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Das Alumni-Magazin der Universität St.Gallen

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«Historisches Semester» mit Rekord-Studierendenzahl SEITE 16

Der Zweck heiligt den Optimismus – Förderung von Sozialkompetenzen SEITE 27

Eine aussergewöhnliche Universität braucht aussergewöhnliche Menschen

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Peter Gomez Rektor

Start in die neue Ära geglückt Das vergangene Semester war ein ganz besonderes in der Geschichte der Universität St.Gallen, haben doch rund 1000 Erstsemestrige das Studium nach neuer Studienordnung aufgenommen. Aber nicht nur sie sind in eine «Pionierphase» eingetreten, auch für alle Mitarbeitenden der Universität in Lehre und Verwaltung hat damit eine neue «Ära» begonnen. Und neben den vielen Neuerungen im Zusammenhang mit der Neukonzeption gilt es, auch die bisherigen Studierenden der «alten» Studienordnung zu betreuen und zum Studienabschluss zu führen. Uns war klar, dass die Startphase nicht ohne Probleme ablaufen kann – bedenkt man die kurze Frist zwischen den ersten strategischen Vorarbeiten zur Neukonzeption bis zu deren Einführung. Tatsächlich sind wir im Bereich des «Serviceportals» und der Lernplattform in die klassische «Komplexitätsfalle» hineingelaufen. Hier haben wir die Probleme im Bereich der Einschreibung und der Fächerwahl klar unterschätzt. Inzwischen haben wir diese Anfangsschwierigkeiten aber im Griff, und die Bilanz nach einem Semester fällt mehrheitlich positiv aus – ausführlich über die ersten Erfahrungen informiert Sie der Artikel im Innern dieser «alma». Die Betreuung der neuen Studierenden ist mit einer Einführungswoche und weiteren Massnahmen klar verbessert worden – auch mit Hilfe der in der Neukonzeption sehr engagiert mitarbeiten-

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den Studentenschaft. Dass der Arbeits- und Leistungsdruck gegenüber dem ersten Semester früherer Zeiten dennoch deutlich zugenommen hat, ist beabsichtigt: Wir wollen in dieser frühesten Phase des Studiums herausfinden, welche Studierenden für ein Studium an der Universität St.Gallen wirklich geeignet sind. Ziel ist aber nicht, eine bestimmte Zahl Studierende durchfallen zu lassen, sondern vielmehr einer möglichst grossen Anzahl ein Studium an der HSG zu ermöglichen. Jene, die es in die Bachelor-Stufe schaffen, können dann wissenschaftlich arbeiten und im wahrsten Sinne des Wortes studieren. Im kommenden Jahr muss die ganze «Mechanik» im Hintergrund reibungsloser laufen, und wir werden in der Startwoche (vor Beginn des eigentlichen Semesters) mehr Zeit für Soziales einplanen. Die Grundausrichtung jedoch ist richtig: Der anfängliche Druck weckt bei den Studierenden ein grösseres Engagement für das Studium, was nur positiv ist. Nur so kommen wir nämlich weg von der studentischen Konsumhaltung. Die Studierenden werden uns dies – spätestens nach ihrem Eintritt vom Studium in die Praxis als Alumnae und Alumni – sicherlich zu danken wissen.

Peter Gomez, Rektor

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4 Die erste Studierendengeneration im neuen Studiensystem Wenn man die Situation im neu gestalteten ersten Studienjahr kurz auf einen Begriff bringen will, dann auf den der Motivation. 7 «Historisches Semester» mit neuer Rekord-Studierendenzahl Das Wintersemester 2001/2002 wird in die Geschichte der Universität St.Gallen eingehen als erstes Semester mit neu konzipiertem Studium. 16 Der Zweck heiligt den Optimismus Förderung von Sozialkompetenzen als eine wirtschaftspädagogische Herausforderung 24 Rhetorik-Center RC: Kommunikation ist Wissen . . . Wissen ist Macht! Seit zehn Jahren geben Studierende ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen Kurse in Rhetorik. 28

Eine aussergewöhnliche Universität braucht ausserordentliche Menschen So ein Leitbild ist eine ernste Sache. «Stimmt», sagt Emil Herzog und lacht.

31 Auf dem Weg zur führenden europäischen Business School Mit dem Executive MBA in New Media and Communication und dem Executive MBA in Retail Management bietet die Universität St.Gallen jetzt gleich zwei englischsprachige Postgraduierten-Studiengänge an. 34 Alumni MBE HSG, der neue Verein innerhalb des Alumni HSG Die Idee einer Alumnigründung geisterte bei diversen Absolventen des 1. MBE 1999 in den Köpfen herum. 36 Führung und Motivation unter erschwerten Bedingungen Die 25. Weiterbildungsveranstaltung der Alumni des EMBA HSG stand unter dem Thema «Führung und Motivation unter erschwerten Bedingungen». 38

Alumni-Clubs

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Suche nach Ehemaligen

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Terminkalender zweites Quartal 2002

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Zum Titelbild Mit dem Vortrag von Dr. h.c. Wolfgang Schürer zum Thema «Lebenslanges Lernen: Brauchen wir eine erweiterte Universität?» nahm das Rektorat die Tradition der Aulavorträge wieder auf. (Foto: Regina Kühne)

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Die erste Studierendengeneration im neuen Studiensystem Von Sascha Spoun

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enn man die Situation im neu gestalteten ersten Studienjahr kurz auf einen Begriff bringen will, dann auf den der Motivation. Seit dem ersten Tag der Startwoche am 15. Oktober 2001 sind 262 Studentinnen und 685 Studenten voll dabei. Sie eröffneten im Oktober 2001 plangemäss die neu konzipierte Lehre und stellen zugleich die grösste Zahl Erstsemester seit Gründung der Universität (947) dar. Erste Eindrücke der Assessment-Stufe finden sich in diesem Beitrag. Die Universität St.Gallen erfreut sich offensichtlich wachsender Beliebtheit bei den Studentinnen, deren Anteil neu auf 28 % aller Erstsemestrigen gestiegen ist. Auch ausserhalb der Schweiz wächst das Interesse wieder: Über 900 Interessenten hatten sich zur Zulassungsprüfung für Ausländerinnen und Ausländer im September 2001 angemeldet, von denen letztlich nur 109 zugelassen werden konnten. Das neue Studienkonzept zieht dabei nicht nur Wirtschaftsmaturand(inn)en (40 % der Anfänger[inn]en) an, sondern konnte auch erfreulich viele vom Humanistischen Gymnasium ansprechen: 25 % aller neuen Studierenden! Und wie hatten sich die Studienanfänger über die von Ihnen gewählte Universität informiert? 85% hatten den Informationstag genutzt, den 60% für «wichtig» und «sehr wichtig» hielten. (Die nächsten Informationstage mit Präsentationen, Tutorengruppen, Kostproben einer Vorlesung und Orientierungstest über kognitive Fähigkeiten sind am 17.04, 13.11. und 27.11.2002 jeweils ab 10.00 Uhr.) Ähnlich bedeutsam waren ausserdem die vielen Berichte über die Neukonzeption der Lehre und die Universität in den Medien. Fachlich und pädagogisch gute Dozierende, Praxisorientierung und ein breites Studium (Kontextfächer), das auf Führungsaufgaben vorbereitet und internationale Erfahrungen vermittelt – so lauten die wichtigsten Erwartungen an das Studium (40% und mehr der Studierenden werteten sie als «sehr wichtig» und «am wichtigsten»).

Intensives Studieren Jetzt, Ende März 2002, können die Studierenden bereits auf ein erstes intensives Semester zurückblicken: Nicht nur auf Vorlesungen, Übungen, Tutorien, sondern auch auf Freundschaften und typisches Studentenleben. Zum Studium: Die jungen Studierenden haben bereits drei benotete schriftliche Arbeiten geschrieben, nämlich je-

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weils eines in Handlungs- und Reflexionskompetenz und einen kritischen Literaturbericht in der BWL. Dazu kamen vier Klausuren, in denen sie ihr Wissen unter Beweis stellen mussten. Das Programm für das Sommersemester ist schon klar: eine wissenschaftliche Hausarbeit in einem der drei Kernfächer (BWL, VWL, Recht), eine benotete Gruppenarbeit im interdisziplinären Problemlösen, eine Integrationsfallstudie in der BWL, ein schriftliches Referat in einem Fach der Reflexionskompetenz sowie die traditionellen Klausuren im September und zwei mündliche Prüfungen, in denen Argumentationsfähigkeit und Fremdsprachenkenntnisse unter Beweis gestellt werden müssen. Ein so breites und vielfältiges Prüfungsprogramm gibt natürlich Tempo vor und stimuliert zur Aktivität. Diese Aktivitäten reichen dabei weit über das eigentliche Curriculum hinaus, obwohl für die meisten der Studierenden die Studienwoche viel länger ist als ein 42-Stunden-Job. Zum Studentenleben: Das erste Programmwochenende von Oikos zum Beispiel war so attraktiv für Erstsemester, dass die gemütliche Appenzellerstube von Hans Rüttimann in Speicher fast zu klein war. Beim ISC wollen 150 freshmen als Helferinnen und Helfer bei den drei Tagen im Mai dabei sein, für den ersten Maturandentag meldeten sich spontan 80 Studierende als Tutorinnen und Tutoren, die den Interessenten auch schon Rede und Antwort gestanden haben. Andere sind bei der Organisation der Asia- und Euro-Tour der Studentenschaft dabei, einige pflegen alte Leidenschaften, wie z.B. der erstsemestrige Beat Lütolf, der im Februar als Solist auf der Querflöte in Zürich an der ETH und im Grandhotel Dolder zwei Konzerte gab.

Startwoche: Die Suche nach der «KillerApplikation» als erster Schritt an der Uni Klar, dass beim Einstieg in das Studium seine Struktur vorgestellt werden muss, sich die Studienfächer präsentieren, die Studierenden die Infrastruktur und sich untereinander kennenlernen. Fahrt kam in das intensive Programm der Startwoche aber durch die Fallstudie «Neue Anwendungen in der Telekommunikation», bei der 50 studentische Teams im Wettbewerb um die beste Anwendung der Zukunft standen. Gewonnen haben alle, nämlich Teamspirit und Erfahrungen; zusätzlich ausgezeichnet wurde der Vorschlag «silent voice». Die Stu-

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dierenden entwickelten Ideen für das lautlose Telefonieren, das durch eine Spracherkennungssoftware alle intimen Gespräche auch während Vorlesungen, Besprechungen oder im Bus ohne Mithörer ermöglicht. Jens Alder, der CEO von Swisscom, mit dem die Universität die Fallstudie entwickelt hatte, schenkte den Siegern eine Reise nach Kalifornien. Bis dahin waren jedoch einige Tage (und Nächte) Arbeit, zwei Präsentationen und die kritischen Fragen der Jury zu bestehen. Anregungen – nicht nur für die Fallstudie, sondern auch für das weitere Studium – bekamen die Studierenden von 120 Kommilitonen höherer Semester und von Gästen wie Iso Camartin, dem Kulturchef des DRS, oder Matthias Frisch, dem General Manager der Goldman Sachs & Co. Bank aus Zürich, der sein Motto, Leben und Erfolg zu verbinden, vorstellte: «Erfolg kann sehr mannigfaltig sein. Die Hauptsache ist, dabei Spass zu haben.» Um gleich von Anfang an das Stereotyp «HSG-Student» aufzulösen, förderten Dörte Resch und Julia Nentwich von der psychologischen Beratungsstelle beratung@psy der Universität St.Gallen in einem interaktiven «diversity training» bei den Studierenden das Bewusstsein für Differenzen zwischen Kulturen und Geschlechtern. Gut dokumentiert ist die Startwoche durch das «Startmagazin», eine Zeitung, die an jedem Tag der Startwoche erschien und deren Höhepunkte in einer Sonderbeilage des «St.Galler Tagblatts» zusammengefasst sind. Gottlieb

Höpli, der Chefredaktor des «St.Galler Tagblatts», stand dem Medienteam der Startwoche, bestehend aus 15 Erstsemestrigen zur Seite: «Eine unglaubliche Leistung, gleich am ersten Studientag eine Zeitung zu produzieren.» Marc Wink aus Langenthal (BE) war dabei: «So etwas geht nur im Team.» Dieses Team der Startwochenzeitung, unterstützt von Volker Bernhard und Tobias Bayer, ist inzwischen fast geschlossen bei der Studentenzeitung «prisma» aktiv, um so weiterhin ein kritisches Auge auf die Neukonzeption und die Studierenden zu werfen.

Schneller Einstieg: Ein Beispiel aus der Handlungskompetenz Wer in den ersten Wochen des neuen Semesters dann die Bibliothek betreten hatte, sah sich mit einem für St.Gallen ungewohnten Zustand konfrontiert: Zeichneten sich die Gänge zwischen den Bücherreihen ausserhalb der typischen Lernperioden bisher durch luftige Geräumigkeit aus, so herrschte nun dichtes Gedränge. Auf der Suche nach Literatur für die ersten Trainingspapiere und schriftlichen Referate grasten die Erstsemester die Buchbestände ab und hinterliessen ungewohnte Lücken. Im Sinne des Trainings überfachlicher Methoden beherrschte in den ersten sechs Wochen die Veranstaltung «Formen und Methoden wissenschaftlichen Arbeitens und

Erste Semesterwoche: Der Aula-Vorplatz als Treffpunkt.

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Lernens» die Köpfe vieler Studierender und die Gänge in der Bibliothek, denn es wurde nicht nur die übliche Präsenz der Studierenden gefordert, sondern jeweils dienstags bis Mitternacht das Trainingspapier eines Studentenpaars via E-Mail, donnerstags die Vorlesung und freitags die Übung, in der es Feedback gab. Dort wurde auch Fragen nachgegangen wie: Was ist eine These? Was ist eigentlich Forschung? Was macht ein gutes Argument aus? Nach sechs Wochen dann die Abgabe des ersten schriftlichen Referats zu so unterschiedlichen Themen wie der Aktualität klassischer Bildungsideen, zu Fragen der Hermeneutik in den Sozialwissenschaften, zum Schönheitsideal der Frau in Südamerika oder zum Milizsystem des schweizerischen Parlaments. Eine Woche später mussten die eigenen Thesen noch in einer mündlichen Prüfung vor der Dozentin und fünf Kommilitonen verteidigt werden. Die Studierenden zeigten, wie sie eine selbst gestellte Frage sinnvoll bearbeiten und eine passende Methodik identifizieren können. Dies setzt natürlich voraus, dass Begriffe wie «Reliabilität», «Validität», «Konstruktivismus» und «problemzentriertes Interview» keine Fremdworte darstellen, sondern zum festen Bestandteil der jungen Studierenden geworden sind. Viele der Übungsleiter der 41 Gruppen waren über die erbrachten Leistungen erfreut: «Der Grossteil der Studierenden ist absolut engagiert und zielbewusst. Unter den Arbeiten sind einige hinsichtlich Qualität und Kreativität mehrere Semester höher anzusiedeln.» Lässt man die Studierenden selbst Bilanz ziehen – und 600 haben das in der Evaluation getan –, so war für 45% der Zeitaufwand zwar viel zu hoch (was verständlich ist), aber zugleich wurde der Nutzen von 64% bereits bei Abschluss der Veranstaltung als sehr gut und gut beurteilt. 82% der Studierenden waren auch in sehr guter und guter Weise vom intellektuellen Niveau angesprochen. Andererseits berichteten die Übungsleiter auch von der langwierigen Suche nach 12 verschiedenen Trainingstexten, 36 korrigierten Trainingspapieren, 50 schriftlichen Referaten zur Korrektur, 18 Stunden mündlicher Prüfung und fast täglichen E-Mail-Kontakten mit vielen Studierenden. Diese Art, intensiv Universität zu betreiben, hat auch ihren Preis.

Feedback Die Erfahrungen der Studierenden interessieren die Verantwortlichen aus erster Hand. Dafür gab es im Wintersemester nicht nur offene E-Mail-Boxen und viele persönliche Gespräche, sondern sechs mehrstündige Feedbackrunden, um Stärken und Schwächen, aber auch Wünsche und Sorgen zu erfahren. Dazu kommt eine systematische Befragung aller Studierenden beim Studieneinstieg, im weiteren Studienverlauf und auch als Ehemalige, damit die Universität ihr Angebot als

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Ganzes verbessern kann. Bei der ersten Durchführung waren 692 Studierende dabei, und einige ihrer Antworten finden sich in diesem Beitrag. Ausserdem sind Befragungen direkt auf die einzelne Veranstaltung und die Prüfungen ausgerichtet. Auf Basis dieser Ergebnisse werden nicht nur Gespräche mit den jeweiligen Dozierenden geführt, sondern auch entsprechende Informations- und Schulungsveranstaltungen für Dozierende gestaltet. Diese sind die ersten Bausteine eines sich im Aufbau befindlichen systematischen Qualitätssicherungs- und Verbesserungssystems. Aus dem Feedback weiss man, dass in der BachelorStufe 58% der Studierenden den Studienschwerpunkt BWL belegen wollen, je 11 % Jus und Staatswissenschaften («International Affairs and Governance») sowie 10 % VWL. Nur 10% der Studierenden waren am Ende des ersten Semesters noch unentschieden. Vergleicht man mit den Präferenzen zu Studienbeginn, so gewinnt der neu konzipierte staatswissenschaftliche Studienschwerpunkt am meisten Studierende dazu – auch im Vergleich mit früheren Jahren. Besonders wichtig ist den Studierenden ein Auslandsemester: 32 % wollen in jedem Fall und 41% wollen wenn möglich zumindest ein Semester im Ausland studieren.

Herausgegriffen: eine Studentin im ersten Semester Britta Grünig hat sich die Universität St.Gallen bewusst ausgesucht. Die 19-jährige Schaffhauserin, die bereits als Chair des Europäischen Jugendparlamentes in Porto die schweizerische Delegation leitete, ist überzeugt vom breiten Bildungsangebot und den internatioBritta Grünig nal ausgerichteten Studiengängen: «Hier legt man sich nicht stur auf eine Fachrichtung fest, sondern erhält Einblicke in Fächer wie Psychologie und Philosophie, die meines Erachtens zum Grundgerüst einer nach humanistischen Idealen gebildeten Persönlichkeit gehören. Mein persönliches Studienziel ist der Master of International Affairs and Governance, möglichst mit dem neuen Doppeldiplom von HSG und Science Po in Paris.» Für die spätere Karriere schwebt der sprachbegeisterten Studentin, die neben den Vorlesungen fleissig Spanisch und Kroatisch paukt, die Tätigkeit bei einer internationalen Organisation vor. Auf Letztere fühlt sie sich nach den Erfahrungen des ersten Semesters gut vorbereitet: «Wenn das Studium nichts an Intensität und Vielfalt einbüsst, werde ich beim Einstieg in die Praxis sicherlich nicht vor unlösbaren Problemen stehen.»

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«Historisches Semester» mit neuer Rekord-Studierendenzahl Das Wintersemester 2001/2002 wird in die Geschichte der Universität St.Gallen eingehen als erstes Semester mit neu konzipiertem Studium, an dessen Ende erstmals Bachelor- und Master-Abschlüsse stehen werden. Zum ersten Mal hiess es für Erstsemestrige, eine Woche früher als der «Rest» in St.Gallen anzutreten, nämlich zur so genannten «Startwoche». Dass es in dieser Woche wegen einer Bombendrohung zu einer kurzfristigen Schliessung der Universität kommen musste und das Service-Portal zwei «Hacker»-Angriffen ausgesetzt war, ging ebenfalls als – allerdings unschöne – Premiere in die Annalen dieses denkwürdigen Semesters sein. Von Roger Tinner

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ie das erste Semester der Neukonzeption Lehre im Detail verlief und wie es von den Studierenden selbst gewertet wird, schildert der separate Artikel ab Seite 4 dieser «alma».

4938 Studierende immatrikuliert Im abgelaufenen Wintersemester 2001/2002 waren 4938 Studierende immatrikuliert: Diese Zahl liegt um 237 höher als im Vorjahr (4701) und bedeutet wiederum einen neuen Rekordwert. Die Zahl der Erstsemestrigen beträgt 971 (Vorjahr 843), der Frauenanteil insgesamt 26,04 Prozent (Vorjahr 25,1 Prozent). Die Umstrukturierung im Studium erfordert ein Parallelführen zweier Ordnungen mit unterschiedlichen Stufen, was einen direkten Zahlenvergleich mit den Vorjahren erschwert. In der Assessmentstufe sind nun 971, in der Grundstufe der auslaufenden Ordnung 1100 Studentinnen und Studenten eingeschrieben, auf der Lizentiatsstufe sind es 2073 (Vorjahr 1899). Auf der Doktorandenstufe sind 794 Studierende (Vorjahr 804) immatrikuliert. Die kontinuierliche Zunahme des Frauenanteils während den letzten Jahren hat sich erneut fortgesetzt: Von den derzeit eingeschriebenen 4938 Personen sind 1286 (Vorjahr 1180) oder 26,04 Prozent Frauen (Vorjahr 25,1 Prozent), auf der Assessmentstufe beträgt der Frauenanteil 27,7 Prozent. Auf der Grundstufe der auslaufenden Ordnung liegt der Anteil bei 25,27 Prozent, auf der Lizentiatsstufe bei 27,7 Prozent (Vorjahr 25,9) und in der Doktorandenstufe bei rund 20,5 Prozent (Vorjahr 18,4). In der Statistik der Herkunftskantone der Studierenden liegt der Standort- und Trägerschaftskanton St.Gallen (606) knapp vor Zürich (601). Ebenfalls jeweils über 100 Studierende stammen aus den Kantonen Bern (422), Aargau (281), Luzern (248), Thurgau (202), Graubünden (171), Basel-Stadt (146) und Solothurn

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(116). Die grössten Gruppen bei den ausländischen Studierenden, deren Anteil auf 25 Prozent aller Immatrikulierten beschränkt ist, stellen weiterhin die deutschsprachigen Nachbarländer der Schweiz (Deutschland 817, Österreich 95, Fürstentum Liechtenstein 32). Italien ist mit 45 Student(inn)en verteten. Insgesamt sind Studentinnen und Studenten aus 64 Nationen an der HSG immatrikuliert. Nur marginale Verschiebungen sind gegenüber den Vorjahren in den Anteilen der Lehrgänge und Studienrichtungen zu verzeichnen: Von den insgesamt 4938 HSG-Studierenden befinden sich 42 Prozent in der Assessment- bzw. Grundstufe, 42 Prozent in der Lizentiatsstufe und 16 Prozent sind Doktorandinnen und Doktoranden. Von den Studierenden der Lizentiatsstufe haben rund 66,7 Prozent den wirtschaftswissenschaftlichen Lehrgang gewählt. Innerhalb des Lehrgangs Wirtschaftswissenschaften belegen 63,6 Prozent der Student(inn)en Betriebswirtschaft, 16,5 Prozent Volkswirtschaft und 16,2 Prozent Informations- und Technologiemanagement. 19,1 Prozent der Studierenden auf der Lizentiatsstufe streben den juristischen Abschluss an: Die Lehrgänge Wirtschaftspädagogik und Staatswissenschaften belegen rund 158 bzw. 7,6 Prozent der Studierenden.

Promotionsfeier: «Die Kunst des Vereinfachens» 56 Doktor(inn)en und 287 Diplomand(inn)en erhielten am ersten Semestertag anlässlich der Promotionsfeier ihre Urkunden. Rektor Professor Dr. Peter Gomez sprach in seiner Promotionsrede zum Thema «Die Kunst des Vereinfachens». Er ging vom Titel eines Mitte der 90er-Jahre erschienenen Buches des amerikanischen Rechtsprofessors Richard Epstein aus: «Simple rules for a complex world» – «Einfache Regeln für eine komplexe Welt». In einer im-

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mer unübersichtlicher werdenden Welt spiegle dieser Titel die Sehnsucht des Menschen nach dem Einfachen wider. Rektor Gomez führte aus, dass sich Exponenten aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft diese Tatsache oftmals im weitesten Sinne und in bester Absicht zu eigen gemacht und «passende» Lösungen entwickelt hätten. In vielen Fällen sei dies jedoch nicht unbedingt zum Vorteil der Betroffenen und im Interesse einer nachhaltigen Problemlösung gewesen. Die plakativen Aussagen (oft selbst ernannter) charismatischer Führer in der Wirtschaft, die Schwarzweiss-Malerei in der Politik und die im Gesellschaftstrend liegenden Vorzeigepersonen der «Bobos», so genannte «Bourgeoise Bohemians», die ihren Status aus der Formel Einkommen 3 materialismuskritische Überzeugungen errechneten, seien beispielhaft für diese Entwicklung. Den Versuchen der Vereinfachung stehe aber eine Welt gegenüber, die immer vielschichtiger und unverständlicher werde. Dies komme beispielsweise in kompliziertesten Abstimmungsvorlagen, wie z.B. solchen zur Gentechnologie, im Zusammenprall von Kulturen und Religionen, dessen wir gerade jetzt Zeuge werden, oder in der für den Börsenanleger unüberschaubaren Dynamik der Finanz- und Kapitalmärkte zum Ausdruck. Offensichtlich träfen hier zwei Welten – die komplexe Realität und die Welt der oft berechnenden Vereinfacher, der «terrible simplificateurs» – aufeinander. Ziel müsse es sein, so der Rektor zu den Absolventinnen und Absolventen, den Weg der optimalen Vereinfachung zu finden. Ausgangspunkt hierfür sei das Gesetz der erforderlichen Varietät, das besage, dass die Komplexität der Welt nur durch entsprechende Vielfalt bewältigt werden könne. Dazu gäbe es zwei Wege: Entweder man reduziere die Vielfalt der Problemsituation oder man erhöhe die eigene Varietät. Um dem Gesetz der erforderlichen Varietät gerecht zu werden, müsse man die Gesetzmässigkeiten und Verhaltensmuster einer Problemsituation «lesen» können. Gleichzeitig müsse man versuchen, Problemlösungen zu finden, die alle Beteiligten aktiv miteinbeziehen. Einen Königsweg gäbe es hierfür sicher nicht. Rektor Gomez gab den Absolventinnen und Absolventen einige praktische Hinweise für ihren Weg der optimalen Vereinfachung, damit sie «von Ihrem künftigen Umfeld verstanden werden und handlungsfähig bleiben». Er empfahl für den beruflichen Alltag, sich bei einem Vortrag auf lediglich zwei bis drei Dinge zu konzentrieren, die «magical number 7» zu beachten und das Zielpublikum mit nicht viel mehr als einer Handvoll Unterscheidungen zu konfrontieren, seine Gedanken in einem einseitigen Memo oder dem Äquivalent von fünf Minuten Vortragszeit darzustellen und seine Ideen immer wieder in der Wirklichkeit zu testen, anstatt Monate oder Jahre an einem grossen Wurf zu arbeiten.

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Für die Universität bedeute optimale Vereinfachung die Spielregeln für die im Herbst beginnende Neukonzeption der Lehre: die Konzentration auf Wesentliches durch gezielte Reduktion der reinen Vorlesungszeit, der aktive Einbezug der Studierenden durch bessere Vorbereitung von Vorlesungen und Übungen, das Erhöhen der Problemlösungsfähigkeit der Studierenden anstelle von Wissensakkumulation und die Förderung der Sozial- und Handlungskompetenz. Ob dieser Prozess gelungen sei, werde die eben neu eingetretene Studierendengeneration miterleben. Die Diplom- und Doktoratsübergabe verband der Rektor abschliessend mit dem Ratschlag, dass die Absolventinnen und Absolventen an ihrer «Kunstfertigkeit» des Vereinfachens feilen und «bei den kleinen Dingen» damit beginnen sollten.

Übergabe der Diplome und Urkunden durch den Rektor.

Abschlüsse in Zahlen An der von dem «Sonus Brass Ensemble» musikalisch umrahmten Promotionsfeier wurden 46 Lizentiaten zu Doktor(inn)en der Wirtschaftswissenschaften (Dr.oec.), 2 Lizentiaten zu Doktor(inn)en der Staatswissenschaften (Dr.rer.publ.) und 8 Lizentiaten zu Doktor(inn)en der Rechtswissenschaft (Dr.iur.) promoviert. Von den insgesamt 287 Lizentiaten sind 196 wirtschaftswissenschaftliche Diplome (123 Betriebswirtschaft, 33 Volkswirtschaft, 40 Informations- und Technologiemanagement), 11 wirtschaftswissenschaftliche Diplome in Verbindung mit einem Master of Science in International Management, 21 staatswissenschaftliche Diplome, 3 Handelslehrer-Diplome und 56 juristische Diplome.

Walther-Hug-Preis für Professor Ivo Schwander Mitte November fand die öffentliche Verleihung des Walther-Hug-Preises an Professor Dr. Ivo Schwander, Ordinarius für Internationales Privatrecht, Rechtsver-

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gleichung und Schweizerisches Privatrecht, statt. In seinem Festvortrag sprach er zum Thema «Wege, Abwege und Umwege bei der Rechtsfindung». Ivo Schwander wurde für seine hohen wissenschaftlichen Verdienste geehrt, die in zahlreichen Publikationen (in den Bereichen des Privat- und Prozessrechts sowie des internationalen Privatrechts) offenbar wurden und für seine erfolgreichen Bemühungen, in den verschiedensten Rechtsbereichen Brücken zwischen Theorie und Praxis zu schlagen. Dieser Erfolg ist vor allem auf seinen ausserordentlichen persönlichen Einsatz beim Aufbau und der Herausgabe der Zeitschrift «Aktuelle Juristische Praxis» (AJP) zurückzuführen sowie auf die Organisation von Praktikerseminaren im Rahmen des Instituts für Rechtswissenschaft und Rechtspraxis (IRP-HSG). Der mit 30 000 Franken dotierte Walther-Hug-Preis ist die wichtigste Auszeichnung, welche die ProfessorWalther-Hug-Stiftung zur Förderung der rechtswissenschaftlichen Forschung in einem Rhythmus von zwei bis drei Jahren vergibt. Es ist das zweite Mal innert zehn Jahren, dass dieser Preis an einen Forscher geht, der zur Juristischen Abteilung der Universität St.Gallen gehört (1996 wurde damit Titularprofessor Pierre Widmer geehrt). Mit dem Preis wollte der 1980 verstorbene Walther Hug, einst Professor für Privat- und Handelsrecht an der (damaligen) Handelshochschule St.Gallen und später an der ETH Zürich, Forscherinnen oder Forscher ehren, die sich durch besondere rechtswissenschaftliche Leistungen ausgezeichnet haben. Ivo Schwander

sens der Unternehmen besonders verdient gemacht haben. Der diesjährige Preisträger, Professor Dr. h.c. Wolfgang Ballwieser, ist einer der bedeutendsten heute lehrenden Universitätsdozenten im Bereich des finanziellen Rechnungswesens im deutschsprachigen Raum. Er hat dies durch viele einschlägige Veröffentlichungen bewiesen. Ballwieser sei ein scharfsinninger Denker, beherrsche die kritische Analyse, verstehe es, logische Schlüsse zu ziehen, und sei kreativ. Er habe schon in jüngeren Jahren seine Fertigkeit in formalen, mathematischen Verfahren gezeigt und es verstanden, sich für die Lösung von betriebswirtschaftlichen Fragen einzusetzen. Seine Stärke liege in der Theorie, auch wenn er durchaus zu Fragen der Wirtschaftspraxis Stellung bezogen habe. Das Interessengebiet sei breit gefächert; Schwerpunkte bilden das externe Rechnungswesen in einer aussergewöhnlichen Breite, die Unternehmensbewertung, sodann die Investitions-, Finanzierungs- und die Prüfungslehre. Dies erklärte Professor Dr. Carl Helbling, Präsident der Jury und des Kuratoriums, in seiner Laudatio. Das wissenschaftliche Werk Ballwiesers weist eine bedeutende Zahl von Publikationen auf, davon 4 Bücher und über 100 Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, Sammelwerken und Festschriften in den Fachgebieten Unternehmensbewertung, Rechnungsführung und Bilanzierung, die im Zentrum der Forschungen des Preisträgers stehen. Viele seiner Aufsätze befassen sich mit Themen der Unternehmensbewertung und der Investition, Finanzierung und Abschlussprüfung, die meisten aber mit Fragen des Rechnungswesens, insbesondere der Bilanzierung.

Dr.-Kausch-Preis 2001 an Professor Wolfgang Ballwieser «Für seine Verdienste um die theoretische Analyse und wissenschaftliche Fundierung des finanziellen Rechnungswesens» erhielt Mitte Januar Professor Dr. Dr. h.c. Wolfgang Ballwieser, München, den Dr.-KauschPreis 2001, der traditionellerweise an der Universität St.Gallen verliehen wird. Den Festvortrag anlässlich der Preisverleihung an der Universität St.Gallen widmete Professor Ballwieser dem Thema «Rechnungslegung im Umbruch – Entwicklungen, Ziele, Missverständnisse». Mit dem mit 75 000 Franken dotierten Dr.-Kausch-Preis werden im deutschsprachigen Raum Persönlichkeiten geehrt, die sich um die Forschung oder Praxis auf dem Gebiete des finanziellen oder betrieblichen Rechnungswe-

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Übergabe des Dr.-Kausch-Preises an Professor Ballwieser (links).

Mitglied führender internationaler Vereinigung Ende November wurde die Universität St.Gallen als Vollmitglied in die führende internationale Vereinigung universitärer Ausbildung im Bereich Internationale Be-

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ziehungen aufgenommen. Am 14. Dezember 2001 konnte zudem ein Vertrag mit dem Institut des Sciences Politiques in Paris zu einem Doppeldiplomprogramm abgeschlossen werden. Beide Ereignisse sind Meilensteine für die Umsetzung des neuen Master in International Affairs and Governance. Im Rahmen der neuen Studienordnung wird an der Universität St.Gallen ein Master in International Affairs and Governance geschaffen. Das entsprechende Bachelorprogramm wird im Herbst 2002 starten, das Masterprogramm soll vorzeitig auf den Herbst 2003 eingeführt werden. Zentrale Merkmale des neuen Masters sind seine ausgeprägte interdisziplinäre Ausrichtung sowie die Orientierung an Problemen der internationalen Politik und Wirtschaft. Die Mitgliedschaft in der Association of Professional Schools of International Affairs ist ein wichtiger Meilenstein in dieser Entwicklung. Der Vereinigung gehören so renommierte Schulen wie die John F. Kennedy School der Harvard University, die Woodrow Wilson School der Princeton University, die School of International and Public Affairs der Columbia University, die Paul H. Nitze School of Advanced International Studies der John Hopkins University oder das Institut des Siences Politiques in Paris an. Dieses Netzwerk bietet hervorragende Möglichkeiten, von international sehr reputierten Programmen zu lernen, erleichtert die Zusammenarbeit mit Professoren dieser Schulen und dient als Basis für den Aufbau von Austauschmöglichkeiten für Studierende. Das Doppeldiplomprogramm mit dem Institut des Sciences Politiques ist ein erster konkreter Schritt in diese Richtung. Es bietet ausgewählten Studierenden die Möglichkeit, innerhalb von zwei akademischen Jahren die Masterdiplome beider beteiligten Institutionen zu erlangen. Die Studierenden verbringen ein Jahr an der Universität St.Gallen und ein Jahr am Institut des Sciences Politiques in Paris. Durch eine intensive Zusammenarbeit der beiden Institutionen und die gegenseitige Anrechnung der Studienleistungen wird sichergestellt, dass die Studierenden eine qualitativ hoch stehende Ausbildung erhalten und gleichzeitig durch die intensive Teilnahme an zwei Programmen mit deutlich unterschiedlichem kulturellem Hintergrund bestens auf eine internationale berufliche Tätigkeit vorbereitet werden.

Neu gewählt Professorin Dr. Heike Bruch wurde auf den 1. Dezember 2001 zur Extraordinaria für Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung von Leadership und zur Direktorin des Instituts für Führung und Personalmanagement gewählt. Sie studierte 1987–1991 Betriebswirtschaftslehre an der Freien Universität Berlin,

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Professor Chris Steyaert PhD

Professorin Dr. Heike Bruch

das sie mit Prädikat als Diplom-Kauffrau abschloss. Parallel zu ihrem Studium war sie als Vorstandsassistentin des Bundesverbandes Junger Unternehmer (BJU) in Berlin aktiv, bis sie 1991 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Unternehmensführung und Organisation der Universität Hannover tätig wurde und 1996 zum Thema Outsourcing promovierte. Hieran schloss sich eine dreijährige Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin und Leiterin eines wissenschaftlichen Forschungsprojektes am Institut für Führung und Personalmanagement der Universität St.Gallen an. Seit 1997 ist sie Lehrbeauftragte der Universität Hannover wie auch an der Universität St.Gallen, seit März 1999 Visiting Scholar am Department of Strategic Leadership der London Business School. Im Oktober 2000 wurde Heike Bruch Forschungsleiterin des I.FPM. Im Juli 2001 schloss sie ihre Habilitation ab. Professor Chris Steyaert PhD aus Bruges in Belgien wurde auf den 1. April 2002 zum Extraordinarius für Organisationspsychologie gewählt. Er studierte 1980–1986 Psychologie an der Katholieke Universiteit Leuven und schloss sein Lizentiat mit «high honours» ab. Im März 1996 promovierte er dort mit dem Thema «Perpetuating Entrepreneurship through Dialogue: A social constructivist view» und erwarb einen PhD in Psychologie. Nach ersten Lehrtätigkeiten an der Universiteit Leuven und der Economische Hogeschool in Brüssel wurde Steyaert 1996 als Associate Professor an das Institute of Organization and Industrial Sociology der Copenhagen Business School berufen und ist dort seit 1998 Tenured Associate Professor. Seit 1999 weilt er als Visiting Associate Professor am Entrepreneurship and Small Business Research Institute (ESBRI) in Stockholm. Thematische Schwerpunkte seiner Forschungstätigkeit sind Fragen der Innovation und Kreativität in organisatorischen Kontexten, Organisationstheorie und Methodologie. Professor Steyaert erhielt Auszeichnungen für seine wissenschaftlichen Arbeiten (RENT-workshop Budapest, EFER conference Gent, RENT X-Conference Brussels).

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Neubeginn und Abschied

Aulavorträge:Tradition wieder aufgenommen

Ihre Antrittsvorlesung hielten in diesem Semester Professor Dr. Dieter Euler, Ordinarius für Wirtschaftspädagogik und Bildungsmanagement (Thema «Der Zweck heiligt den Optimismus – Förderung von Sozialkompetenzen als wirtschaftspädagogische Herausforderung», vgl. Abdruck im Wortlaut ab Seite 16 dieses Hefts), Professor Dr. Christian Keuschnigg, Ordinarius für Volkswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Öffentliche Finanzen («Ist die Wagnisfinanzierung förderungswürdig?»), PD Dr. Frank-Martin Belz, Privatdozent für Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung des Umweltmanagements («Integratives Ökomarketing»), PD Dr. Urs Füglistaller, Privatdozent für Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung der KMU («Dominant und unscheinbar zugleich – KMU und ihre zukünftigen Herausforderungen»), PD Dr. Jost Gross, Privatdozent für Staats- und Verwaltungsrecht mit besonderer Berücksichtigung des Staatshaftungsrechts («Staatshaftung und Grundrechtsschutz»), und PD Dr. Christoph Müller, Privatdozent für Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung der KMU («Ist die HSG entrepreneurshipfähig?»). Ihre Abschiedsvorlesung (siehe separate Würdigungen in der letzten und in dieser «alma») hielten Pater Walther Gaemperle svd, katholischer Studentenseelsorger («Verantwortlich Gott denken»), Professor Dr. Rolf Wunderer, Ordinarius für Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung von Führung und Personalmanagement («Internes Unternehmertum – gefordert, gefördert, erforscht»), Professor Dr. Dr. Karl Heinz Burmeister, Extraordinarius für Allgemeine Europäische und Schweizerische Rechtsgeschichte («Die ‹Justitia› von Pieter Bruegel d.Ä. aus dem Jahre 1559»), und Professor Dr. Manfred Timmermann, Honorarprofessor für Betriebswirtschaftslehre (»‹So etwas tut man nicht!› Mehr Anstand in der Unternehmensführung»).

Sozusagen Antritts- und Abschiedsvorlesung in einem war Mitte Januar der Aulavortrag – gehalten vor einem grossen Publikum, von emeritierten und aktiven Professoren bis zu Erstsemestrigen und vielen externen Gästen – von Wolfgang Schürer, Ehrendoktor der Universität und Gastprofessor für Internationale Handelsdiplomatie der Georgetown University, Washington D.C., wo der auch als Alumni-Vizepräsident wirkende ISC-Gründer in Zukunft vermehrt tätig sein wird. Er widmete seinen viel beachteten Vortrag, mit dem das Rektorat die frühere Tradition der Aulavorträge aufnahm, dem Thema «Lebenslanges Lernen: Brauchen wir eine erweiterte Universität?» Ausgehend vom gegenwärtigen Umbruch in Wirtschaft und Gesellschaft formulierte er Thesen zu einer erweiterten Universität. Zwischen dem Wandel des Umfeldes und der Universität, so Schürer, bestehe ein wechselseitiger Zusammenhang. Beide beeinflussten sich. Die HSG sei hier wohl besser positioniert als viele andere. Besser auch, als manche meinen. Nicht zuletzt sei hier ja der integrale systemorientierte Ansatz

Wolfgang Schürer begrüsst alt Stände- und Regierungsrat Dr. h. c. Ernst Rüesch unter den Zuhörern.

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der Unternehmensführung entwickelt worden, der mit seiner Ganzheitlichkeit nach wie vor zukunftsgerichteter und zukunftsträchtiger ist, als oft erkannt wird. Mit dem St. Galler Modell war mit den Worten Hans Ulrichs der Anspruch verbunden, «ein gedankliches Ordnungssystem zu entwickeln, das den Führungskräften ein selbstständiges Weiterlernen über das heute verfügbare Wissen hinaus ermöglichen soll». Wolfgang Schürer: «Genau darum geht es, wenn von lebenslangem Lernen die Rede ist.» Je umfassender die Führungsverantwortung sei, desto essenzieller werde ein integraler Ansatz. Die Schwierigkeiten im Umgang mit gesellschaftlichen Entwicklungen sowie die Probleme der Akzeptanz seien eben nicht zuletzt Folge eines einseitigen, reduktionistischen Denkens in allzu vielen Lebensbereichen – auch in der Unternehmensführung. Dies ist für Wolfang Schürer nicht überraschend: «Einzelheiten nebeneinander zu betrachten ist einfacher, als ein komplexes Ganzes zu erfassen. Es liegt besonders auch dann nahe, wenn numerische Ziele vorgegeben sind. Nur: Eindimensionalität wurde der realen Welt nie gerecht. Und die getrennte Betrachtung einzelner Aspekte erlaubt es nicht, Grundzüge und Muster zu erkennen, die den Blick auf künftige Entwicklungen öffnen können. Selbst einer, der unendlich viel weiss, kann – in diesem Sinne – ein Nichtwissender sein.» Ganzheitliches Denken entwickle sich nicht in vier Jahren Universitätsstudium zur Reife. Es brauche, so der Referent, neben Fachwissen und Wissen die Erfahrung der Anwendung – Praxis eben. Mehr noch: Es brauche darüber hinaus die Fähigkeit, Wissen und Erfahrung in grössere Zusammenhänge einzuordnen und so ihre komplexen Wirkungen zu ergründen: «Erst all dies zusammen führt zu wirklichem Verstehen. Deshalb plädiere ich für eine interdisziplinär geprägte Symbiose aus akademischem Lernen und aus der Praxis, für eine erweiterte Universität, wie ich sie zu skizzieren versuchte, für eine Universitas also im wahrsten Sinne des Wortes.» Gelinge eine derartige Symbiose, sei eine gute Ausgangsposition im Wettbewerb der akademischen Institutionen und für ihre längerfristige Zukunftssicherung geschaffen. Darüber hinaus würde eine solche Symbiose zur Sicherung unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung Wesentliches beitragen, so Wolfgang Schürer zum Schluss: «Sie rechtfertigt dann – und erhält, dessen bin ich gewiss – eine breite gesellschaftliche Akzeptanz am Ort und in der Region. Eine so positionierte und weiterentwickelte Universität bietet Chancen für Lernende, Chancen für Lehrende und Chancen für Alumni im Sinne einer Universität der Zukunft.» Der Aulavortrag ist als Publikation der Reihe «Aulavorträge» kostenlos erhältlich bei der Stelle Kommunikation und PR der Universität, E-Mail: unihsg@unisg.ch.

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IMPRESSUM Das Alumni-Magazin der Universität St.Gallen (bis 1997: «St.Galler Hochschulnachrichten») ISSN 1422-5980 4. Jahrgang, Nr. 2/2002 Auflage: 16 000 Exemplare Erscheinungsweise: alle 3 Monate Herausgeber: HSG Alumni und Rektorat der Universität St.Gallen Verlagsleitung: Johannes Kiess Chefredaktion: Roger Tinner Beiträge: Anna Beck, Rolf Dubs, Renate Grau, Dieter Euler, Roland Kley, Anja Knaus, Martin Kolb, Reto Pfändler, Matthias Poetz, Nicole Schiessl, Simon Schropp, Sascha Spoun, Roger Tinner, Yvonne Wicki Titelbild: Regina Kühne Fotos: Regina Kühne Gestaltung: Zollikofer AG, St.Gallen Druck: Zollikofer AG, St.Gallen Redaktion/Anzeigen: alma c/o Reinhard Frei & Partner AG Schlossstrasse 211 9436 Balgach Telefon +41 71 726 10 40 Telefax +41 71 726 10 50 E-Mail: alma@freiundpartner.ch Adressänderungen: Alumni-Büro HSG Dufourstrasse 50 9000 St.Gallen Telefon +41 71 224 30 10 Telefax +41 71 224 30 11 E-Mail: alumni@unisg.ch Anzeigenpreise: auf Anfrage Internet: www.alumni.unisg.ch/alma

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WÜRDIGUNG

Recht – ein kulturelles Phänomen Auf Ende des Wintersemesters 2001/2002 trat Professor Dr. Karl Heinz Burmeister, Extraordinarius für Allgemeine Europäische und Schweizerische Rechtsgeschichte an der Universität St.Gallen, in den Ruhestand. Professor Dr. Roland Kley, Vorstand der Rechtswissenschaftlichen Abteilung, würdigt sein Werk und Wirken. Von Roland Kley

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arl Heinz Burmeister wurde am 21. November 1936 im nordrheinwestfälischen Krefeld geboren. Nach dem Schulbesuch in Krefeld und Bregenz studierte er Geschichte und lateinische Philologie in Mainz, Rechtswissenschaften in Köln, Genf, Wien, Innsbruck und Tübingen. 1961 promoKarl Heinz Burmeister vierte er an der JohannesGutenberg-Universität Mainz über den humanistischen Geografen und Hebraisten Sebastian Münster (1488–1552) zum Dr. phil., acht Jahre später an der Universität Tübingen über die frühneuzeitlichen Vorarlberger Weistümer zum Doktor der Rechtswissenschaften. Im Jahre 1967 trat er in den wissenschaftlichen Dienst des österreichischen Bundeslandes Vorarlberg, dessen Landesarchiv er seit 1971 leitet, seit 1975 als Direktor. 1974 habilitierte er sich an der Universität Zürich mit einer viel beachteten Arbeit über «Das Studium der Rechte im Zeitalter des Humanismus im deutschen Rechtsbereich» für die Fächer «Schweizerische und Deutsche Rechtsgeschichte einschliesslich der Geschichte des Privatrechtes und der Rechtswissenschaften», 1984 folgte die Ernennung zum Titularprofessor an der Universität Zürich. Seit seiner Berufung zum 1. Januar 1995 an die Universität St.Gallen lehrte er die Fächer «Allgemeine Europäische Rechtsgeschichte», «Privatrechtsgeschichte» sowie «Einzelne Aspekte der Schweizerischen und St.Galler Rechtsgeschichte», was er durch jährliche Doktorandenseminare zu vielfältigen Themen abgerundet hat. Burmeisters vielfältiges Werk lässt sich nur schwer angemessen darstellen: Zahlreiche Buchveröffentlichungen und die beeindruckende Zahl von mehr als 500 akademischen Aufsätzen können kaum auf Schlagworte reduziert werden: Weistumsforschung,

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Renaissance-Humanismus, Rezeption des römischen Rechts, Naturrechtslehre der Aufklärung, Bildungsund Universitätsgeschichte, Geschichte der jüdischen Minderheit im christlichen Europa, Regionalgeschichte rund um den Bodensee, Geschichte der Rechtsstellung der Frau sind und waren seine Themen. Der Universität St.Gallen überreichte er 1998 anlässlich ihres 100-Jahr-Jubiläums eine ausführliche Universitätsgeschichte. Burmeister verbindet wie kaum ein anderer unterschiedliche Kenntnisse und Forschungsansätze in einer Person. Der Jurist und Historiker vermag es, Recht als kulturelles Phänomen zu erfassen und in seinen jeweiligen zeittypischen wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Zusammenhang zu stellen. Er integriert gekonnt die europäische und die regionale Perspektive. Sein wissenschaftliches Wirken erfasst die grenzüberschreitenden Strömungen der Geistesgeschichte genauso souverän, wie es detailreich der Geschichte des Bodenseeraumes den Schleier der Vergangenheit entrissen hat. Burmeister verbindet dabei nicht nur die Disziplinen Recht und Geschichte in höchst anregender Weise, sondern überschreitet auch souverän moderne staatliche Grenzen, die nicht zur Denkmauer in den Köpfen werden dürfen: Er stellt Zusammenhänge dort wieder her, wo nationalistische Binnenperspektiven sie verdeckt haben, er beschreibt die Region, ohne provinziell zu werden. Eine hohe Fachkompetenz und Sachgenauigkeit, kombiniert mit Bescheidenheit und Menschlichkeit, macht Karl Heinz Burmeister zu einem aussergewöhnlichen akademischen Lehrer. Er vermag es, den Anfänger für sein Fach zu interessieren, und lässt dem Fortgeschrittenen den Raum, eigene Ideen zu entwickeln. Dass seine Arbeit über die Universität hinaus Anerkennung findet, beweist eine Vielzahl von Auszeichnungen und Preisen, darunter der Anerkennungspreis der St.Gallischen Kulturstiftung (1994) und das österreichische Ehrenkreuz für Kunst und Wissenschaft erster Klasse (1996).

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WÜRDIGUNG

Nachwuchs-Förderer aus Passion Auf Ende des Wintersemesters 2001/2002 trat Professor Dr. Rolf Wunderer, Ordinarius für Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtgigung von Führung und Personalmanagement, nach fast zwei Jahrzehnten in den Ruhestand. Professor Dr. Martin Hilb würdigt sein Werk und Wirken. Von Martin Kolb

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olf Wunderer, am 21. Oktober 1937 im deutschen Meiningen geboren, studierte Psychologie und Wirtschaftswissenschaften an der Universität München. Anschliessend war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Betriebswirtschaft und Sozialpraxis sowie am Institut für Entscheidungs- und OrgaRolf Wunderer nisationsforschung an selbiger Universität tätig, seit 1966 mit regelmässigen Lehraufträgen. Seine Dissertation diskutiert das Unternehmerbild in der Betriebswirtschaftslehre, die Habilitationsschrift institutionelle Dimensionen der Führung. Vor ihrem Abschluss erhielt er 1973 einen Ruf auf einen der ersten Lehrstühle für Personalwesen und Unternehmensführung an der neu gegründeten Universität Essen-GHS. 1983 folgte er einem Ruf auf ein Ordinariat für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Personalmanagement, an die HSG, wenig später lehnte er einen weiteren an die Universität Konstanz ab. Gastprofessuren nahm er an der University of California, Los Angeles und Berkley, der Universität München und der Hitotsubashi-Universität in Tokyo wahr. An der HGS trat er 1983 in das Institut für Betriebswirtschaft ein, gründete und leitete dort die Forschungsstelle für Personalmanagement. Diese wurde 1988 in ein eigenes Institut für Führung und Personalmanagement umgewandelt, das er zunächst alleine und seit 1989 gemeinsam mit mir leitete. In den 18 Jahren seiner Tätigkeit an der HSG wurden vielzählige Forschungsprojekte mit Unterstützung des Grundlagenforschungsfonds der Universität, der Deutschen Forschungsgesellschaft und des Nationalfonds sowie von Fachorganisationen und Unternehmen in enger Zusammenarbeit mit Mitarbeitern und Vertretern der Praxis durchgeführt und publiziert, z.T. in mehrfachen Auflagen. Das wissenschaftliche Werk umfasst insgesamt über 30 Buchveröffentlichungen und über 250 Beiträge in Fachzeitschriften und Sam-

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melwerken; er ist Mitherausgeber der Zeitschrift für Personalforschung. Rolf Wunderer amtet in den Geschäftsleitenden Ausschüssen des Instituts für Arbeit und Arbeitsrecht, des Instituts für Politikwissenschaft, des Instituts für Arbeitswissenschaft (Universität Bochum) sowie des Schweizerischen Instituts für Gewerbliche Wirtschaft (zuletzt als Präsident), in diversen Hochschulkommissionen sowie 1989 bis 1991 als Vorstand der Betriebswirtschaftlichen Abteilung an der HSG. In der Ausbildung konzentriert er sich auf Führung (Hauptstudium), Unternehmertum (Wahlblock) und Personalmanagement (Vertiefungsrichtung und Promotionsstudium). In der Weiterbildung ist er an Nachdiplomstudiengängen der Universität und von Fachorganisationen und Akademien sowie an Tagungen des I.FPM vielfältig eingebunden. Weiterhin wirkt er als Gutachter, Berater und Kursleiter in zahlreichen Unternehmen und Behörden. Neben seinen eindrücklichen Leistungen als Hochschullehrer, Forscher und Verfasser von zahlreichen Lehrbüchern, Fachbüchern und Forschungsbeiträgen kommt etwas zusätzlich Einzigartiges hinzu: Rolf Wunderer verstand es, eine grosse Zahl von wissenschaftlichen Nachwuchskräften zu gewinnen und sie als Coach zu erfolgreichen Forschern und Hochschullehrern zu entwickeln. Zwölf seiner Doktoranden und Habilitanden wirken heute als Professorinnen und Professoren an Universitäten und Fachhochschulen, weitere als Dozenten und Lehrbeauftragte. Prof. Dr. Werner Fröhlich, Präsident der Reinau-Universität Krems, einer seiner zahlreichen Schüler, fasst die wichtigsten Attribute von Rolf Wunderer prägnant wie folgt zusammen: «Erbarmungslos im Qualitätsanspruch, Trendforscher im Bereich Human Ressources Management und Nachwuchs-Förderer aus Passion.» Die Zusammenarbeit mit Rolf Wunderer war von Anfang an geprägt durch die Vorbildwirkung des «Vollblut»-Wissenschaftlers und durch seine betreuende «Coach»-Persönlichkeit, die mit hohen Qualitätsanforderungen, harter und sachlicher Kritik bei gleichzeitiger äusserst positiver menschlicher Zuwendung in der Lage ist, grosse Motivationspotenziale freizusetzen.

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WÜRDIGUNG

Pendler zwischen Wirtschaft und Praxis Auf Ende des Wintersemesters 2001/2002 trat Professor Dr. Manfred Timmermann, ehemals Ordinarius für Betriebswirtschaftlehre der öffentlichen Verwaltung und Leiter des Nachdiplomstudiums Betriebswirtschaftslehre (NDU), 1984 Titularprofessor und seit 1993 Honorarprofessor für Betriebswirtschaftslehre, in den Ruhestand. Alt Rektor Professor Dr. h.c. mult. Rolf Dubs würdigt sein Werk und Wirken. Von Rolf Dubs

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anfred Timmermann wurde 1936 in Bremen geboren. Nach dem Schulbesuch in Deutschland studierte er an den Universitäten Frankfurt am Main und Kiel, wo er auch doktorierte. Seinem Wesen gemäss folgte ein reger Wechsel zwischen wissenschaftlicher und praktischer Tätigkeit. So arbeitete er als Manfred Timmermann wissenschaftlicher Assistent und Referent an der Freien Universität Berlin (FU) und an der Universität Mannheim sowie am Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Dazwischen und später war er in den Bereichen Organisation, Planung, Materialwirtschaft und Einkauf bei der Drägerwerk AG in Lübeck sowie als Mitglied der Geschäftsleitung bei der PROGNOS AG in Basel tätig. Seine wissenschaftliche Tätigkeit nahm er mit der Berufung zum ordentlichen Professor an der Universität Konstanz im Jahr 1973 auf. Dort war er von 1977 bis 1999 Prorektor. Seine Lehrtätigkeit ergänzte er durch eine Gastprofessur an der Jiao-Tong-Universität in Shanghai (1980). 1982 wechselte er als Ordinarius für Betriebswirtschaftslehre der öffentlichen Verwaltung an die Universität St.Gallen, wo er mit grossem Einsatz das Vertiefungsgebiet der öffentlichen Verwaltung aufbaute. Deshalb wurde auch die Politik auf ihn aufmerksam und er wurde 1984 als beamteter Staatssekretär beim Bundesministerium der Verteidigung für Rüstung, Planung, Logistik, Datenverarbeitung und Fernmeldewesen nach Bonn berufen. Dort blieb er bis 1989, um anschliessend wieder nach St.Gallen zurückzukehren, wo er als Professor der Betriebswirtschaftslehre das Nachdiplomstudium NDU leitete. Später war er Vorstandsmitglied der Bremer Vulkan Verbund AG, 1994 schliesslich wurde er Mitglied des Konzernführungskreises und Bereichsvorstand für Controlling der Deutschen Bank AG in Frankfurt am Main.

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Auch nach seiner Pensionierung erfüllt Manfred Timmermann eine Fülle von Aufgaben. Neben Honorarprofessuren ist er als Vorsitzender und Mitglied verschiedener Verwaltungsräte tätig und amtet als Vorsitzender des Universitätsrates der Universität Konstanz. In Anbetracht des breiten Betätigungsfeldes ist es mehr als verständlich, dass er keine umfassenden theoretischen Werke vorgelegt hat. Er verfasste aber eine Fülle von Aufsätzen aus den verschiedensten Bereichen (vom Revisionswesen bis zu Betrachtungen zur Ökonomie und Ökologie, von Organisations- bis zu Hochschulfragen, von wirtschaftlichen bis zu politischen Lagebeurteilungen). Beeindruckend dabei ist die Vielgestaltigkeit aller Überlegungen, verbunden mit einem grossen Realitätsbezug. Sehr erfolgreich waren und sind seine Lehrveranstaltungen. Immer wieder findet er das für die Teilnehmenden richtige Anspruchsniveau. Zudem sind seine Lehrveranstaltungen spannend und motivierend, weil es ihm gelingt, die Fülle seiner Erfahrungen mit theoretischen Ansprüchen zu verbinden. Hervorzuheben sind auch seine Organisations- und Führungstalente. Den Nachdiplomstudien ist er nicht nur souverän vorgestanden, sondern er hat deren Weiterentwicklung nachhaltig geprägt. Erwähnenswert sind seine menschlichen Kontaktfähigkeiten. Er liebte und liebt die Diskussion – auch mit Widersachern. Er nahm sich der Studierenden an, förderte und unterstützte sie in allen Belangen. Erfolgreich hat er sich um kollegiale Kontakte und um die Kollegialität, vor allem in der Betriebswirtschaftlichen Abteilung, bemüht. Dank seines offenen, unkomplizierten und umgänglichen Wesens brachte er Leute immer wieder zusammen. Unvergesslich sind dabei die vielen schönen Ausflüge und Besichtigungen, die er für uns Dozierende als Staatssekretär bei der Bundeswehr organisierte und damit sachliche Einsichten und kollegiale Kontakte förderte, wie sie ganz selten anzutreffen sind. Dabei ging es ihm nie um billige Beziehungen. Er blieb seinen Werten und Überzeugungen immer sehr treu.

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Der Zweck heiligt den Optimismus Förderung von Sozialkompetenzen als eine wirtschaftspädagogische Herausforderung1 Von Dieter Euler

1. Ausgangspunkte Vielleicht ist meine Absicht bei der Formulierung aufgegangen und Sie sind etwas über den Titel gestolpert. Haben wir nicht mehr als unseren Optimismus, wenn wir an dieser Universität die Förderung von Sozialkompetenzen zu einem wesentlichen Bestandteil der Neukonzeption Lehre erheben? Ich will zeigen, dass die Förderung von Sozialkompetenzen für eine Universität ein erstrebenswertes und erstrebbares Ziel darstellt, zugleich jedoch die fundierte Umsetzung dieses Ziels enorme Anstrengungen erfordert! Aus vielen pädagogischen Reformprojekten wissen wir, dass nicht der gute Zweck, sondern die gelungene Implementation über den Erfolg einer Innovation entscheidet! Oft legt man sich den Ball sehr weit vor – und es wird schwer, ihn noch vor der Auslinie zu erreichen! Es erwartet Sie also eine Verbindung von Bekenntnissen und Erkenntnissen, von Programmatik und Pragmatik: 1. Warum sollen sich Universitäten auf das Ziel einer Förderung von Sozialkompetenzen einlassen? 2. Welche Schritte sind erforderlich, um dieses Ziel zu erreichen? Sie erkennen eine erste Eingrenzung des Themas: Obwohl die Frage der Förderung von Sozialkompetenzen in nahezu allen Bildungsinstitutionen hochaktuell ist, konzentriere ich mich im Folgenden auf die Universität – genauer: die Universität St.Gallen!

2. Bekenntnisse: Warum sollen sich Universitäten auf das Ziel einer Förderung von Sozialkompetenzen einlassen? Warum sollte man in einer Universität ein Bildungsziel wie die Förderung von Sozialkompetenzen aufnehmen? Prinzipiell gibt es zwei Gründe:

1 Antrittsvorlesung am 30. 10. 2001 an der Universität St.Gallen.

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Das Thema ist in der Praxis der Lernenden so bedeutsam, dass es zum Gegenstand von Lernen und Studieren erhoben wird! Oder das Ziel wird aus normativen Gründen als erstrebenswert beurteilt, d.h. es ist ein zentraler Bestandteil des Wunschbildes, das man von den Absolventen einer Universität besitzt. Auf beide Bereiche will ich in Thesenform eingehen.

2.1 These: Sozialkompetenzen sind erstrebenswert, weil sie in der Praxis von Gesellschaft und Wirtschaft bedeutsam sind! Warum werden Sozialkompetenzen heute als bedeutsam bewertet? Bildung kann nicht losgelöst von sozio-ökonomischen Entwicklungen verstanden und betrachtet werden – unabhängig davon, ob man sie instrumentell oder gestalterisch versteht. Im Folgenden sollen einige als bedeutsam erachtete Trends und Diskussionslinien skizziert werden, die mit der Forderung einer Förderung von Sozialkompetenzen verbunden werden können. Gesellschaftliche Megatrends . . . Vielerorts wird die Förderung von Sozialkompetenzen als Gegenkraft zur wachsenden Individualisierung in der Gesellschaft verstanden («Ich-AG»; «Erst-kommeich-Gesellschaft»). So werden Sozialkompetenzen als ein Fundament der kommunitaristischen Vorstellungen einer zivilen Bürgergesellschaft vorgeschlagen. «Sozialkapital» wird in der Gesellschaft als ein sozialer Kitt verstanden, der einen wesentlichen Beitrag zur kollektiven Wohlfahrt leistet. Dabei können unterschiedliche Interpretationen identifiziert werden: In der individualistischen Auslegung bezeichnet Sozialkapital die Ressource, über ein Beziehungsnetz zur Entwicklung persönlicher Vorteile zu verfügen. Soziales Kapital dient demnach als Ausdrucksform von Individualismus und subjektiver Erfolgsorientierung. In der sozialorientierten Ausprägung bezeichnet Sozialkapital ein kollektives Gut von Gesellschaften bzw. sozialen Einheiten. Es manifestiert sich beispielsweise in sozialen Normen des solidarischen Mit-

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Professor Dr. Dieter Euler. einanders, die sich individuell auf Vertrauen (als Voraussetzung für Kooperation) sowie soziale Kompetenzen stützen. Soziales Kapital wird in diesem Kontext als Gegenströmung zu egozentriertem Individualismus verstanden. Ökonomische Trends und Postulate . . . Eine verbreitete Argumentationskette beginnt zumeist mit dem Hinweis auf veränderte Marktbedingungen. In einer globalisierten Wirtschaft vollziehen sich die Produktions- und Informationsprozesse der Unternehmen in einem grösseren räumlichen Entscheidungsraum, dessen Folge u.a. ein intensivierter Wettbewerb darstellt. Eine wesentliche Konsequenz dieser Situation ist der Wandel von Verkäufer- zu Käufermärkten, d.h. die Unternehmen verkaufen nicht mehr ihre Standardprodukte ‹von der Stange›, sondern sie müssen sich im Rahmen einer Kundenorientierung auf die Problemlagen der Käufer einstellen. Pointiert formuliert: Ein Blumengeschäft verkauft nicht mehr Blumen, sondern es löst das Begrünungsproblem seiner Kunden! Parallel zu dieser Neuausrichtung der Absatzmärkte kommt es zu veränderten Formen der Arbeitsorganisation. An die Stelle von zentralistischen Organisatio-

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nen und patriarchalischen Führungssystemen treten Team- und Mitarbeiterorientierung. Die neue Herausforderung besteht in der Entwicklung von Arbeitsstrukturen, die das kreative und synergetische Potenzial von Teams umsetzen und im Rahmen von kontinuierlichen Verbesserungsprozessen immer neue Optimierungen der Geschäftsprozesse auslösen. Dazu bedarf es selbstbewusster und sozialkompetenter Mitarbeiter sowie, korrespondierend dazu, Führungskräften, die Anweisung durch Coaching, Kommandieren durch Unterstützen und Firmensoldatentum durch Ermöglichen ersetzen. Dabei ist bewusst zu halten, dass diese in sich plausible Argumentationskette weit gehend auf einer programmatischen Ebene formuliert wird. Zudem fehlen notwendige Differenzierungen zwischen Branchen, Unternehmensgrössen, Berufsfeldern, Mitarbeitergruppen u.a.m. Eine spezifische Bedeutung erhalten diese Entwicklungstendenzen im Kontext der verbreiteten Fusionen und Unternehmenskooperationen. Mitarbeiter aus unterschiedlichen Unternehmen, die teilweise in unterschiedlichen kulturellen Kontexten agieren, sind von heute auf morgen keine Konkurrenten mehr, sondern werden zu Kooperationspartnern. Das Kooperationspostulat vollzieht sich im Kontext einer hochgradig geforderten Flexibilität, d.h. die Mitarbeiter müssen davon ausgehen, dass sich ihre sozialen und kulturellen Bezugspunkte in Arbeit und Beruf sehr häufig ändern. Es gibt viele Stimmen, die in diesen Bedingungen immanente Widersprüche erkennen. Ein prominenter Kritiker ist beispielsweise Richard Sennett, der die kulturellen Umbrüche in ein neues Leitbild fasst: «Der flexible Mensch». Flexibilität impliziert zudem eine Risikoverteilung hin auf das Individuum. Deutlich wird dies beispielsweise am Schlagwort des ‹lebenslangen Lernens› – nicht mehr der Staat oder der Betrieb (alleine) sind verantwortlich dafür, dass die zur Realisierung der Arbeitsorganisation notwendigen Qualifikationen verfügbar sind, sondern das Individuum soll seine Weiterbildung selbstverantwortlich in die Hand nehmen. Auf der einen Seite werden Bildung und Persönlichkeitsentwicklung zum neuen Mantra der Politik in der Wissensgesellschaft, auf der anderen Seite wollen Staat und Wirtschaft ihre Aktivitäten auf eine Art Anschubfinanzierung für die Individuen begrenzen. Es entspricht dem Postulat des endlosen Wandels, dass auch die Vorbereitung auf die Anforderungen von Wirtschaft und Gesellschaft nie abgeschlossen ist. Dazu kommt, dass die Anforderungen an den ‹flexiblen Menschen› durch zahlreiche Widersprüche gekennzeichnet sind: Er soll im Innen- und Aussenverhältnis der Unternehmung kooperieren, befindet sich zugleich jedoch im Wettbewerb –‚ besser sein im Team, lautet die Paradoxie! Kundenorientierung wird im Kon-

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text zunehmender Arbeitsverdichtung gefordert (weniger Zeit, aber intensiveres Eingehen auf Kunden)! Es bleibt offen, welches Mass an Stabilität erforderlich ist, um die geforderte Flexibilität und Mobilität zu ertragen oder gar als Chance zu nutzen. Flexibilität erfordert eine stabile Identität – und diese muss entwickelt und aufgebaut werden. Wie kann dies unter den Bedingungen von Unsicherheit und Ungewissheit geschehen? Wie kann man geistige Wurzeln schlagen, warum soll man Verantwortung übernehmen, wenn man nicht weiss, ob die Gegebenheiten der Gegenwart morgen noch gelten? Warum soll man sich engagieren, wenn man morgen geografisch, sozial und geistig schon wieder woanders ist? Zwischenfazit Wichtig ist zumeist das, was fehlt! In diesem Sinne wären Sozialkompetenzen deshalb so gefragt, weil sie ein Defizit in Wirtschaft und Gesellschaft bezeichnen! Aus der defizitären Realität begründet sich der Anspruch auf Beseitigung der Defizite. Während der Bedeutungszuwachs von Sozialkompetenzen zum einen mit dem Hinweis begründet wird, Sozialkompetenzen seien mittlerweile eine strategische Grösse des ökonomischen Erfolgs einer Unternehmung und daher explizit in den Bildungsinstitutionen zu fördern (Pädagogik als Gestaltungsinstanz), weist eine andere Seite auf den Ausfall traditioneller Sozialisationsagenturen und die daraus resultierende Zunahme von sozialen Verhaltensdefiziten hin, denen pädagogisch entgegenzuwirken sei (Pädagogik als Reparaturinstanz). Pointiert formuliert: Sozialkompetenzen werden einerseits immer gefragter, andererseits können sie nicht mehr als selbstverständliches Ergebnis gesellschaftlicher Sozialisationsprozesse vorausgesetzt werden – das Vertrauen auf eine gelungene Sozialisation wird daher ersetzt durch die Erwartung an die Wirksamkeit organisierter Lehr-Lernprozesse. Dabei bleibt die bildungstheoretische Frage offen, für welche Ziele bzw. normative Ausrichtung Sozialkompetenzen gefördert werden sollen.

2.2 These: Sozialkompetenzen sind erstrebenswert, weil sie massgeblich das Bild von der Universität und ihren Absolventen prägen! Pointiert formuliert könnte man sagen: Eine Universität bestimmt sich über das Profil ihrer Absolventen! Es ist üblich, den erwünschten Absolventen primär über seine fachlich-intellektuellen Leistungen zu beschreiben. Wir wissen jedoch, dass sich in einem Fachstudium auch bestimmte Sozialisationstypen entwickeln. Wir

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kennen alle die Bilder, die mit einem Studierenden der Betriebswirtschaftslehre oder Rechtswissenschaften verbunden sind, wir haben schnell unsere Kennzeichnungen auf der Zunge, wenn deutsche oder schweizerische Studenten einander gegenübergestellt werden. Ob bewusst oder unbewusst: In der Universität fördern wir bestimmte Persönlichkeitstypen – die Frage ist also: Welche wollen wir? Ignorieren wir diese Frage, so meine These, dann verstärken wir zumeist die bestehenden Tendenzen. Ich will kurz versuchen, in pointierter Form den gesellschaftlichen Mainstream zu skizzieren, um deutlich zu machen, wie bedeutsam die bewusste Formulierung und Umsetzung eines Leitbildes über die Universität bzw. ihre Absolventen ist! Ich vermute, Sie werden mit mir schnell übereinstimmen, dass insbesondere an einer Wirtschaftsuniversität die Gefahr besteht, das Leben übermässig an ökonomischen Werten und Perspektiven auszurichten. Das ökonomistisch verengte Leitbild sieht den Menschen heutzutage primär als «Unternehmer seiner Arbeitskraft», es definiert die sozialen Beziehungen in einer Gesellschaft weit gehend in ökonomischen Begriffen. In den Bildungsinstitutionen werden die Schüler oder Studenten zu Kunden, Kirchen werden zu Anbietern von religiösen Dienstleistungen, sogar die Bettler auf den Strassen gelten als Lieferanten eines Mitleids- und Gewissensangebots. Vorbild einer ökonomisch orientierten Welt sind Unternehmer wie der US-Amerikaner David Henry, der Kindergärten wie eine Fast-Food-Kette betreiben und an die Börse bringen will. In der Handy-Generation entwickeln sich spezifische Sozialisationstypen: «Flexibel, leistungsbereit, egoistisch und oberflächlich» – so die Merkmale, die heute zählen. Die Entwicklung zu solchen Typen verlangt ein ausgeprägtes Arbeiten am Selbstbild, und die Breviere der Managementliteratur zeigen, was zu tun ist: «Täglich vor dem Spiegel ein Lächeln üben, tägliche Aerobic-Übungen und Streckübungen, zweimal täglich das Hemd wechseln, meditative Atemübungen, Vitamindrops, fünf Minuten Barfusslaufen...» – eine Blütenlese aus den Ratschlägen von Tom Peters. Angewandter Optimismus wird zu einer Kernkompetenz. Und wenn die Selbstdarstellung mit diesen Mitteln nicht zufrieden stellend funktioniert, dann gibt es noch die härteren Varianten. Banker in den USA lassen sich Kinn-Implantate verpassen, in der Hoffnung, durch den grimmigen Michael-Douglas-Look ihre Durchsetzungsfähigkeit im Job zu demonstrieren. Drastisch gestiegen sind die so genannten Botox-Injektionen: Mit Spritzen in den Muskel verschwinden von jahrelangem Ärger verursachte Falten und lassen das Gesicht wieder dynamisch erscheinen. Da sind die bei amerikanischen Teenagern

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derzeit so beliebten chirurgischen Korrekturen der Nase kaum noch erwähnenswert. In den 70er-Jahren wären Menschen mit solchen Charakterstrukturen noch als verhaltensgestört und therapiebedürftig bezeichnet worden. Heute sind sie in bestimmten sozialen Kreisen zum Leitbild avanciert. Auch Universitäten sind nicht reduzierbar auf die Vermittlung von kognitiv-intellektuellen Kompetenzen. Begrenzt auf eine solche Funktion würden sie sozusagen zu wissenschaftlichen Imbisshallen, die die Studierenden nach der hastigen Einnahme von akademischem Fast-Food so schnell wie möglich wieder zu verlassen trachten. Universitäten sind nicht nur Aufenthalts-, sondern auch Erfahrungsorte, an denen Werte und Formen des zwischenmenschlichen Umgangs entwickelt werden – ob gewollt oder ungewollt! Wir können entscheiden, ob wir die ausserfachlichen Entwicklungsbereiche der Schwerkraft des Zufalls überlassen oder ob wir sie bewusst zu gestalten versuchen! An der Universität St.Gallen haben wir uns – nach durchaus kontrovers geführten Diskussionen – entschieden, neben fachlichen auch überfachliche Handlungskompetenzen zu fördern. Der programmatische Slogan «Wir fordern und fördern Persönlichkeit» dokumentiert das Leitbild eines eigen- und sozialverantwortlichen Studierenden, der «mit den erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten an der Gestaltung unserer Welt mitwirkt, die für eigene Lebensziele wie im gesellschaftlichen Interesse Leistungen erbringt, die in ethischer Verantwortung in Unternehmen, im öffentlichen Leben, im privaten Kreis Führungsaufgaben übernehmen will und kann». Eigenverantwortlichkeit meint einen hohen Grad an Eigeninitiative, Engagement und Selbststeuerung. So soll etwa ein Viertel der Studieninhalte in Formen des unterstützten Selbststudiums erarbeitet werden. Oder bildhaft gesprochen: Die Studierenden sollen nicht auf dem Beifahrersitz von ihren Dozenten durch die Landschaft kutschiert werden, sie sollen selbst am Lenkrad sitzen und von den Lehrenden begleitet und unterstützt werden. Sozialverantwortlichkeit meint die Sensibilisierung für die soziale Dimension des Wirtschaftens und die Fähigkeit zu einer verständigungsorientierten Austragung unterschiedlicher Interessen. In St.Gallen sollen nicht neun Semester Egoismus und Verantwortungslosigkeit studiert werden, sondern ein Prinzip der Lehre ist die kooperative Einbindung der Studierenden in Lernteams. Viele Veranstaltungen sehen daher die Erarbeitung und Präsentation von Studieninhalten in Gruppen vor, wobei das Kommunizieren in diesen Gruppen neben den fachlichen Inhalten selbst zum Gegenstand des Lernens wird.

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Das skizzierte Leitbild eines Universitätsabsolventen korrespondiert notwendigerweise mit einer Vorstellung über das Profil der Universität. Wenn das eigen- und sozialverantwortliche Handeln der Studierenden gefördert werden soll, dann müssen die Lehrveranstaltungen sowie das soziale Leben in der Universität entsprechende Erfahrungen ermöglichen. Bezogen auf die Förderung von Sozialkompetenzen erfordert dies zum einen, entsprechende Kompetenzen in Lehrveranstaltungen bewusst und systematisch aufzubauen, zum anderen aber auch, die Einstellungen und Fähigkeiten im Studienalltag praktizieren zu können. Der erste Punkt stellt die Frage nach geeigneten Lehrangeboten, der zweite weist darauf hin, dass neben dem offiziellen auch das heimliche Curriculum beachtet werden muss. So laufen Sozialkompetenzen beispielsweise ins Leere, wenn das Gros der Lehrveranstaltungen wieder den Einzelkämpfer voraussetzt oder die Prüfungsstruktur Rivalität und Konkurrenz belohnt. Fazit: Die Förderung von überfachlichen Handlungskompetenzen wie beispielsweise Sozialkompetenzen hat mit der Neukonzeption Lehre an der Universität St. Gallen den universitären Ritterschlag erhalten. Damit wird ein bewusstes Bekenntnis für die Entwicklung bestimmter Persönlichkeiten ausgedrückt – vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob das Erstrebenswerte auch erstrebbar ist!

3. Erkenntnisse: Welche Schritte sind zu gehen, um das Ziel der Förderung von Sozialkompetenzen zu erreichen? Bislang habe ich mich mit der Frage beschäftigt, ob das Ziel der Förderung von Sozialkompetenzen erstrebenswert ist – ich will mich nun der Frage zuwenden, inwieweit dieses Ziel auch erstrebbar ist. Nach den Bekenntnissen nun also die Frage nach den Erkenntnissen. Aus Zeitgründen kann ich an dieser Stelle keine Bestandsevaluation des verfügbaren Forschungsstandes leisten. Ich will mich in Anlehnung an ein eigenes Forschungsprogramm auf drei zentrale Gestaltungsbereiche konzentrieren, die sich über drei Fragen strukturieren lassen: 1. Wie können Sozialkompetenzen semantisch präzisiert und als Lernziel bestimmt werden (curriculare Dimension)? 2. Wie kann die Entwicklung von Sozialkompetenzen durch die Lehrenden gefördert werden (methodische Dimension)? 3. Wie können Sozialkompetenzen im Rahmen einer Lernerfolgsprüfung evaluiert werden (evaluative Dimension)?

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3.1 Curriculare Dimension: Wie können Sozialkompetenzen präzisiert und als Lernziel bestimmt werden? In Literatur und Praxis werden Sozialkompetenzen auf unterschiedlichen Abstraktionsebenen mit einer nahezu unüberschaubaren Vielfalt von Bedeutungen versehen. Häufig findet sich eine Auflistung von Verhaltensbeschreibungen, zumeist auf unterschiedlichen Abstraktionsebenen (z.B. Konfliktfähigkeit vs. aktiv Zuhören) und im Hinblick auf unterschiedliche Verhaltensqualitäten (z.B. Fähigkeiten, Einstellungen, Fertigkeiten). Der eine versteht unter Sozialkompetenzen moralische Haltungen des sozialverantwortlichen Handelns (Hilfsbereitschaft, Höflichkeit, Glaubwürdigkeit, Offenheit, Altruismus, das solidarische Eintreten für den Mitmenschen u.a.m.) oder emotionale Befindlichkeiten (z.B. Freundlichkeit), der andere konkrete Verhaltensweisen (z.B. verständlich präsentieren können, aktiv zuhören können, erfolgreich verhandeln und verkaufen können). Ohne hier auf die Details einer theoriegeleiteten Begriffsentwicklung eingehen zu können, schlage ich folgendes Vorgehen für die Präzisierung von Sozialkompetenzen innerhalb der Entwicklung eines Bildungsangebots vor:

Sozialkompetenzen bedürfen der Ausrichtung auf bestimmte Situationstypen. So wird man beispielsweise nie universell und allgemein eine Konfliktfähigkeit erlangen, sondern sie ist gebunden an die Anwendung in bestimmten Situationstypen (z.B. Konflikte mit Vor-

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gesetzten, Kollegen, Ehepartnern, Freunden). Aus allgemein formulierten Begriffen wie «Konflikt- oder Teamfähigkeit» wird somit eine erste Präzisierung, beispielsweise «Konflikte mit Vorgesetzten in Konfliktsituationen klären» oder «Arbeitsaufgaben mit Kollegen in Teamsituation bewältigen». Die Kompetenzbezeichnung ist jedoch auch dann immer noch grob und unbestimmt. In einem nächsten Schritt wäre daher im Hinblick auf den jeweiligen Situationstyp zu begründen, welche Anforderungen dieser Situationstyp an das sozial-kommunikative Handeln begründet und welche Teilkompetenzen erforderlich sind, um diese Anforderungen zu bewältigen. Im nächsten Schritt ist die angestrebte Wertausrichtung des sozial-kommunikativen Handelns zu klären. Dies trägt der Prämisse Rechnung, dass sozialkommunikatives Handeln nicht wertfrei zu denken ist, sondern für unterschiedliche Werte instrumentell verwendet werden kann. Die folgenden Beispiele sollen einen Einblick in die Bedeutung der normativen Grundlegung für das sozial-kommunikative Handeln in bestimmten Situationstypen geben: Ein Beratungsgespräch kann mit der Grundhaltung geführt werden, dass die Findung, Klärung und Lösung des Kundenproblems die höchste Priorität besitzt; andererseits kann aber auch die (kurzfristige) Umsatz-/ Gewinnmaximierung als oberstes Ziel fungieren. Eine Teambesprechung kann mit der Einstellung geführt werden, durch ein Argumentationsfeuerwerk von den Problemen abzulenken («if you can’t convince them, confuse them») – oder aber die Argumente, Gefühle etc. auf den Tisch zu bekommen und eine konstruktive Lösung zu erreichen. Ein Konfliktgespräch mit einem Kollegen kann mit der Einstellung des Unterordnens/Anpassens, der Durchsetzung eigener Interessen oder der kompromissorientierten Verständigung aufgenommen werden. Eine Moderation kann mit der Einstellung verfolgt werden, den eigenen Interessen zum Durchbruch zu verhelfen oder alle Positionen in einen fairen Ausgleich zu bringen, alle Fakten auf den Tisch zu bringen oder unliebsame Informationen zu unterdrücken etc. Das verfolgte Vorgehen gibt keine abschliessende und verbindliche Wertausrichtung vor, sondern es mahnt die Bewusstmachung und Klärung divergierender Orientierungen an und drängt auf eine Verständigung zwischen den für die Curriculum-Entwicklung Verantwortlichen. Als Ergebnis der curricularen Aktivitäten entsteht eine Liste von sozial-kommunikativen Teilkompetenzen für einen bestimmten Situationstyp, die als Lernziele für die weitergehende methodische Gestaltung von Lernumgebungen verwendet werden kann.

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Welche Konsequenzen hat dies für die Förderung von Sozialkompetenzen im Rahmen der universitären Lehre? Es ist zunächst zu klären, auf welche Situationstypen hin die Studierenden sozial-kommunikative Handlungskompetenzen erwerben sollen. Als Basis für die weiteren Entwicklungen haben wir die folgenden Situationstypen abgegrenzt, die den Bezugspunkt für je eigene Lehrveranstaltungen bieten: • Präsentations- und Moderationssituationen gestalten; • Kooperations- und Teamsituationen gestalten; • Konfliktsituationen gestalten; • Leadership/Führungssituationen gestalten; • Beratungssituationen gestalten; • Innovationen begleiten.

3.2 Lehrmethodische Dimension: Wie kann die Entwicklung von Sozialkompetenzen durch die Lehrenden gefördert werden?

Massnahmen, wobei häufig eine ziel- und zielgruppenbezogene Verbindung dieser Ansätze erfolgt. Ausgehend von dem Prinzip eines problemorientierten Erfahrungslernens mit seinen drei Konstituenten (Erleben – Reflektieren – Erproben) ist zu entscheiden, welche methodischen Gestaltungselemente diese drei methodischen Schwerpunkte fördern können. Diese könnten dann zu variablen Lehr-Lernumgebungen zielbezogen ausgeformt und verbunden werden. Einen ersten Einblick bietet die nachfolgende Übersicht:

Ohne an dieser Stelle die lerntheoretischen Fundierungen im Einzelnen entfalten zu können, soll als grundlegend für die Entwicklung von Sozialkompetenzen die Leitlinie betrachtet werden, dass sich in der Gestaltung des Lehr-Lernprozesses praktische Erfahrungen mit theoretischen Reflexionen verzahnen sollen. Weitergehend können die folgenden Prinzipien hervorgehoben werden: Das Lernen von Sozialkompetenzen ist kein Ereignis (z.B. ein x-tägiges Seminar), sondern ein Prozess der schrittweisen Entwicklung von unterschiedlichen Teilkompetenzen. Wesentlich ist die Ermöglichung eines eigenaktiven und selbstverantwortlichen Lernens. Sozialkompetenzen werden den Menschen nicht eingegeben wie eine Medizin oder ein kräftiger Lebertran. Sie müssen vor allem vorgelebt und durch die Reflexion lehrreicher, nicht notwendigerweise nur guter Beispiele grundgelegt werden. Nicht Belehrung, sondern Erfahrungensammeln und Reflektieren markieren den Wegweiser. Ein methodischer Kernbereich lässt sich über das Prinzip des problemorientierten Erfahrungslernens beschreiben, d.h. reale oder simulierte berufliche Problemsituationen werden zum erlebten Ausgangspunkt von (Selbst- und Fremd-)Reflexion sowie der Erprobung von alternativen Handlungsmöglichkeiten. Makrodidaktisch kann die Vielfalt der Ansätze systematisiert werden in «on the job»-, «off the job»- und «near the job»-

Welche Konsequenzen haben diese Überlegungen für die Entwicklungen im Rahmen der universitären Lehre? – Zwei Aspekte sollen hervorgehoben werden: Die Umsetzung erfordert anspruchsvolle Entwicklungsanstrengungen, insbesondere, wenn man nicht Lernkonserven aus Kommunikationstrainings verwenden will, sondern die Lernangebote an die Erfahrungswelt der Studierenden anbinden möchte. Es ist darauf zu achten, dass die Lehrenden als Persönlichkeit ein Modell dessen repräsentieren, was sie vermitteln sollen. Die in vielen Praxisfeldern vorzufindende Checklisten-Pädagogik wird der Offenheit und Variabilität der Kommunikationssituationen zumeist nicht gerecht.

Für jede Lehrveranstaltung sind sozial-kommunikative Teilkompetenzen zu formulieren und ist eine Wertausrichtung zu bestimmen. Diese bilden den Ausgangspunkt für die Entwicklung didaktischer Konzepte.

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3. PSF-Forum

Managing the Professional Service Firm

Erfolgspotential Unternehmenskultur: Neue Methoden und Techniken

25. – 28. Juni 2002

18. – 20. September 2002

Zielpublikum

Zielpublikum

Führungskräfte von Unternehmensberatungen, Wirtschaftsprüfungskanzleien, Law Firms, Marketingagenturen, Executive Search Firms, Versicherungsmaklern etc.

Führungskräfte, die mit einem Kulturwandel in ihrem Unternehmen konfrontiert sind.

Schloss Marbach / Öhningen bei Stein am Rhein (CH)

Hotel Vitznauerhof,Vitznau

Seminarleitung Universität St.Gallen

Prof. Dr. Günter Müller-Stewens und Dr. Christoph Lechner

Prof. Dr. Johannes Rüegg-Stürm, Experte für Strategieund Wandelarbeit, unter Mitwirkung von Prof. Dr. Matthias Varga von Kibéd, Universität München, Pionier der Methodik der Systemischen Strukturaufstellungsarbeit

Inhalte

Inhalte

• • • • • • • •

• Die Bedeutung impliziter Strukturen in Situationen strategischen Wandels • Die Praxis lösungsfokussierter Methoden und der Systemische Strukturaufstellungsarbeit • Lösungsfokussierte Gesprächsführung anhand von «Real-Life-Cases» • Beispiele für Organisationsaufstellungen • Systemische Prinzipien zur Förderung der Wandelfähigkeit von Organisationen

Seminarleitung Universität St.Gallen

Strategie, Organisation & Wandel Ertragsmechanik & Performance Messung Rechtsform, Governance & Haftung Management von Geschäftszyklen Wissensmanagement Management der Kundenbeziehung Marken- & Reputationsaufbau Kultur & Werte

Alle Informationen

www.ifb.unisg.ch/seminar_info

St.Galler Wissensmanagement 4. – 7. November 2002 Wolfsberg, Ermatingen TG

Alle Informationen

www.ifb.unisg.ch/seminar_info

Der St.Galler General Management Navigator ® 11. – 14. September 2002

Schloss Marbach /Öhningen bei Stein am Rhein (CH)

Zielpublikum

Zielpublikum Spezialisten, die für Fragen des Wissensmanagements verantwortlich sind, und Führungskräfte, die sich mit diesem Thema künftig intensiv befassen wollen.

Unternehmer/innen, Geschäftsführer/innen, obere Führungskräfte aus Wirtschaft und Verwaltung

Seminarleitung Universität St.Gallen

Prof. Dr. Günter Müller-Stewens, Autor des GMN®Bestsellers «Strategisches Management – Wie strategische Initiativen zum Wandel führen»

Prof. Georg von Krogh, Ph.D., Autor des preisgekrönten Buches «Enabling Knowledge Creation», und Prof. Dr. Andrea Back, Gründerin der «Knowledge Source» und des «Lerning Center» am Institut für Wirtschaftsinformatik

Inhalte • Strategien zur Identifikation, Entwicklung, Nutzung und Messung von Wissen • Wege von der Wissensgenerierung zur Innovation • Praxis des Wissenstransfers und die Rolle der Informationstechnologie als «Enabler» • Erfolgreicher Umgang mit der Komplexität des Wissensmanagements

Alle Informationen

www.ifb.unisg.ch/seminar_info

Seminarleitung Universität St.Gallen

Inhalte • GMN® : Der neue, integrierte St.Galler Ansatz zu den Managementfragen unserer Zeit • Wie wirksame strategische Stosskraft entsteht • Wie sich Unternehmungen richtig im Umfeld positionieren • Wie die Wertschöpfung zu optimieren ist • Wie der Wandel erfolgreich gestaltet wird • Wie man die Umsetzung beobachtet und misst

Alle Informationen

www.ifb.unisg.ch/seminar_info


WISSENSCHAFT UND PRAXIS

3.3 Evaluative Dimension: Wie können Sozialkompetenzen im Rahmen einer Lernerfolgsprüfung evaluiert werden? Es ist nahezu eine pädagogische Kalenderweisheit, dass die Prüfungspraxis massgeblich die Wirksamkeit von Lehrangeboten bestimmt. In der Wahrnehmung der Studierenden gilt zumeist das als wertvoll, was auch geprüft wird. Vor diesem Hintergrund sind anspruchsvolle Lernziele wie die Förderung von Sozialkompetenzen auch über anspruchsvolle Prüfungsverfahren zu evaluieren. Trotz der offenen Forschungsfragen liegen auch für die Evaluation von Sozialkompetenzen einige Erfahrungen vor. Hinzuweisen wäre etwa auf die Ansätze aus dem Bereich der Managementdiagnostik, beispielsweise im Kontext der Eignungs- oder Potenzialdiagnose im Rahmen eines Assessment-Centers. Im Einzelnen sind für die Gestaltung einer Lernerfolgsprüfung die folgenden Fragen zu unterscheiden. Wer evaluiert? Grundlegend stehen sich Formen der Selbst- und der Fremdevaluation gegenüber. Bei der Selbstevaluation ist der Lernende selbst die relevante Evaluationsinstanz, ggf. auf der Grundlage eingeholter Rückmeldungen aus seinem Umfeld. Bei der Fremdevaluation können unterschiedliche Personen zur Quelle der Evaluation werden; neben dem externen Prüfer sind dies beispielsweise Peers. Was wird evaluiert? Prinzipiell können sich die Messung und die Beurteilung von Sozialkompetenzen auf den Zufriedenheits-, Lern- oder Transfererfolg konzentrieren. Mit welchen Verfahren und Instrumenten wird evaluiert? Aus der Vielzahl möglicher Verfahren sollen exemplarisch die folgenden hervorgehoben werden: • Situationsübungen (z.B. Gruppendiskussionen, Präsentation, Rollenspiel). • Beobachtungsverfahren (im Hinblick auf das Verhalten in Prüfungs-, Lern- oder realer Praxissituation). • Konstruktionsübungen (z.B. Situationsaufgabe zur Prüfung von Artikulations- und Interpretationskompetenzen). • Lernzielorientierte Befragung in verschiedenen Varianten (Blitzlicht, Fragebogen, Interview etc.). • Testdiagnostische Verfahren, Ratings. Wie wird das Evaluationsergebnis dokumentiert? Neben den üblichen Noten sind hier Wortgutachten und Rückmeldegespräch zu nennen.

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4. Abschluss Abschliessend ist zu betonen, dass trotz vielfältiger Lehrangebote auch der heimliche Lehrplan der Kommunikationskultur in einer Universität über den Erfolg der Bemühungen entscheiden wird. Formelle und informelle Kultur müssen im Einklang zueinander stehen, wie das folgende Beispiel illustrieren mag: Ein Student besucht ein Seminar an der Universität, das auf eine verständigungsorientierte Konfliktbewältigung abzielt. Erlebt er nach Absolvierung des Seminars auch die glaubwürdige Umsetzung dieser Prinzipien in der Universität, wenn er beispielsweise mit den Dozenten oder Verwaltungsmitarbeitern gegensätzliche Interessen ausficht, oder wird er auf hierarchische Definitionsmacht und vermeintlich unumstössliche Verwaltungsvorgaben verwiesen? Erlebt er in Lehrveranstaltungen Situationen, in denen er die erworbenen Kompetenzen anwenden kann (z.B. bei der Bearbeitung von Fallstudien oder der Durchführung von Kleingruppenarbeit)? Bleibt das Prinzip erkennbar, wenn der Lehrveranstaltungsplan jenseits des reflektierten Nachdenkens und praktischen Erprobens entsprechender Sozialkompetenzen die Vermittlung von Fachtheorien vorsieht und über Marktstrategien, Überleben im Wettbewerb und Ausschalten unliebsamer Konkurrenz nachgedacht wird? Die Förderung von Sozialkompetenzen beinhaltet in einer solchermassen weit gefassten Betrachtung mehr als nur die individuelle Förderung. Das Gelehrte muss in der Kultur der Organisation gelebt und durch die Lehrenden modellhaft repräsentiert werden. In diesem Sinne wird die Förderung von Sozialkompetenzen zu einer kontinuierlichen Anforderung auch an jene Lehrende, die vermeintlich nur Fachtheorien vermitteln. Sie gestalten in ihren Lehrveranstaltungen die Rahmenbedingungen, in denen sich gelernte Sozialkompetenzen anwenden lassen – oder in denen sie konterkariert werden. Damit will ich meinen Einblick in eines meiner zentralen Forschungs- und Entwicklungsprogramme beenden. Ich hoffe, ich konnte zeigen, dass die Förderung von Sozialkompetenzen für eine Universität sowohl erstrebenswert als auch erstrebbar ist. Da Wirtschaftspädagogen sich dadurch auszeichnen, dass sie in der Planung idealistisch, in der Umsetzung hingegen realistisch sind, habe ich die begründete Zuversicht, dass eine Feststellung nicht eintritt, die der Pädagoge Freinet nach Abschluss eines Reformprojektes mal so formulierte: «Seien wir ehrlich: Wenn wir es unseren Bildungsinstitutionen überliessen, den Menschen das Fahrradfahren beizubringen, dann gäbe es nicht viele Radfahrer!» Insofern mache ich hier Schluss, ohne das Thema zu beenden!

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S T U D E N T I S C H E I N I T I AT I V E N I M P O RT R Ä T

Rhetorik-Center (RC): Kommunikation ist Wissen . . . Wissen ist Macht! Seit zehn Jahren geben Studierende ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen Kurse in Rhetorik. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Ausbildung eines HSG-Absolventen. Von Nicole Schiessl

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or zehn Jahren gründeten einige Studierende einen Verein, welcher das Ziel haben sollte, die eigenen rhetorischen Kenntnisse und Fähigkeiten zu verbessern und dieses Wissen dann an diverse Veranstaltungsteilnehmer weiterzugeben. Das «Rhetorik-Center» (RC) war geboren. Dass die Idee Erfolg hatte und immer noch hat, das kann man gut nachvollziehen, denn schliesslich werden die meisten Studierenden der HSG schon während des Studiums und vor allem später im Beruf mit vielen Situationen konfrontiert, in welchen sie auf eine gute Redekunst angewiesen sind. Sich richtig ausdrücken zu können, das ist eine sehr wichtige Kompetenz. Rhetorik-Kurse werden an vielen Orten angeboten, aber sie kosten meist viel Geld. Dank dem unermüdlichen Einsatz der RC-Mitglieder können Interessierte während ihres Studiums Seminare zum Unkostenbeitrag von 95 Franken belegen. Die Kursleiter, welche sich «Coach» nennen, sind selber noch am Studieren und er-

werben sich ihre eigenen Kompetenzen durch diverse interne und externe Aus- und Weiterbildungen. So kann das RC für die Sicherung der Qualität bürgen. Mit viel Freude und Engagement und ohne dafür bezahlt zu werden, wird das Wissen an die Kursbesucher weitergegeben. Im Vordergrund der Kurse des RC steht das «learning by doing». Zahlreiche Übungen werden dreifach beurteilt, nämlich durch den Coach, die Kursgruppe sowie – wohl meist am strengsten – durch sich selber. Möglich macht dies eine Videokamera, welche alles aufnimmt und eine genaue Nachbeurteilung, insbesondere auch das Beurteilen der bedeutungsvollen Körpersprache, erlaubt. Die Kursteilnehmer haben die einzigartige Möglichkeit, im Rahmen der Übungen viele rhetorische Mittel auszuprobieren und auf diese Weise Routine und den eigenen Stil zu finden. «Deshalb liegt der Schwerpunkt auf der aktiven Mitarbeit der Kursteilnehmer und nicht auf dem passiven ‹Konsum› im Stil einer

Das Team des Rhetorik-Centers (RC) an der HSG.

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Vorlesung», erzählt Stefan Leuenberger, der ehemalige Präsident des RC. Stefan, jetzt am Abschliessen seines BWL-Studiums, kam selber durch einen Kursbesuch im RC zur Arbeit als Coach und als Vorstandsmitglied. Für den nächsten Kurs, welcher am 25. April 2002 beginnt, sind noch einige Plätze für Kursteilnehmer frei. Die Infos bezüglich der Anmeldung sind unten zu finden. Übrigens: Für studentische Initiativen und Vereine werden nach Absprache spezielle Wochenendseminare organisiert. Das Hauptziel des RC besteht darin, möglichst vielen Grundkenntnisse der Rhetorik zu vermitteln. Trotzdem nehmen auch immer wieder zahlreiche rhetorisch bereits fortgeschrittene Studierende die Gelegenheit war, sich durch die Übungen in einem Kurs noch weiter zu verbessern. In Zusammenarbeit mit Professor Anderegg von der kulturwissenschaftlichen Abteilung der Universität bietet das RC mittlerweile auch einen Kurs mit einem externen Leiter an. Michael Zimmermann, Unternehmensberater und Partner von «Peer Communications» in Zug, vermittelt das Wissen für eine «erfolgreiche Gesprächsführung». Ziel dieses Kurses ist es, das persönliche Kommunikationsverhalten der Kursteilnehmer im bilateralen Gespräch und in der Gruppe zu verbessern. Es soll die persönliche Wahrnehmungsfähigkeit und Sozialkompetenz entwickelt werden. Die Kurse werden in einer Zehnergruppe geführt, was es erlaubt, die genaue Zielsetzung zu Beginn des Kurses miteinander festzulegen.

Vorträge als «Vorbild» Nebst den Rhetorikseminaren für Studierende veranstaltet das RC auch öffentliche Vorträge, welche für einmal nicht dem eigenen aktiven Üben, sondern dem bewussten Zuhören dienen. Eingeladen werden bekannte Referenten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, welche ihren Erfolg nicht zuletzt ihrer Rhetorik zu verdanken haben und immer einiges darüber zu erzählen vermögen. Anlässlich des Jubiläums-Jahrs war es dem RC-Team gelungen, einen bekannten Kommunikations-Profi an die HSG zu holen: Am 21. Januar 2002 war Klaus J. Stöhlker zu Gast und referierte zum kontroversen Thema «Wer richtig kommuniziert, wird reich». Stöhlker verstand es, den zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörern zu vermitteln, dass die richtige Kommunikation der Schlüssel zum Erfolg ist, erzählt Sibylle Saladin, Marketing-Verantwortliche im Vorstand des RC. Um richtig kommunizieren zu können, betonte Stöhlker, muss man unter anderem auch über ein grosses Wissen verfügen, und dieses Wissen, so der Profi, ist eine «Holschuld». Wer sich beispielsweise erfolgreich bei einer Unternehmung bewerben wolle, der müsse über die Firma Bescheid wissen, und diese Information müsse er sich vorgängig erwerben.

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Im Rahmen der Jubiläumsveranstaltung nutzte das RC auch die Gelegenheit, ein Ehrenmitglied aufzunehmen, und zwar – wohl eher unüblicherweise – ein Mitglied des HSG-Hausdienstes. Josef Studeny wurde dafür geehrt, dass er dem RC über all die Jahre zu einer unersetzlichen Stütze bei der Durchführung von Anlässen geworden war.

Neuorganisation im Rahmen der HSG-Studienreform Von den Veränderungen im Rahmen Neukonzeption der Lehre (NKL) an der HSG ist auch die Arbeit des RC betroffen, denn in der Universitätsleitung war man auf die Wichtigkeit rhetorischer Fähigkeiten aufmerksam geworden und überlegte sich die Einführung von Kursen. Motiviert von den Aktivitäten im RC haben drei Studierende zudem vor zwei Jahren als Spinn-off ein unabhängiges Unternehmen gegründet: «ECom Effective Communications GmbH». Die ECom unterstützt unter anderem das RC mit Dienstleistungen und bietet neu auch die Möglichkeit, dass erfahrene RC-Coaches ihr Können in der freien Wirtschaft erproben können. Die rund 25 aktiven RC-Mitglieder treffen sich auch immer mal wieder zu einem Social Event. Neben den Weiterbildungskursen, welche die Coaches auch im Sinne einer «Belohnung» für ihr Engagement besuchen können, dienen auch diese Anlässe dazu, den Aktiven zu danken und ihnen etwas zu bieten.

RC Alumni Im Mai 2000 taten sich die ehemaligen Mitglieder des Rhetorik-Centers zusammen und gründeten das «Rhetorik-Center Alumni» (RCA). Ziel des RCA ist es, den Kontakt unter den ehemaligen RClern aufrechtzuerhalten, sich regelmässig im Bereich der Rhetorik weiterzubilden, den Gedankenaustausch zwischen den Alumnis und den Aktiven im RC zu pflegen und natürlich das gesellige Beisammensein.

Rhetorik-Center (RC) E-Mail: info@rhetorikcenter.ch www.rhetorikcenter.ch Rhetorik-Center Alumni (RCA) marc.weder@alumni.unisg.ch www.rcalumni.ch

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Eine aussergewöhnliche Universität braucht ausserordentliche Menschen So ein Leitbild ist eine ernste Sache. Stimmt, sagt Emil Herzog und lacht. Wer ist dieser Mann, der einsehen musste, dass nicht jeder Opernsänger sein kann, der in seinem Curriculum vitae mehrere Berufswege und eine Parallel-Laufbahn anführt und sich selber auch einmal als Seminaristen bezeichnet? Emil Herzog ist eine vielschichtige Person, um es einmal einfach zu formulieren. Emil Herzog live macht Unternehmenstheater. Auch dies eine Vereinfachung. Von Reto Pfändler

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pielerisch ist ein Wort, das Herzog im Gespräch häufig braucht. Wenn er von seiner Tätigkeit erzählt, fällt häufig der Begriff «lebendig». Ein Blick auf seine Internetseite www.emil-herzog-live.ch hilft für eine erste Orientierung. Unternehmenstheater und spielerisches Verändern werden da beschrieben. Die Bilderleiste zeigt einen Mann irgendwo zwischen dem Pausenclown und Emil.

MBE – Registered Trademark Entertainement, Empowerment und Commedia Change – so können die drei hauptsächlichen Betätigungsfelder von Herzog kurz umschrieben werden. Unter dem Titel Entertainement bringt Herzog die wunden Punkte und die Stärken in einem Unternehmen auf den Punkt. Das Ist und das Soll werden szenisch dargestellt, pointiert visualisiert er, welche Schuhe in einem Unternehmen wo drücken. «Ich scheue mich auch nicht, Tabus zu thematisieren», erklärt er. Dies verlange allerdings sehr viel Fingerspitzengefühl, um trotzdem respektvoll zu bleiben. Auf diesem Weg sei es jedoch möglich, Abwehrhaltungen respektvoll abzubauen. Mit dem Empowerment werden aktuelle – auch heikle – Themen erlebbar. Das funktioniere so, erklärt Emil Herzog: Zusammen mit Schauspielerkollegen setzt er auf der Bühne aus dem Publikum zugerufene Situationen und Probleme um. Der Effekt könne beispielsweise sein, dass zum ersten Mal ein Leitbild von allen verstanden und erlebt werde. Dieses Verständnis werde möglich durch das Herunterbrechen von der Metaebene auf eine gespielte Alltagssituation. Zum Empowerment gehören auch die Lehrgänge «Sales-Theater» und «Manager of Business-Entertainement» (MBE), beides registrierte Marken von Herzog. Mit der Commedia Change schliesslich setzt er Humor, Spiel und Erlebniskultur ein, um unternehmeri-

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sche Veränderungsprozesse versteh- und nachvollziehbar zu machen und Energien zum Fliessen zu bringen.

Enorm belebende Zeit Der Mann, der für sein eigenes kleines Unternehmen ein für den deutschsprachigen Raum völlig neues Konzept erarbeitet, hat – eigentlich schon zwingend – keinen normalen oder gar geradlinigen Karriereweg beschritten. Seine ersten Lebensjahre verbrachte Herzog bei den Grosseltern in Luzern. Er erinnert sich an eine schöne Zeit mit Holzen, Beeren suchen, Jassen, Fussball spielen und vor allem auch Theater spielen zusammen mit den Nachbarkindern. «Ich will Opernsänger werden», war der damals noch kleine Emil überzeugt. Allein, dieser Herzenswunsch ging nicht in Erfüllung. Die Primar- und Sekundarschule besuchte er in einem Arbeiterviertel in der Stadt Zürich. Danach machte Herzog beim Eisenwarenhändler S. Kisling + Co. eine Verkäuferlehre. Es folgte ein Werkstatt-Stage bei Bührle in Zürich. Doch Herzog hatte das Bedürfnis, mehr zu lernen. Neben seiner Arbeit als Chef des Detailverkaufs bei Brütsch-Rüegger, Werkzeuge und Werkzeugmaschinen in Zürich, besuchte er die Abendhandelsschule und das Abendgymnasium Juventus. Danach zog es ihn nach St. Gallen. 1967 schloss er das BWL-Studium ab. Der typische Weg eines HSG-Studenten, meint Herzog ironisch. Für ihn sei der Zugang zur HSG über eine Aufnahmeprüfung aber naheliegend gewesen, sagt er weiter. Den Tipp habe er von einem der wenigen Kollegen erhalten, die bis zum Schluss am Abendgymnasium dabei waren. Den Schritt nach St.Gallen habe er nie bereut. Herzog schwärmt vom offenen Klima an der Hochschule, von den belebenden Kontakten

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Emil Herzog – ein HSG-Absolvent mit ungewöhnlicher Laufbahn.

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mit Ausländern, vom Stolz, dazuzugehören. Zusammen mit Herzog schlossen beispielsweise der Zürcher Regierungsrat Ernst Buschor, der Redaktor Ueli Burkhard und der ehemalige Nationalrat und Unternehmer Edgar Oehler. Zu seinen engsten Freunden zählte er Fredy Braun, Willy Hofstetter und Arnold Bonderer.

Eintrittsbillett Der HSG-Abschluss sei für ihn natürlich auch als Eintrittsbillett für die weitere berufliche Karriere wichtig gewesen. Nach Studienende wechselte er als Marketing-Manager zu Nestlé/Unilever. Die im Studium angeeignete Fähigkeit, konzeptionell vorzugehen und präventiv Chancen und Fallgruben zu lokalisieren, habe ihm sehr geholfen. «Im Marketing hatte ich bei Nestlé und Unilever das Gefühl eines Goldgräbers.» Weitere Marketing-Stationen waren die VBZ-Züri-Linie und die Arbeit als Globus-Stammkunden-Manager (Kundenkarte). Parallel dazu war er Verlagsleiter des GlobiVerlags. In all diesen Tätigkeiten lebte Herzog nach dem Prinzip des «shakespearschen» Marketings: Finde eine Idee, mach daraus eine Geschichte, erzähle und spiele die Geschichte und hole mit dem Hut den Applaus oder zumindest Resonanz. Sein Marketing-Knowhow nützt Herzog nun natürlich für seine eigene Firma.

Parallele Welt Neben seinem beruflichen Engagement als Manager bei Unilever tauchte Emil Herzog schon früh in eine parallele Welt ein – in die Welt des Theaters. Er besuchte die Schule für Bewegungstheater (nach Lecoq) in Zürich und die école Lecoq in Paris. Bei «I colombaioni Roma» lernte er die Welt der commedia dell’arte kennen. Sieben Jahre lang tourte Herzog mit zwei kabarettistischen Soloprogrammen durch die Schweiz und Süddeutschland. Im Jahr hatte er rund 30 Auftritte neben seinem normalen Beruf. Um diesen Tätigkeiten eine breitere Basis zu geben – dass es etwas bürgerlicher aussah, so Herzog –, fügte er zwei weitere Ausbildungen an. Für seine Rolle als Kreativ-Coach liess er sich zum Trainer für Neuro-Linguistic Programming (NLP) ausbilden. Für seine Rolle als Veränderungstrainer hängte er eine Ausbildung zum systemischen Organisationsentwickler an. Ab 1996 begann sein zweiter Berufsweg als Selbstständiger. Er baute das erste professionelle Unternehmenstheater im deutschsprachigen Raum auf. Seit dem Jahr 1998 arbeitet er mit «vitaminT fit4change» aus Deutschland zusammen. Gerade mit seiner heutigen

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Tätigkeit kann er der «Durchschnitts-Ekstase» eines Beamten entkommen. Er ziehe die Höhen und Tiefen der Selbstständigkeit vor, ergänzt Herzog und hofft, körperlich und geistig fit zu bleiben.

Zeit für Musse Ruhe und Erholung findet Herzog zu Hause in Stäfa. Zusammen mit seiner Frau geniesst er dort den Blick über die Reben und den See. Seit 1968 ist er mit einer Psychologin verheiratet. Seine drei Kinder besuchten die Waldorf-Schule, bevor sie sich kreativen Berufsfeldern zuwandten. Der Sohn ist Schauspieler, die mittlere Tochter ist Juristin und Violonistin und die jüngste Tochter ist selbstständige Fotografin. Seine wenige Freizeit verbringt Herzog gerne zusammen mit seiner Frau beim Bergwandern. Den Donnerstag – falls er die Zeit findet – verbringt er abends mit Aikido und einem gemütlichen Bier zusammen mit einem guten Kollegen. Ruhe und Kraft schöpft er auch aus der Auseinandersetzung mit Spiritualität und Mystik als Quelle der Kraft und der Inspiration. Zwar ist seine Beziehung zur Universität St.Gallen heute nur noch lose. Herzog betonte aber: «Ich bin immer noch Stolz, dazuzugehören.» Die HSG sei eine aussergewöhnliche Universität, die aussergewöhnliche Methoden und Konzepte brauche. Was könnte das bedeuten? Natürlich, dass die HSG als erste Universität einen Lehrbeauftragten zum Thema «Veränderungsprozesse mit Unternehmenstheater gestalten» verpflichte. Wer das sein könnte, lässt Herzog offen und schickt einen herzlichen Gruss an alle Kolleginnen und Kollegen.

10. Ehemaligen-Forum Freitag, 7. Juni 2002,Weiterbildungszentrum HSG

Management der Ungewissheit die Herausforderung der Zukunft

Neue und unberechenbare Risiken in Wirtschaft und Gesellschaft fordern ein Management der Ungewissheit. Dieses Forum ergründet Ursachen und Konsequenzen der zunehmenden Unsicherheiten und versucht, aus unterschiedlichen Perspektiven Lösungen zur Bewältigung dieser Unsicherheiten aufzuzeigen und zu diskutieren. Weitere Informationen unter www.wbs.unisg.ch.

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WEITERBILDUNG

Auf dem Weg zur führenden europäischen Business School Mit dem Executive MBA in New Media and Communication und dem Executive MBA in Retail Management bietet die Universität St.Gallen jetzt gleich zwei englischsprachige PostgraduiertenStudiengänge an und verstärkt damit ihre internationale Ausrichtung. Von Renate Grau und Anja Knaus

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ur vision is to be leading business school in Europe by 2005» – mit dieser Leitvision der Universität begrüsste Rektor Professor Dr. Peter Gomez am 4. Februar den zweiten Jahrgang des Executive MBA in New Media and Communication. Mit dem Executive-MBA-(EMBA)Programm positioniert sich die Uni seit letztem Jahr weit über den deutschen Sprachraum hinaus in dem weltweit heiss umkämpften obersten Segment der Hochschul-Weiterbildung: den prestigeträchtigen und hochpreisigen Executive-MBA-Studiengängen. Das Vorstossen in die internationale europäische – und damit englischsprachige – Top-Szene folgt logisch auf die bereits erfolgreich etablierte internationale Ausrichtung der Hochschulausbildung mit Programmen wie der Community for European Management Schools (CEMS). Als formal wichtige Etappen auf dem Weg zur Internationalisierung zählen die Equis-Akkreditierung (siehe Alma 4/2001) und die Mitgliedschaft in der Association of Professional Schools of International Affairs. Bereits in den Startlöchern ist der jüngste internationale Postgraduierten-Studiengang: Der Executive MBA in Retail Management wird im Sommer sein Programm aufnehmen.

Internationale Managementweiterbildung auf hohem Niveau Die wachsende Popularität von international ausgerichteten EMBA-Programmen hat folgenden Hintergrund: Im Zeitalter der Globalisierung spielen sich Führungsaufgaben immer mehr in einem internationalen Umfeld ab. Englisch ist lingua franca in vielen Geschäftsfeldern und an der Tagesordnung sind grenz- und kulturüberschreitende Beziehungen zu Mitarbeitern, Kunden, Wettbewerbern und anderen Stakeholdern. Die zunehmende Internationalisierung verlangt nach Weiterbildungsprogrammen, die dieser Entwicklung Rechnung tragen. Das Institut für Medien und Kommunikationsmanagement (MCM-Institut) und der Gottlieb-Duttweiler-

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Lehrstuhl am Institut für Marketing und Handel (IMH) stossen mit ihren englischsprachigen, internationalen Nachdiplomstudiengängen in eine Lücke auf dem breiten Markt für die Aus- und Weiterbildung. Der EMBA in New Media and Communication und der EMBA in International Retail Management ermöglichen es den Teilnehmern, in eng mit der Praxis verzahnten Kursen ihr Wissen gezielt zu vergrössern, Management-Kompetenzen auszubauen und unternehmerisches Verantwortungsbewusstsein zu gewinnen. Mit der Vermittlung fundierten Hintergrundwissens in Kombination mit praxisorientierten Lernprojekten und dem Einsatz unterschiedlicher Lernmethoden folgen beide Studiengänge dem Lernkonzept der Universität St.Gallen – vom interaktiven Lernen durch Fallbeispiele (Case Studies) und viel Gruppenarbeit über online-basiertes Selbststudium (E-Learning) bis hin zu Exkursionen und Sessions mit Praktikern. Der Einsatz international bekannter Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Praxis im Unterricht gewährleistet eine qualitativ hohe Ausbildung. Beide Programme werden bewusst klein gehalten, um eine intensive Betreuung zu gewährleisten. Die handverlesenen Teilnehmer werden international rekrutiert und müssen neben einem Hochschulabschluss mehrjährige Berufserfahrung nachweisen.

Den Nachwuchs im Handel auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereiten An den Topmanagement-Nachwuchs im Handel richtet sich das neue EMBA-Programm des Gottlieb-Duttweiler-Lehrstuhls. Um den Erfolg ihres Unternehmens zu sichern, müssen Handelsmanager heute in einem dynamischen Markt auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren und oft unter grossem Zeitdruck Entscheidungen treffen. Das Umfeld im Detailhandel entwickelt sich in rasanter Geschwindigkeit. Auf Kundenseite erleben wir aktuell demografische Veränderungen, die zu neuen Konsum- und Einkaufsmustern führen. Auch das Auftreten neuer Wettbewerber und das Entstehen innovati-

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WEITERBILDUNG

Professor Dr. Thomas Rudolph, Direktor des EMBA in Retail Management «Top-Führungskräfte des Handels von morgen erwartet bei uns ein qualitativ hochwertiges Nachdiplomstudium, das Lerninhalte und Lernmethoden bereitstellt, die den aktuellen Entwicklungen im Handel Rechnung tragen.»

Professor Dr. Peter Glotz, Direktor des EMBA in New Media and Communication: «An der Universität St.Gallen gibt es ein tief verankertes Bewusstsein, dass man mit internationalen Spitzenuniversitäten konkurrieren will. Eine ideale Voraussetzung, um erstrangige Medienmanager auszubilden.»

ver Formate bringen insbesondere den traditionellen Handel unter starken Druck. Darüber hinaus steigt die Bedeutung der neuen Technologien in der Branche. Um den Erfolg ihres Unternehmens zu sichern, müssen Handelsmanager heute in einem dynamischen Markt auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren und oft unter grossem Zeitdruck Entscheidungen treffen. Internationalisierung, neue Konsum- und Einkaufsmuster auf Kundenseite, das Auftreten neuer Wettbewerber, das Entstehen innovativer Formate und die steigende Bedeutung der neuen Technologien in der Branche, bringen insbesondere den traditionellen Handel unter starken Druck. Angesicht dieser rasant verlaufenden Entwicklungen braucht es neue Konzepte in der Weiterbildung. Der Gottlieb-Duttweiler-Lehrstuhl für Internationales Handelsmanagement entwickelte deshalb gemeinsam mit der University of Florida den Executive MBA in International Retail Management. Durch eine Kombination von Distance Learning im Internet und klassischem Präsenzlernen im Rahmen von Summer Schools ermöglicht dieser neue EMBA einen flexiblen Lernprozess und kann berufsbegleitend erworben werden. Die Teilnehmer erhalten die Chance, ein langfristiges Beziehungsnetz aufzubauen, und werden von international bekannten Professoren und Referenten un-

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terstützt. Der firmenübergreifende Erfahrungsaustausch bietet wertvolle Einblicke in Best-Practice-Lösungen über Unternehmens- und Landesgrenzen hinweg. Die Lehrinhalte berücksichtigen die Internationalisierung des Handels besonders stark. Das handelsspezifische Weiterbildungsangebot gewährleistet ausserdem durch unternehmensspezifische Projekte und eine praxisorientierte Diplomarbeit den Bezug zu den aktuellen Herausforderungen am Arbeitsplatz der Teilnehmer und trägt damit direkt zur Verbesserung der Unternehmensleistung bei. Eine weitere Besonderheit ist die Vergabe eines Doppeldiploms, das von der Universität St.Gallen und der University of Florida vergeben wird. Um das ambitionierte Ziel eines qualitativ hochwertigen und weltweit einzigartigen Programmes zu erreichen, arbeiten der Gottlieb-Duttweiler-Lehrstuhl und die Universität Florida eng mit weiteren strategischen Partnern zusammen. Hierzu gehören zum Beispiel die University of Oxford, die Escuela Superior de Administración y Dirección de Empresa in Barcelona, die Monash University in Australien und die University of Marketing and Distribution Sciences in Japan. Das Programm beginnt am 10. August 2002 mit einer Summer School am Templeton College an der Universität Oxford.

Rüstzeug für die künftigen Führungskräfte der digitalen Ökonomie Für seinen EMBA in New Media and Communication hatte sich das MCM-Institut vor zwei Jahren einen Vordenker der digitalen Ökonomie geholt: den renommierten deutschen Medienpolitiker und Kommunikationswissenschaftler Peter Glotz. Derzeit erwirbt bereits die zweite Staffel seines Programms ihren Executive-MBA-Titel der HSG. Im Unterschied zum Retail-EMBA handelt es sich dabei um ein Vollzeit-Programm, das es den Studierenden erlaubt, in nur elf Monaten ihren Abschluss zu erhalten. Das kompakte Programm vermittelt als Basis eine fundierte Ausbildung in General Management. Aufbauend auf dem St.Galler Management-Ansatz folgen vielfältige Business-Anwendungsmöglichkeiten der digitalen Medien. Dazu kommen Lehreinheiten an der amerikanischen Berkeley-Universität und ein Abstecher ans Centre Universitaire in Luxemburg mit dem speziellen Fokus auf die Besonderheiten des US-amerikanischen bzw. europäischen Marktes. Zum Abschluss des Programms werden die Studierenden im so genannten «Media Venture» eigene Geschäftsmodelle erstellen und umsetzen. Während des gesamten Studienjahres werden den Teilnehmern Führungsfähigkeiten wie Techniken zur Vermittlung von Konflikten und angewandte Organisationspsychologie vermittelt. Das Programm zieht vorwiegend Teilnehmer aus den Bereichen Telekommunikation, Unternehmensbera-

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WEITERBILDUNG

tung an. Auffallend ist ein relativ hoher Frauenanteil, der mit 31% weit über dem HSG-Durchschnitt liegt.

Auch eine Herausforderung für die «Macher» Für die verantwortlichen Programmdirektoren und deren Mitarbeiter an den beiden beteiligten HSG-Instituten stellen die Entwicklung und die Durchführung der Programme eine besondere Herausforderung dar. Neben der anspruchsvollen Aufgabe, die Programme inhaltlich zu füllen, gilt es – von der Konzeption bis zur Umsetzung – vor allem auch viele organisatorische Hürden in der Zusammenarbeit mit Partnern im In- und Ausland zu überwinden. So erweist es sich nicht zuletzt auch als eine grosse Herausforderung, ein englischsprachiges Angebot an einer vorwiegend deutschsprachigen Universität zu integrieren. Mit dem Ziel vor Augen, ein wirklich einzigartiges Angebot an der HSG zu schaffen, nehmen die Projektteams am MCM und IMH diese Herausforderungen mit der notwendigen Flexibilität, Kundenorientierung und Freude an den internationalen Kontakten gerne an.

NEW: Alumni Club Media-MBA This January, the pioneer graduates of the MBA Program «New Media and Communication» founded their alumni club. Members will be meeting regularly in Switzerland and at their international annual reunion in the Fall. A quarterly newsletter edited by the current MBA students will keep graduates updated. As most graduates returned to their home countries, a number of 16 different nations, the Club seeks to promotes beyond continents. Therefore, the Club seeks contact to other international HSG alumni associations, esp. in India, Southeast-Asia and Africa. Contact information: Shelly Burnside at shelly.burnside@alumni.unisg.ch

Executive MBA in New Media and Communication Anmeldefrist für den Jahrgang 2003 ist der 15. August 2002. Informationen: MBA Office Tel. ++41 (0)71 224 30 22 E-Mail: media-mba@unisg.ch http://www.media-mba.unisg.ch

Executive MBA in International Retail Management Beginn des Programmes: 10. August 2002 (Summer School am Templeton College an der Universität Oxford) Informationen: Institut für Marketing und Handel Gottlieb-Duttweiler-Lehrstuhl für Internationales Handelsmanagement Hildegard Zaech Tel. ++41 (0)71 224 28 56 E-Mail: hildegard.zaech@unisg.ch http://www.retailmba.com

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ALUMNI-CLUBS

Alumni MBE HSG, der neue Verein innerhalb des Alumni HSG Von Matthias Poetz • Orientierung über neuste Entwicklungen des MBE-Programms • Gemeinsame Projekte Wahrung der Interessen der Alumni gegenüber der Wirtschaft, der Öffentlichkeit und den Institutionen • Bekanntheitsgrad des MBE und des Business Engineering fördern

Einbettung Der Alumni MBE wurde als Verein unter dem Dach der Alumni HSG gegründet. Jedes Mitglied der Alumni MBE HSG ist somit auch Mitglied der Alumni HSG

Dienstleistung des Alumni MBE

Der Vorstand des Vereins Alumni MBE HSG.

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ie Idee einer Alumnigründung geisterte bei diversen Absolventen des 1. MBE 1999 im Kopf herum. Aber wie bei vielen Start-Ups ist der Weg von der Vision zur Umsetzung eine grosse Herausforderung. Die Idee wurde durch die Absolventen des 2. MBE aufgenommen, Statuten wurden erarbeitet und durch den Senat der HSG verabschiedet. Der Projektweiterführung stand somit nichts mehr im Wege. Aber bekanntlich sind aller guten Dinge drei, und so erreichten wir gemeinsam mit dem MBE 3 den gesetzten Milestone «Gründungsversammlung». Der Verein wurde anlässlich des 2. Business Engineering Refreshers am 14. Dezember 2001 im WBZ der Universität St.Gallen gegründet. Es waren 53 Gründungsmitglieder anwesend, welche der Grundsatzabstimmung einstimmig zustimmten.

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Ziel und Zweck Der Verein Alumni MBE HSG ist durch den Non-Profit-Gedanken geleitet. Er hat primär zum Ziel, die Kontaktpflege unter seinen Mitgliedern zu fördern sowie die Weiterentwicklung und Verbreitung des Business Engineering voranzutreiben. Der Verein hat sich die folgenden Ziele auf die Fahne geschrieben:

Der Alumni MBE versteht sich als Plattform, Katalysator und Incubator und soll unter dem Leitmotiv «von MBE für MBE» zusammen mit seinen Mitgliedern folgende Dienstleistungen erbringen: Organisation von Knowledge Events • Vorträge von Firmen, Spezialisten, IWI-/HSG-Dozenten, Alumni-Mitgliedern • Diskussionen/Podiumsdiskussionen zu aktuellen Themen • Firmenbesuche

Kontaktpflege zwischen den Alumni-Mitgliedern nach Abschluss des MBE • Career Networking • Plattform zur Pflege sozialer Kontakte • Plattform zur Entwicklung des Business Engineering Know-how

Organisation von Social Events • Last Tuesday, Stammtisch in Zürich • MBE-Party • Golfturnier

Pflege einer ständigen Verbindung zwischen Alumni und MBEProgramm • Feedback an das MBE-Programm

Information der Mitglieder • Alumni-News • Mailings, Einladungen zu Anlässen • Zeitschrift Alma

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ALUMNI-CLUBS Etablierung eines Business Engineering Forums • Elektronisches Whiteboard • Workshops zu speziellen BE-Themen

Aktivitäten/Events

Lokale Netze

• Plattform für Gedankenaustausch

Um der Expansion nach Deutschland und der geografischen Verteilung der Mitglieder Rechnung zu tragen, unterstützt der Alumni MBE die Bildung von lokalen Netzen in Form von Alumni-MBE-Clubs.

als Produzent im BusinessEngineering-Netzwerk • Unterstützung bei der Organisation und Durchführung von Business Engineering Events • Plattform für Vorträge • Plattform für Gedankenaustausch

Alle Mitglieder sind aufgefordert, aktiv bei der Gestaltung der Aktivitäten mitzuwirken. Der Alumni MBE nimmt die Ideen gerne auf und steht bei der Organisation und Durchführung tatkräftig zur Seite.

Nutzen für die Mitglieder

Mitgliedschaft

als Konsument des BusinessEngineering-Netzwerks • Plattform zur Weiterentwicklung des MBE-Know-hows • Aktuelle Information über die AlumniMBE-Aktivitäten • Plattform zur Pflege der sozialen Kontakte

Der Eintritt in den Alumni MBE HSG steht allen Absolventinnen und Absolventen des Nachdiplomstudiengangs Master of Business Engineering des Instituts für Wirtschaftsinformatik der Universität St.Gallen offen.

Dem Alumni-MBE-Mitglied erwächst ein vielfältiger Nutzen: als Alumni-HSG-Mitglied • Zugriff auf das «who is who» der HSG • Zustellung der Zeitschrift Alma

Kurzprofil Alumni MBE HSG: Gegründet 2001, als neuer Verein innerhalb des Alumni HSG durch Absolventen des MBE HSG der Jahre 1999– 2001. Der Verein hat zum Ziel, die Kontaktpflege unter seinen Mitgliedern zu fördern sowie die Weiterentwicklung und Verbreitung des Business Engineering voranzutreiben. MBE Alumni, Kontakt: www.mbe. unisg.ch/alumni, Matthias Poetz, mpoetz@bepartner.ch, oder Bruno Hengartner, bhen@ch.ibm.com

«Jubel» nach der Vereinsgründung.

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NDU ALUMNI

Führung und Motivation unter erschwerten Bedingungen Von Anna Beck, Alumni des EMBA-Kurses 15

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ie 25. Weiterbildungsveranstaltung der Alumni des EMBA HSG fand am 1. und 2. März 2002 im Seehotel Kronenhof in Berlingen statt; sie stand unter dem Thema «Führung und Motivation unter erschwerten Bedingungen». Das Programm kündigte vier namhafte Referentinnen und Referenten an, die hohe Erwartungen weckten: Prof. Dr. Sybille Sachs, Matthias Mölleney, Evelyne Binsack und Prof. Dr. Rolf Kiechl. So waren es denn auch rund siebzig Ehemalige aus praktisch allen Kursen, die den Vortragssaal füllten.

Die kritischen Aufgaben in der Stakeholder View sind folgende: • Identifikation der Stakeholder sowie Ermitteln ihrer Ziele und Anliegen unter sich rasch ändernden Bedingungen. • Entwickeln und Institutionalisieren von Grundsätzen und Instrumenten (Strategie, Struktur, Kultur), welche den Erwartungen der Stakeholder gerecht werden. • Erhalten eines Gleichgewichtes aus Anreizen und Beiträgen zwischen den Stakeholdern.

Was macht die heutige Situation so schwer?

Motivation und Selbstmotivation in schwierigen Zeiten

Sybille Sachs machte mit ihrem Referat «Was macht die heutige Situation so schwer? Ein neuer strategischer Management-Ansatz für die strategischen Dilemmas» den Einstieg in die Tagung. Aus einer Makrosicht schilderte sie eindrücklich den Umgang mit Paradoxien, was an Universitäten noch kaum gelehrt wird. Am Beispiel des Shell-Konzerns mit Nigeria und Brent Spar illustrierte Frau Sachs Gegensätze wie Weltfirma versus Nationalstaat (Globalisierung), Autonomie versus Exposure (Grösse der Unternehmung), Wandel versus Nachhaltigkeit (Hyperwettbewerb) und Kapital versus Wissen (Unternehmenspotenzial). Schliesslich stellte sie den traditionellen Konzepten des strategischen Managements als neues Modell den Stakeholder View entgegen, welcher folgende vier Ideen enthält: 1. Die Unternehmung ist eine Institution, die sich mit der Beschaffung von Ressourcen für den produktiven Gebrauch beschäftigt zum Nutzen ihrer zahlreichen Stakeholder. 2. Alle Träger von Restrisiken sind Stakeholder; sie setzen etwas «aufs Spiel». 3. Die Analyseeinheit in der Stakeholder View ist die in das Stakeholder-Netzwerk eingebettete Unternehmung. 4. Unternehmerischer Erfolg impliziert angemessenes Schaffen von Nutzen und minimale nachteilige Auswirkungen auf die Interessen aller involvierten Stakeholder.

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Matthias Mölleney, oberster Personalverantwortlicher bei der Swissair, stellte seine Ausführungen unter das Thema «Motivation und Selbstmotivation in schwierigen Zeiten». Er liess nochmals kurz Revue passieren, was endgültig zum Niedergang der Swissair führte. Zum x-ten Mal wurden Zusammenhänge verschiedener Ereignisse mit dem 11. September 2001 diskutiert. Die für ihn wichtigsten Fragen Ende letzten Herbstes waren folgende: • Welches Verhalten wird von den Mitarbeitenden erwartet? • Wie ist die individual- und kollektiv-rechtliche Situation? • Worauf haben die Mitarbeitenden konkret noch Anspruch? • Lohn (wie lange? / 13. Salär / Zulagen / Überzeit, Ferien, Nachtstundenguthaben)? • Sind die abgeschlossenen Sozialpläne gültig? • Wer muss/darf weiterarbeiten und unter welchen Bedingungen? • Ab wann gibt es Leistungen der Arbeitslosenversicherung? • Was geschieht mit den Pensionskassen? Werden die Fonds aufgelöst? • Welches sind die Auswirkungen auf Krankenkasse und Unfallversicherung? Können diese unabhängig vom Arbeitgeber weitergeführt werden?

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• Sind die Einlagen in der Depositenkasse definitiv gesichert? Im Weiteren gab Matthias Mölleney allgemeine Checklisten zum Personalmanagement in Krisensituationen ab, die eigentlich bekannt sind, aber genau in diesen kritischen Situationen vergessen werden: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Präsent sein Um die Mitarbeiter besorgt sein Sich organisieren Richtlinien herausgeben Infrastruktur bereitstellen Informieren (intern und extern) Unterstützung anbieten

Auf die Frage nach seiner Selbstmotivation antwortete Matthias Mölleney mit folgender Leitschnur: Sobald

sich die Spirale nach unten zu drehen beginnt, gilt es, sofort alles daran zu setzen, da heraus zu finden – je früher und schneller, desto besser. Er empfiehlt, regelmässig Ausdauersport zu treiben. Das heisst, auch morgens um sechs Uhr und bei strömendem Regen durch den Wald zu rennen.

Selbstmotivation am Mount Everest Evelyne Binsack stimmte mit ihrem Auftritt die Zuhörenden aus verschiedenen Gründen nachdenklich. Plötzlich taucht diese zäh und auch etwas stur wirkende Bergführerin und Helikopterpilotin vor uns auf und enführt uns in Regionen, wo der Mensch eigentlich grundsätzlich nichts verloren hat. Oder doch? Evelyne Binsack hat als erste Schweizerin den Mount Everest bestiegen. Was treibt Menschen in solche Höhen?

Evelyne Binsack, erste Schweizerin auf dem Mount Everest, referierte packend bei den EMBA-Alumni. (Foto: Robert Bösch)

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Frau Binsack nennt sieben Punkte, die sie zu ihren extremen Spitzenleistungen befähigen: 1. Entschlossenheit: Immer das Ziel vor den Augen behalten. 2. Respekt: Keine Angst haben, aber gleichzeitig das Umfeld respektieren, zum Beispiel die Wetterlage. 3. Kenntnis und Professionalität: Durch gemachte Fehler einen eigenen Erfahrungsschatz aufbauen. Die aktuelle Situation immer wieder neu beurteilen. 4. Herzblut, Passion und Leidenschaft: Dies ist die eigentliche Essenz, welche hilft, Durststrecken durchzustehen. 5. Ziele setzen: Nur mit einem klaren Ziel vor Augen geht es vorwärts. 6. Ehrlichkeit: Sich selber sein. Sich auch immer wieder Fragen stellen wie: «Was will ich im Beruf erreichen?» und: «Was will ich mit meinem Leben bewirken?» 7. Selbstverantwortung: Auch wenn ich mich in einem Team bewege, liegt die Verantwortung, oben anzukommen, hundertprozentig bei mir. Verantwortung lässt sich auch im Team nicht aufteilen. Es gilt das Motto: «Alleine mit allen». Evelnye Binsack spricht offen über die Gefühle, die sie in der Auseinandersetzung zwischen Mensch und Berg bestürmen. Sie beschreibt die Angst in Situationen, in denen sie nicht mehr weiter wusste. Nicht wusste, wo sie als nächstes eine Fingerkuppe oder Zehe aufsetzen sollte. Sie hat für sich gelernt, mehrmals in diese schwierigen Positionen hinein und hinaus zu gehen. Dieses Hin und Her praktiziert sie so lange, bis sie sich mit der beängstigenden Situation angefreundet hat; ja, bis sie ihr richtig vertraut ist. Die immer gleiche Vor- und Rückwärtsbewegung erzeugt Sicherheit, und mit der Zeit ist eine Überwindung der Schwierigkeit möglich. Den Antrieb, Leiden zu überwinden, gewinnt sie aus dem Bewusstsein heraus, dass ihre Kolleginnen und Kollegen genau das Gleiche erleben: Sie leiden auch. Evelyne Binsack versucht, aus jeder Situation – und sei sie noch so widrig – das Beste zu machen. Die Bergwelt vermittelt ihr ein Gefühlt von Dankbarkeit für die eigene Existenz. Mitunter fühlt sie sich als Winzling. Die Berge waren lange vor uns da und sie werden noch lange nach uns das sein: ein Gefühl für die Schöpfung. Auch eine unerfüllte Traurigkeit: Sie verspürt immer wieder heftig das Verlangen, mit dieser Natur verschmelzen zu können. Das ist ihre eigentliche Triebfeder. Was Evelnye Binsack quasi als Notvorrat auf jeder Tour im kleinen Rucksack mitführt: Schnaps, um den Bauch zu wärmen; Schnupf(-tabak), um den Kopf frei zu halten, und ein Springseil, um fit zu bleiben.

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Emotionen im Management Prof. Dr. Rolf Kiechl sprach über ein Gebiet, welches in gängigen Managementlehren selten thematisiert wird, gelten doch in der Wirtschaft Emotionen als Feind. Nach Möglichkeit sollen sie durch strikte Rationalität ersetzt werden. Trotzdem erobern sich Begriffe wie emotionale Intelligenz, Flow als Geheimnis des Glücks und Angsttheorien im Standardvokabular der Manager immer mehr ihren Patz. Emotionale Probleme im Team oder mit Vorgesetzten wirken als Barrieren und verhindern den Flow. Weitere Hindernisse für den Flow sind Störungen von aussen wie etwa Telefonanrufe. Der Flow benötigt eine gewisse Zeit, um erlebbar zu werden. Weitere Voraussetzungen sind: klare Ziele setzen, klares Feedback geben und die Latte mit den Anforderungen hoch genug legen. Weiter thematisiert Rolf Kiechl, wie Veränderungsprozesse Ängste schüren können. Wandel kann einen Trauerprozess mit den typischen psychischen Reaktionen hervorrufen. Der Satz «Partir, c’est toujours mourir un peu» versinnbildlicht diese Situation deutlich. Verschiedene Theorien und Ansätze beschreiben den Zustand der Angst. Auch die Alltagssprache umreisst die Gefühle eindrücklich: «Angst schnürt ein und lähmt.» – «Angst macht dumm.» – «Die Angst sitzt mir im Nacken.» Was zeichnet die ängstliche Persönlichkeit aus? Kreativität, rigide Denkstrukturen, übermässiges Bedürfnis nach Bestätigung, hoher Selbstanspruch, Perfektionismus, ausgeprägtes Bedürfnis nach Selbstbeherrschung, Unterdrückung negativer Gefühle und das Ignorieren körperlicher Bedürfnisse, was letztlich zum Burnout führen kann. Die Liste mag auf den ersten Blick erstaunen, bestätigt sich aber bei genauerem Hinsehen und in praktischen Untersuchungen. Was kann dazu beigetragen werden, die Angst der Angestellten bewältigen zu helfen? Eigentlich sind es Basics, die jede Unternehmung kennt: Ein verständliches Leitbild vermitteln, Information und Kommunikation pflegen, Partizipation ermöglichen, Vertrauen kultivieren, Aus- und Weiterbildung anbieten. Und schliesslich versuchen, Hoffnung im Sinne von Glück und Freude zu teilen. Der Vortrag von Prof. Dr. Rolf Kiechl bildete den Abschluss der 25. Weiterbildungsveranstaltung der Alumni des EMBA HSG. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses Seminars äusserten sich sehr befriedigt über die Qualität der gebotenen Referate. In angeregten Diskussionen während des ausgezeichneten Abendessens wurden die verschiedenen Inhalte individuell vertieft. Der Vorstand freut sich darauf, spätestens in einem Jahr zum nächsten Weiterbildungsangebot einladen zu können.

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H S G - A L U M N I - C L U B B O S TO N

Schmelztiegel von Professionals, Forschenden und Studierenden

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as John Harvard Brew House ist eine Institution in Cambridge. Das Pub am Harvard Square ist ein bekannter Treffpunkt von Studierenden und Forschenden von Harvard, MIT, der Boston University und zahlreicher anderer der über 40 Colleges und Universitäten im Grossraum Boston. Hier werden bei einem hauseigenen Bier Geschichten über Professoren und Kommilitonen ausgetauscht und es wird über Gott und die Welt diskutiert. Und ab und zu steht dort auch eine kleine Schweizerfahne auf einem Tisch. Monatlich treffen sich hier nämlich rund 10 bis 15 HSGler zu einem Alumni-Stamm. Der HSG-Alumni-Club Boston wurde 1998 von Absolventen gründet. Der Club hat derzeit rund 30 Mitglieder. Dies sind Jungunternehmer, Berater, Banker; einige von ihnen sind schon seit Jahren in New England. Ebenso zahlreich sind Doktorierende und Postdocs, die in Harvard oder am MIT einen Teil ihrer Forschung absolvieren. Obwohl eine Mehrzahl der Boston-Alumnae und -Alumni nicht Schweizer ist, wird versucht, hier in Boston etwas Schweizer Kultur zu pflegen, wie beispielsweise bei einem Käsefondue. Neben dem gemütlichen Beisammensein bietet der Stamm auch die Möglichkeit, Erfahrungen über das Arbeits- und Studienleben in der Wissenschaftsmetropole auszutauschen oder Erkenntnisse über die US-Kultur zu diskutieren. Gerade im Zusammenhang mit den Ereignissen vom 11. September war der Stamm eine willkommene Gelegenheit, persönliche Meinungen darüber auszutauschen. Viele haben in den Wochen nach den Attentaten lange Zeit nicht wirklich produktiv arbeiten können, da das Thema allgegenwärtig war. Auch das Fliegen vom Bostoner Flughafen Logan aus wurde plötzlich zum Erlebnis. Zudem bietet das in Cambridge zwischen MIT und Harvard angesiedelte

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Mitglieder der HSG-Alumni-Clubs in Boston. Swiss House zahlreiche Gelegenheiten, den Kontakt mit HSG-Alumnae und -Alumni zu pflegen. Das Swiss House ist das erste Konsulat für Wissenschaft und Technologie und hat sich zum Ziel gesetzt, eine Brücke zwischen Forschung, Wissenschaft und Hightech-Firmen in New England und der Schweiz zu schlagen und so die innovativen Kräfte der Schweiz in Zukunft zu erhalten. Bei den zahlreichen Networking-Anlässen, welche das Swiss House organisiert, haben wir die Gelegenheit, nicht nur HSG-Alumnae und -Alumni kennen zu lernen, sondern auch andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Forschende und Professionals aus der Schweiz, die sich in der Umgebung von Boston angesiedelt haben. Zurzeit hat der HSG-Alumni-Club in Boston zwei stolze Präsidenten, Dr. Tarek El-Din (Professionals) und Alexander W. Strunck (Forschung/Studenten). Wir freuen uns sehr über jeden spontanen Besuch von in Boston Durchreisenden aus St.Gallen. Der Stamm findet jeweils am ersten Montag im Monat statt. Weitere Ankündigungen sowie die Kontaktdaten der Präsidenten sind der Alumni-Webpage zu entnehmen (www.alumni.unisg.ch/alumni/home.

nsf/WebLocals/E497D5CC29E12ECAC 125680800276DC3?OpenDocument). Von Yvonne Wicki Visiting Scholar an der Sloan School of Management, MIT

ISC 2002: «Pushing Limits – Questioning Goals» Vom 23. bis 25. Mai 2002 findet das 32. ISC-Symposium an der Universität St.Gallen statt. Es widmet sich diesmal dem Thema «Pushing Limits – Questioning Goals». Ausführliche Informationen zum Symposium sind zu finden auf der Website www.iscsymposium.org. Unter den Referenten sind neben dem Schweizer Aussenminister Joseph Deiss und dem österreichischen Wirtschaftsminister Martin Bartenstein auch Persönlichkeiten wie Tyler Brûlé, Ernesto Bertarelli, Pieter Bouw und Ruud Lubbers – um nur wenige zu nennen.

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S U C H E N AC H E H E M A L I G E N

Noblesse oblige Von Simon Schropp

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er Adel ist edel. Er steht für Geschichte, Tradition, ritterlich-höfische Umgangsformen, Minne und das kunstvolle Spiel gesellschaftlicher Regeln, kurz: für Standestreue, Anstand und Etikette. Manchmal auch für Kultur und Bier, zum Beispiel in Bayern, wo Bier zur kulturellen Verantwortung gehört. In Bayern also gibt es Biermarken mit so wohlklingenden Namen wie «Thurn und Taxis», «Graf Arco Bräu» oder «Prinz Luitpold». Und dies alleine macht den Adel salonfähig und den Bayern dem Adeligen für immer verbunden, selbst wenn der Adel als erster Stand in einer modernen, aufgeklärten und säkularisierten Demokratie keine formale Macht mehr besitzt. In der Schweiz verlor der Adel übrigens mit der Ablösung vom Heiligen Römischen Reich (1648) seine Privilegien, in Deutschland erst mit der Gründung der Weimarer Republik (1919). Trotz Verlust der weltlichen Macht im grössten Teil Mitteleuropas hat der ehemals erste Stand noch einen recht guten selbigen. Um in neuzeitlichen soziologischen Kategorien zu sprechen, könnte man den Adel als «Netzwerk» oder noch moderner als «Peer Group» bezeichnen. «In ist, wer drin ist» heisst die Devise, Zutrittskarte ist der gute Name. Das noble Network funktioniert ohne organisatorischen Überbau, nur getragen von Idealen, Selbstverständnis und einem starken Ehrenkodex. Worin dieser Kodex besteht, ist nur Eingeweihten bekannt. Wollte der Chronist dieses Insider-Geheimnis preisgeben, müsste er sich anschliessend vergiften oder erschiessen oder beides. Und selbst dann würde er Gefahr laufen, vor lauter Schmach in den Hundehimmel ausgeschafft zu werden, und das ist – der geneigte Leser möge verzeihen – der Opportunitätskosten zu viel. Ausser Zweifel jedoch steht: Das soziale Netzwerk der Blaublütigen funktioniert hervorragend. Die «Wirtschaftswoche» (22. Februar 2001) schraubt sich zu ungeahnter Rhetorik hinauf und bringt es präzise elaboriert auf den Punkt: «Die (adeligen) Kinder lernen gemeinsam reiten und jagen, gehen auf dasselbe Internat und tanzen bei den gleichen Bällen. Bei Adelstreffen fällt später dann schon mal der Hinweis, dass noch ein Praktikumsplatz in der Bank frei sei. Empfehlungen an gute Bekannte öffnen den grossen Namen leicht Tür und Tor.» Selbst erfahrene Mitglieder bedeutender gesellschaftlicher Netzwerke, wie z.B. der Ehemaligen-Gemeinschaft der HSG, erbleichen bei der Schilderung solch geballter Networking-Effizienz und bedecken ihr Haupt mit Asche...

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Im Gegensatz zu HSG-Alumni jedoch gibt es im Adelsnetzwerk ein klares Ranking der Mitglieder – denn Adel ist nicht gleich Adel. Wer was zählen will, muss einen Platz in den vorderen Bänden des «Genealogischen Handbuch des Adels» (vulgo «Gotha») innehaben. Dieses «who’s who» des Adels listet umfassend alle Mitglieder deutschsprachiger Adelshäuser auf. Der «Gotha» ist die Bibel der Nobilität und bestimmt die Rangordnung (neudeutsch: das Ranking) der einzelnen Familien: Hochadel kommt vor Niedrigem, Uradel vor Briefadel. Angeführt werden diese Edel-Charts vom Kaiser himself. Er sticht den Prinzen, dann folgen König, Grossherzog, Herzog, Kurfürst, Landgraf/Markgraf/Pfalzgraf, Burggraf, Fürst, Graf, Freiherr/Baron/Edler Herr und schliesslich Junker/Ritter/Edler. Obwohl Adelige in weiten Teilen Mitteleuropas ihrer rechtlichen Grundlagen beraubt wurden (in der Schweiz werden Adelstitel auch noch alphabetisch eingereiht...), so ist ein «von» vor dem Nachnamen oft immer noch ein guter Türöffner (z.B. im diplomatischen Dienst, bei Privatbanken, in Rechtsanwaltskanzleien) oder zumindest ein gutes Gesprächsthema auf Parties («In welchem ‹Gotha› stehst Du denn, Baby?»). Doch Achtung: Das prestigeträchtige Prädikat ist schon oft Opfer von Plagiatoren geworden. Nichtadelige erdreisteten sich in der Vergangenheit und massen sich adelanheimelnde Prädikate an. Doch auch vor perfideren Tricks wurde nicht Halt gemacht. Das Institut für Adelsforschung (www.edelleute.de) klärt auf, dass es tatsächlich einige nicht adelige Familien gibt, welche sich mit einem «von» zu zieren suchen. Als fadenscheinige Ausrede wird dabei oft angeführt, es handle sich beim «von» um eine reine Herkunftsbezeichnung... Insider jedoch können Etikettenschwindler entlarven, da sie wissen: Nur wer tatsächlich adelig ist, darf sein Prädikat «von» abkürzen («v.»).

Gesucht werden: von Ah, Thomas; von Allmen, Dieter; von Bormann, Rudolf; von Brodowski, Carol; von Büttner, Edgar R.; von Däniken, Donat; von Däniken, Kathi; von Fellenberg, Ulrich; von Gerlach, Wichard; von KühlmannStumm, Magnus; von Meiss, Hans; von Meister, Christian; von Moy, Karl; von Ostman, Florian; von Rath, Gertrude; von der Weele, Monica.

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Kalender 2. Quartal 2002 APRIL 2. April 2002 Alumni-Club New York: Treffen im Restaurant Luxia, 315W 48th Street (betw. 8th & 9th Av.), ab 19.00 Uhr patrick.flad@alumni.unisg.ch 4. April 2002 HSG in Singapore: Alumni-Meeting im Swiss Club, ab 19.30 Uhr alexander.melchers@alumni.unisg.ch 8. April 2002 Alumni-Club Boston: Clubtreffen in John Harvard’s Brew House, 33 Dunster Street, Cambridge MA, ab 20.00 Uhr alexander.strunck@alumni.unisg.ch 8. April 2002 NDU/EMBA-Stamm Zürich: Stamm im «le Caveau», Seefeldstrasse 40, Zürich, ab 18.30 Uhr josef.boeze@alumni.unisg.ch 12. April 2002 RC Alumni: Vortrag mit anschliessendem Abendessen marc.weder@alumni.unisg.ch

28. April 2002 HSG-Club Hongkong Junk Trip alexandre.tunik@alumni.unisg.ch MAI 6. Mai 2002 Alumni-Club Boston: Clubtreffen in John Harvard’s Brew House, 33 Dunster Street, Cambridge MA, ab 20.00 Uhr alexander.strunck@alumni.unisg.ch 7. Mai 2002 Alumni-Club New York: Treffen im Restaurant Luxia, 315W 48th Street (betw. 8th & 9th Av.), ab 19.00 Uhr patrick.flad@alumni.unisg.ch 8. Mai 2002 HSG-Alumni-Club Frankfurt am Main: Mittagstisch im Mövenpick, Opernplatz 2, Frankfurt am Main, von 12.00–14.00 Uhr peter.jacubowsky@alumni.unisg.ch 13. Mai 2002 NDU/EMBA-Stamm Zürich: Stamm im «le Caveau», Seefeldstrasse 40, Zürich, ab 18.30 Uhr josef.boeze@alumni.unisg.ch

13. April 2002 Dalenades: Jubiläumsball president@dalenades.ch

16. Mai 2002 HSG-Alumni-Club Zug: Lunch-Event im Parkhotel in Zug, von 12.00–13.30 Uhr rainer.hoerning@alumni.unisg.ch

16. April 2002 Stawi-Stamm Bern: Stamm ab 18.00 Uhr im Klötzli-Keller, Gerechtigkeitsgasse 62 manuel.keller@alumni.unisg.ch

28. Mai 2002 HSG-Alumni-Club Zürich: Eine Speleologin spricht über ihre Liebe für die Tiefe franziska.hauser.hsgz@huvm.ch

25. April 2002 Ostschweizer Stawi-Stamm: Mittagsstamm im Restaurant Traube, Goliathgasse 37, St.Gallen, 12.15 Uhr manfred.linke@alumni.unisg.ch

30. Mai 2002 Ostschweizer Stawi-Stamm: Mittagsstamm im Restaurant Traube, Goliathgasse 37, St.Gallen, 12.15 Uhr manfred.linke@alumni.unisg.ch

25. April 2002 Ressort International Alumni-Club Treff in Zürich, der Ort wird jeweils per E-Mail bekannt gegeben. daniel@diemers.net

30. Mai 2002 Ressort International Alumni-Club Treff in Zürich, der Ort wird jeweils per E-Mail bekannt gegeben. daniel@diemers.net

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31. Mai 2002 Ostschweizer Stawi-Stamm: Mittagsstamm im Restaurant Traube, Goliathgasse 37, St.Gallen, 12.15 Uhr manfred.linke@alumni.unisg.ch JUNI 3. Juni 2002 Alumni-Club Boston: Clubtreffen in John Harvard’s Brew House, 33 Dunster Street, Cambridge MA, ab 20.00 Uhr alexander.strunck@alumni.unisg.ch 4. Juni 2002 Alumni-Club New York: Treffen im Restaurant Luxia, 315W 48th Street (betw. 8th & 9th Av.), ab 19.00 Uhr patrick.flad@alumni.unisg.ch 5. Juni 2002 HSG-Club Hongkong: Argentinischer Abend im Restaurant «La Pampa» alexandre.tunik@alumni.unisg.ch 9. Juni 2002 AIESEC: Generalversammlung ute.dotti@alumni.unisg.ch 10. Juni 2002 NDU/EMBA-Stamm Zürich: Stamm im «le Caveau», Seefeldstrasse 40, Zürich, ab 18.30 Uhr josef.boeze@alumni.unisg.ch 27. Juni 2002 Ostschweizer Stawi-Stamm: Mittagsstamm im Restaurant Traube, Goliathgasse 37, St.Gallen, 12.15 Uhr manfred.linke@alumni.unisg.ch 27. Juni 2002 Ressort International Alumni-Club Treff in Zürich, der Ort wird jeweils per E-Mail bekannt gegeben. daniel@diemers.net

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