Hahn 2014f notizen zur umwertung der werte

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I N G A K L E I N , SONJA W I N D M Ü L L E R ( H G . )

Kultur der Ökonomie Zur M a t e r i a l i t ä t und P e r f o r m a n z d e s W i r t s c h a f t l i c h e n


Inhalt

Kultur(en) der Ö k o n o m i e . E i n l e i t e n d e s

Inga Klein und Sonja Windmüller | 7 Notizen zur Umwertung der Werte. Perspektiven auf ö k o n o m i s c h e K o n z e p t e im interdisziplinären D i s k u r s

Hans Peter Hahn | 17 Neutralisierung der Ränder. Prämonetärer T a u s c h bei Karl Polanyi u n d R a y m o n d Firth

Anna Echterhölter | 37 R h y t h m e n (in) d e r Ö k o n o m i e . Kulturanalytische S c h l a g l i c h t e r auf eine Denk- und Praxisfigur

Sonja Windmüller | 57 Von der Schalterhalle z u m E r l e b n i s b a n k i n g . Eine k u l t u r w i s s e n s c h a f t l i c h e P e r s p e k t i v e auf die V e r ä n d e r u n g des Bankwesens durch den Geldautomaten

Sophia Booz | 81 Entstörungstechniken. Falschgeldprävention a u s kulturwissenschaftlicher Perspektive

Il-Tschimg L i m | 97 » F a k e i t 'til y o u m a k e it« Narrative u n d P r a k t i k e n d e s Ö k o n o m i s c h e n i n der H o c h s t a p e l e i

Inga Klein | 111 »Mehr b r a u c h t ' s j a n i c h t . « Kapitalsorten u n d ihre K o n v e r t i e r u n g

Silke Meyer | 131 Warum wir h a n d e l n

Michael Oliva Córdoba und Rolf W. Puster | 149


Hafenarbeit im M u s e u m . Verflechtungen von Kultur und Ö k o n o m i e am

Beispiel

Hafenmuseum

Hamburg

Janine Schemmer | 155 S t a n d a r d s und die Herstellung d e s Ö k o n o m i s c h e n . Am Beispiel geschützter Herkunftsangaben für regionale L e b e n s m i t t e l p r o d u k t e

Gisela Welz | 175 Zwischen Glasperlenspiel- und Ingenieurssemantiken. Diskursanalytische Untersuchungen zur Hegemonie neoklassischer W i s s e n s c h a f t s k u l t u r n a c h 1945

Hanno Pähl | 191 Die >(Wirtschafts-)Krisen< v o n 1966/67 u n d 1973-75. Annäherungen aus historisch-semantischer Perspektive

Kristoffer Klammer | 215 Das Politische als >konstitutives Außen< d e s Ökonomischen. G r e n z z i e h u n g e n z w i s c h e n > W i r t s c h a f t < u n d >Politik< in historischer Perspektive

Stefan Scholl | 235 Bestätigende und herausfordernde Impulse in der kokreativen Interaktion. Kokreative W e r t s c h ö p f u n g unter d e n B e d i n g u n g e n von Koopetition

am

Beispiel

der

I d e e n p l a t t f o r m jovoto

Nadja Marlene Antoine und Holger Gerhardt | 259 Hoffnung a l s ö k o n o m i s c h e r Affekt

Urs Stäheli | 283 Autorinnen und Autoren

| 301


Notizen zur Umwertung der Werte Perspektiven auf ökonomische Konzepte im interdisziplinären Diskurs

H A N S

P E T E R

H A H N

EINLEITUNG Ohne Zweifel muss die Wirtschaftsethnologie aus heutiger Sicht als ein marginaler Bereich der Ethnologie gelten. Dennoch hat dieses Forschungsfeld in bestimmten Momenten eine überraschende, vielleicht sogar eigenwillige Konjunktur. Immer dann nämlich, wenn Ökonomen, Finanz Wissenschaftler und Betriebswirte nicht mehr weiter wissen und die »Wirtschaftskrise« allen vor Augen steht, erwacht auch das Interesse an einer Anthropologie des wirtschaftlichen Handelns. Alternative 1

Modelle des Wirtschaftens aus aller Welt und auch aus vergangenen historischen Epochen werden dann begierig aufgegriffen und daraufhin geprüft, ob sie nicht einen Beitrag zur Lösung der eigenen gegenwärtigen Probleme liefern könnten. Boomt hingegen die Wirtschaft, so werden die Erkenntnisse der Ethnologen im Hinblick auf ökonomische Strukturen und das Handeln in diesem Kontext nicht zur Kenntnis genommen oder gar belächelt. Es soll in diesem Beitrag um einige Probleme ethnologischer Forschung im Bereich der Ökonomie gehen, die im Kontext eines interdisziplinären Projektes unter der Beteiligung von Ethnologie und Archäologie entstanden sind. Den Ausgangspunkt soll zunächst eine knappe Skizze der Wirtschaftsethnologie darstellen, so wie sie in diesem Projekt zum Tragen kommt und sich auch als praktikable Grundlage der interdisziplinären Arbeit erwiesen hat. Im Anschluss daran sollen zwei Beispiele herausgegriffen werden, nämlich Theorien zur Entstehung des Geldes und wider-

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Vgl. dazu Forschung Frankfurt, www.forschung-frankfurt.uni-frankfurt.de/43081494/ FoFra-2012_02web.pdf.


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streitende Definitionen von »Wert«. Diese Beispiele werden zeigen, wie problematisch heute der Dialog zwischen den Kulturwissenschaften - hier in Gestalt der Archäologie und der Ethnologie - und der Ökonomie insgesamt ist.

K N A P P E S K I Z Z E DER WIRTSCHAFTSETHNOLOGIE Wirtschaftsethnologie gehörte in der Periode der Entstehung des Faches zu den »großen«, den klassischen Domänen der Ethnologie. Es ist ohne weiteres möglich, Karl Marx oder sogar Adam Smith als die ersten Wirtschaftsethnologen zu bezeichnen. Die Werke dieser beiden »Nationalökonomen« basieren ganz grundsätzlich auf Beobachtungen eines breiten Spektrums an Wirtschaftsweisen in aller Welt. Natürlich war Karl Marx auch Evolutionist und verstand die Entwicklung der Wirtschaftsformen als eine Reihe aufsteigender Komplexität und auch zunehmender Effizienz. Zu den wichtigsten Proponenten einer marxistisch beeinflussten Perspektive auf die Ökonomie gehört heute unter anderen der Ethnologe Keith Hart (Hann/Hart 2011: 27-29). A u f der Basis des Konzepts der Evolution von Gesellschaften definierten Marx und seine marxistisch inspirierten Nachfolger eine Entwicklungsreihe mit Stufen immer differenzierterer Ökonomien, bei denen die Verfügung über Produktionsmittel immer weiter beschränkt ist. Das Ergebnis ist im Grunde eine Universalgeschichte der Ökonomie, wie sie zu jener Zeit in ähnlicher Form auch als Weltgeschichte der Verwandtschaftsordnungen (Morgan 1908 [1877]) oder der technologischen Entwicklungen vorgestellt wurde.

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Die im ganzen 19. Jahrhundert von verschiedenen Wissenschaftlern immer wieder aufgegriffene Idee einer Weltgeschichte umfasst ganz explizit auch die Ökonomie im engeren Sinne und auch die Wirtschaftsethnologie, so wie sie heute verstanden wird. Die gerade in den deutschsprachigen Ländern zu jener Zeit weithin anerkannte Tradition der »Nationalökonomie« begriff sich als historische Wissenschaft; Geschichte war mithin der übergeordnete Begriff, der westliche (»moderne«) und andere Ökonomien untrennbar miteinander verband (Schefold 1992, 2009). Als letzter prominenter Vertreter dieser Einheit von Geschichte und Ökonomie wäre Max Weber zu bezeichnen, der ja zunächst einen Lehrstuhl für Nationalökonomie innehatte (Weber 1972 [1921]). Im Kontext der im eigentlichen Sinne erst später, nämlich im 20. Jahrhundert, entstehenden Wirtschaftsethnologie müssen die Konsequenzen der evolutionären

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Ein heute noch zu besichtigendes Beispiel einer >Weltgeschichte technischer Entwicklungen< ist das Pitt Rivers Museum. Es trägt bis heute die Handschrift des ersten, evolutionistisch orientierten Kurators Henry Balfour (vgl. Larson 2007).


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marxistischen Theorie als fatal bewertet werden. M i t seiner Perspektive zwang Marx zahlreiche spätere Ethnologen in das Korsett des Evolutionismus. Das gilt auch für jene Zeiten, zu denen der Evolutionismus in der Ethnologie mehrheitlich schon längst abgelehnt wurde. In den Ländern des Sozialismus galt das sogar bis in die jüngste Vergangenheit. In diesem Rahmen drehte sich die Forschung nur um die Frage, an welcher Stelle genau ökonomische, ethnographisch dokumentierte Unterschiede in eine gedachte Stufenleiter der Wirtschaftsformen einzuordnen wären.

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Ein prominentes Beispiel für diese Art der Wirtschaftsethnographie im abgegrenzten Bereich des marxistischen Weltbildes ist die Forschungsarbeit der DDREthnologin Irmgard Sellnow (1961). Der eigentliche Ausgangspunkt der wissenschaftlich heute relevanten Wirtschaftsethnologie ist jedoch der französische Ethnologe Marcel Mauss und dessen Werk über die Gabe (Mauss 1968 [1924]). Mauss richtig zu verstehen bedeutet, vor dem Hintergrund der großen gemeinsamen Tradition von Geschichte und Ökonomie, die Entwicklung der Wirtschaftsethnologie als eine Geschichte des Niedergangs oder des Verlusts zu begreifen. Mauss bildet hier keine Ausnahme. Um seine Argumente und Einsichten auf eine solide Basis zu stellen, musste er an erster Stelle auf einige Konzepte verzichten, die zu seiner Zeit als etabliert galten, die jedoch zugleich als »Erbschaft« bekannter Vorgänger wie Marx, aber auch Emile Dürkheim und Edward Tylor, eher eine Hypothek darstellten (Hahn 2013: 140). Dieser Verzicht ist also eine Befreiung, die wiederum zahlreiche neue Forschungen möglich gemacht hat, wie die aktuelle Resonanz auf die Schriften von Mauss zeigt. So verzichtet Mauss grundsätzlich auf evolutionäre Reihen und unter4

stellt die Gültigkeit der gleichen Gesetze in allen Gesellschaften - in der Vergangenheit wie in der Gegenwart. Das von ihm gefundene Gesetz betrifft die Regeln der Gabe und die drei damit verbundenen Verpflichtungen: Geben, Gaben annehmen und Gaben erwidern. Zu den Konzepten, auf die er auch verzichtet, gehören problematische Kategorien wie profan und sakral oder ökonomisch und sozial. Indem er solche von seinem Onkel und Lehrer Emile Durkheim in den Jahren um

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Ein Beispiel dafür ist die Diskussion über die sogenannten Erntevölker. Gibt es heute ethnographisch beobachtbare Kulturen, die von der Ernte leben, ohne selbst Feldbau zu betreiben? Diese Möglichkeit ist theoretisch relevant, könnte sie doch den Übergang zum Feldbau (»Neolithisierung«) erklären. Sie ist jedoch praktisch ohne Bedeutung, da tatsächlich keine Gesellschaft heute auf diese Weise lebt. Julius Lips glaubte bei bestimmten indianischen Gruppen Nordamerikas diesen Tatbestand gefunden zu haben, und zwar in Form der Ernte von Wildreis (Lips 1953; Treide 2010).

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Hier seien beispielhaft nur drei Veröffentlichungen aus den letzten fünf Jahren genannt: Adloff/Papilloud 2008; Kämpf 2012; Henaff 2013. Einen Überblick über einige ältere ethnologische Theorien, die von Mauss' Klassiker inspiriert sind, gibt Därmann 2010.


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1900 herum entwickelten Kategorien zurückwies, schaffte er den notwendigen Freiraum für präzise ethnographische Analysen. Genau genommen hat Mauss allerdings nicht ethnographisch gearbeitet, sondern philologisch: Neben Ethnographien, die er natürlich auch kannte (z.B. von Malinowski über die Trobriand-Inseln und von Boas über den Potlatch der Kwakiutl), interessierte er sich für Texte und insbesondere alte Gesetzestexte. Es ging ihm um den genauen Wortlaut und um die daraus abzulesenden Regeln des Gebens. Mauss als »Lehnstuhlethnologe« hatte keine Möglichkeit, selbst den von ihm als Zeugen seiner Theorie bemühten Häuptling Tamati Ranaipiri der Maori in Neuseeland zu befragen. Aber er erkannte sehr wohl den Mehrwert der genauen Wiedergabe seiner Worte über den Geist der Gabe, wie zum Beispiel an dem vielzitierten Zitat in seinem Essay festzustellen ist (Mauss 1968 [1924]: 32).

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Es ist kein Zufall, dass Mauss' Werk vielfach missverstanden wurde: So interpretierten es Generationen von Wirtschaftsethnologen als ein Dokument über die Tauschregeln in sogenannten »Gabengesellschaften« (Dalton 1961; Gregory 1982). Diese grob vereinfachende Interpretation könnte auch dadurch motiviert gewesen sein, dass die betreffenden Autoren nicht bereit waren, das letzte Kapitel von Mauss' »Gabe« zur Kenntnis zu nehmen. Dort drückt er nämlich klar aus, dass die von ihm gefundenen Gesetze ebenso bei den Maori wie im Frankreich seiner Zeit gelten. Mauss hat mit der Institution der Gabe ein Fundament gesellschaftlichen Zusammenhalts für alle Gesellschaften erkannt. Die in der Wirtschaftsethnologie so lange aufrecht erhaltene Trennung von Tauschgesellschaften und Warengesellschaften steht mithin im Widerspruch zu Mauss' Thesen (Moebius 2006, 2010). Ökonomie und Soziales sind in Mauss' Werk untrennbar miteinander verbunden, die Vorstellung einer abgetrennten Sphäre des Ökonomischen wäre für ihn ein grundlegender Fehler. Das Gleiche gilt für das Verhältnis von Ökonomie und Religion: Mitunter wurde Mauss' Studie als religionsethnologisches Werk gelesen, weil darin vom »Geist« der Gabe die Rede ist. Tatsächlich kommt Mauss - im Hinblick auf den dominanten Durkheim - aus einem Umfeld, in dem Studien zur Rolle der Religion für die Konstitution der Gesellschaft eine große Rolle spielen (Karsenti 1996). Mauss hat kein Problem mit Aussagen über religiöse Vorstellungen, weil Grenzen zwischen den Arbeitsfeldern der Ethnologie für ihn ohne große Bedeutung sind. Für ihn reicht wirtschaftliches Handeln in die Sphäre der Religion hinein und umgekehrt. Mauss steht am Anfang einer »modernen« Wirtschaftsethnologie, die sowohl auf Evolution verzichtet, als auch die letztlich problematischen Grenzen

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Natürlich macht sich Mauss die Mühe, hier die genaue Quelle anzugeben, nämlich R. Elsdon Best, der im Jahr 1909 ein Gespräch mit Ranaipiri geführt hatte und dieses in einem seiner Werke dokumentierte.


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zwischen sozialen, ökonomischen und religiösen Aspekten einer Gesellschaft überwindet. Der Zeithorizont von Mauss' Forschung ist zudem durch das Ende der schon erwähnten »Nationalökonomie« und damit von dem Ende einer historischen Perspektive auf wirtschaftliches Handeln geprägt. Stellvertretend für viele andere Dokumente, die gewissermaßen im Moment des Untergangs der historischen Perspektive auf das Wirtschaften entstanden sind, sei hier auf das Werk des Wirtschaftshistorikers Karl Polanyi verwiesen. Polanyis fundamentale Studie mit dem Titel The Great Transformation (1977 [1944]) ist auf den ersten Blick zwar als eine historische Studie zu lesen: Es geht um die Veränderung der Regelungen, denen ein Tausch von Gütern unterworfen ist. Polanyis Hauptwerk lässt sich aber als ein Symptom dafür verstehen, dass eine historisch vorgehende »Nationalökonomie« in der Mitte des 20. Jahrhunderts offensichtlich nicht mehr möglich war. Bei Polanyi geht es zunächst um die grundlegende Frage, ob Gesellschaften das wirtschaftliche Handeln selbst bestimmen können. Wenn diese grundlegende Möglichkeit nicht mehr relevant ist, hat das marxistische Prinzip der Klassifikation von Wirtschaftsformen die Oberhand über das Prinzip der historischen Rekonstruktion gewonnen. Die Studie The Great Transformation führt im Grunde eine Dichotomie zwischen der westlichen (»modernen«) Ökonomie und den anderen (bei Polanyi noch: den »Primitiven«) ein (Özveren 2007). Polanyi vereinfacht und schematisiert. Zugleich reduziert er damit die Vielfalt von denkbaren Wirtschaftsweisen, die wenige Jahrzehnte zuvor als historisches Phänomen verstanden und untersucht wurden. Darauf baut eine parallel gelagerte Unterscheidung zwischen »Formalisten« (= die Wirtschaft regelt sich selbst) und »Substantivisten« (= die Wirtschaft ist der gesellschaftlichen Ordnung unterworfen) auf, die deshalb eher als eine Form der Resignation anzusehen ist (Gross 2000). Auf der einen Seite steht das substantivistische, dem Feld der Ethnologie zugeordnete Modell einer Wirtschaft, die den Menschen das Überleben ermöglicht (= Existenzsicherung). Auf der anderen Seite gibt es die formalistische Perspektive, bei der, frei nach Adam Smith und seinem Werk über den »Wohlstand der Nationen«, der Profit als Grundlage des modernen Wirtschaftens akzeptiert wird. Formalismus ist das Prinzip der unsichtbaren Hand, dem 6

zufolge das Streben nach Gewinn universal als Eigenschaft des Menschen definiert ist (Seiser 2009). Polanyis Theorie reduziert die Wirtschaftsethnologie auf zwei einfache Grundmodelle, die sich im Grunde nur noch im Hinblick auf die Frage unterscheiden, welche Rolle Märkte in der Wirtschaftsgeschichte spielen. Sind soge-

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Zugleich ist Adam Smiths geflügeltes Wort von der unsichtbaren Hand bis hin zur Gegenwart immer mehr kritisiert worden (Grampp 2000). Kaum ein Ökonom wird heute noch annehmen, dass die freie, ungeregelte Entfaltung von Märkten der ideale Weg der wirtschaftlichen Entwicklung sei (Suntum 2005).


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nannte »freie Märkte« eine alte Einrichtung? Werden Märkte nicht sehr viel öfter durch Regierungen oder Administrationen kontrolliert? Der problematischen Dichotomie zwischen »Gesellschaften der Kontrolle des Tauschs« einerseits und andererseits »freien Marktgesellschaften« haben sich zahlreiche Wirtschaftsethnologen in den Jahren nach 1950 kritiklos angeschlossen. Prominente und bis heute vielzitierte Autoren der Wirtschaftsethnologie wie Paul Bohannan (1959) und George Dalton (1968) waren offensichtlich Substantivisten. A u f der anderen Seite gab es nur einige wenige Autoren, die als Formalisten für die universelle Regel des Profitstrebens argumentierten. Ethnologen wie Raymond Firth (1967) und Harold K. Schneider (1974) hatten mit ihrem Verweis auf freie Märkte und Gewinnstreben in entlegenen Weltgegenden nur eine deutlich geringere Resonanz (Seiser/Mader 2005). Der Konflikt zwischen Substantivisten und Formalisten dominierte das kurze 20. Jahrhundert und schwächte damit den Einfluss der Wirtschaftsethnologie auf das Fach insgesamt. Das abschließende Argument dieser stark vereinfachenden Skizze der Wirtschaftsethnologie lautet: Beide Seiten waren in diesem Streit betriebsblind; sie bemerkten nicht, auf welche fruchtlose Debatte sie sich eingelassen hatten (Kumoll 2007: 93). In dem Moment, in dem eine historische Argumentation zugunsten einer Dichotomie aufgegeben wurde, war die Glaubwürdigkeit der Fallbeispiele wie ihrer Interpretationen gefährdet. Während in der Ethnologie die substantivistische Perspektive größere Resonanz fand, dominierte in den Wirtschaftswissenschaften die »Neoklassik« und damit die Sichtweise der Formalisten. Aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht mag es gesellschaftliche oder kulturelle Regeln des Tausches zwar geben, aber im besten Fall nur noch als »Inseln« im Ozean rationaler und vom Profitstreben des Einzelnen geprägter ökonomischer Phänomene (Bourdieu 1997). Erst im Moment der Krise hinterfragen Volks- und Betriebswirte ihre eigenen Annahmen über den Homo oeconomicus und die unsichtbare Hand (Zielcke 2013; Lazzarato 2011; Minowitz 2004). Aber auch die andere Seite, die Vertreter der substantivistischen Theorie, hatte an Bedeutung abgenommen; Barry L. Isaac (2005) bezeichnet die Zeit um 1990 als den historischen »Tiefpunkt« dieser Schule, weil sie schon damals von kaum einem Ökonomen noch ernstgenommen wurde. In der 7

zweigeteilten Welt der Wirtschaftsethnologie schienen die ethnographischen Studien ein Refugium einer exotischen (oder: exotisierenden) Sicht auf wirtschaftliches Handeln.

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Die Kritik betrifft allerdings nicht nur die Perspektive von Außen. Auch eingefleischte Substantivisten wiesen auf die Defizite der Dichotomie hin und versuchten die Frage der eingebetteten Wirtschaftsformen neu zu beantworten: nicht mehr »Entweder-oder«, sondern differenzierte Interpretationen, die sowohl Markt als auch Regelung zulassen (Gemici 2007).


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So wie es hier dargestellt wurde, ist die Wirtschaftsethnologie in einer Sackgasse angelangt. Gerade erst von Marcel Mauss aus den Fängen der evolutionistischen Theorie befreit, ist sie in eine problematische Dichotomie verfallen, die letztlich den Dialog mit Ökonomen schwierig, wenn nicht unmöglich gemacht hat. Die auch in der Ethnologie des 19. Jahrhunderts relevante Utopie einer Wissenschaft vom Menschen, die alle Kulturen und Gesellschaften umfasst, ist damit in weite Ferne gerückt (Hahn 2013: 30 ff.). Zwei Strategien sollen im zweiten Teil dieses Beitrags angewendet werden, um die soweit geschilderte Problematik einer reduktionistischen Wahrnehmung von Ökonomie zu überwinden. Zum einen ist es sinnvoll, noch einmal in den wissenschaftsgeschichtlichen Horizont zurückzugehen, während dem die Nationalökonomie von anderen Strömungen abgelöst wurde. Das bedeutet, die Frage nach der Geschichtlichkeit von Ökonomie neu zu stellen. Zum anderen ist es wichtig, genauer auf zentrale ökonomische Begriffe zu schauen, um Grundlagen des Dialogs zwischen Kulturwissenschaften und Ökonomie abzusichern.

B E G R I F F E VON G E L D UND T H E O R I E N S E I N E R E N T S T E H U N G Beide strategischen Elemente werden im Rahmen des Frankfurter Graduiertenkollegs Wert und Äquivalent (GRK 1576) angewendet, um zu neuen Inhalten der Argumentation zu gelangen. Erstens werden Themen behandelt, die bereits in den 1920er Jahren, zu einem Zeithorizont, in dem noch ökonomisch und historisch argumentiert wurde, relevant waren. Zweitens gibt es eine Diskussion über grundlegende Begriffe. Dabei sind vorzugsweise solche Begriffe von Bedeutung, die auch heute noch, in der Wirtschaftsethnologie wie auch in der Ökonomie, eine signifikante Rolle spielen. Ein gutes Beispiel dafür ist der Begriff von Geld. Die Entstehung des Geldes war in den 1920er Jahren ein intensiv diskutiertes Thema, in dem ethnographisches und archäologisches Material intensiv rezipiert wurde. Damals zeigten auch Ökonomen noch ein dezidiertes Interesse daran, durch eine Erklärung des Ursprungs von Geld einen erweiterten Blick auf dessen Funktionen zu erlangen. Einer der wichtigsten Autoren jener Zeit und zu diesem Thema war Bernhard Laum. In seiner historischen und archäologischen Untersuchung stellt er die Ver8

mutung auf, die Idee des Geldes sei aus Opferhandlungen hervorgegangen. Der schon damals langwährende Streit zwischen Nominalisten (Geld = Wertspeicher)

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Es ist nicht überraschend, dass jüngst das grundlegende Buch von Laum wieder neu aufgelegt wurde (Laum 2006 [1924]). Zur gegenwärtigen Bedeutung von Laum vgl. auch Paul 2006; Wittenburg 1995.


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und Realisten (Geld = Tauschmittel) über die »wahren« Funktionen von Geld konnte er überwinden, indem er auf eine spezifische, historisch gegebene Vorbedingung hinwies: Eine solche Vorbedingung von Geld ist die Bereitschaft bestimmter Personen, dieses als Zumessung von Wert zu akzeptieren. Nur mit einer allgemein verbreiteten Akzeptanz der Quantifizierung von Wert kann die Münze zum universellen Äquivalent werden. Wert ist keine dem Objekt inhärente Eigenschaft, sondern eine Frage der Zuweisung dieser Bedeutung durch soziale Gruppen oder durch die Gesellschaft insgesamt. Wichtiger noch als dieses konkrete Argument erscheint die Tatsache, dass Laum hier wie selbstverständlich altphilologische, archäologische, wirtschaftswissenschaftliche und ethnologische Argumente miteinander verknüpfte. So rekurriert er genauso auf die Ilias von Homer, wie auch auf Wilhelm Wundts Völkerpsychologie. Die Gemeinsamkeiten in der Denkweise zwischen Laum und Mauss sind nicht zu übersehen: Beide unterstellen einen Zusammenhang von Religion und Ökonomie, beide nutzen historische und ethnologische Quellen für ihre Argumentation.

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Aus heutiger Sicht ist zunächst die kühne Vorstellung einer nicht-ätiologischen Herleitung von Geld bemerkenswert. Geld ist - auch wenn das alltäglich oftmals zu hören ist - nicht deshalb eingeführt worden, weil es praktisch wäre, oder weil es die beste Methode darstelle, wirtschaftliche Transaktionen zu messen oder zu quantifizieren. Vielmehr gilt: Geld ist etwas eigenes Neues, das mit der Etablierung und Akzeptanz neuer sozialer und kultureller Instanzen einhergeht. Während heute in der Öffentlichkeit vielfach ein nicht reflektierter Evolutionismus vorherrscht, demzufolge eine Welt ohne Geld unendlich viel komplizierter sein müsse, gab es in den Studien von Laum und seinen Zeitgenossen eine differenzierte Abwägung über gesellschaftliche Rahmenbedingungen von Geld als Maßeinheit für Wert, die zur Zeit der Durchsetzung von Geld genauso Gültigkeit hatte wie heute. Angesichts der aktuellen Finanzkrise wäre hinzuzufügen: Laum und Mauss hatten noch in einer anderen Hinsicht recht. Es ist nämlich überhaupt nicht ausgemacht, ob eine Welt mit Geld »einfacher« ist als eine Welt der Tauschbeziehungen. Geld, so viel konnte aus der Erfahrung der Nationalökonomie wenigstens in den 1920er Jahren noch als gesichert gelten, hat viele Funktionen, die in alle Bereiche der Gesellschaft hinein wirken. Der Umgang mit Geld und sein Verständnis stehen

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Umso mehr ist es überraschend festzustellen, dass der Bezug zwischen den beiden Denkern nicht intensiver diskutiert wird. Iris Därmann (2005: 164) weist darauf hin, dass beide sich der gleichen Definition von Pecunias, also dem Geld in römischen Gesetzestexten, bedienen. Eine zurzeit im Entstehen befindliche Dissertation von Felix Brandl wird mehr Licht auf die bislang unzureichend aufgearbeiteten Bezüge werfen und kann auch auf einen Briefwechsel zwischen den beiden rekurrieren (Brandl, pers. Mitteilung am 16.07.2013).


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für einen historischen Pfad der Kulturentwicklung, der spezifisch für Europa war. Im Kontrast zu einer solchen Sichtweise überwiegen heute unreflektierte Annahmen über die pragmatischen Vorteile des Geldes. Leider hat heute eine solche Theorie der Geldentstehung im Sinne einer Kulturgeschichte seiner Vorbedingungen ihre Überzeugungs- und Anziehungskraft weitgehend eingebüßt. Damit ist auch die Idee einer Einheit des ökonomischen Denkens aufgegeben worden. Bei Autoren wie Mauss, Laum und anderen ihrer Zeit war sie noch selbstverständlich mitgedacht worden: Geld ist ein menschheitsgeschichtliches Problem. Die mit dem Gebrauch von Geld einhergehenden Veränderungen der Gesellschaft sind im Zeithorizont von dessen erster Verwendung genauso bedeutsam wie in der Gegenwart. Eine Trennung in »primitive« oder »archaische« und »moderne« Gesellschaften spielte in diesen Ansätzen keine Rolle. Diese Einheit würde heute in den Wirtschaftswissenschaften klar zurückgewiesen; im Einklang mit der unglücklichen Unterscheidung von Formalisten und Substantivisten geriet sie auch bei Ethnologen in der Zeit nach Mauss für Jahrzehnte in Vergessenheit. Offensichtlich sind die finanztechnischen Verwicklungen der Gegenwart und aktuelle Unsicherheiten über den Wert des Geldes gute Heilmittel, um die problematische Engführung der ätiologischen Geldtheorien zu überwinden. Wenn heute die Öffentlichkeit beschworen wird, bestimmte kritische Aspekte der aktuellen Bewertung von Geld (genauer: Währungen) nicht auszusprechen, so schwankt diese Beschwörung zwischen einer Vulgärpsychologie (»bitte nicht die Märkte schlechtreden«) und der magischen Vorstellung, durch solche Appelle genau das Ereignis zu verhindern, dessen Eintreten alle erwarten. Solche Gegenwartsbeobachtungen erinnern unwillkürlich an die religiöse Dimension von Geld und Gabe, die bei Laum und Mauss noch ganz offen als Argument genutzt wurde.

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Diese kritischen Anmerkungen über das gegenwärtige Verständnis von Geld sind nicht als Plädoyer für die Wiedereinführung von Geldopfern oder die Beschwörung von Geldgeistern zu verstehen. Ich meine aber, dass es sich heute mehr denn je lohnt, auf unkonventionelle Umgangs weisen mit Geld zu schauen. Solche Praktiken können Aufschluss geben über die Bedeutungen von Geld, die in den dogmatischen Vorstellungen von Geldwert und Geldnutzen vernachlässigt werden.

10 An der Stelle wäre zu ergänzen, dass die religiöse Dimension von Geld außerhalb der Ökonomie schon länger mitgedacht wurde. Beginnend mit Georg Simmel

(1899),

dem

zufolge die Trennung von Geld und Religion das Ergebnis eines langwährenden historischen Prozesses ist, an dessen Ende die normative Trennung dieser beiden Sphären in Europa steht. Und in jüngerer Zeit gibt es zahlreiche Berichte von Ethnologen über Wechselwirkungen zwischen Geld und Religion (Geschiere 2000).

1992;

Englund/Leach

2000;

Tonda

Auch die Theologie hat die Bedeutung von Geld in der Religion mittlerweile wie-

der entdeckt (Gestrich

2004).


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Das Ergebnis einer anthropologischen Betrachtung des Umgangs mit Geld könnte es sein, ein erweitertes Konzept von Geld heute zu erlangen. Auch unter Ökonomen gibt es den Konsens, dass Geld - wie die Ökonomie überhaupt - von Voraussetzungen abhängt, die es nicht selbst schaffen kann. Wer aber diese Voraussetzungen schafft, wer für sie einsteht und wie sie durchgesetzt werden, all dies kann nur durch gesellschaftstheoretische Untersuchungen, oder besser durch Ethnographie geklärt werden. Die Ökonomen halten sich für dieses Feld für nicht zuständig. Die damit angedeutete problematische Abgrenzung von Zuständigkeiten zwischen Ökonomie einerseits und Kulturwissenschaften andererseits ist ein wesentliches Hindernis für eine gemeinsame Begriffsbildung. Diese Abgrenzung ist natürlich auch eine Folge einer wissenschaftsgeschichtlich normalen Reinigung in den ökonomischen Wissenschaften: Historische Betrachtungen wurden dabei marginalisiert. Fragen, die über die Messbarkeit von Einkommen, Ausgaben und Haushalten hinausgehen, gelten in der Ökonomie als Randthemen (Caspari/Schefold 2011). Überhaupt sind die in den Wirtschaftswissenschaften berücksichtigten Zeithorizonte radikal geschrumpft: Messreihen über fünf oder zehn Jahre gelten schon als »langfristig«. Zu dieser Entkoppelung von Ökonomie und Kulturwissenschaften gehört auch eine spezifische wirtschaftswissenschaftliche Modellbildung, die unter dem Begriff des Homo oeconomicus bekannt ist. Auch wenn dieses vereinfachende Modell des Menschen über viele Jahrzehnte intensiv genutzt wurde, gilt es doch in jüngerer Zeit auch unter Ökonomen als problematisch (Henrich 2001; Manstetten 2000).

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Natürlich ist jedes Modell eine Vereinfachung. Aber im Kontext der Spieltheorie, der rational choice-Theorie oder anderer Theorieansätze der Wirtschaftswissenschaften zeigen sich die in dem Modell enthaltenen Verkürzungen des Menschenbildes überdeutlich. Solche Auffassungen über das soziale Wesen »Mensch« liegen in der Regel weit außerhalb dessen, was Kulturanthropologen als gesichertes Wissen über individuelles und kollektives Handeln annehmen würden.

12

Es ist heute nicht möglich ein abschließendes Urteil darüber zu fällen, ob die Konzepte von »Geld« eines Tages wieder auf einer gemeinsamen Grundlage stehen

11 Eine polemisch zugespitzte Kritik wurde in Form eines ethnographischen Berichts verfasst, bei dem die verschiedenen ökonomischen Schulen als Stämme geschildert werden, die einen Streit über die zutreffende Beschreibung des Homo oeconomicus führen (Leijonhufvud 1973). 12 Verschiedentlich haben sich auch Ethnologen an die Prüfung dieses Modells gemacht. Während manche Autoren an die Anwendbarkeit dieses Modells glauben (Görlich 1993; Rössler 2005: 35 f.), überwiegt doch die Kritik daran, z.B. durch Ingold (1996) sowie Grabher/Stark (1997). In allgemeiner Form wurde von Ethnologen der Begriff des Handelns hinterfragt (Emirbayer/Mische 1998).


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werden. Die gegenwärtige Verunsicherung darüber, was Geld ist, mag dazu beitragen, dass in Zukunft einer historischen Perspektive wieder mehr Interesse zuteilwird. Ethnologie, Archäologie und andere Kulturwissenschaften sollten daran interessiert sein, den Dialog mit Ökonomen fortzuführen, beziehungsweise ihn neu zu beginnen. Dabei sollte allerdings nicht auf die differenzierte Betrachtung verschiedener Dimensionen von Geld - so wie hier ausgeführt - verzichtet werden.

PROBLEME DES VERSTEHENS: WERTBEGRIFFE Die hier als Ausgangspunkt geschilderte Geschichte des Niedergangs eines gemeinsamen Forschungsfeldes führt zum Mangel an breiten Perspektiven und letztlich zur Unmöglichkeit von Synthesen zwischen Kultur und Ökonomie. Das ist zunächst nicht ein Mangel der Wirtschaftsethnologie als solcher, die trotz der eingangs erwähnten eigenwilligen Konjunktur Anlass zu intensiven Forschungen gegeben hat und für die Ethnologie insgesamt einen wichtigen Faktor darstellt. Das fundamentale Problem bezieht sich vielmehr auf den Verlust der Fähigkeit zum Dialog: Wirtschaftsethnologen sprechen gewissermaßen eine andere Sprache. Es ist eine Sprache, die von den Ökonomen nicht ernst genommen wird, oder wenigstens nicht als Beitrag zur Lösung von Problemen anerkannt wird, die auch sie betreffen. Dies wird besonders deutlich an dem zweiten, ebenfalls aus der Arbeit des Graduiertenkollegs stammenden Beispiel. Es geht dabei um Definitionen von »Wert«. In den Kulturwissenschaften wie auch in den ökonomischen Fächern ist sehr viel von »Wert« die Rede, was möglicherweise durch den umgangssprachlichen Gebrauch zu erklären ist, vielleicht aber auch ein Erbe der Nationalökonomie darstellt. Aber es gibt einen bezeichnenden Unterschied zwischen den Fächern: Während in der Ökonomie Wert zumeist die Bedeutung von »Preis« hat und stets im Singular gebraucht wird, favorisieren Kulturwissenschaftler eher den Plural und sprechen von »Werten«. Werte im Plural können als Resultat einer Suche nach kulturellen 13

Bedeutungen verstanden werden. Auf dieser Grundlage kommt letztlich jede empirische Studie zu einem spezifischen Ergebnis. Relevant werden solche Untersuchungen, wenn sie »neue Werte« entdecken, wo man sie vorher nicht vermutet hatte, oder wenn sie konfligierende Werte beschreiben und entsprechende Aushandlungen in Wertekonflikten stattfinden.

13 Auch hier gibt es in den letzten zehn Jahren eine gewisse Konjunktur der ethnologischen Debatten. Beispiele dafür sind die Themenhefte in Cultural Anthropology (Eiss/Pedersen 2002), in Anthropological Theory (Foster 2008) sowie in HAU: Journal of Ethnographie Theory (Otto/Willerslev 2013).


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Die damit angesprochene Pluralisierung der Werte lässt sich, beginnend mit Karl Marx, ohne weiteres als eine Entwicklung der Diskurse nachzeichnen. Marx hatte für »Wert« nur zwei Definitionen: Gebrauchswert und Tauschwert. Ein komplexerer Gegenentwurf ist bei Wilhelm Dilthey, aber mehr noch bei Heinrich Rickert (1913) zu finden. Bei letzterem deuten die Begriffe »Werteordnungen« und »Wertesysteme« schon grammatikalisch den Plural an. Rickert hatte demensprechend auch einen großen Einfluss auf Max Weber und sein populäres Konzept des Idealtypus, dem eben auch eine bestimmte Wertvorstellung zugerechnet wurde. In den konzeptuellen Übergängen von Philosophie zu Nationalökonomie zeigen sich die damals noch möglichen Verbindungen zwischen Kultur- und Wirtschaftswissenschaften. In diese Denktradition gehört schließlich auch Friedrich Nietzsche, an dessen »Umwertung aller Werte« der Titel dieses Beitrags angelehnt ist. Die Reihe wichtiger Personen des geistigen Lebens um 1900 (Dilthey, Rickert, Weber, Nietzsche) macht zugleich deutlich, wie weit das Nachdenken über Werte damals über ökonomische Fragen hinausreichte. Das ist das umfassende, interdisziplinäre Erbe, das eine Debatte über den Wertbegriff heute anerkennen sollte, wenn von Werten im Plural die Rede ist. Die Sache wird etwas einfacher und leichter zu überblicken, wenn man die Frage nach dem Verhältnis von Wert und Werten auf den Kontext der damals verfügbaren ethnographischen Studien fokussiert. So ist der Wertbegriff natürlich auch schon in Malinowskis im Jahr 1922 veröffentlichter Studie über den KulaTauschhandel präsent (Malinowski 1979 [1922]). Malinowski macht es sich einfach, indem er die Wertobjekte, die im Mittelpunkt seiner Ethnographie stehen, mit den britischen Kronjuwelen vergleicht (ebd.: 121 f.). Gleich darauf erklärt Malinowski diese Parallele genauer und schränkt seinen Vergleich ein, weil die Kronjuwelen ihren Wert dadurch erhalten, dass sie niemals weitergegeben werden (außer durch Vererbung), wohingegen der Wert der Kula-Objekte gerade durch das Weitergeben angezeigt wird. In einer Linie damit stehen, 50 Jahre später, die Untersuchungen von Nancy Munn (1971, 1986). Sie kann - ebenfalls an Beispielen aus Ozeanien - zeigen, dass Werte immer diskursiv festgelegt werden. Kein Ding, kein Wertobjekt ist als solches wertbehaftet, sondern es sind stets die mit den Objekten verbundenen Geschichten, die Wert generieren. Von dieser Position ausgehend ist der Weg nicht mehr weit zu Bourdieu (1983). Gegenüber dessen Konzept vom Plural der Werte als »Kapitalsorten« wurde ja auch bereits kritisch hervorgehoben, dass es sich um einen Versuch der Ökonomisierung der Gesellschaft handele. Daniel Miller (2008) hat in einem Übersichtsartikel zum Wertbegriff einige der hier genannten Ethnologen erwähnt und deren Leistungen herausgestellt. Auch er wählt Karl Marx als Ausgangspunkt für die Differenzierung von verschiedenen Wertbegriffen. Millers eigentlicher Punkt betrifft aber die Originalität des Konzep-


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tes von Wert, dem er den Charakter einer weltweit relevanten Universalie zuschreibt. Ethnographisch bleibt es jedoch dabei, dass die Beschreibung kulturspezifischer Modelle der Erzeugung von Wert als die beste Strategie erscheint. Millers Perspektive ist aus der Sicht der Ethnologie ohne weiteres zuzustimmen. Dennoch ist offensichtlich, wie weit sie vom ökonomischen Wertkonzept entfernt ist. Hier ist die in diesem Beitrag schon mehrfach beklagte Trennung von Wirtschaft und Kultur wiederzuerkennen. Oftmals gilt gerade der Wert, den Kulturwissenschaftler entdecken, als ein Grund, eine wirtschaftliche Bewertung des beschriebenen Phänomens nicht vorzunehmen und das betreffende Objekt aus der Sphäre der Ökonomie auszuklammern. Ein gutes Beispiel dafür sind Kunstwerke. Stets wird in der Betrachtung von Kunst auf den künstlerischen Wert, auf die Bedeutung und auf die gesellschaftliche Anerkennung für Kunstwerk oder Künstler abgehoben. Dass zugleich ein Kunstmarkt existiert, der gerade die zuerkannte Singularität als Merkmal der Preisbildung versteht, wird dabei ausgeblendet. Wieder war es Bourdieu, der - zum Beispiel in Die feinen Unterschiede (Bourdieu 1982) - die Werte mit dem messbaren Wert im Sinne eines Preises verknüpfte, dabei aber das Primat der sozialen Struktur, also der kulturwissenschaftlichen Perspektive, gewahrt wissen wollte. Das letzte Beispiel macht noch einmal deutlich, wie schwer es ist, gemeinsame Begriffe für Kulturwissenschaften und Ökonomie zu finden. Der offensichtlichen 14

Überschneidung der Gegenstandsbereiche stehen so weit auseinanderliegende Erwartungen bezüglich der Analyse gegenüber, dass eine Verständigung kaum möglich erscheint. Eine ernst zu nehmende Wirtschaftsethnologie darf jedoch nicht den Anspruch aufgeben, für alle Gesellschaften weltweit relevant zu sein und zu Definitionen zu kommen, die überall anwendbar sind. Eine Teilung der Gesellschaften in solche, in denen die »Werte« im Vordergrund stehen, und solche, in denen »Wert« hauptsächlich im Sinne von Preisbildung verstanden wird, ist aus ethnologischer Sicht nicht zu akzeptieren. Ein Impuls, der diese Spaltung zwischen Kultur und Ökonomie überwinden könnte, geht von der sogenannten Post-MAUSS-Debatte aus. Als ein Vorläufer und früher Vertreter dieser Debatte wäre Maurice Godelier anzuführen, der schon in den 1960er Jahren in Papua-Neuguinea über das Salzgeld der Baruya geforscht hatte und damals in bester substantivistischer Manier eine gesellschaftlich kontrollierte Form von Geld präsentierte. Die Baruya kannten zwar diese spezielle Form des

14 Einen Versuch in diese Richtung unternimmt David Graeber, indem er die Frage nach Unterschieden zwischen der individuellen Bewertung und dem sozial anerkannten Wert stellt (Graeber 2001). Missverständnisse über das, was dem Einzelnen »etwas wert« sein sollte und was ein »sozialer Wert« ist, begründen die Ambivalenzen modernen Konsumverhaltens insgesamt (Graeber 2007).


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Geldes, aber eine Akkumulierung (= Vermögensbildung) war nicht vorgesehen (Godelier 1970). Im Jahr 1996 folgte dann Godeliers Buch über Das Rätsel der Gabe, das wichtige Fragen der Post-MAUSS-Debatte aufgreift und auf der Grundlage von ethnographischem Material diskutiert: Godelier fragt zum Beispiel danach, wie eine »erste Gabe« zustande kommen kann (ders. 1999). Wenn jede Gabe als solche ein Akt der Erwiderung ist, wie kann man sich dann vorstellen, dass ein Individuum spontan, ohne bereits etwas erhalten zu haben, eine Gabe gibt? Diese Frage basiert natürlich auf einer Idee von Wert, ist doch die Voraussetzung für die Anerkennung einer Gabe nicht nur die Anerkennung des ökonomischen Wertes einer Sache, sondern auch der Übertragbarkeit der Gabe als Eigenschaft des gegebenen Objektes (Henaff 2009). Die Unterscheidung zwischen Dingen, die eine Gabe sein können, und solchen, die von den Regeln der Reziprozität ausgeschlossen sind, hat in der Ethnologie in den letzten Jahren eine beständig größer werdende Aufmerksamkeit erfahren. M i t dem Buchtitel Inalienable Possessions hatte Annette Weiner kurze 15

Zeit vor Godelier darauf aufmerksam gemacht, dass die soziale Ordnung in einer Gesellschaft wenigstens in gleichem Maße durch unveräußerliche Güter wie durch Gaben definiert wird (Weiner 1992). Godeliers Frage ist daher naheliegend und führt zu wichtigen ergänzenden Fragen: Wie erklärt man den Unterschied zwischen Dingen, die als Gaben ihren sozialen Sinn erfüllen, und solchen, die als gehortete Schätze ihre Bedeutung erlangen? Das übergeordnete Anliegen der Post-MAUSS-Debatte besteht darin, das Theorem der Gabe für ein allgemeines Verständnis von Gesellschaft fruchtbar zu machen. Wenn »Geben« übertragbaren Wert und soziale Bindungen definiert, wie verhalten sich dann Sozialstrukturen und Gabenpraktiken zueinander? Solche Fragen interessierten bald auch Mediävisten, die mit Godelier auch Marcel Mauss für sich entdeckten (Hannig 1988; Algazi/Groebner/Jussen 2003). Wichtiger als die Fra16

gen, ob Gaben nun Gesellschaften abbilden, und ob Gesellschaften ohne Gaben überhaupt denkbar wären, ist der durch diese Debatte deutlich gewordene Anspruch, durch die Gabe, und implizit durch die soziale Anerkennung von »Wert«, Zusammenhänge für alle Gesellschaften weltweit aufzudecken. Neuere Autoren wie Alain Caillé erweitern die Gabe zu einem konstitutiven Merkmal moderner Gesellschaften. Immer dann, wenn ein Konzept des Individu-

15 Nicht ohne Bedeutung ist hier die Beobachtung, dass Dinge durch das Weitergeben mitunter selbst eine Umwertung erfahren. Die Zuordnung eines neuen Kontextes hat fast immer eine grundlegende Neubewertung des Objektes selbst zur Folge. Jedes beliebige Objekt kann durch Mobilität einer Vielzahl von Kontexten und Werten zugeordnet werden (Hahn/Weiss 2013). 16 In einer Rezension zu Godeliers Werk hat Elisabeth von Thadden (1999) auf diese Verbindung aufmerksam gemacht.


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ums existiert, muss Partizipation an Gesellschaft als Geben (und Nehmen) interpretiert werden (Caillé 2000, 2005). Die Gabe wird damit zum elementaren, symbolischen Merkmal der Gesellschaft, weil sie die Grundform der Verbindung zwischen dem Einzelnen und der Gruppe ausdrückt. Geben und Nehmen ist damit eine Bedingung von Existenz. Es ist nicht ein Akt, der aus einer Zweckgebundenheit heraus zu erklären wäre. M i t diesen eher philosophischen Erwägungen erklärt sich im Übrigen der Name der Bewegung, der eigentlich eine Abkürzung darstellt: Hinter den Buchstaben von MAUSS verbirgt sich Mouvement Anti-Utilitariste en Sciences Sociales (Papilloud 2006).

17

Es ist heute noch zu früh, um zu entscheiden, ob die Interpretation des »NichtZweckgebunden-Seins« der Gabe eine wirklich schlüssige Neuinterpretation von Mauss' fundamentalem Essay darstellt. Die Relevanz dieser Überlegungen besteht jedoch zweifellos darin, die alte Zweiteilung in Gesellschaften der Gabe und Gesellschaften der modernen Ökonomie zu überwinden. Damit steht die PostMAUSS-Debatte für eine zukunftsträchtige Perspektive auf wirtschaftliches Handeln insgesamt: Sie geht davon aus, dass in allen Gesellschaften die gleiche Rationalität vorherrscht. Das ist die notwendige erkenntnistheoretische Basis, auf der kulturwissenschaftliche Positionierungen zur Ökonomie aufbauen sollten. Von dieser Grundlage ausgehend, gibt es deshalb gute Gründe sich heute in Debatten über ökonomische Probleme der Gegenwart einzumischen.

SCHLUSS Im Anschluss an eine knappe Skizze der Wirtschaftsethnologie wurden hier zwei Themen aus der Arbeit des Graduiertenkollegs Wert und Äquivalent beschrieben, die Schlaglichter auf die Schwierigkeiten eines über die Kulturwissenschaften hinausreichenden interdisziplinären Dialogs geworfen haben. Trotz der Anwendung von spezifischen Strategien, wie dem Rekurs auf historische Ansätze aus den 1920er Jahren sowie der Reflektion über grundlegende Begriffe, bleibt eine Skepsis, ob ein solcher Dialog heute möglich ist. Gerade im Lichte dieser Schwierigkeiten wäre es sicher die schlechteste Lösung, den Anspruch eines Dialogs über die Ökonomie aufzugeben.

17 Diese wirtschaftsethnologische Bewegung hat vor allem in verschiedenen frankophonen Ländern zahlreiche Anhänger unter Ethnologen. Ihre Denkansätze sind regelmäßig in der Zeitschrift La revue du MA.U.S.S. nachzulesen. Heft Nummer

36 (2010)

dieser Zeit-

schrift mit über 40 Beiträgen über Mauss und sein Werk ist ein Manifest der außerordentlichen Rolle von Mauss und der Bewegung MAUSS.


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Würde es tatsächlich eine »rationale« Form der Ökonomie geben, wohingegen andere (zumeist außerhalb Europas zu beobachtende) Formen nur noch als »Folklore« taugen oder gar Zeugen untergegangener Modelle darstellten, so hätte die Ethnologie nur wenig zum Nachdenken über Wirtschaften beizutragen. Diversität und Differenz sind aber nicht nur Aspekte von Kultur, sondern spielen auch in der Ökonomie eine wichtige Rolle. Die Beteiligten am Graduiertenkolleg gehen dabei von der Überzeugung aus, dass unterschiedliche Wirtschaftsweisen durch universelle Grundkonzepte erklärt werden können, so wie es hier am Beispiel der Theorien über Geldentstehung gezeigt wurde. Eine Betrachtung ganz unterschiedlicher Kontexte ermöglicht es, zu erweiterten und besser differenzierenden Konzepten für ökonomische Grundbegriffe zu kommen. Das gemeinsame Interesse der am GRK beteiligten Kulturwissenschaftler ist es, den Nutzen einer Arbeit an solchen gemeinsamen und geteilten Grundlagen aufzuzeigen. Es ist jedoch an erster Stelle eine Aufgabe einer an universellen Grundlagen interessierten Wirtschaftsethnologie, anhand von geeigneten Fallstudien die Existenz solcher Grundlagen zu exemplifizieren und deren Relevanz für die Gegenwart unter Beweis zu stellen. Es sollte dabei stets ein wichtiges Ziel der kulturellen Analyse des Ökonomischen bleiben, die bis heute die Kulturwissenschaften und Ökonomie voneinander trennende Sprachlosigkeit zu überwinden.

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