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Der Wandel vom Vakanz- zum Talentfokus erscheint aus der Perspektive des klassischen Personalmanagements aber auch herausfordernd. In diesem Sinne werden vorhandene Studien kritisch reflektiert und es wird deutlich, dass diese den Kriterien einer quantitativ fundierten Empirie oftmals nicht genügen. Auf dieser Basis werden Einordnungen vorgenommen und Entscheidungs- und Vorgehenshinweise für Organisationen gegeben. Es sind weniger klare handlungsleitende Empfehlungen zu finden und –anders als im vorangegangenen Abschnitt –wird stärker auf Grenzen und Probleme hingewiesen.
So wird kritisiert, dass gerade die Herausarbeitung der „ Einzigartigkeit“ bei 3.6 Millionen Unternehmen in Deutschland eine Herausforderung sei (S. 144). Allerdings geht es bei der Forderung nach Einzigartigkeit im Sinne des Employer Brandings weniger darum, sich von den jeweils anderen 3.6 Millionen abzuheben, sondern vielmehr von den Mitbewerbenden, die sich um die gleichen Arbeitnehmenden bewerben wie die eigene Organisation (Trost, 2012). Hier erfolgt eine Pauschalisierung, die exemplarisch aufzeigt, dass aus Perspektive der traditionellen Personalpsychologie zur Rekrutierung und Bindung von Mitarbeitenden dem Thema Employer Branding mit viel Skepsis begegnet wird. Erstaunlich ist ebenfalls, dass die Employee Value Proposition im Rahmen der Arbeitgebermarke nur implizit angesprochen wird (Barrow & Mosley, 2005). Als Methoden des Employer Brandings werden Imageanzeigen und Broschüren, Sponsoring etc. genannt, diese sind allerdings eher Methoden der Umsetzung des entwickelten Employer Brands.
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Die Bedeutung des Internal Brandings für die Bindung von Mitarbeitenden leitet der Abschnitt Mitarbeiterbindung ein. Sehr wichtig ist hier die Betonung, dass im Rahmen des Brandings keine Versprechen gemacht werden dürfen, die nicht im organisationalen Alltag eingehalten werden können. Die Grundlagen und Maßnahmen zur Bindung von Mitarbeitenden werden auf Basis bekannter und fundierter Konzepte wie Arbeitszufriedenheit, Commitment, Arbeitsbedingungen und Führung klar und nachvollziehbar dargestellt. Angesichts der Herausforderungen der Gewinnung und Bindung von Mitarbeitenden ist es wichtig, dass die früher häufig getrennten Themen Rekrutierung und Retention in einem Zusammenhang gesehen und nicht als voneinander isoliert betrachtet werden (Gilani & Cunningham, 2017). Aus dieser Perspektive ergibt die Einordnung des Employer Branding als Bindeglied zwischen Personalmarketing und Mitarbeitendenbindung von Kanning Sinn, da in diesem Buch die Personalauswahl als Teil des Personalmarketings positioniert wird. Aus Perspektive eines strategischen Human Ressource Managements, das die Wertschöpfungsprozesse des HR für die Organisation in den Fokus rückt, ist ein stärker holistischer Ansatz, der Employer Branding als Teil eines ganzheitlichen Prozesses des Talent Akquisition betrachtet, jedoch wünschenswert.
Grundsätzlich ist das Buch sehr gut für Einsteigende in die Thematik geeignet, da die Hintergründe sehr ausführlich und praxisnah erläutert werden. Für Personen, die im Themengebiet schon breite Kenntnisse haben, können einige Erläuterungen etwas zu ausführlich und zu sehr auf Basisniveau sein. Sehr verdienstvoll ist die breite Auseinandersetzung und Darstellung empirischer Studien, gerade im Bereich des Employer Brandings und das Aufzeigen der Forschungslücken. Diese Verankerung im psychologisch fundierten Personalmanagement stellt gleichzeitig auch eine Schwäche des Buches dar. In strategisch orientierten HR-Abteilungen werden die Herausforderungen sehr viel stärker hinsichtlich Konzepten wie Active Sourcing, Social Media Recruiting, Candidate Experience, 1-Click Bewerbungen, Gamification etc. besprochen (z. B. Weitzel et al., 2017). Kanning tönt diese Ansätze nur sehr spärlich aufS. 77ff. unter der Überschrift E-Recruiting an, indem er Studien zitiert, die aussagen, dass die meisten Bewerbenden sich immer noch auf klassischen Jobportalen informieren würden. Wie exemplarisch Arthur et al. (2017) zeigen, hat sich diese Realität in den vergangenen Jahren stark geändert und wird dies weiter tun.
Insgesamt ein Buch, dass in verdienstvoller Weise die psychologisch fundierte Basis für Personalauswahl und Mitarbeitendenbindung herleitet und für Praktiker/innen zugänglich macht. Die Verbindung zum Employer Branding mit seiner Herkunft aus dem Marketing wird dabei gründlich aus psychologischer Perspektive reflektiert, ein möglicher Nutzen aufgezeigt und gleichzeitig auf vorhandene Forschungslücken hingewiesen. Seinem Anspruch, aktuelle Trends des Human Resource Managements aufzuzeigen wird das Buch allerdings kaum gerecht, da diese nur am Rande oder gar nicht erwähnt werden (z. B. Active Sourcing und Social Media). Wenn neue Trends aufgegriffen werden, dann eher mit Skepsis und so stellt sich eine Distanz zur aktuellen strategisch ausgerichteten Praxis des HRM in Organisationen ein.
Literatur
Ambler, T. & Barrow, S. (1996). The employer brand. Journal of
Brand Management, 4, 1 85 –206. Arthur, W. J., Doverspike, D., Kinney, T. B. & O’Connel, M. (2017).
The impact of emerging technologies on selection models and research: Mobile devices and gamification as exemplars. In J. Farr, L&N. T. Tippins (Eds.), Handbook of employee selection.
New York, NY: Routledge. Barrow, S. & Mosley, R. (2005). The employer brand. Chichester,
UK: John Wiley & Sons.