soldaten macht, in menschlichen Momenten, die nicht wirklich mit dem Militär assoziiert werden. Das ist ein Rap, da spricht der Mann zu seiner Mutter, und da ist so ein Text: Stefania, Mutter, das Feld blüht auf, und sie wird grau, sing mir Mama ein Wiegenlied, ich will deine lieben Worte hören. — Ich mag noch den Song der ukrainischen Gruppe Tik Ich wollte dir nur alles Gute wünschen. Er hat keinen besonderen Inhalt, er handelt von Winnie-the-Pooh, aber er steckt dich positiv an: Ich wollte dir einfach nur alles Gute wünschen, einen grünen, grünen Luftballon schenken und ein Töpfchen, das nach Honig riecht. Und gleich am Morgen dich besuchen kommen, aber mein Freund kann nicht gut schiessen, und einige glauben nicht, ich sei der blaue Himmel. — Haben alle den Unterstützungssong von Måneskin gehört? — Ich habe viele Fragen an sie. Sie haben auf die Situation erst nach der Tournee reagiert und erst nachdem man sich auf Twitter gefragt hatte, warum sie sich nicht zu der Situation in der Ukraine geäussert haben. — Ich mag noch ganz gern diesen Song aus dem sowjetischen Film. — Liebe im Büro. Ich liebte den Film als Kind! — Da gibt so eine Strophe, Ich schwöre, ich würde alles aufgeben, und ich erinnere mich an mein ganzes Leben vor dem Krieg: In meiner Seele gibt es keine Ruhe, ich warte den ganzen Tag auf jemanden, ohne Schlaf begegne ich dem Sonnenaufgang, und alles wegen irgendjemandem, ich kann die ganze Welt quer durchlaufen, um jemanden zu finden. ———————————————————————————————————————— Was für Eindrücke habt ihr von der Hochschule hier? Fühlt ihr einen grossen Unterschied? ———————————————————————————————————————— Alles super, aber man wünschte es sich unter anderen Umständen. — Interessant, andere Methoden auszuprobieren, aber trotzdem möchte man zurück. Auch wenn man nicht weiss, wann es überhaupt möglich sein wird, zurückzukehren, die Verwandten und die Freunde wiederzusehen. — Ich habe akzeptiert, dass es mir gelungen ist, auszureisen, und jemand anderem nicht. So ist das Leben. Aber in manchen Momenten würde man gerne teilen mit anderen, Freund*innen oder Kommilitonen*innen. — Wir denken jeden Tag an unsere Kommiliton*innen. Ja, hier sind tatsächlich wundervolle Pädagog*innen und überhaupt Menschen, die so viel für uns machen. Nach all den schrecklichen Dingen, die die

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russi­ schen Soldaten jetzt tun, glaubt man kaum noch an das Gute im Menschen. Dann siehst du die Freiwilligen und Menschen, die helfen und unterstützen. Sie müssen ja nicht, aber sie machen es trotzdem. — Weil sie Menschen sind. Zu Ostern kam uns unsere Freundin Sonya besu­ chen, sie ist jetzt in Salzburg. Wir sassen auf der Bank, haben ein Eis gegessen und eine Frau kam aus dem Haus und hat uns irgendwas gesagt. Ich antwortete: «Sorry, ich spreche kein Deutsch.» Dann fragte sie auf Englisch: «Seid ihr aus der Ukraine?» Wir sagten ja. Und dann hielt sie eine Rede so nach dem Motto: «Wann hört dieser Krieg endlich auf, warum macht ihr das, legt eure Waffen nieder, Töten ist schlecht, warum liefern wir euch Waffen, ihr bringt doch einander um, je mehr Waffen, desto mehr Morde, Krieg ist schlecht usw.» Aber hallo, wir verteidigen uns ja. — Wenn dir dein Haus weggenommen wird und deine Familie umgebracht wird, hast du keine Wahl. — Ja, es gibt solche Leute. Wir waren in Belgien in einer Bank und die Mitarbeiterin hat uns zwar nichts gesagt, aber durch ihre Haltung war klar, dass sie sagen würde: «Was habt ihr hier verloren? Könnt kein Französisch, und ich muss euch alles zweimal erklären.» — Im Migrationscenter war eine Frau, eine Dolmetscherin, es sah so aus, als käme sie aus Russland und würde die Ukraine von ganzem Herzen hassen. Sie war unglaublich aggressiv. Und sie hat auf Russisch-Russisch gesprochen, nicht auf Ukrainisch-Russisch, sondern das Russisch, das man in Russland spricht. — Nicht alle in Russland hassen die Ukrainer*innen. — Diese Frau hat uns geradezu angeschrien. — Schon klar, dass nicht alle Russ*innen den Ukrainer*innen unrecht tun wollen. Es ist egal, woher man kommt, wichtig ist, was für eine Position man hat. Und ich finde es unbarmherzig, zu schweigen, wenn man sieht, was für eine Scheisse abgeht. — Bei uns haben die Menschen dafür gekämpft. Sie haben auf dem Majdan ihr Leben dafür gegeben. In Russland haben die Menschen Angst, 15 Tage Arrest zu bekommen, und bei uns hatten sie keine Angst, zu sterben. Das ist der Unterschied zwischen uns. — Das Gefühl von Angst wurde sukzessive durchgesetzt. 20 Jahre hat Putin Schritt für Schritt das Regime aufgebaut und verschärft. 2012 wurden die Wahlen falsifiziert. Es gab grosse Proteste, aber nichts änderte sich. Noch 2008 hat Russland Georgien angegriffen. Aber gab es damals ernsthafte Sanktionen? Nein, es war okay für alle. Man hat weiter mit ihm Geschäfte gemacht. — Zum Beispiel Angela Merkel und Nord Stream 2. — Es ist furchtbar, jetzt zu beobachten, wie der Hass von allen Seiten wächst und diesen ganzen Krieg nährt. Alle Russ*innen mit Gewissen und klarem Kopf fühlen sich schuldig und verantwortlich für alles, was jetzt passiert. Vor allem, wenn man sein ganzes Leben und seine ganze Tätigkeit diesem Regime entgegenzusetzen versuchte. Die ganze Welt, und am meisten die Ukraine, leidet jetzt, weil man viele Jahre wegge­ sehen hat. Ich glaube, vor allem wegen dem Geld. Das Korruptionsgeld, gewaltige Summen, floss auch in andere Länder. Dieses Monster, Putin


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Marina Sobyanina (*1986) ist eine in Russland geborene Komponistin und Performerin, die derzeit in Bern lebt. Sie studierte 2012—2017 an der HKB Jazz Performance und Composition & Theory.

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und sein Apparat, ist aus der allgemeinen Geldgier entstanden. Des­ wegen bin ich mit den Menschen, die sagen, man solle der Ukraine keine Waffen liefern, überhaupt nicht einverstanden. Wie soll sie sich gegen das Monster verteidigen? — Wenn wir die Waffen niederlegen, dann ist es möglich, dass Russland weitergeht. — Jedes Land hat seine eigenen Narrative. Ich überlege oft, warum glau­ben so viele Menschen in Russland der Propaganda? Weil dieses Narrativ vom Sieg über «Nazismus» benutzt wird. Eine andere nationale und ver­ einigende Idee ist in Russland nicht entstanden, nur diese. Aus welchen Geschichten entstehen Ideologien in den Köpfen? Jetzt spürt man besonders den Unterschied zwischen West- und Osteuropa. Ost­europa kann sich ja noch gut an die sowjetische Okkupation erinnern. Deutschland hat den Zweiten Weltkrieg verloren, deswegen äussert man sich gegen Waffenlieferungen. Diese Ideologie ist komplett umgekehrt als der russische Slogan «Wir können’s wiederholen». Da heisst es eher «Nie wieder». Das ist ihr Narrativ, ihre Identität. — So sehen sie den Krieg, von der anderen Seite. — Genau. Die UdSSR hat ja auch viel gelitten und verloren, und Stalins Lager hat es auch gegeben, aber es sind immer noch Stalin-Denkmale im Land. Das alles wurde nie wirklich reflektiert nach dem Zerfall der UdSSR, und da haben wir das Resultat. Wenn der Krieg vorbei ist, kommt die Frage: Was soll man machen, damit so etwas nie wieder passiert? — Ich denke, die Ukraine wird zu so etwas wie einem zweiten Israel, mit ganz viel Kontrolle an den Grenzen und starken Verteidigungsmecha­ nismen. — Ich will kein zweites Israel. Ich will die Ukraine. Ich glaube, ein geschlossenes Land ohne Austausch ist nicht gut. Ich wünsche mir das nicht für die Ukraine. ———————————————————————————————————————— — — — — — — — — ———————————————————————————————————————— DIE SECHSTE WELLE ———————————————————————————————————————— Von Marina Sobyanina ———————————————————————————————————————— Der Krieg gegen die Ukraine hat auch in Russland eine breite Emigration ausgelöst. Russische Künstler*innen, Intellektuelle, politisch Aktive sehen sich gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Die gegenwärtige Emigration aus Russland ist die Fortsetzung einer jahrhundertealten Tradition. ———————————————————————————————————————— Berner Altstadt. In der Strasse herrscht Stimmengewirr. Menschen lachen, Gläser klirren, irgendwo wird schlecht Klavier gespielt. Zwi­schen dicht aneinanderstehenden Häusern hallen Satzfetzen hin und her … Es ist so friedlich und mühelos normal, aber in meiner derzei­ tigen Weltwahrnehmung ist alles in einen klebrigen Schleier des


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Bewusstseins eingewickelt, dass, während meine Familie in Angst und Schrecken in Russland lebt, russische Bomben auf andere Angehörige in Charkow fallen. — Ich sitze im Backstage des Theaters, in dem ich den literarischen Abend musikalisch untermale. Vor der Autorin Mireille Zindel liegt das Buch Die Zone. In meinem Kopf ergibt sich eine sofortige Schleife zurück in meine Kindheit in einer geschlossenen Stadt, in der die Leute ein eingezäuntes Gebiet, in dem übrigens hunderttausend Menschen leben, tatsächlich «die Zone» nannten: «Hast du ausserhalb der Zone Pilze gesammelt?» «Haben Sie einen Gemüsegarten ausserhalb der Zone?» «Nein, wir sind zum See in der Zone gegangen.» Wenn ich davon erzähle, ziehen die Leute meist die Augenbrauen hoch, und beginnen — in der Vorfreude über den reichen Boden für Witze — über Tarkowskis Stalker zu ironisieren. Oft muss ich am Ende einen Wikipedia-Artikel vorweisen, der beweist, dass die Stadt Sarov wirklich existiert. Als Kinder war es für uns normal, dass im Matheunterricht zeitweise die Fenster­ scheiben zu zittern begannen, «ah, am Übungsplatz wird wieder was gesprengt», dass man beim Eintritt in die Stadt spezielle Ausweise vorweisen musste, dass Eltern verboten wurde, das Land zu verlassen, dass Telefone abgehört wurden, dass das Radio immer eingeschaltet sein sollte, falls es Informationen über eine Strahlungsfreisetzung gab. ———————————————————————————————————————— Umzug ist okay. Umzug ist hilfreich. Nun ist Umzug wieder unausweichlich. ———————————————————————————————————————— Als Kind verinnerlicht man absurde, auf den Kopf gestellte Dinge als Norm, sie werden in den Stoffwechsel integriert und werfen keine Fragen auf. Wer die Umgebung wechselt, kann sie von aussen betrachten. Von einer kleinen Stadt nach Moskau ziehen. Von Moskau in ein anderes Land umziehen. Dann wieder in ein anderes Land. Der Wechsel der Kultur, der Mentalität und der Sprache des täglichen Lebens reisst einen aus seiner Komfortzone heraus, spornt die Neugier an und zerlegt das System des Urteilens in Bestandteile, die manchmal die engen Kokons von Menschen ausmachen, die sich nie an andere Umgebungen anpassen mussten. — Umzug ist okay. Umzug ist hilfreich. Nun ist Umzug wieder unausweichlich und keineswegs beschämend. Vor allem wenn du fliehst, um «deine Meinung offen äussern zu können, Geld an verschiedene Organisationen zu überweisen, die die Ukraine unterstützen — all das ist jetzt in Russland unmöglich und man kann dafür 15 Jahre ins Gefängnis gehen», sagt mein Freund Sergej Balashow, Schlagzeuger, Sprachwissenschaftler und Journalist, der kurz nach Kriegsbeginn aus Russland nach Armenien geflohen ist. «Ich möchte in einem wirtschaftlich und kultu­ rell offenen Raum leben. Ich vertraue den Einschätzungen verschie­ dener Experten zu den möglichen Szenarien, darunter Sergej Gurijew, Professor am Institut d’études politiques in Paris. Er war wirtschaftspolitischer Berater des früheren Präsidenten Dmitrij Medwedew. Er sagt: ‹Wenn Sie in irgendeinem Bereich Karriere machen wollen, müssen Sie Russland jetzt verlassen. Die Diaspora kann mehr erreichen, wenn sie auswandert: Sie zahlt keine Steuern an das Regime, hat wirtschaftlichen Spielraum, nimmt ihr Humankapital mit usw.› Ausserdem beabsichtige ich, Kinder zu haben, und ich möchte nicht, dass sie in der Schule einen politischen Aufklärungsunterricht erhalten, in dem sie die Verbrechen des Putin-Regimes rechtfertigen.» — Ein anderer Kollege von mir, der Musiker Kirill Miloradowsky, antwor­ tet auf die Frage «Warum bist du gegangen?»: «Es ist eine Kombination aus dem Wunsch, nicht für 15 Jahre ins Gefängnis zu gehen, weil man mit der offiziellen Agenda nicht einverstanden ist, und der Einsicht,


2 www.de.wikipedia.org/ wiki/Philosophenschiff

3 www.novayagazeta.eu/ articles/2022/04/25/ podumaite-na-kakomkreste-vam-spodruchneeukladyvatsia

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dass die Opposition endgültig verloren hat und es folglich umso schlimmer wird, je weiter wir gehen. Hier habe ich bis zuletzt an das Gute geglaubt, habe versucht, auf die positiven Aspekte zu achten, bin zu Protesten gegangen. Die Geschichte hat mich ausgelacht.» ———————————————————————————————————————— 10 Millionen russische Auswandernde ———————————————————————————————————————— Basierend auf den Ergebnissen einer unabhängigen Studie des Portals Takie Dela¹ belief sich die Auswanderung aus Russland für den Zeitraum von 2000 bis 2020 auf vier bis fünf Millionen Menschen. Insgesamt leben laut UNO mehr als zehn Millionen Auswander*innen aus Russland im Aus­land. Dies ist die drittgrösste Zahl nach Indien und Mexiko. Russland zu verlassen — oder, wie es im Slang heisst, «abhauen» —, ist seit Langem eine so gängige Praxis, dass dieses Phänomen seine eigene Peri­odisierung, Statistik und Terminologie hat. Unter «Russland im Ausland» wird die Gesamtheit der Aktivitäten und Aufenthalte ehema­ liger russischer Staatsbürger*innen im Ausland verstanden. Es ist üblich, von «Auswanderungswellen» zu sprechen. Vier im 20. Jahrhun­ dert: 1917—1923, 1940—1945, 1961—1986, 1987—1999. Und im 21. Jahr­ hundert bereits zwei. In der fünften und sechsten Welle haben politi­ sch aktive, junge, gebildete und erfolgreiche Grossstädter*innen das Land verlassen. Die sechste, letzte Welle, für die es noch keine Statistiken gibt, begann nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar 2022. Viele meiner Freunde und Bekannten gingen in die Zwangsemigration, haben ihre Karriere, ihr Zuhause und ihre Verwandten verlassen, ohne zu wissen, wie es weitergehen soll, ohne finanzielle Unterstützung, mit gesperrten Karten. — Es ist symbolisch, dass vor einem Jahrhundert, im Jahr 1922, die sogenannten «Philosophenschiffe»² mit wissenschaftlichen und kulturellen Persönlichkeiten, die in Opposition zum bolschewistischen Regime standen, die Sowjetunion verliessen. Es wurden drei Listen für die Ausweisung erstellt: Moskau, Petrograd und die Ukraine. Die Passagiere durften einen Sommer- und einen Wintermantel, einen Anzug und einen Hut, zwei Garnituren Unterwäsche, zwei Hemden, zwei Paar Unterhosen, Strümpfe und Schuhe mitnehmen. Sie durften weder Geld noch Besitztümer mitnehmen. Etwa zehn Personen kamen, um den Dampfer Oberburger Hacken zu begleiten. «Wir durften nicht auf den Dampfer. Wir standen auf dem Quai. Als der Dampfer in See stach, sassen die Abreisenden bereits ungesehen in den Kabinen. Wir konnten uns nicht verabschieden», erinnert sich Yuri Annenkov, ein russisch-französischer Künstler. ———————————————————————————————————————— Parameter für das Verlassen Russlands ———————————————————————————————————————— In der neuen Realität, in der wir uns alle nach dem 24. Februar befin­ den, gibt es zwei Hauptparameter für das Verlassen Russlands, sagt Ekaterina Shulman³, eine bekannte Politikwissenschaftlerin, die das Land im April verlassen hat: physische Sicherheit und die Möglichkeit, zu arbeiten. «Neben der Inhaftierung gibt es viele andere Möglichkeiten, das körperliche Wohlbefinden eines Menschen zu stören, seine Gesundheit zu schädigen und sein Leben zu bedrohen. Es gibt bezahlte Extremisten, die alles Mögliche tun können, einschliesslich Angriffe auf Menschen und ihre Angehörigen. Alles kann passieren, und mit härteren Sitten kann dieses Alles immer vielfältigere Formen annehmen. Jede Entscheidung, zu gehen oder nicht, wird für dich ein beträchtliches Mass an Leid mit sich bringen, also wählt man nicht zwischen Gut und Schlecht, sondern zwischen verschiedenen Arten dieses Leidens.» —


4 w ww.meduza.io/feature/ 2022/04/24/voytivo-mrak-i-naschupat-vnem-lyudey

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Stefanie Manthey ist Auto­rin, Dozentin und Kunstvermittlerin für das Kunst­museum Basel, das Schaulager und das REHAB Basel. Sie arbeitet in einem Architekturbüro, das nach dem Beginn des Angriffskriegs die Projekte in Russland suspendiert hat und engagiert sich für die Schweizerische Studienstiftung im Bereich von Assessments und dem Programm «Culture Matters».

Fast jede Russin, jeder Russe hat Verwandte in der Ukraine. Umso lauter die Fragen im Kopf: Warum unterstützen so viele Bürger*innen den Krieg? Wer kann überhaupt einen Krieg unterstützen, wenn er immer Böses und Tod bringt? Warum glauben die Menschen der Propaganda und warum sehen sie sich das alles an? In diesem Zusammenhang gibt es eine hervorra­gende Studie des Journalisten Shura Burtin, der mehrere Wochen lang mit Bürger*innen der Russischen Föderation gesprochen hat und nun in seinem Artikel «In die Dunkelheit eindringen und die Menschlichkeit darin ertasten»⁴ — leider nur auf Russisch, aber Google Translate hilft — erzählt, wie Angst und Gefühle der Demütigung die Menschlichkeit in ihnen überwunden haben. ———————————————————————————————————————— — — — — — — — — ———————————————————————————————————————— WHAT IS ART´S ROLE IN THE ACTUAL CONFLICT? DIE KURATORIN MARTA DZIEWAŃSKA IM GESPRÄCH ———————————————————————————————————————— Von Stefanie Manthey ———————————————————————————————————————— Moderne und zeitgenössische Kunst sind undenkbar ohne das Einstehen für Menschenrechte, Grundrechte wie Presse- und Meinungsfreiheit, undenkbar ohne Menschen, die Teil internationaler, oftmals informeller Netzwerke sind und wachsam gegenüber der Missachtung von Grundrech­ten in der Welt. Damit ist ein kulturpolitisches Feld markiert, in dem demokratische Systeme auf ihre Kernaufgaben zurückgeworfen sind. Es wird mit jedem Krieg ebenso fundamental infrage gestellt wie als Arbeit in seiner Relevanz bestärkt. ———————————————————————————————————————— Die Forschungen über Ambivalenzen und das Ringen um Haltung während der Zeit des Ersten und des Zweiten Weltkriegs dringen in Ausstellungen vor, während die Zeitzeug*innen aussterben. Je näher sie an die Zeitgeschichte der Wende-Ereignisse um 1989 ragen, desto mehr wird sichtbar, dass das «Ende vom Kalten Krieg» und friedliche Revolutionen Mehrheitsentscheidungen sind, deren Ausgangslage im gesamtpolitischen Kräfteverhältnis globalen Massstabs nie stabil ist, und dass Neutralität kein Freipass für Indifferenz ist, wenn es um mehr geht als das Abwägen zwischen wirtschaftlichen und kulturellen Interessen. Es ist weder trivial, aus welcher Haltung und in welcher Zusammensetzung kulturelle Initiativen und Einrichtungen ihre Arbeit machen, noch wie pro­duktiv sie mit lokalen Öffentlichkeiten in Verbindung stehen und durch weltweite Kontakte in die Lage versetzt sind, mit Bereitschaft für Selbstkritik und begründeten Veränderungen der Ausrichtung verantwortungsbewusst zu handeln. — Mitte der 1980er-Jahre reisen Schweizer*innen nach Moskau, um Ilya Kabakov, Pavel Pepperstein, Victor Pivovarov und andere Künstler*innen zu treffen, die damals im Untergrund arbeiteten. Diese Initiativen machten sie in der westlichen Welt bekannt und führten dazu, dass Werke in Schweizer Sammlungen eingingen. Zwischen 2009 und 2011 fanden unter dem Titel Art Histories in East-Central Europe after 1989: Unfolding Narratives eine Reihe von Travelling Seminars in Bukarest, Tallinn und Brno statt. Beat Wyss wurde die Möglichkeit eröffnet, in der Peer Group mitzuwirken. In der Folge konnten Stipendiat*innen


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des Schweizerischen Instituts für Kunstwissenschaft an diesen Diskussionen teilnehmen. 2011 zeigte das Kunstmuseum Bern die Sammlung von Arina Kowner unter dem Titel Passion Bild. Russische Kunst seit 1970. 2017 setzten das Kunstmuseum Bern und das Zentrum Paul Klee gemeinsam die Ausstellung Die Revolution ist tot. Lang lebe die Revo­ lution! um. — Seit 2018 arbeitet Marta Dziewańska als Kuratorin am Kunstmuseum Bern. Ab 2007 war sie als Kuratorin und Head of Research am Museum für Moderne Kunst in Warschau tätig, das 2005 gegründet wurde und 2017 kuratorische Beraterin der documenta 14 in Athen und Kassel. Für die HKB-Zeitung hat Marta Dziewańska ein schriftliches Interview gegeben. — We reach you during the process of installing the exhibition Vivre Notre Temps! Bonnard, Valloton and the Nabis, with works from the Hahnloser/Jaeggli Collection before it returns to Villa Flora in Winterthur. What are the specifics of this show in the spectrum of your curatorial work? Marta Dziewańska: It is an interesting case study for me. It is an exhibition about friendship, about the need for artis­tic community, exchange and dialogue. It is a show about how crucial these thing were for the Nabis artists (Künstlergruppe, die 1888 in Paris im Umkreis der Académie Julien gegründet wurde , Anm. d. Red.), but also how generally important it all is as a starting point. The group did not exist for long, did not develop any clear style, but the impact of that time in the later work of each of its members is undeniable. Bonnard, Vuillard, Vallotton… these are obviously the most prominent turn-of-the-century artists. Another important element is that the show concentrates on the ways in which the artists still working with the medium of classical representation were slowly turning towards abstraction. It is truly fascinating to see how the idiom is changing and how the artists were actively looking for new forms of expression. The visitors will see the traditional themes (landscapes, portraits, still lives…), but it is apparent that the artists were not interested in simple representation, not even in just painting their impressions. They were experimenting formally within traditional painting. So if you are asking about how this show relates to my previous work or my interests, I think it is exactly this: rather than simply looking at/showing “big names” in art history, I prefer to see the crucial impact of art community and exchange. Also, rather than the acclaimed masterpieces or established names, what I always prefer to look at are their tricky moments of change, transformation, and hesitation. Moments of suspension, very risky moments. For me they are synonymous for any truly creative act. — In 2019/2020 you curated the exhibition Things Fall Apart. Swiss Art from Böcklin to Vallotton with works from the collection of Kunst­ museum Bern that embraced and accentuated the fundamental changes in the understanding of man and nature at the turn of the 19th and 20th century. The views on art were shifted to the ways in which artists dealt with insecurities. How did the idea and concept for this show evolve? What interests me in curatorial work is the attempt to understand the direct relation of paintings to reality. So far, I have mostly worked with contemporary artists — with whom I have shared this reality, and our projects always dealt with it in a critical way: they commented, complicated and tried to diagnose. I think that this is exactly what I am looking for in working with a historical collection: I am interested in how artists relate to their contemporaneity, how they treat tradition, how they transgress it, how they dare to


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speak on their own terms. What fascinates me even more, however, is how paintings from the 18th, 19th or the beginning of the 20th century can actively (and accurately) comment on and diagnose modernity. This was exactly what I tried to do when working on Things Fall Apart. Not only was it an incredible occasion for me to dig deep in the fascinating collection of the Kunstmuseum Bern, but also it was a way to better understand this place, this country, my brand-new context. Looking at it with Freudian lenses was like putting Swiss art on the psychoanalytical couch and asking questions that are not always comfortable. — During your time at the Museum of Modern Art in Warsaw you worked on an exhibition and a publication about the post-soviet condition that included a precise timeline of sociopolitical events between 2007 and 2013. Are you still in touch with some of the former colleagues in Warsaw and some of the artists that participated in this exhibition? I was working at the Museum of Modern Art in Warsaw for eleven years and I still perceive it as my mother institution. I started there in 2007 when I was still a student and had a chance to create — in a small, initial group of enthusiasts — an institution from the very scratch. The people I worked with are sort of my Nabis community: the experience and the bunch of people that mark your way of thinking forever. The project Angry Birds organized in Warsaw and the publica­ tion Post-Post Soviet? Art, Politics and Society in Russia at the Turn of the Decade were looking at the young activist scene that has arisen in the Russian art world since the beginning of the 2000s. I was very interested in the explosion of the protests in Russia that were symptomatic for a fundamental change in culture heralded by Vladimir Putin’s first election. This shift meant not only lack of artistic freedom, but also the change to a highly commercial, isolated world, financed and informed by oligarchs. My research trips to Moscow back then were extremely frustrating, but also extremely formative: I met and worked with incredible artists that were facing shrinking free­dom and yet an even more urgent need for expression. — How did you get the news of the invasion into Ukraine? I got this dry and terrified message from my partner very early in the morning saying, “It happened.” The evening before we were still thinking: no, it’s impossible, war is not the way, tanks are not a response in the 21st century, it would be mad of him, etc. And even though we have lived under the cloud of this threat for a while already, the morning of the invasion was the most surreal moment of my life. — Since then, the news of destruction, oppression, the interruption of relations, schisms running through families and groups have not stopped. What does the ongoing war mean for culture from your perspective, your professional and personal background? I think this is a very difficult situation and I think no one should be indifferent to it. I really think this war is an act of cruel aggression and it should be resisted with all the means at our disposal. I strongly believe that the war in Ukraine is a fight for freedom, for the future of democracy, the global legal order, and respect for human rights including the right to self-determination. Are these not the most crucial values that organize and determine work in the field of art? — Where do you see potentials and necessities for Switzerland, especially in arts and culture (foundations, museums and universities) to conceive future projects as ways to build relations and awareness of the contemporary conditions? What are the formats and the research that you find crucial?


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We are in a dynamic situation in which, however, I find it necessary to be very clear. In the face of mass killings of civilians there is no room for half-measures, in my opinion. I think that the artistic community — in Switzerland and beyond — should immediately cease any collaborations with institutions and individuals who have direct ties with Putin’s regime: this includes international projects, exhibitions, donations, and art sales. At the same time, I think that we should find ways to support artists, scholars and institutional workers in both Ukraine and Russia who fight and protest against this act of aggression — by providing funds, resources, safe spaces, and visibility to their struggle. As for the particular programmes, I think we have to formulate and create them on the go: the situation is dynamic and there are no ready schemes. But the most important thing is to not be indifferent — indifference is deadly for art. — Are there any ideas for the ways and programmes to support artists, scholars and institutional work in both Ukraine and Russia that you know about or would like to sketch an outline? Since the war and its brutality are still going on, practical help is the most crucial. Artists, scholars and researchers are now con­fronted with actual war and rather than programmes, they are thinking about evacuating their works, their archives or those of their fellow artists. It is all very dramatic and is happening now. Together with my colleagues at the Kunstmuseum Bern, I am in touch with a Kievbased NGO that has courageously been evacuating private archives since the first days of the invansion: those of the Ukrainian avant-garde or Kharkiv school of photography. The Museum of Modern Art in Warsaw from the first week of the war has snapped into action, creating an “institution within an institution” to help some of more than two mil­lion Ukrainian refugees who have fled to Poland. — What are your thoughts and wishes for research and exhibition projects that take their start from not being indifferent? First, I think that it is necessary that other voices than bombs be heard from Ukraine. I think we should now invest in learning — from invited speakers, museum curators, art and film historians, writers, filmmakers, visual artists — about the richness and diversity of Ukrainian culture, the culture that for ages was swallowed by Russian culture in the international reception. In the broader perspective, I would again (and again and again) ask the questions about historical and modern political and cultural colonialisms. Ukraine is just this now most visible and painful example that was brought to our eyes by this mad Putin war. What does this war say about our vocabularies, about the art historical canon that we learn in schools? To what extent does political change impact the form, medium, and distribution of visual art? What is art’s role in the actual conflict? What new art forms are being born now? What is the updated meaning of engaged art? Is it possible or even desirable to write a new art history from the perspective of the narratives that until now were seen as marginal, or only ‘local’? What have we learnt then and what are we learning now? — Die Liste der Aktionen im Zusammenhang mit der russischen Aggression gegen die Ukraine ist umfangreich: Das Museum für Moderne Kunst in Warschau veranstaltete am 15. Mai die Refugees Welcome Auction, um zwei Programme der Ocalenie-Stiftung zu unterstützen. Die deutsche Bundesregierung plant in Berlin ein Medienzentrum für Journalist*innen aus vom Krieg betroffenen Ländern wie der Ukraine, Russland oder Belarus. Schweizer Kunsthochschulen haben Gaststudierende aus der Ukraine aufgenommen. An der HKB sind es rund 20 Studierende, vor allem


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Florian Reichert ist Fachbereichs­leiter Theater an der HKB. Er reiste 2017 quer durch Russland und die Ukraine.

von der Schauspielschule in Charkiw. Die FHNW ermöglicht mit Unterstützung der Laurenz-Stiftung, dass 20 Studierende aus der Ukraine ihr Studium ein Jahr lang in der Schweiz fortsetzen können. — Als Beitrag für den Schweizer Pavillon bei der Architekturbiennale 2023 wurde das Projekt Neighbourhood von Karin Sander und Philip Ursprung nominiert. Es beschäftigt sich auf architektonischer und politischer Ebene mit der Beziehung zwischen dem Schweizer Pavillon, der 1952 von Bruno Giacometti erbaut wurde, und dem venezolanischen Pavillon, den der italienische Architekt Carlo Scarpa in unmittel­ barer Nachbarschaft 1954 errichtet hat. Dieser befindet sich in nächster Nähe zum russischen Pavillon, der diesjährigen Ausgabe der Biennale di Venezia unbespielt bleibt. Die beiden für den Beitrag vorge­ sehenen Künstler*innen, Alexandra Sukhareva und Kirill Savchenkov, haben am 27. Februar 2022 in den sozialen Medien erklärt, dass die politische Situation in der Ukraine sie dazu veranlasst habe, zurückzutreten. «Es gibt keinen Platz für Kunst, wenn Zivilist*innen unter dem Beschuss von Raketen sterben, wenn sich ukrainische Bürger*innen in Bunkern verstecken und wenn russische Demonstrant*innen zum Schweigen gebracht werden.» — Das Jahr 2022 kann nicht zu lang sein, um kulturelle Arbeit aus einem Wertekonsens zu machen, der im Einklang mit Menschenrechten steht: Zu prüfen, worin dieser Einsatz in vorausgehenden Krisenzeiten als Leistung Einzelner und von Staaten-Gemeinschaften bestand und zu fragen, welche Schlüsse daraus in der gegenwärtigen Weltlage zu ziehen sind. Und das alles in mutiger Mitverantwortung für Zukunft und die Freiheit der Kunst unter Zurückweisung von Indifferenz aus existenziellen Gründen. ———————————————————————————————————————— — — — — — — — — — ———————————————————————————————————————— DER SCHREI DER MÖWE ———————————————————————————————————————— Von Florian Reichert ———————————————————————————————————————— Die Zivilisation ist fliessend Wasser und Höflichkeit. Das ist zwar gut, aber bilde dir nicht ein, dass es mehr sei. Ein Wutausbruch. ———————————————————————————————————————— Etwas schreiben über den Krieg in der Ukraine, zu dem jetzt jede*r eine Meinung hat? Es ist wie die Mücken und das Licht oder die Fliegen und die Scheisse. Da wird ein Krieg geschissen oder eine Pandemie oder ein Hund rettet einen Rentner. Und wir drängen uns mit unseren Worten um das Geschehen wie die Fliegen. — Es ist egal: Alle fliegen hin und sagen etwas, weil sie etwas dazu denken. Und entweder wir sagen, was wir denken, um zu sagen, dass wir so denken, wie ein*e andere*r denkt, oder wir sagen etwas, weil wir anders denken, wie die*der andere denkt, und es ist wichtig, dass die andern wissen, dass wir so oder anders denken. Der Raum um die Lampe und um die Scheisse wird eng, immer enger, und jetzt soll ich mich da auch noch reinquetschen?


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Ja, ich war in der Ukraine. Zweimal. In Russland. Dreimal. Hab’s am eigenen Leib erlebt. Die Potemkinsche Treppe in Odessa, auf der die Menschen hinuntergingen, es war niemand dabei mit einem Kinderwagen, da kann man nämlich gemütlicher aussenrum gehen oder man nimmt die Standseilbahn … und es hat niemand geschossen … — Ein orthodoxer Gottesdienst, in dem fünf Stunden schneller vorbeigingen als in einer Wagneroper. Männer sitzen im Park bei minus zehn Grad und spielen Schach, während sich Frauen bei minus zehn Grad ins Meer werfen und prusten wie Walrösser. Odessa lag da am Meer und erzählte, wie schön es einmal war, bevor der Kommunismus den fragwürdi­ gen Charme des Verrottens verbreitete. Die Oper, kaum war die Ukraine dieses eigene Land geworden, in das ich einfach so mit meinem kleinen Personalausweislein einreisen durfte, da war sie schon renoviert, ein glänzender Dampfer an Land, Wien ist ein bemoostes gestrandetes Schiff dagegen. — Der Panzerkreuzer Potemkin, das wahllose Erschiessen der Bevölkerung auf der Treppe, und nun ist die «Moskva» gesunken. Und ich bin irgendwie damit verbunden und freue mich, dass die «Moskva» gesunken ist. So schnell und einfach spiele ich mit in dieser Oper «Krieg gegen die Ukraine», meine Gefühle beben. In solchen Opern ist immer ein Volk mit drin, das singt, und wird irgendwie auf der Bühne hin und her insze­ niert, dann gibt es den anderen Chor mit dem Gegnervolk und die prügeln sich und gehen danach in die Kantine. Mehr ist es nicht, was statt­ findet. Länger und mit echtem Blut und wir alle stehen in irgendwelchen Chören und singen schlecht und agieren peinlich. — Klar, in dieser Rolle finde ich Putin ein Arschloch. Aber ich bin dasselbe Arschloch. Gelogen hab ich auch schon, und wie er hab ich genau gewusst, dass ich lüge, und wie bei ihm sollte es zu meinem Vorteil sein. Als es rauskam, hat mein Vater mir den Hintern versohlt, aber das hat mich nicht grundsätzlich verändert. Dieser Putin — Trost: Mein Korrekturprogramm schlägt immer noch «Puten» vor — wurde gewählt. Und der andere ganz Grosse vor neunzig Jahren auch. Und jetzt die Kleineren, die noch gross werden wollen, auch. Wir wollen keine Eier aus Käfighaltung, wir in unseren selbst gewählten Käfigen wollen gefälligst Freilandeier. — Aber: Wir wollen diese Freiheit nicht, oder vielleicht wollen wir sie, aber wir können sie nicht. Wir erwachen alle eines Tages aus unruhigen Träumen, auf dem Rücken liegend, und haben keine Verantwortung mehr. Weil wir sie nicht wollen. Wir wählen die Orbans, die Berlusconis, die Le Pens, die AfD, die Trumps, in Deutschland und in der Schweiz gibt es noch eine Demokratie — finde ich — und da sind einige unbescholtene Menschen ernsthaft bemüht, aber sie haben Angst. Sie treffen keine Entscheidungen mehr, für die sie kämpfen, weil sie daran glauben, die sie den Bürger*innen erklären, zumuten müssten, sie schielen auf die Wiederwahl, wie die Künstler*innen auf die Nachwelt, Herr, lass mich bleiben, lass mich glänzen, Herr, schenk mir wenigstens einen Wiki­ pedia-Eintrag. — Ja, was hab ich gesehen in sechs Monaten quer durch Russland? Dass das Land zerstört ist. Als sei da ein Krieg gewesen, in Gegenden, in denen der Krieg niemals war, es ist einfach der Zusammenbruch als Dauerzustand, und da das einfach so ist und da das am einfachsten ist, heisst es einfach liebevoll, unser russisches «Бардак» (Durchein­ ander). An einer funktionierenden Zivilgesellschaft scheint ernsthaft niemand interessiert. Ich habe gesehen, dass die Regierung — und aus etwas anderem als aus Putin bestand sie ja schon 2014 nicht mehr —


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keine Zivilgesellschaft aufbaut. Er kann es nicht oder er will es nicht oder er will es nicht, weil er es nicht kann, oder er kann es nicht, weil er es nicht will. Egal. Der Schock der Perestroika hat als Schreckgespenst gereicht. Die Wirtschaftskrise in den 1920er-Jahren, es ist dasselbe. Kommt ein Hitin, kommt ein Putler, erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral. Es ist alles gesagt und wir machen so lange etwas Kunst und erforschen den Triller im Spätbarock, sorgen für die Verzierung. ———————————————————————————————————————— Ich halt’s nicht aus. ———————————————————————————————————————— Wie unsere Gegenwart, so sind auch unsere Utopien gehaltlos. Wir loben uns fürs Design, aber wir straucheln hilf- und hoffnungslos vor einer Gestaltung des Inhalts, können auf den Mars fliegen und dort eine Zivi­lisation aufbauen. Klar, aber wir werden auch dort dieselben Idiot*innen sein und unseren sauerstoffüberdachten Städten gegenseitig die Stöpsel rausziehen, wie wir es als Jungs mit den Luftmatratzen getan haben, schreiben Romane, Textflächen und Weiteres, formulieren unser Elend kunstvoll und nicken mit den Köpfen. — Ob Utopie Ob Dystopie Es geht nie über Walt Disney — Wir sitzen in der Höhle und über das Gleichnis kommen wir nicht raus. Aber ein Gleichnis ist nur ein Gleichnis. Und Gleiches hatten wir schon genug. Es bräuchte etwas Neues. Da kommen die Heilsbringer*innen ins Spiel. Das führt ja auch nicht zum Besseren. Katastrophen, aber mehr von Herzen. Also, weil wir ja schlau sind: sehenden Auges ins Verderben. Wir verstehen alles. Wir sind alle Putinversteher*innen, weil wir alle oft ein wenig mehr haben wollen, von dem Geld, von der Macht, von der Liebe, und weil wir alle schlechte Laune kriegen, wenn’s nicht klappt und dann unsere Intelligenz bemühen, damit es vielleicht doch noch klappt. Mehr ist da ja nicht. It is all so very simple. — Mein Vater war Gärtner. Bevor er das wurde, musste er das Notabitur machen und für den Endsieg kämpfen. Er wurde dann ziemlich schnell verwundet und mit dem Endsieg wurde es nichts. Es gab Zeiten, da war er ein vergnügter Mann, und andere, da war er das nicht, und dann sagte Mutter: «Das ist der Krieg.» Eines Abends rief er uns Geschwister an den Esstisch und sagte: «Ich erzähle jetzt einmal, was ich im Krieg erlebt habe, und dann nie wieder.» Ich erinnere mich nur noch der Spur nach. Aber der Abschluss war ungefähr: «Begib dich nie in eine grös­ sere Gruppe. Es kann leicht sein, dass du vergisst, wer du bist, und dass jemand anderes dich benützt für etwas, was du nicht sein willst.» Und daran hielt er sich. — Womit wir wieder bei der Lampe wären. Wenn ich sie sehe, irgendwann einmal, die Mücke, die einfach denkt, das ist mir jetzt zu blöd, und vergnügt von der Lampe wegfliegt, dann habe ich Hoffnung. Ich habe es noch nie gesehen. Heftiges Hin zum Feuer und verbrutzelt zu Boden stürzen. Oder jemand macht das Licht aus. — Ostern, das Fest der Auferstehung. Um Himmels willen! Bitte nicht. Ich will das nicht noch mal. — Als Möwe vielleicht, aber auch nur, weil ich davon ausgehe, dass die Möwe nicht denkt und nicht spricht. Das und das Fliegen machen sie zu einem würdigen Lebewesen. Oder auch ein Igel, der schmatzt, ein wenig


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stachelig, und vor allem: Er hat die Vorderpfoten auf der Erde. Denn das mit dem aufrechten Gang, das war definitiv als Fortschritt nicht verkraftbar für das Menschtier. — Es braucht meine Meinung nicht. Und auch nicht deine Deinung. Nicht seine E(h)rung. Unsere Wirung und Eure Eurung. Ihre Ihrung. Das braucht es alles nicht. Nicht in einfacher und auch nicht in komplexer Sprache. — Denn: Welcher Geiger hält uns in der Hand? Rilke, liebes Rilkechen, ein Geiger? Irgendein lustiger DJ spielt einen Algorithmus, den er selbst nicht begreift, dem er aber mit Freuden lauscht, und ab und zu dreht er an einem Rädchen und ist gespannt, was dann passiert, das ist die Maximalvorstellung, die ich mir von einem Gott machen kann. Er heisst Hall. Er und der Affe mit dem Knochen: Da sitzen die beiden und lachen uns aus, uns Anbeter*innen jeder Stele aus Pappmaschee. «Schau ihn dir an, diesen eingebildeten Schwachkopf», sagt er zu ihm und sie lachen sich schlapp. — Nein, ich dräng mich nicht um die Ukraine-Lampe und liefere einen nochmals ausdifferenzierten weiteren menschbeschränkten Gedanken dazu. Wir rennen alle gegen die gleiche Wand: dass wir alles und täglich besser verstehen und dass das nichts nützt. Immer und immer wieder. — Wenn ich die fahnenschwenkenden Deutschrussen sehe … kommen aus Russland, rackern sich ab, sind fleissig, was in einem einigermassen funktionierenden Staatswesen, wie momentan Deutschland immer noch eines ist, etwas bringt, wählen dann die AfD, damit nach ihnen nicht auch noch andere mit diesem Ziel, ein einigermassen geregeltes Leben zu führen, nach Deutschland kommen, und schwingen dann die Fahnen für ein Land, in dem sie zur Armut verdammt waren. Ich hätte nie geglaubt, dass ich es einmal selbst sagen würde: Geht doch rüber. Bonn, Demo gegen den NATO-Doppelbeschluss, 1981. Da wurde ich selbst dazu auf­ gefordert: «Geh doch rüber.» — Ich werde grob, ich werde undifferenziert. So wütend bin ich. Über mich. Über dieses Tier, das aufrecht läuft und deshalb mit den Händen all diesen Mist machen kann, das die Sprachen erfunden hat, um sich gründlicher nicht zu verstehen. Der Affe, der den Knochen schwingt, wir können philosophieren, forschen, Bildchen malen, Textchen schreiben, Bücher drucken. Die Vorderpfoten hätten am Boden bleiben sollen und die Sprache sollte über den Schrei der Möwe im Flug nicht hinausgehen. Dabei kann ein einzelner Mensch sehr nett sein, aber: Die Menschen sind ein Arschloch. Es tut weh, wie früher einmal Liebeskummer wehgetan hat. — Als ich 2014, nach sechs Monaten dort, Russland verlassen habe mit einem Bus, der mich an die Grenze zu Nordkorea brachte, und einem Schiff, das mich an Nordkoreas Küste entlang nach Sokcho in Südkorea brachte, und nach einer Überfahrt von Busan nach Fukuoka in Japan, da war diese Reise wie ein Aufwachen aus einem düsteren Albtraum. Endgültig den europäischen Kulturraum verlassend, vollkommen ratlos vor Sprache und Schrift, hatte ich das Gefühl, nach Hause zu kommen. Anders kann ich Russland in der Kürze nicht beschreiben. — Unsere Utopien sind erbärmlich. Auch unsere Dystopien sind fad und üben sich einzig im Aufblasen von Altbekanntem, so mit Hass, Gier,


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Marc Kilchenmann, geboren 1970 in Bern, ist Kompo­ nist, Fagottist, Verleger und vertritt die Dozierenden in der Departements­ leitung HKB und in der Fachbereichsleitung Musik.

Liebe, Eifersucht und so … Wir staunen über die technischen Verfeine­ rungen des jeweiligen Untergangs, aber dass uns mal etwas wirklich anderes … — Menschen kaputtmachen, und die Sachen kaputtmachen, die die Menschen gebastelt haben, was soll der Scheiss? Unsere Religionen erreichen auch keine wirklich neuen Dimensionen. Und die Kunst ist ein Getänzel gegen den Tod durch Vergessen. Die Gegenwart: ab und zu nette Details, die dazu dienen, den Blick vom Ganzen abzulenken. Funktioniert. Nicht. ———————————————————————————————————————— Wanderweg von Evilard nach Twann, angegebene Zeit auf 15.4.2022 swisstopo: 02:21. Ich brauche 2 Stunden 33 Minuten. 16.4.2022 Derselbe Weg 1 Stunde 35 Minuten. So wütend bin ich. Das ist der Zorn, der Kampf gegen das Gefangensein, dieses ewige Schwirren um die Lampe. ———————————————————————————————————————— — — — — — — — — ———————————————————————————————————————— VOM VERTEIDIGEN VON WERTEN ———————————————————————————————————————— Von Marc Kilchenmann ———————————————————————————————————————— Lasst uns zu einem Ort des kollaborativen Lernens werden, einem Ort, der uns allen Erfahrungen ermöglicht, die den menschenverachtenden Konzepten der Autokraten solche der gemeinsam getragenen Selbstbestimmung entgegensetzen. ———————————————————————————————————————— Bern bietet viele versteckte Sehenswürdigkeiten, eine davon ist das Grab Nr. 9201/000068 des Bremgartenfriedhofs. Der russische Anarchist Michail Bakunin (1814—1876) hat dort seine letzte Unruhe gefun­ den und (nicht nur) mich von Kämpfen auf den Barrikaden dieser Welt träumen lassen. «Freiheit ohne Sozialismus = Privilegienwirtschaft und Ungerechtigkeit; Sozialismus ohne Freiheit = Sklaverei und Brutalität» — mit dieser Losung war für viele im Kalten Krieg Geborene die Welt recht gut beschrieben und vor allem war klar, für welche Werte wir einstehen wollten: Chancengleichheit, Freiheit, kollektivistische Lebensweise. — Nachhaltiger geprägt hat mich ein anderer russischer Anarchist: Pëtr Kropotkin (1842—1921). Wie viele andere Revolutionär*innen stammte er aus privilegiertesten Verhältnissen. Seine Familie gehörte zum russischen Hochadel und Kropotkins Vater «besass» 1200 männliche Leibeigene, die auf den ausgedehnten Ländereien schuften mussten. Frauen waren so wenig wert, dass sie nicht einmal gezählt wurden. Diese ekla­ tante Ungleichheit hatte früh Kropotkins Sinn für Gerechtigkeit geweckt und später würde er «Wohlstand für alle» als Grundlage einer friedlichen Gesellschaft einfordern. — Standesgemäss hatte Kropotkin als 15-Jähriger ins St. Petersburger Pagenkorps einzutreten, um auf eine Karriere im Militär oder in der Verwaltung vorbereitet zu werden. Um der reaktionären Atmosphäre St. Petersburgs zu entkommen, liess er sich nach Sibirien versetzen. Fern der Autoritäten widmete er sich biologischen und geografischen


2 H ier wird absichtlich nur die männliche Form verwendet.

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1 H ier wird absichtlich nur die männliche Form verwendet.

Studien und leitete mehrere Forschungsreisen in damals völlig unbekannte Regionen. In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Sozi­aldarwinismus zunehmend populärer. Dieser übernahm Teilaspekte der von Darwin aufgestellten Evolutionslehre und übertrug dessen Erkenntnisse in missbräuchlicher Art auf den Menschen. Zu dieser Theorie ging Kropotkin deutlich auf Distanz, denn die in Sibirien gemachten Erfahrungen liessen ihn am hohen Stellenwert des Konkurrenzkampfs zweifeln. Sein für mich wichtigster Text trägt den schönen Titel Mutual Aid: A Factor of Evolution, worin dem biologischen Determinismus der Sozialdarwinisten¹ das Konzept der gegenseitigen Hilfe in der Tierund Menschenwelt entgegengestellt wird. Kropotkins Kampf für eine gewalt- und herrschaftsfreie Gesellschaft ist aktueller denn je. Wohin das Auge reicht, schränken Autokraten² die Meinungsfreiheit ein, werden Oppositionsbewegungen unterdrückt und als Konsequenz dessen müssen wir nun mitansehen, wie Putin und seine Schergen auf das Mittel brutalster Gewalt setzen. — Für Anarchist*innen wäre die Sache eigentlich klar: Wer staatliche Autorität abschaffen will, vertritt im Allgemeinen antimilitaristische Standpunkte. Zumindest in einem Fall sah Kropotkin dies anders: Im Vorfeld des Ersten Weltkriegs schlug er sich auf die Seite Frankreichs, weil ein Sieg Deutschlands auch einen Sieg des Autoritarismus bedeu­tet hätte. — Heute können wir täglich lesen, dass in der Ukraine auch unsere west­lichen Werte verteidigt würden, und es stellt sich uns dieselbe schreckliche Frage: Lassen sich Werte mit Mitteln verteidigen, die diesen im Kern widersprechen? Ich bin der Überzeugung, dass Werte gelebt werden müssen, damit sie manifest werden und so die Chance erhalten, sich durchzusetzen. Für mich als Pädagogikdozent bedeutet dies, dass ich schon die kleinsten Schüler*innen als selbstbestimmte Wesen verstehe, und ich sehe es als meine Aufgabe, Kindern Mitbestimmung und Selbstwirksamkeit zu ermöglichen. Selbstverständlich gilt dies auch für Student*innen und ich weiss, dass ich von diesen mindestens so viel zu lernen habe wie sie von mir. — Das Militär ist bestimmt keine herrschaftsfreie Zone und der Krieg ist nicht die Zeit der Selbstwirksamkeit und schon gar nicht der Gewaltfreiheit. Deshalb kann in der Ukraine nur indirekt für diese Werte gekämpft werden und wir müssen hoffen, dass sie durch den bewaffneten Kampf gegen den Autoritarismus nicht selbst auf der Strecke bleiben. Umso wichtiger ist es deshalb, dass wir, die wir das Glück haben, fern des Krieges zu leben, die zu verteidigenden Werte manifestieren. Putin setzt auf das Recht des Stärkeren, wir müssen ihm dasjenige der gegenseitigen Hilfe entgegensetzen. Auch bei uns werden die Falken schon wieder lauter. Aufrüstungsvorhaben werden beklatscht und Nationalrätin Martina Bircher will Tunesier ausschaffen, um Platz für Ukrainerinnen zu schaffen. Die Gefahr ist real, dass die Welle der Soli­darität verebbt, und wir sind aufgefordert, unseren Beitrag zu leisten, dass dies nicht passiert. — Ich bin dankbar für alle schon gezeigten Initiativen der HKB. Ich rufe aber dazu auf, dass wir darüber hinausgehende Aktivitäten planen, die den kulturellen Kern unserer Werte betreffen. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir unsere Kompetenzen als Kunsthochschule einsetzen, um Menschen zusammenzubringen. Lasst uns pädagogische Formate erarbeiten, die geflüchtete Menschen (von A wie Afghanistan bis Z wie Zentralafrikanische Republik) und Menschen, die schon länger hier leben, mit Student*innen und Dozierenden zusammenzubringen. Lasst uns zu einem Ort des kollaborativen Lernens werden, einem Ort, der uns


allen Erfahrungen ermöglicht, die den menschenverachtenden Konzepten der Autokraten solche der gemeinsam getragenen Selbstbestimmung entgegensetzen. Lasst uns diese Konzepte nicht nur im geschützten Rahmen der Hochschule andenken, sondern tragen wir diese nach draussen. — Damit die Zeit nach diesem Krieg nicht zu einer Zeit vor einem nächsten grossen Schlachten wird, müssen wir jetzt Gewalt- und Herrschaftsfreiheit lernen und üben. Wer den Frieden will, bereite den Frieden vor. ————————————————————————————————————————

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Impressum HKB-Zeitung Aktuelles aus der Hochschule der Künste Bern HKB N°2/2022

Herausgeberin Berner Fachhochschule BFH Hochschule der Künste Bern HKB

Redaktion Christian Pauli (Leitung) Simone von Büren, Lara Kothe Peter Kraut, Urs Lehni Kerstin Linder, Baba Lussi Marco Matti, Nathalie Pernet Andi Schoon, Anna Studer

Gestaltungskonzept und Layout Atelier HKB Marco Matti (Leitung) Jacques Borel Lara Kothe Sebastian Wyss Druck DZB Druckzentrum Bern Auflage: 7500 Exemplare Erscheinungsweise: 4 × jährlich

© Hochschule der Künste Bern HKB. Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitung darf ohne schriftliche Genehmigung der HKB reproduziert werden. Berner Fachhochschule BFH Hochschule der Künste Bern HKB Fellerstrasse 11 CH-3027 Bern hkb.bfh.ch

Die Einnahmen aus den Inseraten kommen vollumfänglich dem Stipendienfonds zugute, der HKBStudierende in prekären finanziellen Verhältnissen gezielt unterstützt. hkb.bfh.ch/stipfonds


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Peace — Kids In Glass Houses Rest In Peace — Electric Peace What Happened To Peace? — DMX Krew S-Peace — Ekeaze Weapon Of Peace — Weapon Of Peace Inner Peace — Luca Lozano Pillow Peace — Central Give Peace A Chance — Basement Jaxx Peace — Ruben Mancias Featuring Michelle Weeks Peace — Sizzla Peace & Harmony — Harry Mosco Peace For Earth — Four Tet Peace — Eruption Strange Peace — Metz Peace Bird — Genius Of Time Of Peace, Quiet And Monsters — Dan Andriano In The Emergency Room Peace — Yasuhiro Kohno Trio Killing Peace — Onslaught Peace Force — The Skeptix Peace To All — Hackney Soldiers Peace In The World — Michael Cosmic Peace — Cloak & Dagger Love Power Peace — James Brown Finding Peace Of Mind — Joe Peace Peace Thru — The Vandals Peace — Levellers Peace Of Mind — Bee Gees Acid Peace — Omni A.M., Adam Collins Peace — Miss Groovy Always Peace — Credibility Prince Of Peace — Galliano Disturbing Domestic Peace — The Ex Peace, Friendship And Solidarity — Joe Bataan Love, Peace And Harmony — Dream Frequency Whatever Happen To Peace — X-101 Disturbing The Peace — Alcatrazz Peace At Last — The Blue Nile Peace Of Conscience — David August Peace On Earth — David Bowie & Bing Crosby Aftermath (Archives Of Peace) — Aes Dana The World Peace — Brian Harden War & Peace (The Peace Disc) — Ice Cube Love & Peace — Ray Charles White People For Peace — Against Me! Phonic Peace — Cell Peace — Zingalé Here’s No Peace — Marduk Law Order & Peace — Le.Cop. Peace — Tony Senghore Peace Beyond Passion — Me’Shell NdegéOcello Heavenly Peace — C.Memi A Moment’s Peace — bvdub Peace & Love — Neuronoid Peace In The Valley — Black Dice Peace To Eazy — Bruyaa & Ozonic Three Peace Suite — The Snipers My Peace Of Heaven — Ten City Love, Peace And Nappiness — Lost Boyz Peace Is The Mission — Major Lazer Peace — Aspera Ad Astra Some Kind Of Peace — Ólafur Arnalds Deep Peace — Frank Perry Peace — Boot-Star-Dos* Peace & Tranquility — E00 Peace On You — Roger McGuinn Peace And Love — Black ’N’ Decker Peace Of Mind — Esbee Family Bombs Of Peace — Upright Citizens Peace, Love & Murder — My Dad Is Dead Peace Of Mind — Rebelution Peace & Love — Shaumark & Robinson Deine Einsamkeit/Peace Now — Udo Jürgens Violence, Peace And Peace Research — Life Peace Feast — Bud Bongo Peace In Our Time — Big Country Peace — York Garden Of Peace — Power Circle Love, Peace And Grease — BT Peace — C.Bradley Peace — Bill Simmons Hairdryer Peace — The Hospitals We Are The 21st Century Ambassadors Of Peace & Magic — Foxygen Peace & Love — URoy & The Jamaicans … JUNI 2022

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Wer stellt noch Fragen, die weh tun?

Für Leser:innen.


Di – So, 17.5. – 18.9.2022 Forschung

Der Tod Darf man einen Sarg als Möbel verwenden? Muss jedes Gespräch über das Sterben immer todernst sein? Wie sieht das digitale Jenseits aus? Und was prägt eigentlich unsere Vorstellungen vom Tod? → Vögele Kultur Zentrum, Gwattstrasse 14, 8808 Pfäffikon Do – Di, 26.5. – 14.6.2022 Gestaltung und Kunst

Davide-Christelle Sanvee Through performative and narrative actions, Davide-Christelle Sanvee activates or reproduces architectural and behavioural elements → Cabane B, Kunstraum beim Bahnhof Bümpliz Nord, Mühledorfstrasse 18, 3018 Bern → cabaneb.ch So, 29. / Di, 31.5. / Do, 2.6.2022, 18 Uhr Musik

Trafic

Medial vielfältig, immer kurzweilig und zunehmend visuell geprägt: Studierende präsentieren ihre neuesten Arbeiten in Klang, Bild, Licht und Bewegung. → HKB, Auditorium Ostermundigenstrasse 103, 3006 Bern

JUN Do, 2.6.2022, 18 – 19 Uhr Musik Klassik

Halt auf Verlangen: Viola und Klavier Studierende der Klassen von Gertrud Weinmeister (Viola) und Patricia Pagny gestalten gemeinsam eine Konzertstunde in der Spittelkapelle. Im Jazzspot: Damaris Brendle (Stimme) und Florian Weiss (Posaune). → Spittelkapelle im Burgerspital, Bahnhofplatz 2, 3011 Bern Do – So, 2. – 19.6.2022 Diplome 22, Oper

Abschlussprojekte Im letzten Studiensemester realisieren Oper-Student*innen ein eigenes Projekt – musikalisch und szenisch selbst verantwortet. → Diverse Veranstaltungsorte in Biel → hkb.bfh.ch/diplome22 Fr / Sa, 3. / 4.6., jeweils 20 Uhr Theater

THE WAY HOME Ein Essay über Zugehörigkeit von Lola Arias Als Archivar*innen der Gegenwart rekonstruieren sieben Theaterstudierende ihre eigenen Konflikte, um einen Ort zu finden, der für sie Heimat heisst. → HKB Theater, Zikadenweg 35, 3006 Bern

Fr – So, 3. – 5.6.2022 Jazz

Pop-Up Festival – MUSIC+ Das jährliche Festival erhält eine Carte Blanche und wird neu von HKB-Jazz-Studierenden kuratiert: ein musikalisches Programm, kombiniert mit Gästen aus anderen performenden Künsten. → PROGR, Waisenhausplatz 30, 3011 Bern So, 5.6.2022, 13.30 – 16.30 Uhr Musik

Konzertinstallation im Bergdorf Musikstudierende aus Klassik und Jazz inszenieren im bloss zu Fuss erreichbaren Tessiner Bergdorf Terra Vecchia transdisziplinäre Konzertformate für Wander*innen, Einheimische und Tagesausflügler*innen. → Fondazione Terra Vecchia Villaggio, 6657 PalagnedraBordei (Centovalli) Fr, 10.6.2022 Gestaltung und Kunst

Cabane B – La Love Machine Intervention in der Ausstellung von Davide-Christelle Sanvee in Zusammenarbeit mit der Buchhandlung Bostryche in Biel. → Cabane B art space, Bümpliz/Bern → cabaneb.ch Mo, 13.6.2022, 19.30 Uhr Jazz

Prüfungskonzerte 2. Studienjahr

Do, 16. / Fr, 17.6., 19.30 Uhr, Sa, 18.6., 17.45 Uhr und Mo – Fr, 20. – 24.6.2022, 19.30 Uhr Diplome 22, Jazz

Bachelorkonzerte Zum Abschluss ihres BachelorStudiums spielen die Studierenden ihre eigenen Kompositionen mit ihren eigenen Ensembles. → HKB, Auditorium, Ostermundigenstrasse 103, 3006 Bern → hkb.bfh.ch/diplome22 Fr – Mo, 17. – 20.6.2022 Forschung

2nd Global Piano Roll Meeting This conference continues the work of the 1st Global Piano Roll Meeting in Leipzig, 2018. The conference will be conducted in English. → Konservatorium, Grosser Saal, Kramgasse 36, 3011 Bern (17.6.); → HKB, Papiermühlestrasse 13d, 3014 Bern (18. / 19.6.); → Museum für Musikautomaten, 4206 Seewen (20.6) Fr – So, 17. – 19.6.2022 Musik

Festival Simmenklänge Von Kammermusikkonzerten bis Mini-Opern, vom Meisterkurs bis zum Überraschungsevent für Familien: Studierende bringen ihre Musik in die Lenker Landschaft ein und bespielen bekannte, aber auch unerhörte Orte. → Diverse Veranstaltungsorte an der Lenk Fr, 24.6.2022 Musik und Bewegung

Pulsations

Während der letzten Monate haben die Studierenden verschiedene Stücke ausgewählt und im Ensemble gemeinsam erarbeitet – unterstützt von ihren Dozierenden. Nun bringen sie eigenständigen Sound auf die Bühne. → HKB, Auditorium, Ostermundigenstrasse 103, 3006 Bern

Während «Pulsations», dem Festival für Tanz, Musik und Rhythmik in Biel, präsentieren die angehenden Rhythmiker*innen eine bunte Mischung ihrer Kreationen zwischen Musik und Bewegung. → HKB, Burg Biel, Jakob-RosiusStrasse 16, 2502 Biel; Volkshaus Biel, Aarbergstr. 112, 2502 Biel

Mi, 15.6.2022, 17 Uhr Forschung

Sa, 18.6.2022, 19.30 Uhr Diplome 22, Klassik

Forschungs-Mittwoch #136

Solist*innenDiplomkonzert

Die Professorin Ida Maria Biggi der Universität Ca’ Foscari Venezia trägt auf Italienisch vor. Deutsche Zusammenfassungen sind gewährleistet. → online

Ein Höhepunkt stellen die Orchesterkonzerte dar, an denen ausgewählte Studierende solistische Werke präsentieren. Begleitet werden sie vom Berner Symphonieorchester unter der Leitung von Graziella Contratto. → Casino Bern, Casinoplatz 1, 3011 Bern → hkb.bfh.ch/diplome22

Do, 16.6.2022 Diplome 22, Contemporary Arts Practice

Diplomfestival Interlaced

hkb.bfh.ch /veranstaltungen

Do, 23.6.2022 Diplome 22, Literatur

Sa, 2.7.2022 Theater

So, 11.9.2022 Konservierung und Restaurierung

Lesungen aus den Abschlussarbeiten / Lectures des travaux de diplôme

ZIRP

Indoor Art Walk

Fest der Künste am Zikadenweg. Das Fest wird organisiert von den Schauspielstudierenden des zweiten Studienjahres – mit Lesungen, Theater, Musik, Workshops, Ausstellungen, Bar, Tanz und Ihnen! → Zikadenweg 35, 3006 Bern

Während der Europäischen Tage des Denkmals organisiert der Fachbereich Konservierung und Restaurierung eine Besichtigung des Kunstwerks «Silver Lining» (2011) von Mona Hatoum und Führungen durch die Ateliers. → Hochschule der Künste Bern, Fellerstrasse 11, 3027 Bern Bümpliz Nord

Anna Chevalier, Sagal Maj Comafai, Ariana Emminghaus, Léna Furlan, Laura Marti, Nina Pellegrino, Ophélie Prétôt, Karin Rey, Harun Roci, Maru Rudin, Tristan Schenker und Agnes Siegenthaler → Schweizerisches Literaturinstitut, Rockhall IV, Seevorstadt 99, 2502 Biel → hkb.bfh.ch/diplome22 Fr – Fr, 24.6. – 8.7.2022 Diplome 22, Gestaltung und Kunst

Finale 22 Die Absolvent*innen des Fachbereichs Gestaltung und Kunst präsentieren ihre Abschlussarbeiten an der Fellerstrasse 11. Ab dem 21.7. können Sie die Werke auf der Website finale22.ch sehen. → Fellerstrasse 11, 3027 Bern → hkb.bfh.ch/diplome22 Sa, 25.6.2022 Musik

HKB am Stadtfest Bern – Bern Art Ensemble Die HKB präsentiert sich am Stadtfest Bern: Das Bern Art Ensemble der HKB Jazz, unter der Leitung von Django Bates, sprengt die Grenzen und Konventionen der gängigen Hochschul-Big-Band. → Bundesplatz, Bern Di – So, 28.6. – 3.7.2022 Diplome 22, Fine Arts

No champagne for fake people Vernissage Opening Something is happening In Kunsthaus Langenthal every year 2022 same but different We are pleased to invite You / dich / toi / te For our last HKB moment Fake champagne but real students All together It’s now or never Looking forward to see each other Not on a zoom meeting But art work in real size → Kunsthaus Langenthal, Marktgasse 13, 4900 Langenthal → hkb.bfh.ch/diplome22

JUL Fr, 1.7.2022, 18 Uhr Gestaltung und Kunst

Season Closing Last Day of the Season with F6, Matthieu Blond and Skilluminated → Cabane B, Kunstraum beim Bahnhof Bümpliz Nord, Mühledorfstrasse 18, 3018 Bern → cabaneb.ch

Contemporary Arts Practice. Ansprachen und Apéro, mit LivePerformances von Stefano Benini, Mercedes Borguńska, Mona Louisa-Melinka Hempel, Murat-Mevlana Temel → Kunsthaus Centre d’art Pasquart Biel → hkb.bfh.ch/diplome22

8. / 9.7., 26. / 27.8. und 2. / 3.9.2022, jeweils Fr und Sa um 19 Uhr Diplome 22, Theater

Expanded Theater Masterproduktionen

Absolvent*innen Leticia Cordero Mote, Stefan «Rotchopf» Schönholzer, Aline Beetschen, Karolína Jansová, Marc Scheufen, Izabela Orzelowska und Tiran Willemse zeigen ihre Produktionen. → HKB Theater → hkb.bfh.ch/diplome22

AUG Fr, 26.8. / Fr, 2. / Mo, 26. / Fr, 30.9. / Sa, 7. / Mo, 10. / Di, 11. / Do, 13.10.2022, jeweils um 18 Uhr Diplome 22, Music Composition

Creative PracticeProduktionen Im Master Composition / Creative Practice sind Studierende oft ihre eigenen Autor*innen und Interpret*innen und der Begriff «composition» wird weit gefasst, was Medien, Formate und Arbeitsprozesse anbelangt. → HKB, Auditorium, Ostermundigenstrasse 103, 3006 Bern → hkb.bfh.ch/diplome22

SEP So, 4.9.2022, 10.30 Uhr Musik

Studientage Dirigieren Blasmusik An drei Tagen werden anspruchsvolle Werke für Brass Band einstudiert. Den Abschluss bildet ein Matinee-Konzert mit der Brass Band Berner Oberland. → Konservatorium Bern, Kramgasse 36, 3011 Bern Mo – Sa, 5. – 10.9., Mo – Sa, 12. – 17.9.2022, 19.30 Uhr Diplome 22, Jazz

Masterkonzerte

So, 11.9.2022 Konservierung und Restaurierung

Wandmalereien Grosshöchstetten Vorträge und Führung zur Bauund Restaurierungsgeschichte und zur Maltechnologie, die über den fragmentarischen Erhaltungszustand aufklären. → Reformierte Kirche Kleinhöchstetten Mo – So, 12. – 18.9.2022 Musik

20 Jahre Sound Arts in Bern Mit internationalen Gästen diskutieren wir die zwanzigjährige Entwicklung dieses erfolgreichen Studiengangs sowie die Veränderungen in den elektronischen Künsten in dieser Zeit. → HKB, Grosser Konzertsaal Papiermühlestrasse 13d, 3014 Bern Do – Fr, 22. – 23.9.2022 Diplome 22, Konservierung und Restaurierung

Masterpräsentationen Conservation-Restauration. Die Diplomand*innen präsentieren öffentlich die Ergebnisse ihrer Masterthesen. → HKB, Fellerstrasse 11, Bern und online → hkb.bfh.ch/diplome22

OKT So, 16.10.2022 Konservierung und Restaurierung

Europäischer Tag der Restaurierung Der Fachbereich Konservierung und Restaurierung der HKB öffnet seine Türen und gibt Einblick in die Arbeit der Restaurator*innen, die sonst im Verborgenen liegt. → HKB, Fellerstrasse 11, 3027 Bern

Die Jazzstudierenden spielen zum Abschluss ihres Studiums ihre eigenen Kompositionen mit ihren eigenen Ensembles und bieten eine Fülle stilistisch unterschiedlichster Performances. → HKB, Auditorium Ostermundigenstrasse 103, 3006 Bern

Do, 16.6., 18 – 21 Uhr Contemporary Arts Practice

Sa, 18.6., 19.30 Uhr Musik

Fr – Fr, 24.6. – 8.7. Gestaltung und Kunst

Di – So, 28.6. – 3.7. Fine Arts

Interlaced

Solist*innen-Diplomkonzert

Finale 22

No champagne for fake people

Inter laced Contemporary Arts Practice

Das Diplomfestival Interlaced findet an verschiedenen Orten in Biel/Bienne statt. Im Kunsthaus Pasquart, Le Singe, Espace Libre, in der La Voirie, Dachstock Alte Krone und in der HKB Burg werden 23 Diplomand*innen in Form einer Ausstellung, Performances, Lesungen, Klanginstallationen und Konzerten das Feld zwischen Fine Arts, Sound Arts, Performance Art und Literatur bespielen und ausloten.

→ Kunsthaus Centre d’art Pasquart, Seevorstadt 71, 2502 Biel → cap-diplomfestival.ch

Solist*innen Diplomkonzert Musik Klassik

2� Finale Gestaltung und Kunst

Die Solist*innen im MA Specialized Music Performance freuen sich auf den würdigen Abschluss ihres Studiums: Begleitet vom Berner Symphonieorchester unter der Leitung von Graziella Contratto spielen sie Werke, in denen sie ihre Interpretationen mit einem grossen Publikum und vor eindrücklicher Kulisse teilen können. Es spielen Sergi Bayarri (Klarinette, Klasse Ernesto Molinari), Rustem Khamidullin (Violoncello; Conradin Brotbek), Martina Santarone (Viola; Patrick Jüdt) und Kostiantyn Tovstukha (Klavier; Tomas Herbut) Werke von E. Carter, S. Prokofjew, W. Walton und P. I. Tschaikowsky.

Es stellt den Höhepunkt des Studienjahres dar, wenn die Abschlussarbeiten der Studierenden im Fachbereich Gestaltung und Kunst der HKB im Rahmen der Diplomausstellungen öffentlich gezeigt und verhandelt werden. Auf dem im ganzen Gebäude verteilten Präsentationsflächen an der Fellerstrasse 11 sind die Diplomarbeiten der Bachelor-Studiengänge Vermittlung in Kunst und Design sowie Visuelle Kommunikation und der Master-Studiengänge Art Education und Design zu sehen. Ausserdem wird begleitend dazu am 21.7.2022 die Website finale22.ch aufgeschaltet, auf der alle Arbeiten gezeigt werden.

→ Casino Bern, Casinoplatz 1, 3011 Bern

→ HKB, Fellerstrasse 11, 3027 Bern

JUNI 2022

MAI

N°2/2022

No champagne for fake people Fine Arts

Als Abschluss ihrer Studienzeit konzipieren und entwickeln die Absolvent*innen des Bachelor Fine Arts ihre gemeinsame Ausstellung im Kunsthaus Langenthal: Something is happening In Kunsthaus Langenthal every year 2022 same but different We are pleased to invite You / dich / toi / te For our last HKB moment Fake champagne but real students All together It’s now or never Looking forward to see each other Not on a zoom meeting But art work in real size

→ Kunsthaus Langenthal, Marktgasse 13, 4900 Langenthal

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HKB aktuell

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Ausgezeichnet

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News

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JUNI 2022

Rebecca Gisler Rebecca Gislers Leben ist geprägt von Literatur, ob sie nun liest oder schreibt. Dass ihr Romanerstling «D’Oncle» mit dem Schweizer Literaturpreis 2022 ausgezeichnet wurde, gibt ihrer Arbeit Schub – nicht nur, weil das Preisgeld für Freiräume sorgt. «Es gibt Dinge, die kannst du dir nicht ausdenken!», lacht Rebecca Gisler, als ich sie auf den Job der Erzählerin ihres Erstlings anspreche. Die namenlose junge Frau übersetzt einen schier unendlichen digitalen Katalog einer Tierhandlung, der Menschen die merkwürdigsten Dinge für ihre haarigen Lieblinge schmackhaft zu machen versucht. So wie die Erzählerin im Roman «Vom Onkel» ihr Geld verdient, bestreitet auch die Autorin Rebecca Gisler einen Teil ihres Lebensunterhalts. «Mit Literatur haben diese Übersetzungen nichts zu tun», betont Gisler. Und doch sind selbst die irrwitzigen Texte eine Quelle der Inspiration – wie fast alles, was Gisler erlebt, beobachtet und liest.

würde, als er bekommt, die erwachsenen Kinder seiner Schwester, die mit ihm zusammen in einem Haus am Meer in Frankreich leben, wo sie nicht wirklich hingehören, die halb verdrängten Fetzen aus Erinnerungen, die plötzlich im Jetzt neue und doch vertraute Formen annehmen – all die Figuren hat Gisler zu einer Familiengeschichte gewoben und in eine wunderbare Sprache gegossen. Die Leichtigkeit, die das Loslassen von Regeln im Französischen in ihren Text gebracht hatte, nun nicht zu verlieren, ihre verspielte und poetische Sprache nun neu auf Deutsch zu erfinden, stellte Gisler vor eine grosse Herausforderung. Dass sie am Berliner Wettbewerb für junge Literatur Open Mike mit einem ersten Ausschnitt der deutschen Fassung den ersten Preis gewann, zeigte schon vor der Fertigstellung des Textes, dass sie in die richtige Richtung losgelaufen war. Schliesslich sei auch die Unterstützung ihrer Lektorin beim Atlantis-Verlag sehr hilfreich gewesen.

Das mit dem Schreiben habe schon am Gymnasium angefangen, erzählt die 30-Jährige, mehr oder weniger parallel mit dem vielen Lesen. Die beiden Tätigkeiten hängen für Gisler eng zusammen, prägen sich gegenseitig. Nach der Matura zog es die gebürtige Zürcherin darum nach Biel, wo sie am Schweizerischen Literaturinstitut studierte. «Ich habe es sehr genossen, mich ins Schreiben vertiefen zu dürfen, das Studium machte es sozusagen legitim, sehr viel Zeit in die Arbeit an Texten zu investieren», sagt Gisler. Während des Studiums begann sie auch, vielfältige Anlässe rund um Literatur zu organisieren, entstanden sind viele Freundschaften, die sie bis heute begleiten. «Es war wichtig, mich ausprobieren zu dürfen, auch mal zu scheitern mit einer Idee oder einem Versuch. Und sehr hilfreich, eigene wie auch fremde Texte zu diskutieren», erinnert sich Gisler an die intensive Zeit zurück.

Dass ihr Debütroman – genauer: dessen französische Fassung – nun als eines von fünf Büchern mit dem Schweizer Literaturpreis 2022 ausgezeichnet wurde, sei eine grosse Ehre, sagt Gisler. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass viele tolle Autor*innen nicht immer das Glück hätten, eine solche Bestätigung für ihr Schreiben zu bekommen. «Schreiben ist sehr oft auch mit Zweifeln verbunden», gibt Gisler zu bedenken. Die Anerkennung habe ihr ungemein gutgetan, habe einen Motivationsschub ausgelöst. Natürlich sorge auch das Preisgeld für Freiräume, die sie für die Arbeit an einem nächsten Buch nutzen will – später dann, wenn die Aufmerksamkeit etwas abgeklungen ist. Zurzeit stehen viele Lesungen an, die Begegnungen mit Leser*innen eröffnen immer wieder spannende Perspektiven: «Der Austausch bringt mich weiter», ist Gisler überzeugt. Doch eigentlich führe sie einfach ein ganz normales Leben, sagt sie lachend. Neben der konzentrierten Arbeit am Schreibtisch sorgt möglichst viel Bewegung an der frischen Luft für einen Ausgleich: «In einer idealen Welt würde ich jeden Tag drei

Sprache der Institutionen Zunächst habe sie auf Deutsch geschrieben, in der Sprache also, die sie sich in der Schule erarbeitet hat. «Hochdeutsch ist für mich ein Stück weit die Sprache von Institutionen, die Verbindung dazu ist nicht so emotional wie zum Schweizerdeutsch; und lange stand ja in der Schule im Vordergrund, wie man diese Sprache korrekt benutzt», sagt Gisler. Bereits in Biel hätten sie Dozierende ermuntert, auf Französisch zu schreiben, in der Muttersprache ihrer Mutter, in der eigenen Familiensprache, die in ihrem Zuhause gesprochen wurde. Lange habe sie gedacht, dass ginge ja gar nicht; weil sie die Sprache nicht beherrsche, Fehler mache, Sätze formuliere, die nicht richtig klingen. Eine Muttersprache, die nur in der Familie gepflegt wird, ist reich an vielem und schränkt doch stark ein, was man zu sagen in der Lage ist.

Texte : Anna Chudozilov (*) (*) Anna Chudozilov hat Soziologie und Rechtswissenschaft studiert und als Journalistin auf der Redaktion von NZZ Campus gearbeitet sowie in Luzern 041 – Das Kulturmagazin geleitet. Aktuell ist sie als freie Journalistin, Moderatorin und Dozentin für Kommunikationskompetenz an der Hochschule Luzern – Wirtschaft tätig.

Solidarity For Ukraine Die HKB hat zwölf geflüchtete Ukrainer*innen als Gaststudierende aufgenommen: acht Studierende im Theater, eine im Studiengang Music Performance, sowie je eine Studierende in Vermittlung in Kunst und Design, Fine Arts und in Visueller Kommunikation. Im SNF-Projekt Ästhetiken des Immobilen von Yvonne Schmidt konnte eine ukrainische Wissenschaftlerin (Doktorandin) aufgenommen werden. Im Opern-Ensemble «Spirito Corda» spielen HKB-Studierende aus der Ukraine, Russland und Belarus. Wie ist es für die Menschen, trotz des Kriegs zusammen aufzutreten? Das Regionaljournal von SRF hat die Gruppe bei Proben besucht. Unter der Titel Voices hat die HKB Raum für Stimmen zum Krieg geschaffen; ausserdem widmet sich der erste Bund dieser Zeitung dem Thema. Weitere Informationen zu den Aktivitäten und zur Aktion Solidarity For Ukraine: → hkb.bfh.ch/en/topics/solidarity-forukraine/ Schweizerischer Maturaarbeitspreis 2022 Wie wurde die Menstruation dargestellt? Was bringt der Krieg mit sich? Wie kann ich «Gleichgewicht» abbilden? Das sind die Themen der mit dem diesjährigen Schweizerischen Maturaarbeitspreis ausgezeichneten Arbeiten. Der Maturaarbeitspreis der HKB richtet sich an Gymnasiast*innen, welche sich in ihrer Maturaarbeit mit der eigenen künstlerischen Praxis auseinandersetzen, und wird vom Bachelor-Studiengang Vermittlung in Kunst und Design verliehen. Als Gewinner*innen sind drei sehr unterschiedliche Projekte ausgewählt worden: Janne Edels Arbeit Mens View, Sivathas Shrijans Graphic Novel Am Ende sterben sie alle und Antonin Hausammans Videoinstallation L’importance du peu. Qualitätslabel für die HKB Musik Das PreCollege der HKB Musik hat dieses Jahr als einziges Programm in der Schweiz das Qualitätslabel Pre-College Music CH erhalten. Das Label Pre-College Music CH des Verbands Musikschulen Schweiz und der Konferenz Musikhochschulen Schweiz ist ein Qualitätslabel für national anerkannte Anbieter von Pre-College-Lehrgängen. Während das Label letztes Jahr insgesamt siebenmal vergeben worden ist, wurde es 2022 nur an das PreCollege der HKB Musik vergeben. → hkb.bfh.ch/de/studium/vorbildung Neuer Fachbereichsleiter Musik: Prof. Rico Gubler Der Schweizer Saxofonist, Komponist und Jurist Rico Gubler, bisher Präsident der Musikhochschule Lübeck (MHL), ist zum neuen Fachbereichsleiter Musik an der HKB gewählt worden. Er tritt damit ab Februar 2023 die Nachfolge von Graziella Contratto an, die die HKB Ende Januar 2022 nach fast zwölfjähriger erfolgreicher Tätigkeit verlassen hatte, um sich wieder verstärkt ihrer künstlerischen Arbeit zu widmen. In Lübeck hatte Gubler In in seiner Amtszeit unter anderem die Praxismöglichkeiten für Studierendemassiv ausgebaut. Gubler ist seit 2020 Mitglied im Council der Association Européenne des Conservatoires, Académies de Musique et Musikhochschulen. Die HKB freut sich, einen ausgewiesenen künstlerischen Experten und einen erfahrenen Hochschulmanager für die Leitung des Fachbereichs Musik gewonnen zu haben.

Doch dann fasste Gisler Mut und schrieb sich für einen Master in kreativem Schreiben an der Universität Paris 8 ein. Literatur interessiere sie als Leserin oft da, wo sie sich in eine «ungemütliche Zone» vorwage, sagt Gisler, und so habe auch sie den Schritt aus der Sicherheit der Sprache gewagt, die sie – zumindest grammatikalisch – einwandfrei beherrschte, an der sie jahrelang gefeilt hatte. «Ich begann dann, ausschliesslich französischsprachige Literatur zu lesen», erzählt sie, spricht begeistert von komplett neuen Welten, die sich ihr eröffnet haben. Parallel dazu wagte sie sich daran, auf Französisch zu schreiben. Es ist kein Zufall, dass ihr Debütroman «D’Oncle» eine Familiengeschichte ist, schliesslich ist Französisch für Gisler die «langue familiale». Wie sie selbst, ist auch Gislers Erzählerin in der Schweiz aufgewachsen. Das gab der Schriftstellerin die Möglichkeit, ihrer Figur eine ganz eigene Sprache in den Mund zu legen, die sich weniger um Korrektheit kümmert als um den Klang, die Musikalität und jene Poesie, die selbst Ausdrücke wie «ausrollbare Leinen» oder «bunte Kackbeutel» entwickeln können, wenn man sie richtig zu ordnen vermag. Auf Deutsch neu verfassen Nachdem ihr Debüt auf Französisch erschienen war, machte sich Gisler daran, die Geschichte vom Onkel ins Deutsche zu übertragen – oder vielmehr auf Deutsch neu zu verfassen. Der Onkel, der irgendwie ein Kind geblieben ist und doch in einem Körper lebt, der altert und mehr Fürsorge brauchen

Stunden mit Laufen verbringen!» Was als Nächstes kommt, worauf darf sich ihre Leser*innenschaft freuen? Zurzeit arbeitet sie an ersten Skizzen für Figuren, notiert noch fragile Ideen, schreibt Gedichte. Ob sie wieder zuerst auf Französisch schreiben wird oder ihr nächstes Buch den umgekehrten Weg durch Gislers Sprachen nehmen wird – das wird sich erst in Zukunft zeigen.

Deutscher Jazzpreis 2022 für Efrat Alony Efrat Alony wurde mit ihren Hollywoodians zweifach für den deutschen Jazzpreis nominiert und hat in der Kategorie Album Vokal des Jahres für das Album Hollywood isn’t Calling gewonnen. Ebenfalls nominiert war sie für den Preis Komposition des Jahres für das Stück My Shorthand Modes of Perception. Der deutsche Jazzpreis für Efrat Alony dokumentiert die qualitative Vielseitigkeit der HKB Dozentin als Musikerin. Zuletzt wurde Efrat Alony 2019 vom Artemis Women Film Festival 2019 in Los Angeles für ihren Song Hear me on auf ihrem Album Dismantling Dreams ausgezeichnet.

Foto: Noëmi Bräm


Forschungsfenster

Zu Gast

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Petter Eldh

HKB-Forschungsapéro 2022 Nach einer zweijährigen coronabedingten Pause gaben HKB-Forschende an der Jahresschau vom 7. April Einblick in ihr aktuelles Schaffen. Im PROGR – Zentrum für Kulturproduktion berichteten Carmen Effner und Lucy Gmelch über ein neues Verfahren, das die Erhaltung von tintenfrassgeschädigtem Papier zum Ziel hat. Bruna Casagrande, Nathalie Noorlander und Fabiana Senkpiel beschäftigten sich mit künstlerischen Arbeiten aus Lebensmitteln. Und Leo Dick zeigte auf, wie in der Schweiz seit 1945 eine eigene und identitätsstiftende Musiktheatertradition entstanden ist. Umrahmt wurde der Anlass von einer Postersession sowie der Ausstellung der Projekte «Punkt, Punkt, Komma, Strich» mit Andréas Netthoevel und «Sprechende Bilder» mit Beatrice Kaufmann. Publikation Töne und Schälle. Robert Walser-Vertonungen 1912–2021 veröffentlicht Der Bieler Dichter Robert Walser (1878–1956) wurde lange Zeit verkannt, ehe der passionierte Spaziergänger ab den 1970er-Jahren wiederentdeckt wurde. Dies schlug sich auch musikalisch nieder: Nach ersten Vertonungen 1912 und wenigen weiteren bis Mitte des 20. Jahrhunderts ist die Anzahl Walser-Lieder exponentiell gewachsen. In einem – auch Open-Access-zugänglichen – Band widmet sich Roman Brotbeck aus dem Institut Interpretation diesen Kompositionen eines Dichters, der musikalische Mittel in seinen Werken einsetzte. Teil des Buches ist auch eine Onlinedatenbank aller bekannten WalserVertonungen. → Töne und Schälle. Robert WalserVertonungen 1912–2021, Roman Brotbeck, Brill-Fink Verlag: brill.com Wir gratulieren: → Priska Gisler und Diana Rojas zum SNFProjekt Ästhetisierung von Kriegsgewalt. Eine künstlerisch-wissenschaftliche Untersuchung des Einsatzes von Dokumenten in zeitgenössischen Theaterinszenierungen und Performances → Yvonne Schmidt zum SNF-Projekt Eco ArtLab. Relationale Begegnungen zwischen den Künsten und Klimaforschung → Chris Walton, Forscher im Institut Interpretation, der sich an der philosophischhistorischen Fakultät der Universität Bern im Fach Musikwissenschaft habilitiert hat

Foto: zVg.

Zusammen mit seinem langjährigen Musikpartner Otis Sandsjö gibt der schwedische Bassist und Produzent Petter Eldh einen Masterkurs an der HKB. Eldh ist durch Kollaborationen mit Django Bates, Lucia Cadotsch, Kit Downes und Christian Lillinger bekannt. Sein furioses Bassspiel fundiert nicht zuletzt auf einer langjährigen Auseinandersetzung mit Polyrhythmik. «Intuitive Polyrhythms» nennt Petter Eldh seine Herangehensweise an Musik, die er zusammen mit Otis Sandsjö an der HKB im Mai 2022 an einem Masterkurs thematisiert. Und daneben auch einiges davon vermitteln möchte, was er selbst als grundlegend erachtet, um musikalisch seinen eigenen Weg gehen zu können. Rhythmen spielen für den schwedischen Bassisten, der seit gut zehn Jahren in Berlin lebt, eine zentrale Rolle in seinem musikalischen Verständnis. «Schon ganz früh als Jugendlicher hatte ich den Traum, Schlagzeuger zu werden», sagt Eldh. «Das hat nicht wirklich geklappt. Aber an meinem Verständnis, dass das Schlagzeug das Fundament von allem ist, was mich musikalisch interessiert, hat sich nichts geändert.» Wer den Bassisten schon live erlebt hat – etwa mit dem Song-Trio Speak Low von Lucia Cadotsch oder mit dem avantgardistischen Trio Punkt.VRT.Plastik mit Kaja Draksler (p) und Christian Lillinger (dr) –, weiss um sein vitales und hochpräzises Spiel. «Ich verstehe den Bass als ein sehr perkussives Instrument, das ein Schlagzeug ergänzt oder in gewissen Fällen wie ein Schlagzeug sein kann», sagt Eldh. Der Bass ist beides: Er ist ein Fundament für den harmonischen wie auch den rhythmischen Zusammenhalt. Kein Wunder, dass sich Eldh im Masterkurs auch mal ans Schlagzeug setzt. Der Bass ist sowieso mit dabei. «Mit dem Bass setze ich die Rhythmen in einen melodischen und harmonischen Kontext.» Für all diese rhythmischen Aspekte, die den Bassisten umtreiben, steht auch sein aktuelles Album Projekt Drums vol. 1. Dessen Material wird ebenfalls in die Themen des Masterkurses einfliessen. Auf den sechs Tracks, geprägt durch schwere Beats und psychedelische Sounds, stellt Eldh sechs verschiedene Schlagzeuger*innen in den Mittelpunkt. Das ist nicht zuletzt ein Tribut an seinen Kindheitsraum. Eldh grinst. «Mein innerer Schlagzeuger verschafft sich damit seine volle Aufmerksamkeit.» Breites Musikspektrum Petter Eldh ist in Göteborg aufgewachsen. Von früh an war er ein leidenschaftlicher Sammler von Vinyl. «Ich habe immer sehr breit Musik gehört. Klassik, Jazz, Soul, Reggae, schwedische Volksmusik, Middle Eastern, Hip-Hop: Ich gebe allem eine Chance. Vieles fliesst dann auch in meine Musik ein.» Ein wichtiger Dozent an der Jazzschule in Skurup war der Gitarrist Mulle Holmqvist. «Er legte die Basis für meinen polyrhythmischen Ansatz, den er über den Sound und das Hören, ohne Noten auf dem

Papier, sehr anschaulich vermittelte.» Am Rhythmik-Musikkonservatorium in Kopenhagen studierte er anschliessend bei Django Bates, mit dem er schon als Student in dessen Projekten mitwirkte. Bates, der ebenfalls an der HKB unterrichtet, wurde ein wichtiger Mentor von Eldh. Im Trio von Django Bates lernte Petter Eldh den Schlagzeuger Peter Bruun kennen. Die beiden pröbelten und experimentierten intensiv mit rhythmischen Konzepten. «In dieser Zeit entwickelten wir unser Modell der intuitiven Polyrhythmik.» Als weiteren wichtigen Einfluss nennt Eldh den Schweizer Pianisten Malcolm Braff. «Er hat die Rhythmik mit einem akademischen Ansatz weitergetrieben und ein Tool für das Üben und für das Komponieren entwickelt. Die Applikation ist sehr hilfreich, und wir stellen sie im Masterkurs vor.»

versteht er heute sein musikalisches Aktionsgebiet. Er ist ein hervorragender Bassist, aber er spielt auch Schlagzeug und Gitarre und weitere Instrumente. Er komponiert, er improvisiert und er ist als Produzent und Remixer tätig. Sein Album Projekt Drums vol. 1 hat er in Eigenregie aufgenommen und gemischt. Petter Eldh lässt sich gerne mit Musiker*innen ein. Das spricht ihn mehr an, als sich ausgeklügelte Konzepte oder Projekte auszudenken. «Es wird immer wichtiger für mich, mit neuen Leuten zusammenzuarbeiten, die richtigen Kombinationen zu finden und das weiterzuverfolgen, was sich in solchen Kontexten ergibt.» Im Nachhinein würden sich daraus vielleicht gewisse Konzepte ableiten lassen, sagt Eldh. «Aber für mich kommt zuerst das Spielen und das gemeinsame Entwickeln.»

Berlin als Basis Nach seinen wichtigen Lern- und Praxisjahren in Kopenhagen zog Eldh vor rund zehn Jahren nach Berlin, um der europäischen Jazzszene noch näher zu sein. Berlin sei ein Ort, an dem sehr viele kreative Menschen auf der Durchreise seien. «Du triffst ständig interessante Leute, mit denen du dich verbinden kannst.» Als er vom inzwischen «super gentrifizierten» Kopenhagen nach Berlin zog, schätzte er, «dass es dort viel Raum zum Atmen gab». Das verschaffte ihm den Fokus, sich auf Dinge einzulassen, Leute kennenzulernen, Sachen auszuprobieren. Natürlich habe sich Berlin inzwischen verändert und es sei eine ähnliche Entwicklung wie in Kopenhagen spürbar. «Aber Berlin ist eine sehr gute Basis für mich. Dort kann ich mich mit verschiedensten Leuten vernetzen und jederzeit an andere Orte aufbrechen.» So arbeitete Eldh phasenweise in London, Wien, Norwegen und New York. Viele Leute, die er in Berlin getroffen habe, seien unterdessen wieder anderswo, aber die Kontakte würden bleiben. Es sei ein Kommen und Gehen. «Being in flux» nennt Eldh diesen Zustand des Offenseins und Interagierens über Grenzen hinweg. In Berlin traf Petter Eldh den Saxofonisten Otis Sandsjö, der ebenfalls aus Göteborg stammt und im Trio von Lucia Cadotsch mitwirkt. «Er ist einer meiner engsten und wichtigsten musikalischen Partner.» Sandsjö hat seine eigene Band Y-Otis, in der neben Petter Eldh auch der Pianist Elias Stameseder spielt. Sandsjö und Eldh bilden wiederum den Kern der Formation KomaSaxo. Neben KomaSaxo und seinem eigenen Album Projekt Drums vol. 1 liegt Eldh das Trio mit dem britischen Pianisten Kit Downes und dem Schlagzeuger James Maddren am Herzen. Kürzlich haben sie auf ECM das zweite Album Vermillion veröffentlicht. Instrumentalist und Produzent So stilistisch vielseitig wie Petter Eldh als Jugendlicher sein Vinyl gejagt und seine klanglichen Sensoren entwickelt hat, so umfassend

Text: Pirmin Bossart (*) (*) Pirmin Bossart ist freischaffend tätig als Journalist, Texter und Autor. Er lebt und arbeitet in Luzern.

HKB-ZEITUNG

BFH-Gruppe Health Care Communication Design gestaltet Innenräume der Universitären Altersmedizin Felix Platter Die Gestaltung von Spitalräumlichkeiten beeinflusst den Genesungsprozess von Patient*innen genauso wie das Wohlbefinden der Mitarbeiter*innen und Besucher*innen. Die interdisziplinäre Arbeitsgruppe Health Care Communication Design (HCCD) der BFH hat deshalb für den Neubau der Universitären Altersmedizin Felix Platter ein Konzept zur Optimierung der Innenraumgestaltung entwickelt. In der Arbeitsgruppe forschen und entwickeln Expert*innen aus den Bereichen Design, Pflege, Architektur, Prozessmanagement und Medizininformatik. → Blog der UAFP, felixplatter.ch/felixPlatter/Blog (Wissenschaftliche Erkenntnisse auch in der Innenraumgestaltung)

JUNI 2022

Isländisches Künstlerduo Bryndís Snæbjörnsdóttir und Mark Wilson mit Projekt Visitations zu Gast Am 4. Mai lud das Institut Praktiken und Theorien der Künste Bryndís Snæbjörnsdóttir und Mark Wilson zum Forschungs-Mittwoch ein. Das Künstlerduo beschäftigt sich mit Beziehungen zwischen Mensch und Tier im Kontext von Geschichte, Kultur und Umwelt. Das Projekt Visitations, das sich der Ankunft von Eisbären in Island von 1881 bis 2016 widmet, untersucht diese uralte, wenn auch seltene Begegnung neu. Es stellt den Eisbären als «Fremden» in den Vordergrund und leistet damit einen Beitrag zum aktuellen, dringend nötigen Diskurs über die Objektivierung sowohl menschlicher als auch tierischer «Anderer» Katastrophen. → Mehr Informationen zu den Künstler*innen und dem Projekt Visitations sind zu finden auf: visitations.lhi.is


Student*in im Fokus

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HKB-ZEITUNG

JUNI 2022

Johanna Heusser Johanna Heusser studiert an der HKB «Expanded Theater». In ihren Tanzstücken beschäftigt sie sich mit dem Nationalsport Schwingen oder nimmt die Yogaszene und sich selbst aufs Korn. Kulturelle Aneignung – der Begriff ist gerade in aller Munde. Darf man eine Rastafrisur tragen, wenn das gar nichts mit der eigenen Kultur zu tun hat? Die Tänzerin, Choreografin und Yogalehrerin Johanna Heusser hat sich in ihrem Stück How to do a downward facing dog? (2020) mit dem Phänomen Yoga auseinandergesetzt. Sie selbst hat mit 16 Jahren damit angefangen und reiste für ihre Ausbildung zu einer zertifizierten Yogalehrerin in den Himalaja. Natürlich versprach auch sie sich spirituelle Erkenntnisse. «Ich bin auf die Welt gekommen mit meinen Erwartungen an die Ausbildung», so die 27-Jährige. Alles sei stark verwestlicht gewesen, unter den zahlreichen Teilnehmenden habe es gerade einmal zwei Inder gegeben. «Yoga ist ein Riesenmarkt, Indien eine Projektionsfläche», stellt sie ernüchtert fest. Das Land müsse als Ort der Erkenntnis hinhalten und werde stark exotisiert. Das harte Training und das ständige Gepushtwerden führte bei Heusser zu einem Bandscheibenvorfall. «Ich habe trotzdem viel gelernt und bereue nichts», so die Künstlerin, die ein Jahr mit dem Tanzen aussetzen musste. Dr Churz, dr Schlungg und dr Böös Die Bewegung spielte schon früh eine Rolle im Leben der Tänzerin. Sie ist die Tochter einer Bewegungspädagogin und eines Historikers. «Ich wuchs bei meiner Mutter auf, die Aikido und Selbstverteidigung für Mädchen unterrichtete.» Bereits als Dreijährige begleitete Heusser ihre Mutter und nahm selbst am Unterricht teil. Später entdeckte sie klassisches Ballett, zeitgenössischen Tanz und Hip-Hop für sich. «Am Hip-Hop gefällt mir die Offenheit gegenüber verschiedenen Richtungen und Kulturen», so Heusser. Ihr Interesse für Geschichte habe sie wohl vom Vater geerbt. Heusser hat ein Stück über den archaischsten Nationalsport schlechthin, über das Schwingen, gemacht. In Dr Churz, dr Schlungg und dr Böös (2021) lässt

sie das deutschschweizerische PerformanceDuo, bestehend aus David Speiser und Dennis Freischlad, miteinander ringen. Dabei wird einerseits die Kraft der Bewegung und der Tradition gefeiert, andererseits auch nach Alternativen zu nationalromantischen Mythen gesucht. Die Choreografin erhielt für ihr Stück ein beachtliches Medienecho und wurde unter anderem ans Schweizer Theatertreffen 2022 eingeladen. «Klar, das ist eine grosse Ehre und gibt meiner Arbeit Sichtbarkeit», so Heusser über die Auszeichnung. Fragen rund ums Schicksal Aktuell arbeitet die Choreografin an einem Stück zum Thema Astrologie. Sie selbst, im Zeichen des Löwen geboren, steht dem Thema ambivalent gegenüber. «Es ist anziehend und abstossend zugleich.» So finde sie es irgendwie lächerlich, sei aber trotzdem nicht davor gefeit, im Zug in der Tageszeitung 20 Minuten rasch einen Blick auf ihr Horoskop zu werfen. «Du liest es und es passt, aber wenn du ein anderes Zeichen liest, passt es wohl auch», fasst sie zusammen. Sie glaube, es sei ein grosses Bedürfnis des Menschen, nach Sinnzusammenhängen zu suchen, sich den eigenen Tag zu erklären. Sind wir für unser Schicksal selbst verantwortlich? Das dazu geplante Stück ist eine Kollaboration mit dem Performer Jesse Inman, den Heusser am Schauspielhaus Wien kennenlernte, wo sie im Winter 2022 für das Stück Coma die Choreografie machte. Sie selbst steht auch auf der Bühne, gemeinsam wird nicht nur getanzt, sondern auch gesungen. Elemente des Musicals und der Stand-up-Comedy fliessen in das Stück ein. «Es gibt kitschige Lieder für jedes Sternzeichen und ganz viel Humor», verspricht sie. Heusser hat selbst während zwölf Jahren in einem Mädchenchor gesungen und freut sich nun darauf, ein richtiges Showstück zu realisieren. Obstacles in our sky – auf Deutsch Hürden am Himmel – lautet der Arbeitstitel. Heussers Ironie schliesst Gesellschaftskritisches nicht aus. «Die meist in Frauenzeitschriften veröffentlichten Horoskope prophezeien Geld, Liebe oder Gesundheit, gehen aber auf die

Foto: Janosch Abel

eigentlichen Sinnfragen kaum ein», findet sie. Der Mensch lege sich Kategorien zurecht und projiziere diese in den Himmel. Das habe viel mit dem Kapitalismus zu tun, mit dem Wunsch, sich ständig zu verbessern. «Ich schliesse mich mit ein, da ich selbst sehr ehrgeizig bin.» Sie finde aber, man müsse dieses Leistungsstreben hinterfragen, sonst mache es krank. Auch das bereits beim Yoga aufgenommene Thema der kulturellen Aneignung kommt wieder aufs Tapet. Astrologie stammt ursprünglich aus Ägypten und Indien. Die Frage, wie der Westen sie sich unter den Nagel gerissen und kapitalisiert hat, interessiert die Künstlerin. «Als die Briten Indien kolonisierten, verboten sie die Astrologie, weil sie eine spirituelle Praxis war, die sie sich nicht erklären konnten.» Später hätten westliche Intellektuelle die Sternenkunde romantisiert, etwa während einer frühen NewAge-Bewegung in den Zwanzigerjahren. Sei es das Schwingen oder die Astrologie – Heusser wendet sich oft alltäglichen Phänomenen zu, um grössere gesellschaftliche Themen

zu verhandeln. Inspiration findet sie dabei auch in ihrer Praxis für Komplementärmedizin, die sie in Basel führt. «Ich arbeite mit Körpertherapie, was meine künstlerische Arbeit bereichert.» Durch die Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen verstehe sie, was die Menschen beschäftige. Ihr selbst ist es wichtig, Kunst zu machen, die berührt und die zugänglich ist. Ihr Studium an der HKB schätzt sie sehr. «Ich fühle mich frei, die Kurse zu besuchen, die mich inspirieren und mich auf meinem Weg weiterbringen.» Sie werde dabei unterstützt, ihre eigene Identität zu finden. Wenn sie sich etwas wünschen könnte? «Ich fände es cool, wenn es eine Kantine am Zikadenweg gäbe, für noch mehr Begegnungen.» Text: Helen Lagger (*) (*) Helen Lagger studierte Kunstgeschichte, Journalismus und deutsche Literatur in Freiburg und Paris. Sie schreibt für verschiedene Zeitungen in Bern.

Absolvent*in im Fokus

Benjamin Sunarjo Der Performance-Künstler, Umweltwissenschaftler und Tänzer Benjamin Sunarjo beschäftigt sich in seinen Stücken mit dem Thema Identität und lenkt mit feinen Interaktionen den Blick auf das Alltägliche. Wähle einen Ort, der deine Aufmerksamkeit erregt – so lautet die erste Aufforderung einer Gebrauchsanweisung zur Performance «Three studies for porous structures» (2018) des Künstlers Benjamin Sunarjo. Auf die Muster und Strukturen dieses Ortes soll man schliesslich eingehen, seine eigene Aktion gestalten. Diese Performance im öffentlichen Raum hat Sunarjo während seiner Masterarbeit im Studiengang «Contemporary Arts Practice» an der HKB entwickelt. Er selbst performte auf dem Bahnhofplatz in Biel, wo er mit einer minimalen Geste für Irritation sorgte: Er ging langsam rückwärts. «Manche Leute kamen und schauten, andere nahmen mich gar nicht wahr.» Es ist der Blick auf das Alltägliche, der Sunarjo zu seinen Choreografien inspiriert. Vor seinem Studium an der HKB hat er in London an der Trinity Laban Dance Faculty Tanz studiert. Doch es war nicht ganz das Richtige für ihn. «Die Abstraktion und das Denken haben mir gefehlt.» Als klassischer Tänzer bewege man sich in einem klar festgelegten Framing, bestehend aus Bühne und Zuschauenden. «Mich interessiert es jedoch, die Struktur und das Medium selbst zu hinterfragen.» Ausserdem sei er immer der Schlechteste in der Ballettklasse gewesen, gibt er lachend zu. Als Performer treiben ihn Fragen der Identität um. «Meine Stücke haben immer etwas Autobiografisches.» Sunarjo, dessen Vater Indonesier und dessen Mutter Schweizerin ist, ist in Westpapua aufgewachsen. Sein Vater, ein Linguist, betrieb auf der Insel, auf der es über 800 Sprachen gibt, Feldforschung. «Ich wuchs dreisprachig – mit Englisch, Deutsch und Indonesisch – und mit drei Geschwistern auf.» Als 18-Jähriger kehrte Sunarjo in die Schweiz zurück und entschied sich für ein Studium der Umweltwissenschaften an der ETH Zürich. Nachdem er dieses abgeschlossen hatte, arbeitete er während eines Jahres als

Wissenschaftler in einem Beratungsbüro. «Es war nicht mein Ding, die Interaktion mit Menschen hat mir gefehlt», so der Performer, der es nicht bereut, sich für die Kunst entschieden zu haben. «Du kannst dabei gross denken.» Umweltthemen liegen ihm allerdings immer noch am Herzen. «Kunst kann neue Vorstellungen des Zusammenlebens entwickeln», ist er überzeugt und verfolgt mit Spannung die neuen Diskurse rund um Posthumanismus oder philosophische Ansätze, die danach fragen, ob nicht nur Tiere, sondern auch Berge Rechte haben sollte. Die Kultur Indonesiens hat ihn zu einer besonderen Performance inspiriert. So hat Sunarjo ein Stück entwickelt, bei dem er sich von traditionellen javanischen Tänzen inspirieren liess. Die Stellung der Hände und Finger spiele dabei eine grosse Rolle. «Ich habe das traditionelle Vokabular aufgegriffen und etwas Neues daraus gemacht», so der 38-Jährige, der in Indonesien während längerer Aufenthalte Kontakte zur dortigen Kunst- und Tanzszene geknüpft

Foto: Janosch Abel

hat, sich aber ein Leben dort nicht mehr vorstellen kann. Der Grösste von allen Sich nicht nur auf ein Medium zu beschränken, ist Sunarjo wichtig. Als Vorbild in diesem Sinne bezeichnet er den US-amerikanischen experimentellen Tänzer Steve Paxton, der in den Sechzigerjahren eine Form von Kunstsport entwickelte und stets auch mit bildenden Künstler*innen zusammenarbeitete. Berührungsängste mit anderen Bereichen, die man nicht unmittelbar mit Tanz in Verbindung bringt, kennt Sunarjo nicht. So widmete er mit «A kick in the teeth 2» (2020) dem Basketballspieler Earl Manigault (1944–1998) eine Performance, wobei er Originaltonaufnahmen von Interviews und Medienberichten zusammenschnitt und als Tonkulisse verwendete, während er das Ballspiel des Ausnahmetalents in Slow Motion nachspielte. Manigault trug den Spitznamen «The Goat», was für «the

greatest of all times» – den Grössten aller Zeiten – steht. Tatsächlich scheiterte der Spieler aufgrund seiner Drogensucht und schaffte es nie in die National Basketball Association (NBA). Vielmehr musste er eine Haftstrafe absitzen. Wieder auf freiem Fuss, engagierte er sich als Sozialarbeiter in Harlem, um Jugendliche vor seinem Schicksal zu bewahren, bevor er mit nur 54 Jahren an einem Herzinfarkt verstarb. Basketball, auf der Strasse gespielt, sei eine gute Art der Integration, so Sunarjo. «Mein Bruder ist Präsident des Bieler Basketballvereins, wo die unterschiedlichsten Sprachen und Kulturen aufeinandertreffen», so der Tänzer, der diesen Sport für sich bereits als Jugendlicher in Indonesien entdeckte. Selfies machen Das Soziale und Partizipative nutzt Sunarjo auch in einem Kulturvermittlungsprojekt in Nidau, das er gemeinsam mit einem Fotografen leitet. Die 14-jährigen Schüler*innen werden angeleitet, Selfies von sich zu machen. «Wir zeigen ihnen technische Kniffe, fordern sie aber auch auf, sich von den Normen, die auf Social Media herrschen, zu lösen.» Dazu ziehen die beiden auch Porträts aus der Kunstgeschichte bei, die den Teilnehmenden als Inspiration bei der Selbstinszenierung dienen sollen. Kunstvermittelnd wirkt Sunarjo auch in seiner Rolle als diesjähriger Direktor des Festivals ACT, das es bereits seit 20 Jahren gibt. Während dreier Tage fungiert der in verschiedenen Städten der Schweiz stattfindende Anlass als Plattform für Studierende von Schweizer Kunsthochschulen, um performative Projekte zu realisieren. «Wer performen will, kann mitmachen», so Sunarjo. In seiner Wahlheimat Biel gefallen ihm die Zweisprachigkeit und die Offenheit. «Die Stadt ist farbiger als Bern.» So sehe er hier manchmal Szenen, die für die Schweiz eher untypisch seien. Zum Beispiel einen Typen im Pyjama mit einem Flachbildschirm unter dem Arm, der über den Zentralplatz schlurft. Was für eine Performance! Text: Helen Lagger


Rückblick

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HKB-ZEITUNG

JUNI 2022

HKB-Musikstudierende am Festival Amplitudes in La Chaux-de-Fonds

Fotos: Pablo Fernandez

Das Ensemble Vertigo der HKB spielte side-byside mit Camerata Ataremac unter der Leitung von Peter Rundel zur Eröffnung des Festivals in La Chaux-de-Fonds. Die erste Konzerthälfte wurde kammermusikalisch und solistisch bestritten vom international renommierten Ensemble Quartett Nikel, zu dem mit Brian Archinal (Schlagzeug) und Antoine Françoise (Klavier) zwei HKB-Dozenten gehören. Was für eine Präsenz der HKB auf allen Ebenen, und dies als Live-Übertragung am Westschweizer Radio. Die Komponistin Sarah Nemtsov stand dieses Jahr im Mittelpunkt des monographischen Festivals. Ihre Musik, die in den letzten

Jahren zunehmend und erfolgreich auf internationalen Bühnen aufgeführt wird, ist geprägt durch schwebende Klangflächen, der Improvisation entlehnten rhythmischen Entwicklungen und Zuspitzungen und einer reduzierten Melodik. Damit integriert sie gekonnt bis routiniert die grosse Palette spieltechnischer und auch elektronischer Neuerungen der neuen Musik der letzten fünfzig Jahre. Es ist eine Musik, die ganz auf die Kraft des Klanges setzt. Dazu gehören auch begleitende Elemente der Performance, so zum Beispiel Gesten, Geräusche fallender Gegenstände oder pragmatisch Notwendigkeiten wie das Wenden der Notenseiten. Vieles fügt sich zu einem leichten Ganzen.

Für die Studierenden der HKB ist diese Begegnung mit den aktuellsten Strömungen der neuen Musik eine Chance, weit über den Tellerrand der klassischen Musikausbildung hinauszublicken. Es ist überraschend, mit welcher Selbstverständlichkeit sie sich in neue Klangwelten werfen und fordernden Situationen aussetzen. Der Fachbereich HKB Musik legt grossen Wert auf Kooperationen solcher Art, es sind wichtige und prägende Gelegenheiten für unsere Studierenden, am Festival- und Musikbetrieb unter professionellen Bedingungen teilzuhaben. Ein grosser Dank geht deshalb ans Festival und den Dirigenten Peter Rundel.

Text: Patrick Jüdt (*) (*) Patrick Jüdt ist Dozent für Viola an der HKB und hat im genannten Projekt die Studierenden begleitet.

Ins Konzert reinhören und weitere Bilder sehen: hkb-musik.ch/amplitudes22.


JUNI 2022

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25 Jahre jung – BFH bewegt

HKB-ZEITUNG

Gesellschaft, Wirtschaft, Industrie, Kultur und Menschen. Im Hörsaal, im Labor, im Leben. Lesen Sie Fakten aus 25 Jahren BFH, hören Sie Stimmen von Absolvent*innen. Erfahren Sie, was die BFH im 2022 bewegt und markieren Sie geplante Highlights in Ihrem Kalender. bfh.ch/25-Jahre

FRIBOURG/CH

Lorna Simpson, Haze, 2019, Ink and screenprint on gessoed fiberglass, Unique, 274.3 × 243.8 × 3.5 cm / 108 × 96 × 1 ³⁄₈ inches © Lorna Simpson, Courtesy the artist and Hauser & Wirth, Photo: James Wang

BELLUARD BOLLWERK

23.6.– 2.7.22

BELLUARD BOLLWERK

23.6.– 2.7.22

HAZE LORNA SIMPSON 21.5. – 14.8.2022

FREIBURG/CH


Eine HKB-Dienstleistung stellt sich vor

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Claudia Kühne ist Cellistin, Regisseurin, Kulturmanagerin und Performerin. Sie leitet die Agentur KULT. Seit 2021 ist Kühne zudem für die HKB Synapse – ein Kompetenzzentrum für Künste in der Gesellschaft – zuständig.

Das Tzupati Orchestra ist am Abheben – unterstützt durch KULT. Neben vielen anderen vermittelten Konzerten traten sie beispielsweise 2019 am Berner Kantonaltag an der Fête des Vignerons auf. Hier spielen sie an den Musikfestwochen 2021 in Winterthur. Foto: Samuel Bosshardt

Allgemeines → Die Studierendenagentur der Hochschule der Künste Bern KULT vermittelt Studierende für künstlerische Dienstleistungen. → Von musikalischen Beiträgen aller Stilrichtungen (Jazz, Klassik, Oper, Pop u.a.) für Feste und Anlässe über theatrale Auftritte bis Lesungen mit jungen Autor*innen ist beinahe alles möglich. → Auch inklusive Workshops mit Musik- und Kunstvermittler*innen organisieren wir. Angebot für Kund*innen → Vermittlung von herausragenden Studierenden für künstlerische Dienstleistungen, besonders aus den Bereichen Musik, Theater, Performance und Literatur → unzählige Live-Angebote, aber auch digitale und analoge Formate → künstlerische Betreuung und Mandate für Projekte und Konzertreihen → Angebote der Kultur-, Tanz- und Musikvermittlung → faire und transparente Konditionen → Möglichkeit, junge Künstler*innen zu fördern → Erfahrung aus durchschnittlich 200 vermittelten Engagements pro Jahr Angebot für Studierende → Beratung ihres künstlerischen Dossiers → Praxiserfahrungen → faire Gagen → soziale Sicherheit im Rahmen ihrer Tätigkeit → Unterstützung im Aufbau eines beruflichen Netzwerks

Weitere Informationen hkb.bfh.ch/kult Kontakt KULT Studierendenagentur Hochschule der Künste Bern Ostermundigenstrasse 103 3006 Bern + 41 31 848 39 75 kult@hkb.bfh.ch

Claudia Kühne im Gespräch mit Dejan Škundrić, Akkordeonist und Student an der HKB Woher kennst du die KULT-Studierendenagentur und was war deine Motivation, dich bei uns zu bewerben? Die Agentur wurde mir von meinen Mitstudierenden empfohlen. Mir ist es sehr wichtig, dass ich während des Studiums mein eigenes Geld verdiene und mir hier ein Netzwerk aufbaue. Als ich mich 2018 bewarb, war ich ganz neu in der Schweiz und ich hatte kurz darauf meinen ersten Soloauftritt hier, vermittelt über KULT – und war sehr aufgeregt. Ich konnte noch nicht gut Deutsch sprechen und hatte Respekt vor den neuen Auftrittserfahrungen. Das Schweizer Publikum ist etwas anders als das in meiner Heimat Serbien, es wünscht sich andere Musik und ist doch sehr offen für verschiedene Stile. Du fandest in den vergangenen Jahren viele Engagements dank KULT. Oft fragen dich Kund*innen auch wiederholt an. Wie erklärst du dir das? Zuerst einmal ist es wichtig, zu realisieren, dass die Engagements bei KULT meistens Feierlichkeiten betreffen. Ob dies nun eine Preisverleihung, ein Privatfest oder eine Diplomfeier ist – oft werden diese monatelang geplant und organisiert. Wenn ich an einem solchen Anlass spielen kann, gebe ich dabei alles und bereite mich perfekt vor. Denn ich weiss: Diese Menschen haben viel für die nächsten ein bis zwei Stunden investiert. Ich überlege genau, in welchem Kontext ich mich befinde und welche Musik dazu passt, aber auch welche Kleidung. Meist ergibt sich im Anschluss die Möglichkeit, mit den Anwesenden zu sprechen. Jeder Anlass ist einzigartig, hat ein besonderes Publikum, einen speziellen Raum und einen eigenen Rahmen; das interessiert mich sehr. Und ich möchte deshalb immer in Kontakt treten, mich unterhalten und neue Menschen kennenlernen. Die Menschen interessieren sich meist ebenso sehr für uns Musiker*innen und möchten mehr darüber wissen, wie wir leben, arbeiten und studieren. Dieser Austausch, ob er nun mit BFH-Studierenden an einer Diplomfeier oder mit Wissenschaftler*innen oder Menschen aus der Politik stattfindet, ist für mich fast genauso wichtig wie der musikalische Teil. Wir Musiker*innen sollten über den eigenen Tellerrand schauen und uns mit unserem Publikum unterhalten. Das erweitert nicht nur den Horizont, sondern gibt auch wichtige Feedbacks zu unserer Musik. Wie hat sich dein Profil als vielseitiger Musiker durch KULT weiterentwickelt? Ich bin glücklicherweise in Serbien mit Weltmusik aufgewachsen, das Wechseln zwischen

Stilen fällt mir also sehr leicht. Aber ich konnte durch KULT viele zusätzliche Erfahrungen sammeln. Durch die Engagements erhielt ich viel Bühnenerfahrung und konnte einen Teil meines Lebensunterhalts verdienen. Ich lernte, besser Deutsch zu sprechen, und es fiel mir immer leichter, auf Menschen zuzugehen. Zudem spielte ich in den verschiedensten Zusammensetzungen und konnte in den unterschiedlichsten Sälen in und um Bern auftreten. So fand ich neue Kolleg*innen und ein sehr grosses Netzwerk von Menschen, die mir teils bis heute freundschaftlich wie beruflich verbunden sind. Welche Tipps hast du für Studierende im Hinblick auf die KULT-Studierendenagentur? Wie können sie erfolgreich vermittelt werden? Wichtig ist, dass Studierende die Engagements professionell angehen, zuverlässig sind und sich sehr gut vorbereiten. Wichtig ist auch, dass sie stilistische Offenheit mitbringen und sich darauf einlassen, in unterschiedlichen Ensembles zu spielen. Denn so haben sie die Möglichkeit, sich künstlerisch weiterzuentwickeln, und es wird für sie spannend. Ausserdem ist es sicher nötig, gutes Demomaterial zu haben, damit sie vermittelt werden können. Wenn die Studierenden kommunikativ sind, sollten sie unbedingt den Anlass dazu nutzen, sich mit ihrem Publikum auf Augenhöhe zu unterhalten – denn dann profitieren sie am meisten.

Dejan Škundrić ist 23 Jahre alt und studiert im 4. Semester im Master of Arts in Music Pedagogy. Er ist Preisträger nationaler und internationaler Wettbewerbe als Solist wie auch als Kammermusiker. Neben seinem Studium unterrichtet er Akkordeon an den Musikschulen Luzern und Region Gürbetal und spielt in verschiedenen Ensembles.

HKB-ZEITUNG

KULT – diese hochschulinterne Kulturagentur ist bislang einzigartig in der Schweiz: Sie vermittelt Studierende der HKB, besonders aus den Bereichen Musik, Theater, Performance, Rhythmik und Literatur, für Anlässe aller Art. Die Agentur gibt es seit 2004. Sie ist spezialisiert darauf, für feierliche Anlässe passende künstlerische Darbietungen anzubieten und in besonderen Fällen auch in Zusammenarbeit mit den Studiengängen massgeschneidert zu konzipieren. Von Apéros und Diplomfeiern über diplomatische Anlässe, Festivals, Workshops bis Jungfernfahrten von Zügen: KULT ist vielspurig. Im Gegensatz zur klassischen Künstler*innen-Agentur bieten wir als Studierendenagentur ein stetig wechselndes Angebot, das geprägt ist von unseren aktuellen Studierenden mit ihren Bands, Ensembles und Projekten. So können wir auf Anfragen sehr flexibel reagieren. Wir übernehmen auch künstlerische Mandate und die Programmierung von Kulturreihen – zum Beispiel am diesjährigen Berner Stadtfest Ende Juni. Dann werden, organisiert durch KULT-Mitarbeiter Nicolas Wolf, das Bern Art Ensemble (Jazzstudierende und Dozent Django Bates) und das Klassikquartett Eos auf Bundes- und Waisenhausplatz zu hören sein. Mit KULT fördert die HKB auf direkte Weise die Berufspraxis ihrer Studierenden, welche so Auftrittserfahrungen sammeln und gleichzeitig ihr Studium mitfinanzieren können. KULT steht ein für faire Gagen, klärt auf, steckt transparent alle Rahmenbedingungen ab und berät die vielseitig interessierte Kundschaft bezüglich der künstlerischen Auswahl. Die Agentur übernimmt neben der Beratung auch die Buchung und die Vertragsabwicklung sowie die Anstellung der HKB-Studierenden für die erfolgreiche Durchführung der künstlerischen Dienstleistungen. Um ein passendes Angebot machen zu können, muss der Rahmen einer Veranstaltung abgesteckt werden: wo, wann, wie lange, welche Sparte, im Hintergrund oder Mittelpunkt, aus dem Repertoire oder massgeschneidert, mit welchem Kostendach? Sobald diese Bedingungen geklärt sind, werden persönlich und spezifisch zugeschnittene Vorschläge gemacht, Links zu Videos oder Streamings sowie weitere Informationen zu den Künstler*innen an die Auftraggebenden versendet. Nach Auswahl durch die Kundschaft wird die Verfügbarkeit geklärt – und bei positivem Bescheid werden die Verträge erstellt und versendet. Nach dem Engagement werden die Rechnungen gestellt und die Gagen über die BFH ausgezahlt. Abschliessend erfolgt ein Feedback an die Studierenden. Wer selbst erlebt hat, wie wackelig sich der Boden ausserhalb des geschützten Rahmens einer Kunsthochschule anfühlen kann, weiss: Es gilt, bereits während des Studiums ein Netzwerk aufzubauen, bereits im Studium Fragen nach dem Zielpublikum zu stellen und das eigene Profil zu erweitern und zu schärfen. Genau darin unterstützt die KULT-Studierendenagentur Musik-, Theaterund Vermittlungsstudierenden. Besonders im performativen Bereich geschieht nach zwei Jahren Pandemie nun vieles wieder live. Während der letzten zwei Jahre wurden aber auch neue analoge und digitale Formate entwickelt, getestet und erfolgreich durchgeführt. Diese ermöglichen es Menschen mit Beeinträchtigungen oder in besonderen Lebenslagen, ebenfalls am Kulturleben teilzunehmen. Für die Kundschaft von KULT lohnt es sich – sie kann mitgestalten, erlebt einzigartige Zugänge zur Kultur, fördert den Nachwuchs und kann zu einem lebendigen und nachhaltigen Kulturleben in der Schweiz beitragen. Und auch die Studierenden können die «Wirksamkeit» ihrer Ausdruckskraft am Publikum messen und sich mit diesem im Anschluss austauschen.

JUNI 2022

KULT – die Studierendenagentur


HKB-ZEITUNG

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OUT NOW!

Schaufenster – Arbeiten aus der HKB: Ab sofort kann man es durchblättern, das neue, wachsende Archiv von Studierenden-Arbeiten aus dem Studiengang Visuelle Kommunikation: viskom.study. Gestaltet von Adeline Mollard und programmiert von Grischa Erbe, zeigt es diverse Projekte und Lehrformate aus dem Studium – ein digitales Gedächtnis und Schaufenster nach Aussen in die Welt. Hello world.


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